„Adiabatische Zustandsänderung“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|behandelt den thermodynamischen Begriff. Zur Verwendung in der Quantenmechanik siehe [[Adiabatisches Theorem der Quantenmechanik]].}}
{{Dieser Artikel|behandelt den thermodynamischen Begriff. Zur Verwendung in der Quantenmechanik siehe [[Adiabatisches Theorem der Quantenmechanik]].}}
Eine '''adiabatische''' oder '''adiabate<ref>Schreibweise wie in Abschnitt 4.4 von Bošnjaković/Knoche: ''Technische Thermodynamik'', Teil 1. 8. Auflage. Steinkopff-Verlag, Darmstadt 1998.</ref><ref>Schreibweise wie in Abschnitt 3.3.4, Cornel Stan: ''Thermodynamik des Kraftfahrzeugs''. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-27629-3.</ref> Zustandsänderung''' ({{elS|α|a|de=nicht}} und {{lang|el|διαβαίνειν}} ''diabaínein'' ‚hindurchgehen‘) ist ein [[Thermodynamik|thermodynamischer]] Vorgang, bei dem ein [[Thermodynamisches System|System]] von einem [[Zustand (Thermodynamik)|Zustand]] in einen anderen überführt wird, ohne [[Wärme]] mit seiner Umgebung auszutauschen. Adiabat wird synonym zu „wärmedicht“ verwendet.<ref>Siehe Abschnitt 2.1 „Wärmeübergang“ in Bošnjaković/Knoche: ''Technische Thermodynamik'', Teil 1. 8. Auflage. Steinkopff-Verlag, Darmstadt 1998.</ref>
Eine '''adiabatische''' oder '''adiabate<ref>Schreibweise wie in Abschnitt 4.4 von Bošnjaković/Knoche: ''Technische Thermodynamik'', Teil 1. 8. Auflage. Steinkopff-Verlag, Darmstadt 1998.</ref><ref>Schreibweise wie in Abschnitt 3.3.4, Cornel Stan: ''Thermodynamik des Kraftfahrzeugs''. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-27629-3.</ref> Zustandsänderung''' ({{elS|α|a|de=nicht}} und {{lang|el|διαβαίνειν}} ''diabaínein'' ‚hindurchgehen‘) ist ein [[Thermodynamik|thermodynamischer]] Vorgang, bei dem ein [[Thermodynamisches System|System]] von einem [[Zustand (Thermodynamik)|Zustand]] in einen anderen überführt wird, ohne [[Wärme]] mit seiner Umgebung auszutauschen. Adiabat wird synonym zu „wärmedicht“ verwendet.<ref>Siehe Abschnitt 2.1 „Wärmeübergang“ in Bošnjaković/Knoche: ''Technische Thermodynamik'', Teil 1. 8. Auflage. Steinkopff-Verlag, Darmstadt 1998.</ref>
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* Umgekehrt zur Kompression verursacht ein adiabatischer Druckabfall eine Abkühlung<ref>[http://www.plantfog.at/theor_D4.htm Adiabate Kühlung]</ref> der Luft. Dies geschieht zum Beispiel innerhalb eines aufsteigenden Luftstromes (bei thermischem Auftrieb oder beim Überströmen eines Gebirges) oder auch auf der Oberseite von Flugzeugtragflächen. Beim Abkühlen verringert sich die [[Luftfeuchtigkeit#Übersättigung|Sättigungskonzentration]] für Wasserdampf. Unterschreitet diese den tatsächlichen Wassergehalt, kondensiert der darüber liegende Wasseranteil zu kleinen Wassertröpfchen (Bildung von [[Wolke]]n oder [[Nebel]]).
* Umgekehrt zur Kompression verursacht ein adiabatischer Druckabfall eine Abkühlung<ref>[http://www.plantfog.at/theor_D4.htm Adiabate Kühlung]</ref> der Luft. Dies geschieht zum Beispiel innerhalb eines aufsteigenden Luftstromes (bei thermischem Auftrieb oder beim Überströmen eines Gebirges) oder auch auf der Oberseite von Flugzeugtragflächen. Beim Abkühlen verringert sich die [[Luftfeuchtigkeit#Übersättigung|Sättigungskonzentration]] für Wasserdampf. Unterschreitet diese den tatsächlichen Wassergehalt, kondensiert der darüber liegende Wasseranteil zu kleinen Wassertröpfchen (Bildung von [[Wolke]]n oder [[Nebel]]).


