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Geschichte des Antisemitismus bis 1945

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Antisemitismus ist ein künstlich von Judengegnern geschaffener Begriff, der Diskriminierung und Verfolgung von Juden als Gruppe begründen und rechtfertigen sollte. Er stützte sich historisch auf rassistische Vorurteile und untermauerte damit einen völkisch, nationalistisch und sozialdarwinistisch begründeten Judenhass.

Diese Ideologie formte sich nach 1789 in verschiedenen europäischen Staaten als Säkularisierung des mittelalterlichen religiösen Antijudaismus. In fast allen Ländern Europas und den USA lassen sich bis 1945 und auch danach antisemitische Tendenzen feststellen.

Im deutschen Kaiserreich formierte sich der Antisemitismus als rassistische Ideologie und politische Bewegung, die im Lauf des 19. Jahrhunderts zunehmend aggressiv judenfeindliche Ziele propagierte und verfolgte. Darauf konnte der Nationalsozialismus seine Judenverfolgung aufbauen, die schließlich zum Holocaust führte.

Dieser Artikel konzentriert sich auf die Entwicklung der antisemitischen Ideologie von 1789 bis 1933, vorrangig in Deutschland. Die Rolle des Antisemitismus im "Dritten Reich" behandeln ausführlich die Artikel Holocaust und Zeit des Nationalsozialismus. Gegenwärtige antisemitische Tendenzen in Theorie und Praxis beschreiben die Artikel Antisemitismus nach 1945 und Antisemitismusdebatte. Ihre wissenschaftliche Erforschung in Vergangenheit und Gegenwart behandelt der Artikel Antisemitismusforschung.

Offene antisemitische Äußerungen und Handlungen gelten in der Bundesrepublik Deutschland nach den Erfahrungen der NS-Zeit als Straftat: Sie können z.B. als

  • Volksverhetzung (§ 131 StGB),
  • bei entsprechendem Material als Verbreitung von Propaganda verfassungsfeindlicher verbotener Organisationen oder Parteien (§ 86 StGB) oder
  • bei besonderen, schwerwiegenden Bedrohungen oder Tätlichkeiten als Landfriedensbruch (§ 125 StGB) bestraft werden.

Überblick

Der neuzeitliche Antisemitismus definiert Juden nach ihrer Abstammung, nicht ihrer Religionszugehörigkeit. Das unterscheidet ihn vom Antijudaismus: Diese christliche Judenfeindschaft begann mit der Entstehung der Kirche seit 70 n. Chr., prägte das Mittelalter und trat nach der Aufklärung in Mitteleuropa zurück. Doch sie beeinflusste und begleitete die Entstehung des Antisemitismus, so dass sich beide Phänomene kaum voneinander trennen lassen.

Der Begriff wurde 1873 vom Journalisten Wilhelm Marr als Synonym für Judenhass eingeführt. Er richtet sich scheinbar gegen alle zur Sprachfamilie der Semiten gehörenden Völker, wurde aber nicht gegen Araber verwendet, sondern gezielt nur gegen die als "völkische Rasse" betrachteten Juden. Er wurde und wird oft dazu benutzt, eine prinzipielle, auf Ausgrenzung, Vertreibung und Vernichtung zielende Judenablehnung zu verschleiern.

Seit dem Holocaust bezeichnet "Antisemitismus" im weiteren Sinn alle judenfeindlichen Tendenzen, die in Verbindung mit typischen, stets wiederkehrenden Klischees auftreten. Die Mechanismen, durch die pauschale Judenbilder und damit die Voraussetzung für Judenhass immer wieder entstehen, gelten als Beispiel „für Bildung von Vorurteilen und politische Instrumentalisierung daraus konstruierter Feindbilder“ (Wolfgang Benz).

Aber während Rassismus sonst eher eine Minderwertigkeit der verachteten Gruppe behauptet, wird "den Juden" dagegen übergroßer Einfluss, Gefährlichkeit und Machtstreben bis hin zur Weltherrschaft unterstellt. Um dies zu bestätigen, verallgemeinern Antisemiten stets vermeintlich oder tatsächlich problematische Handlungen aller Art, von einzelnen Juden, jüdischen Organisationen oder Nichtjuden. Die stereotype Struktur dieses Weltbilds immunisiert sich dabei gegen außenstehende Korrektive - ein Merkmal aller klassischen Verschwörungstheorien.

Ein eigenständiges Phänomen ist jedoch, dass Antisemitismus oft "antimoderne" Bewegungen begleitet. Er lastet negative Begleitumstände von komplexen gesellschaftlichen Vorgängen wie Industrialisierung, Urbanisierung, Globalisierung etc. gern "den Juden" an und verbindet sich dabei mit anderen Ideologien wie Antikapitalismus oder Antikommunismus - bis hin zum gegenwärtigen Islamismus.

Antisemitisches Gedankengut ist in verschiedenen Ausformungen bis heute wirksam. Zur "Sündenbock"-Funktion trat seit 1945 ein "sekundärer" Antisemitismus, der unbewältigte sozialpolitische Defizite und unverarbeitete Schuldgefühle wieder auf die Nachkommen der Opfer zurückprojiziert. Dieses Muster existiert selbst dort, wo keine persönlichen Beziehungen zu Juden mehr existieren und nicht das Judentum, sondern ihm zugeschriebene Eigenschaften abgelehnt werden. Dann spricht man von einem "strukturellen" Antisemitismus.

Ein Arabischer Antisemitismus formierte sich schon seit 1918. Er verstärkte sich 1948 seit der Entstehung des Staates Israel und 1967 seit der Zuspitzung des Nahostkonflikts nochmals.

Die verschiedenen Zusammenhänge, übergreifenden Zeiträume und Arten des Phänomens illustrieren die Irrationalität antisemitischer Feindbilder, die sich gleichwohl über die Jahrhunderte als außergewöhnlich stabil und wandlungsfähig erwiesen haben.

Vorgeschichte

Die kirchliche Unterdrückung hatte das Judentum Jahrhunderte lang in ganz Europa isoliert. Zudem wurden Juden gezielt ausgegrenzt und sogar an Pogrome ausgeliefert. Erste Judengesetze, die in den folgenden Jahrhunderten ähnlich übernommen wurden, erließ Justinian 564 mit dem corpore juris. Seit dem 9. Jahrhundert schlossen christliche Zünfte die Juden von allen "ehrenwerten" Berufen aus. Seit dem 4. Laterankonzil 1215 wurden sie auch offiziell in Ghettos gezwängt.

Martin Luthers später Judenhass sammelte in seiner Schrift "Von den juden und iren lügen" 1546 alle mittelalterlichen Vorurteile und überlieferte sie der Neuzeit. Die Reformation verstärkte die Tendenz zur Nationalreligion durch die Konfessionalisierung der Länder und die Interessengegensätze der Fürsten. Im politisch zersplitterten deutschen Sprachraum waren die Juden bis etwa 1670 aus den meisten Städten verbannt worden, konnten aber in ländlichen Regionen, Vorstädten oder als privilegierte "Hofjuden" überleben. Die Herrscher Preußens begrenzten den Zuzug jüdischer Familien streng auf die Reichsten, denen sie hohe Abgaben auferlegten. So blieben Juden in Europa zu Beginn des 18. Jahrhunderts weithin vom normalen bürgerlichen Leben ausgegrenzt.

Aufklärung

Naturwissenschaftlicher Fortschritt und Humanismus veränderten seit dem Westfälischen Frieden von 1648 allmählich die Einstellung zur jüdischen Minderheit. Der religiös motivierte Antijudaismus erschien den Gebildeten nun als affektiver "Aberglaube" ohne wissenschaftliches Fundament. Ihn gelte es ebenso zu überwinden wie den religiösen Judaismus.

In dieser Tradition bekämpften schon die englischen Deisten im 17. Jahrhundert das Judentum wegen seines angeblich irrationalen Offenbarungs- und Wunderglaubens, um damit zugleich das orthodoxe Christentum zu unterhöhlen. So drängte das aufstrebende Bürgertum den kirchlichen Einfluss auf die Gesellschaft zurück, übernahm aber zugleich einen Großteil der tradierten antijüdischen Denk- und Verhaltensmuster.

Indem aufgeklärte Philosophie die allgemeine Vernunft gegen den christlichen Konfessionalismus und Dogmatismus stellte, kritisierten einige Denker des frühen 18. Jahrhunderts nun auch die Haltung zum Judentum als menschenunwürdiges Unrecht. John Toland (1670-1722), englischer Freidenker, sprach sich als Erster für eine "Emanzipation" der Juden aus. Vor allem Moses Mendelssohn (1729-1786) kämpfte für ihre rechtliche Gleichstellung und kulturelle Integration, auch durch innere Liberalisierung der jüdischen Religion. Sein Freund Gotthold Ephraim Lessing (1729-1782) rief 1749 in seinem Lustspiel Die Juden zur Aufgabe der anachronistischen Vorurteile gegen sie auf. In seinem Drama Nathan der Weise (1779) forderte er die Toleranz der Religionen. Die Hauptfigur trug Mendelssohns Züge und setzte diesem ein Denkmal. Lessing glaubte an die Aufhebung jedes religiösen Aberglaubens durch humanen Fortschritt und die pädagogische Erziehung des Menschengeschlechts (1781); auch den "jüdischen Kinderglauben" an Tora und Talmud wollte er damit "überwinden".

Voltaire (1694-1778) führte das Christentum auf seinen jüdischen Ursprung zurück und lehnte beide Religionen von Grund auf ab. In seinem Werk finden sich wiederholt Ausfälle gegen Juden als "betrügerische Wucherer", "diebische Geldverleiher", den "Abschaum der Menschheit" usw.. Voltaire hielt diese Züge gar für angeborene, unveränderliche Eigenschaften der Juden. Trotzdem verteidigte er auch ihre Gewissensfreiheit und protestierte gegen damalige religiöse Verfolgungen.

Diderot (1713-1784) dagegen glaubte an die soziale Bedingtheit aller religiösen Erfahrung und damit an ihre Veränderbarkeit. Mit seinem Enzyklopädie-Projekt wollte er indirekt auch einen Beitrag zur Überwindung des jüdisch-christlichen religiösen "Wahns" leisten.

Ähnlich wie Voltaire urteilte der Aufklärer Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) über "den Juden": Er sei "...ein unersättlicher, habgieriger Betrüger, besessen von einem skrupellosen Handels- und Schachergeist...", amoralisch, gerissen, hinterhältig und schmarotzerhaft. Er halte sich für viel zu intelligent, sei "ausgesprochen anpassungsfähig, nutzlos und schädlich für die Umwelt", ein Paradigma des Bösen und eine Identifikation des Minderwertigen. So verglich er die Juden in seinen "Sudelbüchern" öfter mit Sperlingen, die damals als schlimme Flurschädlinge galten und massenhaft bekämpft wurden.

Sogar Immanuel Kant (1724-1804), der wie Goethe jüdische Mitbürger zu seinen besten Freunden zählte und in seinem Sittengesetz biblische Grundgedanken vernunftgemäß entfaltete, nannte Juden "Vampyre der Gesellschaft" und meinte 1798:

"Die unter uns lebenden Palästinenser sind durch ihren Wuchergeist seit ihrem Exil in den nicht unbegründeten Ruf des Betruges... gekommen."

