AY-3-8500

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Der AY-3-8500 ist ein integrierter Schaltkreis des Unternehmens General Instrument Corporation, der ab 1976 produziert wurde. Von seinem Hersteller auch Ball & Paddle genannt, dient er zur Ausgabe von sieben verschiedenen Videospielen an einem Schwarz-Weiß-Fernsehgerät mit Antenneneingang. Fünf der einzeln auswählbaren Spiele orientieren sich dabei in ihrem Spielablauf, der Steuerung und der audiovisuellen Präsentation stark an Pong. Bei den restlichen beiden handelt es sich dagegen um Schießspiele, die ein Lichtgewehr als Controller voraussetzen. Für Vermarktungsgebiete mit NTSC-Fernsehnorm stellte General Instrument im US-amerikanischen Hicksville eine eigene Variante des Chips unter der Bezeichnung AY-3-8500-1 her.

Der Schaltkreis enthält sämtliche Baugruppen zur Abfrage von Handcontrollern, zur Ausführung der Spielmechanik und zur Erzeugung sowohl von Ton als auch Bild. Im Gegensatz zu den damals sehr viel teureren Mikroprozessoren ist der AY-3-8500 nicht programmierbar. Die Spielmechanik und die grafische Darstellung sind daher nicht änderbar, lediglich einige Spieleparameter können eingestellt werden. Die Spiele werden daher oft als fest verdrahtet (englisch hard-wired) und die dazugehörige Konsole als spezialisiert (englisch dedicated) bezeichnet.

Der AY-3-8500 wurde als Massenware kostengünstig produziert und preiswert angeboten. Auch kleinere oder fachfremde Firmen wie der Spielzeughersteller Coleco Industries konnten 1976 so eigene Geräte für den prosperierenden Videospielmarkt herstellen. Der Schaltkreis fand daraufhin in Millionen Videospielkonsolen Verwendung, was rasch zu einem Überangebot und einer weltweiten Marktsättigung führte. Der damit verbundene ruinöse Preiskampf unter den Herstellern führte im Laufe des Jahres 1977 zum Zusammenbruch des Videospielmarktes, dem ersten Videogamescrash. Danach schwenkten größere Hersteller wie Atari endgültig auf die wesentlich flexibleren mikroprozessorgesteuerten Videospielkonsolen um. Vor allem Unternehmen aus Fernost produzierten dagegen noch bis etwa 1983 Videospielkonsolen mit dem AY-3-8500.

Geschichte

Im Jahr 1972 hielten in den USA die ersten kommerziellen Videospiele Einzug in die Welt der Unterhaltung. Die Odyssey von Magnavox und andere Geräte für den Heimbereich waren dabei wesentlich leistungsschwächer als die in öffentlichen Plätzen aufgestellten Arcadeautomaten wie Ataris Pong mit ihren teuren elektronischen Baugruppen. Um auch den lukrativ erscheinenden Heimunterhaltungsmarkt mit leistungsfähigen und gleichzeitig günstigen Geräten versorgen zu können, begannen verschiedene Unternehmen mit der Entwicklung hochintegrierter elektronischer Schaltkreise. Diese sollten bei nur geringen Herstellungskosten die Automatenelektronik in einem handlichen Bauelement zusammenfassen. Die erste Videospielkonsole mit einem solchen Spezialbaustein war Atari Home Pong von 1975.[1][2] Allerdings behielt sich Atari die alleinige Verwendung des Schaltkreises vor. Andere Hersteller von Unterhaltungselektronik blieben zunächst außen vor.[3]

