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Ludwig der Fromme

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Idealisierte Darstellung Ludwigs I., des Frommen, als „miles Christi“ (Soldat Christi) um 826 in einem Figurengedicht des Rabanus Maurus; Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Reg. lat. 124, folio 4.

Ludwig I., genannt Ludwig der Fromme (* Juni/August 778 in Chasseneuil bei Poitiers; † 20. Juni 840 in Ingelheim am Rhein), war König des Fränkischen Reiches und Kaiser. Er war der Sohn Karls des Großen.

Biografie

Geburt und Namensgebung

Als Karl der Große gerade einem Spanienfeldzug anführte, kam seine in der Pfalz Chasseneuil bei Poitiers zurückgelassene Frau Hildegard im Juni/August 778 mit Zwillingen nieder. Nach Karls Rückkehr wurden sie auf die Namen Ludwig und Lothar getauft. Die typisch karolingischen Namen Karl, Karlmann und Pippin waren bereits an Karls zuvor geborene Kinder vergeben, und so entschied man sich für den Rückgriff auf die Namen der beiden bedeutendsten merowingischen Könige Chlodwig I. und Chlothar I. Der kleine Lothar starb schon 779, aber Ludwig – der spätere Ludwig der Fromme – überlebte.

Unterkönigtum in Aquitanien

Im Alter von drei Jahren, 781, wurde Ludwig als Unterkönig nach Aquitanien geschickt. Bei seinem Aufbruch hat er seine 783 verstorbene Mutter Hildegard wohl zum letzten Mal gesehen. Um die Erziehung des Knaben kümmerten sich von nun an ein Hofmeister und weitere Helfer, die Karl seinem Sohn Ludwig mitgab. Mit der Errichtung des Unterkönigtums Aquitanien verfolgte Karl in erster Linie defensive Zwecke, so mußte Ludwig beispielsweise 812/13 einen Aufstand der Basken niederschlagen. Die Kultivierung des Landes und der Ausbau der kirchlichen Struktur waren weitere wichtige Aufgaben Ludwigs in Aquitanien.

Nachrücken in die Nachfolge

Wäre es bei Karls Reichsteilungsplan (Divisio regnorum) von 806 geblieben, hätte Ludwig allenfalls eine spätere Erweiterung seines Unterkönigtums auf Septimanien, die Provence und Burgund erhoffen können. Doch es kam anders: Ludwigs ältere Brüder Pippin und Karl der Jüngere verstarben überraschend 810 bzw. 811. Ludwig blieb damit als einziger legitimer Sohn und Erbe übrig. Doch offenbar bestanden bei Karl und Teilen seines Hofes zunächst Vorbehalte gegenüber einer künftigen Alleinherrschaft Ludwigs. 812 wurde erst einmal der Sohn des verstorbenen Pippin, Bernhard, zum Unterkönig in Italien bestellt. Schließlich wurde am 11. September 813 Ludwig der Fromme in Aachen von seinem Vater zum Mitkaiser gekrönt. Ludwigs Biograph Thegan berichtet als einziger, dass Ludwig sich dabei selbst die Krone aufgesetzt habe, was allenfalls mit Gebrechlichkeit Karls zu erklären wäre. Anschließend wurde Ludwig wieder nach Aquitanien zurückgeschickt. So mußte er nach dem Tod seines Vaters Karl am 28. Januar 814 mitten im Winter nach Aachen ziehen.

Anfangsjahre als Kaiser

Ludwigs Herrschaftsantritt verlief reibungslos, aber nicht bruchlos. Ludwig brachte sein eigenes Personal aus Aquitanien mit und besetzte damit den Hofstaat größtenteils neu. Seine unverheirateten, aber nicht entsprechend lebenden Schwestern verwies er vom Hof. Seine illegitimen Halbbrüder Hugo, Drogo und Theoderich behielt er zunächst in seiner unmittelbaren Umgebung, zwang sie aber nach Rebellion seines Neffen Bernhard von Italien 818 in den Dienst der Kirche: Drogo wurde 823 Bischof von Metz, Hugo 822/23 Abt von Saint-Quentin und der offenbar früh verstorbene Theoderich wurde vielleicht Abt von Moyenmoutier, doch ist dies nicht sicher.

