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Wiener Zentralfriedhof

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Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und ist mit einer Fläche von fast 2,5 km² die zweitgrößte Friedhofsanlage Europas, an der Zahl der rund 3 Millionen Bestatteten gemessen mit Abstand die Größte. Er zählt aufgrund seiner vielen Ehrengräber, der Jugendstil-Bauwerke und des weitläufigen Areals zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der Stadt Wien.

Gräberreihe auf dem Zentralfriedhof

Geschichte

Die Folgen der josephinischen Reformen

Die 1784 von Kaiser Joseph II. verfügten „Josephinischen Reformen“ hatten nachhaltige Auswirkungen auf das Wiener Bestattungswesen. Friedhöfe innerhalb des Linienwalls (was dem heutigen Gürtel entspricht) mussten aufgelassen werden, stattdessen wurden „Communale Friedhöfe“ außerhalb der Linien errichtet, u. a. der Sankt Marxer Friedhof. Darüber hinaus sollten die Bestattungen selbst möglichst sparsam und funktionell gestaltet werden, Schachtgräber und mehrfach verwendbare Klappsärge sind nur zwei Beispiele für diese kaiserlich verordneten Sparmaßnahmen. Einige dieser Reformen mussten aufgrund zu großen Widerstands in der Bevölkerung wieder zurückgenommen werden, das Prinzip der aus der Stadt verbannten, communalen Friedhöfe blieb jedoch.

Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Einwohnerzahl Wiens – und somit auch die der Toten – stetig wuchs, war bereits abzusehen, dass die communalen Friedhöfe in den Vororten an die Grenzen ihrer Auslastungskapazitäten stoßen würden. Außerdem gab es im Sinne einer expandierenden Stadtentwicklung das Bestreben, diese Friedhöfe möglichst bald aufzulassen. 1863 beschloss der Wiener Gemeinderat die Errichtung eines Zentralfriedhofs, weit außerhalb der Stadt, der so großflächig sein sollte, dass seine Aufnahmekapazitäten nie oder zumindest erst in ferner Zukunft ihre Grenzen erreichen sollten. Gleichzeitig wurde die bisherige alleinige Zuständigkeit der Kirche für Begräbnisstätten aufgehoben, damit war der Weg geebnet für einen von der Gemeinde verwalteten (und auch finanzierten) Friedhof.

Auf der Suche nach einem geeigneten Areal kamen Grundstücke in Kaiserebersdorf, Rannersdorf, Himberg, Pellendorf und Gutenhof in die engere Auswahl. Aufgrund einer vom Wiener Gemeinderat bei der k.k. geologischen Reichsanstalt in Auftrag gegebenen Studie wurde diese Auswahl auf die Grundstücke in Kaiserebersdorf und Rannersdorf eingeengt, da diese beiden Gebiete über eine für einen Friedhof ideale Bodenbeschaffenheit und ebene Lage verfügen. Der Geologe Dionýs Stur verwies in dieser Studie auf die günstigen Eigenschaften des dort vorhandenen Lössbodens, da ein solcher auf den Verwesungsprozess von Leichen im Vergleich zu anderen Bodenarten beschleunigend wirkt und zudem die Gefahr der Ausbreitung und Verschleppung epidemischer Krankheiten aus dem Friedhof geringer sei. Weiters wurde auf den Umstand hingewiesen, daß Lössboden bequem zu bearbeiten ist und somit der Aushub von Gräbern schneller durchführbar sei und überdies eine geringere Einsturzgefahr der Grabwände bestünde.[1]

Die Entscheidung fiel letztlich zugunsten Kaiserebersdorfs, so wurde 1869 vom Gemeinderat der Erwerb eines Grundstücks in Kaiserebersdorf und zweier kleiner Gründe in Simmering genehmigt. 1870 wurde eine Ausschreibung über die Gestaltung des Friedhofs durchgeführt, bei der die Entwürfe des Frankfurter Architektenteams Karl Jonas Mylius und Alfred Friedrich Bluntschli die Jury überzeugten, und nach nur drei Jahren Bauzeit (1871 bis 1874) war Wiens neue Totenstadt errichtet. Allerdings musste bereits 1872 der Sankt Marxer Friedhof geschlossen werden, und auch auf den anderen communalen Friedhöfen wurde der Platz knapp, weshalb schon rund ein Jahr vor der Eröffnung begonnen wurde, auf einem Teil des Geländes Beerdigungen durchzuführen.

Der konfessionelle Konflikt

Bereits 1863, als vom Wiener Gemeinderat der Beschluss über die Errichtung des Zentralfriedhofs gefasst wurde, war darin sowohl der interkonfessionelle Charakter des Friedhofs festgelegt, als auch die Möglichkeit, einzelnen Glaubensgemeinschaften auf deren Wunsch eigene Abteilungen zu überlassen. Im Oktober 1874, rund zwei Wochen vor der Eröffnung, wurde in einem neuerlichen Gemeinderatsbeschluss sogar die Konfessionslosigkeit der Anlage betont und eine etwaige Einweihung des Areals explizit untersagt.

Da diese Beschlüsse in katholischen Kreisen sehr negativ aufgenommen wurden, kam es zu Protesten, die an Vehemenz zunahmen, als bekannt wurde, dass der jüdischen Glaubensgemeinschaft gegen einen hohen Geldbetrag eine eigene Abteilung im Westen des Friedhofsgeländes zugesichert wurde. Daraufhin wurde ein neuer Beschluss gefasst, der nunmehr eine etwaige Einweihung zuließ (allerdings ohne Einschränkung auf eine bestimmte Glaubensgemeinschaft), eine kirchliche Ministerialgewalt über den Friedhof jedoch ausschloss.

