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Violoncello

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Violoncello
engl.: Cello, frz.: Violoncelle
Klassifikation
Chordophon (Streichinstrument)
Tonumfang:
Verwandte Instrumente:
Violine, Viola, Viola da Gamba
Musiker
Liste von Cellisten
Kategorie:Cellist

Das Violoncello (umgangssprachlich Cello genannt; Plural: (Violon)celli; Abk.: Vc; ital. kleiner Violone) ist ein aus Holz gefertigtes Streichinstrument aus der Viola-da-braccio-Familie. Seine Bauweise entspricht im Wesentlichen der der Violine, doch ist es größer und die Zargen sind im Verhältnis zum Umfang deutlich höher.
Das Cello wird vom Cellisten mit einem Bogen gestrichen. Im Gegensatz zur Violine und Bratsche wird das Instrument (mit dem Hals nach oben) aufrecht zwischen den Beinen gehalten. Dabei steht es meistens auf einem ausziehbaren Stachel aus Metall.
In der Anfangszeit wurde das Cello ohne Stachel zwischen die Beine geklemmt. Das wird auch heute noch bei Konzerten mit historisch informierter Aufführungspraxis so gehandhabt.

Aufbau und Funktion

Violoncello in der Übersicht, wichtige Teile beschriftet

Maße

  • Korpuslänge: 750–760 mm
  • Zargenhöhe: 111 mm
  • Schwingende Saitenlänge: 690 mm
  • Saitendurchmesser: 0,8–2 mm
Der Saitendurchmesser variiert je nach Hersteller und Material (Darm, Kunststoff/Nylon, Stahl, Silber, Aluminium, Wolfram). Die Maße werden auch davon beeinflusst, ob die Seite mit Metall umsponnen ist oder nicht. Tendenziell ist der Durchmesser tieferer Saiten größer.
  • Bogenlänge: 710–730 mm

Stimmung und Tonumfang

Das Violoncello ist heute mit vier Saiten im Quintenabstand bespannt, die leer, das heißt ungegriffen, auf die Tonhöhen C-G-d-a gestimmt sind, somit eine Oktave tiefer als die der Viola. Der Tonumfang reicht vom großen C bis zum dreigestrichenen e (e’’’) und als Flageolettton sogar zum viergestrichenen a (a’’’’).

Notation

Der verwendete Notenschlüssel ist grundsätzlich der Bassschlüssel. Hohe Passagen werden auch im Tenor- oder im Violinschlüssel notiert. In Partituren wird die Cellostimme ganz unten direkt über der Stimme des Kontrabasses notiert. Fehlt diese, nimmt sie selbst den untersten Platz ein. In der basso continuo-Literatur ist sie mit der linken Hand des Harmonieinstruments identisch.

Tonerzeugung

Der Ton kommt beim Cello wie bei allen Streichinstrumenten durch die Schwingung der Saiten und des Instrumentenkorpus zustande. Die Saiten sind vom Hals über den Steg bis zum unteren Drittel des Korpus gespannt. Der Steg ist ein flaches, oft kunstvoll gefertigtes Holzplättchen mit Einkerbungen für die vier Saiten, das in der Mitte des Korpus mit zwei Füßen senkrecht auf der Korpusdecke aufgesetzt ist. Es überträgt die Schwingungen der Saiten auf die Korpusdecke, die wiederum die Luft im Korpusinneren zum Schwingen bringt. Ein Stimmstock leitet die Schwingungen zwischen Decke und Boden weiter. Unter der Decke, etwa auf der Höhe der tiefsten Saite, ist der Bassbalken angeleimt, der eine ähnliche Funktion hat. Der gesamte Korpus wirkt somit als Resonanzkörper, der den Ton verstärkt. Durch zwei seitliche Schalllöcher auf der Korpusdecke wird der Schall wieder nach außen geleitet.

Die Erzeugung des Ton erfolgt mechanisch durch Anstreichen der Saite mit dem Bogen oder durch Zupfen mit den Fingern. Auf dem Griffbrett befinden sich jedoch nicht, wie z. B. bei der Gitarre, Bünde. Daher muss der Cellist die Griffposition für eine bestimmte Tonhöhe aus dem Gedächtnis finden, indem er die richtige Stelle einer Saite mit der Greifhand niederdrückt. Durch das Niederdrücken verkürzt er die Saite, so dass sich die Frequenz ihrer Schwingung und damit die Tonhöhe ändert.

