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Maulwurfsgrillen

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Maulwurfsgrillen
Vorlage:Taxonomy
Überstamm: Häutungstiere (Ecdysozoa)
Vorlage:Phylum: Gliederfüßer (Arthropoda)
Vorlage:Superclassis: Sechsfüßer (Hexapoda)
Vorlage:Classis: Insekten (Insecta)
Vorlage:Subclassis: Fluginsekten (Pterygota)
Vorlage:Ordo: Langfühlerschrecken (Ensifera)
Vorlage:Familia: Maulwurfsgrillen (Gryllotalpidae)
Gattungen

Die Maulwurfsgrillen (Gryllotalpidae) bilden eine Familie der Klasse der Insekten (Insecta), der weitere Gattungen untergeordnet sind. In Deutschland ist lediglich die Europäische Maulwurfsgrille (Gryllotalpa gryllotalpa) heimisch, die auch als Werre bekannt ist.

Etymologie des Namens „Maulwurfsgrille“

Der Name „Maulwurfsgrille(n)“ rührt von ihrem charakteristischen Aussehen her: Einerseits besitzen sie große Grabschaufeln und leben unterirdisch wie Maulwürfe, auf der anderen Seite haben sie (in etwa) die Körperform von großen Grillen und erzeugen ähnliche Laute. So setzt sich auch der lateinische Artname „Gryllotalpa“ zusammen; Namensgeber sind die Gryllidae, Grillen, und der „Talpa europea“, Maulwürfe. Auch der englische Name „mole cricket“ geht dem einher.

Die erste Einordnung der Gryllotalpidae fand 1758 durch Linné statt, der die heute als „Saarländische Maulwurfsgrille“ bekannte Unterart beschrieb (Gryllotalpa gryllotalpa Linnaeus, siehe auch Weblinks). Der Name wurde auch als Begriff für die Familie der „Gryllotalpidae“ eingeführt.

Aussehen der Gryllotalpidae

Gryllotalpa gryllotalpa aus „Brehms Tierleben“, links ausgewachsen, rechts ein junges Tier

Das markanteste Merkmal der Maulwurfsgrillen sind ihre kräftigen Vorderbeine, die zu Schaufeln ausgebildet sind. Auch ihr gut geschützter, großer Kopf, der mit einem Chitin-Panzer geschützt ist und ihr allgemein „wuchtiges“ Auftreten sind charakteristisch. Maulwurfsgrillen besitzen einen hell- bis dunkelbraunen, glänzenden Corpus; ihre Unterseite ist meist heller gefärbt.

Ihre Flügel sind braun, zum Teil durchsichtig. Die Vorderflügel sind sehr kurz und „lederartig“, die Hinterflügel sind länger und überragen den Hinterleib. Die meisten Arten können nicht fliegen, manche nicht einmal mehr springen. Die Flügel einiger Scapteriscus-Arten sind länger als die anderer Gryllotalpidae. Das Männchen ist meist größer und schwerer als das Weibchen. Die Körperform erinnert an die einer Grille, ihre Hinterbeine sind noch recht kräftig gebaut und unterscheiden sich farblich nur gering vom restlichen Körper. Ihr Panzer an der Vorderseite ist mit winzigen Härchen bedeckt.

Innerer und äußerer Bau

Das innere Organsystem der Maulwurfsgrillen ist mit dem anderer Insekten identisch. Sie besitzen ein zentrales Nervensystem, ihr Atmungssystem besteht aus Tracheen. Weibliche Tiere besitzen im Gegensatz zu vielen anderen weiblichen Insekten keine Legröhre.

Maulwurfsgrillen sind optimal an das Leben unter der Erde angepasst: Sie besitzen im Gegensatz zu den meisten anderen Langfühlerschrecken (Ensifera) nur rudimentäre Komplexaugen. Sie haben ebenso nur kurze Vorder- und Hinterflügel, die über den Hinterleib ragen. Nur sehr wenige Arten können diese zum Fliegen verwenden und von diesen oft nur die Weibchen; viele Arten demzugegen benutzen ihre Flügel zur Kommunikation. Die Hörorgane liegen an dem hintersten Beinpaar: Scapteriscus-Arten besitzen von diesen Daktylen nur zwei, Neocurtilla und Gryllotalpa jeweils vier an jedem Bein. Die Vorderflügel der weiblichen Tiere sind länger als die der männlichen.

