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Clara Schumann

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Clara Schumann im Alter von fast 60 Jahren

Clara Schumann (* 13. September 1819 in Leipzig; † 20. Mai 1896 in Frankfurt am Main; gebürtige Wieck) war eine bekannte deutsche Pianistin und Komponistin und die Ehefrau von Robert Schumann.

Frühe Jahre

Der Übervater

Clara Schumanns Vater Friedrich Wieck war studierter Theologe, der sich aus seiner Leidenschaft für die Musik auf dem Klavier ausbilden ließ und zunächst eine Klavier-Fabrik und eine Leihanstalt für Musikalien gründete. Claras Mutter Marianne Tromlitz war eine konzertreife Sängerin und Pianistin. Der Geburt der - im Kindesalter verstorbenen - ersten Tochter Adelheid folgten Clara, sowie die Brüder Alwin, Gustav und Viktor, zum Zeitpunkt der Geburt von Viktor (1824) waren die Eltern aber bereits getrennt, Friedrich Wieck heiratete später (1828) die zwanzig Jahre jüngere Clementine Fechner.

Datei:Friedrich Wieck.bmp
Friedrich Wieck

Friedrich Wieck, der sich der Erziehung seiner Kinder verschrieben hatte, galt als autoritär und streng, aber nicht ungerecht. Sein ganzes Augenmerk galt Clara, bei der er wegen ihres musikalischen Talents die Absicht verfolgte, sie so rasch wie möglich als Wunderkind und Klaviervirtuosin bekannt zu machen. So nahm er sie nach wenigen Jahren aus der öffentlichen Grundschule und ließ sie privat unterrichten, damit die Konzentration auf das Erlernen und Perfektionieren des Klavierspiels nicht durch äußere Einflüsse beeinträchtigt werde. Schon für das des Schreibens noch nicht kundige Kleinkind führte er ein Tagebuch - es war geschrieben, als habe Clara selbst als Autorin sich zu Wort gemeldet, nämlich in der Ich-Form. Auch später beeinflusste er Claras Tagebuch-Eintragungen indirekt in der Weise, dass er es sich zum Lesen vorlegen ließ. Das erklärt Tagebucheinträge der erst Neunjährigen wie beispielsweise:

Mein Vater, der längst schon vergebens auf eine Sinnesänderung von meiner Seite gehofft hatte, bemerkte heute nochmals, daß ich immer noch so faul, nachlässig, unordentlich, eigensinnig, unfolgsam etc. sei, daß ich dies namentlich auch im Klavierspiel sei, und weil ich Hüntens neue Variationen op. 26 in seiner Gegenwart so schlecht spielte, ....so zerriß er das Exemplar vor meinen Augen, und von heute an will er mir keine Stunde mehr geben und ich darf nichts weiter spielen als die Tonleitern, Cramers Etüden und Czernys Trillerübungen.

Sein Hang, bei Clara alles kontrollieren und sie gängeln zu wollen, nahm später geradezu tyrannische Züge an, als es ihm darum ging, sie von Robert Schumann fern zu halten.

Wieck unterrichtete seine Tochter persönlich und das mit nicht geringem Erfolg, wie die von großem Applaus begleiteten Auftritte seiner Tochter zeigten. Clara war das Aushängeschild seiner klavierpädagogischen Methode, die auch Musiker wie Robert Schumann und Hans von Bülow zu hervorragenden Konzertpianisten werden ließ. Kindgerecht war sein hartes pianistisches Training jedoch nicht. Die außermusikalische Bildung, die Clara Schumann genoss, war darüberhinaus gering. Laut Eva Weissweiler lässt sich der väterliche Einfluss sogar an ihrem Konzertprogramm ablesen. Erst nach dem Zurückgehen des väterlichen Einflusses widmete sich Clara Schumann in ihren Konzerten Ludwig van Beethoven, Johann Sebastian Bach und Robert Schumann, davor bestand ihr Programm aus den gefälligen Kompositionen zum Beispiel von Friedrich Kalkbrenner, Camille Pleyel, Ignaz Moscheles und Henri Herz.

