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Friedrich Nietzsche

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Friedrich Wilhelm Nietzsche (* 15. Oktober 1844 in Röcken bei Lützen; † 25. August 1900 in Weimar) war ein einflussreicher deutscher Philosoph und klassischer Philologe.

Friedrich Nietzsche, 1882, Profilfotografie

Leben

Jugend (1844–1869)

Friedrich Nietzsche kam am 15. Oktober 1844 im sächsischen Röcken als Sohn des lutherischen Pfarrers Carl Ludwig Nietzsche (1813–1849) und dessen Frau Franziska, geb. Oehler (1826–1897), zur Welt. Seinen Namen erhielt er zu Ehren des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., der am selben Tag Geburtstag hatte. Die Schwester Elisabeth wurde 1846 geboren. Nach dem Tod des Vaters 1849 und des jüngeren Bruders Ludwig Joseph (*1848, †1850) zog die Familie nach Naumburg an der Saale. Von 1858 bis 1864 war Nietzsche Gymnasiast am angesehenen Internat Schulpforta, wo seine besondere Begabung im musischen und sprachlichen Bereich auffiel. Hier lernte er als bleibende Freunde Paul Deussen und Carl von Gersdorff kennen.

1864 begann Nietzsche ein Studium der Theologie und der klassischen Philologie in Bonn. Das Theologiestudium brach er bereits nach einem Semester ab; stattdessen begeisterte er sich für die Philologie. Diese studierte er bei Friedrich Ritschl, dem er 1865 nach Leipzig folgte. Ein wichtiger Freund wurde dort Erwin Rohde.

Professor in Basel (1869–1879)

Von Ritschl gefördert, wurde Nietzsche 1869 noch vor seiner Promotion und Habilitation zum außerordentlichen Professor für klassische Philologie an die Universität Basel berufen. Seine bedeutsamste Erkenntnis auf dem Gebiet der Philologie war die Entdeckung, dass die antike Metrik nur auf der Länge von Silben basierte, im Gegensatz zur modernen, akzentuierenden Metrik.

Auf eigenen Wunsch wurde Nietzsche nach dem Umzug nach Basel aus der preußischen Staatsbürgerschaft entlassen und war für den Rest seines Lebens offiziell staatenlos. Dennoch diente er im Deutsch-Französischen Krieg für kurze Zeit als Sanitäter auf deutscher Seite.

Bereits im Jahre 1868 hatte Nietzsche in Leipzig Richard Wagner sowie dessen spätere Frau Cosima kennen gelernt. Seit Beginn seiner Zeit in Basel war er häufig Gast im Haus des zu jener Zeit von ihm zutiefst verehrten „Meisters“ in Tribschen bei Luzern. Dieser schätzte ihn vor allem als Propagandist für die Gründung des Festspielhauses in Bayreuth. Im Umkreis Wagners lernte Nietzsche auch Malwida von Meysenbug und Hans Guido von Bülow kennen.

In Basel begann 1870 die bis in die Zeit von Nietzsches Umnachtung andauernde Freundschaft zu seinem Kollegen Franz Overbeck, einem atheistischen Theologieprofessor. Ein weiterer geschätzter Kollege war Jacob Burckhardt.

1872 veröffentlichte Nietzsche Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik. Dieses erste größere Werk über den Ursprung der Tragödie, das eine exakte philologische Methode durch philosophische Spekulation ersetzte, wurde von seinen altphilologischen Kollegen - auch Ritschl - zumeist nicht verstanden, abgelehnt und totgeschwiegen. In der Philologie zunehmend isoliert, wandte er sich nun verstärkt der Philosophie zu. Auch seine vier Unzeitgemäßen Betrachtungen (18731876) fanden nicht die Resonanz, die er sich erhofft hatte. Inzwischen hatte er Paul Rée kennen gelernt, dessen Einfluss ihn vom Kulturpessimismus seiner ersten Schriften abbrachte. Auch die Beziehung zu Wagner schlug von begeisterter Anhängerschaft ab 1876 in Ablehnung und schließlich radikale Gegnerschaft um (vergleiche Einflüsse).

Seit der Kindheit auftretende Krankheiten - starke Kurzsichtigkeit bis zu praktischer Blindheit, Migräneanfälle und Magenstörungen - nahmen zu und zwangen ihn wiederholt, sich von seiner Lehrtätigkeit beurlauben zu lassen. 1879 musste er sich wegen der Anfälle mit heftigen Kopf- und Augenschmerzen und ständigem Erbrechen frühzeitig pensionieren lassen.

Freier Philosoph (1879–1889)

Lou von Salomé, Paul Rée und Nietzsche; von Nietzsche arrangierte Fotographie, 1882

Getrieben von seinen Krankheiten reiste er nun viel und lebte bis 1889 als freier Autor an verschiedenen Orten - im Sommer meist in Sils-Maria, im Winter vorwiegend in Italien (Genua, Rapallo, Turin) und auch in Nizza. In dieser Zeit entstanden seine wichtigsten Werke. Sein früherer Schüler Peter Gast (eigtl. Heinrich Köselitz) wurde dabei zu einer Art Privatsekretär; er sollte später allerdings eine zwielichtige Rolle in der Verfälschung des Nachlasses spielen (siehe Wirkung).

1882 lernte Nietzsche durch Vermittlung von Malwida von Meysenbug und Paul Rée in Rom Lou Salomé kennen. Im Sommer 1882 philosophierten die beiden gemeinsam in langen Gesprächen. Nietzsche sah sie allerdings bei aller Wertschätzung weniger als gleichwertige Partnerin denn als begabte Schülerin an. Er verliebte sich in sie und bat den gemeinsamen Freund Rée, bei ihr um ihre Hand anzuhalten; Salomé lehnte ab. Unter anderem aufgrund von Intrigen seiner Schwester Elisabeth zerbrach die Beziehung zu Rée und Salomé im Winter 1882/1883; Nietzsche flüchtete nach Rapallo, wo er in nur zehn Tagen den ersten Teil von Also sprach Zarathustra verfasste.

