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London Congestion Charge

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Das weiß-auf-rote C markiert alle Einfahrten in die Londoner Mautzone.

Die London Congestion Charge ist eine „Staugebühr“, welche Kraftfahrer in Zentral-London entrichten müssen. London ist nicht die erste, wohl aber bis 2006 die größte Stadt, die eine solche Innenstadtmaut erhebt. Die für die Gebühr zuständige Organisation ist die Transport for London (TfL).

Diese Staugebühr soll bezwecken, dass Reisende statt Autos und Transportern verstärkt den öffentlichen Nahverkehr, umweltfreundlichere Fahrzeuge, Fahr- und Motorräder oder ihre eigenen zwei Beine zur Fortbewegung nutzen. Hierdurch sollen Staus und die damit verbundene Verschmutzung reduziert und Fahrten zeitlich berechenbarer werden. TfL investiert nach eigenen Angaben einen Großteil des erhobenen Geldes in den Nahverkehr.

Die Gebühr wurde zum 17. Februar 2003 eingeführt. Jeder registrierte Besitzer eines Fahrzeugs, welcher die Stauzone werktags zwischen 7 und 18:30 Uhr befahren möchte, muss eine Tagesgebühr von £8 entrichten. Ist die Gebühr nicht bis 22 Uhr desselben Tages bezahlt, wird sie auf £10 angehoben. Dies soll als Anreiz dienen, nicht in letzter Minute zu zahlen. Ist die Zahlung bis um Mitternacht noch immer nicht erfolgt, wird ein Bußgeld von mindestens £50 erhoben. Bis zum 4. Juli 2005 betrug die Tagesgebühr £5.

Einige Fahrzeuge sind von der Gebühr ausgenommen, beispielsweise Busse, Minibusse ab einer gewissen Größe, Motor- und Fahrräder, Taxen, Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten, wie auch Fahrzeuge mit alternativen Brennstoffen. Technisch gesehen erhalten einige dieser Fahrzeuge nur vollständige Rabatte, müssen jedoch noch immer registriert werden. Anwohner der Mautzone können durch Bezahlen eines Zeitraums von mindestens einer Woche bis zu 90 % der Staugebühren einsparen.

Im September 2005 wurde die ab Februar 2007 in Kraft tretende Western Expansion, eine Erweiterung der Zone in Richtung Westen, bestätigt.

Die Mautzone

Die derzeitige Grenze der Zone wird auch als die innere Ringstraße Londons bezeichnet. Vom nördlichsten Punkt im Uhrzeigersinn gesehen wird die Zone durch die größeren Straßen Pentonville Road, City Road, Old Street, Commercial Street, Mansell Street, Tower Bridge Road, New Kent Road, Elephant and Castle, Vauxhall Bridge Road, Park Lane, Edgware Road, Marylebone Road und die Euston Road definiert. Kleinere Straßen schließen die hierbei entstehenden Lücken. Um die Grenzstraßen zu befahren, muss keine Gebühr entrichtet werden. Zwischen Weihnachten und Neujahr 2002 wurden auf allen Straßen Markierungen angebracht, die Fahrer auf die Gebührenerhebung aufmerksam machen sollen.

Durch diese Straßen eingeschlossen werden die gesamte City of London, das Bankenviertel, wie auch das Londoner West End, das primäre Kommerz- und Unterhaltungszentrum der Stadt. Von den 7 Millionen Einwohnern Greater Londons leben etwa 136.000 Einwohner innerhalb der Mautzone, die eher als Gewerbegebiet denn als Wohngebiet betrachtet wird. Es findet sich hier kaum Schwerindustrie.

Technologie und Durchsetzung

Kameras und Fahrzeuge führen eine Videoüberwachung der Zone durch. Die Fahrzeuge können anhand einer Plakette an der Hintertür identifiziert werden.

Die Zone wird durch Videoüberwachung der Straßen mit 230 CCTV-Kameras realisiert, von denen 180 am Rand des Bereichs installiert sind. Zusätzlich werden eine Reihe mobiler Kameras innerhalb der Mautzone eingesetzt. Der Anteil derart erfasster Fahrzeuge am Gesamtverkehr wird auf 98% geschätzt. Die Videodaten werden an ein Rechenzentrum in Zentral-London übertragen, wo per automatischer Nummernschilderkennung der Halter des Fahrzeugs ermittelt wird. Ein zweites Rechenzentrum übernimmt die Datensicherung der Bilder.