Wieck sah sich als Claras Impresario, der die oft mit Strapazen verbundenen Konzertreisen organisierte. Er trug Sorge dafür, dass Einladungen zu Konzerten ausgesprochen wurden, der Veranstaltungsort passend gewählt war und dass die zur Verfügung gestellten Instrumente funktionierten. Gerade der letzte Punkt war eine besondere Herausforderung für Vater wie für Tochter. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es keine Seltenheit, dass Flügel – die man ja nicht in der Postkutsche mitnehmen konnte - am Ort des Konzerts nur schwer zu beschaffen waren und diejenigen, die zur Verfügung standen, ungestimmt oder mit anderen Mängeln behaftet waren. Vor jedem Konzert tat sich die bange Frage auf, ob die Mechanik der Instrumente „mitspielen“ würde. Leicht konnte es passieren, dass während des Spiels plötzlich Tasten stecken blieben oder dass sich Dämpfer nicht auf die Saiten zurücklegten, wodurch der ungehindert weiterklingende Ton das ganze Spiel zerstörte. Wieck führte daher stets ein ganzes Arsenal an Klavierwerkzeugen mit sich und betätigte sich im Vorfeld des Konzerts meistens noch als Klavierstimmer und Reparateur. Bald schon ging er dazu über, selbst ausgesuchte Instrumente an den Ort des Auftritts vorauszuschicken, damit Clara auf einem ihr vertrauten Flügel spielen konnte.

Das Wunderkind Clara

Aus Claras Jugendzeit weiß man, dass sie erst sehr spät sprechen lernte. Es geschah irgendwann zwischen dem fünften und dem achten Lebensjahr, wobei die Ursache für ihr bis dahin anhaltendes Schweigen unbekannt ist. Im Alter von fünf Jahren erhielt sie den ersten Klavierunterricht, am 20. Oktober 1829 trat sie zum ersten Mal (mit einer anderen Schülerin in einem vierhändigen Stück von Kalkbrenner) öffentlich auf. Die Leipziger „Allgemeine musikalische Zeitung“ schrieb:

"In demselben Konzerte war es uns noch besonders angenehm, die erst neunjährige, mit vielen Musikanlagen ausgestattet Clara Wieck vierhändige Variationen über einen Marsch aus „Moses“ von Kalkbrenner, mit allgemeinem und verdientem Beifalle vortragen zu hören. Unter der Leitung ihres musikerfahrenen, die Kunst des Pianofortespiels wohl verstehenden und dafür mit Liebe sehr tätigen Vaters dürfen wir von ihr die größten Hoffnungen hegen."

Clara spielte vor Johann Wolfgang von Goethe und wurde persönlich bekannt mit Niccolò Paganini und Franz Liszt. Sie trat in jungen Jahren in zahlreichen Städten, auch im nahen Ausland auf. In Wien wurde ihr mit 18 Jahren die Ehre zuteil, zur Kaiserlich-Königlichen Kammervirtuosin ernannt zu werden. Auch als Komponistin war sie sehr früh aktiv. Die "Quatre Polonaises" op. 1 wurden veröffentlicht, als sie zehn oder elf Jahre alt war. Es folgten "Caprices en forme de Valse", "Valses romantiques", "Quatre Pièces Caractéristiques", "Soirées Musicales", ein Klavierkonzert und vieles mehr.

Erste Liebelei

Clara kannte Robert Schumann schon als Kind. Als Zwanzigjähriger wohnte er eine Zeit lang bei den Wiecks und ließ sich von Claras Vater unterrichten. Mit der Elfjährigen ging er sehr nett um, konnte aber nichts mit ihr anfangen und pflegte intime Kontakte mit anderen Frauen. Zwischendurch war er mit Ernestine von Fricken verlobt. Clara war schon immer beeindruckt gewesen von diesem Mann und himmelte ihn sogar ein Stück weit an. Als sie 16 Jahre alt war, kamen sie sich näher, von dem ersten Kuss schwärmte Robert noch in späteren Briefen. Sie war seine "Zilia", seine "Chiara", wie er sie zärtlich nannte, in seinem Werk "Carnaval" hat er ihr mit dem Stück "Chiarina" ein Denkmal gesetzt.

Dem alten Wieck war das Turteln nicht entgangen. Er war keinesfalls bereit, dem mittellosen jungen Mann Clara zuzusprechen, zumal dieser keinen Beruf hatte und nicht einmal mehr Pianist werden konnte, weil eine Verletzung des Mittelfingers der rechten Hand diese Karriere vorzeitig beendete. Nicht einmal die Tatsache, dass Robert als Musikredakteur recht erfolgreich war und sogar eine eigene Zeitschrift ("Neue Zeitschrift für Musik") gegründet hatte, konnte ihn umstimmen. Wieck untersagte dem Liebespaar jeden Kontakt. Sich zu sehen war ebenso wie ein Briefwechsel verboten. Die Trennung erreichte Wieck zunächst dadurch, dass er Clara für zahlreiche Konzerttourneen verplante. Clara überwachte er fast rund um die Uhr, offensichtlich hatte er ihr sogar die Tinte entzogen, damit sie nicht schreiben konnte. Claras heimliche Briefe offenbaren die Not, in der sie sich befand:

"Nimm mir nur nicht übel, dass ich so fürchterlich schlecht geschrieben, doch stelle dir vor, dass ich stehe und das Blatt auf der Kommode liegt, worauf ich schreibe. Bei jedem Mal eindunken in das Tintenfass lauf ich in die andere Stube."

