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Doge von Venedig

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Gentile Bellini: Portrait des Dogen Giovanni Mocenigo (1480)

Der Doge (von lateinisch Dux = Führer, Anführer, Fürst) war das Staatsoberhaupt der Republik Venedig. Abgeleitet ist die Bezeichnung aus einem Begriff der römischen Verwaltung: Ab dem 4. Jahrhundert war bei den Römern dux die Bezeichnung für den obersten militärischen Befehlshaber einer Grenzprovinz.
Ursprünglich war der Doge ein lokaler Stellvertreter des Exarchen von Ravenna, der wiederum der Statthalter des Byzantinischen Reiches in Oberitalien war. Mit der Emanzipation Venedigs von Byzanz wurde der Doge zum Herrscher einer Stadtrepublik.

Der Doge vereinigte sowohl militärische als auch richterliche Funktionen, so dass das Amt im frühen Mittelalter eine fast uneingeschränkte Macht besaß. Dies wurde 1132/1148 geändert, als dem Dogen der Große Rat und später der Rat der Zehn zur Seite gestellt wurden; letzterer war so etwas wie die oberste Kontrollinstanz. Von da an war das Amt des Dogen eher repräsentativ, der militärische Oberbefehl blieb ihm aber. Ausgelöst wurde diese Änderungen durch den Versuch der Familie Orseolo, das Dogenamt erblich zu machen.
Der letzte Doge, Ludovico Manin, dankte am 12. Mai 1797 ab, nachdem sich der Große Rat zuvor selbst aufgelöst hatte.

Wahlverfahren

Das Verfahren der Dogenwahl wurde im Laufe der Zeit immer komplizierter. Genügten 1172 bei der Wahl des 39. Dogen, Sebastiano Ziani, noch zwölf Wahlmänner, so brauchte man bei der Wahl seines Nachfolgers schon ein vierzigköpfiges Wahlkollegium. Die Sorge der Familien, es könnte einer unter ihnen die Herrschaft an sich reißen und nach dem Muster anderer italienischer Städte eine Familiendynastie durchsetzen, führte zu einem komplizierten Verfahren, mit dem man Wahlmanipulationen ausschließen wollte. Das Wahlsystem selbst war eine Mischung aus Zufallsentscheidung durch das Los und einer öffentlichen, freien und sorgfältig durchgearbeiteten Beratung und Beschlussfassung.

Wahl des Dogen Wählbar waren Mitglieder des Großen Rates, von denen jeder eine Loskugel in einer Urne deponierte. Auf dem Markusplatz wurde ein etwa zehnjähriger Knabe (Balottino) ausgesucht, der aus der Urne 30 Loskugeln zog.

  • 30 Kugeln wurden durch Los auf 9 reduziert. Diese 9 wählten 40.
  • 40 wurden durch Los auf 12 reduziert. Diese 12 wählten 25.
  • 25 wurden durch Los auf 9 reduziert. Diese 9 wählten 45.
  • 45 wurden durch Los auf 11 reduziert. Diese 11 wählten 41.
  • Die 41 nominierten den Dogen zur Billigung durch die Versammlung (nach Frederic C. Lane)

Das Quorum für die Wahl des Dogen war 25 Stimmen. Der Ballotino gehörte nach der Wahl zum Gefolge des Dogen.

Der Doge konnte von der Signoria abgesetzt werden, es war ihm aber verboten zurückzutreten. Die Amtszeit galt unbegrenzt bis zum Tod des Dogen.

Kleidung

Seit dem 14. Jahrhundert wurde der Doge mit dem Corno bekrönt. Der Corno ist eine steife Kappe mit einer hornartigen Spitze und einem kronenartigen Metallring. Unter dem Corno trug er eine Mütze aus feinem Leinen, den Camauro. Die Krönungskappe Zogia war aus Brokat und mit Edelsteinen geschmückt, während der übliche Corno aus weniger kostbarem Material hergestellt wurde. Bei der Krönung trug der Doge über einem langen Untergewand, der dogalina, die mit einem schmalen Gürtel mit goldener Schnalle gegürtet wurde, einen weiten Umhang mit einem pelerinenartigen Kragen aus Hermelin, dem bavaro. Zum Gewand des Dogen gehörten die auffallenden Knöpfe, die campanoni d'oro. Nachgewiesen ist der corno seit dem frühen 14. Jahrhundert, er wird einerseits auf die Kopfbedeckung der Fischer, andererseits auf den Herzogshut zurückgeführt.

Die private Kleidung entsprach der Alltagskleidung eines venezianischen Nobile. Die dogaressa trug eine kleinere Kappe.

