Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.

Politisches System der Bundesrepublik Deutschland

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Dezember 2005 um 13:11 Uhr durch Geos (Diskussion | Beiträge) (- {{Kandidat (Lesenswert)}} + {{Lesenswert}}). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zum Politischen System der Bundesrepublik Deutschland gehören die politischen Institutionen, die politischen Entscheidungsprozesse und die Inhalte der politischen Entscheidungen in Deutschland. Das politische System wird vor allem durch das Grundgesetz und die Verfassungen der Bundesländer geprägt.

Grundsätze

Zentrales Merkmal für Deutschland sind die unantastbaren Strukturprinzipien Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Bundesstaatsprinzip (Gliederung in Bundesländer) und das Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 GG). Andere in Artikel 20 festgelegte Grundsätze sind die Gewaltenteilung und das Widerstandsrecht.

Jedes Bundesland hat, aufgrund der föderalistisch/bundesstaatlichen Ordnung, seine eigene Exekutive, Legislative und Judikative, wodurch eine zweite Entscheidungsebene entsteht.

Nach Artikel 79 Absatz 3 GG können die Grundsätze der Artikel 1 und 20 nicht geändert werden (Ewigkeitsklausel). An die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung oder verfassungsmäßige Ordnung sind alle Teilnehmer des politischen Lebens gebunden und sie ist stark geschützt (wehrhafte Demokratie).

Die Rolle der Parteien in Deutschland ist stark ausgeprägt. Sie stellen nicht nur die Kandidaten für politische Ämter in den Regierungen, sondern sie nehmen auch Einfluss auf die Besetzung der leitenden Positionen in den Verwaltungen, den Gerichten und Staatsanwaltschaften. Elemente der direkten Demokratie sind in Deutschland auf Bundesebene fast nicht vorhanden. Die Möglichkeiten der Teilnahme durch Volksabstimmungen und Bürgerentscheide ist auf der Ebene der Kommunen und Länder eingeschränkt möglich, aber deren Ausgang zum Teil nicht rechtlich bindend.

Parlamentarische Demokratie

Als parlamentarische Demokratie gilt die BRD deshalb, weil der Regierungschef, also der Bundeskanzler, direkt durch das Bundesparlament, den Bundestag, gewählt wird. Im Gegensatz zu präsidialen Demokratien hat der Bundespräsident fast nur repräsentative Funktionen; er besitzt weder Vetorechte, noch kann er de facto selbst entscheidende Regierungsämter besetzen.

Siehe auch: Parlamentarisches Regierungssystem

Bundesstaat

Vertikale Verwaltungsstruktur Deutschlands

Vertikale Verwaltungsstruktur Deutschlands

Siehe Unterartikel: Föderalismus in Deutschland

In Anlehnung an die lange Tradition großer, mittlerer und kleiner Fürstentümer im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und im Kontrast zum Einheitsstaat der Nazis wurde auf Drängen der alliierten Siegermächte im Grundgesetz Deutschland als Bundesstaat konzipiert, eine Entscheidung, die nach Artikel 79 Absatz 3 GG nicht mehr geändert werden kann. Die seit 1946 neugegründeten Bundesländer in den Westzonen vereinigten sich 1949 zur Bundesrepublik Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt besaßen schon alle Länder eigene Verfassungen, Regierungen, Parlamente und Gerichte.

Obwohl es nicht ausdrücklich als Verfassungsgrundsatz genannt wird, soll die Verteilung der Aufgaben nach dem Subsidiaritätsprinzip erfolgen, das heißt die Aufgaben sollen nur vom Bund übernommen werden, wenn dieser sie besser erfüllen kann. Die Mehrheit der Kompetenzen in der Gesetzgebung liegen beim Bund, bedeutende Ausnahmen sind das Polizei- und Kommunalrecht sowie die Kultur- und Bildungspolitik. Die Länder übernehmen eigenständig große Teile der Verwaltung und der Rechtsprechung. Eine wichtige Funktion des Bundesstaates ist die einer zweiten Ebene der Gewaltenteilung, die auch als vertikale Gewaltenteilung bezeichnet wird. Der Bundesrat vertritt die Interessen der Landesregierungen auf Bundesebene, der Bundesrat ist aber trotzdem ein Bundesorgan.

Es wurde immer wieder über eine Reform des Bundesstaates diskutiert, vor allem über eine Zusammenlegung von Ländern, über die Stellung des Bundesrates und über eine Rückgabe von Aufgaben an die Landtage, denen im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben genommen wurden.

