Benutzer:All'ermeneutica/Erbschaft (Novelle)

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Erbschaft ist eine Novelle von Arthur Schnitzler.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus Arthur Schnitzlers Tagebuch lässt sich rekonstruieren, dass die erste Skizze zu Erbschaft entstand am 19. Oktober 1887 entstand.[1] Schnitzler wurde an diesem Tag im Spital von dem völlig aufgelösten Herrn Richard Kuwazl besucht, dessen Verhältnis mit der verheirateten Frau Kn. eben durch deren Ehemann entdeckt worden war. Herr Kn. besuchte Kuwazl und erklärte, er habe die Liebesbriefe des Paares gelesen, verzichte aber auf ein Duell, „weil er sich seinen Kindern nicht rauben will“. Auch die Gattin will der Betrogene „wegen des Skandals“ nicht hinauswerfen, doch Kuwazl solle „ja keine Annäherung versuchen, falls er nicht todtgeschlagen werden möchte“.[1]

Auch wenn Schnitzler die Situation nicht direkt mit der Novellenskizze in Verbindung bringt, ist es auffällig, dass die Ausgangssituation in Erbschaft eine ähnliche ist, obwohl die Novelle ein anderes Ende nimmt.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Emil sitzt an einem Tisch im Schanigarten des Café Imperial in Wien, raucht eine Havanna-Zigarre und denkt sehnsüchtig an seine Geliebte Annette. Diese ist mit einem deutlich älteren Mann verheiratet, der sich oft tagelang nicht in der gemeinsamen Villa am Stadtrand zeigt und von dem Verhältnis seiner Ehefrau nichts ahnt. Gelegentlich besucht Emil das Ehepaar auch sonntags, wenn Annettes Mann zuhause ist und gibt sich im Garten den Küssen seiner Geliebten hin, während der Betrogene drinnen am Diwan seinen Mittagsschlaf hält. In solchen Situationen beschleicht Emil häufig ein „Gefühl von Hochachtung und Mitleid“[2] für den älteren Herrn, doch Annette nimmt keine Rücksicht auf ihren Gatten.

Während sich Emil an all das ins Gedächtnis ruft, wird ihm bewusst, dass er schon seit drei Tagen keinen Brief von Annette erhalten hat. Doch ihm bleibt kaum Zeit, über den Grund nachzudenken, da er „einen hochgewachsenen Mann in dunkler Kleidung“[2] auf sich zukommen sieht. Es ist Annettes Mann, der die Liebesbriefe Emils an seine Frau gelesen hat. Emil, den die wortkarge Art des älteren Herrn unruhig macht, versucht zuerst, die Situation zu überspielen und bringt letztlich nur noch ein gepresstes „Wieso...“ hervor. Mit ruhiger Stimme erklärt der Betrogene, dass Annette am Vortag bewusstlos zusammengesunken sei und man beim Öffnen ihres Mieders die Briefe von Emil gefunden habe. Als sich herausstellte, dass Annette tot sei, habe der Witwer seine „Erbschaft“ sofort angetreten und die Briefe gelesen, durch die er von der Affäre erfuhr.

Sowohl für Emil als auch für Annettes Witwer ist klar, dass sie sich duellieren müssen. Es geht nur um den Termin. Der Betrogene macht deutlich, dass er bei Annettes Begräbnis am Mittag des nächsten Tages seinen Nebenbuhler bereits tot wissen will. Als Emil auf den bei Duellen meist anwesenden Arzt zu sprechen kommt, meint der Witwer trocken: „Wir werden keinen nötig haben.“ und fordert Emil auf, seine Sekundanten noch am selben Abend in die Wohnung des Witwers zu schicken, wo dessen Sekundanten sie empfangen werden.

Emil ist von dem Ereignis benommen und wundert sich, dass sein Kaffee noch heiß, also nur wenig Zeit vergangen ist. Der Kaffeehausalltag erscheint ihm plötzlich banal. Beim Zahlen bittet er den Kellner, dem Leutnant Fechner von den „Achter-Husaren“ (K.u.k. Husarenregiment „von Tersztyánszky“ Nr. 8) und Doktor Willner auszurichten, sie mögen auf Emil warten. Auf der Straße erblickt Emil eine Schauspielerin, die in einem Fiaker vorbeifährt, und sieht ihr starr ins Gesicht. Erst jetzt denkt er an Annette.

Am Folgetag ist bei Annettes Begräbnis nur deren Witwer anwesend. Er hatte Emil mit dem ersten Schuss in die Brust getroffen, woraufhin dieser tot zu Boden sank. Am Abend berichtet Leutnant Fechner seinen Freunden im Kaffeehaus, dass er die Leiche in einem Fiaker mit herabgezogenen Rouleau habe transportieren müssen, da kein anderes Fahrzeug zur Verfügung stand.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Arthur Schnitzler: Mittwoch, 19. Oktober 1887. In: Tagebuch. Digitale Edition. (oeaw.ac.at).
  2. a b Arthur Schnitzler: Erbschaft. In: Gesammelte Werke. Band 4/1. Fischer, Frankfurt am Main 1961, S. 18 (zeno.org).