„Ideeller Wert“ – Versionsunterschied

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der Ware gründe. Er unterschied sogar schon zwischen „gegenwärtigen“ und „zukünftigen“ Bedürfnissen, was allerdings in Anbetracht der damaligen langen Transportzeiten nicht verwundern kann. Eine ähnliche Bestimmung findet sich etwa gleichzeitig beim italienischen Ökonomen Graf Verri.<ref>Nach [[Nikolai Bucharin]] „Das Elend der subjektiven Wertlehre“ Seite 31</ref>
der Ware gründe. Er unterschied sogar schon zwischen „gegenwärtigen“ und „zukünftigen“ Bedürfnissen, was allerdings in Anbetracht der damaligen langen Transportzeiten nicht verwundern kann. Eine ähnliche Bestimmung findet sich etwa gleichzeitig beim italienischen Ökonomen Graf Verri.<ref>Nach [[Nikolai Bucharin]] „Das Elend der subjektiven Wertlehre“ Seite 31</ref>

== Seine Erscheinung in der Industrie ==
Bereits 1836 wurde durch [[Nassau William Senior]] in Ablehnung der [[David Ricardo|Ricardo'schen]] der Grundstein für eine [[Psychologie|psychologische]] [[Arbeitswertlehre]] gelegt. Er knüpfte dabei an [[Adam Smith]] an, der die [[Arbeit (Philosophie)|Arbeit]]

:* einerseits als eine „objektive Verausgabung von Energie (gemessen durch Zeit)“<ref name="grossmann">Henryk Grossmann in: „Marx, die klassische Nationalökonomie und das Problem der Dynamik“, Seite 13</ref> ansah, – was sich auf die abstrakte allgemeine menschliche Arbeit in ihrem Charakter als Tauschwert schaffende [[Lohnarbeit]] bezieht –,
:* andererseits aber als „subjektive Mühe, die man anwendet, um ein Ding herzustellen“<ref name="grossmann" />, – was sich auf die konkrete menschliche Arbeit in ihrem Charakter als Gebrauchswert schaffendes [[Handwerk]] oder private [[Dienstleistung]]<ref>Vergleiche dazu die Darstellung von Marx in „Theorien über den Mehrwert“ Band I (MEW 26.1), Seite 125–144.</ref> bezieht.

Auf dieser letzteren Bestimmung baute Senior seine Ansicht von der Arbeit als „psychisches Opfer“ auf, für das der [[Arbeitslohn]] eine „Entschädigung“ sein soll, die auch heute noch Teil der subjektiven Wertlehre ist. Darüber hinaus erklärte er den [[Profit]] des Unternehmers aus seiner „Entsagung“, seiner „Enthaltsamkeit“ („[[Abstinenz]]“)<ref>Nach Karl Marx „Das Kapital“ Band I (MEW 23), Seite 243, Fussnote 33</ref>, also als „Entgelt für das [[subjektiv]]e Opfer des [[Sparen]]s“ [= der [[Akkumulation (Wirtschaft)|Akkumulation]]], „der Entsagung der unmittelbaren [[Konsum]]tion von [[Kapital]]“<ref name="grossmann" />. Damit wurde der Grundstein für eine subjektive Wertlehre der [[Industrie]] gelegt, die sich später in der [[Grenznutzentheorie]] ausdrückte.

Im Jahre 1854 war zunächst das Buch „Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fliessenden Regeln für menschliches Handeln“ erschienen, in dem [[Hermann Heinrich Gossen]] eine [[Mathematik|mathematisch]] formulierte Begründung der Grenznutzentheorie gab. Diese Theorie war bei Gossen bereits vollständig entwickelt, weshalb er sich selbst den [[Nicolaus Copernicus]] der [[Politische Ökonomie|Politischen Ökonomie]] nannte<ref>Nach: Nikolai Bucharin „Das Elend der subjektiven Wertlehre“, Seite 32</ref>. Dieses Werk blieb dessen ungeachtet zunächst unbemerkt und wurde erst 1871 durch die Werke von [[Stanley Jevons]] („Theory of political economy“, London und New York 1871) und [[Carl Menger]] („Grundsätze der Volkswirtschaftslehre“ Wien 1871) und 1874 durch den Artikel von [[Léon Walras]] („Principe d'une théorie mathématique de l'échange“, erschienen im „Journal des Economistes“ 1874) wiederentdeckt. Dies ist die Geburtsstunde der „modernen“ Grenznutzentheorie, wobei ihre Vertreter übereinstimmend Gossen als die Quelle ihrer [[Theorie]] angaben.