Er kannte wenig vom Judentum, grenzte es aber scharf gegen das überlegene Christentum ab. Er forderte von den Juden die Abkehr von ihren Ritualgesetzen und ein öffentliches Bekenntnis zu einem ethischen Gottesglauben, also zu seiner Vernunftreligion. Erst dann könnten sie Anteil an "alle(n) Rechte(n) des bürgerlichen Zustandes" erhalten.

Auch Johann Gottfried Herder (1744-1803) hielt die Juden für "verdorben", "ehrlos" und "amoralisch". Er glaubte, dass nur Erziehung sie bessern könne, und forderte kaum verhohlen die Selbstaufgabe des Judentums als Voraussetzung für seine nationale und kulturelle Integration in die jeweilige Nation. Von den wichtigen Theoretikern der Aufklärung war nur Montesquieu bereit, das Judentum in seiner Eigenart anzuerkennen.

In den verbreiteten Vorurteilen spiegelt sich die Wirkung der jahrhundertelangen kirchlichen Ausgrenzungspolitik: Sie hatte die Isolation der jüdischen Gemeinden und damit Unkenntnis und Verachtung ihrer tradierten Glaubensweisen gefördert. Zudem durften Juden lange nur die von Christen verachteten Berufe etwa im Handel und Kreditwesen ausüben.

Französische Revolution und Nationalismus

Für die Pariser Revolutionäre von 1789 galt die Masse des Volkes, der „Dritte Stand“ im Unterschied zu Adel, Klerus und Königtum als Nation. Diese demokratische Sicht wurde außerhalb Frankreichs, besonders in Deutschland, bald von einer völkischen Definition überlagert: „Nation“ bezeichnete nicht den Rechtsstatus einer Mehrheit, sondern eine gemeinsame "Abstammung" aller. Der Begriff grenzte sich nicht gegen die eigenen oberen Stände, sondern gegen Napoleons Eroberungen und die französischen Besatzer ab.

Das richtete sich in vielen Ländern Europas dann gegen die Angehörigen aller als fremd oder feindselig empfundenen Völker. Nationalisten verbanden eine Reihe besonderer positiver und negativer Eigenschaften mit diesen und behaupteten damit einen angeblichen Nationalcharakter. Da Napoleons Herrschaft die Lage der Juden unbestreitbar verbessert hatte, entstand nun ein neues Klischee: Die Juden galten als Urheber, Drahtzieher und Gewinner der französischen Revolution. Eng damit verbunden war das Stereotyp der jüdischen Weltverschwörung und der heimatlosen "Parasiten".

Emanzipation und Reaktion

1781 hatte der preußische Beamte Christian Wilhelm von Dohm eine Debatte Über die bürgerliche Verbesserung der Juden eröffnet, indem er das volle Bürgerrecht für sie forderte. Kaiser Joseph II. erließ daraufhin ein "Judenpatent", um die Juden Österreichs zu "nützlichen Staatsbürgern" zu machen.

1791 stellte die französische Nationalversammlung die Juden allen Bürgern gleich, hob damit aber auch ihre bisherigen Sonderrechte - vor allem Gemeindeautonomie und Wehrdienstbefreiung - auf. Das zwang sie zur Assimilation. In Berlin sorgte ein Gutachten Friedrich Schleiermachers 1810 dafür, dass der preußische Staat weiterhin den christlich-konfessionellen Religionsunterricht verbindlich machte. Ohne Teilnahme daran erhielten Juden keine Zugangsberechtigung zu Universitäten, so dass ihr sozialer Aufstieg weiterhin erheblich erschwert wurde. Zwar gewährte das preußische Judenedikt von 1812 ihnen einige Bürgerrechte - freie Niederlassung, Grunderwerb, Militärdienst -, schützte aber nicht ihre Religionsausübung und schloss sie weiterhin von allen Staatsämtern aus. Es galt zudem nur für die schon eingebürgerten Juden, nicht für Neuankömmlinge.

Doch 1814/15 erlaubte der Wiener Kongress jedem Staat des Deutschen Bundes, den Juden ihre von Napoleon verfügten Rechte wieder zu nehmen. Dies geschah vielfach auch. So sahen intellektuelle und assimilierte Juden nun häufiger nur noch in der christlichen Taufe das "Entreebillet zur europäischen Kultur" (Heinrich Heine), den Zugang zu akademischer Bildung und gesicherter Existenz. Juda Löw Baruch aus Frankfurt z.B. verlor 1815 seine Stellung als Verwaltungsbeamter und ließ sich 1818 auf den Namen "Ludwig Börne" taufen; ebenso die jüdische Autorin Rahel Varnhagen von Ense. Brendel Mendelssohn heiratete Friedrich Schlegel und wurde erst protestantisch, dann mit ihrem Gemahl katholisch.

Ab 1830 wurde die "bürgerliche Verbesserung" der Juden wie der Bauern - ihre Gleichheit vor dem Staatsgesetz und soziale Integration - auch von deutschen liberalen Demokraten gefordert, die die Ständegesellschaft abschaffen wollten. Jüdische Patrioten wie Gabriel Riesser stellten sich gegen Konversion und Emigration und kämpften stattdessen für die volle Gleichberechtigung. Er sorgte dafür, dass die Frankfurter Nationalversammlung 1848 in die "Grundrechte des deutschen Volkes" einen Passus zur Religionsfreiheit aufnahm:

"Durch das religiöse Bekenntnis wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt."

Diese Erfolge machte die anschließende Periode der Reaktion erneut zunichte. Erst 1869 hob ein Gesetz des Norddeutschen Bundes den Ausschluss der Juden von Staatsämtern auf. Es wurde 1871 zum Reichsgesetz des Deutschen Reichs.

Romantik und Idealismus

Intellektuelle deutsche Idealisten und Romantiker wie Friedrich von Schlegel und Friedrich Schleiermacher waren zwar oft Demokraten und Förderer der Allgemeinbildung, zugleich aber auch glühende anti-aufklärerische Patrioten und Judengegner. Auch Johann Gottlieb Fichte äußerte 1793 in seinem später viel zitierten "Beitrag zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die französische Revolution":

Juden Bürgerrecht zu geben, dazu sehe ich wenigstens kein Mittel als das, in einer Nacht ihnen alle die Köpfe abzuschneiden und andere aufzusetzen, in denen auch nicht eine jüdische Idee sei. Um uns vor ihnen zu schützen, dazu sehe ich wieder kein ander Mittel, als ihnen ihr gelobtes Land zu erobern und sie alle dahin zu schicken.

Selbst der umfassend gebildete Georg Wilhelm Friedrich Hegel widersprach zwar der volkstümelnden Romantik, sah Juden aber auch nur als Verkörperung der Entzweiung und materiellen Knechtschaft im Gegensatz zur griechisch-platonischen Freiheit des Geistes. Von ihm stammt der Satz:

"Der Löwe hat nicht Raum in einer Nuss, der unendliche Geist nicht Raum in dem Kerker einer Judenseele".

In der "Phänomenologie des Geistes" schrieb Hegel:

"Das Schicksal des jüdischen Volkes ist das Schicksal Macbeths, der aus der Natur selbst trat, sich an fremde Wesen hing und so in ihrem Dienste alles Heilige der menschlichen Natur zertreten und ermordet, von seinen Göttern endlich verlassen und an seinem Glauben selbst zerschmettert werden musste".

1811 brachte Clemens Brentano seine antijudaistische Haltung u.a. durch den Beitrag "Der Philister vor, in und nach der Geschichte" für die Berliner Christlich-deutsche Tischgesellschaft zum Ausdruck:

Die Juden, als von welchen noch viele Exemplare in persona vorrätig, die von jeder ihren zwölf Stämmen für die Kreuzigung des Herrrn anhängenden Schmach Zeugnis geben können, will ich gar nicht berühren, da jeder der sich ein Kabinett zu sammeln begierig, nicht weit nach ihnen zu botanisieren braucht; er kann diese von den ägyptischen Plagen übriggebliebenen Fliegen in seiner Kammer mit alten Kleidern, an seinem Teetische mit Theaterzetteln, und ästhetischem Geschwätz, auf der Börse mit Pfandbriefen und überall mit Ekel und Humanität und Aufklärung, Hasenpelzen und Weißfischen genugsam einfangen.

Auch der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi, der "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn und der Völkerkundler Ernst Moritz Arndt waren bekennende Judenfeinde. Sie begründeten jene "Volkstums"-Ideen, auf die rassistische Antisemiten später zurückgriffen. Arndt schrieb z.B. im Kontext der Zuwanderung russischer und polnischer Juden nach Westeuropa (zitiert nach "Weltgeschichte im Aufriss" Bd. 2, Diesterweg, Frankfurt/Main 1978, S. 191):

...Die Juden als Juden passen nicht in diese Welt und in diese Staaten hinein, und darum will ich nicht, daß sie auf eine ungebührliche Weise in Deutschland vermehrt werden. Ich will es aber auch deswegen nicht, weil sie ein durchaus fremdes Volk sind und weil ich den germanischen Stamm so sehr als möglich von fremdartigen Bestandteilen rein zu erhalten wünsche. [...] Ein gütiger und gerechter Herrscher fürchtet das Fremde und Entartete, welches durch unaufhörlichen Zufluß und Beimischung die reinen und herrlichen Keime seines edlen Volkes vergiften und verderben kann. Da nun aus allen Gegenden Europas die bedrängten Juden zu dem Mittelpunkt desselben, zu Deutschland, hinströmen und es mit ihrem Schmutz und ihrer Pest zu überschwemmen drohen, da diese verderbliche Überschwemmung vorzüglich von Osten her nämlich aus Polen droht, so ergeht das unwiderrufliche Gesetz, daß unter keinem Vorwande und mit keiner Ausnahme fremde Juden je in Deutschland aufgenommen werden dürfen, und wenn sie beweisen können, daß sie Millionenschätze bringen.

Antijüdische Krawalle nach 1812

Die Reaktionen im Volk auf bürgerliche Emanzipation und intellektuelle Juden-Aversion ließen nicht lange auf sich warten. Besonders unter manchen Burschenschaften grassierten nationalistische und antijüdische Reflexe. Dies wurde schon 1817 auf dem Wartburgfest sichtbar. Jakob Friedrich Fries, Philosophieprofessor in Jena, hetzte seine Studenten zu einer Bücherverbrennung auf. Dabei wurde auch eine jüdische Schrift, die "Germanomanie" von Saul Asher mit dem Ruf "Wehe über die Juden!" ins Feuer geworfen. Dies veranlasste Heinrich Heine 1819 zu dem prophetischen Satz: "Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen."

Im selben Jahr im August breitete sich eine Serie von Krawallen von deutschen Großstädten bis Kopenhagen und Amsterdam aus. Politisch und ökonomisch unzufriedene Handwerker, Bauern und Studenten gaben die Schuld an den Problemen der frühkapitalistischen Industrialisierung den Juden. Sie plünderten und zerstörten deren Häuser und Geschäfte, steckten Synagogen in Brand, misshandelten und ermordeten Juden mit dem Kampfruf:

"Nun auf zur Rache! Unser Kampfgeschrei sei Hepp, Hepp, Hepp! Allen Juden Tod und Verderben, ihr müsst fliehen oder sterben!"