Entwicklung

Vermutlich bereits im Jahr 1973 evaluierte auch der Halbleiterhersteller General Instrument im schottischen Glenrothes die Miniaturisierbarkeit damaliger Videospielelektronik. Das Management sah jedoch kein Potential und verwarf ein weiteres Engagement in diesem Bereich. Dennoch begannen die angestellten Ingenieure Gilbert Duncan Harrower und Dave Coutts – in ihrer Freizeit – einen ersten noch handverdrahteten Prototypen eines entsprechenden Spezialbausteins zu entwickeln. Dieser funktionsfähige Entwurf wusste firmenintern zu überzeugen und das Management von General Instrument beschloss nur wenig später, die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projektes zu prüfen.[4] Im Jahr 1975[5] begann General Instrument im Auftrag des finnischen Fernsehherstellers Salora Oy dann auch offiziell mit der Entwicklung des Chips. Mit den namhaften Unternehmen Telefunken, Loewe-Opta und der spanischen Vanguard SA schlossen sich bald weitere zukünftige Abnehmer an.[6] Auf Nachfrage der Interessenten integrierte General Instrument auch andere Spiele als das ursprünglich vorgesehene Bildschirm-Tennis. Hinzu kamen zusätzliche Optionen für eine größere Abwechslung innerhalb der einzelnen Spiele.[4]

Im Laufe des Jahres 1975 überführte General Instruments den angepassten Prototypen mit seinen 66 Bauteilegruppen[4] in entsprechende Fotomasken, um den hochintegrierten Schaltkreis herstellen zu können. Weil man auch ein großes Absatzpotential in außereuropäischen Märkten sah, hatte das Unternehmen zuvor 15 Ingenieure im US-amerikanischen Hicksville zur Konstruktion einer Variante für die NTSC-Fernsehnorm abgestellt.[7] Nach Abschluss der Entwicklungsarbeiten startete im Januar 1976 die Herstellung von Testmustern.[5] Erste Vorführmodelle des Chips mit seinen verschiedenen Pong-Varianten und Lichtgewehr-Schießspielen standen im Februar zur Verfügung.[7] Um den Chip in großen Mengen produzieren zu können, rüstete General Instrument zwischenzeitlich eigens Fabriken um, die zuvor noch Bauteile für Taschenrechner produziert hatten. Darüber hinaus stellte man passende Beschaltungselektronik für die Ton- und Bilderzeugung für den nun AY-3-8500 Ball & Paddle genannten Chip bereit. Dadurch war eine einfachere Verwendung möglich, womit wiederum der Kreis potentieller Abnehmer vergrößert wurde.[8] Hinzu kamen separat zu erwerbende Erweiterungen zur Erzeugung von farbigem Bildschirminhalt für die damals noch nicht allgegenwärtigen Farbfernsehgeräte.[9]

Vermarktung

Auf der schon 1975 begonnenen Suche nach zukünftigen außereuropäischen Abnehmern wurde General Instrument im März auch beim US-amerikanischen Spielzeughersteller Coleco Industries vorstellig.[10] Coleco orderte kurz darauf erste nennenswerte Stückzahlen, um mit einer eigenen Spielkonsole – der noch zu entwickelnden Telstar – ins vielversprechende Videospielegeschäft einsteigen zu können.[11] Im April 1975 präsentierte man einen handverdrahteten Prototypen des neuen Chips auch Magnavox, dem führenden US-amerikanischen Hersteller von Videospielkonsolen. Der aufkommenden Konkurrenz durch Coleco gewahr, sagte Magnavox ebenfalls die Abnahme von hohen Stückzahlen zu, die in einer eigenen Konsole – der späteren Odyssey 300 – verbaut werden sollten.[12] Auch Atari zeigte Interesse an dem neuen Schaltkreis. Das Geschäft kam jedoch wegen Ataris Terminvorstellungen nicht zustande: General Instrument sah sich nicht in der Lage, die nachgefragte Menge von 500.000 Chips bereits im September 1975 liefern zu können.[13]

Nach dem Verkaufsstart im Februar 1976[7] konnten bis August desselben Jahres eine Million Chips verkauft werden. Der Stückpreis für Großabnehmer wie Coleco lag zwischen 5 und 6 US-Dollar. Alle weiteren für eine vollständige Konsole benötigten elektronischen Teile kosteten 25 bis 30 US-Dollar. Damit konnten die Hersteller von Konsolen je nach Ausstattung Endverbrauchspreise zwischen 60 und 75 US-Dollar realisieren. Das Interesse an dem neuen Chip war deshalb unerwartet groß und es kam infolgedessen schnell zu massiven Lieferengpässen.[6] Obwohl im Dezember 1976 der fünfmillionste Schaltkreis ausgeliefert worden war[14], konnten viele Vorbesteller bis zum Weihnachtsgeschäft 1976 nur einen Bruchteil der von ihnen geplanten Konsolenstückzahlen in den Handel bringen.[6]