== Adiabaten ==
== Arbeit bei einer reversiblen adiabatischen Zustandsänderung eines idealen Gases ==
Eine adiabatischen Zustandsänderung wird '''[[Quasistatisch|quasistatisch]]''' genannt, wenn sich das System bei der Änderung zu jedem Zeitpunkt nahezu im thermodynamischen Gleichgewicht befindet. In diesem Fall beschreiben die bei der Änderung eingenommenen Gleichgewichtspunkte einen zusammenhängenden Weg im Zustandsraum <math>\Gamma</math>. Dieser Weg wird '''Adiabate''' genannt.<ref name="LudwigBd4Thermostatik"/>


Bei einfachen<ref name="Carathéodory"/><ref name="Lieb"/> thermodynamischen Systemen sind die quasistatischen adiabatischen Zustandsänderungen immer '''[[Reversibler Prozess|reversibel]]'''.<ref name="LudwigBd4Thermostatik"/> Damit sind die Adiabaten bei einfachen thermodynamischen Systemen auch zugleich Kurven konstanter '''[[Entropie]]''' im Zustandsraum <math>\Gamma</math>; bei diesen Systemen sind die Adiabaten identisch mit den '''[[Isentrope_Zustandsänderung|Isentropen]]'''. Wegen der großen praktischen Bedeutung dieser einfachen Systeme wird ''Adiabate'' und ''Isentrope'' in der Literatur oft synonym gebraucht. Dieses kann allerdings verwirren, da bei zusammengesetzten thermodynamischen Systemen auf Adiabaten die Entropie nicht konstant sein muss und isentrope Zustandsänderungen nicht adiabatisch sein müssen. Außerdem setzt die Einführung der Entropie in der Thermodynamik den Begriff der adiabatischen Zustandsänderung bereits voraus.<ref name="LudwigBd4Thermostatik"/>
Reversible adiabatische Prozesse sind ein Spezialfall von [[Isentrop|isentropen]] Prozessen. Im Falle eines [[Ideales Gas|idealen Gases]] gilt für die innere Energie:


=== Adiabaten des idealen Gases ===
: <math>
Die Gleichgewichtszustände des einfachen thermodynamischen System bestehend aus einer festen [[Stoffmenge]] <math>n</math> eines Gases in einem Behälter mit dem veränderbaren Volumen <math>V</math> bilden einen zweidimensionalen Zustandsraum <math>\Gamma</math>. Werden die Temperatur des Gases <math>T</math> und das Volumen <math>V</math> als Koordinaten für die Punkte in <math>\Gamma</math> gewählt, so ergibt sich für die durch eine Änderung des Volumens um <math>dV</math> an dem System geleistete Arbeit:
U = N {f \over 2} k_\text{B} T
:<math>dW = - p(T,V) dV = - \frac {n R T}{V} dV</math>
</math>
Die letzte Gleichheit gilt nur für ein [[Ideales_Gas|ideales Gas]], bei ihm ist der Druck <math>p(T,V)</math> durch die Zustandsfunktion des idealen Gases <math>p(T,V) = ( n R T )/ V</math> gegeben, mit <math>n</math> als Stoffmenge und <math>R</math> der [[Gaskonstante|Gaskonstanten]]. Weiter ist bei einem idealen Gas die Änderung der inneren Energie <math>U</math> unabhängig vom Volumen <math>V</math> und proportional der Temperaturänderung.
Wegen <math> f = {2 \over \kappa - 1} </math> folgt:
: <math>
:<math>dU = n c_v dT</math>
<math>c_v</math> ist die konstante [[Molare_Wärmekapazität|molare Wärmekapazität]] bei konstantem Volumen.
\ U = {N \over \kappa - 1} k_\text{B} T = {{N \over N_\text{A}} \over \kappa - 1} N_\text{A} k_\text{B} T = {n R \over \kappa - 1} T
Bei adiabatischen Prozessen gilt
</math>.
:<math>dU = dW \quad</math> und damit für das ideale Gas <math>\quad n c_v dT + \frac {n R T}{V} dV = 0 \quad</math>
Diese Gleichung ist genau dann erfüllt<ref name="LudwigBd4Thermostatik" /><ref name="FeynmanLectures"/><ref name="GWedlerPhysChemie"/>, wenn
:<math>T V ^{\frac{R}{c_v}} = konstant</math>
gilt; das bedeutet: ist das System am Anfang einer adiabatischen Zustandsänderung an dem Punkt <math>(T_1,V_1)</math> und am Ende sei das Volumen <math>V_2</math> dann errechnet sich die Endtemperatur <math>T_2</math> zu:
:<math> T_2 = T_1 \left ( \frac{V_1}{V_2} \right ) ^{\frac{R}{c_v}} = T_1 \left ( \frac{V_1}{V_2} \right ) ^{\gamma - 1}</math>