Der Termin der Eröffnung stand unmittelbar bevor, die Proteste dauerten jedoch an und konservative Gruppierungen riefen zu Kundgebungen am Tag der Eröffnung auf. Zu einer solchen Eskalation kam es aber nicht, da Kardinal Rauscher (andere Quellen nennen den Prälaten Ludwig Angerer [2]) in Absprache mit dem Wiener Bürgermeister Cajetan Felder am frühen Morgen des 30. Oktobers 1874 eine von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkte katholische Einweihung des Friedhofs vornahm.[3]

Am 1. November 1874 schließlich wurde der Wiener Zentralfriedhof offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Der ungeliebte neue Friedhof

Allerseelen 1903, Friedhofsbesucher auf der Simmeringer Hauptstraße

Seit – und teils auch schon vor – seiner Eröffnung wurde der Zentralfriedhof häufig kritisiert und war bei der Bevölkerung nicht sehr beliebt – und dementsprechend schlecht besucht. So wurde die Trostlosigkeit des Areals bekrittelt, da im Vergleich zu heute nur eine karge Vegetation vorherrschte, außerdem verzögerte sich die Errichtung der dazugehörigen Bauwerke. Friedhofsbesucher mussten eine lange und mitunter beschwerliche Anreise auf sich nehmen, da es zu dieser Zeit noch keine direkte Bahnverbindung zum Friedhofsgelände gab. Im Oktober 1874 fasste eine Wiener Zeitung diese Stimmung in der Frage zusammen: „Eine Stunde Fahrzeit, zwischen Schlachthäusern und Heide und Bauern, und wofür?“

Um diesem negativen Image entgegenzuwirken und die Attraktivität des Friedhofs zu steigern, beschloss der Gemeinderat 1881 die Errichtung einer Ehrengräberanlage. Dazu wurden die sterblichen Überreste verschiedener prominenter Persönlichkeiten von anderen Friedhöfen auf den Zentralfriedhof verlegt, unter anderem Ludwig van Beethoven und Franz Schubert vom Währinger Ortsfriedhof. 1910 bekam der Friedhof endlich auch seine Friedhofskirche, die Karl-Borromäus-Kirche, und damit einen weiteren Anziehungspunkt für die Besucher.

Der lange Weg zur letzten Ruhe

Ein anderes Problem, mit dem die Stadtväter zu kämpfen hatten, waren die Leichentransporte. Bei hunderten Toten pro Woche, die zur damaligen Zeit mit Pferdewägen in die neu entstandene Nekropole gebracht werden mussten, prägten diese kaum enden wollenden Leichenzüge schon bald das alltägliche Bild der Simmeringer Hauptstraße, sehr zum Missfallen der anwohnenden Bevölkerung, der diese ständige Konfrontation mit dem Tod zusehends auf das Gemüt schlug.

Vorschläge, Konzepte und Pläne für alternative Leichentransporte gab es viele, die jedoch allesamt nicht zur Durchführung gelangten. Ein Konzept sah den Bau einer eigenen Bahnlinie zu diesem Zwecke vor, ausgehend von einer zentralen Sammelstelle in einer ehemaligen Markthalle. Geradezu futuristisch war der Plan, ähnlich des Prinzips der Rohrpost die Leichenbeförderung pneumatisch in einem langen, beim Zentralfriedhof endenden Tunnel durchzuführen.

So wurde der Transport der Toten weiterhin mit Pferdefuhrwerken erledigt, erst 1918 wurde die seit der Jahrhundertwende elektrifizierte Straßenbahn dazu benutzt, 1925 wurde erstmals ein motorisierter Leichenwagen eingesetzt.

Das Politikum „Feuerbestattung“

Nicht jeder Wiener wollte seine letzte Ruhe auf dem Wege der Erdbestattung antreten. So gab es seit dem ausklingenden 19. Jahrhundert mehr und mehr Befürworter der Feuerbestattung, und Anfang des 20. Jahrhunderts stellten sich die Wiener Sozialdemokratie und Arbeiterbewegung mit ihrer Forderung nach einer Feuerhalle gegen die katholische Kirche, die dies strikt ablehnte. 1921 schließlich wurde der Bau des ersten Wiener Krematoriums vom Gemeinderat bewilligt, und bereits am 17. Dezember 1922 erfolgte die Eröffnung, ungeachtet eines noch rasch am Vortag von einem christlichsozialen Minister verfügten Verbots. Dies brachte in weiterer Folge dem Wiener Bürgermeister Jakob Reumann eine Klage beim Verfassungsgerichtshof ein, der aber letztlich zugunsten der Feuerbestattung und somit auch der Feuerhalle entschied. Erst 1966 wurde von der Erzdiözese Wien offiziell die Feuerbestattung der Erdbestattung gleichgestellt.

Das Krematorium befindet sich nicht auf dem Gelände des Zentralfriedhofs, sondern jenseits der Simmeringer Hauptstraße, schräg gegenüber des Hauptportals.

Der Zentralfriedhof heute

Zentralfriedhof, katholische Gräber

Nach den schlichten und auf ein Minimum reduzierten „Sparbegräbnissen“ unter Kaiser Josef II. versuchte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das wohlhabende Bürgertum, es den Adeligen gleichzutun, und inszenierte prunkvolle Trauerfeiern und Begräbnisse; der seither viel zitierte Begriff der „schönen Leich“ war geboren. Auch heute noch stößt die schöne Leich auf das Interesse der Wiener Bevölkerung, so sind Staatsbegräbnisse von Politikern sowie Beerdigungen von Persönlichkeiten aus anderen Schaffensbereichen für viele Menschen Anlass, diesen promimenten Verstorbenen eine letzte Ehre zu erweisen. Wird beispielsweise ein Bundespräsident beigesetzt, so ist die Straße, die, zu beiden Seiten flankiert von Ehrengräbergruppen, vom Hauptportal zur Präsidentengruft führt, Schauplatz von langen Trauerzügen. Aber auch von Vertretern der zeitgenössischen Popkultur wird mitunter in großem Rahmen Abschied genommen: Im Februar 1998 wohnten der feierlichen Beisetzung von Popstar Falco in einem ehrenhalber gewidmeten Grab tausende Menschen bei.