Anfang Januar 1977 hatte General Instrument nach eigenen Angaben sieben Millionen[7] und im März neun Millionen Exemplare des AY-3-8500 abgesetzt. Der darauffolgende monatliche Produktionsausstoß in Höhe von etwa einer Million Stück[5] wurde von Preissenkungen auch für das Zubehör begleitet, so dass die Herstellungskosten für eine Videospielkonsole bis Juni 1977 auf etwa 40 US-Dollar sanken.[15] Infolge der günstigen Herstellbarkeit kam es im Laufe des Jahres 1977 zu einem Überangebot von Videospielkonsolen, die in einem ruinösen Preisverfall mündeten – dem ersten Videogamescrash. Im Laufe des Jahres 1978 hatte sich die Produktion von Konsolen daraufhin zum größten Teil nach Fernost verlagert. Bis auf Atari, Coleco und Magnavox[16] fertigten 1978 mit Conic, Radofin und anderen fast ausschließlich Hersteller aus Hongkong Spielkonsolen mit dem AY-3-8500.[17] Spätestens ab 1983 fand der Schaltkreis keine nennenswerte Verwendung mehr.[18] In Polen dagegen wurde die Spielkonsole AmeProd TVG-10 mit dem AY-3-8500 vermutlich bis 1984 gefertigt.[19]

Vermutlich bereits 1976 brachte General Instrument mit dem AY-3-8550 Ball & Paddle IA eine erweiterte Variante des AY-3-8500 mit zusätzlichen Spieloptionen auf den Markt.[20] Beide Schaltkreismodelle fanden in den darauffolgenden Jahren in verschiedenen Spielkonsolen und Steckmodulen unterschiedlichster Hersteller Verwendung. Das westdeutsche Unternehmen Interton beispielsweise produzierte die auf dem AY-3-8500 basierenden Konsolen Interton Video 3000, Interton 3001 und Interton Video 2400. In der Deutschen Demokratischen Republik stellte das Elektronikkombinat RFT ab 1980 das Bildschirmspiel 01 (kurz BSS 01) her.[21] Darüber hinaus veröffentlichten unzählige Elektronikzeitschriften Anleitungen zum Eigenbau einer entsprechenden Spielkonsole.[22]

Moderne Nachbauten

Die einfache Architektur des Systems und umfangreiche Rückentwicklungsarbeiten ermöglichen den miniaturisierten Nachbau der Elektronik mit heutigen technischen Mitteln bei gleichzeitig überschaubarem Aufwand. Eine solche moderne Realisierung erfolgte erstmals 2020 – wie bei anderen Videospiel- und Heimcomputersystemen auch – als Implementierung auf einem programmierbaren Logikschaltkreis (FPGA) nebst Einbettungssystem.[23]

Technische Informationen

Metallische Schicht des AY-3-8500-Dies mit Leiterbahnen und Bauelementen.

Das 28-polige DIL-Gehäuse des AY-3-8500 enthält einen etwa 4,3 mm breiten quadratischen Siliziumträger.[24] Auf diesem Die sind sämtliche passive und aktive elektronische Bauelemente, darunter etwa 2500 NMOS-Transistoren, in Miniaturformat untergebracht. Damit zählt der AY-3-8500 zu den hochintegrierten Schaltkreisen, die häufig auch als LSI-Chips (von englisch Large Scale Integration) bezeichnet werden.[25] Das zum Betrieb benötigte Taktsignal von 2,01 MHz wird extern zugeführt.[9] Die Stromaufnahme liegt etwa bei 30 mA, wodurch ein Batteriebetrieb entsprechender Spielkonsolen möglich ist.[8]

Im Gegensatz zu den damals wesentlich teureren Mikroprozessoren wie etwa dem Intel 8080 ist der AY-3-8500 nicht programmierbar und er hat auch keinen änderbaren Bildschirmspeicher. Der Spielablauf und sämtliche grafische Daten sind durch entsprechend verschaltete elektronische Bauelemente wie Zeitgeber, Vergleicher und Logikbausteine in seinem Inneren vorgegeben. Insbesondere sind diese nicht modifizierbar.[4] Zur besseren Verdeutlichung dieses Sachverhalts werden darauf basierende Videospielsysteme auch als fest verdrahtet (englisch hard-wired) oder spezialisiert (englisch dedicated) bezeichnet.[26][4]