Hierbei bezeichnen
{| style="margin-left:2em"
| <math>N</math>
| die Anzahl der Gasteilchen,
|-
| <math>N_\mathrm A</math>
| die [[Avogadro-Konstante]],
|-
| <math>n</math>
| die [[Stoffmenge]] (in [[Mol]]),
|-
| <math>f</math>
| die Anzahl der [[Freiheitsgrad|nicht eingefrorenen Freiheitsgrade]],
|-
| <math>k_\text{B}</math>
| die [[Boltzmann-Konstante]],
|-
| <math>R</math>
| die [[allgemeine Gaskonstante]].
|-
| <math>T</math>
| die absolute [[Temperatur]] und
|-
| <math>\kappa</math>
| den [[Isentropenexponent]]en.
|}

Damit gilt wegen <math> W = \Delta U</math> für die bei einer reversiblen adiabatischen Zustandsänderung geleistete Arbeit ([[Volumenarbeit]]):

: <math>
W = {n R \over \kappa - 1} \Delta T = {- n R \over \kappa - 1} \left(T_1 - T_2\right)
= {- p_1 V_1 \over \kappa - 1} \left(1 - {T_2 \over T_1}\right)
</math>

:: <math>
= {- p_1 V_1 \over \kappa - 1} \left[ 1 - \left({V_1 \over V_2}\right)^{\kappa - 1} \right]
= - n C_{\mathrm{m},V} \left(T_1 - T_2\right)
</math>.
Hierbei bezeichnen <math>T_1, V_1, p_1</math> die Anfangstemperaturen bzw. -volumina und -drücke und <math>T_2, V_2, p_2</math> die Endtemperaturen bzw. -volumina und -drücke und <math>C_{\mathrm{m},V}</math> die [[molare Wärmekapazität]] bei konstantem Volumen.

Daraus ergibt sich auch, dass die Arbeit des Prozesses mit höherer Temperaturdifferenz <math>T_1 - T_2</math> größer wird. Dies hat unter anderem den [[Atmosphärischer Temperaturgradient|Temperaturgradienten der unteren Erdatmosphäre]] zur Folge.

Aus der [[Zustandsgleichung]] eines idealen Gases folgen diese Zusammenhänge:

: <math>
p_1 V_1^{\kappa} = p_2 V_2^{\kappa}
</math>
<math>
V_1T_1^\frac{C_v}{R}=V_2T_2^\frac{C_v}{R}
</math><ref>{{Literatur| Autor=Peter W. Atkins| Titel=Physikalische Chemie| ISBN=3527332472 | Auflage=5 | Jahr=2013| Ort=Weinheim| Verlag=Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA }}</ref>
: <math>
{T_1 \over T_2} = \left({V_2 \over V_1} \right)^{\kappa - 1}
</math>

: <math>
{T_1 \over T_2} = \left({p_1 \over p_2} \right)^{ \kappa -1 \over \kappa}
</math>

Diese Gleichungen lassen sich so umformen, dass gilt:

: <math>
p V^{\kappa} = \mathrm{const}_1\,
</math>
:<math>
T V^{\kappa - 1} = \mathrm{const}_2\,
</math>
: <math>
T^{\kappa} p^{1 - \kappa} = \mathrm{const}_3\,
</math>

{{Anker|Poissonsche Gleichungen}} Sie werden auch [[Siméon Denis Poisson|Poissonsche]] Gleichungen genannt. Die Gleichungen können in dieser Form allerdings nur für dimensionslose Größen verwendet werden, z.&nbsp;B., wenn sie auf die Größen im [[Normzustand]] bezogen sind.