Bestattungen auf dem Zentralfriedhof werden in dem meisten Fällen von der „Bestattung Wien“ durchgeführt, einem Unternehmen der im Eigentum der Stadt Wien befindlichen Wiener Stadtwerke Holding AG. Bis vor wenigen Jahren war die Bestattung Wien noch Monopolist, aber nachdem im Jahr 2002 das Wirtschaftsministerium den Bedarfsnachweis für Bestattungsunternehmen ersatzlos gestrichen hat, eröffnete im darauffolgenden Jahr der Bestatter „Pax“ als erster Konkurrent eine Niederlassung in der Simmeringer Hauptstraße. Bei der Gestaltung von Verabschiedungen haben die Hinterbliebenen viele Freiräume, von der (teils unkonventionellen) Auswahl der Musik während der Trauerfeier bis hin zur Möglichkeit, das Geleit des Sarges von der Aufbahrungshalle zur Grabstelle mittels einer historischen, sechsspännigen Trauerkutsche durchführen zu lassen.

Die Verwaltung des Friedhofs fällt in die Zuständigkeit der Wiener Magistratsabteilung 43 („Städtische Friedhöfe“), zu der unter anderem die untergeordneten Stellen „Städtische Friedhofsgärtnerei“ und „Städtische Steinmetzwerkstätte“ zählen, letztere müssen sich jedoch gegen eine Vielzahl an konkurrierenden Friedhofsgärtnereien und Steinmetzbetriebe behaupten, die sich naturgemäß entlang der Simmeringer Hauptstraße in der Nähe angesiedelt haben.

Der Zentralfriedhof wurde im Laufe seiner Geschichte insgesamt sieben Mal erweitert (zuletzt 1921) und beherbergt derzeit (2006) etwa 330.000 Grabstellen mit rund drei Millionen Verstorbenen. Zum Zeitpunkt seiner Eröffnung galt er als die größte Friedhofsanlage Europas, seine aktuelle Gesamtfläche von knapp 2,5 km² wird nur von dem 4 km² großen Hamburger Friedhof Ohlsdorf übertroffen.

Eine der letzten gestalterischen Neuerungen stellt der vom Architekten Christof Riccabona entworfene und 1999 eröffnete Park der Ruhe und Kraft dar. Es handelt sich um einen geomantischen Landschaftspark, der in fünf unterschiedlich gestaltete Bereiche gegliedert ist und zur körperlichen wie geistigen Entspannung und Besinnung einladen soll.

Lage und Infrastruktur

Hauptportal („2. Tor“)

Der Zentralfriedhof liegt – im Widerspruch zu seinem Namen – am südöstlichen Stadtrand im Bezirk Simmering, welcher zum Zeitpunkt des Baus noch gar nicht zum Stadtgebiet gehörte. Er erfüllt jedoch nach wie vor als größte Wiener Begräbnisstätte eine zentrale Funktion, nicht zuletzt, da die Kosten für Bestattungen auf dem Zentralfriedhof erheblich geringer sind als auf den anderen Wiener Friedhöfen.

Die Simmeringer Hauptstraße, die wichtigste Verkehrsader Simmerings, führt direkt zum Zentralfriedhof und trägt somit maßgeblich zu dessen Erreichbarkeit bei. Je mehr man sich dem Friedhof nähert, umso dichter werden die Steinmetzbetriebe, Blumengeschäfte und andere Betriebe, die mit dem laufenden Friedhofsbetrieb in Verbindung stehen.

Obwohl der Friedhof zwischen einer stark befahrenen Straße und einer Schnellbahn-Trasse gelegen ist, bleibt alleine durch die Weitläufigkeit des Areals der überwiegende Teil der Anlage von Verkehrslärm verschont. Einzig eine direkt über den Zentralfriedhof führende Flugschneise des südöstlich von Wien gelegenen Vienna International Airports führt zu einer Beeinträchtigung der sprichwörtlichen Friedhofs-Ruhe.

Verkehr im Friedhof

Der Zentralfriedhof weist aufgrund seiner Größe beträchtliche Wegstrecken auf. Seine Hauptwege können deshalb täglich gegen eine Gebühr von 1,80 Euro[4] auch mit dem Auto befahren werden. Höchstgeschwindigkeit sind 20 km/h, ansonsten gilt die StVO. Lediglich am 1. November (Allerheiligen) ist die Einfahrt nicht möglich, da an diesem Tag das Risiko eines Verkehrschaos zu hoch wäre. Personen mit entsprechendem Behindertenausweis sind generell gebührenbefreit und dürfen seit 2001 aus einem Anlassfall heraus auch zu Allerheiligen einfahren[5].

Um entlegene Gräber aber auch für Menschen ohne Auto vergleichsweise schnell erreichbar zu machen, verfügt der Friedhof seit 1971 über einen eigenen Friedhofsbus. Dieser durchquert tagsüber halbstündlich in einem Rundkurs den Großteil des Friedhofsgeländes, ausgenommen zu Allerheiligen. Jährlich nutzen rund 60.000 Fahrgäste dieses Verkehrsangebot, dessen Betreiber das österreichiche Privatbusunternehmen Dr. Richard ist. Seit 2. November 2004 subventioniert die Stadt Wien den Bus mit bis zu 34.000 Euro pro Jahr, er ist seitdem in den Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) eingegliedert. Damit entfällt für Besucher mit bereits gültigem VOR-Fahrschein die sonst gegebene Benützungsgebühr von 60 Cent (35 Cent bei Kindern).[6]

Die Friedhofslinie hieß ursprünglich Linie 11, wurde aber im Zuge der Eingliederung, um eine Namenskollision mit der VOR-Linie 11 zu vermeiden, in Linie 106 - Rundlinie Zentralfriedhof - umbenannt.[7]

Der 71er

Alte Straßenbahntafel vom 71er

In einem Atemzug mit dem Zentralfriedhof wird auch die traditionelle Straßenbahnlinie 71 (der 71er) genannt, die vom Schwarzenbergplatz direkt zum Friedhof fährt. Der 71er stellt so auch in zahlreichen Anekdoten oder Liedern den letzten Weg eines jeden Wieners dar.