Weitere Bekanntschaften Nietzsches in den 1880er Jahren waren Meta von Salis und Carl Spitteler. Außerhalb eines sehr kleinen Leserkreises war Nietzsche dennoch völlig unbekannt. Erst ab 1886 wuchs seine Bekanntheit langsam. Er wechselte nun Briefe mit Hippolyte Taine, dann auch mit August Strindberg und Georg Brandes, der Anfang 1888 in Kopenhagen die ersten Vorträge über Nietzsches Philosophie hielt.

Im selben Jahr schrieb Nietzsche fünf Bücher; ab Herbst 1888 trugen seine Schriften und Briefe zunehmend Anzeichen von Größenwahn. Im Januar 1889 erlitt er in Turin einen geistigen Zusammenbruch. Als Ursache wurde progressive Paralyse als Folge von Syphilis vermutet; diese Diagnose bleibt allerdings zweifelhaft und ist bis heute umstritten.

In geistiger Umnachtung (1889–1900)

Datei:Nietzsche.jpeg
„Kleiner Nietzsche-Kopf“, Radierung von Hans Olde nach der Fotoserie „Der kranke Nietzsche“, 1899

Die letzten elf Jahre seines Lebens verbrachte Nietzsche in geistiger Umnachtung zunächst in einer Irrenanstalt in Jena, dann bei seiner Mutter in Naumburg. Ein Heilungsversuch Julius Langbehns, der von sich aus Kontakt zur Mutter aufgenommen hatte, scheiterte. Die Schwester Elisabeth kehrte 1893 aus Paraguay zurück und übernahm Stück für Stück sämtliche Kontrolle über Nietzsche und die Herausgabe seiner Werke.

Nach dem Tod der Mutter 1897 lebte Nietzsche in der Villa Silberblick in Weimar, wo er von seiner Schwester gepflegt und wie ein Schaustück ausgestellt wurde. Er überstand mehrere Schlaganfälle, bevor er am 25. August 1900 an den Folgen einer Lungenentzündung starb. Auf Wunsch der Schwester wurde er an der Röckener Dorfkirche neben seinem Vater beigesetzt.

Denken und Werk

Nietzsche begann als Philologe, begriff sich selbst aber zunehmend als Philosoph oder als freier Denker (vergleiche Freigeist). Viele seiner Werke enthalten auch psychologische Thesen.

Übersicht zum Werk

Nietzsches Denken und Werk wird oft grob in folgende Zeiträume eingeteilt:

  • Die Wagnerianisch-Schopenhauerische Zeit (1872–1876), die vor allem im Zeichen dieser beiden Männer steht und romantizistische Einflüsse zeigt. Sie umfasst die Werke:
    • Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik
    • Unzeitgemäße Betrachtungen (I–IV).
  • Die Zeit 1876–1882, die oft missverständlich „positivistisch“ genannt wird. Sie beginnt mit dem Bruch mit Wagner und ist stark wissenschaftlich-kritisch geprägt. An Stelle der früheren zusammenhängenden Abhandlungen treten jetzt die Aphorismensammlungen:
    • Menschliches, Allzumenschliches (mit zwei Fortsetzungen)
    • Morgenröte
    • Die fröhliche Wissenschaft.
  • Das Hauptwerk Also sprach Zarathustra (1883–1885), in dem die wichtigsten Lehren in symbolisch-dichterischer Sprache formuliert werden.
  • Die späten Werke (1886–1888), in denen die bisherigen Lehren weiter ausgeführt und zunehmend in polemische Schärfe gebracht werden. Neben Aphorismen und Sentenzen finden sich nun wieder längere Abhandlungen. Zu dieser Periode zählen:
    • Jenseits von Gut und Böse
    • Zur Genealogie der Moral
    • Der Fall Wagner
    • Götzen-Dämmerung
    • Der Antichrist
    • Ecce Homo (Autobiographie, kann demselben Kreis zugerechnet werden).

Es gibt allerdings einige Überschneidungen und Brüche in diesem Schema; so fügte Nietzsche den Zweitauflagen der Geburt der Tragödie und der Fröhlichen Wissenschaft von 1887 ein kritisches Vorwort bzw. ein fünftes Buch hinzu. Bedeutsam ist auch die zu Lebzeiten unveröffentlichte Schrift Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne von 1872, in der Nietzsche viele seiner späteren Gedanken vorwegnimmt. Einige Themen - etwa das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft - behandelt Nietzsche in allen Zeiträumen, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven und mit entsprechend unterschiedlichen Antworten.

Dieses Facsimile ist die getreue Reprodukction eines von Nietzsche ursprünglich für das "Menschliche Allzumenschliche" bestimmten Epilogs. (Original-Bildunterschrift der Werksausgabe von 1900, Leipzig.) – Jetzt im Nachlass, KSA 8: 24[10]. Ein weiteres Faksimile eines Manuskriptes findet sich im Artikel Faksimile.

Neben seinen philosophischen Betrachtungen veröffentlichte Nietzsche auch Gedichte, in denen seine philosophischen Gedanken bald heiter, bald dunkel und schwermütig ausgedrückt werden. Sie hängen mit den Prosawerken zusammen: Die Idyllen aus Messina (1882) gingen in die zweite Auflage der Fröhlichen Wissenschaft ein, während die Dionysos-Dithyramben (1888/89) teilweise aus Also sprach Zarathustra entsprungen sind.

Nietzsche gilt als Meister der aphoristischen Kurzform und des mitreißenden Prosa-Stils. Einige Interpreten halten auch die scheinbar wenig strukturierten Aphorismenbücher für geschickt „komponiert“; die Werke sind oft mit einem Rahmen (Rahmenhandlung, Vor- und Nachwort, Gedichte, „Vorspiel“) versehen.