"Hepp" war ein alter Kreuzfahrer-Ruf und stand für Hierosolyma est perdita (Latein: "Jerusalem ist verloren"), das auf die Massaker der Kreuzzüge anspielte. In den Flugblättern und Parolen der Krawallanten wurden Juden als "Gottesmörder" angegriffen. Hier kam die langanhaltende kirchliche Indoktrination zum Vorschein. Die Aufklärung hatte also nur eine schmale Schicht von Gebildeten erreicht, von denen auch nur wenige das Judentum und seine Emanzipation vorbehaltlos akzeptierten. Sie wurden nicht von der Masse der Bevölkerung getragen.

Die Tradition antijüdischer Hetzschriften setzte sich auch im kirchenfernen Bürgertum fort: 1821 veröffentlichte Hartwig von Hundt-Radowsky den "Judenspiegel". Darin propagierte er u.a. den Verkauf jüdischer Kinder als Sklaven an die Engländer, um weitere jüdische Nachkommen zu verhindern, und schließlich unverhohlen die Vertilgung und Vertreibung aller Juden. Solche Ziele waren also schon Jahrzehnte im öffentlichen Gespräch, bevor der "Rasse"-Begriff für das Judentum aufkam.

Geschichte

Volkstums-Ideologie

Der Begriff „Semiten“ bezeichnete in der historischen Theologie des 18. Jahrhunderts die Nachfahren von Sem, des ältesten der drei Söhne Noahs (Gen. 9, 18). Eine „Völkertafel“ der Bibel (Gen. 10) erklärt eine Reihe damals bekannter Stämme und Ethnien als Nachfahren dieser Söhne. Sie teilt sie nach Herkunft und geografischen, aber nicht nach sprachlichen oder gar rassischen Merkmalen ein. Faktisch waren die auf Sem zurückgeführten Völker weder sprachlich noch ethnisch alle verwandt.

Die junge Sprachwissenschaft übernahm den Begriff für eine Sprachfamilie (Aramäisch-Hebräisch-Arabisch). In diesem Sinn benutzte ihn der deutsche Historiker Ludwig Schlötzer 1781 das erste Mal. 1816 bewies Franz Bopp die Verwandtschaft der Indogermanischen Sprachen, die er vom "Semitischen" unterschied. Kurz darauf stellte die VölkerkundeSemiten“ und „Arier“ einander als Volksgruppen gegenüber und hob sie von anderen Volksgruppen ab.

Von da aus gingen diese Begriffe in die Terminologie der Geisteswissenschaften ein. Bald wurde Andersartigkeit verschieden gewertet. Alle positiv verstandenen Werte wurden „Ariern“ zugeschrieben, „Semiten“ wurden dagegen nur negativ charakterisiert. Aus dem vermeintlich ethnischen wurde ein welthistorischer Gegensatz konstruiert: „Arier“ galten als zur künftigen Weltherrschaft berufene Bevölkerungsgruppe, „Semiten“ als ihre zur Unterlegenheit bestimmten Konkurrenten. Obwohl letztere anfangs auch Araber mit verwandten Sprachen umfassten, meinten deutsche Antisemiten damit stets nur Juden gegenüber „Germanen“.

1860 verwendete der jüdische Gelehrte Moritz Steinschneider, der zusammen mit Leopold Zunz die Wissenschaft des Judentums begründete, erstmals den Begriff Antisemitismus, als er den französischen Historiker und Philologen Ernest Renan wegen seiner „antisemitischen Vorurteile“ zur Rede stellte. Dieses Adjektiv nannte auch das preußische Staatslexikon von 1865, um eine dem „typisch“ Jüdischen entgegengesetzte Haltung zu kennzeichnen.

Rassismus und Vulgärdarwinismus

1853 veröffentlichte Arthur de Gobineau den Aufsatz „Die Ungleichheit der Rassen“, der die Theorie des Rassismus begründete. 1858 erschien die deutsche Übersetzung der Evolutionstheorie von Charles Darwin: "Über die Entstehung der Arten".

Nun entstand der eigentliche Antisemitismus: Um ihren Judenhass zu untermauern und die „Judenfrage“ als Rassenproblem zu propagieren, beriefen sich Antisemiten zunehmend auf pseudo-biologische Argumentationsketten. Mit Berufung auf die moderne Genetik bezeichneten sie Semiten und Arier seit etwa 1860 immer häufiger als biologische Abstammungseinheiten. Sie definierten das Judentum nicht mehr als Religionsgemeinschaft, sondern als eigenständiges "Volk" mit eigener „Rasse“.

Das verschloss Juden jede Möglichkeit, sich durch Übertritt zum Christentum sozial anzupassen. Die freiwillige Taufe hatte sie früher meist vor weiterer Verfolgung geschützt; bei Zwangstaufen behielten andere Christen Vorbehalte gegen sie. Doch nun definierte man jeden als Juden, der von Juden - Vorfahren mit jüdischer Religion - abstammte: egal ob und wie lange er oder seine Vorfahren schon Christen waren. Damit war die Religionszugehörigkeit für Antisemiten nur noch indirekt wichtig: als pseudobiologisches Merkmal, das Judesein zum unentrinnbaren Schicksal machte. Die Juden zugeordneten negativen Eigenschaften erschienen als "Erbgut", das keinerlei Erziehung, Bildung, Integration und Emanzipation verändern könne. So wurden sie als nicht integrierbarer Fremdkörper in den europäischen Nationen dargestellt. - Darwin selbst distanzierte sich 1880 davon.

Der Rassismus verschärfte auch die allgemeine Fremdenfeindlichkeit: Er untermauerte die Ablehnung anderer Völker nach außen und ethnischer oder anderer Minderheiten nach innen. Völkisch definierte "Fremde" konnten nun als "Artfremde" eingestuft werden. So wuchs parallel zum Antisemitismus in ganz Europa z.B. die Ablehnung der Sinti und Roma oder - im Rahmen des Antislawismus - der Sorben.

Politischer Antisemitismus im Kaiserreich

Mit der gewaltsamen nationalen Einigung von 1871 erhielt der Patriotismus die Rolle, die zerrissene bürgerlich-liberale Gesellschaft zu einen. Minderheiten, vor allem den Juden, wurde oft ein Mangel an „wahrem Deutschtum“ unterstellt. Politisch-soziale Widersprüche und ökonomische Krisen im Einigungsprozess wurden ihnen angelastet.

Auf den Börsenkrach 1870 folgte 1873 im Gefolge einer weltweiten Depression ein Gründerkrach. Während viele Kaufleute, Bauern und Bürger ihre Ersparnisse verloren und ihre Firmen aufgeben mussten, konnten Großindustrielle und Bankiers Verluste besser auffangen. Da sich unter ihnen relativ viele Juden befanden, machte der abstiegsbedrohte Mittelstand alle Juden für die Pleitewelle verantwortlich. In diesem Kontext ergriff der Antisemitismus breite Bevölkerungsschichten. Eine Fülle verschiedener sich neu bildender Vereinigungen machte diesen nun zu ihrem Programm. Sie setzten den angeblichen "Materialismus" des Judentums mit den bürgerlichen Ideen der französischen Revolution und dem Kapitalismus gleich.

Im selben Jahr verwendete der Journalist Wilhelm Marr (1819-1904) erstmals den Begriff "Antisemitismus" anstelle von „Judenhass“, um seine Ablehnung der Juden pseudowissenschaftlich zu untermauern. Damit übernahm er indirekt Gobineaus säkular-rassistische Ideen, jedoch nur zur Kennzeichnung einer strikt anti-jüdischen Grundhaltung: Er wollte die Juden als besondere „Rasse“ brandmarken, um sie ideologisch besser ins Visier nehmen zu können. Dabei konnte er auf schon lange bestehende kirchliche, dann auch aufgeklärte und "völkisch"-nationale Ablehnungsmuster zurückgreifen.

Marrs Bücher verbreiteten diese antisemitische Propaganda und fanden reißenden Absatz. Sein rassistisches Buch „Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum“ von 1879 wurde besonders populär und erreichte 11 Auflagen. Daraufhin gründete er im selben Jahr die „Antisemiten-Liga“ als erste deutsche Gruppe, die sich dem Kampf gegen eine angebliche jüdische Bedrohung verschrieb. Ihr erklärtes Ziel war die Vertreibung der Juden aus Deutschland. Zudem gründete er das antisemitische Blatt "Deutsche Wacht", das regelmäßig zweimal monatlich erschien.

Ab 1885 tauchte auch "Semitismus" in Marrs regelmäßigen "Zwanglosen Antisemitischen Heften" als feststehender Begriff auf. Er wurde nun zunehmend auf alle bürgerlich-liberalen Prinzipien und Erscheinungsformen bezogen. Diese zu bekämpfen wurde zum Ausdruck für patriotische Gesinnung: Wer "national" war, lehnte Demokratie und Kapitalismus (oft Manchesterliberalismus genannt) fundamental ab. Wer sie ablehnte, war damit fundamental gegen "Semitismus" - und meinte damit konkret die Juden. Sie galten als Urheber alles "Modernen" und "Schädlichen": von Aufklärung, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Kulturaustausch, individuellem Glücksstreben.

Bis 1890 erschienen im Kaiserreich an die 500 Schriften, die sich in diesem Sinne mit der „Judenfrage“ befassten. Hinzu kamen mindestens 120 antisemitisch ausgerichtete Tageszeitungen, Monatsblätter und Vereins-Publikationen. Sie bestätigten so oder so, dass die "Nation" mit "den Juden" ein Problem hatte.

Stärker ökonomisch argumentierte dagegen Otto Glagau (1834-1892), dessen Schriften "Der Börsen- und Gründungsschwindel in Berlin" (1875) und "Der Bankerott des Nationalliberalismus und die 'Reaktion'" (1878) sich vor allem an die ruinierten Mittelständler wandten.

Gegen liberale Emanzipationsbemühungen kam es 1879/80 zum monatelangen "Antisemitismusstreit": Der lutherische Hofprediger Adolf Stoecker (1835-1909) forderte in Berlin eine Begrenzung des vermeintlichen jüdischen Einflusses auf die Politik und gründete dazu die religiös-antisemitische "Christlichsoziale Partei". Der Historiker Heinrich von Treitschke (1834-1896) griff dies öffentlich auf und prägte den verhängnisvollen Satz, den die Nationalsozialisten später übernahmen:

"Die Juden sind unser Unglück."

Dem widersprach vor allem sein angesehener Kollege Theodor Mommsen (1817-1903), der sich scharf gegen die allgemeine Judenfeindschaft wandte. Treitschke blieb danach an der Humboldt-Universität isoliert, und die meisten Gelehrten distanzierten sich von Marrs Liga. Doch nun war das Thema "wissenschaftlich" etabliert.

Die Antisemitenliga nutzte den öffentlichen Aufschwung ihres Themas 1881 für eine "Antisemiten-Petition", die 250.000 Bürger unterzeichneten. Sie forderte u.a. einen separaten Zensus für Juden, ihren Ausschluss von allen Regierungsämtern, vom öffentlichen Dienst und Bildungswesen sowie ein Verbot jüdischer Einwanderung nach Deutschland. Der Initiator war der hochdekorierte Veteran des deutsch-französischen Krieges Max Liebermann von Sonnenberg (1848-1911). Er brachte die Petition in den Reichstag ein.