1901 wurde die zum Zentralfriedhof führende Simmeringer Pferdebahn von der elektrischen Straßenbahn abgelöst, die seit 1907 die Liniennummer „71“ trägt. 1918 wurde erstmals damit begonnen, auf der 71er-Linie mit der Straßenbahn gesonderte, meist nächtliche Leichentransporte zum Zentralfriedhof durchzuführen, weil es an Pferden mangelte und die Spanische Grippe zahlreiche Todesopfer forderte. Dieses Vorgehen entsprach nicht den damaligen Anschauungen der Wiener Bevölkerung und wurde in der Zwischenkriegszeit darum auch eingestellt, musste jedoch im Zweiten Weltkrieg wegen erneuten Engpässen fortgesetzt werden. 1942 verfügte die Wiener Straßenbahn deswegen bereits über drei eigene Leichentransportwagen. Nach Ende des Krieges wurde allerdings endgültig von dieser Art des Totentransports Abstand genommen.

Auch heute noch ist der 71er das meistgenutzte öffentliche Verkehrsmittel, das als direkter Zubringer zum Zentralfriedhof dient. Die U-Bahn-Linie U3 endet knapp 2 km vor dem Friedhof (eine Verlängerung ist derzeit nicht in Planung), diese „letzten Meter“ überbrückt somit der 71er gemeinsam mit der Straßenbahnlinie 6, die seit dem Jahr 2000 bis zum 3. Tor fährt. Zu Allerheiligen, wo es mit über 300.000 Besuchern einen regelrechten Ansturm auf den Zentralfriedhof gibt, werden die Intervalle der Linie 71 erheblich verdichtet.

Entwicklung der konfessionellen Abteilungen

Der Zentralfriedhof in seiner heutigen Form besteht einerseits aus dem interkonfessionellen „Hauptfriedhof“, der jedem Verstorbenen, ungeachtet der Glaubensrichtung, als letzte Ruhestätte zur Verfügung steht, andererseits aus den verschiedenen konfessionellen Friedhöfen und Abteilungen.

Der überwiegende Teil des Hauptfriedhofs besteht seit jeher aus katholischen Gräbern. Darüber hinaus bestehen mittlerweile Abteilungen und Friedhöfe folgender weiterer Konfessionen:

Auch nach den verschiedenen Erweiterungen macht der Hauptfriedhof sowohl nach Fläche als auch nach Anzahl der Grabstätten mit Abstand den größten Teil des gesamten Friedhofsareals aus. Während der evangelische und neue jüdische Friedhof räumlich klar abgegrenzt sind und über eigene Eingangsportale an der Außenmauer verfügen, bestehen die vergleichsweise kleinen orthodoxen und islamischen Abteilungen und der buddhistische Friedhof wie Enklaven an verschiedenen Stellen innerhalb des interkonfessionellen Teils des Friedhofsgeländes.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der „Zentralfriedhof“ sowohl mit dem gesamten Friedhofsareal, als auch dem interkonfessionellen Hauptfriedhof gleichgesetzt, weshalb im Gegensatz zu den konfessionellen Friedhöfen und Abteilungen für den Hauptfriedhof keine Bezeichnungen wie „katholischer Friedhof“ oder „katholische Abteilung“ üblich sind.

Alter und neuer jüdischer Friedhof

Grabmal auf dem alten jüdischen Friedhof

Als erste konfessionelle Abteilung wurde 1879 im Westen der Anlage bei Tor 1 der „jüdische Friedhof“ eröffnet. Doch bereits 1916 war diese Abteilung ausgelastet, weshalb am östlichen Ende des Friedhofsareals der „neue jüdische Friedhof“ errichtet wurde. 1945 wurden durch fehlgeleitete Fliegerbomben in der alten Abteilung schwere Schäden angerichtet und rund 3000 Grabstätten zerstört. In den folgenden Jahrzehnten verwilderte die Abteilung zusehends, bis schließlich 1991 durch eine Initiative der israelitischen Kultusgemeinde (Verein „Schalom“) begonnen wurde, beschädigte Gräber zu restaurieren, Grabinschriften zu erneuern und generelle Instandhaltungsarbeiten durchzuführen.[8] Der alte jüdische Friedhof, wo u. a. Arthur Schnitzler und Friedrich Torberg beerdigt sind, und die neue Abteilung sind die mit Abstand größten konfessionellen Abteilungen auf dem Gelände des Zentralfriedhofs.

Orthodoxe Abteilungen

Russisch-orthodoxe Kirche

Am 26. April 1895 wurde die Friedhofskirche zum heiligen Lazarus in der neu angelegten russisch-orthodoxen Abteilung eingeweiht.[9] Mittlerweile gibt es eigene Abteilungen folgender orthodoxen Glaubensgemeinschaften:

Der evangelische Friedhof

Vorgeschichte

Hauptartikel: Evangelischer Friedhof Matzleinsdorf

Die evangelische Gemeinde Wien hatte durch die 1856 neu aufgekommene konfessionellen Gräbertrennung, die eine Folge des österreichischen Konkordats 1855 war, bereits seit 1858, vor Errichtung des Zentralfriedhofs, einen eigenen evangelischen Friedhof im damaligen Wiener Stadtteil Matzleinsdorf gegründet und betrieben (heutiger Bezirk Favoriten). Ab 1876 war der Friedhof deswegen von der behördlichen Schließung bedroht. Ein weiterer flächenmäßiger Ausbau an diesem Ort wurde letztlich von der Stadt Wien abgelehnt. Der einzige Ausweg war somit die Anlage eines neuen, eigenständigen Friedhofs an anderer Stelle. Ende des 19. Jahrhunderts war es soweit, die Wiener evangelischen Gemeinden A.B. und H.B. erwarben - mehrere Kilometer entfernt - gemeinsam ein 11 Joch großes Areal an der Ostseite des Zentralfriedhofes, das zum evangelischen Friedhof Simmering wurde.

Das Friedhofsgelände

Der evangelische Friedhof, der über das 4. Tor zu erreichen ist, wurde im Jahr 1904 eröffnet und eingeweiht. Er ist nach wie vor in evangelischem Besitz und wird nicht von der MA 43, sondern von einem eigenen Friedhofsausschuss der evangelischen Gemeinden A.B. und H.B. örtlich verwaltet.