Detailaufname der Bauchseite einer Gryllotalpa gryllotalpa, an dem hintersten Bein sind die Daktylen zu erkennen

Die Grabbeine sind mit kleinen Chitin-Zähnen besetzt, die ihnen das Graben erleichtern. Der Körper ist samtartig behaart und besteht aus einem sehr festen Chitin-Skelett, das ihnen ebenfalls das Leben unter der Erde ermöglicht. Die Thoraxgröße beider Geschlechter beträgt zwischen 1 und 2 cm, die gesamte Körperlänge zwischen 4 und 6 cm, es wurden jedoch auch schon 10 cm große Exemplare gesichtet, was zeigt, dass sie unter Idealbedingungen weit größer werden können. Charakteristisch sind ihre viergliedrigen Vorderfüße, die sich im Laufe der Evolution zu Grabschaufeln veränderten. Auch der Chitin-Schild am Hals, der mit feinen Haaren bestückt ist, ist ein auffälliges Merkmal dieser Familie. Der harte und große Kopfpanzer dient dazu, die Wände der gegrabenen Tunnel zu verdichten.

Lebensraum

Schemazeichung eines typischen Gryllotalpidae-Baus

Maulwurfsgrillen leben bevorzugt unterirdisch in feuchten, lockeren und kultivierten (Acker-) oder Lehmböden. In Amerika lebende Arten leben auch in torfhaltigen Böden. Oft halten sie sich in der Nähe von Gewässern auf. Seltener leben sie im Boden lichter Wälder. Maulwurfsgrillen können sich unter der Erde wegen ihrer Schaufeln sehr geschickt vor- und auch rückwärts bewegen. Durch die Besiedelung des Menschen boten sich den Maulwurfsgrillen auch neue Habitate, wie zum Beispiel Mist- und Komposthaufen oder (Gemüse-)Gärten. Mit dieser Lebensweise gelingt ihnen auch eine größere Verbreitung, da sie beim Düngen auf großen Feldern verteilt werden.

Zum Verstärkung der Kammern verwenden Maulwurfsgrillen Teile von toten Pflanzen, die sie mit ihrem Panzer an die feuchten Erdwände drücken. Die Vorkammern (siehe Schema) werden von vielen Arten auch als eigentliche Nester gebraucht. Ihre Tunnelsysteme sind mehrere Meter lang. Sie bestehen aus horizontal verlaufenden Kanälen dicht unter der Oberfläche und – von diesen ausgehend – vertikalen Tunneln, die bis zu 4 m tief sein können. Maulwurfsgrillen graben sich täglich unterirdisch bis zu 40 m weit. Sie legen sogar einzelne Kammern an, um unter anderem den Nachwuchs zu ernähren. Diese Brut- und Vorratskammern sind etwa so groß wie ein Tennisball, es gab allerdings auch schon Funde von der Größe eines Fußballs. Die Gänge sind allerdings nicht breiter als etwa 6 cm und bestehen zudem oft nur aus lockerem Boden, durch den sich die Tiere leichter graben können. Manche Arten bauen zudem separate Futterkammern.

Ihren natürlichen Lebensraum verlassen Maulwurfsgrillen nur zur Paarungzeit, meistens in den Abendstunden. Sie sind zudem nachtaktiv.

Evolution und Auftreten

Maulwurfsgrillen existieren bereits seit über 35 Millionen Jahren, was Funde belegen. Die ersten Maulwurfsgrillen sind somit gegen Ende des Eozän entstanden. Zu diesem Zeitpunkt spaltete sich die Entwicklungslinie der Gryllotalpidae von der der Gryllidae ab. Die Unterschiede des Körperbaus zu dem anderer Grillenfamilien und die gleichzeitige Homologien zum Phänotyp evolutionär entfernter Tierfamilien (wie zum Beispiel die Grabschaufeln der Maulwürfe oder die Flügel der Libellen) zeugen von der sehr frühen Trennung der Evolutionslinien.