Und ein anderes Mal:

"Ich bitt dich, sei mir nicht böse, dass der Brief so kurz wird, doch denke, es ist 10 Uhr und ich schreibe voll Herzensangst stehend in meiner Kammer."

Im September 1839 reichten Robert und Clara schließlich beim Gericht in Leipzig Klage ein mit dem Antrag, entweder Vater Wieck zu verpflichten, der geplanten Ehe zuzustimmen oder die Zustimmung von Amts wegen zu erteilen. Das Verfahren verzögerte sich, nicht zuletzt auch durch Zutun von Friedrich Wieck, aber am 1. August 1840 erteilte das Gericht schließlich die Zustimmung zur Eheschließung, die am 12. September 1840 in der Sankt-Nicolaikirche in Leipzig vollzogen wurde. Erwähnt werden sollte aber, dass sich Wieck und das Ehepaar Schumann 1843 wieder versöhnten, den ersten Schritt hierzu machte der Vater.

An Robert Schumanns Seite

Ehe- und Familienglück

Robert und Clara Schumann 1847

Die herbeigesehnte häusliche Gemeinschaft mit Robert Schumann hatte für Clara aber auch etwas Beängstigendes. Die Jahre der Trennung hatten ihre Liebe als überirdisch erscheinen lassen, nun musste diese im Alltag bestehen. Zwar war Clara befreit von der erdrückenden Dominanz ihres Vaters, aber auch die Ehe wies sie in gewisse Schranken. Robert Schumann war sicherlich nicht despotisch, doch die Zeit, in der er lebte, kannte klare Verhältnisse, was die Beziehung von Ehepartnern anbetraf. Die Ehe bot Clara Schumann jedoch endlich die Gelegenheit, die unter dem väterlichen Regime vernachlässigte allgemeine geistige Bildung nachzuholen. Sie las Goethe, Shakespeare und Jean Paul und studierte intensiver als bisher neben den Werken ihres Mannes Beethoven, Bach und Chopin.

Robert sah es nicht gern, dass Clara weiterhin konzertieren wollte, er verlangte ihre Gegenwart an seiner Seite. Auf seine Bitte hin schränkte Clara das Klavierüben ein – Robert konnte sich sonst nicht auf das Komponieren konzentrieren. Die Situation änderte sich erst, als das Paar in Dresden eine größere Wohnung bezog, wo Clara in einem abgeschiedenen Zimmer ihrem Klavierspiel nachgehen konnte. Überdies war es sein Wunsch, dass Clara sich mehr der Komposition widmen sollte. Auch in diesem Punkt versuchte er Einfluss zu nehmen, denn ihm erschien die sich auf Virtuosität und Bravour beschränkende Art der romantischen Kompositionen zu unernst. Clara sollte so komponieren wie er. Sein Ziel war musikalische Zweisamkeit in Einheit. Und so brachte ein 1841 veröffentlichter Liederzyklus des Ehepaars Schumann die Rezensenten in die Verlegenheit, nicht sagen zu können, welche der Vertonungen nun Robert und welche Clara zuzuschreiben waren.

Robert führte auch ein Ehetagebuch ein, das im Wechsel von ihm wie von Clara Eintragungen erfuhr. Es hatte den Anschein, als sei Clara vom Regen in die Traufe gekommen: Nach dem vom Vater kontrollierten Tagebuch beteiligte sie sich nun an einem Tagebuch, das vom Ehemann gelesen wurde. Doch war diese Einrichtung von dem für seine Schweigsamkeit bekannten Schumann dazu gedacht, auch Mitteilungen und Bitten hineinzuschreiben, wo das (gesprochene) Wort nicht ausreicht. Daher machte Clara aus der Angelegenheit das Beste und nutzte das Buch, um Robert in einigen Angelegenheiten ihre Sicht der Dinge mitzuteilen. Was in einer Diskussion nicht auszufechten war, fand schriftlich Eingang und dürfte manche seiner Entscheidungen beeinflusst haben.