Die ersten Jahre der Herrschaft Ludwigs des Frommen waren von einem großen Reformwillen geprägt - er folgte darin durchaus seinem Vater und übertraf ihn sogar: Zahlreiche Kapitularien wurden herausgegeben, missi dominici (Königsboten) legten teilweise erschreckende Missstände im Reich offen (Amtsmissbrauch, Rechtsbeugung usw., was Ludwig dann abstellte) und auf verschiedenen Synoden wurde das Kirchenrecht reformiert. So wurden beispielsweise im Jahr 816 durch den Beschluss einer großen Aachener Reichssynode die benediktischen Regeln für alle im Frankenreich lebenden Mönche verbindlich. Stark war der Einfluss kirchlicher Berater, wie Abt Benedikt von Aniane, den Ludwig der Fromme aus Aquitanien mitgebracht hatte und dem er in der Nähe Aachens das Kloster Inden (heute Kornelimünster) erbauen ließ oder Markward, Abt von Prüm. Daneben ist sein ehemaliger Milchbruder, Ebo von Reims, zu nennen, der allerdings später eine führende Rolle bei der Entmachtung Ludwigs 833 spielte.

Der Reichsteilungsplan von 817

In Reims wurde Ludwig 816 von Papst Stephan IV. nochmals zum Kaiser gekrönt. Vielleicht durch einen Unfall, den der Kaiser wie durch ein Wunder fast unverletzt überlebte, gedrängt, regelte er schon 817, im dritten Jahr seiner Herrschaft, seine Nachfolge. In der Ordinatio imperii teilte er das Reich nicht - wie es fränkischem Brauch entsprochen hätte und wie es auch Karl der Große ähnlich in seiner Divisio Regnorum von 806 vorgesehen hatte - einfach unter seinen drei Söhnen auf, sondern fand eine Sonderregel für das Kaisertum. Lothar, der älteste Sohn aus der 794 geschlossenen ersten Ehe mit Irmingard, wurde durch Ludwig den Frommen in Aachen zum Mitkaiser gekrönt. Ihm stand die Nachfolge im Kaisertum zu, und er sollte eine Art „außenpolitische“ Hoheit über das Gesamtreich erhalten. Die nachgeborenen Söhne Pippin und Ludwig wurden ihm untergeordnet, konnten nur auf „innenpolitischer“ Ebene in ihren Teilreichen entscheiden. Pippin bekam Aquitanien und Ludwig den östlichen Teil des Fränkischen Reichs. König Bernhard von Italien, ein Neffe Ludwigs des Frommen, der wie oben gesagt 812 von Karl dem Großen in Italien eingesetzt worden war, wehrte sich gegen die Bestimmungen der Ordinatio imperii, da er seine Herrschaft über Italien gefährdet sehen musste. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, der zunächst zum Tode verurteilte Bernhard zur Blendung „begnadigt“, nach deren Durchführung er allerdings starb.

Die Krise der 820er Jahre

Benedikt von Aniane, Ludwigs wichtigster Berater, verstarb 821; die kirchliche Reformbewegung erlahmte seitdem. Ludwig der Fromme führte wegen seines harten Vorgehens gegen Familienangehörige, vor allem den verstorbenen Bernhard, auf dem Reichstag von Attigny 822 einen öffentlichen Bußakt aus. Damit erfüllte er einen Wunsch führender Geistlicher, die ihrerseits Pflichtvernachlässigung einräumten; trotzdem bedeutete seine Kirchenbuße einen Prestigeverlust. War das Itinerar Ludwigs des Frommen bisher ganz auf Aachen konzentriert gewesen, so ist ab jetzt eine stärkere Reisetätigkeit zu beobachten, z. B. zu den Pfalzen nach Frankfurt und Ingelheim. Ludwigs Sohn Lothar war von 825 bis 829 offiziell Mitregent. 826 hatte Ludwig den Dänenkönig Harald Klak und dessen 400-köpfiges Gefolge zur Taufe in Ingelheim zu Gast; Ansgar begann in der Folgezeit seine Missionstätigkeit in Skandinavien.

Neue Probleme entstanden durch Ludwigs 819 geschlossene zweite Ehe mit Judith, der ebenso schönen wie willensstarken Tochter des schwäbischen Grafen Welf. Für sie verstieß Ludwig gegen die von ihm selbst 817 aufgestellte Nachfolgeregelung, als er für Karl, den 823 geborenen Sohn aus seiner zweiten Ehe, mit Schwaben ein neues Teilreich schaffen wollte. Zugleich regte sich am Hof Unmut über den starken Einfluss Judiths auf den Kaiser. So schickte Ludwig 829 sicherlich auch auf ihr Drängen hin seinen erstgeborenen Sohn und Mitkaiser Lothar nach Italien und verwies Abt Wala von Corbie vom Hof.