Heute sind Maulwurfsgrillen in ganz Europa (große Bestände in Ungarn), in Asien (bis nach Japan, im Osten von Australien und in Nordafrika verbreitet. Auch in Nord- und Südamerika siedelten sich einige Arten an. Auffällig ist ihre besonders hohe Besiedlung des Mittelmeergebietes; diese erstreckt sich im Westen von Marokko und Spanien bis nach Israel im Osten.

Verhaltensweisen und Leben der Maulwurfsgrillen

Nahrung und Feinde

Maulwurfsgrillen gehören zu den Carnivoren und ernähren sich daher von Insekten, deren Larven und anderen wirbellosen Tieren (zum Beispiel Würmern oder Engerlingen, da sie sich den Lebensraum „teilen“). Da insbesondere junge Maulwurfsgrillen auch gut schwimmen können, ernähren sich diese auch von Wasserinsekten.

Natürliche Feinde haben die Maulwurfsgrillen unterirdisch außer ironischerweise ihrem Namensgeber, den Maulwürfen, wenige. Da sie jedoch zur Paarungszeit den Bau verlassen, sind auch Vögel (im europäischen Raum vor allem Krähen, Steinkäuze und der Wiedehopf) zu ihren Feinden zu zählen. Weitere Feinde sind (vor allem in Australien und Amerika) auch (zumeist) größere oder giftige Insekten.

Weil Maulwurfsgrillen ihre Nester auch in der Nähe von Seen und Flüssen bauen, gehört auch der Flusswels (Silurus Glanis) zu ihren Hauptfeinden (im Bereich der Fische) in diesen Gebieten (in vor allem Nord- und Osteuropa).

Findet die Maulwurfsgrille zu wenig tierische Nahrung, nimmt sie (selten) auch pflanzliche Nahrung zu sich. Maulwurfsgrillen gelten aber als sehr gefräßig, so dass bei einigen Arten – besonders bei Futtermangel – Fälle von Kannibalismus beobachtet werden konnten. Dies ist wohl nicht alltäglich, wurde aber schon 1887 in Brehms Tierleben in einer Anekdote erwähnt:

„Eine in einem Garten betroffene Werre sollte mit dem Grabscheite getödtet werden, wobei man sie zufällig so traf, daß sie in eine vordere und hintere Hälfte gespalten wurde. Nach einer Viertelstunde fiel der Blick des Vertilgers auf das vermeintlich todte Thier; wie groß war aber sein Entsetzen, als er die vordere mit dem Auffressen der weicheren hinteren Hälfte beschäftigt fand.“

Fortpflanzung und Lebenszyklus

Die Paarungszeit der Maulwurfsgrillen dauert von Anfang Mai bis Mitte Juni an. In dieser Zeit verlassen die Maulwurfsgrillen vermehrt zur Partnerfindung ihren unterirdischen Bau. Weibliche Tiere begeben sich dann auf den Paarungsflug (in etwa vier bis sechs Meter Höhe), um dem Lockruf des Männchens zu folgen. Die Flügelbewegung beim Flug ähneln sie Libellen; sie können im Gegensatz zu diesen aber nur vorwärts fliegen. Der Paarungsruf des Männchens klingt ähnlich einem tiefen Surren (Stridulation). Mit y-förmigen Trichtern, die die Männchen zur Erzeugung an die Bodenoberfläche graben, wird das „Zirpen“, das aber nicht wie ein solches klingt, verstärkt; die Geräusche sind so für das Weibchen bis zu etwa 200 m weit hörbar, für den Menschen (unter guten Bedingungen) bis zu 100 m.