Zwar ist dieses Verfahren nicht unfehlbar, eine angemessene Erfolgswahrscheinlichkeit reicht jedoch zur Abschreckung aus. Bei Ein- und Ausfahrt aus der Zone werden deshalb jeweils die vorder- und rückseitigen Nummernschilder aufgenommen, wodurch vier Chancen bestehen, ein Fahrzeug zu identifizieren. Die 50 Kameras innerhalb des Mautbereichs erfassen Fahrzeuge, die nicht bei Einfahrt identifiziert wurden, oder sich nur innerhalb der Zone bewegen.

Die so gewonnene Fahrzeugliste wird automatisch mit der Liste der Fahrzeuge verglichen, für die die Staugebühr bereits entrichtet wurde. Wer zahlt, aber nicht innerhalb des Mautbereichs erfasst wird, hat dabei keinen Anspruch auf Rückzahlung. Wer jedoch nicht zahlt und dennoch erfasst wird, dem droht ein Bußgeld. Der Halter eines solchen Fahrzeugs wird mittels einer von der Driver and Vehicle Licensing Agency in Swansea bereitgestellten Datenbank ermittelt. Das Bußgeld beträgt £50 innerhalb der ersten zwei Wochen, £100 danach und £150, sollte der Betrag nach 4 Wochen noch nicht bezahlt sein.

Während private Fahrzeughalter die Staugebühr in Eigeninitiative entrichten müssen, gelten für Geschäftsfahrzeuge andere Regeln. Ein Unternehmen kann eine Fahrzeugflotte bei TfL registrieren, wobei für jedes durch die Überwachung erfasstes Fahrzeug £5 pro Tag berechnet werden. Im Mai 2005 gründete der Geschäftsmann Miguel Camacho die Firma fivepounds.co.uk, die Privatfahrzeuge innerhalb der Camacho-Flotte registriert. Hierdurch muss der Fahrzeughalter die Maut nicht mehr proaktiv zahlen, entgeht Bußgeldern und bekommt bei Nichtentdeckung durch die Kameras sogar „freie“ Fahrten. Fivepounds.co.uk erhebt eine monatliche Verwaltungsgebühr von £10, so dass das Angebot nur für regelmäßige Besucher der Zone attraktiv ist. TfL, die 36 % ihrer Gebührenumsätze durch Bußgelder erzielen, verlangten daraufhin die Vorlage der Fahrzeugbriefe für die Registrierung von Firmenfahrzeugen. Ob dies die Aktivitäten von fivepounds.co.uk stoppt, ist noch ungewiss.

Ökonomische Grundlage

Aus Sicht der Volkswirtschaftslehre sind Straßen öffentliche Güter. Diese Güter unterscheiden sich von privaten Gütern durch Nicht-Ausschließbarkeit und Nicht-Rivalität. Man schließt also gewöhnlich niemanden von der Nutzung einer Straße aus. Das führt dazu, dass der Markt nicht genügend Straßen bereitstellt, weshalb Straßen meist vom Staat gebaut werden. Zumindest auf einer sehr ausgelasteten Straße behindern sich die Nutzer aber gegenseitig, so dass es durchaus eine gewisse Rivalität gibt. Wenn sich nun ein individueller Benutzer entscheidet, eine Straße zu benutzen, zieht er dabei nicht ins Kalkül, dass er durch seine Entscheidung andere bei der Nutzung der Straße beeinträchtigt; das ist ein externer Effekt. Deshalb kommt es ohne Eingriff nicht zu einer wohlfahrtsoptimalen Entscheidung, ein Fall von Marktversagen. Durch eine Congestion-Charge kann man diesen Mangel beheben. Sie sollte genau so hoch sein wie die durch den Benutzer verursachte Behinderung Dritter, die der Nutzer so in sein Kalkül einbeziehen muss. Idealerweise sollte die Gebühr sich an die aktuelle Auslastung der Straße anpassen, während der Rush-Hour sollte die Nutzung der Straße also teurer sein als mitten in der Nacht, wenn nur wenig Verkehr herrscht.