Da auch die Masse des Gasvolumens konstant bleibt, ist auch die Umformung auf die Änderung der [[Dichte]] <math>\textstyle \rho</math> einfach berechenbar:

: <math>
{\rho}_1 = {\rho}_2 \left( \frac{p_1}{p_2}\right)^{\frac{1}{\kappa}}
</math>

== Isentropengleichung ==
[[Datei:Adiabate-Isotherme.png|mini|Adiabate und Isotherme für ein ideales einatomiges Gas]]
[[Datei:Adiabate-Isotherme.png|mini|Adiabate und Isotherme für ein ideales einatomiges Gas]]
Die allgemeine Isentropengleichung für dimensionslose Größen (s.&nbsp;o.) lautet:
: <math>p\cdot V^\kappa = \text{const}.\,,</math>
wobei <math>\kappa = \tfrac{C_p}{C_V} = \tfrac{f+2}{f}</math> gilt. Dabei ist <math>\tfrac{C_p}{C_V}</math> das Verhältnis der isobaren und der isochoren [[Wärmekapazität]] und ''f'' bezeichnet die Zahl der Freiheitsgrade des Gases. Für ein ideales einatomiges Gas ergibt sich mit <math>f = 3</math> und aus <math>C_p = \tfrac{5}{2} Nk</math> und <math>C_V = \tfrac{3}{2} Nk</math> für den Isentropenindex <math>\kappa = \tfrac{5}{3}</math>.


In der letzten Gleichung wurde der Exponent <math>R/c_v</math> durch den hier häufig gebrauchten [[Adiabatenexponent|Adiabatenexponenten]] <math>\gamma = c_p/c_v</math> mit <math>c_p = c_v + R</math> ausgedrückt, für Luft ist <math>\gamma =1,4</math>. Werden die Punkte in <math>\Gamma</math> durch die Koordinaten <math>(p,V)</math> oder <math>(T,p)</math> beschrieben, so lautet die Gleichung
Im [[p-v-Diagramm]] (Beachte: [[spezifisches Volumen]]&nbsp;''v'', nicht [[Volumen]]&nbsp;''V'') wird eine Kurve, die die Bedingung <math> p\,V^\kappa=\mathrm{const.}</math> erfüllt, '''Adiabate''' genannt.
:<math>\quad p_2 = p_1 \left (\frac{V_1}{V_2} \right )^{\gamma}</math> bzw. <math>\quad T_2 = T_1 \left (\frac{p_1}{p_2} \right ) ^{\frac{1-\gamma}{\gamma}}</math>
Sie folgen aus der ersten Beziehung unter Ausnutzung der Zustandsgleichung für ideale Gase.
Dieses Gleichungen werden '''Adiabatengleichungen''' oder '''Poissongleichungen''' genannt.<ref name="GerthsenPhysik"/> Jede ist jeweils eine Bedingungsgleichung für die '''Adiabate eines idealen Gases''' in dem <math>(T,V)</math>-, <math>(p,V)</math>- bzw. <math>(T,p)</math>-Diagramm.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references>
<ref name="FeynmanLectures">

[[Feynman-Vorlesungen_über_Physik]] dort Bd. 1 S 39-5
In Englisch online verfügbar unter "http://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_39.html" Abschnitt 39.2 Formel 39.14
</ref><ref name="GerthsenPhysik">
{{Literatur
|Hrsg=Dieter Meschede
|Titel=Gerthsen Physik
|Auflage=23
|Kapitel=5.2 Kinetische Gastheorie
|Verlag=Springer
|Ort=Berlin
|Datum=2006
|ISBN=978-3-540-25421-8
|Seiten=219}}
</ref><ref name="GWedlerPhysChemie">
{{Literatur
|Autor=Gerd Wedler, Hans-Joachim Freund
|Titel=Lehrbuch der Physikalischen Chemie
|Auflage=6
|Kapitel=1.1.17 Die Umsetzung von Wärme in Arbeit bei Volumenänderungen
|Verlag= Wiley-VCH
|Ort=Weinheim
|Datum=2012
|ISBN=978-3-527-32909-0
|Seiten=53-54}}
</ref><ref name="LudwigBd4Thermostatik">
{{Literatur
|Autor=Günther Ludwig
|Titel=Einführung in die Grundlagen der theoretischen Physik
|Band=4
|Kapitel=XIV Thermodynamik §1.1 bis §1.4
|Verlag= Vieweg & Sohn
|Ort=Braunschweig
|Datum=1979
|ISBN=3-528-09184-3
|Seiten=8-42}}</ref><ref name="Carathéodory">
{{Literatur
|Autor=Constantin Carathéodory
|Titel=Untersuchungen über die Grundlagen der Thermodynamik
|Sammelwerk=Mathematische Annalen
|Band=67
|Nummer=3
|Datum=1909
|Seiten=355-386
|Online=http://www.digizeitschriften.de/dms/img/?PID=GDZPPN002262789 digizeitschriften.de
|Abruf=2017-04-27}}
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|Autor=Elliott H. Lieb, Jakob Yngvason
|Titel= The Physics and Mathematics of the Second Law of Thermodynamics
|Sammelwerk=...
|DOI=10.1016/S0370-1573(98)00082-9
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|Abruf=2017-04-28}}
</ref>
</references>
{{Navigationsleiste Thermodynamische Zustandsänderungen}}
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Version vom 7. Mai 2017, 08:24 Uhr