Die Ruhestätte hat eine Friedhofskirche, die Heilandskirche, und eine eigene Aufbahrungshalle, beide sind bereits seit der Eröffnung vorhanden. Für die Gestaltung der Anlagen seinerzeit verantwortlich war Karl Friedrich Wolschner in Kooperation mit Rupert Diedtel, die sich im Wettbewerb mit ihrem gemäßigten Konzept durchsetzen konnten. Das Gelände und dessen Kirche wirken durch den auf das Wesentliche reduzierten, gotischen Charakter[10], unaufdringlich und damit einem Friedhof angemessen. Die Friedhofshalle wurde bereits einmal in den Jahren 1977 bis 1978 umgebaut.[11]

Das Grundstück selbst ist schmal und länglich und nimmt mit rund 6,3 Hektar eine bescheidene Fläche im 250 Hektar großen Gesamtareal ein. Von der Simmeringer Hauptstraße aus gesehen grenzt es der Länge nach rechts an den katholischen Hauptfriedhof. An seiner linken Längsseite entstand dann 1917 der neue jüdische Friedhof. An der schmalen Hinterseite stößt der evangelische Friedhof an einen erweiterten Teil den Zentralfriedhofs. Flächenmäßig gibt es somit keine unmittelbaren Ausweichmöglichkeiten mehr. Die baulichen Abgrenzungen bieten für Fußgänger vereinzelt Durchgangsmöglichkeiten zu den anderen Abteilungen. Der Friedhof hat nur einen einzelnen, mittigen Hauptweg, der beiderseitig von Gräbern flankiert wird. Bis 1985 durfte dieser noch täglich mit dem Auto befahren werden, mittlerweile nur mehr mittwochs mit ärztlichem Attest[12] (im Gegensatz zum Hauptfriedhof).

Islamische Abteilungen

Mitte der 1970er Jahre wurde die erste islamische Abteilung errichtet, später folgten eine zusätzliche und eine islamisch-ägyptische Abteilung. Die Gräber sind – unabhängig vom Verlauf der Gehwege – gen Mekka ausgerichtet. Da diese Abteilungen bald an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen werden, wurde der Islamischen Glaubensgemeinschaft seitens der Stadt Wien bereits 2001 ein eigener islamischer Friedhof im 23. Wiener Gemeindebezirk Liesing zugesichert, da sich jedoch die Bauarbeiten mehrmals verzögert haben, ist mit einer Fertigstellung dieser Anlage frühestens Ende 2006 zu rechnen.[13]

Buddhistischer Friedhof

Eingangsbereich und Stupa des Buddhistischen Friedhofs

Seit 2005 gibt es auch eine buddhistische Abteilung (Gruppe 48A). Nach erfolgreichen Gesprächen von Vertretern der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft mit der zuständigen Magistratsabteilung 43 wurde im Herbst 2003 eine Bodeneinsegnung vorgenommen und mit der konkreten Planung und schließlich auch dem Bau begonnen. Am 23. Mai 2005, dem Vesakhtag 2549, wurde der Buddhistische Friedhof eingeweiht, in einer feierlichen Zeremonie wurde der Stupa, ein im Zentrum der Anlage stehender Sakralbau, von Mönchen mit Sutrentexten aller in Österreich vertretenen buddhistischen Schulen befüllt.[14] Die Eröffnung stieß auf großes mediales Interesse, da Friedhöfe dieser Art außerhalb der buddhistischen Kernländer kaum vorhanden sind. Die Gestaltung erfolgte nach Entwürfen des Architekten Christof Riccabona, der bereits den Park der Ruhe und Kraft für den Zentralfriedhof geplant hatte. Die Gräbergruppen sind in Form eines acht-speichigen Rades um den Stupa angelegt, die acht Rad-Segmente symbolisieren den „edlen achtfachen Pfad des Buddhismus“. Zwölf am Umfassungsweg der Anlage gesetzte Steine stehen für die Ursachen bedingten Entstehens und somit der Wiedergeburt. Als Bestattungsarten sind sowohl Beerdigung als auch Einäscherung möglich.

Präsidentengruft und Staatsbegräbnis

Unmittelbar vor der Karl-Borromäus-Kirche befindet sich die Präsidentengruft, in der seit 1951 die Bundespräsidenten der Zweiten Republik mit allen Ehren beigesetzt werden. Mit Stand Juli 2006 sind dies:


Präsidentengruft
Name Lebensdaten Amtszeit
Karl Renner 1870 – 1950 1945 – 1950
Theodor Körner 1873 – 1957 1951 – 1957
Adolf Schärf 1890 – 1965 1957 – 1965
Franz Jonas 1899 – 1974 1965 – 1974
Rudolf Kirchschläger 1915 – 2000 1974 – 1986
Thomas Klestil 1932 – 2004 1992 – 2004


Die sehr flache Bauweise der 1951 errichteten Gruftanlage und das dadurch nicht sehr prunkvolle Erscheinungsbild sind eine Folge der Vorgabe an den Architekten, die Sicht auf die Karl-Borromäus-Kirche nicht zu beeinträchtigen. Da die Gruft ursprünglich nur für den 1950 verstorbenen Karl Renner vorgesehen war, ist auf dem Steinsarkophag im Zentrum des Rondeaus nur dessen Name zu finden. Die Namen aller beigesetzten Präsidenten sind auf einer Gedenktafel und seitlich der Anlage, an der Position ihrer Särge verewigt. Für die Ehepartner der Bundespräsidenten ist es möglich, ebenfalls in der Gruft beigesetzt zu werden, dies bedarf jedoch der Zustimmung der Präsidentschaftskanzlei. So haben die Präsidentengattinnen Hilda Schärf († 1956), Aloisia Renner († 1963) und Margarethe Jonas († 1976) ihre letzte Ruhe an der Seite ihrer Ehemänner gefunden.