Lange Zeit umstritten war die Frage nach dem philosophischen Rang von Nietzsches Nachlass: Extrempositionen bezogen hier einerseits Karl Schlechta, der im Nachlass nichts fand, was nicht auch in veröffentlichten Werken zu finden sei; und andererseits Martin Heidegger, der Nietzsches veröffentlichtes Werk nur als „Vorhalle“ sah, während sich die „eigentliche Philosophie“ im Nachlass befinde. Inzwischen herrscht eine mittlere Position vor, die den Nachlass als Ergänzung der veröffentlichten Werke begreift und darin ein Mittel sieht, Nietzsches Denkwege und Entwicklungen besser nachzuvollziehen. Vergleiche: Wirkung.

Schwerpunkte

Nietzsches Denken ist vielfach verschieden interpretiert worden. Es enthält Brüche, verschiedene Ebenen und fiktive Standpunkte lyrischer Personen („Ein Fälscher ist, wer Nietzsche interpretiert, indem er Zitate aus ihm benutzt. [...] Im Bergwerk dieses Denkers ist jedes Metall zu finden: Nietzsche hat alles gesagt und das Gegenteil von allem.“, Giorgio Colli). Eine kanonische Wiedergabe ist schwierig. Im Folgenden sollen jedoch einige zentrale Gedanken vorgestellt werden.

Kritik der Moral

Eines der wichtigsten Objekte von Nietzsches Kritik spätestens seit Menschliches, Allzumenschliches ist die Moral überhaupt und die christliche Moral im besonderen. Nietzsche wirft der bisherigen Philosophie und Wissenschaft vor, herrschende Moralvorstellungen unkritisch übernommen zu haben; wahrhaftig freies und aufgeklärtes Denken habe sich dagegen, wie der Titel eines Buchs sagt, Jenseits von Gut und Böse zu stellen. Er selbst führt diese Kritik mit Methoden der Geschichts-, Kultur- und Sprachwissenschaft exzessiv aus und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Herkunft und Entstehung moralischer Denkweisen, etwa in Zur Geneaologie der Moral. Wichtige Begriffe seiner Moralkritik sind:

  • Herren- und Sklavenmoral: Herrenmoral ist die Haltung der Herrschenden, die zu sich selbst und ihrem Leben Ja sagen können, während sie die anderen als „schlecht“ (schlicht) abschätzen, allerdings ohne Hass. Sklavenmoral ist die Haltung der „Elenden, Armen, Ohnmächtigen, Niedrigen, Leidenden, Entbehrenden, Kranken, Hässlichen“ (Genealogie I Kapitel 7), die sich für „gut“ halten, weil sie das Gegenüber – nämlich genau die Herrschenden, Glücklichen, Ja-Sagenden – als „böse“ bewerten. Die christliche Moral ist für Nietzsche das Paradebeispiel für eine Sklavenmoral.
  • Ressentiment: Dies ist das Grundempfinden der Sklavenmoral. Aus verborgenem Hass (letztlich auf die Realität und das Leben selbst) schaffen sich die „Missratenen“ eine imaginäre Welt (zum Beispiel das christliche Jenseits), in der sie selbst die Herrschenden sind und ihren Hass auf die „Vornehmen“ ausleben können.
  • Mitleid und Mitfreude: Schopenhauer hat das Mitleid ins Zentrum seiner Ethik gestellt, weil es das beste Mittel zur (vom Pessimisten Schopenhauer gewünschten) Verneinung des Lebens sei. Nietzsche übernimmt diese These, dreht sie aber nach seinem Bruch mit der Schopenhauerschen Philosophie um: Weil das Leben zu bejahen ist, gilt das Mitleid als Mittel zur Verneinung nun als große Gefahr. Es vermehre nämlich das Leiden in der Welt und stehe dem schöpferischen Willen, der immer auch vernichten muss, entgegen. Mitfreude oder generell Lebensbejahung (amor fati) sei der höhere und wichtigere Wert.

Auch das bekannte Wort vom Tod Gottes lässt sich in diesen Bereich einordnen; es fällt zuerst in der Fröhlichen Wissenschaft und findet auch im Zarathustra Verwendung. Damit meint Nietzsche, wie er selbst sagt, dass „der christliche Gott unglaubwürdig geworden ist“. Die Menschen würden bald einsehen müssen, dass niemand mehr da ist, zu dessen Werten man aufschauen könnte und müsste. Man ist für die Werte, die man vertritt, selbst verantwortlich. Dies wird oft als Prophezeiung der Heraufkunft des Nihilismus gesehen: durch die Kritik der bestehenden Moral, wie Nietzsche selbst sie betreibt, wird die Moral als hohl und unglaubwürdig erwiesen und bricht schließlich zusammen. Das Paradoxe ist, dass die wissenschaftlichen Methoden, mit denen die herrschende Moral zu Fall gebracht wird, ursprünglich selbst aus dieser Moral entstammen. Nietzsche nennt das in der Vorrede der Morgenröte die „Selbstaufhebung der Moral“.
In Also sprach Zarathustra wird der Tod Gottes emphatischer beschrieben: „Gott ist tot; an seinem Mitleiden mit den Menschen ist Gott gestorben.“

Kunst und Wissenschaft

„Apollinisch“ und „Dionysisch“ sind die Grundbegriffe, die Nietzsche in die Philosophie der Kunst eingeführt hat. Mit den Namen der griechischen Götter Apollon und Dionysos bezeichnet er in der Geburt der Trägodie zwei gegensätzliche Prinzipien der Ästhetik. Apollinisch ist demnach der Traum, der schöne Schein, das Helle, die Erhabenheit; Dionysisch ist der Rausch, die grausame Enthemmung, das Ausbrechen einer dunklen Urkraft. In der attischen Tragödie ist Nietzsche zufolge die Vereinigung dieser Kräfte gelungen. Sie sei allerdings bei Euripides duch Einfluss des Sokratismus zugrunde gegangen. Erst im Musikdrama Richard Wagners sei die Vereinigung der gegensätzlichen Prinzipien wieder gelungen.