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Eine adiabatische oder adiabate[1][2] Zustandsänderung (griechisch α a, deutsch ‚nicht‘ und διαβαίνειν diabaínein ‚hindurchgehen‘) ist ein thermodynamischer Vorgang, bei dem ein System von einem Zustand in einen anderen überführt wird, ohne Wärme mit seiner Umgebung auszutauschen. Adiabat wird synonym zu „wärmedicht“ verwendet.[3]

Bedeutung

Bei einer adiabatischen Zustandsänderung eines thermodynamischen Systems findet kein Wärmeaustausch mit der Umgebung statt (). Da sich Wärmeübergang praktisch nie vollständig verhindern lässt, ist der adiabatische Prozess eine mehr oder weniger gut realisierbare Idealisierung. Er macht aber viele Berechnungen und theoretische Überlegungen einfacher oder ermöglicht sie überhaupt erst.

Arbeit am System

Eine Arbeit , die am System verrichtet wird, ohne seine äußeren Parameter wie potentielle oder kinetische Energie zu verändern, bewirkt nach dem Ersten Hauptsatz ausschließlich eine Änderung der inneren Energie :

Arbeit vom System

Wird hingegen Arbeit vom System verrichtet, dann wird diese Energiemenge der inneren Energie des Systems entzogen und ist daher negativ zu werten.

Umkehrbarkeit

Ob eine adiabatische Zustandsänderung irreversibel oder reversibel ist, hängt davon ab, ob im System während des Vorgangs Entropie erzeugt wird oder nicht. Da keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht wird, kann dem System von außen keine Entropie zugeführt oder entnommen werden. Bei der reversiblen adiabatischen Zustandsänderung bleibt die Entropie des Systems daher konstant, es handelt sich damit auch um eine isentrope Zustandsänderung (Beispiele s. u.). Bei einer irreversiblen adiabatischen Zustandsänderung steigt die Entropie des Systems an, dieser Prozess läuft spontan ab. Beispiele sind der Ausgleich von unterschiedlichen Temperaturen, Drücken oder Konzentrationen in verschiedenen Teilen eines zusammengesetzten Systems, chemische Reaktionen bis zum Erreichen des Gleichgewichts, Abbremsung einer Bewegung durch Reibung. Allgemein ausgedrückt, handelt es sich um den Abbau von Ungleichgewichten (Relaxation) unter der Bedingung, dass kein Wärmeaustausch mit der Umgebung stattfindet. Eine solche irreversible Zustandsänderung kann zwar isentrop gemacht werden, indem gerade so viel Wärme nach außen abgeführt wird, dass die Entropie des Systems konstant bleibt. Dann handelt es sich aber um eine nicht-adiabatische Zustandsänderung.

Reversible adiabatische Zustandsänderungen spielen eine wichtige Rolle bei der axiomatischen Begründung der Thermodynamik nach Carathéodory. Grundlage ist das Axiom „Es gibt in der Nähe jedes reversibel erreichbaren Zustandes Zustände, welche nicht adiabatisch-reversibel, also nur irreversibel oder überhaupt nicht erreichbar sind.“[4] Daraus kann die Existenz einer neuen Zustandsgröße bewiesen werden, die die Entropie ist. Zustände, zwischen denen nur irreversible Übergänge möglich sind, unterscheiden sich nämlich in ihrer Entropie, so dass kein adiabatisch-reversibler (also isentroper) Übergang zwischen ihnen existieren kann.

Näherungsweise Realisierung

Vorgänge in einer Thermoskanne laufen näherungsweise adiabatisch ab.

