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Regenbogenpflanzen

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Regenbogenpflanzen
Byblis liniflora
Byblis liniflora
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Divisio: Blütenpflanzen (Magnoliophyta)
Vorlage:Classis: Dreifurchenpollen-Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Vorlage:Subclassis: Asternähnliche (Asteridae)
Vorlage:Ordo: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Vorlage:Familia: Regenbogenpflanzengewächse
(Byblidaceae)
Vorlage:Genus: Regenbogenpflanzen (Byblis)
Wissenschaftlicher Name Familie
Byblidaceae
(Engler & Gilg) Domin
Wissenschaftlicher Name Gattung
Byblis
Salisb.

Die Regenbogenpflanzen (Byblis) sind die einzige Gattung in der Familie der Regenbogenpflanzengewächse (Byblidaceae) und werden zu den Lippenblütlerartigen (Lamiales) gezählt. Alle Arten der Gattung werden meist als karnivor bezeichnet, dieser Status ist jedoch in den letzten Jahren mehrfach angezweifelt worden. Die erste Art der Gattung wurde im Jahre 1808 durch den englischen Botaniker Richard Anthony Salisbury beschrieben.

Etymologie

Der wissenschaftliche Name bezieht sich auf eine Gestalt der griechischen Mythologie, von der Ovid in seinen Metamorphosen berichtet (IX, v. 454-664). Byblis, Enkelin des Apollon, unglücklich in ihren Zwillingsbruder Caunus verliebt, löste sich, von ihm zurückgewiesen, in unendlich viele, im Sonnenschein schimmernde Tränen auf und verwandelte sich schließlich in eine Quelle. Die feinen, von den Blättern der Pflanzen sekretierten Tröpfchen erinnern der Legende nach noch heute an diese Tränen.

Auch die deutsche Bezeichnung geht auf die glänzenden Sekrete zurück, in denen das Licht je nach Farbe unterschiedlich stark gebrochen wird und so den namensgebenden Regenbogen-Effekt hervorruft.

Merkmale

Alle Arten sind aufrecht, schwach verholzend und nicht oder nur schwach verzweigt. Die Regenbogenpflanzen lassen sich in zwei Komplexe teilen, den Byblis liniflora-Komplex und den Byblis gigantea-Komplex.

Byblis filifolia Blüte

Blätter

Die Blätter aller Arten sind linear. Ein ungewöhnliches Merkmal der Gattung ist dabei, das die jungen Blätter mit den endständigen Blütenknospen nach außen aufgerollt sind. Sie sind rundum mit feinen Drüsenhaaren besetzt, die ein klebriges Sekret absondern. Kleine Insekten werden davon angelockt; wenn sie diesen jedoch berühren, verenden sie darin, da sie durch den klebrigen Schleim am Fortkommen gehindert werden. Sie finden entweder durch Erschöpfung den Tod oder ersticken am zähen Sekret, das in ihre Tracheen einsickert und diese verstopft. Anders als bei den Sonnentauen können die Regenbogenpflanzen aber weder ihre Blätter noch ihre Tentakeln bewegen, man spricht daher bei ihnen von „passiven Klebefallen“.

Neben den Drüsenhaaren existiert noch ein zweiter, in die Blattfläche eingebetter Drüsentyp, von dem man lange Zeit annahm, er sondere Verdauungsenzyme ab. Diese Ansicht gilt heute als widerlegt; die genaue Rolle der Sekrete dieser zweiten Drüsengruppe ist aber noch ungeklärt.

Blüten

Die Blüten der Pflanzen stehen einzeln am Ende der Blätter. Sie sind fünfzählig, purpurn bis blass-violett, bei B. gigantea und B. filifolia selten auch weiß. B. gigantea und B. lamellata geben ihre Pollen erst durch die Schallfrequenz eines anfliegenden Bestäubers frei.