In späteren Schriften rückt Nietzsche von dieser Position ab; insbesondere sieht er in den Werken Wagners jetzt keinen Neuanfang mehr, sondern ein Zeichen des Verfalls. Auch seine grundsätzlichen ästhetischen Betrachtungen variiert er: in den Schriften der „positivistischen“ Periode tritt die Kunst, die „große Verführerin zum Leben“, deutlich hinter die Wissenschaft zurück. Nunmehr gilt das Leben als „Mittel der Erkenntnis“ (Fröhliche Wissenschaft). Erst nach Also sprach Zarathustra greift Nietzsche wieder deutlicher auf seine frühen ästhetischen Ansichten zurück und entwickelt vor allem das Konzept des Dionysischen weiter. In den späten Schriften dient diese Gottheit zur Projektion mehrerer wichtiger Lehren, und Ecce Homo schließt mit dem Ausruf „Dionysos gegen den Gekreuzigten!“

Kritik von Religion, Metaphysik und Erkenntnistheorie

Mit der Kritik der Moral hängt eine Kritik bisheriger Philosophien zusammen. Gegen metaphysische und religiöse Konzepte ist Nietzsche grundsätzlich skeptisch; die absolute Möglichkeit einer metaphysischen Welt sei zwar „nicht widerlegbar“ (Menschliches, Allzumenschliches), aber sie gehe uns auch nichts an. Alle metaphysischen und religiösen Spekulationen seien dagegen psychologisch erklärbar; sie hätten vor allem der Legitimation bestimmter Moralen gedient. Nietzsche weist auch immer wieder darauf hin, dass wir die Welt notwendigerweise immer perspektivisch wahrnehmen und auslegen. Schon die Notwendigkeit, sich in Sprache auszudrücken und damit Subjekte und Prädikate anzusetzen, sei eine vorurteilsbehaftete Auslegung des Geschehens. Nietzsche würdigt die antiken Skeptiker als die einzigen „anständigen Philosophen“ (Der Antichrist) und äußert grundsätzliche Vorbehalte gegen jede Art von philosophischem System; es sei unredlich zu meinen, die Welt ließe sich in eine Ordnung einpassen, „der Wille zum System ist ein Mangel an Rechtschaffenheit“ (Götzen-Dämmerung).

Weitere Konzepte

Ewige Wiederkunft
Nietzsches zuerst in Die fröhliche Wissenschaft auftretender und in Also sprach Zarathustra als Höhepunkt vorgeführter „tiefster Gedanke“ und das „größte Schwergewicht“ ist die Vorstellung, dass alles Geschehende schon unendlich oft geschehen ist und unendlich oft wiederkehren wird.
In den veröffentlichten Werken scheint dieser Gedanke recht unklar zu sein; in seinen nachgelassenen Aufzeichnungen versuchte Nietzsche diese von ihm selbst intuitiv gewonnene Vorstellung physikalisch zu beweisen, was ihm nicht gelang, wie die Naturwissenschaft übereinstimmend feststellt. Für die heutige Rezeption und eventuell auch für Nietzsche selbst stehen aber die Folgen dieses Gedankens im Vordergrund: Nämlich die Forderung, das Leben zu lieben und zu bejahen, es so zu leben, dass man jeden Augenblick noch unendlich oft durchleben will. „Doch alle Lust will Ewigkeit – will tiefe, tiefe Ewigkeit“ lautet folglich ein zentraler Satz in Also sprach Zarathustra.
Übermensch
Nietzsche lehnt das humanistische Ideal, das den Menschen über das Tierreich erheben soll, ab. Auch an einen Fortschritt in der Geschichte der Menschheit – oder in der Welt überhaupt – glaubt er nicht. Für Nietzsche ist folglich das Ziel der Menschheit nicht an ihrem (zeitlichen) Ende zu finden, sondern in ihren immer wieder auftretenden höchsten Individuen, den Übermenschen. Die Gattung Mensch sieht Nietzsche als einen Versuch; er fordert „Schaffende“, die „hart“ und mitleidlos mit anderen und sich selbst sind, um aus der Menschheit und sich selbst noch ein wertvolles Kunstwerk zu schaffen.
Wille zur Macht
Der „Wille zur Macht“ ist erstens ein Konzept, das zum ersten Mal in Also sprach Zarathustra vorgestellt und in allen nachfolgenden Büchern zumindest am Rande erwähnt wird. Seine Anfänge liegen in den Analysen des menschlichen Machtwillens in der Morgenröte; Nietzsche führte es in seinen nachgelassenen Notizbüchern ab etwa 1885 viel umfassender aus. Es ist zweitens der Titel eines von Nietzsche geplanten Werks, das nie zustande kam; Aufzeichnungen dazu gingen vor allem in die Werke Götzen-Dämmerung und Der Antichrist ein. Drittens ist dies der Titel einer Nachlasskompilation von Elisabeth Förster-Nietzsche und Peter Gast, die nach Ansicht dieser Herausgeber dem unter Punkt zwei geplanten „Hauptwerk“ entsprechen soll.
Die Deutung des Konzepts „Wille zur Macht“ ist stark umstritten. Für Martin Heidegger war dies Nietzsches Antwort auf die metaphysische Frage nach dem „Grund alles Seienden“: laut Nietzsche sei alles „Wille zur Macht“ im Sinne eines inneren, metaphysischen Prinzips, so wie dies bei Schopenhauer der „Wille (zum Leben)“ ist. Die entgegengesetzte Meinung vetrtrat Wolfgang Müller-Lauter: danach habe Nietzsche mit dem „Willen zur Macht“ keineswegs eine Metaphysik im Sinne Heideggers wiederhergestellt - Nietzsche war ja gerade Kritiker jeder Metaphysik - sondern den Versuch unternommen, eine in sich konsistente Deutung alles Geschehens zu geben, die die nach Nietzsche irrtümlichen Annahmen sowohl metaphysischer „Sinngebungen“ als auch eines atomistisch-materialistischen Weltbildes vermeidet. Um Nietzsches Konzept zu begreifen, sei es angemessener, von den (vielen) „Willen zur Macht“ zu sprechen, die im dauernden Widerstreit stehen, sich gegenseitig bezwingen und einverleiben, zeitweilige Organisationen (beispielsweise den menschlichen Leib) bilden, aber keinerlei „ganzes“ bilden; die Welt sei ewiges Chaos. Zwischen diesen beiden Interpretationen bewegen sich die meisten anderen, wobei die heutige Nietzscheforschung derjenigen Müller-Lauters deutlich näher steht.