Wehrhafte Demokratie

Siehe Unterartikel: Streitbare Demokratie

Die Verfasser des Grundgesetzes haben aus dem Ende der Weimarer Republik Konsequenzen gezogen und den damals herrschenden Positivismus (alle Regelungen können geändert werden) und einen Teil des Grundgesetzes zu Naturrecht, zu überpositivem Recht gemacht. Diese Unveränderlichkeit wurde in Artikel 79 Absatz 3 GG festgeschrieben und gilt für Artikel 1 GG (Menschenwürde), Artikel 20 GG (Strukturprinzipien) und der Gliederung in Länder, sowie deren Mitwirken bei der Gesetzgebung.

Ein weiterer Ansatz der wehrhaften Demokratie ist die Möglichkeit, Gegnern der verfassungsmäßigen Ordnung Grundrechte abzuerkennen, sowie Parteien und sonstige Vereinigungen zum Schutz der Verfassung zu verbieten. Ein weiteres Mittel zum Schutz sind strafrechtliche Bestimmungen.

Mit den Notstandsgesetzen wurde in Artikel 20 Absatz 4 GG als ultima ratio noch ein Widerstandsrecht der Bevölkerung »gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen« eingeführt.

Das Regierungssystem der Bundesebene

  Legislative Exekutive Judikative
Bundesebene Bundestag, Bundesrat, Vermittlungsausschuss Bundesregierung

Bundeskanzler, Bundesminister, Bundesministerium

Bundesverfassungsgericht, Bundesarbeitsgericht, Bundesfinanzhof, Bundesgerichtshof, Bundessozialgericht, Bundesverwaltungsgericht
Landesebene Länderparlament Ministerpräsident/Regierender Bürgermeister, Landesregierung Verfassungsgericht, Landesarbeitsgericht, Arbeitsgericht, Finanzgericht, Oberlandesgericht, Landgericht, Amtsgericht, Landessozialgericht, Sozialgericht, Verwaltungsgericht, Oberverwaltungsgericht

Verfassung

Siehe Unterartikel: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland erhielt den Namen Grundgesetz. Dies sollte den provisorischen Charakter hervorheben da es sich nur um eine Übergangsverfassung bis zur Gründung eines gesamtdeutschen Staates handeln sollte. Der Verfassungsprozess wurde mit Übergabe der Frankfurter Dokumente am 1. Juli 1948 durch die Oberkommandierenden der westlichen Besatzungszonen an die Ministerpräsidenten der dortigen Bundesländer eingeleitet. In diesen Dokumenten wurde ein demokratisches, föderalistisches Regierungssystem und die Garantie der persönlichen Freiheitsrechte gefordert. Die Verfassung wurde durch den Parlamentarischen Rat entwickelt. Der wichtigste Streitpunkt war die Gestaltung der föderalen Ordnung. Sie trat am 23. Mai 1949 für die ganze damalige Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Das Grundgesetz sollte ursprünglich nur bis zur Herstellung der Deutschen Einheit gelten, wurde aber, nachdem es sich mehr als 40 Jahre bewährt hatte, nach dem Beitritt der bisherigen Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik ohne große Änderungen beibehalten.

Im Grundgesetz wurden die zentralen Bürger- und Menschenrechte bewusst an den Anfang der Verfassung gestellt. Diese Rechte werden in den ersten 19 Artikeln des Grundgesetz zusammengefasst. Danach beschreibt es den zentralen Aufbau des politischen Systems und legt die Organe des Bundes und deren Kompetenzen und Beziehungen fest. Artikel 79 Absatz 3 schützt das Menschenwürdegebot, den Kern der Menschenrechte, die bundesstaatliche Ordnung der Bundesrepublik und Artikel 20 GG.

Das Grundgesetz kann nur durch eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten im Bundestag und Bundesrat geändert werden. Über die Einhaltung der Verfassung wacht das Bundesverfassungsgericht.

Staatsoberhaupt: Bundespräsident

Siehe Unterartikel: Bundespräsident

Das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik ist der Bundespräsident. In bewusster Abgrenzung zum Reichspräsidenten der Weimarer Republik hat das Grundgesetz dem Amt des Bundespräsidenten eine relativ schwache Position im politischen Gesamtsystem mit hauptsächlich repräsentativen und formalen Aufgaben und Befugnissen zugewiesen. Die politische Rolle ist auf die eines überparteilichen, für Ausgleich sorgenden Mittlers beschränkt. Selbst diese wurde in der Praxis eher noch geschwächt, beispielsweise bei der Auflösung des Bundestags 1982, als der Bundespräsident nur die Wünsche der handelnden Politiker vollzog. Politische Wirkung erzielt er daher am ehesten mit Ansprachen und Reden, mit denen er gesellschaftliche Diskussionen anstoßen bzw. aufgreifen kann.