Eine ideale adiabatische Zustandsänderung setzt voraus, dass das System, in dem die Zustandsänderung stattfindet, perfekt gegen Wärmeströme jeglicher Form isoliert ist. Es wären also Wärmeleitung, konvektive Wärmeübertragung und Strahlungsaustausch vollständig zu unterbinden. Das System darf von einem Wärmestrom durchflossen werden, sofern keine Wärme daraus im System verbleibt; der Wärmestrom kann dann als nicht zum System gehörig betrachtet werden (Beispiele: ein völlig transparentes von der Sonne beschienenes System).

In der Realität ist eine vollständige Wärmeisolation nicht erreichbar, aber reale Vorgänge können in guter Näherung adiabatisch ablaufen, wenn

  • sie in einem gut isolierten Behälter stattfinden (z. B. chemische Reaktionen in einem adiabatischen Kalorimeter),
  • die Zustandsänderung so schnell verläuft, dass in der kurzen Zeit wenig Wärme zu- oder abfließen kann (z. B. in einem Verbrennungsmotor, bei einer Luftpumpe oder bei der Schallausbreitung) oder
  • das Volumen des Systems sehr groß ist, so dass Wärmeströme an seinem Rand praktisch keine Rolle spielen (z. B. bei thermisch aufsteigenden Luftpaketen).

In der Realität handelt es sich praktisch immer um zumindest partiell diabatische Prozesse, so dass man nur noch näherungsweise von einer adiabatischen Zustandsänderung ausgehen kann.

Beispiele

Nebelbildung im Unterdruckbereich der Tragflächen eines Flugzeuges
  • Die Kompression der Luft in einer Luftpumpe ist näherungsweise eine adiabate Zustandsänderung. Wenn aber der Pumpvorgang (Kompression) häufig genug durchgeführt wird, ist eine deutliche Temperaturerhöhung an der Pumpe fühlbar, was zeigt, dass dieser Vorgang nur näherungsweise adiabat ist. Die Arbeit, die an der Pumpe verrichtet wird, erhöht direkt die innere Energie und damit die Temperatur des Luftgemisches (umgangssprachlich abweichend vom thermodynamischen Begriff der Wärme: Kompressionswärme oder Verdichtungswärme genannt). Bei längerem Abwarten wird spürbar, dass Wärmeenergie an die Pumpe abgegeben bzw. von ihr aufgenommen wird. Erst nach Vollendung des Prozesses merkt man eine Erwärmung der Fahrradpumpe und damit einen Fluss der Wärmeenergie. Ein pneumatisches Feuerzeug nutzt dieses Verfahren. Auch die extrem schnelle primäre Erhitzung der Luft beim Wiedereintritt von Raumflugkörpern ist auf Grund der extrem hohen Verdichtungsgeschwindigkeiten ein näherungsweise adiabatischer Prozess. Allerdings verteilt sich die Wärme im Anschluss danach sehr schnell durch Leitungs-, Strömungs- und Strahlungsprozesse.
  • Umgekehrt zur Kompression verursacht ein adiabatischer Druckabfall eine Abkühlung[5] der Luft. Dies geschieht zum Beispiel innerhalb eines aufsteigenden Luftstromes (bei thermischem Auftrieb oder beim Überströmen eines Gebirges) oder auch auf der Oberseite von Flugzeugtragflächen. Beim Abkühlen verringert sich die Sättigungskonzentration für Wasserdampf. Unterschreitet diese den tatsächlichen Wassergehalt, kondensiert der darüber liegende Wasseranteil zu kleinen Wassertröpfchen (Bildung von Wolken oder Nebel).

Adiabaten

Eine adiabatischen Zustandsänderung wird quasistatisch genannt, wenn sich das System bei der Änderung zu jedem Zeitpunkt nahezu im thermodynamischen Gleichgewicht befindet. In diesem Fall beschreiben die bei der Änderung eingenommenen Gleichgewichtspunkte einen zusammenhängenden Weg im Zustandsraum . Dieser Weg wird Adiabate genannt.[6]

Bei einfachen[7][8] thermodynamischen Systemen sind die quasistatischen adiabatischen Zustandsänderungen immer reversibel.[6] Damit sind die Adiabaten bei einfachen thermodynamischen Systemen auch zugleich Kurven konstanter Entropie im Zustandsraum ; bei diesen Systemen sind die Adiabaten identisch mit den Isentropen. Wegen der großen praktischen Bedeutung dieser einfachen Systeme wird Adiabate und Isentrope in der Literatur oft synonym gebraucht. Dieses kann allerdings verwirren, da bei zusammengesetzten thermodynamischen Systemen auf Adiabaten die Entropie nicht konstant sein muss und isentrope Zustandsänderungen nicht adiabatisch sein müssen. Außerdem setzt die Einführung der Entropie in der Thermodynamik den Begriff der adiabatischen Zustandsänderung bereits voraus.[6]