Genua

1339 wurde in der Republik Genua nach venezianischem Vorbild das Dogenamt eingeführt. Der erste Doge war Simone Boccanegra. Bei einer Verfassungsänderung durch Andrea Doria wurde die Amtszeit des Dogen auf zwei Jahre beschränkt, seine Funktionen waren nur repräsentativ. Das Dogenamt wurde in Genua endgültig im Jahr 1805 abgeschafft.

Siehe auch: Liste der Dogen von Genua

Dogen von Venedig

Name Regierungszeit prägende Ereignisse
Paolo Lucio Anafesto 697717 gewählt, um die Verteidigung gegen Langobarden und Slawen zu organisieren
Marcello Tegalliano 717726  
Orso Ipato 726742  
Teodato Ipato 742755  
Galla 755756  
Domenico Monegario 756764  
Maurizio Galbaio 764787  
Giovanni Galbaio 787804 Fränkisches Reich unter Kaiser Karl dem Großen steht auf seinem Höhepunkt
Obelerio Antenoreo 804809  
Angelo Participazio 809827  
Giustiniano Participazio 827829 828 - Der Heilige Markus wird Schutzpatron der Stadt
Giovanni I. Participazio 829837  
Pietro Tradonico 837864 Araber gewinnen Sizilien und Apulien in Süditalien
Orso I. Participazio 864881  
Giovanni II. Participazio 881887  
Pietro I. Candiano 887  
Pietro Tribuno 887912  
Orso II. Participazio 912932  
Pietro II. Candiano 932939 Venezianische Expansionspolitik auf dem Festland beginnt
Pietro Participazio 939942  
Pietro III. Candiano 942959  
Pietro IV. Candiano 959976 Kaiser Otto I.: Heiliges Römisches Reich deutscher Nation umfasst auch Oberitalien (ohne Venedig)
Pietro I. Orseolo 976978  
Vitale Candiano 978979  
Tribuno Memmo 979991  
Pietro II. Orseolo 9911009 Ostexpansion Venedigs beginnt in Istrien und Dalmatien als Kampf gegen Piraten
Ottone Orseolo 10091026 das erneuerte Byzantinische Reich beherrscht Anatolien, Balkan und in Süditalien Apulien und Calabrien
Pietro Barbolano 10261032  
Domenico Flabanico 10321043  
Domenico I. Contarini 10431071  
Domenico Selvo 10711084  
Vital Faliero de' Doni 10841096 die Normannen einigen Süditalien (viel später Königreich beider Sizilien genannt)
Vitale I. Michiel 10961102 Erster Kreuzzug: Venedig wird wichtiger Nachschubhafen der Kreuzfahrerstaaten im Nahen Osten
Ordelafo Faliero 11021117  
Domenico Michiel 11171130  
Pietro Polani 11301148  
Vitale II. Michiel 11561172  
Domenico Morosini 11481156 das Byzantinische Reich geht gegen die venezianischen Kaufleute vor; Genua dominiert das Schwarze Meer
Sebastiano Ziani 11721178  
Orio Mastropiero 11781192  
Enrico Dandolo 11921205 12021204 Vierter Kreuzzug: Lateinisches Kaiserreich der Kreuzfahrer mit der Hauptstadt Byzanz (bis 1261)
Pietro Ziani 12051229 das Lateinische Kaiserreich erkennt die Lehnsabhängigkeit von Venedig an, Kreta wird venezianisch
Jacopo Tiepolo 12291249 die Dominanz der Mongolen in Zentralasien erlaubt für 50 Jahre Handel zu Land bis nach China
Marino Morosini 12491252  
Renier Zen 12521268 das Byzantinische Reich wiederhergestellt; Genua gewinnt gegen Venedig die Dominanz im Schwarzen Meer zurück
Lorenzo Tiepolo 12681275  
Jacopo Contarini 12751280  
Giovanni Dandolo 12801289 die Goldmünze Dukat wird mit niemals geänderter Qualität bis 1797 geprägt
Pietro Gradenigo 12891311  
Marino Zorzi 13111312  
Giovanni Soranzo 13121328  
Francesco Dandolo 13281339  
Bartolomeo Gradenigo 13391342  
Andrea Dandolo 13421354 Große mittelalterliche Pest; während der nächsten 120 Jahre regelmäßige kleinere Pestepidemien
Marino Faliero 13541355 wird nach einer angeblichen oder tatsächlichen Verschwörung enthauptet
Giovanni Gradenigo 13551356  