Der Bundespräsident wird durch die Bundesversammlung auf fünf Jahre gewählt und kann für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden.

Legislative der Bundesebene

Die Legislative der Bundesrepublik verabschiedet Bundesgesetze und wacht über den Bundeshaushalt. Zur Legislative im Bund gehören der Bundestag und der Bundesrat. Die Bundesversammlung als Körperschaft des Bundestages und der Länderparlamente wählt den Bundespräsidenten. Auch die Bundesrichter werden durch die Richterwahlausschüsse von Bundesrat und Bundestag gewählt.

Bundestag

Siehe Unterartikel: Deutscher Bundestag

Der Bundestag beschließt die Bundesgesetze, wählt den Bundeskanzler sowie als Teil der Bundesversammlung den Bundespräsidenten, wacht über den Bundeshaushalt, kontrolliert die Regierung, beschließt Einsätze der Bundeswehr, bildet Ausschüsse zur Gesetzesvorbereitung und kontrolliert die Geheimdienste.

Der Abgeordnete ist zwar nach dem Grundgesetz unabhängig von seiner politischen Partei oder anderen Interessengruppen, betrachtet man jedoch die Verfassungswirklichkeit, sieht man den starken Einfluss der Fraktionsdisziplin. Die Abgeordneten der einzelnen Parteien einigen sich meist vor einem Gesetzesvorhaben auf ein gemeinsames Abstimmungsverhalten. Abweichungen können innerparteilich sanktioniert werden, da die erfolgreiche erneute Kandidatur eines Abgeordneten stark von der Unterstützung seiner Partei abhängt. Hüter dieser Fraktionsdisziplin ist der Fraktionsvorsitzende.

Bundesrat

Siehe Unterartikel: Deutscher Bundesrat

Die Mitglieder des Bundesrats werden von den Landesregierungen der Bundesländer entsandt. Er ist kein rein legislatives Organ, da er beispielsweise bei bestimmten Bundesverordnungen Mitspracherecht hat. Er wurde geschaffen, um die Mitwirkung der Bundesländer an Bundesgesetzen zu gewährleisten, wenn diese die Belange der Bundesländer betreffen. Er ist stets beim Gesetzgebungsprozess beteiligt, sein Veto kann jedoch überstimmt werden, wenn ein Bundesgesetz nicht zustimmungsbedürftig ist.

Jedes Bundesland erhält nach der Zahl seiner Einwohner im Bundesrat 3-6 Stimmen, diese Stimmen können pro Bundesland nur einheitlich abgegeben werden. Sind sich die in der Landesregierung des jeweiligen Bundeslandes vertreten Parteien über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat uneins, stimmen die Vertreter des Landes üblicherweise mit Enthaltung ab, was jedoch de facto als Neinstimme gilt. Bei Konflikten zwischen Bundesrat und Bundestag kann der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Die Sitzungsleitung im Bundesrat hat der Bundesratspräsident inne, der gleichzeitig Vertretung des Bundespräsidenten ist.