Änderbare Spieleparameter wie bspw. die Schlägergröße und der Abprallwinkel des Balls aber auch zusätzliche Optionen wie der 4-Spieler-Modus werden ausschließlich durch äußere Beschaltungselemente wie Widerstände oder Schalter eingestellt. Auch die Auswahl eines Spiels erfolgt extern durch einen Schalter, mit dem die zum jeweiligen Spiel gehörenden Baugruppen innerhalb des Chips aktiviert und alle nicht benötigten deaktiviert werden. Verschiedene Fernsehnormen werden indes durch verschiedene Varianten des Schaltkreises realisiert: den AY-3-8500 für PAL-Fernseher und den AY-3-8500-1 für NTSC-Geräte.[4]

Mit dem AY-5-8500 erschien nur wenig später eine 24-polige Version und der US-amerikanische Halbleiterhersteller Texas Instruments brachte mit seinen beiden Schaltkreisen TMS 1955 und TMS 1965 direkte Nachbauten des AY-3-8500-1 beziehungsweise AY-3-8500 auf den Markt.[27] Das Nachfolgemodell AY-3-8550 hat erweiterte Funktionalitäten, beispielsweise die Möglichkeit, den Schläger auch horizontal bewegen zu können. Durch die erforderlichen zusätzlichen Baugruppen wuchs die Größe des Die um etwa ein Zehntel an.[24]

Spiele

Der AY-3-8500 enthält insgesamt sieben Spiele, wovon eines vom Hersteller undokumentiert ist.

Screenshot von Ataris Pong aus dem Jahr 1972.

Neben den beiden Spielen zum Gebrauch mit einem Lichtgewehr beinhaltet der Schaltkreis insgesamt fünf Varianten von Pong, einem Spiel, das erstmals 1972 von Atari in Form eines Arkadeautomaten veröffentlicht wurde. Analog zum namensgebenden Ping-Pong beziehungsweise Tischtennis gilt es dabei für zwei Spieler, abwechselnd einen Ball derart ins gegnerische Spielfeld zu schlagen, dass er nicht zurückgespielt werden kann. Das Regelwerk, die Spielmechanik und die audiovisuelle Präsentation sind wegen der damaligen leistungsschwachen Hardware stark vereinfacht.[28] So wird das Spielfeld im Draufblick und ohne jegliche Texturen oder andere grafische Details in Schwarz und Weiß gezeigt. Die Spielfiguren werden jeweils durch einen hochkant stehenden blockartigen Strich – den Schläger (englisch paddle) – angedeutet. Der Ball, dessen Bewegung im Sinne technisch einfacher Handhabbarkeit stets geradlinig verläuft, wird durch ein durch die damalige Hardware ebenfalls leicht zu erzeugenden quadratischen Punkt dargestellt. Um diesen Ball zurückspielen zu können, muss der Schläger mittels Konsolen-Handregler in eine solche vertikale Position gebracht werden, dass er die Bewegungsbahn des Balls kreuzt. Der auftreffende Ball prallt dann mit einem dem Einfallswinkel entgegengesetzten Ausfallwinkel ab und wird damit zur gegnerischen Seite zurückgespielt. Verpasst einer der Spieler den Ball und verlässt dieser daraufhin das Spielfeld, erhält der Gegenspieler einen Punkt. Die Partie endet, wenn einer der beiden Spieler 15 Punkte erreicht hat. Der Spielstand wird dabei durch grob aufgelöste, blockige Ziffern angezeigt. Pong zählt durch die starken Abstraktionen sowohl in der Präsention als auch in der Spielmechanik zu den einfachstmöglichen Videospielen überhaupt.[29] Es ist mit den später erschienenen und wesentlich komplexeren Sportspielen nicht vergleichbar.[30]