Im Zusammenhang mit dem Individualverkehr gibt es noch weitere externe Effekte wie z.B. die Umweltbelastung, diese können aber besser durch eine allgemeine Mineralölsteuer den Nutzern angelastet werden.

Aus Sicht der Ökonomie ist es also generell sinnvoll, für die Nutzung überlasteter Straßen eine Staugebühr zu erheben.

Was die Maut bemerkenswert macht

Die Londoner Stauplanung hat aus mehreren Gründen Aufmerksamkeit auf sich gezogen:

  • Es ist das erste großflächige Mautprojekt Großbritanniens; zuvor wurde lediglich ein kleineres Modell in Durham erprobt. Hierbei müssen Fahrer werktags zwischen 10 und 16 Uhr £2 für die Einfahrt in einen kleinen Bereich der Stadt entrichten. Hier werden neben der Kameraüberwachung auch Poller verwendet, welche nach Bezahlung bei Verlassen der Zone automatisch abgesenkt werden. Der Versuch erwies sich als erfolgreich, da er den Verkehr innerhalb dieser kleinen Zone von 2.000 auf etwa 200 Fahrzeuge pro Tag absenkte.
  • Da weltweit auch viele andere verkehrsstarke Städte mit häufiger Staubildung konfrontiert sind, könnten, sofern sich die Londoner Staugebühr tatsächlich als stauhemmend erweist, ähnliche Modelle in anderen Städten übernommen werden.
  • Das System basiert auf fortschrittlicher Technologie, so können Fahrer die Gebühr via SMS, in Geschäften mit einem PayPoint oder per Telefon entrichten.
  • Die Gesamtkosten für die Realisierung des Plans, inklusive der Aufstellung der Kameras, dem Call Center für die Gebührenabwicklung und der Werbung, welche die Fahrer auf das System aufmerksam machte, betrugen über 250 Millionen Pfund Sterling. Eine Amortisation wurde binnen 3 Jahren erwartet. Durch den Rückgang des Verkehrs und den damit verbundenen Einnahmerückgang TfCs (siehe weiter unten) erfüllte sich diese Erwartung jedoch nicht.

Gegner der Staugebühr bringen indes harsche Kritik an. So werden fehlende Kapazitäten des öffentlichen Nahverkehrs und soziale Unverträglichkeit der Pauschalgebühr als Argumente aufgeführt. Demgegenüber steht jedoch, dass während der gebührenpflichtigen Zeiten nur für Anwohner freie Parkflächen vorhanden sind und die Maut weniger als die durchschnittliche Parkgebühr für eine Stunde beträgt.

TfL beauftragte Capita plc mit der Implementierung des Modells. Subunternehmer waren unter anderem Mastek Ltd aus Mumbai, Indien, welche für die IT-Infrastruktur verantwortlich waren. Nach ihrer Auskunft ist es das größte, bisher mit Microsofts .NET-Plattform realisierte Projekt. Aufgrund der weltweiten Verteilung der beteiligten Unternehmen auf Länder mit jeweils unterschiedlichen Richtlinien in Sachen Datenschutz hat das Projekt Bedenken bezüglich der Sicherung der Privatsphäre auf sich gezogen. So bestätigte Livingstone selbst, dass eine Fernsteuerung der Kameras möglich ist und im Falle von Ermittlungen die Daten den ermittelnden Behörden zur Verfügung stünden. Ebenso gab Livingstone bekannt, dass die Kameras aus Sicherheitsgründen auch bei Scheitern der Staugebühr in Betrieb blieben.

Die Maut in der Praxis

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Straßenmarkierungen und Schilder machen in der Old Street Fahrer auf die Maut aufmerksam.

Vor der Einführung der Maut wurde ein ruppiger Start befürchtet. Ken Livingstone, Bürgermeister Londons und wichtiger Proponent der Staugebühr, befürchtete gar einen „blutigen Tag“. Tatsächlich bewirkte das System in den ersten zwei Tagen einen dramatischen Verkehrsrückgang in der Innenstadt. Am ersten Tag befuhren 190.000 Fahrzeuge die Zone während des gebührenpflichtigen Zeitraums. Dies stellt einen Rückgang um etwa 25 % dar. Angesichts von 45.000 befreiten Fahrzeugen lag der Gesamtrückgang damit bei über 30 %. Einzelne Stimmen meldeten eine Verkürzung der Fahrzeiten um die Hälfte. Etwa 100.000 Fahrer bezahlten die Gebühr selbst, 15.000 bis 20.000 waren Geschäftsfahrzeuge und geschätzte 10.000 Fahrer entrichteten die Gebühr nicht. Mit Einführung der Maut wurden auch 300 neue Busse (bei insgesamt etwa 20.000) in Betrieb genommen. Busbetreiber und Manager der London Underground meldeten eine allenfalls leichte Zunahme der Passagierzahlen. Vereinzelt wurde hingegen berichtet, die zu Stoßzeiten ohnehin problematische Überfüllung hätte noch weiter zugenommen.