Einflüsse

Nietzsches Familie war christlich geprägt, er selbst stand dem Christentum aber schon sehr bald kritisch gegenüber; so las er früh Schriften von David Friedrich Strauß und Ludwig Feuerbach, daneben auch Ralph Waldo Emerson. Ab Mitte der 1860er übten dann die Werke Arthur Schopenhauers und dessen Konzept vom „Willen“ großen Einfluss auf ihn aus. Eine weitere wesentliche Inspiration war die Musik Wagners. Die Schriften Richard Wagner in Bayreuth (4. Unzeitgemäße Betrachtung) und vor allem die Geburt der Tragödie feiern dessen Musikdrama als Überwindung des Nihilismus ebenso wie eines platten Rationalismus. Diese Verehrung schlug spätestens 1879 nach Wagners Hinwendung zum Christentum (in Parsifal) in die bereits erwähnte Feindschaft um. Über die Gründe für diese Wandlung legt Nietzsche vor allem im Fall Wagner und Nietzsche contra Wagner Rechenschaft ab.

Weitere von Nietzsche rezipierte Quellen sind die französischen Moralisten wie La Rochefoucauld und Montaigne, Macchiavellis Werk Der Fürst sowie die griechischen Philosophen und Schriftsteller, etwa Heraklit und Thukydides. Auch Schriften von Stendhal, Tolstoi und Dostojewski machte er sich für sein eigenes Denken zunutze. Hin und wieder setzte er sich polemisch mit den seinerzeit populären Philosophien Eugen Dührings, Eduard von Hartmanns und Herbert Spencers auseinander.

Einige Nietzsche-Forscher vermuten einen großen Einfluss von Max Stirners Werk Der Einzige und sein Eigentum, andere bestreiten dies vehement (siehe Weblinks).

Durch seine Herkunft aus einem Pfarrhaus und sein Studium war Nietzsche zudem mit theologischen Konzepten und philologischen Methoden vertraut. Schließlich lässt sich sein umfassendes Interesse an Wissenschaften von der Physik (besonders Roger Joseph Boscovichs System) bis zur Nationalökonomie belegen.

Wirkung

Frühe Rezeption

Erst nach Beginn seiner geistigen Umnachtung begannen sich Nietzsches Zeitgenossen für den bis dahin praktisch unbekannten Denker zu interessieren. Als erster Entdecker Nietzsches gilt Georg Brandes, der im Frühjahr 1888 an der Universität Kopenhagen eine Vortragsreihe über ihn hielt und noch bis zu Nietzsches Zusammenbruch in brieflichem Kontakt mit ihm blieb.

Die nach dem geistigen Zusammenbruch rasch anwachsende Rezeption wurde bald durch Elisabeth Förster-Nietzsche und das von ihr 1894 in Naumburg gegründete (ab 1897 in Weimar befindliche) Nietzsche-Archiv bestimmt. Nietzsches Schwester hing nationalistischen, rassistischen und völkischen Ideen an, die ihr Bruder stets abgelehnt hatte. Sie verfügte über die Gesamtausgabe, schrieb eine „offizielle“ Biographie mit einer Deutung des Werks in ihrem Sinne und gab das angebliche „Hauptwerk“ Der Wille zur Macht (siehe Nietzsche-Rezeption im Nationalsozialismus) sowie Nietzsches Briefwechsel heraus. Insbesondere in letzterem konnten später Fälschungen, Auslassungen und Hinzufügungen durch Elisabeth Förster-Nietzsche nachgewiesen werden.

Im Umkreis dieser ersten Nietzsche-Rezeption sind etwa Harry Graf Kessler, Rudolf Steiner und Julius Langbehn zu finden. Sie und Förster-Nietzsche lasen aus Nietzsches Werk vor allem einen kulturpessimistischen Ansatz. Von Elisabeth Förster-Nietzsche und ihrem Nietzsche-Archiv darin bestärkt, legten völkische Kreise das Werk des Philosophen im deutschnationalen, teilweise sogar antisemitischem Sinne aus, obwohl Nietzsche in seiner Auseinandersetzung mit Richard Wagner seinen gegenteiligen Standpunkt in dieser Frage unmissverständlich dokumentiert hatte. Im Ersten Weltkrieg wurden Soldaten vom deutschen Staat mit einer Zarathustra-Ausgabe ins Feld geschickt.

Gegenteilige Interpretationen, etwa ein 1894 erschienenes Buch Lou Andreas-Salomés, wurden vom Archiv und Elisabeth Förster-Nietzsche öffentlich heftig attackiert. Franz Overbeck weigerte sich, mit dem Archiv zusammenzuarbeiten, und zog so ebenfalls Schmähungen der Förster-Nietzsche auf sich; sein Schüler und Nachlassherausgeber Carl Albrecht Bernoulli, der für das Archiv unangenehme Schriftstücke publizierte, wurde von ihr mehrfach verklagt. Overbecks und Bernoullis „Basler Interpretation“ wird heute allgemein als treffender als die „Weimarer Interpretation“ angesehen.