In der Folgezeit kamen die Kinder Marie (1841-1929), Elise (1843-1928), Julie (1845-72), Emil (1846-47), Ludwig (1848-99), Ferdinand (1849-91), Eugenie (1851-1938) und Felix (1854-79) auf die Welt. Das Aufziehen und die Erziehung erfolgten durch Ammen bzw. Kindermädchen, nach dem Tod Robert Schumanns gab Clara fünf ihrer Kinder außer Haus: Marie und Elise wurden nach Leipzig verschickt, Julie nach Berlin, Ludwig und Ferdinand nach Bonn, nur Eugenie und Felix verblieben vorerst bei ihr. Das härteste Schicksal traf einige Jahre später den Sohn Ludwig; als vom Verstand her schwerfällig und in seiner Art ungeschickt, klagte Clara „Ludwig ist mir keine Stütze“ und verfügte nach einem Zusammenbruch Ludwigs 1870 die Einweisung des jungen Mannes in eine Irrenanstalt.

Fortsetzung der Karriere

Clara setzte es bald wieder durch, auf Konzertreisen zu gehen. Nicht zuletzt die finanzielle Situation der Familie ließ diesen Schritt als sehr angeraten erscheinen, Clara steuerte in ganz erheblichem Maße mit ihren Konzerteinnahmen dazu bei, dass die Schumanns sich über Wasser halten konnten. Im übrigen kam ihr Konzertieren auch Robert Schumann selbst zugute: Da er wegen seiner Behinderung der rechten Hand nicht mehr öffentlich auftreten konnte, interpretierte sie seine Werke am Klavier und machte ihn später in ganz Europa bekannt. Sie ist so zu einem großen Teil mit verantwortlich für seinen Ruhm als Komponist.

Eine Konzerttournee nach Dänemark (mit der Eisenbahn, für Clara ein unheimliches Unterfangen) unternahm sie allein. Nach Russland, wo sie 1844 Auftritte in Sankt Petersburg und Moskau hatte, begleitete sie der Ehemann. Dort wurde Clara von der Zarenfamilie empfangen. Roberts zeitweiliger Missmut über Claras Erfolge ist bekannt, ihm behagte nicht, dass sie bei den Konzertreisen die tragende Rolle spielte. Sie wurde gefeiert, ihm wurde manchmal Geld zugesteckt, was Robert zutiefst verletzt in seinem Tagebuch vermerkte mit dem bitteren Zusatz "Und Klaras Benehmen dabei..." (Schumann schrieb ihren Namen häufig mit K am Anfang).

Schwere Zeiten

Ende 1849 bekam Robert Schumann das Angebot, in Düsseldorf Städtischer Musikdirektor zu werden. 1850 siedelte die Familie Schumann deshalb ins Rheinland über. Clara konzertierte und übernahm an Roberts Seite die musikalische Assistenz des Orchesters und des Chores. Aufreibend war die von beiden beklagte Undiszipliniertheit der Musiker, die dazu führte, dass Proben wie auch Auftritte nicht den gewünschten Erfolg brachten. Zusätzlich belastet wurde das Ehepaar durch einen dringend notwendig gewordenen weiteren Umzug innerhalb Düsseldorfs sowie durch eine Fehlgeburt, die Clara erlitt.

Anfang 1854 erreichten Roberts Erkrankung und Claras Belastungen einen neuen Höhepunkt. In wachsendem Maße hatte Schumann „Gehöraffektionen“ entwickelt: Es waren seiner Beschreibung folgend mehr als nur Geräusche, sondern vielmehr aufdringliche Töne bis hin zu ganzen Musikstücken, die ihn nicht schlafen ließen, ihm unerträgliche Schmerzen bereiteten und ihn zeitweilig in Halluzinationen fallen ließen. Robert Schumanns Tagebuchnotizen berichten darüber noch bis zum 17. Februar 1854, danach gab es keine Eintragungen mehr. Am 27. Februar stürzte er sich von einer Brücke in den Rhein, um sich zu töten, wurde aber aus dem Wasser gezogen und gerettet. Er wurde am 4. März 1854 in die Nervenheilanstalt in Endenich bei Bonn eingeliefert. Clara floh mit den Kindern zu einer Freundin. Ärzte rieten ihr dringend ab, ihren Mann in seinem beklagenswerten Zustand „so zu sehen“.