Auf dieser Grundlage entdeckte dann die [[Produktion|produzierende]] [[Industrie]] den ideellen Wert als scheinbare Quelle der Bereicherung endgültig für sich. Sie geht dabei noch einen Schritt weiter als Rodbertus und leugnet die Existenz des „[[#Sein Auftreten in der Landwirtschaft|natürlichen Tauschwertes]]“. Ausgangspunkt ist dabei die Erscheinung,

:* dass sich die Wertformel dann zwar aus dem Tauschwert plus dem darüber hinausgehenden Teil des ideellen Wertes zusammensetzt,
:* aber der Tauschwert selbst dann zum Bestandteil des ideellen Wertes wird, also weggelassen werden kann, wodurch der Eindruck entsteht, der Wert bestehe allein im ideellen Wert.

Das Vorhandensein des Tauschwertes tritt aber spätestens zutage, wenn man eine [[Ware]] [[subjektiv]] als „Unwert“, also als „wertlos“ einschätzt, denn die Vertreter der subjektiven Wertlehre werden sie dann kaum verschenken.


== Literaturverzeichnis/Anmerkungen ==
== Literaturverzeichnis/Anmerkungen ==

Version vom 17. April 2019, 00:14 Uhr

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Ein ideeller Wert ist allgemein eine subjektive – d. h. hier: auf die Wertvorstellung(en) des Einzelnen bezogeneWertform, die aufgrund einer emotionalen Bindung zu dem betreffenden (konkreten oder abstrakten) Gegenstand unter Umständen einen weitaus höheren Wert darstellt, als dies unter wirtschaftlich-finanziellen bzw. materiellen (‚materiell‘ als Antonym zu ‚ideell‘) Gesichtspunkten eigentlich der Fall ist.

Für das Auftreten eines ideellen Werts speziell im Handel muss mindestens eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllt sein:

  • entweder eine höher entwickelte Gesellschaft trifft auf eine Gesellschaft einer niedrigeren Kulturstufe und treibt mit dieser Handel (Bsp.: Glasperlen gegen Gold);
  • eine relativ hoch entwickelte Gesellschaft ist noch nicht in der Lage oder nicht (mehr) willens, den Tauschwert exakt zu berechnen.

Letzteres trifft auf unsere heutige (Industrie-)Gesellschaft zu.

Beschreibung und Entstehungszeit

Der ideelle Wert wird schon von Plutarch beschrieben, wenn er sagt:

„Mancher fragt: Was haben wir denn im Grunde eigentlich? Was haben wir denn nicht? Der eine Ruhm und Ehre, der andere Haus und Hof, ein anderer eine liebe Gattin oder einen treuen Freund.“

Plutarch „Von der Heiterkeit der Seele“ 9 (Text redigiert)

„Ruhm und Ehre“, „eine liebe Gattin“ oder ein treuer „Freund“ sind hier als ideelle Werte aufzufassen, während „Haus und Hof“ Gebrauchswerte bzw. Tauschwerte darstellen. Plutarch setzt hier also – jedoch zunächst nur für den privaten Bereich – den Gebrauchs- und Tauschwerten die ideellen Werte gleich. Kurz darauf sagt er dann noch weiter:

„Man soll dabei aber auch nicht vergessen, wie es schmerzt, solche Güter zu verlieren, wenn man sie besessen hat. Denn es ist nicht so, daß sie erst im Augenblick des Verlustes Größe und Wert erhalten, vorher aber nichts bedeuten.“ „Das Nichtsein kann keiner Sache einen Wert geben.“[1] „Es ist aber doch auch ein Widerspruch, wenn wir diese Dinge zunächst für so wichtig halten, daß wir uns um sie bemühen und vor ihrem Verlust furchtsam zittern, als seien sie unersetzlich, wenn wir aber als glückliche Besitzer kaum Wert auf sie legen und sie als unbedeutend verachten.“

Der ideelle Wert war also schon in der Antike bekannt. Er trat vermutlich auch bei der Festlegung der Edelmetalle als Geld in Erscheinung, denn es ist mehr als wahrscheinlich, dass diese Festlegung wegen der allgemeinen Wertschätzung dieser Metalle erfolgte, also wegen ihres ideellen Wertes, der sie auch über enge regionale Grenzen hinaus als „allgemeines Äquivalent“ zur Ablösung des vorher verwendeten, aber schlecht transportierbaren Viehs brauchbar machte. Siehe dazu schon John Locke in „Some Considerations etc.“ in: Works Ed.1777, Vol.II, Seite 15:

„Da die Menschen übereingekommen sind, Gold und Silber einen vorgestellten“ [wörtlich: „imaginären“] „Wert“ [= ideellen (Tausch-)Wert] „zu verleihen … “[2]

Verhältnis zum Handel

Der Handelsprofit orientierte sich in der Antike noch nicht an den Ausgaben der Händler für Lager, Transport usw. vermehrt um den Neuwert orientierte (siehe Aristoteles' Forderung des gerechten Preises), sondern daran, welche Wertschätzung die Waren von Seiten der Konsumenten genossen und daher auch den ideellen Wert betraf, was im Wesentlichen von ihrer Seltenheit abhing. Dies schreibt auch Marx im Band III des „Kapital[3]:

„Solange das Handelskapital den Produktaustausch unentwickelter Gemeinwesen vermittelt, erscheint der kommerzielle Profit“ [= Handelsprofit] „nicht nur als Übervorteilung und Prellerei, sondern entspringt grossenteils aus ihr“.

Was Engels hier als „Übervorteilung und Prellerei“ bezeichnet, ist der Verkauf der Waren zu ihrem ideellen Wert statt zu ihrem Tauschwert. Genau dies berichtet auch Herodot[4] anhand eines historischen Beispiels:

„Dann wurde aber ein samisches Schiff“ [= ein Schiff von der Insel Samos], „dessen Eigentümer ein gewisser Kolaios war und das nach Ägypten fuhr, nach diesem Platea“ [der Name einer anderen Insel im Mittelmeer] „verschlagen, und als die Samier von Korobios die ganze Geschichte erfuhren, lassen sie ihm Vorräte für ein ganzes Jahr <auf der Insel> zurück. Sie selber stachen von der Insel in See und hielten auf Ägypten zu, wurden aber durch einen Ostwind von ihrem Kurs abgetrieben. Und sie fuhren durch die Säulen des Herakles, – denn der starke Wind ließ nicht nach – und kamen nach Tartessos, und das war Gottesgeleit. Dieser Handelsplatz war nämlich zu der Zeit noch unberührt, so daß diese Leute bei ihrer Heimkehr aus ihren Warenprodukten tatsächlich von allen Hellenen, von denen wir es mit Genauigkeit wissen, den größten Gewinn geschlagen haben …“ (nämlich 60 Talente, wie sich aus dem bei Herodot Folgenden ergibt).

Diese Praxis blieb zumindest bis in das Mittelalter erhalten, wie Adam Smith andeutet, wenn er von Marx[5] zitiert wird:

„Die Bewohner der Handelsstädte führten aus reichen Ländern verfeinerte Manufakturwaren- und kostspielige Luxusartikel ein und boten so der Eitelkeit der großen Grundeigentümer Nahrung, die diese Waren begierig kauften und dafür große Mengen von Rohprodukt ihrer Ländereien bezahlten“.

Zur Zeit des Merkantilismus, der Herrschaft des Handelskapitals innerhalb des Bürgertums, wurde von Etienne-Bonnott de Condillac 1795 in seinem Werk „Le Commerce et le Gouvernement“ der subjektive Charakter des Tauschwertes betont und auf das persönliche Urteil zurückgeführt, das sich auf

  • die Nützlichkeit und
  • die Seltenheit

der Ware gründe. Er unterschied sogar schon zwischen „gegenwärtigen“ und „zukünftigen“ Bedürfnissen, was allerdings in Anbetracht der damaligen langen Transportzeiten nicht verwundern kann. Eine ähnliche Bestimmung findet sich etwa gleichzeitig beim italienischen Ökonomen Graf Verri.[6]

Literaturverzeichnis/Anmerkungen

  1. Man vergleiche damit die „vulgär-ökonomische“ Ansicht, der Wert (nicht der Preis) einer Ware werde von ihrer Seltenheit bestimmt, wonach nicht vorhandene Waren den höchsten Wert haben müssten.
  2. Zitiert nach: Karl Marx, „Das Kapital“ Band I (MEW 23), Seite 139, Fortsetzung der Fußnote 80 von Seite 138, Text redigiert
  3. Karl Marx „Das Kapital“ Band III(MEW 25), Seite 343 (Text redigiert)
  4. Herodot „Historien“ IV,152 (Text redigiert)
  5. Karl Marx „Das Kapital“ Band III (MEW 25) Seite 341 Fußnote 47 (Text redigiert)
  6. Nach Nikolai Bucharin „Das Elend der subjektiven Wertlehre“ Seite 31