Vielfältige Wirkung

Dennoch war schon die erste Nietzsche-Rezeption vielfältig. Von der poetischen Sprache in Also sprach Zarathustra waren von Anfang an vor allem Künstler tief beeindruckt; sehr bekannt ist Richard Strauss' gleichnamige Komposition. Weitere Bewunderer Nietzsches waren Hans Olde, Henry van de Velde und Edvard Munch; in der Literatur übte er einen großen Einfluss u.a. auf Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal, Heinrich Mann, Thomas Mann, Hermann Hesse, Gottfried Benn, Gabriele D'Annunzio und Georges Bataille aus. Insbesondere galt Nietzsche als Wegbereiter der Expressionisten.

Darüber hinaus wirkten Teile der Philosophie Nietzsches auf viele Geistes- und Sozialwissenschaftler, so z.B. in der Philosophie auf Martin Heidegger, Karl Jaspers, Karl Löwith und Theodor Lessing, in der Soziologie auf Ferdinand Tönnies und Max Weber, in der Tiefenpsychologie (Psychoanalyse) auf Sigmund Freud und Carl Gustav Jung. Auch die kritische Theorie um Theodor W. Adorno und Max Horkheimer interpretierte Teile von Nietzsches Werk.

Nationalsozialismus

Vergleiche hierzu: Vordenker des Nationalsozialismus - Sonderfall Nietzsche

Der deutsche Nationalsozialismus und der italienische Faschismus bezogen sich selektiv auf Bruchstücke aus Nietzsches Werk. Besonders Benito Mussolini war von Nietzsche begeistert und wurde in seiner Lesart aus dem Nietzsche-Archiv bestärkt. Die Rezeption im Nationalsozialismus ist in erster Linie auf Nietzsches Schwester zurückzuführen, die zusammen mit von ihr beauftragten Mitarbeitern den Nachlass verfälschte. Auch Peter Gast – der als einziger Nietzsches Handschrift entziffern konnte – ließ sich zumindest längere Zeit dafür missbrauchen, während Franz Overbeck jede Zusammenarbeit mit dem Nietzsche-Archiv ablehnte. Insbesondere wurde mit dem „Wille zur Macht“ , wie bereits ausgeführt, unter nicht unerheblicher Manipulation ein angeblich nachgelassenes Hauptwerk kompiliert, das für die Nazis ein Anknüpfungspunkt war. Elisabeth Förster-Nietzsche, die mit dem von Nietzsche verachteten Antisemiten Bernhard Förster verheiratet war, versuchte damit, seine Philosophie im deutschnationalen und antisemitischen Sinn umzudeuten. Während der Zeit des Nationalsozialismus (und nach dem Tod der Förster-Nietzsche 1935) betrieb Alfred Baeumler diese Vereinnahmung energisch weiter.

Die Willkür des Archivs im Umgang mit Nietzsches Nachlassfragmenten war schon lange vor Hitlers Machtergreifung kritisiert worden. Ehemalige Mitarbeiter des Archivs berichteten schon vor dem Ersten Weltkrieg von den Editionsmethoden der Förster-Nietzsche. Erneute Kritik daran findet sich in den 1920ern beispielsweise bei Kurt Tucholsky, auf wissenschaftlicher Basis dann bei Erich Podach. Als nach dem Tod der Schwester ein Neuanfang im Archiv möglich gewesen wäre, wurde er von den Nazis verhindert und im Krieg unmöglich gemacht.

Trotz alldem lassen sich in Nietzsches Denken neben mehrdeutigen Schlagworten („Übermensch“, „Wille zur Macht“, „Herrenmoral“, „blonde Bestie“) durchaus Anknüpfungspunkte zu nationalsozialistischen Ideen finden. Nietzsche war entschieden antidemokratisch, anti-egalitär und hielt wenig von weiblicher Emanzipation. In der Genealogie der Moral finden sich Gedanken zum Judentum, die durchaus in Einklang mit Vorstellungen des modernen Antisemitismus zu bringen sind. Er glorifizierte Stärke und Krieg. Dass dies von ihm allerdings auch geistig-metaphorisch gemeint war, wurde im Dritten Reich geleugnet. Vor allem in Nietzsches späteren Werken ist auch eine radikale Ablehnung von Nationalismus und Antisemitismus erkennbar; letzteres war einer der Gründe für seinen Bruch mit Wagner. Nietzsche glaubte weniger an Unterschiede zwischen den Völkern als an unterschiedlich wertvolle Individuen innerhalb jedes Volkes.

Nach 1945

Nach 1945 galt Nietzsche wegen der Verwendung seiner Theoreme im Nationalsozialismus als Nazi-Philosoph. Dazu trug auch ein zweibändiges Werk Martin Heideggers bei, der selbst wegen seines Engagements für den NS-Staat belastet war. In den Staaten des Ostblocks wurde Nietzsche fast überhaupt nicht rezipiert; Georg Lukács reihte ihn in die „irrationalistische“ bürgerliche Philosophie Deutschlands ein, die Faschismus und Nationalsozialismus den Weg bereitet habe.

Im Westen wuchs besonders in Frankreich, dann auch in Italien und anderen Ländern neues Interesse an Nietzsches Philosophie. Der zu der Zeit einflussreiche Existenzialismus um Jean-Paul Sartre und Albert Camus zog offen wichtige Anregungen aus seinem Denken. Im englischen Sprachraum popularisierte Walter Kaufmann Nietzsches Werk; in Deutschland wurde er weiterhin zurückhaltend aufgenommen.

1954 wurde im Rahmen einer dreibändigen Ausgabe von Karl Schlechta zum ersten Mal die verfälschende Tätigkeit des Nietzsche-Archivs einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Schlechta war der erste, der das Werk und den Nachlass nach anerkannten literaturwissenschaftlichen Methoden herausgab.