Die in verschiedenen Biographien zu Robert oder Clara Schumann anzutreffende Bemerkung, Robert habe sich in der Zeit als „Verbrecher“ gesehen, der seiner geliebten Frau „ein Leid antun“ könnte, was ihn zu der Entscheidung bewogen haben solle, aus eigenem Entschluss in eine private Nervenheilanstalt zu gehen, ist historisch nicht belegt und mittlerweile höchst umstritten. In Roberts Tagebuchaufzeichnungen, die bis zum 17. Februar reichen, steht hierüber nichts. Aber die Quelle der Behauptungen ist bekannt: Der erste Biograph Clara Schumanns, Berthold Litzmann, hatte in seinem 1908 erschienenen dreibändigen Werk "Clara Schumann. Ein Künstlerleben. Nach Tagebüchern und Briefen" diese Darstellung gewählt. Die in seinen Händen befindlichen Tagebücher und Briefe der Clara Schumann hat Litzmann aber der Nachwelt nicht zur Einsicht zur Verfügung gestellt (er soll sie verbrannt haben). Verschiedentlich (so auch Dieter Kühn in "Clara Schumann. Klavier") wird angenommen, Litzmann habe auf der Suche nach einer Erklärung für Claras Verhalten nach der Einlieferung ihres Mannes in die Nervenheilanstalt (sie hat ihn dort erst nach über 2 Jahren, nämlich 2 Tage vor seinem Tod aufgesucht) eine Version der Begebenheit gesucht, die Clara schützte: Indem er nämlich ihren Mann als ein Risiko für sie und ihre Familie darstellte.

Eigene Wege

Eine Liebesaffäre?

Der junge Johannes Brahms

Jede neuere Biographie über Clara Schumann stellt die Frage: Was war zwischen Clara und Johannes Brahms? Den 14 Jahre jüngeren Komponisten lernte Clara 1853 kennen und schätzen, Robert Schumann selbst hatte in einem Aufsatz „Neue Bahnen“ für die „Neue Zeitschrift für Musik“ dafür Sorge getragen, dass dem bis dahin unbekannten Künstler öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Schon bald nach der Einlieferung Schumanns in die Nervenheilanstalt im Jahr 1854 intensivierte sich der Kontakt zwischen Clara und Brahms. Fest steht, dass Brahms in Clara verliebt war, zahlreiche Briefe geben Zeugnis hierüber. Was sich aber in den Jahren 1854 bis vornehmlich 1856 zwischen beiden zugetragen hat, ist wenig erhellt. In beiderseitigem Einvernehmen hatten nämlich Clara und Brahms fast den gesamten Briefwechsel aus der Zeit bis 1858 anschließend vernichtet. Allerdings verhielt sich nur Brahms vollkommen an die Abmachung - Clara behielt einige Briefe, die schließlich ein bisschen Licht in ihre Beziehung bringen konnten.

Tatsache ist, dass Brahms eine Zeit lang mit Clara zusammen in der Düsseldorfer Wohnung gelebt hat. Ganz selten war Brahms ihr Begleiter auf Konzertreisen. Nach seinen Notizen hätte er ihre Nähe noch viel öfter erleben wollen, wagte es aber nicht:

„Ich dachte – wie oft daran, zu Ihnen zu gehen. Aber ich fürchtete das Unpassende. Es kommt ja alles in die Zeitungen.“

In seinen Briefen sind alle Formen der Anrede anzutreffen: Anfangs "Vereehrte Frau", dann "Teuerste Freundin", schließlich "Innigst geliebte Freundin", zuletzt "Geliebte Frau Clara". Im Brief vom 25. November 1854 heißt es plötzlich:

"Teuerste Freundin, wie liebevoll blickt mich das trauliche "Du" an! Tausend Dank dafür, ich kann's nicht genug ansehen und lesen, hörte ich es doch erst; selten habe ich das Wort so entbehrt, als beim Lesen Ihres letzten Briefes."

Er, der Jüngere, hatte es nicht gewagt, ein "Du" anzubieten, wird damit plötzlich konfrontiert, und findet erst langsam in diese intime Anrede. Im Brief vom 31. Mai 1856 schreibt er in aller Deutlichkeit:

„Meine geliebte Clara, ich möchte, ich könnte dir so zärtlich schreiben, wie ich dich liebe, und so viel Liebes und Gutes tun, wie ich dir’s wünsche. Du bist mir so unendlich lieb, dass ich es gar nicht sagen kann. In einem fort möchte ich dich Liebling und alles mögliche nennen, ohne satt zu werden, dir zu schmeicheln. (...) Deine Briefe sind mir wie Küsse“.