Tennis

Screenshot Tennis

Analog zum realen Tennisspiel stehen sich auch hier zwei Spieler gegenüber. Das als Linie in der Bildschirmmitte dargestellte Netz dient lediglich der optischen Trennung des Spielfelds und hat keinen Einfluss auf den Ball. Die ebenfalls gezeigte obere und untere Spielfeldbegrenzung ist – im Gegensatz zum realen Tennis – ins Spielgeschehen eingebunden, da der Ball bei Berührung ins Spielfeld zurückgelenkt wird und zwar mit einem dem Einfallswinkel entgegengesetzten Ausfallwinkel.[31][32]

Soccer (Fußball, Hockey)

Screenshot Soccer

Das Spielfeld unterscheidet sich vom Tennisplatz durch zwei zusätzliche reflektierende Linien am rechten und linken Spielfeldrand. Diese vertikalen Spielfeldbegrenzungen sind jedoch nicht durchgängig, sondern mittig durchbrochen. Passiert ein Ball diese Öffnung, das Tor, so enthält die gegnerische Mannschaft einen Punkt. Jede dieser Mannschaften besteht im Gegensatz zum realen Fußball- beziehungsweise Hockeyteam lediglich aus einem Stürmer und einem Torwart, jeweils in zwei verschiedenen Spielfeldhälften. Diese sind ebenfalls nur schematisch in Strichform dargestellt. Beide werden vom Spieler simultan in vertikaler Richtung bewegt, um den Ball zurückschlagen und ein Tor erzielen beziehungsweise verhindern zu können.[33][32]

Squash

Screenshot Squash

Gleich dem realen Squash wird von zwei Spielern wechselseitig solange ein Ball gegen eine feststehende vertikale und reflektierende Wand geschlagen, bis ihn eine der beiden Parteien nicht mehr zurückspielen kann.[32]

Practice (Übungsmodus)

Screenshot Practice

Der Übungsmodus entspricht dem Spiel Squash für einen einzelnen Spieler. Damit können in Abwesenheit eines zweiten Spielers feinmotorische Fähigkeiten und die Hand-Auge-Koordination trainiert werden.[32]

Rifle Shooting Game 1 und 2 (Schießspiele)

Konsole mit Lichtgewehr

Beiden Schießspielen liegt das Prinzip des Tontaubenschießens zugrunde. Die zu treffende Zielattrappe wird dabei auf dem Bildschirm stark vereinfacht als weißes Quadrat auf schwarzem Hintergrund dargestellt. Dieser Bildpunkt bewegt sich in einem bestimmten Winkel mit einer vorgegebenen Geschwindigkeit geradlinig über den Bildschirm. Der Spieler muss dieses Objekt mittels Lichtgewehr anvisieren und durch Drücken des Abzugs „abschießen“. Im Gegensatz zum realen Schießen wird dabei kein Projektil vom Gewehr ausgesendet. Vielmehr wird mithilfe einer lichtempfindlichen Fotozelle am hinteren Ende des Gewehrlaufs geprüft, ob der helle Bildpunkt und der Gewehrlauf zum Zeitpunkt des Abdrückens eine Gerade bilden. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, gelangt nicht genug Licht vom Bildpunkt zur Fotozelle. Infolgedessen stellt diese kein Auswertesignal für den AY-3-8500 bereit und nur der Zähler für die Anzahl der Schüsse wird erhöht. Liegt dagegen ein Treffer vor, wird auch der Zählstand für die Treffer erhöht. Nach 15 Schüssen wird die Anzahl der Treffer angezeigt.[33][32]

Die beiden Spielvarianten Straight Flight und Random Target[20] unterscheiden sich lediglich darin, dass die Bildschirmgrenzen das Zielobjekt reflektieren oder nicht. Beim ersten Schießspiel erscheint das Ziel am linken Bildschirmrand und bewegt sich solange nach rechts, bis es entweder getroffen wird oder den rechten Bildschirmrand erreicht. Danach erscheint es wieder an einer anderen Position am linken Bildschirmrand und bewegt sich – nun allerdings mit einem anderem Bahnwinkel – erneut nach rechts. Bei der zweiten Variante findet die Bewegung dagegen immer innerhalb aller vier, nun reflektierenden Bildschirmgrenzen statt. Hat man bei der zweiten Spielvariante einen Treffer erzielt, wird das sich weiterhin bewegende Ziel kurzzeitig ausgeblendet. Es erscheint danach an seiner neu erreichten Position wieder auf dem Bildschirm und der Spielablauf beginnt von vorn.[33][32]