Gesetzgebungsprozess

Siehe Unterartikel: Gesetzgebungsverfahren in Deutschland

Bundesgesetze können aus der Mitte des Bundestages (Fraktion oder festgelegte Mindestzahl von Abgeordneten) sowie von der Bundesregierung und vom Bundesrat eingebracht werden – letztere müssen sich die Entwürfe jeweils gegenseitig zur Stellungnahme vorlegen, bevor sie dem Parlament zugeleitet werden, und werden meist im Vorfeld in Bundes- und Länderministerien als Referentenentwurf für den Gesetzgebungsprozess vorbereitet. Eingebracht in den Bundestag finden drei Lesungen über die Gesetzesvorlage statt. Nimmt dieser in der Schlussabstimmung die Vorlage in 3. Lesung an, wird sie an den Bundesrat weitergeleitet. Beruft dieser nicht den gemeinsamen Ausschuss ein oder lehnt es durch Einspruch ab, kann es in Kraft treten. Ansonsten hängen die Auswirkungen des Votums des Bundesrates davon ab, ob es sich um ein zustimmungsbedürftiges oder ein nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz handelt. In der Regel wird (bei nicht zustimmungsbedürftigen Gesetzen vor einem Einspruch) der Vermittlungsausschuss angerufen, dessen Aufgabe es ist, einen Kompromissvorschlag auszuarbeiten, dem Bundestag und Bundesrat zustimmen können. (Wird der Entwurf dabei verändert, muss er zunächst dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt werden, bevor er dem Bundesrat erneut zur Entscheidung vorgelegt wird.) Verweigert der Bundesrat dem Gesetz erneut die Zustimmung, so ist ein zustimmungsbedürftiges Gesetz endgültig gescheitert, während bei einem nicht zustimmungsbedürftigen Gesetz der Bundestag mit einer neuerlichen Abstimmung dieses Votum überstimmen kann. Außerdem kann der Bundesrat natürlich seinen Einspruch zurückziehen. Am Ende des Gesetzgebungsprozesses unterschreibt der Bundespräsident das Gesetz schließlich. Er bestätigt mit dieser Ausfertigung, dass dieses Gesetz in verfassungsgemäßer Form zustande gekommen ist ( formelles Prüfungsrecht ). Nur wenn er wirklich überzeugt ist, dass das auszufertigende Gesetz dem Grundgesetz zuwiderläuft, wird ihm von den meisten Politikwissenschaftlern ein materielles Prüfungsrecht zugestanden. Nach der Ausfertigung wird das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt in Kraft.

Bei verfassungsändernden Gesetzen muss in beiden Gremien, Bundesrat und Bundestag, eine 2/3-Mehrheit bestehen.

Bundesminister können auf Basis von Gesetzen Verordnungen erlassen, die – wie Gesetze – staatliches Handeln und den Bürger gleichermaßen binden. Neben Bundesgesetzen haben auch Verordnungen der Europäischen Union in Deutschland direkt Gesetzeskraft. Richtlinien der EU dagegen müssen durch die Bundesgesetzgebung umgesetzt werden.

Regelungen für den Notstand

1968 waren die Notstandsgesetze ein Schritt zur Wiedererlangung der vollen Souveränität und sollten dafür sorgen, dass Deutschland auch in Notsituationen handlungsfähig bleibt. So kann im Verteidigungsfall ein Gemeinsamer Ausschuss aus Bundestag und Bundesrat als Notparlament deren Funktionen übernehmen. Bereits seit Anfang gibt es mit dem Gesetzgebungsnotstand ein Mittel um eine Blockade durch den Bundestag zu verhindern.

Exekutive auf Bundesebene

Die Exekutive in der Bundesrepublik Deutschland setzt Gesetze und Verordnungen des Staates um. Je nach Gesetzeslage besitzen die Organe der Exekutive Ermessenspielräume. Jeder Bürger hat das Recht, die Verwaltungsakte, also konkretes Handeln der Exekutive, die ihn betreffen, durch die Verwaltungsgerichte überprüfen zu lassen. Die Exekutive ist insbesondere an das Grundgesetz gebunden. Jedem Bürger ist es möglich, nach voll ausgeschöpftem Rechtsweg, im Einzelfall Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen, wenn er sich durch staatliches (exekutives) Handeln in seinen Grundrechten verletzt fühlt. Mitglieder der Exekutive auf Bundesebene sind beispielsweise die Bundesregierung (Bundeskanzler und Bundesminister), Bundesbehörden und deren Beamte, die Bundespolizei, der Verfassungsschutz, die Bundeswehr und das Auswärtige Amt. Bundeskanzler und Bundesminister bilden zusammen das Bundeskabinett, die Regierung der Bundesrepublik Deutschland.

Bundeskanzler

Siehe Unterartikel: Bundeskanzler

Der Bundeskanzler ist der Regierungschef der Bundesregierung. Er wird durch die Abgeordneten des Bundestages gewählt. Hinter ihm steht meist eine absolute Mehrheit der Abgeordneten die meist durch eine Koalition entsteht und als Kanzlermehrheit bezeichnet wird. Er bestimmt und entlässt die Bundesminister und besitzt nach dem Grundgesetz die Richtlinienkompetenz, bestimmt also die Grundzüge der Bundespolitik. Er kann vor Ablauf seiner Amtszeit nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum abgelöst werden und durch eine Vertrauensfrage die Auflösung des Bundestags herbeiführen.