Giovanni Dolfin 13561361  
Lorenzo Celsi 13611365  
Marco Cornaro 13651367  
Andrea Contarini 13671382 Seesieg bei Chioggia in der Lagune von Venedig: Westorientierung des exponierteren Rivalen Genua
Michele Morosini 1382  
Antonio Venier 13821400 Höhepunkt des Herzogtum Mailand unter der Dynastie der Visconti
Michele Steno 14001413  
Tommaso Mocenigo 14131423  
Francesco Foscari 14231457 der venezianische Festlandsbesitz wird gegen die Visconti zum zweiten Standbein ausgebaut
Pasqual Malipiero 14571462  
Cristoforo Moro 14621471 Haupthandelsdepot Euböa in Griechenland geht an das erstarkte Osmanische Reich verloren
Niccolò Tron 14711473  
Nicolo Marcello 14731474  
Pietro Mocenigo 14741476  
Andrea Vendramin 14761478  
Giovanni Mocenigo 14781485 Beginn des 100-jährigen Bergbaubooms in Mitteleuropa, von dem Venedig stark profitiert
Marco Barbarigo 14851486  
Agostin Barbarigo 14861501 1489 Gewinn von Zypern
Leonardo Loredan 15011521 1509 Niederlage bei Agnadello: Venedig entgeht dem Untergang nur durch Zwietracht der Sieger
Antonio Grimani 15211523 das Osmanische Reich baut eine starke Flotte zur Sicherung der Außenposten Ägypten, Libyen, Algerien
Andrea Gritti 15231538 Spanische Habsburger errichten eine Hegemonie über Italien
Pietro Lando 15381545 Osmanische Piraten dominieren bis 1571 das Mittelmeer mit Ausnahme der nördlichen Adria
Francesco Donà 15451553  
Marcantonio Trevisan 15531554  
Francesco Venier 15541556  
Lorenzo Priuli 15561559  
Giorolamo Priuli 15591567  
Pietro Loredan 15671570 Verlust von Zypern an das Osmanische Reich (im Frieden von 1473 endgültig)
Alvise Mocenigo I. 15701577 bei Lepanto im Bündnis mit Spanien und Papst Vernichtung der osmanischen Flotte
Sebastiano Venier 15771578  
Nicolò da Ponte 15781585 das Osmanische Reich für 60 Jahre in Kriege an seiner Ostgrenze verwickelt
Pasqual Cicogna 15851595  
Marino Grimani 15951606  
Leonardo Donà 16061612  
Marcantonio Memmo 16121615  
Giovanni Bembo 16151618  
Nicolò Donà 1618  
Antonio Priuli 16181623  
Francesco Contarini 16231624  
Giovanni I. Cornaro 16241630  
Nicolò Contarini 16301631  
Francesco Erizzo 16311646  
Francesco Molin 16461655  
Carlo Contarini 16551656  
Francesco Cornaro 1656  
Bertuccio Valier 16561658  
Giovanni Pesaro 16581659  
Domenico II. Contarini 16591674 nach 20-jährigen Kämpfen Verlust von Kreta an das Osmanische Reich
Niccolò Sagredo 16741676  
Alvise Contarini 16761683  
Marcantonio Giustinian 16831688  
Francesco Morosini 16881694 Gewinn des Peloponnes in den Türkenkriegen
Silvestro Valier 16941700 Habsburg wird in den Türkenkriegen benachbarte Großmacht
Alvise Mocenigo II. 17001709 Ende der spanischen Hegemonie in Italien nach dem Aussterben der spanischen Habsburger
Giovanni II. Cornaro 17091722 Verlust des Peloponnes in den Türkenkriegen
Alvise Mocenigo III. 17221732  
Carlo Ruzzini 17321735  
Alvise Pisani 17351741  
Pietro Grimani 17411752  
Francesco Loredan 17521762  
Marco Foscarini 17621763  
Alvise Mocenigo IV. 17631779  
Paolo Renier 17791789  
Ludovico Manin 17891797 übergibt die Stadt an Napoléon Bonaparte, der sie an Habsburg weiterreicht: Ende der Republik Venedig

Siehe auch: Bucentaur

Literatur

  • Frederic C. Lane: Seerepublik Venedig. München 1980.
  • I Dogi. A cura di Gino Benzoni. Milano 1982.
  • Andrea da Mosto: I Dogi di Venezia. Florenz 1983.
  • Claudio Rendina: I Dogi. Storia e segreti. Rom 1984.
  • Helmut Dumler: Venedig und die Dogen. Düsseldorf 2001.

Weblinks