Handicap (undokumentiert)

Das Spiel ist eine erweiterte Variante von Soccer. Auf der rechten Spielfeldseite befinden sich nun drei anstelle der zwei Schläger. Dieses Spiel wird ausgeführt, wenn keines der anderen sechs gewählt wurde.[34]

Einstellmöglichkeiten

Der Schwierigkeitsgrad der Spiele und damit der Unterhaltungswert kann durch unterschiedliche Einstellungsmöglichkeiten variiert werden. Beispielsweise lassen sich die Schlägergröße, die Abprallwinkel des Balles vom Schläger, die Art des Balleinwurfes und die Geschwindigkeit des Balles verändern.[33][32]

Weitere Betriebsarten sind von General Instrument vorgesehen, benötigen jedoch zusätzliche Beschaltungselektronik. Beispiele sind sich zufällig ändernde Ballgeschwindigkeiten und drei verschiedene Abprallwinkel, die das Spiel interessanter gestalten. Es ist zudem ein grau hinterlegtes Spielfeld mit weißem und schwarzem Schlägern für Squash möglich, um die Schläger insbesondere bei Überlappungen besser unterscheiden zu können. Für das Spiel Tennis kann ein Doppel-Modus realisiert werden, der den Anschluss von vier Handcontrollern und damit ein Spiel für vier Personen ermöglicht.[32] Bis einschließlich 1977 wurde diese Erweiterung jedoch von nur einem Hersteller implementiert.[35] Zur Ausgabe von farbigen Spielfeldern stellte General Instrument mit dem AY-3-8515 einen entsprechenden Konverterbaustein bereit.[36]

Rezeption

Zeitgenössisch

In einer zeitgenössischen Marktübersicht, die Ende 1976 in der US-amerikanischen Zeitschrift Popular Electronics erschien, wird dem AY-3-8500 eine Vorreiterrolle für die Verwendung hochintegrierter Schaltkreise (LSI) in der Videospielebranche zugebilligt. Er habe wie Magnavox und Atari erstmals handliche Videospiele zum Heimgebrauch ermöglicht, allerdings in wesentlich größerem Maßstab. Zudem sei er einfach anschließbar und flexibler als seine Konkurrenzprodukte einsetzbar, wodurch einem Konsolenhersteller mehr Konfigurations- und damit auch Preisgestaltungsmöglichkeiten offenstünden.[37] Dieser leichte Zuschnitt von Konsolen auf unterschiedliche Bedürfnisse und Zielgruppen komme insbesondere Unternehmen kleiner und mittlerer Größe zugute, urteilte der bei General Instrument angestellte Les Penner 1977 auf der Gametronic-Konferenz, einem der großen jährlichen Treffen der Videospielbranche. Les Penner führt weiter aus, dass der Schaltkreis deshalb „fast im Alleingang“ für die 1976 millionenfach verkauften Spielkonsolen gesorgt habe.[7]

Retrospektiv

Verschiedene Pong-Konsolen mit dem AY-3-8500 in The Pixel Museum in Schiltigheim

Bereits in den 1980er Jahren urteilte die Presse einheitlich, dass der Schaltkreis die Videospieleindustrie nachhaltig geändert und laut InfoWorld sogar revolutioniert[38] habe.[39][40] Mit dem Erscheinen des AY-3-8500 habe sich „alles für immer geändert“, so der Erfinder der ersten Videospielkonsole Ralph Baer im Jahr 2005 – jeder hätte nun ein qualitativ hochwertiges Pong-Spiel für den Heimgebrauch herstellen können.[41] Durch die einfache Verwendbarkeit habe der Chip vielen Unternehmen, die wie Coleco bereits einen Einstieg in die Branche der „TV-Spiele“ erwogen, die Entscheidung leicht gemacht und hohe Verkaufszahlen ermöglicht.[42] Andererseits seien aber auch Unternehmen wie First Dimension, die schon vor Erscheinen in der Branche tätig waren und beträchtliche Summen in die Produktion teurer Vorgängerkonsolen mit TTL-Technologie investiert hätten,[43] laut dem Autor Steve Bloom „auf der Strecke geblieben“.[44] Die vom AY-3-8500 verursachte Änderung der Konkurrenzsituation und das damit einhergehende Überangebot führte nach Meinung vieler Autoren 1977 zum ersten Zusammenbruch des weltweiten Videospielemarktes, dem Videogamescrash von 1977.[45][46] Selbst etablierte Hersteller wie Atari mussten laut InfoWorld von einem finanzstarken Investor wie Times Warner übernommen werden, um die Entwicklung und Herstellung einer zum Überleben benötigten neuen Konsolengeneration – des späteren Atari 2600 – zu gewährleisten.[47]