Der Bundeskanzler gilt als eines der politischen Machtzentren der Bundesrepublik. Gestützt auf die Bundestagsmehrheit hat er großen Einfluss auf die Bundesgesetzgebung. Wegen der wichtigen Rolle des Bundesrates in der Gesetzgebung und dem durch das Verhältniswahlrecht bedingten häufigen Zwang zur Koalitionsbildung in der Regierung, ist seine Position allerdings nicht zu vergleichen mit der Machtfülle des britischen Regierungschefs (Premierminister). Insbesondere bei unterschiedlichen Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag ist der Bundeskanzler bei der Gestaltung seiner Politik auf weitreichende Kompromisse angewiesen.

Bundesministerium

Siehe Unterartikel: Bundesministerium

Die Bundesministerien organisieren die Verwaltung der Bundesebene. Die politische Leitung der Bundesministerien liegt bei den jeweiligen Bundesministern. Neben ihm stehen an der Spitze der Ministerien die Staatssekretäre. Die Sacharbeit in einem Ministerium wird durch Fachreferate geleistet, an deren Spitze die Referatsleiter stehen. Mehrere Referate werden in den Ministerien zu Abteilungen zusammengefasst, die politische Verantwortung für die Arbeit der Abteilungen tragen die Abteilungsleiter. Staatssekretäre und Abteilungsleiter gehören zu den politischen Beamten und können von der Regierung jederzeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden.

Auch wenn die Spitze der Bundesministerien politisch bestimmt wird, kann man von relativ autonomem Handeln der Verwaltung ausgehen. Die Meinung und der Wille der Spitzenpositionen der Berufsbeamten (Referatsleiter) kann von der Politik nicht ohne weiteres ignoriert werden. Die Sanktionsmöglichkeiten der Minister sind durch das Beamtenrecht stark beschränkt. Einer großen Zahl Berufsbeamten stehen nur ein kleine Anzahl politischer Leitungspersonen vor. Die politische Kontrolle der Bundesverwaltung ist, verglichen mit den Verwaltungen in anderen Ländern (z.B. USA), relativ schwach ausgeprägt. Bedeutend ist das vor allem, da die meisten Gesetzesvorlagen in den Bundesministerien vorbereitet werden. In den meisten Fällen nimmt die Politik erst spät und im geringen Maß auf die konkrete Gestaltung der Gesetze Einfluss.

Anzahl und Kompetenzbereich der Ministerien werden durch die Regierung bestimmt, meist werden in den Koalitionsverhandlungen die Leitlinien festgelegt und Minister und Staatssekretäre personell bestimmt. Zur Zeit (2004) existieren 13 Bundesministerien.

Judikative

Gerichte werden in Deutschland nicht von selbst tätig. Sie müssen zur Entscheidung angerufen werden. Im Fall der Strafverfolgung agiert die Staatsanwaltschaft als Vertreter des Staates. In allen anderen Fällen muss durch eine juristische Person Klage eingereicht werden. Urteile werden auf der Grundlage von Gesetzen gesprochen. Im allgemeinen entscheiden Landesgerichte in erster und zweiter Instanz. Bundesrichter werden durch den Richterwahlausschuss berufen. Sie sind nicht weisungsgebunden. Im Gegensatz dazu unterstehen Staatsanwälte den Justizministern von Bund und Ländern.

Bundesgerichte

Siehe Unterartikel: Bundesgericht

Auf Bundesebene haben die Bundesgerichte]] die Aufgabe, die Rechtsprechung der Ländergerichte zu vereinheitlichen. Für die ordentliche Gerichtsbarkeit ist der Bundesgerichtshof (BGH) die oberste Revisionsinstanz. Als Revisionsinstanz beschäftigen sich die Bundesgerichte im Normalfall nur mit dem Verfahrensablauf und der gesetzmäßigen rechtlichen Würdigung des durch die Ländergerichte festgestellten Sachverhalts.

Bundesverfassungsgericht (BVerfG)

Siehe Unterartikel: Bundesverfassungsgericht

Alle Tätigkeit des Staates ist an das Grundgesetz gebunden. Über die Einhaltung dieses Grundsatzes wacht das Bundesverfassungsgericht. Jeder Bürger kann staatliches Handeln durch eine Verfassungsbeschwerde auf ihre Grundgesetzmäßigkeit überprüfen lassen. Andere wichtige Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts sind die Klärung von Streitfällen zwischen den Staatsorganen und die Prüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit (Normenkontrollklage). Nur das Bundesverfassungsgericht kann ein Parteiverbot oder die Verwirkung von Grundrechten aussprechen.

