„Wilhelm Heinrich Wackenroder“ – Versionsunterschied

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== Leben ==
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Ganz im Geist des spätaufklärerischen [[Rationalismus]] erzogen, besuchte der Sohn des ersten Berliner Justizbürgermeisters zwischen 1786 und 1792 das Friedrichwerdersche Gymnasium, wo er enge Freundschaft mit [[Ludwig Tieck]] schloß. Im folgenden Jahr nahm der musisch begabte Wackenroder auf Wunsch des Vaters ein Sudium der [[Rechtswissenschaft|Rechte]] auf. Nebenbei hörte er jedoch weiterhin kulturgeschichtliche Vorlesungen und beschäftigte sich intensiv mit der Kunst der [[Italien|italienischen]] [[Renaissance]]. Während einer Sommerreise nach [[Bamberg]], [[Nürnberg]] und [[Pommernfelden]] lernte er die Landschaft Süddeutschlands und die Kunstwerke des „deutschen Europäers“ [[Albrecht Dürer]] kennen, über die er sich begeistert in Briefen äußerte, die bereits Wackenroders Stellung zur Frühromantik erkennen lassen. Unter solchen Eindrücken entstanden 1795/1796 die ''Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders'', eine Sammlung kunsttheoretischer Abhandlungen und teils fiktiver Biographien, in denen am Beispiel [[Michelangelo]]s, [[Raffael]]s, Dürers unter anderem für eine sakrale Repeption der [[Malerei]] geworben wird, da sie eine ähnlich kontemplative Wirkung auszuüben vermöge wie Andacht oder Gebet. Denn als Ausdruck freier Kreativität errichte die Kunst „einen neuen Altar zu Ehren Gottes“; gleichzeitig könne sie kraft ihres „göttlichen Beistandes“ die desparate Innerlichkeit auf seiten des Publikums heilen. In der abschließenden, autobiographisch gefärbten Geschichte [[Josef Berglinger]]s bricht Wackenroder freilich mit dem zuvor entworfenen Bild einer noch einflußmächtigen Künstlergeneration und thematisiert im Gegenzug die existentiellen Krisen des modernen Musikers, dessen heilige Ideale an gewöhnlichen Lebensnöten scheitern. Mit dieser doppelten Intention wirkten die 1796 anonym in Berlin erschienenen ''Herzensergießungen'' nachhaltig auf das in der [[Philosophie]] und [[Literatur]] der [[Romantik]] diskutierte Problem künstlerischer Identitätsfindung und Sinnstiftung. Der antiaufklärerische Gestus, mit dem sich Wackenroder hinter der Maske des fiktiven Klosterbruders von der zunehmend utilitaristischen Erbauungskultur seiner Zeit abkehrte, beeinflußte darüber hinaus die Malerei der Nazarener. 1797 kehrte Wackenroder als Referendar nach Berlin zurück. Die vermutlich im selben Jahr gemeinsam mit Tieck niedergeschriebenen ''Phantasien über die Kunst'' erschienen ein Jahr nach dem Tod Wackenroders, der 1798 an [[Typhus]] starb.
Wilhelm Heinrich Wackenroder kam als Sohn des Berliner Justizbürgermeisters Christoph Benjamin Wackenroder zur Welt. Seit der Schulzeit bis zu dem frühen Tode war er mit [[Ludwig Tieck]] eng befreundet; waren sie voneinander getrennt, schrieben sie sich [[Brief|Freundesbriefe]].

1792, als Wackenroder Verwandte auf einer Reise begleitete, stieß Tieck, der bereits in Halle studierte, für einige Tage zu dieser Reisegesellschaft. Den Sommer 1793 verbrachten sie gemeinsam an der neuen preußischen [[Universität Erlangen|Universität in Erlangen]], von wo aus sie Ausflüge in das fränkische Umland unternahmen. Diese gemeinsamen Reisen wurden zur Geburtsstunde der Romantik, indem sie ihren Niederschlag in dem Werk ''Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders'' fanden.


== Werke ==
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== Werkausgabe ==
== Werkausgabe ==
*[[Silvio Vietta]] und [[Richard Littlejohns]] (Hg.): ''Sämtliche Werke und Briefe.'' Hist.-Krit. Ausgabe, 2 Bde., Heidelberg 1991
*Silvio Vietta und Richard Littlejohns (Hg.): ''Sämtliche Werke und Briefe.'' Hist.-Krit. Ausgabe, 2 Bde., Heidelberg 1991


== Bibliographie ==
== Bibliographie ==

Version vom 6. Oktober 2007, 14:19 Uhr

Wilhelm Heinrich Wackenroder (* 13. Juli 1773 in Berlin; † 13. Februar 1798 in Berlin), Jurist, war als Schriftsteller Mitbegründer der deutschen Romantik.