Spielkonsolen mit dem AY-3-8500 sind ständige Ausstellungsstücke in verschiedenen Computermuseen, darunter das Computerspielemuseum Berlin und das The Pixel Museum im elsässischen Schiltigheim.

Weblinks

Commons: AY-3-8500 chip and derived games – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Cole Johnson: The part about history. Cole’s Nerd-stuff Blog, 30. September 2018.
  2. G. Drummer: Electronic Inventions and Discoveries. 4. Auflage, 1997, ISBN 0-7503-0376-X, S. 222.
  3. Mark J. P. Wolf: The Video Game Industry Crash. In: The Video Game Explosion: A History from PONG to PlayStation and Beyond. Hrsg. von Mark J. P. Wolf. Greenwood Press, 2008, ISBN 978-0-313-33868-7, S. 104.
  4. a b c d e f Nate Lockhart: Interview with Gilbert Duncan Harrower, Inventor of the “Pong-on-a-chip”. Thegeekiverse.com, 25. Januar 2019.
  5. a b c Lester Penner: The GI Game Single Chip TV Game Circuit. In: Conference Proceedings IEEE 19.-21. April 1977, Electro77, 1977, S. 1.
  6. a b c Jerry und Eric Eimbinder: Electronic Games. Electronics Australia, April 1981, S. 20.
  7. a b c d e Les Penner: The Six-in-One TV Game Chip. In: Proceedings of the First Annual Gametronics Conference 18-20 Januar 1977, CMP Publications, 1977, S. 185.
  8. a b Les Penner: The Six-in-One TV Game Chip. In: Proceedings of the First Annual Gametronics Conference 18-20 Januar 1977, CMP Publications, 1977, S. 187.
  9. a b Lester Penner: The GI Game Single Chip TV Game Circuit. In: Conference Proceedings IEEE 19.-21. April 1977, Electro77, 1977, S. 2.
  10. Ralph H. Baer: Videogames in the Beginning. Rolenta Press, 1. Auflage, 2005, ISBN 0-96-43848-1-7, S. 180.
  11. Ralph H. Baer: Videogames in the Beginning. Rolenta Press, 1. Auflage, 2005, ISBN 0-96-43848-1-7, S. 139.
  12. Ralph H. Baer: Videogames in the Beginning. Rolenta Press, 1. Auflage, 2005, ISBN 0-96-43848-1-7, S. 180, 182.
  13. Ralph H. Baer: Videogames in the Beginning. Rolenta Press, 1. Auflage, 2005, ISBN 0-96-43848-1-7, S. 182.
  14. Ralph Baer: Television Games – Their Past, Present, and Future. IEEE Transactions on Consumer Electronics, Vol. CE-23, Nr. 4, November 1977, S. 499.
  15. Ralph Baer: Television Games – Their Past, Present, and Future. IEEE Transactions on Consumer Electronics, Vol. CE-23, Nr. 4, November 1977, S. 500.
  16. Mirko Ernkvist: Down Many Times, but Still Playing the Game Creative Destruction and Industry Crashes in the Early Video Game Industry 1971–1986. In: History of Insolvency and Bankruptcy, Januar 2008, S. 176.
  17. Video Game Shortage. Television Digest, 2. Oktober 1978, S. 12.
  18. Egon Strauss: El Mundo de los Video Games. Saber Electronica Nr. 62, August 1992, S. 22.
  19. Bartłomiej Kluska und Mariusz Rozwadowski: Telewizyjna wideogra z Polski [Bajty z brodą.] Gadzetomania.pl, abgerufen am 25. Januar 2020.
  20. a b Jerry Eimbinder: Games Developed by the TV Games Industry. In: Proceedings of the First Annual Gametronics Conference 18-20 Januar 1977, CMP Publications, 1977, S. 219.