Das Regierungssystem der Bundesländer

Jedes Bundesland besitzt ein eigenständiges Regierungssystem. Verfassung, Aufbau und Funktion der Regierung und die Wahl der Länderparlamente können sich unterscheiden. Gemeinsam ist allen Bundesländern, dass ihre Regierungen über den Bundesrat Einfluss auf die Bundespolitik nehmen und dass die Länder viele gemeinsame Gremien gebildet haben, um ihre Arbeit deutschlandweit zu koordinieren (z.B. Ministerpräsidentenkonferenz, Kultusministerkonferenz oder Innenministerkonferenz).

Legislative: Länderparlament

Die Länderparlamente werden auf 4 oder 5 Jahre von den Wahlberechtigten des jeweiligen Bundesland gewählt. Die Aufgaben bestehen in der Kontrolle der Regierung, der Landeshaushalte, bei der Wahl des Regierungschef, z.T. bei der Wahl der Minister und bei der Gesetzgebung. Wichtig hierbei ist, dass Bundesrecht immer höher steht als Landesrecht. In der Hessischen Verfassung steht z.B. aktuell noch die Todesstrafe[1], gilt aber wegen Regulierung durch den Bund nicht. In manchen Bundesländern (z.B. Bayern) sind auch Volksentscheide über Gesetze möglich. Die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer ist stark eingeschränkt. Nach vielen Grundgesetzänderungen sind die meisten Kompetenzen der Länder auf wenige wichtige Gebiete eingeschränkt worden. Schwerpunkte sind die Kompetenzen im Kultur- und Bildungswesen sowie im Polizeirecht. Hinzu kommen die Regelung der für die nur durch die Länder und Kommunen geführten Verwaltung. Die Länderparlamente werden Landtag und in den Stadtstaaten Bürgerschaft oder Abgeordnetenhaus genannt.

Exekutive: Regierungschef (Ministerpräsident)

Der Regierungschef der Bundesländer wird Ministerpräsident oder in den Stadtstaaten Regierender Bürgermeister (Berlin), Präsident des Senats oder Bürgermeister (Bremen), oder Erster Bürgermeister (Hamburg) genannt. Er wird immer vom jeweiligen Landesparlament gewählt. Je nach Bundesstaat wählen die Länderparlamente auch die Minister der Länder oder der Ministerpräsident ernennt die Minister aus eigener Befugnis. Die Amtszeit des Regierungschef wird durch die Legislaturperiode des jeweiligen Länderparlaments bestimmt (entweder 4 oder 5 Jahre). Die Exekutiven der Länder haben eine sehr große Machtfülle, da sie über den Bundesrat in der Gesetzgebung des Bundes mibestimmen können (siehe Zustimmungsbedürftiges Gesetz).

Judikative

Die Rechtsprechung ist in Deutschland in die ordentlichen Gerichtsbarkeiten (Zivilrecht und Strafrecht), sowie in die Fachgebiete des Arbeits-, Finanz-, Sozial- und Verwaltungsrecht aufgeteilt. Die Gerichte der Bundesländer entscheiden den überwiegenden Anteil der Rechtsprechung letztinstanzlich. Für die ordentliche Gerichtsbarkeit existieren kommunale Amtsgerichte, regionale Landgerichte und hauptsächlich als Rechtsmittelgerichte die Oberlandesgerichte (bzw. Oberste Landesgerichte). Jedes Bundesland (mit Ausnahme Schleswig-Holsteins, das diese Aufgabe dem Bundesverfassungsgericht übertragen hat) besitzt ein eigenes Verfassungsgericht, das Landesverfassungsgericht, Verfassungsgerichtshof oder Staatsgerichtshof genannt wird.

Kommunen

Siehe Unterartikel: Kommunalpolitik, Kommunalverfassung

Die quasi-parlamentarischen Vertretungen auf der kommunalen Ebene, wie Kreistag und Stadtverordnetenversammlung oder auch Gemeindevertretungen sind, streng genommen, keine reinen Organe der Legislative, wenngleich sie, insbesondere durch das Satzungsrecht, auch legislative Gewalt ausüben. Staatsrechtlich gehören sie in der Tradition der Stein-Hardenberg'schen Reformen zur Exekutive. Dies findet seinen Ausdruck zum Beispiel auch in ihrer summarischen Bezeichnung als Organe der kommunalen Selbstverwaltung. Gegenüber der Bundes- und Länderebene werden die Kommunen vor allem durch die kommunalen Spitzenverbände vertreten.