Claras Reaktion auf Brahms Schwärmen ist nicht überliefert. Wie sie sich selbst sehen wollte, ergibt sich aus erhalten gebliebenen Tagebuchaufzeichnungen: Clara sollte als ruhmreiche Künstlerin in die Geschichte eingehen – und als Liebende, aber beschränkt auf die Person Robert Schumann. Der Briefwechsel zwischen ihr und Brahms ist nach dem Tod Robert Schumanns im Jahr 1856 erkennbar in seiner Intensität des persönlichen Austauschs zurückgefahren worden, was ebenfalls im wesentlichen nur den von Brahms erhaltenen, in verhaltener Betroffenheit erstarrten Briefen entnommen werden kann.

Folgejahre

1863 siedelte Clara nach Baden-Baden über. Auch die Folgejahre waren geprägt von erfolgreichen Konzertreisen in zahlreiche Städte Deutschlands und Europas. Clara blieb bis zu ihrem Tod eine überall gefeierte Pianistin. Im Jahr 1878 wurde sie zur „Ersten Klavierlehrerin“ des neu gegründeten Hochschen Konservatoriums in Frankfurt am Main berufen. Sie betätigte sich als Herausgeberin der Werke von Robert Schumann und veröffentlichte eine Reihe seiner Schriften. Ihr letztes Konzert gab sie am 12. März 1891 im Alter von 71 Jahren. Am 26. März 1896 erlitt Clara einen Schlaganfall und starb wenige Monate später im Alter von 76 Jahren. Ihrem Wunsch gemäß wurde sie in Bonn neben ihrem Mann beigesetzt.

Clara Schumann als Komponistin

Ihr Vater ließ der jungen Clara schon früh auch Kompositionsunterricht durch den Thomaskantor Weinlig und den Kapellmeister Heinrich Dorn erteilen. Eva Weissweiler kommt in ihrer Analyse der Komponistin Clara Schumann allerdings zu dem Schluss, dass dieser Kompositionsunterricht mehr dadurch verursacht war, dass

"Vater Wieck ...vielmehr mit der ihm eigenen Geschäftstüchtigkeit erkannt [hatte], dass sich der Erfolg seines allerorts bestaunten Wunderkindes noch vergrößern würde, wenn es auch ein wenig komponieren konnte; natürlich keine anspruchsvolle Klaviermusik wie die "Papillons" seines Studenten Robert Schumann, sondern brillante und sentimentale Rondos, Romanzen und Capricen, ganz wie es das teils großbürgerliche, teils aristokratische Publikum von einer künftigen Dame erwartete."

Sehr intensiv war dieser Kompositionsunterricht nicht. Besonders bei ihren ersten Kompositionen lässt sich ein Mangel an theoretischer Schulung feststellen. Als Robert Schumann ihre Soirées Musicales in seiner "Neuen Zeitschrift für Musik" besprach, umschrieb er diesen Mangel taktvoll als "ausländische Phantasie".

Beurteilt man Clara Schumann als Komponistin, darf man nie übersehen, dass sie zu einer Zeit Musik schuf, als man dies bei einer Frau als ungewöhnlich empfand. Über ihr Klavierkonzert a-moll op. 7, geschrieben während ihres 14. bzw. 15. Lebensjahres, ließ sich der Musikkritiker C.F. Becker in einer Besprechung des Werkes dahingehend vernehmen, dass von einer ernsthaften Kritik an diesem Werk natürlich keine Rede sein könne, "weil wir es mit dem Werk einer Dame zu thun haben". Hans von Bülow bemerkte im Zusammenhang mit ihren Kompositionen:

Reproductives Genie kann dem schönen Geschlecht zugesprochen werden, wie productives ihm unbedingt abzuerkennen ist ... Eine Componistin wird es niemals geben, nur etwa eine verdruckte Copistin... Ich glaube nicht an das Femininum des Begriffes: Schöpfer. In den Tod verhaßt ist mir ferner alles, was nach Frauenemancipation schmeckt.

Was verwundert es, dass Clara Schumann über ihr von Kritikern als Höhepunkt ihres Schaffens bezeichnetes Klaviertrio op. 17, das sie trotz Schwangerschaften, wirtschaftlicher Not und pianistischer Misserfolge schrieb, selber sagte,

"Natürlich bleibt es immer Frauenzimmerarbeit, bei der es... an der Kraft und hie und da an der Erfindung fehlt."

Anders als beispielsweise die britische Komponistin Ethel Smyth war Clara Schumann weniger in der Lage, sich vom Urteil ihrer Zeitgenossen zu lösen und Komponieren hatte vielleicht auch deswegen bei ihr nie die oberste Priorität. Während ihrer Ehe komponierte sie vorwiegend ihrem Ehemann zu Gefallen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sie diese Aktivität nach seinem Tod endgültig einstellte. Claras Werke werden heutzutage selten zu Gehör gebracht. Sie sind dabei keinesfalls schlecht oder geringwertig. Komponiert für die eigenen Auftritte sind sie virtuos und entsprechen dem Musikgeschmack des 19. Jahrhunderts.