Adiabaten des idealen Gases

Die Gleichgewichtszustände des einfachen thermodynamischen System bestehend aus einer festen Stoffmenge eines Gases in einem Behälter mit dem veränderbaren Volumen bilden einen zweidimensionalen Zustandsraum . Werden die Temperatur des Gases und das Volumen als Koordinaten für die Punkte in gewählt, so ergibt sich für die durch eine Änderung des Volumens um an dem System geleistete Arbeit:

Die letzte Gleichheit gilt nur für ein ideales Gas, bei ihm ist der Druck durch die Zustandsfunktion des idealen Gases gegeben, mit als Stoffmenge und der Gaskonstanten. Weiter ist bei einem idealen Gas die Änderung der inneren Energie unabhängig vom Volumen und proportional der Temperaturänderung.

ist die konstante molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen. Bei adiabatischen Prozessen gilt

und damit für das ideale Gas

Diese Gleichung ist genau dann erfüllt[6][9][10], wenn

gilt; das bedeutet: ist das System am Anfang einer adiabatischen Zustandsänderung an dem Punkt und am Ende sei das Volumen dann errechnet sich die Endtemperatur zu:

Adiabate und Isotherme für ein ideales einatomiges Gas

In der letzten Gleichung wurde der Exponent durch den hier häufig gebrauchten Adiabatenexponenten mit ausgedrückt, für Luft ist . Werden die Punkte in durch die Koordinaten oder beschrieben, so lautet die Gleichung

bzw.

Sie folgen aus der ersten Beziehung unter Ausnutzung der Zustandsgleichung für ideale Gase. Dieses Gleichungen werden Adiabatengleichungen oder Poissongleichungen genannt.[11] Jede ist jeweils eine Bedingungsgleichung für die Adiabate eines idealen Gases in dem -, - bzw. -Diagramm.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schreibweise wie in Abschnitt 4.4 von Bošnjaković/Knoche: Technische Thermodynamik, Teil 1. 8. Auflage. Steinkopff-Verlag, Darmstadt 1998.
  2. Schreibweise wie in Abschnitt 3.3.4, Cornel Stan: Thermodynamik des Kraftfahrzeugs. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-27629-3.
  3. Siehe Abschnitt 2.1 „Wärmeübergang“ in Bošnjaković/Knoche: Technische Thermodynamik, Teil 1. 8. Auflage. Steinkopff-Verlag, Darmstadt 1998.
  4. A. Sommerfeld: Vorlesungen über Theoretische Physik, Bd. V: Thermodynamik und Statistik. Nachdruck Harri Deutsch, Thun 1988, S. 31.
  5. Adiabate Kühlung
  6. a b c d Günther Ludwig: Einführung in die Grundlagen der theoretischen Physik. Band 4. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1979, ISBN 3-528-09184-3, XIV Thermodynamik §1.1 bis §1.4, S. 8–42.
  7. Constantin Carathéodory: Untersuchungen über die Grundlagen der Thermodynamik. In: Mathematische Annalen. Band 67, Nr. 3, 1909, S. 355–386 (http://www.digizeitschriften.de/dms/img/?PID=GDZPPN002262789 digizeitschriften.de [abgerufen am 27. April 2017]).
  8. Elliott H. Lieb, Jakob Yngvason: The Physics and Mathematics of the Second Law of Thermodynamics. In: ... 1999, doi:10.1016/S0370-1573(98)00082-9 (arxiv.org [abgerufen am 28. April 2017]).
  9. Feynman-Vorlesungen_über_Physik dort Bd. 1 S 39-5 In Englisch online verfügbar unter "http://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_39.html" Abschnitt 39.2 Formel 39.14
  10. Gerd Wedler, Hans-Joachim Freund: Lehrbuch der Physikalischen Chemie. 6. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2012, ISBN 978-3-527-32909-0, 1.1.17 Die Umsetzung von Wärme in Arbeit bei Volumenänderungen, S. 53–54.
  11. Dieter Meschede (Hrsg.): Gerthsen Physik. 23. Auflage. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-25421-8, 5.2 Kinetische Gastheorie, S. 219.