Anfangs vermutete man hinter dem reduzierten Verkehr die Schulferien, was sich jedoch als falsch erwies. Berichte zeigten einen konsistenten Rückgang des Verkehrs im ersten Monat nach Inbetriebnahme der Staugebühr. Dieser Rückgang lag bei mindestens 15 %, in der ersten Woche sogar bei 20 %. Die anfänglich stark verkürzten Fahrzeiten haben sich wieder an das Ausgangsniveau angenähert. Obwohl präzise Statistiken außerhalb des Medieninteresses lagen, galt die Staugebühr als erfolgreich.

Am 23. Oktober 2003 veröffentlichte TfL einen Bericht, der die ersten sechs Monate nach Einführung der Gebühr untersuchte. Gemäß diesem Bericht reduzierte sich die durchschnittliche Zahl der in das Zentralgebiet einfahrenden Fahrzeuge um 60.000 gegenüber dem Vorjahr, was einer Verringerung der nicht befreiten Fahrzeuge um 30 % entspricht. 50 bis 60 % hiervon werden dem öffentlichen Nahverkehr und 20 bis 30 % dem Vermeiden der Zone zugerechnet. Der Rest wird durch Fahrgemeinschaften, Verminderung der Fahrten, verstärktes Fahren außerhalb der Betriebsstunden des Mautsystems und vermehrten Einsatz von Motor- und Fahrrädern verursacht. Fahrzeiten haben sich laut Bericht im Mittel um 15 % verkürzt. Die Varianz der Fahrzeiten auf einer beobachteten, stark befahrenen Strecke sank ebenfalls.

Gemäß Bericht bewirkte die Maut nur einen geringfügigen Absatzrückgang im Einzelhandel. Im August 2003 verkündete die John Lewis Partnership einen um 8 % verminderten Absatz ihres Geschäfts in der Oxford Street während des ersten Halbjahres nach Inbetriebnahme des Mautsystems. Der Umsatz anderer Geschäfte außerhalb der Mautzone stieg jedoch, wie beispielsweise in Kingston upon Thames. TfL entgegnete, dass lediglich 0,5 % des Rückgangs der Maut angelastet werden könne, London leide an seiner langfristigen Unfähigkeit, seine Transportwege und Infrastruktur zu modernisieren. TfL behauptete, London werde sich dank der Staugebühr langfristig positiv entwickeln.

Die Anzahl erteilter Bußgelder bezifferte der Bericht auf monatlich etwa 100.000, davon widersprechen Betroffene etwa 2.000. Der deutlich stärker als erwartet reduzierte Verkehr bedeutete für TfL einen Ertrag von lediglich 68 Millionen Pfund Sterling. Ursprünglich hatte TfL 130 Millionen avisiert. Das Mautsystem beeinflusst gemäß Bericht die Unfallzahlen nicht merklich, so dass der leicht rückläufige Trend erhalten bleibt.

Ein weiterer, im Oktober 2004 veröffentlichter Bericht gab an, dass bis 2010 nur 7 der 13 Regierungsvorgaben für den Verkehr in London erfüllt seien. Die Staus würden nicht hinreichend reduziert, was auf einen Fehler in den Richtlinien der Mauterhebung hindeute. Jedoch bezieht sich der Bericht auf Gesamt-London und die Staus können überwiegend den Vororten angelastet werden, in denen der Aufbau eines Nahverkehrsnetzes schwierig ist und verstärkt das Auto genutzt wird.