Byblis liniflora, offene Samenkapsel

Frucht und Samen

Die Samenkapsel ist eiförmig und zweifächrig, durch Austrocknung der Samenkapseln reißen sie allmählich auf, so dass die enthaltenen Samen zu Boden fallen (Barochorie). Die Samen sind von rundlicher Form und meist mit einem honigwabenartigen Relief, bei B. lamellata dagegen mit Lamellen versehen. Die Keimung vieler Arten wird durch Buschbrände nach der Trockenzeit in Gang gesetzt, dabei spielen Bestandteile im Rauch die auslösende Rolle (Pyrophilie).

Byblis liniflora-Komplex

Die vier Arten dieses Komplexes, B. liniflora, B. rorida, B. filifolia und B. aquatica sind einjährige Kräuter mit einer Höchstgröße von 15 bis 60 Zentimetenr und einer maximalen Blattlänge zwischen 4 und 15 Zentimetern. Die Arten gelangen innerhalb nur weniger Monate vom Sämling zur Blüte und überdauern die Trockenzeit als Samen. Die ursprüngliche haploide Chromosomenzahl des B. liniflora-Komplexes ist x=8. Entsprechend liegt die diploide Zahl bei 2n=16; für die tetraploide Art B. liniflora ist entsprechend 2n=32.

Byblis gigantea-Komplex

Byblis gigantea

Der Byblis gigantea-Komplex enthält zwei, bis zu 45 bzw. 70 Zentimeter große mehrjährige Halbsträucher, nämlich B. lamellata und B. gigantea. Diese Pflanzen überdauern Trockenzeiten durch ein unterirdisches Rhizom, aus dem sie anschließend wieder austreiben, ihre Blätter werden bis zu 20 Zentimeter lang. Grundzahl des B. gigantea-Komplexes ist x=9, die diploide Chromosomenanzahl beider Arten liegt entsprechend bei 2n=18.

Karnivor oder präkarnivor

Der bisherige Status der Gattung als karnivor ist wiederholt in Frage gestellt worden, da zumindest Tests an Byblis liniflora keine Enzyme zur „Verdauung“ der Beute nachweisen konnten. An den Naturstandorten wurden auf allen Arten auch lebende Wanzen der Gattung Setocoris beobachtet, die sich von den Fängen der Pflanze ernährten (Holger Hennern, BG Essen, pers. comm. --> Denis Barthel). Es wird vermutet, dass ähnlich wie bei den Wanzenpflanzen die Nährstoffe ihrer Exkremente von den Pflanzen entweder über das Blattwerk oder den Boden aufgenommen werden. Möglicherweise sind in die Verdauung auch chinaseproduzierende Pilze involviert. Ob und auf welche Weise genau die Arten der Gattung von ihrer Beute profitieren, bedarf noch systematischer Forschung.

Verbreitung / Habitate

Verbreitung der Gattung in Australien
Verbreitung der Gattung in Australien

Alle Regenbogenpflanzen sind in Australien beheimatet. B. gigantea und B. lamellata kommen nur in Südwestaustralien im Großraum Perth vor, die Arten des Byblis liniflora-Komplexes nur in Nordaustralien, wobei B. liniflora bis in den Südosten Indonesiens und den Süden Papua-Neuguineas ausstrahlt. Sie wachsen in Torfmooren und Marschen und bevorzugen sandige Böden auf stark besonnten oder leicht beschatteten, saisonal nassen Standorten mit Temperaturen zwischen etwa 5 und 40 °C.

Status / Gefährdung

Alle Arten stehen als einheimische Pflanzen in Australien unter allgemeinem Schutz. Sie standen bis 2000 im Anhang II des Washingtoner Artenschutzabkommens, auf Antrag Australiens wurde der Schutz aufgehoben. Derzeit ist der Handel zwar nicht reglementiert, aber wegen der Empfindlichkeit der Pflanzen nur auf Liebhaber beschränkt. Der größte Teil der heute gehandelten Pflanzen stammt aus Nachzuchten, allerdings werden nur die einjährigen B. filifolia und B. liniflora angeboten, andere Arten müssen aus importierten Samen, die oft der Natur entnommen werden, gezogen werden.