Der italienische Philosoph Giorgio Colli und sein Schüler, der Germanist Mazzino Montinari, entschlossen sich nach Durchsicht sämtlicher Materialien 1962, statt einer geplanten italienischen Übersetzung eine vollständig neue Kritische Gesamtausgabe (KGW) herauszugeben. Seit 1967 erscheint diese auch auf deutsch. 1972 wurden zudem die jährlich erscheinenden Nietzsche-Studien gegründet. Der Basler Professor Curt Paul Janz gab 1975 zum ersten Mal den musikalischen Nachlass heraus und veröffentlichte 1979 eine dreibändige Biographie, die viele Materialien zum Leben Nietzsches erstmals publizierte. Colli, Montinari und ihre Nachfolger begannen zudem mit der kritischen Ausgabe der Briefe (KGB).

In die 1970er fällt auch eine Welle der Nietzsche-Interpretationen in der neueren französischen Philosophie. Nietzsche diente dem Poststrukturalismus und der Dekonstruktion als Inspirationsquelle. Intellektuelle wie Michel Foucault, Gilles Deleuze, Jacques Derrida und Felix Guattari nahmen sein Werk auf und interpretierten es neu.

Seit 1980

Mit dem Erscheinen der 15-bändigen Kritische Studienausgabe (KSA) im Jahr 1980, die textidentisch mit der KGW sämtliche philosophische Werke und Nachlass ab 1869 umfasst, liegt zum ersten Mal eine vollständige unverfälschte Ausgabe der Schriften Nietzsches vor. Die KSA gilt heute als Standardausgabe; Jugendschriften, Philologica und ein erweiterter Apparat sind in der KGW zu finden. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten gibt es auch digitalisierte Ausgaben von Werk, Briefen und Nachlass (vergleiche auch Weblinks).

Die seither erfolgte Nietzsche-Forschung versucht durch eine genaue Texterschließung zu einer nüchternen Rezeption Nietzsches zu kommen. Die früheren, oft sehr unterschiedlichen und widersprüchlichen Nietzsche-Interpretationen bei den genannten Personen werden als zweifelhaft abgelehnt. Besondere Beachtung findet seitdem Nietzsches Vorwegnahme von sprach- und philosophiekritischen Ansätzen des 20. Jahrhunderts, seine Kritik am Wahrheitsbegriff und sein Perspektivismus. In jüngster Zeit ist seine Christentums- und Religionskritik wieder stärker herausgestellt worden, auch eine vorsichtige Rezeption von Nietzsches Moralkritik (Immoralismus) findet statt.

Nietzsche wird auch immer wieder als Vorläufer der Postmoderne genannt. Damit einhergehend finden sich teilweise entstellte und verkürzte Aspekte aus Nietzsches Werk in der populären Kultur. Aus der Nietzsche-Forschung gibt es allerdings auch Kritik an dieser als „Verharmlosung“ empfundenen Deutung Nietzsches.

Zitate

Vorlage:Wikiquote1

  • Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? (Die fröhliche Wissenschaft, Aph. 125)
  • [M]an muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. (Also sprach Zarathustra, Zarathustra's Vorrede)
  • Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch – ein Seil über einem Abgrunde. (Also sprach Zarathustra, Zarathustra's Vorrede)
  • Du gehst zu Frauen? Vergiss die Peitsche nicht! (Also sprach Zarathustra, Erster Teil)
  • Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, daß er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. (Jenseits von Gut und Böse, Aphorismus 146)
  • [M]ein Ehrgeiz ist, in zehn Sätzen zu sagen, was jeder andre in einem Buche sagt – was jeder andre in einem Buche nicht sagt... (Götzen-Dämmerung, Streifzüge eines Unzeitgemässen, Aph. 51)
  • Jedes Wort ist ein Vorurteil. (Der Wanderer und sein Schatten, Aph. 55)

Von Nietzsche stammt auch ein gut zur Wikipedia passendes Zitat:

  • Besser schreiben aber heißt zugleich auch besser denken; immer Mitteilenswerteres erfinden und es wirklich mitteilen können; übersetzbar werden für die Sprachen der Nachbarn; zugänglich sich dem Verständnisse jener Ausländer machen, welche unsere Sprache lernen; dahin wirken, dass alles Gute Gemeingut werde und den Freien alles frei stehe (Der Wanderer und sein Schatten, Aph. 87)

Werke und Ausgaben

Werke

Eingeklammerte Jahreszahlen geben das Jahr der Entstehung, mit Kommata abgetrennte das Jahr der Erstveröffentlichung an.

Philologisches

  • Zur Geschichte der Theognideischen Spruchsammlung, 1867
  • De Laertii Diogenis fontibus, 1868/69
  • Homer und die klassische Philologie, 1869
  • Analecta Laertiana, 1870
  • Das florentinische Tractat über Homer und Hesiod, 1870

Philosophisches, Dichtungen und Autobiographisches

Musik

In seiner Jugend komponierte Nietzsche viele kleinere Stücke, auch als Erwachsener musizierte er immer wieder. Bedeutend sind:

  • Manfred-Meditation, 1872. Zum Manfred von Lord Byron. Nach der vernichtenden Kritik Hans von Bülows (siehe [1]) gab Nietzsche das Komponieren größtenteils auf.
  • Hymnus an die Freundschaft, 1874. Hörprobe
  • Gebet an das Leben, NWV 41, 1882, und Hymnus an das Leben, Chor und Orchester, 1887: Nietzsche vertonte 1882 ein Gedicht von Lou von Salomé. Peter Gast arbeitete dies zu einer Komposition für gemischten Chor und Orchester um, die 1887 unter Nietzsches Namen veröffentlicht wurde. Hörprobe

Mehr zu Nietzsches Musik und weitere Hörbeispiele hier.

Ausgaben

Siehe auch: Nietzsche-Ausgabe

Gesamtausgaben - vollständige, ausführlich kommentierte Ausgaben, die in jeder guten Bibliothek zu finden sind:

  • Werke. Kritische Gesamtausgabe Sigle: KGW, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. Berlin und New York 1967ff.
  • Briefe. Kritische Gesamtausgabe Sigle: KGB, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. Berlin und New York 1975ff.

