Benutzer:Jonathan Scholbach/Kommentar (Rechtswissenschaft)

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Ein juristischer Kommentar (in eindeutigem Zusammenhang kurz: Kommentar) ist eine Sammlung von Erläuterungen zu einem Gesetz.

Fast niemals deckt der Wortlaut eines Gesetzes alle Eventualitäten ab – oftmals entstehen in der Praxis unvorhergesehene Sachverhalte, bei welchen nicht ohne Weiteres klar ist, ob und wie ein bestimmtes Gesetz anzuwenden ist. Ein Kommentar stellt in solchen problematischen Fragen die Rechtssprechung, die Meinung des Autors und – je nach Ausführlichkeit und Umfang des Kommentars – wichtige Meinungsstreits aus der rechtswissenschaftlichen Diskussion dar. Ursprünglich war der Kommentar als Annotation, als Anmerkung zu dem Gesetz entstanden. Zuweilen wird kritisiert, er habe sich von diesem Status als Metatext zu einem eigenständigen Text entwickelt: Das Gesetz bilde nicht mehr die alleinige Hauptgrundlage der Entscheidungsfindung, sondern der Kommentar erhält quasi Gesetzesrang. Dies schlägt sich auch in der Praxis des Jura-Studiums nieder.[1] Daher wird davon gesprochen, dass der Kommentar nicht nur Exegese, das heißt Auslegung und Erläuterung des Gesetzestextes sei, sondern dass der Kommentar sich zum Instrument der Rechtsfortbildung, also der Weiterentwicklung des faktischen Rechts jenseits der Legislative, entwickelt habe.[2] Zwar ist der Richter bei der Urteilsfindung weder an vorhergehende Urteile gebunden, noch an die sogenannte herrschende Meinung, also die Meinung, die von den meisten Wissenschaftlern vertreten wird. Dennoch haben die Kommentare einen bedeutenden Einfluss auf die Rechtssprechung.

Das prominenteste Beispiel dafür, wie stark Rechtssprechung und Kommentierung die Auslegung eines Gesetzes regeln, ist §242 des BGB: Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Der Kommentar zu diesem Satz beinhaltet einen ganzen Band.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. METHODIK-LEHRBUCH
  2. Henne, Thomas: Die Prägung des Juristen durch die Kommentarliteratur.


Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rechtssoziologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • THOMAS HENNE, Die Prägung des Juristen durch die Kommentarliteratur – Zu Form und Methode einer juristischen Diskursmethode – Zugleich: Betrifft Justiz, 2006, 352).

Kommentarverbot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • HANS-JÜRGEN BECKER, Kommentierungs- und Auslegungsverbot, in: Handwörterbuch

zur deutschen Rechtsgeschichte, 1. Aufl., Bd. 2, Berlin 1978, Sp. 963 ff.

  • Wilhelm Brauneder: Kommentier- und Auslegungsverbot. In: Friedrich Jaeger: Enzyklopädie der Neuzeit. Stuttgart und Weimar: J.B. Metzler 2007, Bd.6, Sp. 979-980
  • KARL LUDWIG V. GROLMAN, Ausführliches Handbuch über den Code Napoleon, Bd. 1-3, Gießen/

Darmstadt 1810/12.

  • FRITZ STURM, Der Kampf um die Rechtseinheit in Deutschland – Die Entstehung des BGB und der erste Staudinger, in: Michael Martinek u.a. (Redaktor), 100 Jahre BGB – 100 Jahre Staudinger, Berlin 1999, S. 34 Fn. 102.
  • LUDWIG EBERMAYER u.a., Das Reichs-Strafgesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts, Berlin und Leipzig 1920.
  • Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, Bd. 1 (mehr nicht erschienen), Berlin 1912; eine „meisterhafte“ Leistung; so MICHAEL STOLLEIS, Geschichte des öffentlichen Rechts, Bd. 2, München 1992, S. 353.
  • HENNE / RAINER SCHRÖDER / JAN THIESSEN, Anwalt – Kommentator – „Entdecker“. Festschrift für Hermann Staub zum 150. Geburtstag am 21. März 2006, erscheint im September 2006 bei de Gruyter.
  • Die Neukommentierung des Artikels 1 GG in dem verfassungsrechtlichen Standardkommentar „Maunz-Dürig-Herzog-Scholz“ durch MICHAEL HERDEGEN 2003; Reaktion ERNST-WOLFGANG BÖCKENFÖRDES in der FAZ vom 4.9.2003.
  • Strafgesetzgebung, Strafjustiz und Strafrechtswissenschaft in normalem Verhältnis zu einander, ZStW Bd. 1 (1991), S. 4 ff. (22 f).
  • UWE WESEL, hM, in: Kursbuch 56 – Unser Rechtsstaat (1979), S. 88 ff.
  • HELMUT KRAMER, Was wir schon immer wissen wollten oder: Wie die „herrschende Meinung“ entsteht, in: verdikt, Ausgabe Dezember 2003, S. 14 ff.
  • WOLFGANG ZÖLLNER, Das Bürgerliche Recht im Spiegel seiner großen Kommentare (1.Teil), JuS [=Juristische Schulung] 1984, S. 730 ff. (731).
  • REGINA OGOREK, Rechtsgeschichte in der Bundesrepublik (1945 [sic !]-1990), in: Dieter Simon (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Bonner Republik. Studien zur Wissenschaftsgeschichte der Jurisprudenz, Frankfurt/M. 1994, S. 12 ff. (20 ff.).
  • (Heinz Mohnhaupt): Die Kommentare zum BGB als Reflex der Rechtsprechung (1897-1914), in: Ulrich Falk (Hrsg.), Das Bürgerliche

Gesetzbuch und seine Richter. Zur Reaktion der Rechtsprechung auf die Kodifikation des deutschen Privatrechts (1896-1914), Frankfurt/M. 2000, S. 495 ff. (502 f.).

  • HELMUT SEYDEL, Der Kommentar, Deutsches Recht, Jg. 1936, S. 189 ff.
  • J.W. HEDEMANN, Anregungen zur Rechtserneuerung. Soll es mit den Kommentaren so weitergehen, in: Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht, Jg. 1936, S. 140 ff.
  • KLAUS SLAPNICAR, Der Wilke, der später Palandt hieß, NJW [=Neue Juristische Wochenschrift] 2000, S. 1692 ff.