Portal Diskussion:Wirtschaftsingenieurwesen/Teaser

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Wechseln zu: Navigation, Suche Inhaltsverzeichnis [Verbergen] 1 Wirtschaftsingenieurwesen 1.1 Wissenschaft 1.2 Praktische Anwendungen 1.3 Wirtschaftsingenieur 2 Spezielles Ingenieurwesen / Verwandte Ingenieurberufe 2.1 Vertriebsingenieurwesen 2.1.1 Einsatzgebiete des Vertriebsingenieurs 2.2 Wirtschaftsinformatik 2.2.1 Wissenschaft 2.3 Patentingenieurwesen 2.3.1 Inhalt 2.4 Küsteningenieurwesen


Wirtschaftsingenieurwesen [Bearbeiten] Wirtschaftsingenieurwesen (kurz: WIW) ist eine interdisziplinäre Wirtschafts-, Rechts- und Ingenieurwissenschaft, die ein entsprechendes, interdisziplinäres Studium an einer Hochschule voraussetzt.

Bearbeiten Wissenschaft [Bearbeiten] Viele Merkmale des Wirtschaftsingenieurwesens leiten sich von seiner ursprünglichen Herkunft als Schnittstellendisziplin ab. Im Laufe vieler Jahre hat das Wirtschaftsingenieurwesen jedoch eigene, wissenschaftliche Aussagebereiche entwickelt.

Das Wirtschaftsingenieurwesen befasst sich mit Theorien, Methoden, Werkzeugen und intersubjektiv wie interdisziplinär nachprüfbaren Erkenntnissen und Zusammenhängen zwischen verschiedenen wirtschafts-, ingenieur- und rechtswissenschaftlichen Disziplinen.

Inhalt des Wirtschaftsingenieurwesen sind also interdisziplinäre und damit oft sehr komplexe Systeme, deren Entwicklung, Realisierung, Implementierung und Optimierung, sowie der tatsächliche Betrieb solcher Systeme unter Einhaltung rechtlicher Anforderungen und Vorschriften (z.B. SOX Compliance), wobei diese Systeme im Gegensatz zur einzelnen Disziplin nicht als rein wirtschaftliche oder rein technische Systeme betrachtet werden.

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Praktische Anwendungen [Bearbeiten] Das Einsatzgebiet für Wirtschafts- und Vertriebsingenieure erstreckt sich über alle technologie-orientierten Branchen. Vor allem Automobilhersteller, Maschinen- und Anlagenbau, Baugewerbe, Elektrotechnik, Medizintechnik, Telekommunikation und Software.

Führungsaufgaben für Wirtschaftsingenieure im maßgeschneiderten Großanlagenbau  :

Die Steuerung der Wirtschaftlichkeit in operativen Entscheidungsprozessen des Großanlagenbaus ist weder eine technische, noch eine kaufmännische Zielsetzung, sondern es handelt sich um eine typisch unternehmerische Führungsaufgabe, die nicht delegierbar ist und daher nur noch in kleinen und mittleren Betrieben Chefsache ist. In großen arbeitsteiligen Unternehmen, wo standardisierte Massenartikel in großen Stückzahlen hergestellt werden, mag diese Aufgabe durch post-operative Aktivitäten im Rechnungswesen oder in Stabstellen administrativ wahrgenommen werden. Dagegen bei der Planung und Konstruktion maßgeschneiderter Einzelanfertigungen, werden Leistung, Termin & Kosten wegen ihrer gegenseitigen Wechselwirkung sowohl im vertrieblichen Vorfeld, als auch im betrieblichen Abwicklungsprozess gemeinsam organisiert und überwacht, um ein großes und zeitraubendes Projekt gezielt zum Erfolg zu führen. Eine Besonderheit des maßgeschneiderten Großanlagenbaus ist, daß die vielen konstruktiven Details aus wirtschaftlichen Gründen nie ganz benau so spezifiziert werden, wie sie im Vorfeld verkauft - bzw. im öffentlichen Bereich - wie sie genehmigt wurden.