Studienausgaben - Taschenbuchausgaben, für den interessierten Leser als erschwingliche Werkausgabe zu empfehlen:

  • Sämtliche Werke, Kritische Studienausgabe in 15 Bänden Sigle: KSA, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München und New York 1980. ISBN 3-423-59044-0
  • Sämtliche Briefe. Kritische Studienausgabe Sigle: KSB, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München und New York 1986. ISBN 3-423-59063-7

sonstige:

  • Die Geburt der Tragödie. Schriften zu Literatur und Philosophie der Griechen. Herausgegeben von Manfred Landfester. Frankfurt/Main: Insel 1994 (Umfassend kommentierte Einzelausgabe)

Literatur

(Folgende, alphabetisch nach Verfasser-Namen sortierte Liste ist eine Auswahl aus der sehr großen Fülle an Forschungsliteratur. Nähere bibliographische Angaben finden sich in den meisten der aufgeführten Bücher und Titel, siehe auch Weblinks.)

Zur Biographie

  • Andreas-Salomé, Lou: Friedrich Nietzsche in seinen Werken. Insel, Frankfurt am Main 2000 (erste Auflage 1894), ISBN 3-458-34292-3 (Interessanter, weil sehr früher Zugang einer Freundin Nietzsches.)
  • Benders, Raymond J. und Oettermann, Stephan: Friedrich Nietzsche: Chronik in Bildern und Texten. dtv, München 2000, ISBN 3-423-30771-4
  • Frenzel, Ivo: Friedrich Nietzsche in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1966, ISBN 3-499-50115-5.
  • Janz, Curt Paul: Friedrich Nietzsche. Biographie. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1981, ISBN 3-423-04383-0 (Das Standardwerk zu Nietzsches Leben, in drei umfangreichen Bänden.)
  • Ottmann, Henning (Hg.): Nietzsche-Handbuch: Leben – Werk – Wirkung. Metzler, Stuttgart/Weimar 2000. ISBN 3-476-01330-8
  • Ross, Werner: Der ängstliche Adler. 1980, ISBN 3-423-30736-6 und
  • Ross, Werner: Der wilde Nietzsche oder Die Rückkehr des Dionysos. dva, Stuttgart 1994, ISBN 3-421-06668-X (zwei antithetische Akzentuierungen von Nietzsches Charakter aus der Sicht eines Literaturwissenschaftlers)
  • Safranski, Rüdiger: Nietzsche: Biographie seines Denkens. Hanser, München 2000, ISBN 3-446-19938-1 (Stellt Nietzsches Leben in den Zusammenhang seiner Zeit; kulturphilosophisch.)

Zur Philosophie

  • Danto, Arthur C.: Nietzsche als Philosoph. Fink, München 1998, ISBN 3-770-53230-9.
  • Deleuze, Gilles: Nietzsche und die Philosophie. Europäische Verlagsanstalt/eva, Hamburg 1976, ISBN 3-434-46183-3. (Klassiker der französischen Nietzsche-Rezeption.)
  • Derrida, Jacques: Sporen. Die Stile Nietzsches. Frankfurt 1969. (Versucht zu zeigen, dass Nietzsches Denken kein Zentrum hat.)
  • Fink, Eugen: Nietzsches Philosophie. Kohlmann, Stuttgart 1960 / 1992, ISBN 3-17-012130-8.
  • Habermas, Jürgen: Nachwort in: Friedrich Nietzsche: Erkenntnistheoretische Schriften. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1968, ISBN 3-518-06021-X. (Wichtiger Beitrag aus der Frankfurter Schule.)
  • Heidegger, Martin Nietzsche (I und II). Pfullingen 1961, ISBN 3-7885-0115-4. (Basierend auf Vorlesungen von 1936 – 1940. Versucht, Nietzsches Philosophie auf den Gedanken der „ewigen Wiederkehr des Gleichen“ zurückzuführen. Nietzsche erscheint als letzter Vertreter der abendländischen Metaphysik, Heidegger als ihr erster Überwinder.)
  • Kaufmann, Walter: Nietzsche: Philosoph – Psychologe – Antichrist. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1988, ISBN 3-534-80023-0. (Wichtiges Werk der angelsächsischen Nietzsche-Interpretation.)
  • Montinari, Mazzino: Friedrich Nietzsche: eine Einführung. de Gruyter, Berlin und New York 1991, ISBN 3-11-012213-8. (Von einem der Herausgeber der kritischen Gesamtausgabe Nietzsches.)
  • Türcke, Christoph: Der tolle Mensch. Nietzsche und der Wahnsinn der Vernunft. Fischer, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-924245-89-4. (Deutung aus der Perspektive der Dialektik der Aufklärung.)
  • Vattimo, Gianni: Friedrich Nietzsche: eine Einführung. Metzler, Stuttgart 1992, ISBN 3-476-1268-8.
  • Wiebrecht Ries: Nietzsche zur Einführung, Hamburg: Junius, 2004, 7. Auflage, ISBN 388506393X

Jahrbücher

  • Nietzsche-Studien : internationales Jahrbuch für die Nietzsche-Forschung. - Berlin : de Gruyter. ISSN 0342-1422
  • Nietzscheforschung : Jahrbuch der Nietzsche-Gesellschaft / hrsg. im Auftrag der Förder- und Forschungsgemeinschaft Friedrich Nietzsche e. V.. - Berlin : Akad.-Verl. ZDB-Nr.:X1171998-9 , Vorg. ->, Förder- und Forschungsgemeinschaft Friedrich Nietzsche: Jahresschrift der Förder- und Forschungsgemeinschaft Friedrich Nietzsche e.V.
  • Ariadne : Jahrbuch der Nietzsche-Gesellschaft. - München. ISSN 0930-9705 (1925, ein Band)

Weblinks

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Texte

Linksammlungen, Bibliographie und Untersuchungen

Sonstiges