Die drei Lieder aus Opus 12, die Clara Schumann komponierte, zählen neben dem Klaviertrio op. 17 zu den besten Kompositionen, die von ihr geschrieben wurden. Der Liederzyklus, den Clara Schumann als op. 13 anschließend veröffentlichte und in dem sie Gedichte von Heinrich Heine, Geibel und Friedrich Rückert vertonte, fand auch bei ihrem Mann höchste Anerkennung. Trotzdem schreibt er wenig später über ihre Kompositionen:

Clara hat eine Reihe von kleineren Stücken geschrieben, in der Erfindung so zart und musikreich, wie es ihr früher noch nicht gelungen. Aber Kinder haben und einen immer phantasierenden Mann und komponieren, geht nicht zusammen....

Clara Schumann als Virtuosin

Als Klaviervirtuosin hingegen hatte Clara eine für ihre Zeit exzeptionelle Stellung. Das beginnende 19. Jahrhundert hatte eine Reihe von hervorragenden Solisten hervorgebracht, deren überwältigendes Können auf ihrem Instrument das Publikum faszinierte, dementsprechend groß war auch die Nachfrage nach solistischen Auftritten der Künstler. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren dies z.B. die Violinisten Paganini - (der „Teufelsgeiger“, wie er gern bezeichnet wurde) - und Joseph Joachim, (mit dem Clara zahlreiche gemeinsame Konzerte bestritt). Unter den Pianisten waren es neben Clara Schumann Liszt, Chopin, Sigismund Thalberg und Friedrich Kalkbrenner, denen der Ruf vorauseilte, unübertroffen auf dem Klavier zu sein. Nicht übersehen werden darf dabei, dass auch objektive Umstände die Entwicklung der Klaviervirtuosen begünstigte: Die Instrumente Flügel und Klavier erfuhren in der Zeit immer wieder neue Verbesserungen. Stahlsaiten wurden eingezogen, der Tonumfang erweitert, die Mechanik ausgeklügelter (anders als bei Beethoven und Hummel, die als herausragende Pianisten der Wiener Klassik galten, „klebten“ die Anschlaghämmerchen nicht unwiderruflich an den Saiten, wenn man die Tasten nicht losließ). Den technischen Fortschritt ließen die Künstler in ihre Arbeiten einfließen, sowohl in die Darbietung solistischer Stücke wie auch in ihre Kompositionen.

Was Clara Schumann besonders auszeichnete: Sie bestand in einer männerdominierten Welt. Sie ließ sich nicht auf die Präsentation von Salon-Stückchen reduzieren, spielte u.a. anspruchsvolle Sonaten von Beethoven und einige seiner Klavierkonzerte (auch das fünfte, das als schwierig galt). Und sie wurde deswegen in ganz Europa gefeiert und mit Ehrungen bedacht. Während ihr Mann ständig das Gefühl hatte, um Anerkennung ringen zu müssen (legendär ist die Geschichte, dass man ihn, als er Clara auf der Konzertreise nach Russland begleitete, gefragt haben soll: „Und Sie? Was machen Sie? Machen Sie auch etwas mit Musik?“), genoss sie hohes Ansehen, was für eine Frau damals nicht selbstverständlich war. Dass Vater Wieck durch seine strenge Schule einen Grundstein hierfür gelegt hatte, ist nur ein kleiner Teil ihres Erfolges. Clara Schumann war ein außerordentliches Talent, und sie hatte das Bedürfnis, es auszuleben, auch wenn sie es immer wieder gegen andere Interessen (Mutterschaft, Robert Schumanns Einfluss) durchsetzen musste. Wie sehr ihre Stellung herausragend war für die Zeit, zeigt die Tatsache, dass sie - neben Ausnahmeerscheinungen wie z.B. Fanny Hensel - eine der wenigen Pianistinnen des 19. Jahrhunderts ist, die hohen Bekanntheitsgrad genießt.

Das Werk ihres Mannes, das Clara durch Konzertauftritte der Öffentlichkeit bekannt gemacht hatte, beschäftigte sie auch, nachdem sie sich vermehrt aus dem Konzertbetrieb zurückgezogen hatte. Sie förderte nach seinem frühen Tod die Veröffentlichung seiner Kompositionen im Musikverlag Breitkopf & Härtel, sammelte aber auch alle seine Schriften und Tagebücher, publizierte diese und setzte ihm so ein Andenken.