  21. W. Spielberg Erweiterung zum Bildschirmspiel BSS 01. Funkamateur, Januar 1986, S. 38.
  22. David Winter: The low-cost Ball & Paddle genius. Pong-story.com, abgerufen am 10. Oktober 2019.
  23. Cole Johnson: A (slightly late) Christmas present. Cole’s Nerd-stuff Blog, 3. Januar, 2020.
  24. a b Lester Penner: The GI Game Single Chip TV Game Circuit. In: Conference Proceedings IEEE 19.-21. April 1977, Electro77, 1977, S. 3.
  25. Cole Johnson: MOSFET mechanics. Cole’s Nerd-stuff Blog, 26. August 2018.
  26. Tim Lapetino, Winnie Forster und Stephan Freundorfer: Atari: Kunst und Design der Videospiele. GamePlan, 2018, ISBN 978-3-00-058030-7, S. 50.
  27. Egon Strauss: El Mundo de los Video Games. Saber Electronica Nr. 62, August 1992, S. 20.
  28. Gonzalo Frasca: Videogames of the Oppressed: Videogames as a Means for Critical Thinking and Debate. Dissertation, Georgia Institute of Technology, April 2001, S. 30.
  29. Mark J. P. Wolf und Bernard Perron: Basic Elements of Video Game Theory. S. 14.
  30. Michael Z. Newman: Ball-and-Paddles Games. In: How to Play Video Games. Hrsg. Matthew Thomas Payne und Nina B. Huntemann, New York University Press, 2019, ISBN 9781479827985, S. 209.
  31. Steve Ciarcia: Hey, Look What My Daddy Built! 73 Magazine, Oktober 1976, S. 105 f.
  32. a b c d e f g h General Instrument Corporation: Microelectronics Data Catalog 1980. 1980, S. 8-8 bis 8-15.
  33. a b c d Steve Ciarcia: Hey, Look What My Daddy Built! 73 Magazine, Oktober 1976, S. 106.
  34. Cole Johnson: Games and Field Generation in the AY-3-8500. Cole’s Nerd-stuff Blog, 14. September, 2018.
  35. Les Penner: The Six-in-One TV Game Chip. In: Proceedings of the First Annual Gametronics Conference 18-20 Januar 1977, CMP Publications, 1977, S. 189.
  36. General Instrument Corporation: Microelectronics Data Catalog 1980. 1980, S. 8-2.
  37. Kris Carrole: Roundup of TV Electronic Games. Popular Electronics, Dezember 1976, S. 34
  38. Atari: From Starting Block to Auction Block. InfoWorld, 6. August 1984, S. 52.
  39. Jerry und Eric Eimbinder: Electronic Games. Electronics Australia, April 1981, S. 19 f.
  40. Arnie Katz und Joyce Worley: The history of video gaming. Analog Computing, Mai 1988, S. 84.
  41. Ralph H. Baer: Videogames in the Beginning. Rolenta Press, 1. Auflage, 2005, ISBN 0-96-43848-1-7, S. 92.
  42. Jerry und Eric Eimbinder: Electronic Games. Electronics Australia, April 1981, S. 19 f.
  43. The Six-In-One Chip. IC Update, Mai/Juni 1982, S. 13.
  44. Steve Bloom: Video Invaders. Arco Publishing Inc, New York, ISBN 0-668-055-200, 1982, S. 102.
  45. Ben Gill: Console based games. In: Encyclopedia of Video Games: Volume One. Hrsg. von Mark J. P. Wolf, Greenwood, 2012, ISBN 978-0-313-37936-9, S. 134.
  46. Mark J. P. Wolf: Crash of 1977. In: Encyclopedia of Video Games: Volume One. Hrsg. von Mark J. P. Wolf, Greenwood, 2012, ISBN 978-0-313-37936-9, S. 147.
  47. Atari: From Starting Block to Auction Block. InfoWorld, 6. August 1984, S. 52.