Für Staatsbegräbnisse (die von der Republik Österreich organisiert und bezahlt werden) gibt es keine offizielle Regelung. Ein solches steht für gewöhnlich Bundespräsidenten und Bundeskanzlern, aber auch Nationalratspräsidenten und Ministern zu, so diese in Ausübung ihres Amtes versterben. Trifft letzteres nicht zu, bedarf es eines Beschlusses des Ministerrats. Bisher wurden die Bundespräsidenten Karl Renner, Theodor Körner, Adolf Schärf, Franz Jonas und Thomas Klestil sowie die Bundeskanzler Leopold Figl, Julius Raab, Alfons Gorbach und Bruno Kreisky mit einem Staatsbegräbnis geehrt. Bundespräsident Rudolf Kirchschläger sowie Kanzler Josef Klaus haben testamentarisch ihren Verzicht auf ein derartiges Begräbnis verfügt.

Mit Ausnahme von Alfons Gorbach und Josef Klaus sind alle österreichischen Bundespräsidenten und Bundeskanzler der Zweiten Republik auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt, die Präsidenten in der Präsidentengruft und die Kanzler in Ehrengräbern.

Gedenkstätten und Kriegsgräber

Kriegerdenkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges
Gedenkstätte für die Opfer des 15. und 16. Juli 1927

Auf dem Friedhofsgelände befinden sich zahlreiche Gedenkstätten und Kriegsgräber bzw. Soldatenfriedhöfe. Die größten derartigen Gräberanlagen sind der Friedhof für die Kriegsopfer des Ersten Weltkrieges, an dessen Vorderseite sich ein von Anton Hanak gestaltetes, monumentales Kriegerdenkmal befindet, der Friedhof für die Kriegsopfer des Zweiten Weltkrieges und die sowjetischen Kriegsgräber des Zweiten Weltkrieges, in denen über 2000 gefallene Soldaten der Roten Armee beerdigt sind.

Darüber hinaus gibt es gemeinsame Gräberanlagen von Opfern, die bei verschiedenen Ereignissen ums Leben kamen, woran entsprechende Mahnmale oder Gedenksteine erinnern. Dies sind unter anderem:

  • Opfer der Märzrevolution von 1848
  • Opfer des Ringtheaterbrandes vom 8. Dezember 1881
  • Opfer der Luftschiffkatastrophe vom 20. Juni 1914
  • Opfer des 15. und 16. Juli 1927 (erschossene Demonstranten beim Justizpalastbrand)
  • Opfer der Exekutive vom Juli 1927 (getötete Polizisten beim Justizpalastbrand)
  • Opfer des Lawinenunglücks am Sonnblick vom 21. März 1928
  • Opfer des 12. Februar 1934 (zivile Opfer des Bürgerkrieges)
  • Opfer der Exekutive der Februarkämpfe 1934
  • Opfer der Nationalsozialisten (Widerstandskämpfer, die während des NS-Regimes an dieser Stelle in Massengräbern beerdigt wurden)
  • Opfer der tschechischen Widerstandsbewegung gegen die Nationalsozialisten
  • Opfer des Bombenkrieges von 1944 bis 1945

Architektur

Der Zentralfriedhof ist auf zuvor unbebautem Gebiet entstanden, weshalb seine Architekten große Freiräume bei der Gestaltung hatten. Er zeichnet sich bereits im Grundriss durch sehr klare, von Menschenhand sorgfältig geplante, Strukturen aus, insbesondere in der Anordnung der Gräber und Friedhofsstrecken. Die parallel und normal zum Haupttor angelegten Wege ergeben hier ein funktionales rechtwinkliges Raster. Zusätzlich führen vom Haupttor zwei ca. in 45° diagonal angelegte Hauptwege in das Gelände hinein, zu denen weitere Parallelen existieren.

Karl-Borromäus-Kirche nach Max Hegele
Aufbahrungshalle nach Max Hegele

Das erste Augenmerk bei der Ankunft gilt dem unübersehbaren Haupttorbereich. Er wurde 1905 nach Entwürfen von Max Hegele, einem Schüler Otto Wagners) erbaut, und umfasst die Portalanlage selbst sowie die beiden Aufbahrungshallen 1 und 2 links und rechts davon. Aus praktischen Gründen stellten sie die frühesten Baumaßnahmen des Hegele-Konzepts dar.

Das schöpferische und geographische Zentrum des Geländes ist jedoch unzweifelhaft die von Hegele entworfene Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus, auf die man direkt vom Haupttor aus zusteuert. Von 1908 bis 1910 errichtet, zählt sie heute zu den bedeutendsten Jugendstil-Kirchenbauten. Unter dem Hauptaltar befindet sich die Gruft des 1910 verstorbenen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger, welcher 1908 den Grundstein für die Kirche gelegt hatte, weshalb die Kirche auch unter dem Namen Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche bekannt ist. Von 1995 bis 2000 wurde die Kirche einer Generalsanierung unterzogen, da der „Zahn der Zeit“ außen wie innen zum Teil erhebliche Schäden hinterließ; unter anderem wurde die Innenkuppel, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge der Rekonstruktion des von einer Fliegerbombe zerstörten Daches nur notdürftig restauriert wurde, originalgetreu wiederhergestellt.

Teil des Hegele-Konzepts waren auch die zu beiden Seiten der Kirche gelegenen Gruftanlagen - die Arkaden und Kolumbarien, die noch vor Baubeginn der Kirche in den Jahren 1905 bis 1907 errichtet wurden. Sie beinhalten in Summe 70 Arkadengrüfte, zwei Mausoleen und 768 Kolumbarnischen, in denen nicht - wie mancher vermuten würde - Aschenurnen, sondern Särge untergebracht sind.

Baulich bemerkenswert sind im Zusammenhang mit dem Areal rund um die Borromäus-Kirche auch die diese umgebenden Gräbergruppen- und Wegeanordnungen. Im Grundriss lässt sich um das Gebetshaus herum nämlich eine üppige Kreuzform erkennen. Diese optische Hervorhebung im flächendeckend dominierenden Kachelmuster wurde einerseits durch halbkreisförmige Wege als Hauptkonturen erreicht, andererseits auch durch eine wesentlich engere Rasterung der Gräbergruppen innerhalb dieser Konturen. Das gedachte Kreuz ist längssymmetrisch, sein Fuß geht elegant in den Haupttorbereich über.