Die zweimalige Entmachtung 830/33

Als Ludwig der Fromme ausgerechnet während der Fastenzeit 830 zu einem nicht akut notwendigen Feldzug gegen die Bretonen aufrief, der von den innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken sollte, kam es im April 830 zum offenen Aufstand. Schieffer und Boshof deuten diesen als „loyale Palastrebellion“, d. h. führende Große am Hof des Königs stellen sich aus Loyalität gegen Ludwig – im Bewußtsein, ihn damit vor schlechten Ratgebern zu schützen und die Reichseinheit zu retten. Sein Sohn Lothar wurde aus Italien zurückgeholt und wieder zum Mitregenten gemacht, Ludwig der Fromme in leichter Haft gehalten, die Kaiserin Judith in ein Kloster in Poitiers verbannt.

Lothars Regime enttäuschte jedoch rasch; Ungerechtigkeit und Gewalt schienen sich nur noch gesteigert zu haben. So kam es auf der Reichsversammlung von Nimwegen im Oktober 830 wieder zum Umschwung zugunsten Ludwigs. Ludwig der Fromme wurde wieder in seine Herrschaft eingesetzt, die Häupter der Verschwörung in der Folgezeit verhaftet oder verbannt, Judith nach Aachen zurückgeholt, Lothar dagegen 831 erneut nach Italien geschickt. Dessen aufständische Brüder Ludwig der Deutsche und Pippin konnten von ihrem Vater Ludwig dem Frommen 832 zur Unterwerfung gezwungen werden.

Damit begann ein neuer Akt des Familiendramas, denn nun verbündeten sich alle drei Söhne Ludwigs aus erster Ehe, die eine Schmälerung ihrer Reichsteile zugunsten ihres Halbbruders Karls des Kahlen befürchteten. Wiederum zog Ludwig gegen seine Söhne zu Felde. Ende Juni 833 standen sich die Parteien auf dem Rotfeld bei Colmar gegenüber, bis durch Druck und Versprechungen alle Getreuen und Soldaten von Ludwig abgefallen waren und Ludwig am 30. Juni gezwungen war, sich zu ergeben und faktisch abzudanken. Das Colmarer Rotfeld wurde aufgrund der von Ludwigs Söhnen und Getreuen gebrochenen Eide bald nur noch als Lügenfeld bezeichnet. Ludwig wurde ins Kloster Saint-Médard bei Soissons verbannt, wo er sich einer demütigenden öffentlichen Buße unterwerfen mußte; dabei bekam er ein „Sündenregister“ überreicht, mußte er seine Waffen ablegen und ein Büßergewand anziehen.

Abermals kam es zu einem Umschwung, diesmal wohl maßgeblich ausgelöst durch die unwürdige Behandlung des alten Kaisers. Als Anfang 834 Ludwigs Söhne Pippin, von Westen kommend, und Ludwig der Deutsche, aus dem Osten kommend, gegen ihren Bruder Lothar vorrückten, fand dieser keine Unterstützung mehr und konnte sich nur noch nach Italien absetzen. Am 1. März 834 wurde Ludwig der Fromme in der Abteikirche von Saint-Denis feierlich mit Waffen und Krone geschmückt und wieder als Kaiser anerkannt. Lothars Macht wurde auf Italien beschränkt.

Reichsteilung

Die letzten Jahre

Ein neuer Reichsteilungsplan 837 zugunsten Karls des Kahlen, Ludwigs Sohn aus zweiter Ehe, die dessen Herrschaft über Friesland und das Gebiet zwischen Maas und Seine vorsah, führte zu neuen Unruhen, die erst durch den Vertrag von Verdun 843 mit der endgültigen Teilung des Frankenreiches beendet wurden. Dabei ebnete der plötzliche Tod von Ludwigs Sohn Pippin 838 den Weg zu einer Dreiteilung des Reiches unter die drei verbleibenden Söhne Lothar, Ludwig den Deutschen und Karl den Kahlen.

840 befand sich Ludwig der Fromme auf dem Rückweg von einer Strafexpedition gegen seinen rebellischen Sohn Ludwig den Deutschen, als er am 20. Juni 840 auf einer Rheininsel bei Ingelheim verstarb. Ursache war vermutlich ein Magen- oder Speiseröhrenkrebs in Verbindung mit einer Bronchitis. Nach dem Bericht seines Biographen Astronomus lauteten Ludwigs letzte Worte „Huz, huz“, fränkisch für „Hinaus, hinaus!“. So sprach er mit zur Seite gewandtem Haupt, denn offenbar hatte er dort einen bösen Geist zu sehen geglaubt; dann blickte er heiter zum Himmel und verschied lächelnd.