Die Paarung findet auf dem Boden oder unterirdisch statt. Das Weibchen legt danach unterirdisch in einer separaten Brutkammer zwischen 100 und 1000 Eier und klebt diese an die Wände. Die Eier besitzen eine gelbliche Farbe, sind oval und jedes Einzelne ist ungefähr so groß wie ein Pfefferkorn. Bei manchen Arten (zum Beispiel Gryllotalpa Gryllotalpa) bewacht das Weibchen diese zusätzlich und sorgt auch für die Larven. Auch werden die Eier vor Pilzbefall durch ein Ablecken, das einer „Desinfektion“ gleicht, geschützt. Nach sieben bis zwölf Tagen (variiert von Art zu Art) schlüpfen die Larven, die eine weiße Farbe haben und deren Körperbau dem von Ameisen gleicht. Sie durchlaufen je nach Art sechs bis zehn verschiedene Stadien, bis sie eine ausgewachsene Maulwurfsgrille werden. Sie sind im Gegensatz zu anderen Insekten nicht metamorph, sie verpuppen sich nicht, sondern häuten sich im Laufe der Zeit mehrfach.

Gemeine Maulwurfsgrille von der Seite

Die jungen Larven verbringen die ersten drei bis vier Wochen nach dem Schlüpfen im Bau und ernähren sich von abgestorbenen Pflanzenteilen. Dann folgt die erste Häutung und die Jungtiere verlassen das Nest. Nach weiteren vier Wochen, gegen Mitte bis Ende August häuten sie sich abermals und gegen Ende des Septembers ein drittes Mal. Sie besitzen zu diesem Zeitpunkt ihrer Entwicklung eine Größe von ungefähr 20 bis 40 mm. Die jungen Tiere halten Winterschlaf (im Innern der Erde) und häuten sich im Frühjahr zum vierten Mal; ihre Flügel sind dann ausgebildet. In diesem Stadium können sich die Tiere weiter und schneller fortbewegen als ausgewachsene Tiere, da sie ihre Sprungfähigkeit zu diesem Lebenszeitpunkt noch nicht eingebüßt haben. Ende Juli sind die Tiere voll entwickelt, bis dahin häuten sie sich je nach Art noch zwei- bis sechsmal. Sie werden jedoch erst ein Jahr später (nach insgesamt 2 Jahren) geschlechtsreif. Die Lebensdauer einer geschlechtsreifen Maulwurfsgrille beträgt etwa ein Jahr.

Angriff und Verteidigung

Auch Kämpfe zwischen männlichen Maulwurfsgrillen werden (vermehrt zur Paarungszeit) ausgetragen: Ihre Schaufeln sind kräftig gebaut und gut zum Angriff geeignet. Zur Verteidigung verwenden die Gryllotalpidae ein klebriges Sekret, das sie von ihrem Hinterleib absondern. Wird zum Beispiel eine Maulwurfsgrille von hinten attackiert, so erhält sie durch ihre Sinneshärchen an ihrem Schwanz einen Impuls, der sie die Abwehrflüssigkeit – bemerkenswert schnell – absondern lässt.

Gegenüber Menschen verhält sich das Tier scheu; bei einer Erschütterung des Bodes zieht sich das Tier unter die Erde zurück.

Systematik der Gryllotalpidae

Es sind etwa 60 verschiedene Arten dieser Insektenfamilie bekannt. Diese sind wiederum in drei Gattungen aufgeteilt: Gryllotalpa, Scapteriscus und Neocurtilla. Außer im Bau des äußeren Chitinpanzers unterscheiden sich die Gattungen nur wenig, zum Beispiel in den Hörorganen.

Der folgende Baum stellt diese Gattungen und eine Auswahl an Arten mit den größeren Populationen dar:

Verbreitungskarte der verschiedenen Gattungen
  • Gryllotalpa
    • Gryllotalpa africana („Afrikanische Maulwurfsgrille“, „Chinesische Maulwurfsgrille“)
    • Gryllotalpa cultriger („Westliche Maulwurfsgrille“, „western mole cricket“)
    • Gryllotalpa gryllotalpa („Europäische Maulwurfsgrille“, auch „Gemeine Maulwurfsgrille“)
    • Gryllotalpa orientalis („Orientalische Maulwurfsgrille“, „oriental mole cricket“)
    • Gryllotalpa australis („Australische Maulwurfsgrille“, „Australian mole cricket“)
    • ...
  • Scapteriscus
    • Scapteriscus abbreviatus („Kurzflügelige Maulwurfsgrille“, „shortwinged mole cricket“)
    • Scapteriscus borellii („Südliche Maulwurfsgrille“, „southern mole cricket“)
    • Scapteriscus didactylus („Westindische Maulwurfsgrille“, „west indian mole cricket“)
    • Scapteriscus imitatus („Imitatormaulwurfsgrille“, „imitator mole cricket“)
    • Scapteriscus vicinus („Lohfarbene Maulwurfsgrille“, „tawny mole cricket“)
    • ...
  • Neocurtilla