Durch das lange Bestehen des Friedhofs kamen mit der Zeit noch einige weitere architektonisch interessante Einrichtungen unterschiedlichen Couleurs hinzu.

Krematorium Simmering nach Clemens Holzmeister

Das „Krematorium Simmering“ wurde von 1921 bis 1922 nach Plänen des Architekten Clemens Holzmeister in einem expressionistischen Stil mit orientalischen Einflüssen errichtet. Holzmeister errang bei dem Gestaltungswettbewerb zwar nur den dritten Platz (es siegte ein Entwurf von Josef Hoffmann), wurde aber dennoch mit dem Bau beauftragt, da sein Konzept das auf dem selben Areal bestehende Schloss Neugebäude besser mit einbezog. Für Holzmeister bedeutete dieser Auftrag seinen Durchbruch als Architekt, und nach Fertigstellung des Krematoriums wurde er zur Leitung einer Architekturklasse an die Wiener Akademie der bildenden Künste berufen. Fast ein halbes Jahrhundert später, von 1965 bis 1969, war es erneut Holzmeister, der einige Erweiterungen und Umbauten vornahm, u. a. kamen neue Zeremonienhallen dazu und die 1927 von Anton Kolig gestalteten Fresken wurden in den Kuppelraum verlegt.

In den 1920er-Jahren wurde auch noch eine weitere, dritte Aufbahrungshalle am Friedhofsgelände errichtet, allerdings weder von Hegele noch von Holzmeister. Es war Karl Ehn, ein weiterer Schüler Otto Wagners, der diese entwarf und für ihre Fertigstellung 1924 sorgte. Sie liegt weit im Inneren des Friedhofsgeländes, genau am Ende der links vom Haupttor wegführenden Diagonalachse, ist dadurch anders als die Hallen beim Haupttor nur eine Gruppe weit vom Ehrenhain entfernt.

Der Friedhof als Naturraum

Dicht bewachsene Gräber auf dem alten jüdischen Friedhof

Der Zentralfriedhof zählt zum östlichen Grüngürtel von Wien. Aufgrund seiner Größe und des zum Teil dichten Baumbestandes beherbergt er eine vielfältige Fauna. Am häufigsten zu beobachten sind die vielen Eichkätzchen, die von den Wienern „Hansi“ genannt werden und vergleichsweise zutraulich sind, da sie von Friedhofsbesuchern oft mit Nüssen gefüttert werden. Weniger bekannt sind die größten „tierischen Bewohner“ des Friedhofs, rund 20 Rehe, die vorzugsweise auf dem Areal des alten jüdischen Friedhofs anzutreffen sind, nicht zuletzt wegen der dort um die alten Grabsteine wachsenden immergrünen Pflanzen, die vor allem in den kälteren Jahreszeiten eine verlässliche Futterquelle sind. Darüber hinaus bietet der Zentralfriedhof Lebensraum für Turmfalken, Feldhamster, Dachse, Marder, Frösche und andere Kleintiere.

Bis Mitte der 1980er Jahre war das Friedhofsgelände sogar offizielles Jagdgebiet und der Wildbestand wurde durch einen von der Forstverwaltung eingesetzten Jäger kontrolliert. Heutzutage wird versucht, das ökologische Gleichgewicht auch ohne Einsatz von Gewehren zu bewahren, u. a. durch die Umweltschutzabteilung der Stadt Wien, die mit ihrem Arten- und Lebensraumschutzprogramm Netzwerk Natur dafür sorgt, dass abgesehen von den gepflegten Alleen und Gräberreihen auch verwilderte, naturnahe Bereiche erhalten bleiben.

Kulturelles und Mediales

Musikalisch verewigt wurde der Friedhof durch den Austropop-Musiker Wolfgang Ambros, der sich 1974 von einem Plakat anlässlich des 100-Jahre-Jubiläums des Zentralfriedhofs zu einem seiner größten Erfolge, dem Lied „Es lebe der Zentralfriedhof“, inspirieren ließ.

Auch zahlreiche Filme und TV-Produktionen nahmen Bezug auf den Zentralfriedhof und bedienten sich seines morbiden Charmes als Schauplatz. Besonders erwähnenswert sind der Film Der dritte Mann von 1948 mit Orson Welles, in dem einige Szenen auf dem Friedhof spielen, sowie die 2005 vom ORF ausgestrahlte Universum-Dokumentation „Es lebe der Zentralfriedhof“, die sich vor allem der zoologischen Artenvielfalt innerhalb der Friedhofsmauern widmet. Aber auch österreichische TV-Krimis wie z. B. Kottan ermittelt und Kommissar Rex führen den Zuseher auf den Zentralfriedhof, und selbst im Kinderfilm Die Knickerbocker-Bande: Das sprechende Grab dient er in einer Szene als schaurige Kulisse.

Ehrengräber und ehrenhalber gewidmete Gräber

Ehrengräber auf dem Wiener Zentralfriedhof
Plan des Zentralfriedhofs mit eingezeichneten Ehrengräbergruppen

Als 1885 mit der Errichtung der ersten Ehrengräbergruppe begonnen wurde, sollte mit dieser Konzentration an Grabstätten prominenter Verstorbener die Attraktivität des Friedhofs gesteigert werden. Im Laufe der Jahrzehnte kamen viele Ehrengräber hinzu, so dass auch die Kosten für die Grabstätten und deren Erhaltung stetig anwuchsen, was 1954 die Stadt Wien veranlasste, fortan zwischen Ehrengräbern und ehrenhalber gewidmeten Gräbern zu unterscheiden. Eine dritte Kategorie, so genannte gewidmete Gräber, die nur auf 10 Jahre vergeben wurden, wurde 1978 wieder abgeschafft.