Leben

Ganz im Geist des spätaufklärerischen Rationalismus erzogen, besuchte der Sohn des ersten Berliner Justizbürgermeisters zwischen 1786 und 1792 das Friedrichwerdersche Gymnasium, wo er enge Freundschaft mit Ludwig Tieck schloß. Im folgenden Jahr nahm der musisch begabte Wackenroder auf Wunsch des Vaters ein Sudium der Rechte auf. Nebenbei hörte er jedoch weiterhin kulturgeschichtliche Vorlesungen und beschäftigte sich intensiv mit der Kunst der italienischen Renaissance. Während einer Sommerreise nach Bamberg, Nürnberg und Pommernfelden lernte er die Landschaft Süddeutschlands und die Kunstwerke des „deutschen Europäers“ Albrecht Dürer kennen, über die er sich begeistert in Briefen äußerte, die bereits Wackenroders Stellung zur Frühromantik erkennen lassen. Unter solchen Eindrücken entstanden 1795/1796 die Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders, eine Sammlung kunsttheoretischer Abhandlungen und teils fiktiver Biographien, in denen am Beispiel Michelangelos, Raffaels, Dürers unter anderem für eine sakrale Repeption der Malerei geworben wird, da sie eine ähnlich kontemplative Wirkung auszuüben vermöge wie Andacht oder Gebet. Denn als Ausdruck freier Kreativität errichte die Kunst „einen neuen Altar zu Ehren Gottes“; gleichzeitig könne sie kraft ihres „göttlichen Beistandes“ die desparate Innerlichkeit auf seiten des Publikums heilen. In der abschließenden, autobiographisch gefärbten Geschichte Josef Berglingers bricht Wackenroder freilich mit dem zuvor entworfenen Bild einer noch einflußmächtigen Künstlergeneration und thematisiert im Gegenzug die existentiellen Krisen des modernen Musikers, dessen heilige Ideale an gewöhnlichen Lebensnöten scheitern. Mit dieser doppelten Intention wirkten die 1796 anonym in Berlin erschienenen Herzensergießungen nachhaltig auf das in der Philosophie und Literatur der Romantik diskutierte Problem künstlerischer Identitätsfindung und Sinnstiftung. Der antiaufklärerische Gestus, mit dem sich Wackenroder hinter der Maske des fiktiven Klosterbruders von der zunehmend utilitaristischen Erbauungskultur seiner Zeit abkehrte, beeinflußte darüber hinaus die Malerei der Nazarener. 1797 kehrte Wackenroder als Referendar nach Berlin zurück. Die vermutlich im selben Jahr gemeinsam mit Tieck niedergeschriebenen Phantasien über die Kunst erschienen ein Jahr nach dem Tod Wackenroders, der 1798 an Typhus starb.

Werke

Wackenroder hat nur ein schmales Œuvre hinterlassen; wie bei Jugendwerken gewöhnlich, handelt es sich vornehmlich um theoretisierende Schriften:

  • Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (Berlin 1797, aber bereits Ende 1796 erschienen), einige Aufsätze darin hat Ludwig Tieck verfasst.
  • Phantasien über die Kunst, für Freunde der Kunst, hg. v. Ludwig Tieck (Hamburg 1799); auch mit Texten von Tieck.
  • Phantasien über die Kunst, von einem kunstliebenden Klosterbruder, hg. v. Ludwig Tieck (Hamburg 1814); nach Tiecks Zeugnis soll diese Ausgabe nur Texte von Wackenroder enthalten.

An »Franz Sternbalds Wanderungen« (1798 hg. von Tieck) war Wackenroder wahrscheinlich als Ideengeber beteiligt, die Ausarbeitung des Romans nahm aber Tieck wohl allein vor.

Von Wackenroder sind zudem etliche philologische Arbeiten, sechs Reiseberichte und zahlreiche Briefe überliefert.

Werkausgabe

  • Silvio Vietta und Richard Littlejohns (Hg.): Sämtliche Werke und Briefe. Hist.-Krit. Ausgabe, 2 Bde., Heidelberg 1991

Bibliographie

  • Jurzig, Katrin: Mittelalterrezeption in Wackenroders "Herzensergießungen". Taunusstein, (Verlag Dr. H. H. Driesen GmbH) 2001. Zugl.: Frankfurt a. M., Magisterarbeit, 1998. ISBN 978-3-9807344-3-1
  • Kertz-Welzel, Alexandra. Die Transzendenz der Gefühle. Beziehungen zwischen Musik und Gefühl bei Wackenroder/Tieck und die Musikästhetik der Romantik. Saarbrücker Beiträge zur Literaturwissenschaft, Nr. 71. Zugl.: Universität des Saarlandes in Saarbrücken, Dissertation, 2000. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag, 2001. ISBN 3-86110-278-1.