Im selben Jahr gründete er zusammen mit dem Lehrer Bernhard Förster (1853-1889) - einem Schwager von Friedrich Nietzsche - den patriotisch-konservativen "Deutschen Volksverein" sowie die "Deutsche Volkszeitung". Diese half, das Schlagwort "Antisemitismus" im ganzen Deutschen Reich zu verbreiten.

Ein glühender Rassenantisemit war auch Dr. Ernst Henrici (1854-1915), der 1880 reichsweit antijüdische Hetzreden an die Landbevölkerung hielt und damit Wähler für seine "Soziale Reichspartei" zu gewinnen suchte. Ebenso agitierte der Lehrer Hermann Ahlwardt landesweit gegen "Junker und Juden". 1890 behauptete er in seinem Buch "Der Verzweiflungskampf der arischen Völker mit dem Judentum", alle Berufe und Stände seien vom jüdischen Wucher beherrscht, belegte dies aber nur mit seinen privaten Finanzproblemen. Der als "Judenschläger" bekannte schlesische Graf Pückler rief die Bauern seiner Region auf, Juden totzuprügeln.

Ein weiterer Antisemit war der Nationalökonom Eugen Dühring (1833-1921). Sein 1881 erschienenes populäres Buch "Die Judenfrage als Racen, Sitten und Kulturfrage" erklärte die Kluft zwischen Ariern und Semiten für unüberbrückbar und forderte, die Juden wieder in Ghettos zu zwingen. Es zeigt auch die antikapitalistische Komponente des deutschnationalen Antisemitismus. Wie Sonnenberg sah er die Juden als "Drahtzieher" der Krisenphänomene und sozialen Missstände der Industrialisierung, wandte sich gegen ihren angeblich übermäßigen öffentlichen Einfluss und begründete dies rassistisch.

Auf dem "Antisemitischen Kongress" von 1882 versuchten diese Vertreter und etwa 400 ihrer Anhänger gemeinsame Ziele zu finden. Sie blieben jedoch untereinander zerstritten, so dass das abschließende "Manifest an die Regierungen und Völker der durch das Judenthum gefährdeten christlichen Staaten" keine konkreten politischen Forderungen erhob. Der zweite, von Dühring dominierte radikalere Kongress von 1886 hatte nur noch 40 Teilnehmer.

Antisemitismus gewann jedoch nun parteipolitische Brisanz: 1886 gründete Otto Böckel (1859-1923) seine "Deutsche Reformpartei", die sich im selben Jahr mit weiteren Gruppen zur "Deutschen antisemitischen Vereinigung" zusammenschloss. Böckel saß seit 1887 im Reichstag und trug sich dort stolz als erster "Antisemit" ein. 1889 schlossen sich Stoeckers und Sonnenbergs Anhänger zur neuen "Deutschsozialen Partei" zusammen, Böckel gründete mit weiteren Gruppen 1890 die "Antisemitische Volkspartei". Beide neuen Parteien forderten die Aufhebung der Emanzipationsgesetze, verhöhnten liberale Gleichstellungsparteien im Wahlkampf als „Judenschutztruppe“ und errangen bei den Reichstagswahlen von desselben Jahres knapp 3% der Stimmen. 1893 stellten sie zusammen 18 Abgeordnete; auch Sonnenberg erhielt nun bis 1911 ein Reichtagsmandat.

1894 vereinigten sich beide Antisemitenparteien unter Führung Böckels zur "Deutschsozialen Reformpartei". Ihr Programm forderte die Aufhebung der rechtlichen Gleichberechtigung der in Deutschland lebenden Juden. Es baute auch auf den Rassentheorien von Houston Stewart Chamberlain (1855-1927) auf und redete erstmals von der "Endlösung der Judenfrage". 1899 hieß es darin:

Dank der Entwicklung unserer modernen Verkehrsmittel dürfte die Judenfrage im Laufe des 20. Jahrhunderts zur Weltfrage werden und als solche von den anderen Völkern gemeinsam und endgültig durch völlige Absonderung und (wenn die Notwehr es gebietet) schließliche Vernichtung des Judenvolkes gelöst werden.

Ihr Stimmenanteil blieb unbedeutend: Bei der Reichstagswahl 1903 errangen die Vereinigten Antisemitenparteien zusammen nur 3,5 Prozent (11 Mandate). 1907 stellten sie noch 7 Abgeordnete. Keines ihrer Ziele wurde im Kaiserreich erreicht.

Aber Antisemitismus war nicht an bestimmte Parteien gebunden. Viele Vereine und Verbände blieben fortan antisemitisch eingestellt: u.a. der "Bund der Landwirte", der "Deutschnationale Handlungsgehilfenverband" für Angestellte, die "Deutsche Turnerschaft", viele Studentenverbindungen, Alldeutscher Verband, Reichskammerbund, das angesehene Offizierskorps. Über andere Themen wie etwa die Flottenaufrüstung oder Schutzzölle gegen englische Importe konnte sich das Bild der "jüdischen Ausbeuter" und ihrer "zersetzenden" Demokratie-Ideen in breiten Bevölkerungsschichten festsetzen.

Jüdische Reaktionen

1879 erklärte der jüdische Historiker Harry Breßlau, "Juden" und "Semiten" seien nicht identisch. Er werde das Wort "Jude" weiterhin verwenden, aber nur für die Herkunft, nicht die Religionszugehörigkeit von Juden: „Um jedes Missverständnis auszuschließen, bemerke ich, dass ich diejenigen im Sinne dieser Erörterungen als Juden betrachte, deren beide Eltern als Juden geboren sind.“ Damit reduzierte er Judesein seinerseits auf die Abstammung und trennte diese von der Religionszugehörigkeit. Doch diese Säkularisierung der Begriffe begünstigte nur die Gleichsetzung von Juden mit einer angeblichen "semitischen Rasse". 1895 definierte der Brockhaus „Semitismus“ als „Bezeichnung für das ausschließlich vom ethnologischen Standpunkt aus betrachtete Judentum“.

Der jüdische Arzt Leon Pinsker bereiste unter dem Eindruck der Pogrome in Russland von 1881 ganz Europa. Er sah in dem Umsichgreifen des Rassenwahns eine „Judäophobie“, die er als eine Geisteskrankheit beschrieb: Ihm war das Erscheinungsbild vertraut, wonach sich gegenseitig verstärkende „Gewissheiten“ eine mentale Störung anzeigten. Er folgerte in seinem Aufsatz „Autoemanzipation“ 1882 daraus die Notwendigkeit eines eigenen jüdischen Landes und wurde damit ein Pionier des Zionismus.

Auf die vermehrte Propaganda und Parteienbildung der Antisemiten reagierten religiöse Juden und judenfreundliche Christen 1891 mit der Gegengründung des "Vereins zur Abwehr des Antisemitismus". 1893 bildeten Kreise des liberalen Bürgertums in Berlin den "Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens". Doch diese hatten auf die generelle Entwicklung kaum Einfluss und suggerierten ihren Mitgliedern nur, doch irgendwie zur bürgerlichen Gesellschaft zu hören.

Unter dem Eindruck der Dreyfus-Affäre in Frankreich schrieb Theodor Herzl 1896 sein Buch "Der Judenstaat", das den politischen Zionismus begründete. Ein Jahr darauf berief er den 1. Zionistenkongress nach Basel ein. Doch die meisten Juden rangen weiterhin um Anerkennung und Gleichberechtigung im Kaiserreich. Folglich meldeten sich viele freiwillig zur Front, als der 1. Weltkrieg ausbrach. Sie wurden oft für besondere Tapferkeit ausgezeichnet und glaubten, dass ihre Eisernen Kreuze sie vor weiteren Verfolgungen schützen könnten.

Vom Antisemitismus zum Nationalsozialismus

Antisemitismus, 1. April 1933

Noch 1880 belegte der Begriff „Antisemitismus“ vor allem eine parteipolitische Zielsetzung gegen einen vermeintlich übergroßen jüdischen Einfluss. Nach Darwins Tod 1882 wurden dessen Theorien jedoch immer stärker rassistisch umgedeutet. So forderte z.B. Paul de Lagarde die Einheit von „Rasse und Volk“, natürlich unter Ausschluss des Judentums. Man redete nun nicht mehr von dessen negativen sozialen Einflüssen, sondern von der „Zersetzungskraft jüdischen Blutes“. Man argumentierte nun also gegen die „Vermischung“ der „Rassen“ und legte damit gedanklich eine „Radikallösung“ nahe. Nun wurden auch „Halb“- oder „Viertel“-Juden zum Judentum gezählt, während die „arische Rasse“ immer stärker zur einheitsstiftenden Idee wurde.

1899 forderte der Brite Houston Stewart Chamberlain - ein Schwiegersohn Richard Wagners - in seinem Buch "Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts" als Erster die „Reinheit der arischen Rasse“ gegen „Vermischung“. Das Buch las Kaiser Wilhelm II. persönlich seinen Kindern vor und empfahl es als Lehrstoff für die Kadettenschulen. - 1914 gingen die beiden Antisemiten-Parteien in der "Deutschvölkischen Partei" (DVP) des Kaiserreichs auf. Deren Hamburger Programm forderte die „völlige Absonderung“ und zuletzt die unabwendbare „Vernichtung“ der Juden als „Weltfrage“ des 20. Jahrhunderts. Diese ideologische Zuspitzung bereitete dem Nationalsozialismus den Boden.

Zunächst überlagerte der Erste Weltkrieg die innenpolitischen Fronten und band alle Deutschen in vermeintlich patriotische Pflichten ein. Dies schmälerte die Popularität judenfeindlicher Propaganda nicht: Arthur Dinter schrieb 1917 den Bestseller "Die Sünde wider das Blut". Darin zeigte er, wie sehr antisemitische Stereotypen auch mit körperlichen Zuschreibungen verbunden waren. 1927 gründete er die antisemitische "Geistchristliche Religionsgemeinschaft", für die er ein "judenreines" Neues Testament herausgab. Damit wurde er zum Ideengeber der späteren Deutschen Christen.

Als die Novemberrevolution 1918 das Kriegsende und die Flucht des Kaiser erzwang, traten die ungelösten sozialen Gegensätze offen hervor: Der Krieg hatte sie nur verschärft. In der Nachkriegsnot nahm der Antisemitismus neuen Aufschwung. Reaktionäre Offiziere und große Teile des Bürgertums lasteten ihre Niederlage und die Auflagen des Versailler Vertrags den „jüdischen“ Führern der Arbeiterbewegung an. Republikfeindliche Antisemiten fand man seit 1919 in mehreren rechtsextremen und bürgerlich-konservativen Parteien, vor allem in der DNVP wieder. Der gestürzte Wilhelm II. selbst forderte die „Ausrottung“ der Juden.