Parteiensystem

Siehe Unterartikel: Politische Parteien in Deutschland, Geschichte der Parteien in Deutschland

Die Parteien haben in Deutschland eine starke Stellung, so dass teilweise der Begriff Parteiendemokratie zur Bezeichnung des politischen Systems gebraucht wird. Die starke Stellung der Parteien erklärt sich durch ihre Notwendigkeit für eine parlamentarische Demokratie und das (modifizierte) Verhältniswahlrecht. Auf Grund ihrer Bedeutung werden die Parteien in Artikel 21 des Grundgesetzes behandelt.

Das Parteiensystem der BRD ist seit der Wiedervereinigung durch starke Unterschiede in den ehemals alten bzw. ehemals neuen Bundesländern geprägt. Im Westen dominieren mit der CDU und CSU auf der einen und der SPD auf der anderen Seite jeweils zwei Parteien in einem Bundesland (bisher üblicherweise jeweils mindesten 30 %), während die FDP und/oder Bündnis90/Die Grünen nur einige Prozentpunkte über die Fünf-Prozent-Hürde kommen. In den nordöstlichen Bundesländern hat sich ein Drei-Parteien-System mit SPD, CDU und PDS gebildet. Die Mehrheitsverhältnisse sind seit den 1990er Jahren in den einzelnen Bundesländern stärker schwankend als bis zu dieser Zeit. Die Parteibindung der Wähler zu einer bestimmten Partei hat insgesamt abgenommen.

Die Parteien in Deutschland bauen auf den Landesverbänden auf, und werden nach dem Parteiengesetz auch in den Bundesländern zu den Wahlen zugelassen. Die großen Parteien bilden auf Bundesebene Bundesverbände.

Die konservativen Parteien CSU (in Bayern) und CDU (in den übrigen Bundesländern) arbeiten auf Bundesebene eng zusammen. Beide Parteien sehen sich ebenso wie die sozialdemokratische SPD als Volksparteien. Ihre Zielgruppe sehen die großen Parteien in allen Bevölkerungsschichten, sie grenzen sich nur gegen linke und rechte Extremisten ab. Ein großer Teil der SPD-Anhänger sieht sich als Vertreter der Arbeiterschaft und steht den Gewerkschaften nahe. FDP und Bündnis90/Die Grünen schöpfen aus einem wesentlich schmaleren Wählerspektrum. Sie sehen sich selbst als Programmparteien. Beide Parteien scheitern immer wieder in einzelnen Wahlen an der Fünf-Prozent-Hürde. Trotzdem sind sie etablierte Kräfte im deutschen Parteiensystem und dienen der CDU/CSU oder SPD als Mehrheitsbeschaffer in Koalitionen. Die FDP sieht sich als liberaldemokratische Partei. Sie stehen zum Teil den Interessen der Wirtschaft nahe. Bündnis90/Die Grünen thematisieren ökologische Themen, sehen sich selbst in der Tradition der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung und betonen den Verbraucherschutz. FDP und Grüne sind in den alten Bundesländern etabliert, nicht jedoch in den neuen Bundesländern. Die PDS kann als Regionalpartei in den nordöstlichen Bundesländern bezeichnet werden. Als Nachfolgepartei der SED sieht sie sich als sozialistische Alternative zur SPD. Ihr Wählerspektrum ist ebenfalls breit gefächert. Sie gilt auch als Sammelbecken einer ostdeutschen Protestwählerschaft.

Beteiligung der Bürger

Wahlen

Siehe Unterartikel: Bundestagswahlrecht

Eine Wahl ist eine Abstimmung über Personen (Kandidaten) oder Handlungsoptionen. Wahlen dienen der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung.

Auf Bundesebene wird alle 4 Jahre der Bundestag nach dem personalisierten Verhältniswahlrecht gewählt. Die Wähler haben bei diesem Wahlsystem zwei Stimmen, die durchaus an unterschiedliche Parteien gehen können (so genanntes Stimmen-Splitting): Mit der Erststimme entscheiden sie nach dem Mehrheitswahlrecht, welcher Kandidat ihren Wahlkreis im Parlament vertreten soll, mit der Zweitstimme nach dem Verhältniswahlrecht, welche Partei sie bevorzugen. Letztendlich entscheiden die Zweitstimmen größtenteils über die Sitzverteilung im Bundestag. Da die mit der Erststimme direkt gewählten Kandidaten in jedem Fall ihren Sitz behalten, auch wenn der Partei nach den Zweitstimmen weniger Sitze zustehen, kommt es bei Bundestagswahlen normal zu Überhangmandaten. Das personalisierte Verhältniswahlrecht soll die Vorteile des Mehrheitswahlrechts und des Verhältniswahlrechts miteinander verbinden.