Leistungen :

Maßgeschneiderte Großanlagen sind technisch meist sehr komplexe Einzelanfertigungen, deren zuverlässige Funktion für den Kunden zunächst Vorrang hat vor ihrer detailgenauen Konstruktion, die zum unternehmerischen Risiko des Anlagen-Herstellers gehört. Viele kostenbestimmende Konstruktionsdetails werden erst im Auftragsfall durch Plananpassung ermittelt. Erfolgt die Plananpassung diskret d. h. ohne Neubewertung der veränderten Materialmengen, Maße & Gewichte etc. dann berichten die der Konstruktion nachgeordneten Disziplinen ( Fertigung, Bau und Montage ) jahrelang gegen die vertrieblich ermittelten Kosten zu einer Anlage, die so gar nicht gebaut wird. Gewinne oder Verluste, Erfolge oder Mißerfolge werden dann immer erst erkennbar sein, wenn sie nicht mehr beeinblussbar sind. ( aktuelles Beispiel 2012 : Die Elbphilharmonie in Hamburg ) Die Informationslücke im kostenbestimmenden Prozess der Anlagenkonstruktion bezeichnete Lorenzoni in seinem Buch ' applied cost engineering ' als ' black-out period '. Die Lücke wird geschlossen, wenn nicht nur zusätzliche Kundenforderung kalkulatorisch bewertet werden, sondern auch die technisch notwendigen Plananpassungen, die wegen ihrer Wechselwirkung auf Leistung, Termin und Kosten im Projektmanagement gemeinsam geplant, rechtzeitig gesteuert und plausibel kontrolliert werden.


Termine :

Großprojekte haben meist eine lange Vorgeschichte und wenn die Entscheidung zum Bau endlich getroffen ist, konzentriert sich das große Interesse von Anfang an und mit zunehmender Intensität auf die Leistungs- und Terminkontrolle, denn die Kosten der Anlage sind fest vereinbart über einen Pauschalpreis oder über mengenabhängige Einheitspreise. Sie ändern sich gegebenenfalls über zusätzliche Kundenforderungen. Oft sind wichtige Zwischentermine mit Vertragsstrafen belegt, falls es schon bei der Plananpassung zu Verzögerungen kommen sollte. Nicht selten sind im Vertrag Bonuszahlungen vereinbart für eine vorzeitige Inbetriebnahme. Zeit ist Geld und durch Steuerungsmaßnahmen freigesetzte Mittel werden in der Herstell- und Montagephase u. U. noch zur Arbeitsbeschleunigung verheizt. Zunehmender Wettbewerb zwingt zur Verkürzung aller Planungsprozesse. Simultaneous Engineering ermöglicht allen Beteiligten, sofort nach Auftragseingang mit zunächst nur geschätzten Daten ihre Detail-Planung zu beginnen, um in vernetzten Arbeitswelten die vorläufigen Parameter mit den endgültigen laufend zu aktualisieren. Die einzelnen Aktivitäten werden zeitlich nach vorne verlängert, um in der Summe ein Projekt rechtzeitig oder vorzeitig abzuschließen. Mit Simultaneous Engineering können herkömmliche Termin-Steuerungsmethoden wie P.E.R.T. & Netzplantechnik wirkungsvoll ergänzt werden. Die P.E.R.T.-Methode wird auch benutzt, um die Genauigkeit einer Kostenermittlung schon im vertrieblichen Vorfeld zu beurteilen.

Kosten :

Kostenermittlung und Berichterstattung im operativen Entscheidungsprozess der Konstruktion und Disposition sorgen für erstklassige Kostenkenntnis im Vertrieb und sichern ( nach dem vertrieblichen Erfolg ) auch die betriebliche Zielsetzung. Dazu wird die Vertriebskalkulation, die zum Auftrag führte eingefroren. Nicht nur vom Kunden zusätzlich gewünschte Änderungen, die den Erlös beeinflussen, werden kalkulatorisch bewertet, sondern auch die intern notwendigen Plananpassungen, so daß das zu erwartende Ergebnis erstmals mengenkonform mit größerer Genauigkeit in einer Betriebskalkulation darstellbar ist. Das Projektmanagement und die dem Design nachgeordneten Disziplinen ( Beschaffung, Fertigung, Lieferung, Bau & Montage ) berichten jetzt gegen Vorgaben zu einer Anlage, so wie sie tatsächlich gebaut wird. Erstklassig, weil mengen- und markt-konform wird die Kostenkenntnis in der Dispositionsphase durch den Vergleich verbindlicher Herstellerangebote, die dem Vertrieb qualifizierte Durchschnittswerte zur Verfügung stellen, mit denen unternehmerische Erfahrungen aus laufenden Geschäften in Wettbewerbsvorteile umgesetzt werden. Die Betriebskalkulation ist wirtschaftlich von besonderer Bedeutung, weil durch die Anlagen-Konstruktion über den Großteil der notwendigen Mittel entschieden wird. Die Berichterstattung erfolgt in dieser Phase nicht periodisch, sondern 'entscheidungs- bzw. ereignisorientiert'.

