Benutzer:Bernd A. Fisherman/Peter Schirmbeck

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Peter Schirmbeck[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Peter Schirmbeck, geb. 7. Januar 1943 als Sohn des Schriftstellers Heinrich Schirmbeck, ist ein deutscher Wissenschaftler, Museumsleiter, Autor und Künstler. Er initiierte die Dokumentation der industriellen Arbeitswelt in Technik- und Industriemuseen.

Schule, Studium

Peter Schirmbeck wächst im Allgäu auf, wo Eisenschrott aus der Eschach und eine stillglegte Glashütte früh sein Interesse finden. Seit 1955 lebt er in Frankfurt/ Main und macht im dortigen Gymnasium Wöhlerschule 1965 Abitur. Ab 1965 studiert er an der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Germanistik, Soziologie und Kunstgeschichte. Nach der Magisterprüfung 1972 promoviert er 1982 im Fach Kunstgeschichte mit der Dissertation "Die Darstellung des Arbeiters in der Kunst der NS-Zeit".

Berufliche Tätigkeit

Die industrielle Entwicklung mit Technik, Arbeitswelt und zunehmender Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen bildeten dabei Schwerpunkte.

In der seit 1862 durch das Opel-Werk geprägten Stadt Rüsselsheim wurde er 1974 als Museumsleiter eingestellt. Beim Aufbau des dortigen Stadt- und Industriemuseums fügte er den technischen Exponaten der Industriellen Revolution weltweit erstmals Exponate der industriellen Arbeitswelt hinzu. Kenneth Hudson, Mitbegründer der Industrie-Archäologie und Museumsexperte, hielt dies in Wort und Bild in seiner globalen Übersicht "Museum of Influence" in den vier Entwicklungsphasen der Museen zu Wissenschaft, Technik und Industrie fest: "Phase Four consists of museums which place science and technology firmly in their social context ... The first uncompromisingly Phase Four industrial museum, and one that has had an enormous influence on subsequent museum development, was the Municipal Museum at Rüsselsheim, near Frankfurt, in Germany." (1) Peter Schirmbeck hatte hier neben einer monumentalen Dampfmaschine, die den technischen Fortschritt verkörperte, Fotografien der Opel-Arbeiter von 1876 und 1902 annähernd lebensgroß auf einer Drehwand montieren lassen. Sie stellten (?) vor Augen, wie durch die industrielle Arbeitsteilung an Stelle von Stolz und Identität im Bild der Arbeiter - binnen nur einer Generation - der bedrückende Ausdruck von Entfremdung getreten war. (2) Mit den Worten "Perhaps the most celebrated feature of the museum ... is the pair of group photographs of Opel workers, one taken in 1876 ... and the other taken in 1902" (3) nahm Kenneh Hudson diese Fotografien zur Entwicklung der industriellen Arbeitswelt aus dem Rüsselsheimer Museum in seinen weltweiten Überblick auf und schrieb dazu: "The 1876 workers had been recently recruited from the world of individual craftsmen free to organize their own lives. The 1902 generation had been tamed, disciplined, (?) and brought to heel." (4)

...

1980 nimmt er in Straßburg den Museumspreis des Euoparats für das Museum der Stadt Rüsselsheim entgegen, was zur internationalen Rezeption und Akzeptanz der seit langem überfälligen Korrektur in der Darstellung der Industrialisierung in Museen beiträgt.

Die Seveso-Umweltkatastrophe ist für ihn der Anlass, sich auch mit den Auswirkungen der Industrialisierung auf die Natur auseinanderzusetzen und hierzu eine Dauerabteilung - als erste in einem Museum der BRD - einzurichten. Themen der 1990 eröffneten Ausstellung "Mensch und Natur" sind: Landwirtschaft, Rohstoffe, Energie, Werkzeuge, Chemie, Wissenschaft, Kunst, Wasser, Kreislaufprinzip und Widerstand gegen Naturzerstörung. Hinzu treten ein "Orbis pictus Naturae" mit 26 in alphabetischer Folge um einen Globus gruppierten Objekten und Themen wie beispielsweise A - wie Auto - oder W - wie Wasserstoff, mit ihren jeweiligen Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen.

Zur Jahrtausendwende entwickelt er die Idee zur Route der Industriekultur Rhein-Main und erarbeitet als Initiator deren inhaltliche Konzeption. Die Route umfasst ca. eintausend Industriebauten, darunter Gebäude von Peter Behrens, Paul Bonatz, Martin Elsaesser, Paul Meißner, Ernst Neufert, Hans Poelzig, Max Taut mit Standorten an Main und Rhein, sowie im angrenzenden Umland.