Ein österreichischer Weltkriegsgefreiter hatte zugehört und setzte dies 20 Jahre später in die Tat um. Adolf Hitler übernahm den Antisemitismus nach eigener Aussage vom Wiener Bürgermeister und Publizisten Karl Lueger. In einem Brief vom 16. September 1919 schrieb er seine Haltung zur "Judenfrage" nieder:

Der Antisemitismus aus rein gefühlsmäßigen Gründen wird seinen letzten Audruck finden in der Form von Progromen. Der Antisemitismus der Vernunft jedoch muß führen zur planmäßigen gesetzlichen Bekämpfung und Beseitigung der Vorrechte der Juden, die er zum Unterschied der anderen zwischen uns lebenden Fremden besitzt (Fremdengesetzgebung). Sein letztes Ziel aber muß unverrückbar die Entfernung der Juden überhaupt sein.

Hitlers „Schlüsselerlebnis“ war die Revolution 1918, die er wie die meisten Nationalisten als „Dolchstoß“ von „jüdischen Verrätern“ empfand. Sein Putschversuch in München 1923 reagierte ausdrücklich auf den dortigen Versuch der Räterepublik 1918/19. 1924 schrieb er in der Festungshaft seine Autobiographie „Mein Kampf“: Darin bekannte er sich offen zum Programm des Antisemitismus und kündete seine Strategie an, es politisch und militärisch durchzusetzen, um die Vernichtung aller Juden zu erreichen.

Für diese Ziele fand sich jedoch längst vor der Gründung der NSDAP ein aufnahmebereites Umfeld: Große Teile der deutschen Studenten- und Akademikerschaft huldigten ungebrochen dem Antisemitismus der Kaiserzeit. Die Deutsche Burschenschaft z.B. beschloss 1921 die Ausgrenzung ihrer jüdischen Mitglieder. Mit der Propagierung der "nationalen Revolution" wurden viele Studentenverbindungen zum Steigbügelhalter des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds (NSDStB). Mit diesem Schlagwort fanden preußische Konservative, bürgerliche Monarchisten, faschistische Staatsbegeisterte und Volkstumsverehrer ihren gemeinsamen reaktionären Nenner.

Sofort nach ihrer Machtergreifung verfolgten die Nationalsozialisten unter ihrem Regime ab Januar 1933 das Vernichtungsprogramm des Antisemitismus: In nie zuvor gekannter Schärfe und Konsequenz führten ihre Maßnahmen über Geschäftsboykotte, Emigrationsdruck, die Nürnberger Gesetze, Berufsverbote, die „Reichskristallnacht“, Enteignung ("Arisierung"), Ghettoisierung bis zur Planung und Durchführung der „Endlösung der Judenfrage“ (Holocaust). Allein diese industriell organisierte Vernichtung des europäischen Judentums – im jüdischen Selbstverständnis „Shoa“ (Katastrophe) genannt – forderte um die 6 Millionen Opfer.

Zwar wandten sich die Nationalsozialisten im Mai 1943 per Dekret offiziell vom Begriff „Antisemitismus“ ab. Der Nazi-Ideologe Alfred Rosenberg gab eine neue Sprachregelung vor, um den neugewonnenen arabischen Verbündeten gegenüber nicht den Eindruck zu erwecken, man „werfe Araber mit den Juden in einen Topf“. Doch dies spielte keine Rolle für die geschaffenen Tatsachen: Der Judenmord ging unvermindert weiter und wurde sogar noch intensiviert, als mit der verlorenen Schlacht um Stalingrad und dem Kriegseintritt der USA die Kriegsniederlage feststand.

Die nationalsozialistische Ideologie und Politik zielte von Anfang bis Ende auf die völlige Ausrottung des Judentums. Damit war eine rassistische Abwertung „semitischer“ und „slawischer“ Völker verbunden, auch wenn diese nicht primäres Objekt der Vernichtungsstrategie waren. Das deutsche Nazi-Regime steht daher für die unerreicht mörderische Umsetzung einer von Beginn an menschenverachtenden Ideologie.

Antisemitismus in anderen Ländern

Österreich

Mit dem Toleranzedikt Josephs II. begann 1782 die Emanzipation der traditionell ghettoisierten, damals etwa 1,5 Millionen Juden Österreichs. Sie wurden zu allen Schulen und Hochschulen zugelassen und erhielten weitgehende Gewerbefreiheit. Einwanderung blieb ihnen aber ebenso verboten wie der Erwerb von Haus- und Grundbesitz und die Einfuhr jüdischer Schriften. Seit 1787 mussten sie deutsche, oft zudem diskriminierende Namen annehmen: z.B. Burda - "Fraß" - oder Blumentritt - "der, der unschuldige, minderjährige Mädchen verführt". 1788 wurde die Militärpflicht auf sie ausgedehnt.

Unter Kaiser Franz I. schränkten zahlreiche Sondergesetze diese Toleranz wieder ein. Jüdische Einwanderer mussten z.B. täglich 30 Kreuzer zahlen und ihre Aufenthaltsberechtigung alle 14 Tage erneuern. Jüdische Hebammen durften nur im Notfall Christinnen entbinden. Die Hofkanzlei ignorierte 1815 eine Bittschrift der Wiener Juden, die Toleranz gesetzlich zu verankern.

Für monarchistische Beamte wie Friedrich von Gentz, den Berater Fürst Metternichs, waren Juden "geborene Repräsentanten des Atheismus, Jakobinismus, der Aufklärerei". Das hinderte ihn nicht, etwa beim Wiener Kongress gern in den Salons von angesehenen Wiener Juden wie Fanny von Arnstein einzukehren.

Dennoch wurden die städtischen Juden Österreichs bis 1848 anders als in anderen Staaten des Deutschen Bundes ohne Pogrome sozialökonomisch integriert. Vor den Kriegen gegen Napoleon traten katholische Romantiker wie Friedrich Schlegel, Franz von Baader und Klemens Maria Hofbauer für ihre passiven Bürgerrechte ein, setzten aber auch antijudaistische Vorurteile fort. Der Staatsphilosoph Adam Müller verlangte 1823 in einem Gutachten das Heiratsverbot zwischen Juden und Christen und die Rücknahme erreichter Gleichstellung. Er setzte erstmals Judentum und Kapitalismus gleich.

In der Märzrevolution 1848 engagierten sich Akademiker, darunter viele gebildete Juden, meist für den Liberalismus. In den Armenvierteln Wiens dagegen wurde der Ruf laut: Schlagt die Juden tot!, begleitet von einzelnen Gewalttaten. Trotz solcher Aktionen brachte die Pillersdorffsche Verfassung den Juden endlich die ersehnten vollen Bürgerrechte und Religionsfreiheit. Dies nahm die Restauration zum Teil wieder zurück: 1851 mussten jüdische Beamte ihre Staatstreue beeiden, 1853 wurde Juden Grunderwerb erneut verboten, 1855 auch das Notariat und Lehrerberufe. Eigene Zeitungen blieben ihnen erlaubt, so dass sie im Verlagswesen häufiger führende Positionen errangen.

Daraufhin entstand eine antisemitische katholische Gegenpresse, die nun dauerhaft gegen Liberalismus, Kapitalismus, Kommunismus und das "demokratische Judengesindel" hetzte. Führend darin war der Artillerieoffizier Quirin Endlich, der "Judenfresser von Wien". Auch Eduard von Tellering, Journalist für die "Neue Rheinische Zeitung von Karl Marx, griff Juden in seiner Schrift Freiheit und Juden als "Wucherer" (Vertreter des Kapitals) und "Freigeister" (Vertreter der Demokratie) an, griff aber auch auf die alte Ritualmord-Legende zurück. Flugblätter behaupteten schon 1848, Juden hätten aus Christensärgen Barrikaden gebaut und auf offener Straße Christenkinder geschlachtet, die Guillotine verlangt und Kreuze verhöhnt. Weiter hieß es:

Wenn das Christusvolk kein Christentum und kein Geld mehr hat..., dann ihr Juden, lasst Euch eiserne Schädel machen, mit den beinernen werdet ihr die Geschichte nicht überleben.

Der Herausgeber der 1848 gegründeten "Wiener Kirchenzeitung", Kaplan Sebastian Brunner, dichtete gegen aufgeklärte Philosophen in seinem bekannten Nebeljungenlied:

Wir haben keinen Judengott mehr,
Und hassen den Gott der Christen,
Wir sind die keckste Rotte der Welt,
Wir jüdischen Pantheisten.

Er versuchte, den "historischen Nachweis der Ritualmordlegende" zu führen, erneuerte auch das Klischee vom Gottesmord, aufgrund dessen das Judentum verflucht sei, und folgerte:

Solange die Juden Juden bleiben, nicht bloß der Abstammung, sondern auch dem Glauben nach, ist ihre Emanzipation überhaupt unmöglich...

Diese werde die Gesellschaft entchristlichen, so dass dann das Judentum herrsche. Dies werde Volkes Stimme nicht hinnehmen. Der folgende öffentliche Disput mit Ignaz Kurandas Ostdeutscher Post erregte internationales Aufsehen. Brunner unterlag vor Gericht in mehreren Zensur- und Beleidigungsklagen, was seinen Judenhass noch verschärfte. 1886 verfasste er ein Wanzen-Epos, in dem er Juden als "Ungeziefer" und "Parasiten", Antisemitismus als "Wanzenpulver" bezeichnete. Er hetzte auch gegen Heinrich Heine und Ludwig Börne.

Albert Wiesinger folgte ihm 1867 als Redakteur. In dem Jahr wurde Österreich ein Verfassungsstaat: Seither nannte er die Regierung nur noch "Judenclique" und führte eine ständige Sparte "Ghettogeschichten" in die Wiener Kirchenzeitung ein, bis sie 1874 eingestellt wurde. Dem standen aber auch zahlreiche polemische Artikel liberaler Zeitungen, die von Juden geführt wurden, mit "Klostergeschichten" und Priesterbeschimpfungen gegenüber.

Ab 1875 entstand in Österreich parallel zum Deutschen Kaiserreich eine "christlich-soziale" bzw. "völkische" Bewegung: Hauptvertreter war der Konvertit Karl Freiherr von Vogelsang, Redakteur der Wiener konservativen Zeitung Vaterland. Er sah das Land "mit Juden überschwemmt",

...weil der liberale Umschwung, mit dem man uns beglückt, durch und durch von jüdischem Geiste durchdrungen ist...uns selbst hat der Judengeist angesteckt, in unseren Institutionen ist er incarniert, unsere ganze Lebensanschauung, unser Handel und Wandel ist davon durchzogen...

Mit Sondergesetzen gegen Juden sei nichts gewonnen. Die Gesellschaft müsse sich wieder dem Christentum und der Ständegesellschaft zuwenden, dann werde sie die Juden "absorbieren" und so die "Judenüberfluthung" beenden. Er distanzierte sich 1881 von plumper "Judenhetze", wie sie damals im Berliner Antisemitismusstreit hervortrat. Aber auch er griff die "goldene Internationale" des "Finanzjudentums" an und polemisierte gegen die angebliche Weltherrschaft des Hauses Rothschild, gegen arme "Hausierjuden" und russische "schachernde und wuchernde Talmudjuden". Wie Vogelsang sahen Prinz Aloys Liechtenstein und der Moraltheologe Franz Martin Schindler Antisemitismus als natürliche Reaktion auf den Kapitalismus dort, wo Juden angeblich sozial privilegiert seien.