Um in allen Projekt-Phasen die zu erwartenden Kosten plausibel darstellen zu können, werden drei vertriebliche ( V bis III ) und für die Abwicklung drei betriebliche Genauigkeitsklassen ( Klassen III' bis I ) definiert :


Klasse V  : Konzeptphase mit Größenordnung der Investition

Klasse IV  : unverbindliches Angebot mit semi-detailliertem Design

Klasse III  : Vertriebskalkulation mit subjektivem Ziel : Der Verkauf



Der Kunde erteilt den Auftrag ! ! ! ! Die betriebliche Umsetzung beginnt.



Klasse III' : Betriebskalkulation: mit objektivem Ziel : Der Gewinn

Klasse II  : Plananpassung & Bewertung genauerer Details & Mengen

Klasse I  : erstklassige Kostenkenntnis durch Vergleich verbindlicher Herstellerangebote

Klasse 0  : Unschärfen bei der Zielermittlung und Ergebnisdarstellung


Die Klasse III' : Die ver triebliche Angebotskalkulation ( Klasse III ) wird eingefroren und eine Kopie davon bildet nun die be triebliche Ausgangsbasis, in der etwaige Ungenauigkeiten aus der Angebotsbearbeitung schon bereinigt sind. Das Ziel ist jetzt nicht mehr der Verkauf, sondern der wirtschaftliche Erfolg.

Die Klasse II : Mengen- und Spezifikationsanalysen liefern den ersten Kostentrend für das Projektmanagement. Die zu erwartenden Kosten für laufende Projekte sind erstmals mengenkonform und plausibel darstellbar.

Die Klasse I : Durch den Vergleich verbindlicher Herstellerangebote erhält der Vertrieb ohne Umweg über buchhalterische Belegverarbeitung mengen- und marktkonforme Kalkulationsparameter, um sie unmittelbar als Wettbewerbsvorteil bei der Anbahnung neuer Geschäfte zu verwenden. ( daher Klasse I )

Die Klasse 0 : Frühe Hoch- und spätere Nachrechnungen sind nur buchhalterisch sehr genau. Ohne technische Details und ohne marktkonforme Durchschnittspreise aus dem Vergleich verbindlicher Herstellerangebote sind sie weder zur Preisbildung ( im Vertrieb ) noch zur aktiven Kostenbeeinflussung, oder zur rechtzeitigen Kostenprognose ( im Projekt ) geeignet. Es sind zufällige Abrechnungsergebnisse oder Bestellwerte, die in Verhandlungen zu Niedrigstwerten ausgereizt wurden. Auf der hohen Seite dagegen liegen zwangläufig ' quasiverbindliche ' Herstellerangebote, die mit ' vorläufigen ' Spezifikationen zur Preisfindung eingeholt werden müssen, wenn es kein plausibles feedback gibt aus laufenden Geschäften. ( daher Genauigkeits-Klasse 0 mit Unschärfen bei der Zielermittlung und Ergebnisdarstellung, die zur Fehlerfortpflanzung führen ).

Nach einer gemeinsamen Projektabwicklung mit EXXON-Ingenieuren war der Verfasser mit diesem praxiserprobten Steuerungskonzept für Leistung, Termin & Kosten aktiv beim 7. internationalen Cost Engineering Congress in London vertreten und hat damit bei Linde AG im maßgeschneiderten Großanlagenbau Erfahrungen aus laufenden Geschäften unmittelbar in Wettbewerbsvorteile umgesetzt.

Überprüfung der Kostengenauigkeit im Vorfeld : Wer nicht rechtzeitig mitrechnet, muß später mit allem rechnen.


Phasenabhängige Genauigkeitsklassen wurden bei Linde AG nach einer intensiven Zusammenarbeit mit Statoil-Ingenieuren definiert in Anlehnung an den Six-Sigma-Kernprozess D.M.A.I.C. ( Define – Measure – Analyze – Improve – Control ). Für Lösungen im maßgeschneiderten Großanlagenbau bedeutet das :

( Spezifizieren - Bewerten - Vergleichen - Berichten - Entscheiden ).