Als er 2008 in den Ruhestand geht, beschreibt Prof. Christoph Stölzl, Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums in Berlin, das Wirken Peter Schirmbecks in seiner Rede zur Verabschiedung u. a. mit den Worten: "Und dann kam Schrimbeck und ging mit dem Kopf durch die Wand, die die Museen von der Wirklichkeit getrennt hatte."

Künstlerische Tätigkeit

Das künstlerische Schaffen Peter Schirmbecks umfasst Kinetische Objekte, Skulpturen und Gemälde. Seine kinetischen Objekte werden im Katalog der Frankfurter Ausstellung im Jahre 1998 mit einem Text des Mailänder Museologen Massimo Negri beschrieben: "Es sind Pseudomaschinen, in denen Abfallprodukte des Produktionsprozesses und des kommerziellen Krieslaufs - unnütze Dinge - eine neue kommunikative Funktion finden. ... Es handelt sich quasi um eine philosophische Reflexion über die materielle Beschaffenheit des Lebens in der Industrieepoche und die menschliche Existenz ... ." (Katalog "Peter Schirmbeck, Skulpturen", Frankfurt am Main o.J.)


Ausstellungen

Beteiligungen:

1984: 75 Jahre Deutscher Werkbund Hessen, Deutscher Werkbund Hessen, Frankfurt/ M.

1984: Kinetische Objekte, ARTist, Wiesbaden

1985: Mensch und Arbeit Heute, Brüderkriche, Kassel

1989: Ex und Hopp, Deutscher Werkbund Hessen, Frankfurt/ M.


Einzelausstellungen

1989: Peter Schirmbeck Kinetische Objekte, Kunstforum, Seligenstadt

1997: Peter Schirmbeck Kinetische Objekte, Montagen und Bilder, Artlantis, Bad Homburg v.d.H.

1998: Peter Schirmbeck Skulpturen, Städtische Galerie im Karmeliterkloster, Frankfurt/ M.


Privates

Peter Schirmbeck ist seit 1981 mit der Kunsthistorikerin und Museumsleiterin Roswitha Mattausch-Schirmbeck verheiratet. Ihre gemeinsame Tochter ist Sonja Schirmbeck, geb. 1981.


Schriften (Auszug)

Mit Dieter Kramer, Wolfgang Schneider, Johann Welsch, Ralf Beckmann Vom Beginn der Industriealisierung bis 1945, Katalog des Museums der Stadt Rüsselsheim, Rüsselsheim 1976

Adel der Arbeit. Der Arbeiter in der Kunst der NS-Zeit, Marburg 1984, ISBN 3-922561-28-4

Mit Axel Föhl (Hrsg.), Wolfram Heitzenbröder, Rolf Höhmann Hessen Denkmäler der Industrie und Technik, Berlin 1986, ISBN 3-87584-175-1

Mit Achim Dresler, Rose Herzberg, Norbert Lambert, Klaus Pflügner Morgen kommst Du nach Amerika - Erinnerungen an die Arbeit bei Opel 1917-1987. Berlin, Bonn 1988, ISBN 3-8012-0128-7

Mit Barbara Weichler, Wolfram Heitzenröder Mensch & Natur, Schriften des Museums der Stadt Rüsselsheim 16, Rüsselsheim 1990, ISBN 3-927394-07-6

Orbis pictus Naturae - Eine Bilderbibel zu Mensch und Natur, Bonn 1990, ISBN 3-8012-0159-7

Fabrikstadt Opel - 130 Jahre Industriearchitektur von Weltrang, Tübingen, Berlin 2001, ISBN 3 8030 0609 0

Mit Wolfram Heitzenröder, Gudrun Senska Rüsselsheim nach 1945 - Eine Zeitreise durch 50 Jahre Stadt- und Industriegeschichte, Rüsselsheim 2005, ISBN 3-927 394-15-7

Mit Sabine von Bebenburg, Georg Böhm, Claus C.Cobarg u.a. Route der Industriekultur Rhein-Main, Frakfurt/ M 2006, ISBN 3-7973-096-0

Mit Dr. Roswitha Mattausch-Schirmbeck, Kunststoffstraße im Landkreis Darmstadt-Dieburg, Darmstadt 2012


Einzelnachweise

Revolutionär geht in den Ruhestand, Frankfurter Neue Presse 9. Januar 2008

Die Industrie braucht eine Wende, Frankfurter Rundschau 9. November 2015

Ein Pionier und sein Lebenswerk, Offenbach Post 12. Mai 2017

Eine erfolgreiche Revolution - im Museum, Berliner Zeitung 10./11.März 2018


Beigefügtes Foto:

Bildunterschrift: Peter Schirmbeck 2015 in der Frakfurter Naxos-Werkshalle. Foto: Wolfgang Cezanne


Kategorie:Deutscher Kategorie:Geboren 1943 Kategorie:Mann Kategorie:Museumsleiter