Ludwig hatte sich ursprünglich in dem von ihm gegründeten Kloster Inden, dem späteren Kornelimünster, bestatten lassen wollen. Im Westbau der heutigen Propsteipfarrkirche Kornelimünster gibt es noch heute die vorbereitete Grabstelle Ludwigs des Frommen. Jedoch veranlasste Ludwigs Halbbruder Drogo als Bischof von Metz, dass Ludwig der Fromme in der Kathedrale von Metz beigesetzt wurde, wo auch seine Mutter Hildegard und andere Karolinger bestattet waren. Im 11. und 16. Jh. neu gestaltet, wurde Ludwigs Grabmal in Metz 1793 während der Französischen Revolution zerstört und seine Gebeine verstreut.

Hintergründe und übergreifende Aspekte

Die wichtigsten Quellen

Von Ludwig dem Frommen haben wir zwei Biographien: die Gesta Hludowici („Die Taten Ludwigs“) des Thegan, verfasst 835/36, und die Vita Hludowici („Das Leben Ludwigs“) des sogenannten Astronomus, verfasst 840/41, beide zuletzt ediert von Tremp Vorlage:Lit1. Bis 829 reichen die fränkischen Reichsannalen; für die Jahre ab 830 können die Annales Bertiniani und die Annales Fuldenses herangezogen werden.

Wichtige rechts- und verfassungsgeschichtliche Quellen sind die Kapitularien sowie die über 400 Urkunden und über 50 Urkundenformeln (sogenannte Formulae imperiales) Ludwigs des Frommen. Schließlich dichtete der Kleriker Ermoldus Nigellus 826/28 das 2649 Verse lange panegyrische Epos über Ludwig den Frommen „In honorem Hludowici christianissimi Caesaris augusti“.

Stellung zur heidnischen Kultur

Ludwig dem Frommen wurde in der Neuzeit manchmal vorgeworfen, für den Untergang germanischer Überlieferungen verantwortlich zu sein. Solche Behauptungen entbehren aber jeder Quellengrundlage. Es gibt lediglich einen einzigen Satz bei dem Ludwigs-Biografen Thegan, Gesta Hludowici, Kap. 19, wo es heißt: „Die heidnischen Lieder [oder: Gedichte], die er [Ludwig] in seiner Jugend gelernt hatte, verachtete er und wollte sie weder lesen noch hören noch lehren.“ Es ist aber nicht einmal sicher, ob damit germanische Heldenlieder gemeint sind, wie sie Karl der Große tatsächlich hatte sammeln lassen – die „heidnischen Gedichte“ könnten sich genauso gut auf antike lateinische Gedichte beziehen wie z. B. Vergils römisches Nationalepos Aeneis, das mit Sicherheit in Ludwigs Jugend in seinem Unterricht behandelt worden war; zum möglichen Bezug der Stelle auf lateinische Gedichte vgl. auch Tremp Vorlage:Lit1. Vor allem aber ist nur von Ludwigs persönlicher Geringschätzung dieser Lieder/Gedichte (worum auch immer es sich dabei handelte) die Rede, nirgends jedoch, auch nicht in anderen Quellen, von irgendwelchen Anweisungen Ludwigs zu deren Vernichtung, vgl. auch Boshof Vorlage:Lit1.

Der Beiname „der Fromme“

Während Ludwigs Vater Karl seinen Beinamen „der Große“ bereits zeitgenössisch erhielt, setzte sich Ludwigs Beiname „der Fromme“ erst im Laufe des 10. Jahrhunderts durch. Zwar wurde Ludwig auch schon zu Lebzeiten als pius (der Fromme) oder piissimus (der sehr Fromme) bezeichnet, doch war dies noch nicht als individueller Beiname gemeint. Iustitia (Gerechtigkeit) und pietas (in diesem Zusammenhang ein ganzer Begriffskomplex im Sinne von Frömmigkeit, Pflichttreue, Milde) galten als die beiden klassischen Herrschertugenden schlechthin. Auf Münzen nannte sich noch nicht der hier behandelte Ludwig, sondern sein heute als Ludwig der Deutsche bekannter Sohn "HLVDOVVICVS PIVS", ebenso der letzte ostfränkische Karolinger Ludwig das Kind (900-911): bis dahin erschien also der Beiname pius noch nicht fest an einen früheren Ludwig vergeben. Erst ab etwa 960 finden sich zunehmend Belege, die dem Ludwig dieses Artikels den eindeutig individuellen Beinamen „der Fromme“ zuweisen. Weiter kam erst im 19. Jahrhundert eine negative Interpretation von Ludwigs Beinamen auf – etwa im Sinne eines weltfernen Frömmlers – doch ist diese ungerechte Sichtweise von der modernen Geschichtswissenschaft korrigiert worden Vorlage:Lit1.