Mautgeschichte

In England existierten immer viele gebührenpflichtige Straßen, früher wie heute. Zölle kamen infolge des Verfalls der Straßen im späten 17. Jahrhundert auf. Dieser Verfall wurde durch die protestantische Reformation verursacht, da sich die katholischen Mönche nicht länger um die Straßen kümmerten. Am Ende des 18. Jahrhunderts war das englische Straßennetz überwiegend bezollt. Zollstraßen schaffte man schließlich im späten 19. Jahrhundert ab, nachdem die Konkurrenz der Eisenbahnen und die Proteste von Reisenden, welche bei langer Strecke entsprechend oft Zölle entrichten mussten, übermächtig wurden.

Obwohl das Modell einer Innenstadtmaut weithin dem Londoner Oberbürgermeister Ken Livingstone zugeschrieben wird, gibt er selbst als Quelle für die Idee den Nobelpreisträger Milton Friedman an. Allgemeine Wegzölle wurden zuvor auch von anderen angepriesen, wie dem Ökonom Adam Smith im 18. Jahrhundert.

Mitte der 1990er Jahre prüfte die britische Regierung Pläne, die der heutigen Staugebühr ähnlich sind. Das London Congestion Research Programme befand im Juli 1995, dass Londons Ökonomie von einem derartigen Programm profitieren würde. Der Greater London Authority Act of 1999 billigte jedem Bürgermeister Londons das Amtsrecht zu, ein Mautsystem einführen zu dürfen. Nach seinem Wahlsieg 2000 entschied Livingstone, dieses Recht wie in seinem Wahlmanifest versprochen zu nutzen und verhandelte mit interessierten Parteien. Das grundsätzliche Modell wurde im Februar 2002 vereinbart und mit einigen Kompromissen am 17. Februar 2003 in Betrieb genommen.

Infolge des Anschlags auf die Londoner U-Bahn wurde die Mauterhebung am 7. und 8. Juli 2005 ausgesetzt.

Zukunftspläne

Schilder markieren die Grenze der Mautzone.

Nach Einführung der Staugebühr gab es eine Reihe von zukünftig gewünschten Veränderungen. Livingstone kündigte eine formale Prüfung des Systems nur sechs Monate nach dessen Inbetriebnahme an. Ursprünglich war ein Jahr vorgesehen; dank des geglückten Starts verkürzte Livingstone die Zeitspanne jedoch. Am 25. Februar 2003 gab er bekannt, er könne keine Ereignisse vorhersehen, welche es notwendig machen würde, die Höhe der Staugebühr zu verändern, dies könne sich jedoch in einigen Jahren ändern. Er deutete somit an, die £5 seien adäquat, um den Verkehr wie gewünscht zu hemmen.

Dieser Aussage widersprach er im November 2004 in einem Interview mit BBC London, als er angab, es sei immer klar gewesen, dass die Gebühr während seiner zweiten Amtszeit auf zumindest £6 erhöht werde. Am Ende des Monats vollführte Livingstone erneut eine Kehre und sprach sich nun dafür aus, die Gebühr auf £8 für Privat- und £7 für Geschäftsfahrzeuge zu erhöhen. Geschäftsgruppierungen wie London First reagierten wütend auf diese Ankündigung und bezeichneten sie als „weder zufriedenstellend noch akzeptabel“. Der Anstieg auf £8 wurde formal am 1. April 2005 bekannt gegeben, zusammen mit Rabatten beim Kauf von Monats- und Jahreskarten.

Bereits kurz nach Einführung der Gebühr spekulierten Zeitungen, eine Erweiterung der Mautzone sei Teil von Livingstones Wiederwahl-Manifest (unter der Labour-Partei) im Jahre 2004. Tatsächlich erhob TfL im Februar 2004 Umfragedaten über eine westliche Erweiterung der Zone, die dann den Rest von Westminster und die Royal Borough of Kensington and Chelsea umfassen würde. Nach Livingstones Wiederwahl wird diese Erweiterung für 2007 erwartet.

Im August 2004 veröffentlichte TfL die Ergebnisse der Umfrage. Viele der Antwortenden wünschten keine Erweiterung, jedoch sprach Livingstone den Ergebnissen repräsentativen Charakter ab. Für Kritiker war dies die Bestätigung, dass die gesamte Befragung nichts als der rechtlichen Absicherung dienende Augenwischerei war.