Um die Zersplitterung des Parlaments in zu viele Kleinparteien zu verhindern, gibt es eine Sperrklausel. Danach zählen die Zweitstimmen einer Partei nur für die Verteilung der Mandate, wenn sie mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen oder drei Direktmandate erhält. Allerdings dürfen direkt gewählte Bewerber (wenn es nur einer oder zwei sind) immer in den Bundestag einziehen, können dann allerdings im Bundestag keine Fraktion bilden.

Neben den Bundestagswahlen entscheiden die Bürger auch über die Zusammensetzung der Landtage und der Gemeindevertretungen in den Kommunen. Das jeweilige Wahlsystem ist in der entsprechenden Landesverfassung bzw. im Kommunalwahlgesetz des Landes festgelegt.

In der Praxis wirkt sich in Deutschland die schiere Anzahl von Wahlen, und damit verbundenen Wahlkämpfen ( Bundestagswahlen , Landtagswahlen, Kommunalwahlen, Europawahlen) sowie eine Legislaturperiode des Bundestags von nur 4 Jahren negativ auf die Ausgestaltung der Politik aus, da die diversen Wahltermine nicht miteinander koordiniert sind und in Wahlkampfzeiten die Parteien - zu Recht oder zu Unrecht - darum bemüht sind, grundsätzlich alles zu unterlassen, was Stimmen kosten könnte (siehe auch: Superwahljahr).

Politikwissenschaftlich wird auch diskutiert, inwieweit die Wähler in einem System mit vielen (relativ schwachen) Machtzentren, die sich ausbalancieren müssen und letztlich im Konsenszwang alles einebnen, wirklichen Einfluss auf die Richtung der Politik ausüben können (engl. "meaningful election").

Direkte Demokratie

Insbesondere auf der Bundesebene kennt Deutschland wenige direkte Beteiligungsmöglichkeiten: Nur bei dem Zuschnitt der Bundesländer – Zusammenlegung, Aufspaltung oder Grenzveränderung – sind nach Artikel 29 Volksabstimmungen im Grundgesetz vorgesehen.

Auf Landesebene gibt es je nach Bundesland mehr oder weniger starke Einflussmöglichkeiten durch Bürgerentscheide. Hier muss im Einzelnen betrachtet werden, wie hoch die Hürde für solche Initiativen jeweils sind. Die Grenzen dieser Beteiligung liegen in den Grenzen der Kompetenzen des Bundeslandes.

Weitere Möglichkeiten

Jeder Bürger hat die Möglichkeit durch das Petitionsrecht Eingaben an Bundestag und sein Landesparlament zu senden. Die Wahlkreisabgeordneten halten Sprechstunden ab, um Kontakt mit den Bürger aufrechtzuerhalten. Jeder kann dort sein Anliegen vorbringen.

Verbände, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sind bei bestimmten Themen stark in die Entscheidungsvorbereitung involviert. Die Mitarbeit in solchen Organisationen ermöglicht ähnlich wie die Mitarbeit in den Parteien gewisse Beteiligungsmöglichkeiten. Direkter sind die kommunalen Beteiligungsmöglichkeiten für Anwohner bei Planungsverfahren von Großprojekten.


Literatur

  • Kilper, Heiderose und Lhotta Roland: Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1995, ISBN 3-8100-1405-2
  • Laufer, Heinz und Münch, Ursula: Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1998, UTB 2003, ISBN 3-8252-2003-6
  • Rudzio, Wolfgang: Das politische System der BRD, Opladen 2000, UTB 1280, ISBN 3-8252-1280-7
  • Görtemaker, Manfred: Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, 2002, ISBN 3406495389
  • Andersen, Uwe / Woyke, Wichard (Hgg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 2003, ISBN 3810036706, Onlineabfrage bei der bpb.
  • Hesse, Joachim Jens / Ellwein, Thomas: Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 2004, ISBN 3899491122
  • Sontheimer, Kurt / Bleek, Wilhelm: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands, München 2004

Siehe auch

Weblinks