Herkömmliche Projekt-Steuerungsmethoden wie P.E.R.T. und Netzplantechnik dienten schon seit geraumer Zeit der Fortschritts- und Terminkontrolle bei der Auftragsabwicklung. Um aber die Genauigkeit einer Kostenschätzung schon im Vorfeld zu beurteilen, benutzten norwegische Großanlagenbetreiber auch die P.E.R.T. Methode, um pauschale Risikozuschläge deutlich zu reduzieren.

Die Genauigkeits-Analyse auf P.E.R.T.-Basis ist auf jedem Spreadsheet durchführbar und besonders hilfreich in Vertragsverhandlungen beim Kunden vor Ort. Unsicherheiten bei der Preisgestaltung zwingen bei zunehmendem Wettbewerb oft genug zu erheblichen Zugeständnissen, die dann mit der Hoffnung verknüpft werden müssen, daß in der großen Summe dafür genug Luft sein wird. Hoffnung ist aber keine Strategie und so manches Projekt geht durch vermeidbare Unschärfen bei der Zielermittlung verloren.

Die sog. ' mittleren Kosten ' ( MEAN ) werden mit folgender Formel berechnet :

MEAN = OPTIM + 4 x BASE + PESSIM dividiert durch 6

OPTIM stellt die optimistisch geschätzten Kosten dar, multipliziert mit z. B. 0.99 oder mehr als 1.0 vom BASE Wert.

BASE stellt die gültig kalkulierten Kosten dar und geht mit 4 von 6 Teilen in die Berechnung ein.

PESSIM sind die pessimistisch geschätzten Kosten, multipliziert mit z. B. 1.05 oder weniger als 1.0 vom BASE Wert.

Die 'Standardabweichung' ergibt sich aus der Formel :

STDEV = PESSIM - OPTIM dividiert durch 6

Das sog. HIGH errechnet sich aus folgender Formel :

HIGH = 2 x STDEV + MEAN wobei sich für das hier benutzte Anwendungsbeispiel die relativ hohe Wahrscheinlichkeit von 92 % ergibt , wenn die Standardabweichung (STDEV) mit 2 gemäß nachfolgender Stufen-Skala multipliziert wird :

Stufe 4 : 68.00 % für pauschale und unverbindliche Schätzangebote

Stufe 3 : 85.00 % mit vorläufigen Spezifikationen und Mengenermittlungen

Stufe 2 : 92.00 % im Auftragsfall mit genauen Ausführungs-Spezifikationen

Stufe 1 : 99.00 % mit erstklassiger mengen- und marktkonformer Kostenkenntnis

Stufe 0 : 99.99 % ohne Risiko, aber zur Preisfindung im Vertrieb nur bedingt geeignet

Die Stufe 0 entspricht der Kalkulationsklasse 0 und muß wegen ihrer hohen, aber zufälligen Genauigkeit auf Risiken nicht weiter untersucht werden.


Der Plus-Minus-Risikofaktor (im Rechenbeispiel 19,94) errechnet sich, wenn das HIGH-Ergebnis durch den kalkulierten BASE-Wert geteilt wird. Das Ergebnis entspricht einer ausgewogenen 50:50 Chance und in dieser Projekt-Phase (Stufe 2) einer Wahrscheinlichkeit von 92 %.

Der berechnete Risikozuschlag ist abhängig vom Detailierungsgrad der gültigen Preiskalkulation (BASE), von der Gewichtung einzelner Kostenpakete und schließlich von der Anzahl der Rechendurchläufe (runs) die mit möglichst vielen, gezielt veränderten 'what if' Funktionen und 'worst case' Erfahrungswerten unterlegt werden.

Die Steuerung der Wirtschaftlichkeit in operativen Entscheidungsprozessen maßgeschneiderter Einzelanfertigungen erfordert 'expert knowledge' auch auf der obersten Chefetage. Kostenermittlung und Berichterstattung wurden daher aus ursprünglich vertrieblichen Bereichen auf die betriebliche Abwicklung bei der Verfahrensberechnung, Konstruktion und Beschaffung ausgedehnt, um Steuerungsergebnisse jederzeit plausibel darstellen zu können. ' You control project cost either with an estimator next to the drawing board, or you don't. ' ( Berny Knight Exxon London ) Andy Dales Chefkalkulator von Exxon New York fügte hinzu : ' We are engineers, not accountants '.