Offen rassistisch hetzte seit 1877 das Monatsblatt Österreichischer Volksfreund unter Carl von Zerboni: Talmudjuden wollten die regierende Race des Erdballs werden (Nr.1), Gegenwehr gegen die Verjudung sei nötig (Nr.5). Ab Nr.9 stand über jeder Ausgabe in Großbuchstaben: Kauft nur bei Christen! Ab 1882 wurde das Blatt Presseorgan der aus verschiedenen antisemitischen Handwerkervereinen hervorgehenden "Österreichischen Reformpartei" unter dem Rechtsanwalt Robert Pattai. Er sah "Manchester-Liberalismus" und Judenemanzipation als identische Vorgänge und strebte dagegen einen "gesunden Staatssozialismus" an:

Sollte es aber nicht gelingen, der Judenfrage durch diese notwendigen Reformen die Wurzel abzuschneiden und das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen, dann müssten eben die vielbegehrten Ausnahmegesetze gegen das Judentum notwendig werden.

Dies unterstützte Ludwig Psenner, seit 1884 neuer Herausgeber des "Volksfreunds", den er bis 1897 führte. Er suchte wie Vogelsang in der Rückbesinnung auf "christliche Werte" das Heilmittel gegen die "Verjudung" der Kultur und Gesellschaft. Doch 1886 zerbrach die Reformpartei daran, dass ein radikaler Flügel unter Georg Ritter von Schönerer den großdeutschen "Pangermanismus" zum Programm erheben wollte.

Daraufhin gründeten Psenner, Ernst Schneider und Adam Latschka einen Verein, aus dem 1887 die "Christlich-Soziale Partei" (CSP) hervorging. Bei der Gründungsversammlung übertrafen sich die Redner, u.a. der Ungar Franz Komlossy und der Wiener Reichtagsabgeordnete Karl Lueger, gegenseitig in antisemitischen Hetzreden, die etwa 1.000 Anwesende mit stürmischem Beifall bedachten.

Für Regionalwahlen bildete die CSP sofort eine antiliberale Koalition mit deutschnationalen und antisemitischen Gruppen, die "Vereinigten Christen". Der Antisemitismus war das Bindeglied, auf das alle Beteiligten sich einigen konnten. Das Programm forderte einen Einwanderungsstop für Juden, ihren Ausschluss aus Staatsdienst, Justiz- und Arztberufen, Einzelhandel und gemeinsamem Schulunterricht mit Nichtjuden. Im Deutschen Volksblatt wurde das Ziel umrissen:

Radical antisemitisch, streng national und entscheiden christlich-social rühren wir alle Tage die Werbetrommel für die große Armee der Judenfeinde...,

um deren Vereinigung in einer einzigen großen Volkspartei zu erreichen. 1888 bei einer Kundgebung für Papst Leo XIII. errang Karl Lueger die Führungsrolle. Er forderte 1890 im Reichstag, die "Hauptursachen des christlichen Antisemitismus" zu beseitigen:

  • die "judenliberale Presse",
  • das "erdrückende Großkapital", das in jüdischer Hand sei,
  • die "Unterdrückung der Christen durch die Juden";
  • das "Martyrium der Deutschen" unter den jüdischen "Raubtieren in Menschengestalt".

So fand auch sein Parteifreund Ernst Schneider 1893, Österreich leide an einem contagiösen Geschwür, an dem die Völker und der österreichische Staat leider zugrunde gehen werden, wenn dieses Geschwür nicht beseitigt wird...: Es sind die Juden. Er forderte später in Niederösterreich als Ergänzung für ein Gesetz über die Tötung von Raubvögeln analoge Prämien für die Erschießung von Juden.

Die Einigung der Antisemiten misslang erneut: Die konservativen Katholiken wollten eher die Habsburger Monarchie retten, während die deutschnationalen "Demokraten" ein antiklerikales großdeutsches Reich anstrebten. Dabei behauptete sich der "gemäßigte" christlich-soziale Flügel: Schindler verfasste 1895 das Parteiprogramm der CSP, das die Ausbeutung angriff, "sie komme woher sie immer wolle". Rassistischer Judenhass wurde abgelehnt; man wolle nicht das Judentum als Religion, aber den "Talmudismus" und die mit dem Liberalismus gleichgesetzten "Reformjuden" bekämpfen.

Der Papst segnete dies mit der Auflage ab, antisemitische Ausfälle zu unterlassen. Daraufhin musste Kaiser Franz Josef Karl Lueger 1897 schließlich zum Bürgermeister von Wien ernennen. Mit ihm war keine eindeutige Abgrenzung der CSP vom Rasse-Antisemitismus möglich.

Dies galt aber auch für Theologen wie August Rohling, dessen in 17 Auflagen verbreitetes Pamphlet Der Talmudjude (1871) den Antisemiten jahrzehntelang religiöse Argumente lieferte. Er wollte mit teilweise gefälschten Auszügen beweisen, dass der Talmud erlaube,

...alle Nichtjuden auf jede Weise auszubeuten, sie physisch und moralisch zu vernichten, Leben, Ehre und Eigenthum derselben zu verderben, offen und mit Gewalt, heimlich und meuchlings; - das darf, ja soll, wenn er kann, der Jude von Religions wegen befolgen, damit er sein Volk zur irdischen Weltherrschaft bringe.

Darauf beriefen sich Antisemiten in politischen Versammlungen, u.a. der Wiener Handwerker Franz Holubek 1882:

Wisst Ihr, was in diesem Buch steht? Die Wahrheit! Und wisst Ihr, wie Ihr in diesem Buch bezeichnet seid? Als eine Horde von Schweinen, Hunden und Eseln!

Dies löste Tumulte aus. Holobuk wurde wegen Störung der öffentlichen Ordnung angeklagt, doch freigesprochen, nachdem sein Verteidiger Robert Pattai vor Gericht aus Rohlings Buch zitierte. Als Rohling als Prozessgutachter zudem den Ritualmord als für Juden "außerordentlich heilige Handlung" darstellte, warf ihm der junge Rabbiner und Reichsratsabgeordnete Joseph Bloch öffentlich Bereitschaft zum Meineid vor. Rohling zeigte ihn an; um das Verfahren zu ermöglichen, hob der Reichsrat Blochs Immunität auf. Sein Verteidiger, Dr. Josef Kopp, erreichte in zähen Verhandlungen die Zulassung von zwei ausländischen Gutachten zum Talmud. Darauf zog Rohling seine Klage vor Beginn der Hauptverhandlung zurück. Er musste die Prozesskosten tragen und verlor seine Professur für Bibelstudium.

Gleichwohl blieben seine Thesen und die Ritualmord-Legende unter Österreichs Katholiken lebendig. Der Pfarrer Joseph Deckert verglich 1893 in einem Predigtzyklus Türkennot und Judenherrschaft und verteilte gratis Broschüren, die den Ritualmord an Simon von Trient anhand von "Akten" des Jahres 1475 zu beweisen angaben. Er beauftragte den Konvertiten Paulus Mayer für ein Monatsgehalt von 100 Gulden, ihm eine Schrift zu liefern, die den Ritualmord nach kabbalistischen und talmudischen Lehren "belegen" sollte. Nach einer Vorabveröffentlichung zeigte Bloch Deckert, Mayer und den Herausgeber des Vaterlands an: Im Prozess wurden alle drei zu Haft bzw. Geldbußen verurteilt.

Dies hinderte Deckert nicht, seine Hetze mit antisemitischen Konferenzreden und Schmähschriften (1894-98) fortzusetzen. Darin hieß es z.B.:

Darum, die Augen auf, mein christliches Volk, erkenne den ältesten und gefährlichsten Feind Deiner Religion; ...wehre Dich Deines Glaubens; Du wirst dadurch auch Deine irdische Wohlfahrt sichern. Amen.

Deckert wurde 1896 vom Wiener Ordinariat verwarnt und erklärte daraufhin, Bloch habe ihn "in den Antisemitismus hineingehetzt". Doch er hatte sich schon 1895 mit Karl Lueger solidarisiert:

Nicht gegen die Religion der Juden ist der Antisemitismus gerichtet, obwohl der Talmud die Grundlage und das Grundübel des Judenthums bildet...sondern gegen die Rasse, insofern sie sich allen Nichtjuden, besonders aber den christlichen Ariern feindlich erwiesen hat und noch erweist. Darum hat der Rassenantisemitismus Berechtigung...

Als Bürgermeister Wiens war Lueger allzu radikale Hetze unangenehm. Antisemitismus sei ein sehr gutes Agitationsmittel, um in der Politik hinaufzukommen, wenn man aber einmal oben ist, kann man ihn nicht mehr brauchen, denn das ist ein Pöbelsport! Diesen trieb er vor 1914 vor allem gegen die "rote Judenschutztruppe" der aufstrebenden Sozialdemokratie weiter.

Nach 1918 verschärfte die Christlich-Soziale Partei ihren Kurs gegen die Republik und den Zuzug von polnischen Juden aus Galizien. Einzelfälle von Schiebern und Spekulanten führten im Oktober 1919 zu einer "Massenkundgebung christlicher Wiener", bei denen Landtagsabgeordnete die Ausweisung aller Juden aus Österreich verlangten. Das neue Parteiprogramm forderte 1926 die Pflege deutscher Art und die Bekämpfung der Übermacht des zersetzenden jüdischen Einflusses auf geistigem und wirtschaftlichem Gebiet. Parteichef Ignaz Seipel erklärte, dies sei kein Kurswechsel, sondern immer Tradition der Partei gewesen.

Der Publizist Josef Eberle gab seit 1918 für die katholische Intelligenz die Zeitschrift Das Neue Reich heraus, die in der "Judenfrage" bewusst auf mittelalterliche Lösungen setzte. Ihm "roch" die parlamentarische Demokratie "zu sehr nach polnischen Ghettos". Er schlug z.B. eine von Richard Kralik verfasste "Volkshymne" vor:

Gott erhalte, Gott beschütze vor den Juden unser Land! Mächtig durch des Glaubens Stütze, Christen, haltet festen Stand! Lasst uns unser Väter Erbe schirmen vor dem ärgsten Feind, dass nicht unser Volk verderbe, bleibt in Treue fest vereint!

Weitere radikale Antisemiten und Gegner der "Judenrepublik" waren vor 1933 der Ethnologe Wilhelm Schmidt, der Sozialreformer Anton Orel, der Wiener Bürgermeister Ernst Karl Winter.

Der österreichische Klerikalfaschismus zog die Linien vom Mittelalter zur Gegenwartspolitik: Die katholische Presse in Salzburg hob 1920 z.B. das Verdienst der Kirche hervor, jahrhundertelang die jüdische Gefahr durch Sondergesetze abgewehrt zu haben. Bischof Dr. Sigismund Waitz warnte 1925 im Neuen Reich vor der "Weltgefahr" des habgierigen, wucherischen, ungläubigen Judentums, dessen Macht "unheimlich" gestiegen sei.

Ihm widersprach der Benediktiner Alois Mager, der erstmals den Antisemitismus überhaupt als halt- und rechtlos, ja unchristlich erklärte. In der Folgezeit rückte das Blatt von politischer Judenausgrenzung ab und warnte vor dem Ansteigen des Nationalsozialismus. Doch es bekämpfte den katholischen Antisemitismus weiterhin kaum: 1933 erschien in Graz ein weiteres Hetzpamphlet über die Protokolle der Weisen von Zion: Pfarrer Arbogast Reiterers Das Judentum und die Schatten des Antichrist.