  • Ehrengräber befinden sich in den eigens dafür vorgesehenen Ehrengräbergruppen und sind auf Dauer des Bestehens des Friedhofs vergeben, die Stadt Wien kommt für sämtliche Kosten auf.
  • Ehrenhalber gewidmete Gräber befinden sich entweder im Ehrenhain oder an anderen Stellen und werden ebenfalls auf Dauer des Friedhofsbestandes vergeben. Die Grabmiete wird von der Stadt Wien übernommen, für die Pflege sind jedoch die Angehörigen verantwortlich. Sind solche nicht (mehr) vorhanden, werden die Grabstellen in die Obhut der Stadt Wien übernommen, die somit auch sämtliche Kosten trägt. Letzteres trifft mittlerweile auf über 80 % der ehrenhalber gewidmeten Gräber zu.

Derzeit gibt es auf dem Zentralfriedhof mehr als 350 Ehrengräber und über 600 ehrenhalber gewidmete Gräber. Welche verstorbenen Persönlichkeiten mit einem derartigen Grab geehrt werden sollen, beschließt der seit 1965 bestehende „Ehrungsbeirat“; die letzte Entscheidungsinstanz liegt beim Wiener Bürgermeister.

Eines der von Touristen am häufigsten besuchten Grabmäler, jenes von Wolfgang Amadeus Mozart, ist allerdings lediglich ein Denkmal, da sich die sterblichen Überreste Mozarts auf dem Sankt Marxer Friedhof befinden (wo jedoch die genaue Lage von Mozarts Grab nicht bestimmbar ist, da er aufgrund der josephinischen Reformen in einem Schachtgrab beerdigt wurde).

Liste der Ehrengräber (Auswahl)

Gruppe 0

Die Gruppe 0 wurde 1885 als erste Ehrengräbergruppe angelegt. Im Gegensatz zu den anderen Ehrengräbergruppen, die sich entlang der vom Hauptportal zur Karl-Borromäus-Kirche führenden Allee befinden, verläuft die Gruppe 0 vom Hauptportal aus entlang der Friedhofsmauer Richtung Tor 3. Fast die Hälfte der dort beerdigten Persönlichkeiten ist bereits vor der Eröffnung des Friedhofs verstorben und wurde somit erst nachträglich hierher verlegt.

Datei:Zentralfriedhof Adolf Loos.JPG
Adolf Loos

Gruppe 14A

Rudolf von Alt

Gruppe 14C

Ludwig Boltzmann
Anton Wildgans

Gruppe 32A

Diese „Komponisten-Gruppe“ beherbergt unter anderem die Gräber von Beethoven, Brahms, Schubert und der Strauß-Dynastie, aber auch jene von nicht weltberühmten Komponisten. Außerdem befindet sich hier das Grabdenkmal von Wolfgang Amadeus Mozart.

Mozart-Denkmal
Ludwig van Beethoven

Gruppe 32C

In dieser Gruppe befindet sich unter anderem ein Grabdenkmal für die Opfer der Himalaya-Expedition von 1969, bei der fünf Österreicher umkamen und seither als vermisst gelten.

Curd Jürgens

Gruppe 33G

Liste der ehrenhalber gewidmeten Gräber (Auswahl)

Ehrenhain (Gruppe 40)

Diese Gräbergruppe beherbergt die Grabstätten von größtenteils nach den 1960er Jahren verstorbenen Persönlichkeiten. Das mit Abstand meist besuchte Grab in dieser Gruppe ist jenes des 1998 verstorbenen Popstars Falco, das sich zu einer regelrechten Pilgerstätte von meist jungen Friedhofsbesuchern entwickelt hat.

Falco
Fatty George

Grabstätten an anderen Stellen

Alle anderen ehrenhalber gewidmeten Gräber befinden sich an den verschiedensten Stellen auf dem Friedhofsgelände, meist in anderen Gruppen, aber auch in den alten und neuen Arkaden, auf dem alten jüdischen Friedhof und, wie im Fall von Karl Lueger, in der Gruft der Karl-Borromäus-Kirche.

Siehe auch

Literatur

  • Patricia Steines: Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof – Tor I und Tor IV. Wien: Falter Verlag, 1993. ISBN 3-85439-093-9.
  • Christopher Dietz: Die berühmten Gräber Wiens. Falco, Klimt, Kraus, Moser, Mozart, Qualtinger, Schiele, Schubert, Strauß u.v.a. Fotos von Wolfgang Ilgner, Sigrid Riedl-Hoffmann und Frank Thinius, Wien-München: Perlen-Reihe, 2000. ISBN 3-85223-452-2.
  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Wien: Falter Verlag, 2004. ISBN 3-85439-335-0.
  • Robert S. Budig, Gertrude Enderle-Burcel, Peter Enderle: Wiener Zentralfriedhof. Ehrengräber auf dem Städtischen Friedhof. Wien: Norbert Jakob Schmidt VerlagsgesmbH, 2006.

Quellenangaben

  1. Geologische Bundesanstalt: Geologie der Wiener Friedhöfe, 21. September 2006
  2. Wiener Zeitung vom 31. Oktober 1874
  3. Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer
  4. Stadt Wien: Öffnungszeiten der Wiener städtischen Friedhöfe, Abs. Autos im Friedhofsareal, 19. September 2006
  5. Volksanwaltschaft: „Wiener Zentralfriedhof: Einfahrt für Gehbehinderte“ (PA 30. Oktober 2001), 19. September 2006
  6. Stadt Wien: Archivierte Rathauskorrespondenz zur Bus-Subventionierung, 19. September 2006
  7. Dr. Richard: Fahrplan Linie 106, gültig seit 2. November 2004 (PDF), 19. September 2006
  8. IKG Wien: Zentralfriedhof 1. Tor, 19. September 2006
  9. Russische Orthodoxe Wien, 25. September 2006
  10. Architekturzentrum Wien: Eintrag zu Karl Friedrich Wolschner, Abs. Stellenwert, 18. September 2006
  11. Gemeinde Wien: Der evangelische Friedhof Simmering am Zentralfriedhof, 19. September 2006
  12. lt. mündlicher Auskunft der evangelischen Friedhofsverwaltung, 15. September 2006
  13. ORF Wien: Islamischer Friedhof verzögert sich, 19. September 2006
  14. Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft: Buddhistischer Friedhof - Stupafüllung, 19. September 2006

Weblinks

Commons: Zentralfriedhof Wien – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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