Anmerkung: Die sogenannten „Pygmäen-Maulwurfsgrillen“ (englisch: „pygmy mole crickets“), die nur eine Körpergröße von etwa 10 mm erreichen, gehören trotz ihres Namens nicht in die Familie der Gryllotalpidae, sondern zu den Kurzfühlerschrecken (Caelifera). Die Ähnlichkeiten der beiden Spezies ist mehr auf eine konvergente Entwicklung zurückzuführen als auf einen gemeinsamen Vorfahren. (siehe auch Auftreten und Evolution)

Ausgewählte Arten und ihr Lebensraum

Australien

In Australien sind lediglich folgende vier Arten beheimatet, die alle im Osten des Kontinents zu finden sind: Gryllotalpa australis (auch „Gewöhnliche Maulwurfsgrille“ genannt, englisch: „common mole cricket)“, Gryllotalpa howensis, Gryllotalpa monanka und Gryllotalpa nitidula. Die drei letzten Arten treten nur in sehr geringer Zahl auf – die Population der „Gewöhnlichen Maulwurfsgrille“ ist am größten (aber dennoch gering).

Gryllotalpa australis

Die „Australische Maulwurfsgrille ist in den frühen Sommermonaten zahlreich in der Umgebung um Brisbane anzutreffen. Sie ist eine der wenigen Arten, die nicht unter Artenschutz stehen, da diese Art noch weit verbreitet ist.

Europa

Gryllotalpa gryllotalpa

Gryllotalpa gryllotalpa von Vorne

Name: Sie ist einfach als „(Gemeine) Maulwurfsgrille“ (englisch: „common mole cricket“, „Erdwolf“ oder „Erdkrebs“ bekannt. Der ältere Name „Werre“ ist ebenso geläufig. Auf Grund ihres zahlreichen Auftretens im späten 19. Jahrhundert ist sie auch unter den älteren Namen „Reutwurm“, „Reitkröte“ und „Moldworf“ bekannt. Auch ihr früherer wissenschaftlicher Name „Gryllotalpa vulgaris“ wird noch verwendet.

Verbeitung: In Westeuropa wurde diese Art zum ersten Mal Mitte des 19. Jahrhunderts in Holland und Belgien (und später im „Brehm“) beschrieben; in der ungarischen Literatur des 19. Jahrhunderts war sie schon zahlreich vertreten. Sie ist die einzige in Deutschland verbreitete Art der Familie und gehört zu den größten dort heimischen Insekten. Sie lebt vermehrt im Norden des Landes und ist die in Europa am weit verbreitetste Art. Vor allem in Osteuropa (zum Beispiel Ungarn) ist sie häufiger vertreten. Sie sind auch in Amerika, im Norden Afrikas und in Westasien zu finden.

Beschreibung: Der bräunliche Körper kann beim Männchen eine Länge zwischen 33 und 50 mm erreichen, beim Weibchen etwa 35 mm. Einzelne Exemplare besitzen auch eine Körpergröße von etwa 10 cm. Sie können, im Gegensatz zu anderen Arten, nicht springen. Die Flügel besitzen eine gelblichere Farbe als der Körper. Sie lebt vor allem in Ackerböden. Die Europäische Maulwurfsgrille legt nur sehr wenige Eier, zwischen 200 und 500 Stück. Gryllotalpa gryllotalpa gehören zu einer der wenigen Arten, die sich um die geschlüpften Larven kümmert.

Die Larven der Werre schlüpfen acht bis zehn Tage nach der Eiablage. Die Larven durchlaufen fünf Häutungen und sind nach etwa 12-14 Monaten voll entwickelt.