Nach Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler verharmloste Österreichs Presse die beginnende Judenverfolgung in Deutschland: Nach dem Judenboykott des 1. April 1933 zitierte man Hermann Görings Erklärung, die NS-Regierung werde niemals dulden, dass ein Mensch nur deshalb irgendwelchen Verfolgungen werden sollte, weil er Jude sei. Der Philosophieprofessor Hans Eibl betonte die geschichtliche Schuld der Juden am Bolschewismus. Die Ausgrenzung von Juden wie Max Reinhardt aus dem Kulturleben Berlins wurde ebenso begrüßt wie die Bücherverbrennung am 8. Mai 1933. Der Ethnologe Oswald Menghin bejahte in seinem Buch Geist und Blut den Zionismus aus "rassischen" Gründen, da die Integration der Juden den "deutschen Volkscharakter" verändern würde.

Wer den Maßnahmen der Nazis öffentlich widersprach, betonte meist im selben Atemzug, Assimilation und Bekehrung der Juden seien unbedingt nötig, um die von ihnen ausgehende "Gefahr" zu vermeiden. Zugleich wurde oft die Rückkehr zum christlichen Ständestaat propagiert, in dem die Juden ghettoisiert waren. Selbst die Reichskristallnacht deuteten führende Katholiken Österreichs wie Eberle als Reaktion auf jüdische Schuld früherer Jahrhunderte. Nur wenige wie der Philosoph Dietrich von Hildebrandt bezogen deutlich und leidenschaftlich gegen die Nürnberger Gesetze Stellung.

Schweiz

Die Ablehnung von Juden war in der Schweiz lange sehr stark. 1848 erhielten nur die Schweizer Christen die vollen Staatsbürgerrechte. Bis etwa 1850 weigerten sich die meisten Kantone der Schweiz, Juden die Ansiedlung zu gestatten. Erst 1866 brachte eine Volksabstimmung ihnen die vollen bürgerlichen Rechte und erlaubte ihnen auch die freie Religionsausübung.

1874 beseitigte die Revision der Bundesverfassung die letzten antijüdischen Bestimmungen und ermöglichte so die volle Integration der jüdischen Minderheit. Jedoch blieb auch danach eine antisemitische Grundströmung erhalten: Diese führte 1892 zum Verbot des Schächtens und zu einer verstärkten Publikation von antisemitischen Schriften.

In der französischen Schweiz war die Haltung der Bevölkerung mehrheitlich tolerant gegenüber Juden. In Genf setzte sich die Gleichstellung aller Bürger vor dem Gesetz seit der Französischen Revolution zuerst durch. Hinzu kam hier die Tradition des Calvinismus, die das Alte Testament betonte und damit eine gemeinsame Basis mit dem Judentum hatte. Gerade Schweizer Theologen wie Leonhard Ragaz erteilten dem in den Nachbarstaaten wachsenden Antisemitismus nach dem 1. Weltkrieg eine klare Absage und strebten die Versöhnung beider Religionen an.

Frankreich

In Frankreich formulierte Gobineau 1858 seine Rassenlehre, die aber hier viel weniger Resonanz als im deutschen Kaiserreich fand. Sie wurde nur von wenigen Intellektuellen wieErnest Renan und Drummont aufgegriffen.

Aber 1894 brachte die Dreyfus-Affäre den Antisemitismus weiter Kreise der Gesellschaft zum Vorschein. Reaktionäre Militärs, unterstützt von Monarchisten und Katholiken, verurteilten den Hauptmann Alfred Dreyfus, Elsässer und Jude, aufgrund gefälschter Papiere als Landesverräter. Als dies bekannt wurde, verweigerte man ihm jahrelang die Rehabilitation. Dies war der Anlass für Theodor Herzls Buch "Der Judenstaat" (1896), das den politischen Zionismus begründete.

Nach dem Ersten Weltkrieg trat der Antisemitismus in Frankreich zurück. Nur unter dem Einfluss von Charles Maurras kam es nochmals zu einem kurzen Aufflackern antisemitischer Stimmungen.

Benelux-Staaten

In den Niederlanden erhielten Juden schon 1796 die vollen bürgerlichen Rechte und konnten sich danach frei entfalten und integrieren. Sie stiegen z.B. früh in hohe Staatsämter auf, waren Richter, Universitätsprofessoren usw.

In Belgien hatte das Reformierte Christentum mit seiner Wertschätzung des Alten Testaments ebenfalls eine positive Grundhaltung zum Judentum gefördert. Der Protestantismus war hier gegen den Antisemitismus immun. So lehnte Pfarrer Willem Ten-Boom in seiner Doktorarbeit von 1928 (Die Entstehung des modernen Rassen-Antisemitismus (besonders in Deutschland)) zwar nicht die Existenz von Rassen, aber daraus abgeleitete Sonderrechte und Feindschaften klar ab.

Skandinavien

In Dänemark erhielten die Juden 1849 die bürgerliche Gleichberechtigung. Sie wurden ohne Störungen integriert.

In Schweden wurden antijüdische Sondergesetze langsamer abgebaut: 1870 blieben den Juden aber nur noch der Reichsrat und Ministerämter verwehrt.

In Norwegen wurde Juden der Zuzug bis 1851 ganz verboten. Eine antisemitischer Rassenhass war jedoch in keinem der drei Staaten feststellbar.

Erst unter dem Einfluss des Berliner Antisemitismusstreits kam es auch in Skandinavien unvermutet zu antijüdischen Reaktionen gegen die Judenemanzipation: So polemisierte der norwegische Theologe F.C. Heuch 1879 gegen den jüdischen Literaturhistoriker Dr. Brandes, der in Ablehnung an Gotthold Ephraim Lessing einen humanistischen Fortschrittsglauben vertrat. Heuch sah das "glaubenslose Reformjudentum" als gefährlichen Feind des Christentums, das auf dessen Ausrottung hinarbeite.

Ähnlich warnte auch der Kopenhagener Pastor Fredrik Nielsen 1880 vor dem "modernen Judentum", das von Lessing, Moses Mendelssohn und Abraham Geiger inspiriertes Anti-Christentum sei. Beide hatten jedoch kaum eine nachhaltige Wirkung auf das Geistesleben ihrer Länder.

Russland

In Russland verfolgte Zar Nikolaus I. (1825-1855) eine grausame Judenpolitik. Erst unter seinem Nachfolger Alexander II. durften einige reiche russische Juden außerhalb der Ghettos wohnen und ihre Kinder auf höhere Schulen schicken. Seine Ermordung am 1. März 1881 aber löste eine Pogromwelle aus: Staatlich lancierte Gerüchte lasteten den Mord und die schlechte Versorgungslage der jüdischen Minderheit an. In der Folge verwüstete die Bevölkerung über 100 jüdische Gemeinden vor allem in der Ukraine. Die Behörden blieben untätig. Zar Alexander III. verordnete dann am 3. Mai 1882 Knebelgesetze, die die Juden an freier Berufswahl und Gewerbefreiheit hinderten und vielfach in noch größere Armut stürzten. Sie lösten die erste Alijah (Einwanderungswelle) von Juden in Palästina aus; die zweite folgte auf die Pogrome von Kischinew 1903 und während der ersten russischen Revolution 1905. Die antijüdischen Gesetze wurden aber noch verschärft und blieben bis zur Oktoberrevolution 1917 in Kraft.

Stalin aktivierte den traditionellen russisch-orthodoxen Antijudaismus dann gegen alle abweichenden Meinungen und Gruppen in der KPdSU, besonders gegen vermeintliche oder tatsächliche Trotzkisten. Russische Juden wurden den Nazis nach 1939 teilweise ausgeliefert; die Rote Armee unternahm anfangs nichts gegen die Ghettoisierung der polnischen Juden.

Polen

In den Jahren um 1848 hatten sich die Juden Kongreßpolens erneut als glühende Patrioten gezeigt und für Polens Befreiung gekämpft, von der sie sich auch ihre Gleichstellung erhofften. 1862 kam es in Warschau nach gemeinsamen Aufständen gegen die russische Herrschaft zu Verbrüderungen von Christen und Juden, die ihre Gefallenen gemeinsam bestatteten. Der Marquis Aleksander Wielopolski verbesserte daraufhin ihre Rechtslage: Sie durften Immobilien erwerben, wurden als Zeugen vor Gericht zugelassen und mussten keine Sondersteuern mehr zahlen.

Doch nach dem Scheitern des polnischen Aufstands 1864 war den Juden Polens die Perspektive der Emanzipation verstellt, während das Wohlstandsgefälle weiter bestand. Nun gewann allmählich eine Ablehnung der Juden an Boden, da diese die Assimilation offenbar verweigerten und sich aufgrund ihrer religiösen Gebräuche beharrlich absonderten.

Auf die russischen Pogrome von 1881 reagierte das polnische Bürgertum überwiegend empört und schloss ähnliche Gewaltakte für Polen aus. Doch schon am 25. Dezember jenes Jahres kam es in Warschau zu einer tagelangen Plünderung des Judenviertels, nachdem bei einer Massenpanik in einer katholischen Kirche 28 Menschen zu Tode kamen und ein Gerücht Juden dafür verantwortlich machte. Nun schrieb die Warschauer Prawda:

Das polnische Volk hasst die Juden aus religiösen und Rassengefühlen.

Dieser Hass traf vermehrt Juden, die damals ohne Kenntnis polnischer Kultur aus Russland flohen und die wirtschaftliche Konkurrenzsituation zu den ebenfalls unterdrückten Polen verschärften. Das löste auch bei liberalen Intellektuellen häufige Sorgen vor "Überfremdung" aus.

Mit Jan Jelenski begann ab 1877 auch in Polen eine antisemitische Publikation. 1887 gründete sich im Schweizer Exil die Liga Narodowa (nationale Liga) als Geheimbund gegen die russische Fremdherrschaft. Daraus ging 1897 die Partei Demokracja Narodawa (nationale Demokratie) hervor. Sie suchte bald sozialen und ökonomischen Fortschritt durch Kompromisse mit den Russen auf Kosten der polnischen Juden und Deutschen zu erreichen. Ihr führender Ideologe, Roman Dmowski, schrieb 1903:

Ein nationaler Organismus darf nur das aufsaugen, was er sich zu eigen machen und in eine Vermehrung des Wachstums und der Stärke des Gesamtkörpers umsetzen kann. Ein solches Element sind die Juden nicht...die Aufsaugung einer größeren Menge dieses Elements [würde] uns verderben (), durch Elemente des Zerfalls jene jungen schöpferischen Keimzellen ersetzen (), auf welchen wir unsere Zukunft bauen.

Die nationale Intoleranz sei Folge des Duldens der Juden, da diese unfähig zur Integration seien. Diese Motive des völkischen Antisemitismus griffen nun in Polen wie in Deutschland 20 Jahre zuvor um sich.