Die Abbildungen von Clara Schumann

Clara Schumann auf der 100-DM-Banknote

Es gibt zahlreiche Abbildungen von Clara Schumann, die bekannteste in Deutschland dürfte die auf dem 100-DM-Schein sein. Sie basiert auf einer Lithographie von Andreas Staub aus dem Jahr 1838, die - wie es früher gern gemacht wurde - idealisiert ist. Clara bemerkte dies selbst kritisch in einem Brief an Robert. Die Daguerreotypien von ihr zeigen ein anderes Gesicht. Clara selbst war mit vielen Bildern unzufrieden, am meisten gefiel ihr die Pastellzeichnung von Franz von Lenbach aus dem Jahr 1879, die sie im Alter von fast 60 Jahren zeigt. Sie ist am Anfang des Artikels eingebunden.

Werkverzeichnis

  • Quatre Polonaises für Klavier op. 1 (1829/30)
  • Caprices en forme de Valse für Klavier op. 2 (1831/32)
  • Valses romantiques für Klavier op. 4 (1835)
  • Quatre Pièces Caractéristiques für Klavier op. 5 (1833?, 1835/36)
  • Soirées Musicales op. 6 (1834-36)
  • Klavierkonzert a-moll op. 7 (1833-35)
  • Drei Romanzen, op. 11
  • Variations de Concert sur la Cavantine du Pirate de Bellini (1837)
  • Souvenir de Vienne - Impromptu (1838)
  • Trois Romances für Klavier (1838/39)
  • Zwölf Gedichte aus Friedrich Rückerts "Liebesfrühling" für Gesang und Klavier von Robert und Clara Schumann op. 12 (Lieder Nr. 2, 4 und 11 von Clara) (1841)
  • Scherzo für Klavier (1841)
  • Quatre Pièces fugitives für Klavier (1840 - 44?)
  • Präludium für Klavier f-Moll (1845?)
  • Trio für Klavier, Violine und Violoncello op. 17 (1846)
  • Variationen über ein Thema von Robert Schumann für Klavier op. 20 (1853)
  • Drei Romanzen für Klavier (1853)
  • Drei Romanzen für Klavier und Violine (1853)
  • Sechs Lieder aus Jucunde von Hermann Rollet (1853)

Werke ohne Opus-Zahl

  • Variationen über ein Tyroler Lied für Klavier (1830)
  • Walzer für Singstimme und Klavier (1833)
  • "Am Strand" für Singstimme und Klavier (1840)
  • "Die gute Nacht" für Singstimme und Klavier (1841)
  • Klaviersonate g-Moll (1841/42)
  • "Oh weh des Scheidens" für Singstimme und Klavier (1843)
  • Präludium f-Moll (1845)
  • Concerto f-Moll für Klavier und Orchester (1 Satz) (1847)
  • Romanze a-Moll für Klavier (1853)
  • Romanze h-Moll für Klavier (1856)

Kadenzen

  • zu Beethovens Klavierkonzerten in G-Dur, c-Moll und d-Moll

Literatur

  • Veronika Beci: Die andere Clara Schumann, Droste Verlag, 1997. ISBN 3-7700-1080-9
  • Wolfgang Held: Clara und Robert Schumann, Insel-Verlag, 2001. ISBN 3-458-34415-2
  • Dieter Kühn: Clara Schumann, Klavier - Ein Lebensbuch, Fischer Verlag, 1998. ISBN 3-596-14203-2
  • Monica Steegmann: Clara Schumann. Rowohlt, 2001. ISBN 3-499-50424-3
  • Eva Weissweiler: Clara Schumann: eine Biographie. 3. Auflage. Hoffmann & Campe, 1991. ISBN 3-455-08332-3
  • Barbara Meier: Robert Schumann. Rowohlt, 3. Auflage, Reinbek bei Hamburg, 2001, ISBN 3-499-50522-3.
  • Hans A. Neunzig; Johannes Brahms. Rowohlt, 19. Auflage, Reinbek bei Hamburg 2002, ISBN 3-499-50613-0.

Verfilmungen

Im Film "Frühlingssinfonie" von Peter Schamoni aus dem Jahr 1983 wird Claras Leben vom 9. bis zum 21. Lebensjahr beleuchtet. In den Hauptrollen spielen Nastassja Kinski als Clara Schumann, Herbert Grönemeyer als Robert Schumann, außerdem Rolf Hoppe, Gidon Kremer, Bernhard Wicki.

Weblinks