Die westaustralischen Arten B. gigantea und B. lamellata sind durch den Siedlungsdruck des Großraums Perth, insbesondere die Trockenlegung von Feuchtgebieten zur Gewinnung landwirtschaftlichen Nutzlands gefährdet. Byblis gigantea steht auf der Roten Liste der Internation Union for Conservation of Nature und gilt als kritisch bedroht.

Junge Byblis lamellata

Stammesgeschichte

Im Jahre 2004 wurde in Südaustralien ein einzelner fossiler Same aus dem mittleren Eozän gefunden, ein Abgleich mit heutigen Byblisarten belegte die enge Verwandschaft der Pflanze mit dem Byblis liniflora-Komplex. Die „Pflanze“ wurde, da nur als Same bekannt, als Parataxon, also als provisorische Art, in die Regenbogenpflanzengewächse eingeordnet.

Systematik

Die genaue Schwestergruppe der Regenbogenpflanzen innerhalb der Lippenblütlerartigen (Lamiales) ist unbekannt. Eine Position sieht Hinweise dafür, dass die Wasserschlauchgewächse (Lentibulariaceae) die nächsten Verwandten der Gattung darstellen, diese Hypothese wird jedoch von anderen abgelehnt.

Traditionell wurde die Gattung in nur zwei Arten unterteilt, nämlich Byblis gigantea und Byblis liniflora. Vor allem durch die Arbeit des australischen Botanikers Allen Lowrie wurden seit den 80er Jahren weitere Arten beschrieben. Derzeit sind sechs Arten bekannt, Neubeschreibungen der Gattung stehen allerdings bevor.

Literatur

  • Barthlott, Wilhelm; Porembski, Stefan; Seine, Rüdiger; Theisen, Inge: "Karnivoren", Stuttgart, 2004, ISBN 3-8001-4144-2
  • Carow, Thomas: "Fleischfressende Pflanzen", Stuttgart, 2005, ISBN 3-440-10176-2
  • Lowrie, Allen: Carnivorous Plants of Australia - Vol. 3, Nedlands, Western Australia, 1998
  • Lowrie, Allen; Conran, John G.: A Taxonomic Revision Of The Genus Byblis (Byblidaceae) In Northern Australia, Nuytsia 12(1):59-74, 1998
  • Lowrie, Allen; Conran, John G.; Moyle-Croft, Jessica: A Revision Of Byblis (Byblidaceae) In South-Western Australia, Nuytsia 15(1):11-19, 2002
  • Conran, John G.: The embryology and relationships of the Byblidaceae, Australian Syst. Bot. 9, 243-254, 1996
  • Conran, John G.; Carolin, R.: Byblidaceae, in: Kadereit, J. (ed.): The Families and Genera of Vascular Plants, Vol. VII: Flowering Plants: Dicotyledons: Lamiales (except Acanthaceae including Avicenniaceae), Springer, 2004, 45-49
  • Conran, John G.; Houben, Andreas; Lowrie, Allen: Chromosome numbers in Byblidaceae, Aust. J. Bot., 2002, 50, 583-586
  • Conran, John G.; Christophel, David C.: A Fossil Byblidaceae Seed from Eocene South Australia, International Journal of Plant Sciences, 2004, vol. 165, p. 691–694
  • Hartmeyer, Siegfried: Carnivory of Byblis Revisited--A Simple Method for Enzyme Testing on Carnivorous Plants, Carniv. Pl. Newslett., 26, 39-45, 1997
  • Hartmeyer, Siegfried: Carnivory in Byblis Revisited II: The Phenomenon of Symbiosis on Insect Trapping Plants, Carniv. Pl. Newslett., 27, 110-113, 1998