Versuch einer Bilanz

Für Ludwig den Frommen war es von vornherein nicht leicht, aus dem Schatten seines großen Vaters herauszutreten. Da nach Karls Eroberungen keine großen expansiven Erfolge mehr möglich waren, war es Ludwig von Anfang an vorgezeichnet, sich auf die weitaus weniger spektakuläre innere Konsolidierung des Reiches konzentrieren zu müssen. Früher kritisierte man Ludwig den Frommen für seine angeblich zu große Abhängigkeit von Beratern, doch relativiert Boshof Vorlage:Lit1 heute diesen Vorwurf: zu Ludwigs Zeit gab es keine Alternative mehr zu einer auf personalen Bindungen gegründeten Herrschaft; ein Gewaltregime hätte erst recht nicht funktioniert. Auch kann nach Boshof und anderen von einer geistig-kulturellen Stagnation unter Ludwig dem Frommen keine Rede sein.

Ludwigs Tragik war es, dass sein oben beschriebener, von ihm bis zuletzt modifiziert aufrechterhaltener Plan zur Wahrung der Reichseinheit kein Erfolg haben sollte: Lothar und zeitweise auch einer „Reichseinheitspartei“ aus führenden Adligen gingen seine Pläne zu weit; seinen nachgeborenen Söhnen, die sich nicht der Oberhoheit des erstgeborenen Lothar beugen wollten, dagegen nicht weit genug. Hinzu kam die Rivalität der Söhne aus erster Ehe gegen den Sohn Karl aus der zweiten Ehe. So kann man es nicht allein Ludwig dem Frommen anlasten, dass mit seiner Herrschaft die Aufteilung des Karolingerreiches ihren Anfang nahm.

Nachkommen

Vor seiner ersten Ehe hatte Ludwig bereits aus einer Verbindung um das Jahr 793 zwei Kinder:

  • Alpais (Elpheid) (* wohl 794, † 23. Juli eines unbekannten Jahres, wohl nach dem 29. Mai 852), als Witwe Äbtissin von St-Pierre-le-Bas in Reims, ∞ um 806 Graf Bego († 28. Oktober 816) (Matfriede)
  • Arnulf (* wohl 794, † nach März/April 841) Graf von Sens

Erste Ehe: Ludwig heiratete 794 Irmingard (780-818), Tochter des Grafen Ingram.

  • Lothar I. (795-855), Kaiser
  • Pippin I. (803-838), König von Aquitanien
  • Rotrud, * wohl 800
  • Hildegard, * wohl 802/804, † nach Oktober 841, wohl am 23. August 860, Äbtissin von Notre-Dame (wohl in Laon)
  • Ludwig II. (806-876), König des ostfränkischen Reiches

Eine seiner beiden Töchter mit Irmingard heiratete Ratger, Graf von Limoges, oder Gerhard Graf von Auvergne, die wohl beide am 25. Juni 841 starben.

Zweite Ehe: Ludwig heiratete 819 Judith (795-843), Tochter des Grafen Welf.

Literatur

  • Egon Boshof: Ludwig der Fromme. Darmstadt 1996. ISBN 3-89678-020-4 (derzeit vergriffen) Rezension (maßgebliches Werk)
  • Philippe Depreux: Prosopographie de l'entourage de Louis le Pieux (781-840). Sigmaringen 1997. ISBN 3-7995-7265-1
  • Ivan Gobry: Louis premier. Fils de Charlemagne. Paris 2002. ISBN 2-85704-736-3 Kritische Besprechung, PDF
  • Theo Kölzer: Kaiser Ludwig der Fromme (814-840) im Spiegel seiner Urkunden. (Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Geisteswissenschaften, Vorträge G 401). Paderborn 2005. ISBN 3-506-72969-1
  • Rudolf Schieffer: Ludwig 'der Fromme'. Zur Entstehung eines karolingischen Herrscherbeinamens. In: Frühmittelalterliche Studien 16 (1982), S. 58-73.
  • Rudolf Schieffer: Ludwig der Fromme. In: Ders., Die Karolinger. 3. Aufl. Stuttgart 2000, S. 112-138. ISBN 3-17-016480-5
  • Ernst Tremp (Hg.): Thegan: Die Taten Kaiser Ludwigs; Astronomus: Das Leben Kaiser Ludwigs. (Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi, Bd. 64). Hannover 1995. ISBN 3-7752-5352-1 online

Weblinks

Quellen

sowie weitere Digitalisate (Böhmer-Mühlbacher u.a.), die im Artikel Reichsversammlung von Nimwegen verlinkt sind

Sekundärliteratur


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