Nordafrika

Im nördlichen Afrika (vor allem in Marokko) ist hauptsächlich die Art Gryllotalpa africana verbreitet. Diese Art wird auch als „chinesische Maulwurfsgrille“ bezeichnet; auch dort lebt sie.

Amerika

Selbst in Nordamerika kann man einige Arten antreffen, darunter die seltenen Scapteriscus vicinus (englisch: „tawny mole cricket“) und die Scapteriscus borellii („Südliche Maulwurfsgrille“). Die „nördliche Maulwurfsgrille“ (Neocurtilla hexadactyla) ist die Art, die am verbreitesten ist, dennoch ist ihre Population gering. In Puerto Rico ist in besonderem Maße die Art Scapteriscus didactylus, die „Westindische Maulwurfsgrille“, verbreitet. Eine weitere seltene Art, die im Westen der USA lebt, ist die Gryllotalpa major (deutsch: „Präriemaulwurfsgrille“, englisch: „prairie mole cricket“).

Neocurtilla hexadactyla

Schemazeichnung einer Maulwurfsgrille (Neocurtilla hexadactyla

Name: Der Artname leitet sich von ihrem Bau („hexa“ = sechs, bezieht sich auf die Anzahl der Dakytlen) ab. Sie ist auch als „Nördliche“ oder „Nordamerikanische Maulwurfsgrille“ (englisch: „northern mole cricket“) bekannt.

Verbreitung: Diese Maulwurfsgrillenart lebt vor allem im Osten und im Zentrum der Vereinigten Staaten. Nachgewiesen werden konnte sie in Nebraska bis Texas und Florida, auch in Ontario in Kanada. Sie hat sich dem dortigen Leben angepasst und lebt zum Teil in Torfböden. Auch in der Karibik wurde sie bereits nachgewiesen. Die Art wird in Amerika als „selten“ angesehen.

Beschreibung: Diese Art der Neocurtilla unterscheidet sich von anderen Gryllotalpidae vor allem in der Anzahl der „Hörorgane“ an ihren Beinen; die üblicherweise in Amerika lebenden Scapteriscus-Arten besitzen insgesamt vier (an jedem Hinterbein zwei), Neocurtilla jedoch insgesamt sechs der Daktylen. Die Körperfarbe dieser Art ist dunkler als die anderer in Amerika lebender Arten. Nordamerikanische Exemplare haben ihre Flugfähigkeit eingebüßt, Tiere der gleichen Art, die ihren Ursprung in Mittelamerika und der Karibik hatten, sind jedoch flugfähig. Durch ihre Flugunfähigkeit haben die Hexadactyla viele Feinde, darunter einige Wespenarten.

Die Paarungszeit dieser Spezies liegt zwischen Mai und Juni. Zwischen Ende Mai und Anfang Juli schlüpfen die ersten Larven.

Scapteriscus didactylus

Name: Scapteriscus didactylus wird auch „Westindische Maulwurfsgrille“ (englisch: „west indian mole cricket)“ genannt. Sie ist eine der wenigen in Mittelamerika lebenden Arten. In Mittelamerika wird sie auch „changa“ genannt, spanisch für „kleiner Affe“.

Verbreitung: Ihr Lebensraum liegt in Mittelamerika, der Karibik und den südlichen USA. Ihr Ursprung wird in Südamerika vermutet.

Beschreibung: Der Körper dieser Art isr dunkel- und hellbraun gefleckt. Die Flügel überragen das Abdomen, was ihr das Fliegen ermöglicht. Ein besonderes Merkmal dieser Art ist, dass sie sich in Gefangenschaft oft stundenlang „tot stellt“. Diese Eigenschaft teilt sie sich nur mit den Südlichen Maulwurfsgrillen. Sie ernährt sich hauptsächlich von Ameisen und Pflanzenschädlingen und ist daher selbst keiner.

Scapteriscus imitatus

Verbreitung: Sie stammt ursprünglich aus Südamerika, wurde aber in den 1930er Jahren auch nach Puerto Rico „importiert“, wo sie sich rasch vermehrte.