Form

Nahaufnahme des Korpus mit Steg, Saitenhalter und Schallloch (f-Loch)

Das Violoncello entspricht etwa der Bauform der Violine und der Viola, besitzt aber abweichende Proportionen. Während der Korpus des Cellos knapp die doppelte Länge der Geige hat, haben die Zargen die vierfache Höhe. Dies erweitert den Resonanzraum und gleicht die Tatsache aus, dass das Cello, gemessen an seiner Stimmung, eigentlich viel größer sein müßte. Die Saiten sind eine Duodezime tiefer gestimmt als die der Violine. Entsprechend vergrößert hätte der Korpus die dreifache Länge eines Geigenkorpus, was zu einem Instrument von den Dimensionen des Kontrabasses führen würde.

Die hohen Zargen bewirken, dass im Klangspektrum bestimmte Teiltöne, insbesondere der 1. Oberton, verstärkt werden. Daraus entsteht die charakteristische warme Klangfarbe des Violoncellos.

Weiterhin besitzt das Cello ein anderes Mensurverhältnis – der Begriff bezeichnet den Abstand zwischen Sattel und oberem Deckenrand im Verhältnis zum Abstand zwischen Deckenrand und Steg – als die Geige: Während bei der Violine das Mensurverhältnis 2:3 beträgt, ist es beim Violoncello mit 7:10 Violoncello geringfügig größer. Der gesamte Abstand zwischen Sattel und Steg und damit die Länge der schwingenden Saite wird als Mensur bezeichnet.

Material und Bau

Für den Bau eines Violoncellos verwendet man verschiedene Holzarten, die auch beim Bau von Geigen und Bratschen genutzt werden. Der Korpus des Instruments wird aus Fichte und Ahorn gefertigt; Griffbrett, Wirbel und Saitenhalter werden aus Ebenholz oder seltener aus anderen Harthölzern wie Buchsbaum und Palisander gebaut.

Das Violoncello wird vom Geigenbauer hergestellt. Aus handwerklicher Sicht ist der Cellobau dem Bau der Violine sehr ähnlich. Allerdings benötigt die Herstellung eines Cellos etwa dreimal so viel Zeit wie die einer Geige.

Zu Baubeginn bestehen Decke und Boden aus massiven Holzplatten, die zunächst in der Mitte gefugt werden. Dabei entspricht die Dicke mindestens der Höhe der späteren maximalem Wölbung. Erst nach vollkommener Fertigstellung der Außenwölbung mit verschiedenen Handeisen wird die Innenwölbung begonnen. Dieser Arbeitsschritt ist von großer Bedeutung für den späteren Klang des Cellos.

Im Gegensatz zu Decke und Boden werden die Zargen, die zusammen mit den vier Eckklötzen sowie dem Ober-und Unterklotz den Zargenkranz bilden, zunächst als plane Streifen auf die richtige Stärke gehobelt. Danach erfolgt mit Dampf und Druck auf einem speziell dafür geformten Eisen (Biegeeisen) ihre Biegung in die richtige Form. Die Klötze, an denen die Zargen festgeleimt sind, dienen als Gerüst. In den Oberklotz wird später der Hals eingelassen und eingeleimt.

Weitere Details zum Bau eines Streichinstruments finden sich im Artikel Geigenbauer.

Saiten/Klang

Cellobogen

Charakteristisch für das Violoncello ist einerseits der weiche und vielfältige Klang, andererseits der große Tonumfang von rund 4 Oktaven. Werden die Saiten gezupft (pizzicato), klingt es volltönig und markant.

Die vier Cellosaiten bringen durch ihre jeweilige Grundstimmung und Bauart die verschiedenen Klangeigenschaften des Instruments zur Geltung. Die folgende Charakterisierung kann natürlich – wie alles musikalische Empfinden – nur subjektiv sein.

  • Die C-Saite (C – f)

als tiefste Saite des Instrumentes hat einen bassbetonten, dunklen Klang. Der Spieler muss für sie relativ viel Kraft anwenden.

  • Die G-Saite (G – c1)

klingt etwas heller und weicher. Sie wird viel in typischen beweglichen Basso-continuo-Stimmen verwendet; auch im klassischen Orchestersatz ist diese Lage häufig.

  • Die D-Saite (d – g1)

wird vor allem in der Sololiteratur häufig gespielt. Ihr Tonumfang und ihr warmer, etwas nasaler und obertonreicher Klang ist besonders charakteristisch für das Violoncello.