Bei den polnischen Bauern waren neben nationalen alte religiöse Motive für neuen Judenhass wirksam. Besonders in Posen und Galizien stachelte sie meist der katholische Klerus, die Dorfpriester, gegen die Juden auf. Man denunzierte sie nach ersten Streikwellen und der Russischen Revolution von 1905 als heimliche Drahtzieher des sozialrevolutionären Umsturzes. 1911 schrieb z.B. die Lemberger Gazeta Niedzielna (Wochenzeitung):

Das sollt ihr nicht erleben, ihr Herren Juden. [die Revolution und rechtliche Gleichstellung] Nur eines werden wir euch erleichtern, ... dass ihr so schnell wie möglich euch aus unserem Lande begebt. Wer mit uns bleiben will, der nehme unseren Glauben an und werde Pole...

So bildeten Katholizismus und Nationalismus auf dem Land weithin eine antijudaistische, antidemokratische und antisozialistische Einheit.

Auf jüdischer Seite verstärkte dies die Bindung an eigene Tradition und Religion, Hinwendung zum Zionismus und zum proletarischen Sozialismus. Viele Juden lehnten bis 1914 ein unabhängiges Polen ab, weil dieser Nationalstaat ihnen nur größeren Assimilationsdruck versprach. Als Polen 1918 unabhängig wurde, änderte sich dies rasch: Die Zionisten bildeten einen "Nationalrat", der als Partei für den Sejm (das polnische Parlament) kandidierte und dort die Gleichberechtigung aller Juden Polens - etwa 2 Millionen - forderte. Diese wurde 1930 realisiert.

Doch seit dem Krieg mit der jungen Sowjetunion 1920 wuchs in Polen der offene Antisemitismus. Polens Bischöfe veröffentlichten einen Hilferuf an die Katholiken in aller Welt, in dem sie das Judentum mit dem Bolschewismus gleichsetzten:

Das wahre Ziel des Bolschewismus ist die Welteroberung. Die Rasse, welche die Führung des Bolschewismus in ihren Händen hat, hat schon in der Vergangenheit die Welt mittels des Goldes und der Banken unterworfen, und jetzt, getrieben durch die immerwährende imperialistische Gier, die in ihren Adern pocht, zielt sie schon auf die endgültige Unterwerfung der Nationen unter das Joch ihrer Herrschaft...Bolschewismus ist in Wahrheit die Verkörperung und Fleischwerdung des Antichrist auf Erden.

Der antisemitische Priester und Parlamentarier Kazimierz Lutoslawski denunzierte die Juden als Werkzeuge der Russifizierung und Germanisierung und lastete ihnen die Demoralisierung des Volkes, seiner Arbeitskraft, Entchristlichung der Kultur, kurz: die "Vergiftung der Volksseele" Polens an.

Auf dem Hintergrund dieser verbreiteten, vom katholischen Klerus und nationalkonservativen Parteien gestützten und propagierten antisemitischen Stereotypen wurden Juden von Polen während der deutschen Besetzung dann kaum verteidigt und z.B. 1941 in Jedwabne von der Dorfbevölkerung ermordet. Obwohl die Vernichtungslager der Deutschen in Polen durchaus bekannt waren, richtete sich der polnische Widerstand selten dagegen. Bereits im Herbst 1946 kam es in Polen erneut zu Pogromen an Juden, die den Holocaust überlebt hatten.

Großbritannien

Im britischen Königreich vollzog sich die Judenemanzipation fast ohne öffentliche Debatte. Seit 1850 waren Juden nur noch vom Eintritt in das Parlament ausgeschlossen; diese letzte Rechtsschranke wurde 1856 aufgehoben.

Erst im Zuge der starken Einwanderung von fast 200.000 Ostjuden aus Polen und Russland um 1900 kam es zu Konflikten. Die Zuwanderer waren durch Sprache, Tracht und Sitten deutlich unterscheidbar und trafen meist völlig mittellos in England ein. Aus Furcht vor billigen "Lohndrückern" streikten 1903 die Bergarbeiter von Süd-Wales gegen ihre aus Polen stammenden Kollegen und verlangten einen Einreisestop für verarmte Ausländer. Diese Anti-Alien-Bill wurde 1905 gegen Proteste der englischen Liberalen erlassen.

Ein späterer Zusatz nahm allerdings aus religiösen und politischen Gründen Verfolgte davon wieder aus, so dass aus Russland und Rumänien vertriebene Juden weiterhin fast ungehindert einreisen konnten. Sie wurden relativ reibungslos integriert.

Im Ersten Weltkrieg entstanden auch in Großbritannien kleine Gruppen von Antisemiten, die aus nationalistischen Gründen vor allem deutsche Juden ablehnten, ohne damit größere Wirkungen zu erzielen. Bernhard Shaw stellte 1925 fest, es gäbe in seinem Land zwar antijüdische Vorurteile, aber diese seien nicht von Vorurteilen gegen Schotten, Iren, Walliser und alle Fremden verschieden. So wie man die Habsucht der Juden verhöhne, spotte man auch über den Geiz der Schotten. Von einem Antisemitismus könne für England keine Rede sein.

Trotz der enormen Zuwanderung von Juden, sozialen Konflikten und gleichzeitiger heftiger antisemitischer Propaganda auf dem Kontinent, vor allem in Deutschland, bewahrte sich Großbritannien also seine Liberalität und öffnete Juden alle sozialen Aufstiegschancen.

Ein Grund dafür lagen im hier traditionell starken aufgeklärten Philosemitismus, etwa von Dichtern wie Matthew Arnold und der Schauspielerin Mary Ann Evans, bekannt unter dem Pseudonym George Eliot. Ihr Aufsatz Die Juden und ihre Gegner, der leidenschaftlich und intelligent für die Verständigung und Aussöhnung mit dem lange geknechteten Judentum plädierte, fand 1880 viel Zustimmung.

Ein weiterer Grund lag im theologischen Interesse der englischen Christen an der heilsgeschichtlichen Rolle Israels. Dies führte 1850 zur Bildung einer "Israel-Bewegung" (British Israel Movement), die auch kirchenoffizielle Theologen des Anglikanismus und Methodismus beeinflusste.

Doch 1930 entstand auch in England eine faschistische Strömung, die sich in der British Union of Fascists organisierte. Sie konnte aber keine entscheidende politische Macht erringen.

USA

Die Puritaner hatten als Calvinisten das Alte Testament großgeschrieben. Die Sehnsucht nach freier Religionsausübung war ein Hauptmotiv für ihre Auswanderung in die damals noch britischen Kolonien. Die in der Bill of Rights 1776 verankerte religiöse Toleranz ließ die USA zum idealen Ziel vieler in Europa bedrängter und religiös verfolgter Gruppen, auch der Juden werden.

Bis 1850 lebten nur etwa 60.000 Juden in den USA. Seit den russischen Pogromen von 1881 kamen jährlich 6.000 russische Juden dazu. Bis 1910 stieg die Zahl der amerikanischen Juden so auf insgesamt 2 Millionen. Um 1930 lebten schon über 4 Millionen Juden in den USA. Dieser enorme Zuzug führte zu regionalen Spannungen, die 1921 zu einer gesetzlichen Begrenzung der jüdischen Zuwanderung vor allem aus Südosteuropa durch ein Quotensystem führten.

Seit 1879 beeinflussten deutsche und französische antisemitische Schriften die Öffentlichkeit in den USA etwas. Der deutsche Lehrer und Antisemit Hermann Ahlwardt versuchte seit 1896, auch in den USA nach deutschem Vorbild eine antisemitische Partei zu gründen, scheiterte jedoch.

Freikirchen hatten in den USA ein traditionelles Interesse an der Judenmission. Um 1900 wurde diese von über 30 Konfessionen und Verbänden gepflegt. Aber schon 1890 kam es zu einer nationalen Konferenz von Juden und Christen, die einander besser kennenlernen wollten, zusammen Vorträge hörten und beteten. Die Abschlusserklärung proklamierte, dass jede ungerechte Behandlung von Juden und ihr Ausschluss zu sozialen Vorteilen "unamerikanisch" und "unchristlich" sei.

Erst im Gefolge des 1. Weltkriegs enstand auch in den USA eine antisemitische Strömung. Dafür war seit 1920 vor allem die Kampagne von Henry Ford verantwortlich. Gegen seine öffentlichen Anklagen in der Zeitung Dearborn Independent erhoben sich jedoch sofort anhaltende Proteste von vielen Seiten, darunter dem Verband der Churches of Christ in America. In Großannoncen veröffentlichten u.a. 119 angesehene Bürger ihre Abscheu vor Fords antisemitischen Hetzparolen:

Antisemitismus ist fast unabänderlich verbunden mit Gesetzlosigkeit, Brutalität und Ungerechtigkeit. Er ist ebenso unausweichlich verflochten mit anderen dunklen Gewalten, vornehmlich jenen, die korrupt, reaktionär und voll Unterdrückung sind. Wir glauben, der Kampf gegen diese Pest sollte nicht den Männern und Frauen jüdischen Glaubens überlassen bleiben...

1927 widerrief Ford angesichts des breiten innenpolitischen Widerstands seine antisemitische Erklärung und brach die Kampagne ab.

Eine gewisse Nachwirkung zeigte sich an manchen Hochschulen: So führte zum Beispiel die Yale University 1925 ein diskriminierendes Aufnahmesystem ein, das Kinder von nichtjüdischen Absolventen bevorzugte, um so den Anteil jüdischer Studierender zu begrenzen.

In den 30er Jahren waren Radiosendungen des antisemitischen katholischen Priesters Charles Coughlin sehr beliebt. In den Südstaaten ist unter den weißen Protestanten die Ablehnung "jüdischer Yankees" der "Wallstreet" - also des städtischen Großkapitals der Nordstaaten - zum Teil bis heute verwurzelt.

Konservative Christen, Evangelikale und Fundamentalisten unterstellen teilweise, dass der "jüdische Einfluss" der Kulturindustrie in Hollywood als Vorhut für die Schwächung der "traditionellen Familienwerte" verantwortlich sei. In manchen Country Clubs, Nachbarschaften und Konzernen sind Juden nicht besonders wilkommen: Sie orientieren sich an der Elite der White Anglo-Saxon Protestants ("WASP"), d.h. den weißhäutigen Protestanten angelsächsischer (nordeuropäischer) Herkunft.

Auch die antikommunistische Hetzjagd der McCarthy-Ära in den USA der 50er Jahre war mit Antisemitismus verbunden. Dieser äußerte sich als tendenzielle Gleichsetzung von Zionismus und Kommunismus, da die jüdischen Siedler oft Formen eines Gemeineigentums in Kibbuzim und tolerante, liberale Anschauungen pflegten.

Seitdem haben antisemitische Tendenzen in den USA stark abgenommen. Die Regierungen der USA unterstützen traditionell den Staat Israel als Demokratiemodell für den Nahen Osten. Auch das Holocaust-Gedenken und die Holocaustforschung haben hier eine starken Rückhalt. Das amerikanische Judentum ist stark säkularisiert: Heute heiraten ungefähr 60 Prozent der Juden/innen in Amerika - gegenüber weniger als 10 Prozent vor 1914 - Andersgläubige.


Literatur

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    • Bd. 1 Biographie eines Weltproblems
    • Bd. 2 Anmerkungen, Exkurse, Register
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Siehe auch

Weblinks

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