Im Mai 2005 kündigte TfL eine weitere Befragung mit spezifischen Vorschlägen zur Erweiterung an. Diese enthielten einen Plan, den Umsatz von Londons Theatern, Restaurants und Kinos zu steigern, was durch eine um 30 Minuten verkürzte Mauterhebung erreicht werden sollte.

Ende September 2005 bestätigte Livingstone die westliche Erweiterung des Mautgebiets per 19. Februar 2007. Hierdurch wird sich die Fläche der Zone verdoppeln und Bezirke wie Kensington, Chelsea und Westminster umfassen. Der Bürgermeister gab zu, dass durch die dann 230.000 rabattberechtigten Bewohner der erweiterten Zone eine Verkehrszunahme im bestehenden Bereich zu erwarten sei. Ein Großteil der zuvor Befragten lehnt die Erweiterung nach wie vor vehement ab. Dies betrifft insbesondere Geschäfte, die bereits um ihre Umsätze kämpfen müssen. Der Kernbereich des Londoner Shopping, die Oxford Street befindet sich dann jedoch inmitten der erweiterten Zone. Livingstone verteidigt seine Position mit ökologischen Gründen, jedoch gibt Gerry Archer, der Vorsitzende der Climate Change Partnership des Bürgermeisters, an, nichts mit der Maut zu tun zu haben.

Steven Norris, der 2004 für das Amt des Bürgermeisters aufgestellte Kandidat der Conservative Party, ist als harscher Kritiker der Maut bekannt und bezeichnet sie, angelehnt an Ken Livingstone, als „Kengestion charge“. Er versprach, bei gewonnener Wahl, die Maut abzuschaffen und unbezahlte Bußgelder zum 11. Juni 2004 zu erlassen. In einem Interview mit der Londoner Zeitung Evening Standard stützte der Vorsitzende der Konservativen Michael Howard seinen Kandidaten, indem er aussagte, die Maut habe „unzweifelhaft“ einen schädlichen Einfluss auf die Geschäfte Londons.

Simon Hughes, der Kandidat der Liberaldemokraten, unterstützte hingegen die Grundprinzipien des Modells. Er schlug unter anderem eine mögliche Zahlung am nächsten Tag, eine Verkürzung der Betriebsstunden auf 17 Uhr und 5 freie Tage im Jahr für jedes erfasste Fahrzeug vor. Nach Livingstones Wahlsieg sind diese Veränderungen höchst unwahrscheinlich.

Weitere Auswirkungen

Andere Städte mit Innenstadtmaut sind Oslo, Bergen, Trondheim und Singapur. Singapur war 1998 die erste Stadt, die eine Maut einführte.

Dank der verkehrshemmenden Wirkung der Londoner Staugebühr fordern einige, wie die linksorientierte Denkfabrik Institute for Public Policy Research, vergleichbare Systeme für andere Teile des Landes. Im November 2003 bestritt der für den Verkehr zuständige Staatssekretär Alistair Darling jedoch, dass mit Ausnahme von Edinburgh keine Städte mit der Bitte um Beihilfe zur Realisierung eines Mautsystems an die Regierung herangetreten seien. Nach der Veröffentlichung von Angeboten des englischen Transport Innovation Fund im November 2005 dürfte sich dies jedoch ändern. Eine Maut in Edinburgh wird vorläufig als unwahrscheinlich gesehen, nachdem sich in einer Umfrage 75 % der Stimmenden dagegen aussprachen. Anders als in London, wo Ken Livingstone über hinreichend eigene Amtsgewalt verfügt, um die Staugebühr zu veranlassen, benötigen andere Städte aufgrund des Transport Act 2000 die Zustimmung des Staatssekretärs für Verkehr.

Auch Städte anderer Länder beobachten das Londoner Modell. Beispielsweise zitierten Ratsmitglieder in Queens und Brooklyn einen Bericht der Londoner Handelskammer, der eine geschäftsschädigende Wirkung der Maut behauptete. Hierdurch sollte der Bürgermeister von New York City, Michael Bloomberg, präemptiv von einem Mautsystem abgeschreckt werden.

Literatur

  • London Congestion Research Programme, HMSO, ISBN 0-11-551755-3
  • Richards, M. G. (2006). Congestion Charging in London. The Policy and the Politics. Palgrave Macmillian.

Weblinks

Allgemeine Informationen

Berichte

Zeitungsartikel

Technische Details