  • Die A-Saite (a – a2, a4)

von schlankem, hellen Klang, ist in den hohen Passagen der Sololiteratur ebenfalls viel im Einsatz. In den Extremlagen kann sie klanglich der Viola ähneln.

Klangbeispiel: Die vier Saiten des Violoncellos

Akustische Eigenschaften

Der Klang eines Musikinstruments wird aus physikalisch-akustischer Sicht hauptsächlich durch den Teilton, bzw. Obertonaufbau, die Formantverteilung (Frequenzbereiche, in denen die Teiltöne unabhängig von der Lage des Grundtons hervortreten), den Ein- und Ausschwingvorgang, Geräuschanteile sowie die Dynamik bestimmt. Diese Eigenschaften sind baulich stark von den Materialeigenschaften, der Konstruktion und sogar von der individuellen Spieltechnik abhängig, weshalb nur ungefähre Aussagen möglich sind.

Das Violoncello hat, ähnlich der Violine, aufgrund der komplizierten Resonanzeigenschaften des Resonanzkörpers einen sehr unregelmäßigen Teiltonaufbau, sowie ausgeprägte Formantgebiete. Darauf beruht zum Teil der ihm oft zugeschriebene kantable Charakter. Die Grundtöne der tiefsten Töne sind gegenüber den Teiltönen sehr schwach ausgeprägt und liegen circa 15 Dezibel (dB) unter den stärksten Obertönen. Auch oberhalb von 3000 Hertz (Hz) sind die Teiltöne, die bis ungefähr 8000 Hz reichen können, relativ schwach ausgeprägt. Charakteristische Formantgebiete des Violoncello liegen bei 230 Hz, zwischen 300 und 500 Hz sowie zwischen 600 und 900 Hz. Typisches Kennzeichen des Celloklangs ist eine Formantsenke zwischen 1000 und 1200 Hz, in einem Bereich, in dem die Violine ihren stärksten Formanten besitzt. Dies ist einer der Gründe für den unterschiedlichen Klangcharakter der beiden Instrumente. Instrumente, die einen Formanten zwischen 2000 bis 3000 Hz besitzen, zeichnen sich durch einen hellen Klang aus. Manche Instrumente besitzen beim Spiel auf der A-Saite im Bereich um 1500 Hz einen Formanten, der das Instrument etwas in Richtung Viola (die oft einen Formant bei circa 1600 Hz besitzt) klingen lässt.

Die Einschwingzeit des Violoncellos liegt bei circa 60 bis 100 Millisekunden (Violine 30-60 ms, Kontrabass 100-500 ms). Sie kann aber durch entsprechende Bogenführung bis zu 250-300 ms verlängert werden, wodurch ein weicherer Klang erreicht wird. Da der Grundton später als die Teiltöne anspricht, kann bei schnellen Tonfolgen der Klang etwas „spitz“ werden. Der gegenüber der Violine etwas längeren Einschwingzeit entspricht ein längeres Ausklingen. Der Einschwingzeit analog ist der Geräuschanteil in diesem Zeitabschnitt. Weitere (erwünschte) Geräuschanteile nach dem Einschwingungsvorgang entstehen durch das Streichen des Bogens auf der Saite.

Der Dynamikbereich der Streichinstrumente liegt circa 10 Dezibel unter denen der Holzbläser. Das Cello deckt ungefähr einen Dynamikbereich von 35 dB ab, und liegt damit knapp über der Violine mit 30 dB.

Die Richtcharakteristik des Celloklangs, die allerdings nur im Nahbereich (zum Beispiel bei der Mikrofonaufnahme) von Bedeutung ist, unterscheidet sich dadurch von den anderen Streichinstrumenten, dass sie sich zwischen 2000 und 5000 Hz bevorzugt in zwei Zonen (zum Boden und senkrecht nach oben) aufteilt.

Spieltechnik

Siehe Hauptartikel: Spieltechnik des Violoncellos

Das Violoncello wird zwischen den Beinen gehalten, der Stachel steht auf dem Boden. Der Korpus wird mit der linken Körperseite so abgestützt, dass sich der Hals mit dem Griffbrett dicht über der linken Schulter befindet. Die linke Hand greift die Tonhöhen auf den Saiten, die rechte führt den Bogen.

Die rechte Hand

Der Bogenführung kommt eine wichtige, von Laien oft unterschätzte Bedeutung zu: Sie bestimmt über Klangfarbe, Lautstärke und Rhythmus. Der Cellist muß Position, Druck und Geschwindigkeit des Bogens jederzeit unter Kontrolle haben. Dafür ist eine subtile Koordination zwischen Arm und Handgelenk erforderlich, die sehr schwierig zu erlernen ist. Spielte man bis in die 1930er Jahre vornehmlich mit einer „starren“, stark fixierten Hand, wird heute eine flexiblere Anspieltechnik bevorzugt.

Aus der Richtung des Bogenstrichs ergibt sich die grundsätzliche Einteilung in Auf- und Abstrich. Die Bogenführung nach rechts – der Abstrich – wird aus klanglichen und spieltechnischen Gründen eher für betonte Taktteile verwendet, der Aufstrich dementsprechend eher für unbetonte, insbesondere für Auftakte. Die große Zahl der Stricharten läßt sich prinzipiell zwei Gruppen zuordnen:

  • Der Bogen bleibt immer auf der Saite, zum Beispiel bei Legato, Détaché, Portato, Martelé.
  • Der Bogen springt federnd von der Saite ab und wieder zurück, beispielsweise bei Ricochet und Spiccato.

Das Pizzicato (Zupfen) mit der Hand ermöglicht dem Komponisten wie dem Virtuosen zusätzliche Klangeffekte und Nuancen und wird darum viel verwendet.

Näheres zu diesem Thema behandelt der Artikel Strichart.

Die linke Hand

Die Tonhöhe wird durch die Zahl und den Abstand der aufgelegten Finger sowie durch die Lage der Hand bestimmt. In der ersten Lage schließt der 1. Finger (Zeigefinger) ganz oben auf dem Griffbrett einen Ganzton über der Tonhöhe der leeren Saite an. Die übrigen Finger liegen meist im Halbtonabstand darunter, so daß der 4. (kleine) Finger die Quarte des Saitengrundtons greift. Auf der C-Saite beispielsweise wäre das F. Um ein Fis zu spielen, dehnt der Cellist die Hand, ohne die Position des 1. Fingers auf D aufzugeben. Für ein Cis hingegen muß er die ganze Hand nach oben verschieben (halbe Lage). Jede weitere Lage bringt die Hand um den Abstand eines Tones weiter nach unten, und zwar diatonisch gedacht, also in Tonleiterschritten aus Ganz- bzw. Halbtönen, so daß eine Quinte über der Saitenstimmung die vierte Lage erreicht ist.

Bis zur 6. Lage bleibt der Daumen als stabilisierendes Gegenlager unter dem Hals. In Höhe der 7. Lage (eine Oktave über dem Saitengrundton) befindet sich das Griffbrett bereits über dem Korpus. Der Daumen, der hier nicht mehr den Hals umfassen kann, liegt nun mit auf den Saiten und wird ebenfalls zum Greifen von Tönen gebraucht (Daumenlage).

Die Lagenwechsel sind notwendige Aktionen der linken Hand, um bei der beschränkten Anzahl von vier Saiten den größtmöglichen Tonumfang zu erreichen. Diese Wechsel werden aber nicht nur aus reinem Tonhöhenzwang verwendet, sondern auch zur Klanggestaltung eines Stücks, da derselbe Ton auf verschiedenen Saiten gespielt verschieden klingen kann.

Beim Vibrato wird die Hand leicht und schnell auf und abbewegt, um den Ton durch wellenförmige Tonhöhenschwankungen zu beleben.

Das Flageolett entsteht durch leichtes Auflegen des Fingers auf einen Knotenpunkt der harmonischen Teiltöne der Saite. Dadurch entsteht ein weich und zart klingender hoher Ton.

Doppelgriffe sind beim Violoncello wie bei allen Streichern gebräuchlich. Der Bogen streicht dabei zwei benachbarte Saiten gleichzeitig, und die linke Hand greift auf einer oder auf beiden Saiten die entsprechenden Töne. Doppelgriffe unterliegen spieltechnischen Einschränkungen, manche sind relativ einfach, manche schwer oder überhaupt nicht ausführbar. Drei- und Vierklänge können auf dem Violoncello nur als Arpeggio ausgeführt werden.

Mit Percussion bezeichnet man die umstrittene Technik, bei einer aufwärtslaufenden Tonfolge die Finger fest aufprallen zu lassen, statt sie weich aufzulegen.

Geschichte

unbekannter Maler (ca. 1764–1767), Portrait von Luigi Boccherini mit einem Cello, noch ohne Stachel.

Herkunft, Namensgebung und bauliche Entwicklungen

Das Violoncello ist der Bass der Viola-da-braccio-Familie, einer Gattung von Streichinstrumenten, die sich im 15. und 16. Jahrhundert parallel zu den Gamben entwickelt hatte. Zu dieser Familie gehören auch die heutigen Violinen und Violen. Diese Instrumente hatten 3 oder 4 in Quinten gestimmte Saiten. Ab etwa der Mitte des 16. Jahrhunderts waren 4 Saiten üblich. Typische Stimmungen für das Bassinstrument waren F-C-g, B1-F-C-g und C-G-d-a. Die Stimmung vom B1 aus hielt sich in Frankreich und England bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Ab etwa 1730 überwog die Quintstimmung vom C aus in ganz Europa.

1572 baute Andrea Amati in Cremona eines der ersten bekannten Violoncelli, dessen Maße etwa denen des modernen Cellos entsprachen. Zunächst lautete die Bezeichnung des Instruments einfach Bassvioline, Bassgeige oder französisch basse de violon bzw. italienisch basso di viola da braccio.
Wahrscheinlich wurden diese frühen Bassgeigen aufgrund ihrer Größe bei Prozessionen als Bassinstrument mitgetragen. Im Boden von sehr alten Instrumenten findet man häufig zwei kleine Löcher, durch die vermutlich eine Schnur gezogen und dann mit einem Tragegurt um die Schulter verbunden wurde. Dies ermöglichte den Musikern, auch im Stehen und Laufen zu spielen.

1642 taucht als Diminutivform von Violone die Bezeichnung Violoncino auf. Als Violone (wörtlich: „Großviola“) wurden Streichinstrumente bezeichnet, die größer und tiefer als die normalen Bassinstrumente (hauptsächlich Gamben) waren. In den Zwölf Triosonaten des italienischen Komponisten Giulio Cesare Arresti aus dem Jahre 1665 schließlich erscheint in gleicher Bedeutung wie Violoncino erstmals die Diminutivform Violoncello. Violoncello heißt also wörtlich „kleine Großviola“.

Bekannte Geigenbauer des 16. Jahrhunderts, die bereits Celli anfertigten, sind u. a. Andrea Amati (~1520 – ~1580), Gasparo da Salo (15401609) und Giovanni Paolo Maggini (15811632). Im 17. Jahrhundert ist besonders Antonio Stradivari (~16441737) hervorzuheben, der den Schallkörper etwas verkleinerte und so die bis heute gültigen Maße erschuf.

Neben den herkömmlichen Viersaitern entstanden in der Frühzeit des Cellobaus auch fünfsaitige Modelle. So nennt Michael Praetorius (1619, Tafel XXI, Nr. 6) eine fünfsaitige Bas-Geig de bracio in der Stimmung F1-C-G-d-a. Auf vielen zeitgenössischen Gemälden finden sich Violoncelli mit einer fünften, wahrscheinlich auf d¹ gestimmten Saite. Ein solches auf 1717 datiertes Instrument aus Gent befindet sich im Musée Instrumental, Brüssel. Auch J. S. Bach forderte für seine Sechste Suite für Violoncello solo D-Dur (BWV 1012) ein Cello mit einer fünften Saite, auf e¹ gestimmt.

Anders als die Gambe erhielt das Cello seit etwa 1800 einen Stachel an der Unterseite des Korpus. Er läuft durch eine Metallhülse, die in Zargenwand und Unterklotz eingelassen ist. Ab etwa 1860 setzte sich auch dessen Schraubmechanismus endgültig durch. Wurde die Gambe noch allein mit den Knien gehalten, so konnte man das Cello nun während des Spielens auf den Boden stellen, so dass der Cellist eine größere Bewegungsfreiheit und damit mehr spieltechnische Möglichkeiten gewann. Damit ging die musikalische Erweiterung des Cellorepertoires in Klassik und Romantik einher.

Verwendung in der Musik

Solistisch

Siehe Hauptartikel: Musik für Violoncello

17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert nahm das Cello noch einen untergeordneten Rang ein, da es hauptsächlich zur Ausführung des ‚‚basso‘‘, der Generalbassstimme in Violinsonaten, Flötensonaten, Arien etc. verwendet wurde. Das allgemein gebräuchliche Soloinstrument war die Gambe, die ihre Vorherrschaft bis ins 18. Jahrhundert hinein behauptete. Viele Gambenstücke werden heute aber auch auf dem Cello gespielt.

Erste Versuche, dem Cello in einem kleinen Streicherensemble solistisches Profil zu geben, machten Giuseppe Jacchini und Evaristo Felice Dall‘Abaco. In beiden Fällen kann aber noch nicht von einem Cellokonzert im späteren Sinne gesprochen werden.

18. Jahrhundert

Den Typus des solistischen Instrumentalkonzerts prägte entscheidend Antonio Vivaldi. Von ihm sind 27 Cellokonzerte erhalten. Vor allem er führte die Dreisätzigkeit (schnell-langsam-schnell) und die Ritornellform als gängige Kompositionsmethode ein. Letztere kennzeichnet fast alle ersten Sätze seiner Solokonzerte und meist auch den letzten Satz. Johann Sebastian Bach, der regen Anteil an den instrumententechnischen Entwicklungen seiner Zeit nahm, widmete 1720 dem damaligen Bass- und Harmonieinstrument die bedeutenden ‚‚Sechs Suiten für Violoncello solo‘‘ (BWV 1007-1012). Sie gelten bis heute als eigentlicher Beginn der Sololiteratur für Cello.

Haydns Cellokonzerte gehören heute zum Standardreperoire

Seit dieser Zeit emanzipierte sich das Violoncello allmählich von der Gambe und bekam über die Generalbassbegleitung hinaus zunehmend musikalische Bedeutung. Die Gambe verschwand bald darauf völlig aus der Aufführungspraxis. Da die meisten Komponisten damals hauptsächlich Hausmusik für ihre eigenen Konzertabende schrieben, konnten ihre Werke häufig keinen größeren und längerfristigen Bekanntheitsgrad erreichen.

Eine Ausnahme bilden die mehr als 40 Cello-Sonaten, die Luigi Boccherini (17431805) komponierte. Außerdem sind von ihm zwölf Cellokonzerte bekannt. Diese ragen mit ihrem melodischen Glanz und ihrer spieltechnischen Brillanz auch unter den Cellokonzerten anderer italienischer Musiker aus dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts (u.a. Giovanni Battista Cirri, Luigi Borghi, Domenico Lanzetti) heraus. Die fast gleichzeitig entstandenen Cellokonzerte von Joseph Haydn zählen heute zu den meistgespielten Werken.

Etwa ab 1770 etablierte sich das Cello in den entstehenden Formen der Kammermusik. Im Streichquartett, im Klaviertrio und den davon abgeleiteten Besetzungen (-quintett, -sextett etc.) war es seitdem regelmäßig vertreten.

Der Sonatentypus für ein Melodieinstrument und Klavier, den wir heute als „klassisch” zu bezeichnen pflegen, entstand erst ab 1775 nach der Zeit des Generalbasses. Diese neue Form wurde vor allem von Ludwig van Beethoven weiterentwickelt. Nach dem Vorbild seiner bedeutenden ‚‚Sonaten für Klavier und Violoncello‘‘ schufen Komponisten im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts über 150 Sonaten.
Ferner spielt das Cello in Beethovens ‚‚Tripelkonzert für Klavier, Violine und Violoncello‘‘ eine wichtige Rolle.

19. Jahrhundert

Zum festen Bestandteil der Celloliteratur gehört in jedem Fall die durch ihre eingängigen Themen gekennzeichnete ‚‚Sonate in a-Moll‘‘ von Franz Schubert, die ursprünglich für Arpeggione geschrieben wurde. Da diesem Instrument (bauähnlich der Gitarre, Spielweise etwa gleich dem Cello) nur eine kurze Existenz beschieden war, nahmen sich später einige Bratschisten und Cellisten ihrer an und bewahrten sie so vor dem Untergang. Dabei zeigte sich allerdings, dass die spieltechnischen Anforderungen dieser Sonate für das Cello enorm hoch sind.

Camille Saint-Saëns schrieb viele bekannte Werke für Violoncello

Die Mehrzahl der bedeutenden Komponisten des 19. Jahrhunderts widmeten sich vor allem Violine und Klavier als konzertanten Instrumenten. Dennoch gibt es eine Reihe Kompositionen für Violoncello, die bis heute einen unangefochtenen Platz im Konzertrepertoire einnehmen.
Dazu zählen vor allem die Cellokonzerte von Robert Schumann, Camille Saint-Saëns und Antonín Dvořák.

Johannes Brahms komponierte zwei ‚‚Sonaten für Violoncello und Klavier‘‘, die sich großer Beliebtheit erfreuen, sowie ein ‚‚Doppelkonzert für Violine und Violoncello‘‘, das von Beethovens Tripelkonzert inspiriert ist. Auch Camille Saint-Saëns schrieb zwei Cellosonaten, des Weiteren hat das Violoncello in seiner Orchestersuite ‚‚Le carnaval des animaux: fantaisie zoologique‘‘ einen großen Auftritt als „Le cygne“, der Schwan. Zur Gruppe der erfolgreichen Cellokomponisten zählen außerdem noch Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Edouard Lalo, Eugen d'Albert, Edward Elgar sowie Max Bruch.

20. Jahrhundert

Von den Komponisten des 20. Jahrhunderts ist das Cello als Soloinstrument reichlich bedacht worden. Viele Kompositionen, die es in seiner ganzen Vielfalt umfassen, wurden von den großen Virtuosen dieses Jahrhunderts inspiriert und sind diesen gewidmet.

Allen voran sind wohl Pablo Casals, Mstislaw Rostropowitsch, Pierre Fournier, Yo-Yo Ma und Gregor Piatigorsky zu nennen. Für Rostropowitsch schrieb Dmitri Schostakowitsch zwei Konzerte; außerdem gibt es Konzerte u. a. von György Ligeti, Krzysztof Penderecki, Witold Lutosławski und Frangis Ali-Sade. Von dem tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů wurden zwei Violoncellokonzerte und zahlreiche Sonaten für Violoncello verfasst. Der Zwölftontechnik für das Violoncello bedienten sich die Komponisten Ernst Krenek und Hans Werner Henze.

 Tonbeispiel: Erste Sonate für Cello und Piano von Bohuslav Martinů (Ausschnitt)

Im 20. Jahrhundert begann man, mit der Cellomusik stark zu experimentieren. Technische Neuerung machten das Speichern der Musik auf Tonträgern möglich, die elektronisch verändert und bearbeitet werden konnten. So befassten sich im 20. Jahrhundert erstmals Komponisten mit dem Violoncello in Verbindung mit Elektronik und Tonband, aber auch mit elektrisch verstärkten Celli und ähnlichen Neuerungen. Viele spielästhetische Grenzen wurden zum Beispiel in Helmut Lachenmanns Stück „Pression für einen Cellisten“ überschritten. Die dabei verwendeten ungewöhnlichen Spieltechniken wie Skordatur (Umstimmen von Saiten), Streichen dreier Saiten gleichzeitig, Trommeln mit den Fingern auf der Korpusdecke, Streichen der Saiten von unten oder Flageolett-Glissandi produzieren für Laien teilweise nur noch schwer erfassbare Geräusche.

Im Orchester

Datei:Beethoven LC.jpg
Ludwig van Beethoven emanzipierte die Celli im Orchester

Obwohl J.S. Bach 1720 mit den „Sechs Suiten für Violoncello solo“ die Virtuosität des Cellospiels demonstrierte, konnten die Violoncelli im Orchester auch in den folgenden Jahren nicht über ihre Funktion in der Bassführung hinausgelangen. In den Partituren wurden die Celli oft gar nicht namentlich erwähnt, sondern mit den Kontrabässen und anderen Instrumenten im untersten Notensystem als bassi zusammengefasst.

Auch nach der Verdrängung des Generalbasses änderten die Komponisten der Wiener Klassik zunächst nichts an der Bassrolle der Celli im Orchester. In seinen letzten Sinfonien trennte Wolfgang Amadeus Mozart die Celli aber schon zeitweise von den Kontrabässen und komponierte für sie eigene Mittelstimmen. Ludwig van Beethoven führte diese Idee weiter und betraute die Celli mit der Melodienführung, so zu Beginn seiner 3. Sinfonie oder im 2. Satz seiner 5. Sinfonie, in dem die Celli, unisono mit den Bratschen, das erste Thema anstimmen.

Der Schriftsteller und Musikkritiker E. T. A. Hoffmann (17761822) äußerte sich 1812 in seiner Rezension der Coriolan-Ouvertüre von Beethoven über die neue Rolle der Celli im Orchester:

Seit einigen Jahren ist das Violoncell ein für das Orchester neuerworbenes Instrument: denn sonst dachte man nicht daran, es durchaus obligat, außer dem Grundbaß zu behandeln. Auch in dieser Ouverture geht es selten „col Basso“, sondern hat seine eigenen, zum Teil nicht leicht auszuführenden Figuren. [Der Rezensent] gesteht zu, daß diese Art, das Violoncell zu behandeln, ein offenbarer Gewinn für das Orchester ist, da manche Tenorfigur, von den gewöhnlich schwach besetzten und überhaupt dumpfklingenden Violen vorgetragen, nicht genug heraustritt, der durchdringende originelle Ton des Violoncells dagegen von eingreifender Wirkung ist; in dem vollen Tutti würde er sich aber nicht entschließen können, den Kontrabässen die Unterstützung der Violoncelle zu rauben, da diese erst durch die höhere Oktave den Ton der Kontrabässe deutlich und scharf bestimmen.

Seit Beethoven besaß das Cello immer eine eigene Stimme in der Partitur und wurde neben seinen harmoniefüllenden Funktionen oft als Melodieinstrument in der Tenorlage verwendet. Eines der ersten Beispiele dafür ist das zweite Thema im 1. Satz von Schuberts Unvollendeter.
Zu den schönsten Orchestersoli für die Celli zählt der dritte Satz der Sinfonie Nr. 3 in F-Dur, op. 90 von Johannes Brahms. Auch Pjotr Iljitsch Tschaikowski (zum Beispiel im 2. Satz der Symphonie pathétique), Antonín Dvořák (8. Sinfonie, Anfang), Claude Debussy (eine Passage im ersten Satz von „La Mer“) und viele andere Komponisten haben dem Instrument dankbare Aufgaben zugedacht.

Im Ballett „Le sacre du printemps“ von Igor Strawinski (18821971) haben die Celli im zweiten Stück „Die Vorboten des Frühlings – Tänze der jungen Mädchen“ mit ihren Staccatorhythmen einen markanten Auftritt.

Moderne Verwendungen

Das Violoncello spielt wegen der Vielfalt seiner klanglichen Möglichkeiten auch außerhalb der klassischen Orchestermusik eine Rolle:

Pädagogik

Für Kinder, die das Instrument erlernen, gibt es neben dem normalen 1/1-Cello auch Instrumente in kleineren Ausführungen. Die Größen reichen von 1/8 über 1/4, 1/2, 3/4 bis zum 7/8-Cello. Aus dem Bruch lässt sich aber nicht direkt auf die Größe des Instruments schließen. So beträgt die Größe eines 3/4 Cello etwa 90% eines 1/1 Cello, die eines 1/8 Cello noch 65%.

Klassische Lehrbücher des Violoncellospiels schrieben Bernhard Romberg, Friedrich Dotzauer, Friedrich Kummer und Sebastian Lee.

Literatur

  • Julius Bächi: Berühmte Cellisten: Porträts der Meistercellisten von Boccherini bis zur Gegenwart. Atlantis Verlag, Zürich 1998, ISBN 3-254-00121-4
  • Ermanno Briner (Hrsg.): Reclams Musikinstrumentenführer. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-010436-X
  • Gerhard Mantel: Cello üben. Schott, Mainz 1999, ISBN 3-7957-8714-9 – Eine Methodik des Übens, nicht nur für Streicher
  • Albert E. Kahn: Pablo Casals: Licht und Schatten auf einem langen Weg. Erinnerungen. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main o.J. (Neuauflage), ISBN 3-596-21421-1
  • Winfried Pape / Wolfgang Boettcher: Das Violoncello: Bau, Technik, Repertoire. Schott, Mainz 1996, ISBN 3-7957-0283-6 – Standardwerk zu Geschichte, Technik und Repertoire
  • Gregor Piatigorsky: Mein Cello und ich und unsere Begegnungen. dtv, München 1998, ISBN 3-423-20070-8 – Humorvoll erzählte Autobiografie des berühmten Cellisten
  • William Pleeth: Das Cello. Ullstein, Frankfurt/M. 1985, ISBN 3-7163-0198-1 – Philosophie des Cellospiels, Spieltechnik, Geschichte und eine Liste weniger bekannter Werke

Weblinks