Beschreibung: Den Namen „Imitatormaulwurfsgrille“ bekam diese Art wegen ihres charakteristisch gefleckten Panzers. Mit diesem „imitiert“ sie andere Insektenarten in ihren Heimatländern. Die Flügel sind nicht länger als der Körper.

Asien

In Westasien existieren nur wenige Arten, die seltene Gryllotalpa major ist eine von ihnen. Dies ist zugleich die größte bekannte Maulwurfsgrillenart. Sie wurde auch auf Hawaii (!) gefunden, stammt jedoch ursprünglich aus Osteuropa, besiedelte später (vermutlich ganz) Ostasien.

Maulwurfsgrillen und der Mensch

Bedrohung und Artenschutz

Da man lange Zeit glaubte, Maulwurfsgrillen ernährten sich von Wurzeln, wurden sie als Schädlinge bekämpft: Maulwurfsgrillen zerstören die Wurzeln der Pflanzen nur durch ihr Graben und Reißen; da sie sich ausschließlich von Fleisch ernähren, fressen sie die Wurzeln aber nicht auf. Seit einiger Zeit wird diese Meinung von den meisten Forschern geteilt, obwohl man von manchen Gryllotalpidae-Arten vermutet, dass auch Wurzeln auf ihrem Speiseplan stehen, besonders wenn nicht genügend tierische Nahrung vorhanden ist.

So kommt es, dass heute fast alle Arten in Westeuropa und Amerika unter Artenschutz stehen, manche sind auch vom Aussterben bedroht. Besonders in Deutschland ist die Art Gryllotalpa gryllotalpa in die „Vorwarnliste“ aufgenommen worden: Dies ist nicht nur auf den Menschen, der diese Art lange als Schädling bekämpft hat, sondern auch auf ihre kurze Lebensdauer und ihre (relativ lange) Larvenzeit zurückzuführen. Auch legt sie nur sehr wenige Eier, was auch einen Grund für ihre geringe Anzahl darstellt.

In der Medizin

Das Sekret, das die Maulwurfsgrillen zu ihrer Verteidigung benutzen, wird in Asien bereits seit langer Zeit als Heilsalbe verwendet. Zur Zeit wird diese Flüssigkeit auch in der westlichen Welt in der Naturheilkunde auf ihre heilende Wirkung erforscht.

Geschätzte Populationen

Es ist auf Grund ihrer Lebensweise sehr schwer, genaue Populationszahlen zu bestimmen. Man vermutet, dass die größten Populationen die Arten der „Westindische Maulwurfsgrille“ und der „Gewöhnlichen Maulwurfsgrille“ bilden. Die Art Gryllotalpa gryllotalpa ist vor allem in Westasien und Osteuropa großzahlig vertreten, in Ungarn sind sie ein alltägliches Phänomen. Weltweit ist die Anzahl aller Gryllotalpidae für Insektenpopulationen als gering anzusehen. Die meisten anderen Gryllotalpidae-Arten sind ebenso nur noch wenig vertreten; zum Beispiel wird die Anzahl aller Gryllotalpa major weltweit auf etwa 5.000 bis 10.000 Exemplare geschätzt.

Literatur

  • „A revision of the Afrotropical mole-crickets“, Infoblatt des „British Museum of Natural History“ (1983)
  • Daly, Doyen und Purcell: „Introduction to Insect Biology and Diversity, 2nd ed. Oxford“ (1998)
  • Gale Group: „Grzimek's Animal Life Encyclopedia“, Zweite Auflage, Band 3 „Insekten“, ISBN 0-7876-5779-4
  • Originalausgabe „Brehms Tierleben“ (von 1887), Band 9, S. 560ff. oder „Digitale Bibliothek“ Band 76: „Brehms Tierleben, Kolorierte Originalausgabe“
  • M. Zimmer: „Die chinesische Maulwurfsgrille Gryllotalpa africana Beauvois und die saarländische Maulwurfsgrille Gryllotalpa gryllotalpa Linné in der Wundheilkunde“ (Disseratation 1997)
  • Pungur: „A magyarországi tücsökfélék természetrajza“ (ungarisch, Budapest 1891)

Weblinks

Commons: Gryllotalpa gryllotalpa – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien