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Knoblauchkröte

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Knoblauchkröte
Knoblauchkröte (Pelobates fuscus)
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Classis: Amphibien / Lurche (Amphibia)
Vorlage:Subclassis: Lissamphibia
Vorlage:Ordo: Froschlurche (Anura)
Vorlage:Subordo: Mesobatrachia
Vorlage:Superfamilia: Krötenfrösche (Pelobatoidea)
Vorlage:Familia: Europäische Schaufelfußkröten
(Pelobatidae)
Vorlage:Genus: Europäische Schaufelfußkröten
(Pelobates)
Vorlage:Species: Knoblauchkröte
Wissenschaftlicher Name
Pelobates fuscus
(Laurenti, 1768)

Die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) ist ein Froschlurch und gehört zur Vorlage:Superfamilia der Krötenfrösche und zur Vorlage:Genus der Europäischen Schaufelfußkröten (Pelobates).

Merkmale

Ausgewachsene Exemplare erreichen eine Körperlänge von maximal 6,5 (Männchen) bzw. 8 Zentimetern (Weibchen). Die Hautfarbe der Knoblauchkröte variiert je nach Lebensweise, regionalem Vorkommen und Geschlecht. Meist sind die Tiere oberseits hellgrau oder beigebraun gefärbt. Dieser Grundton wird durch dunkelbraune, oft streifenartige Flecken in unregelmäßige Muster unterteilt. Fast jedes Tier ist dadurch individuell unterscheidbar. Hinzu kommen noch rötliche oder braune Warzen, an den Flanken auch rote Tupfen. Weibchen haben in der Regel einen höheren Rotbraunanteil in den Farbtönen, Männchen tendieren eher zu Grau oder Lehmgelb. Manche Exemplare sind auch nahezu zeichnungslos.

Männchen mit typischem "Katzenauge"

Der Bauch ist weißlich, oft mit hell- bis dunkelgrauen Sprenkeln. Gelegentlich treten auch albinotische Formen auf. Die Männchen haben zur Paarungszeit verdickte Oberarmdrüsen. Weitere markante äußere Merkmale sind ein helmartiger „Scheitelhöcker“ am Hinterkopf sowie die senkrecht schlitzförmigen Pupillen, wie sie unter den mitteleuropäischen Froschlurchen außer der Knoblauchkröte nur noch die Geburtshelferkröte aufweist. Der bei allen Froschlurchen vorhandene Fersenhöcker (Callus internus) unter den Fußsohlen ist bei der Knoblauchkröte besonders vergrößert, umgeformt und scharfkantig verhärtet. Er dient dem Tier als „Grabschaufel“ (siehe unten). Dieses Merkmal – wie auch die Pupillenform – teilt sich die Art mit ihren nahen südeuropäischen Verwandten, dem Messerfuß (Pelobates cultripes) und der Syrischen Schaufelkröte (Pelobates syriacus), aber auch mit den Amerikanischen Schaufelfußkröten.

Der namensgebende Knoblauchgeruch, der diesem Froschlurch nachgesagt wird, ist nur bei einer starken Schreckreaktion wahrnehmbar. Das dabei abgegebene Sekret dient der Feindabwehr.

Fortpflanzung

Größenvergleich zwischen einer Knoblauchkrötenlarve und einer – schon weiter entwickelten – Erdkrötenlarve (unten)
Larve der Knoblauchkröte im Stadium der Metamorphose

Die Paarungsrufe der Männchen – auch Weibchen sind zu Lautbildungen fähig – sind sehr leise und werden in der Regel unter Wasser geäußert. Dadurch sind sie für den Beobachter nur aus nächster Nähe hörbar. Sie klingen etwa wie „wock .. wock .. wock“ oder „klock .. klock .. klock“. Die Rufzeit liegt in Mitteleuropa etwa zwischen Ende März/Anfang April und Mitte bis Ende Mai. Beim Amplexus wird das Weibchen vom Männchen in der Lendengegend umklammert – dies ist typisch für Arten der Mesobatrachia und Archaeobatrachia. Der Laich, der vor allem um vertikale Pflanzenstängel gewickelt wird, ähnelt eher dem der Echten Kröten als dem von Fröschen: Zumindest sind es auch Schnüre (keine Ballen bzw. Klumpen), die aber kürzer (circa 40-70 Zentimeter) und im Durchmesser wesentlich dicker (circa zwei Zentimeter) als bei Kröten der Gattung Bufo sind. Die als ältere Entwicklungsstadien auffällig großen, fischartigen Kaulquappen, die sich mit Gesamtlängen (einschließlich Schwanz) von 9 bis 12 Zentimetern – ausnahmsweise auch über 20 Zentimeter! – deutlich von vielen anderen Froschlarven unterscheiden, schwimmen gerne nahe unterhalb der Wasseroberfläche. Auch beim Verlassen des Larvalgewässers, also bei Vollendung der Metamorphose, sind die Tiere noch vergleichsweise groß: Mit 2 bis 3,5 Zentimetern sind sie gut doppelt so groß wie die meisten anderen frischmetamorphosierten Froschlurche in Europa. Knoblauchkröten können bereits nach einem Jahr geschlechtsreif werden; meist nehmen sie aber erst im zweiten Jahr nach der Metamorphose selbst am Reproduktionsgeschehen teil.

Lebensraum, Lebensweise

Lebensraum mit sandigem Boden – ideal für Knoblauchkröten

Die erwachsenen Kröten sind bis auf die Laichzeit bodenbewohnende Landtiere. Sie bevorzugen insbesondere Landschaften mit lockeren, sandigen bis sandig-lehmigen Oberböden (beispielsweise Heiden, Binnendünen). Hier können sich die Tiere mittels ihrer Fersenhöcker-„Schaufeln“ an den Hinterfüßen leicht eingraben. Die Grabtiefen liegen nach einer Untersuchung von Karen Jahn (vergleiche: Literatur) während der Laichzeit je nach Bodentyp und Umfeld nur zwischen 1,5 und 8 Zentimetern, in der übrigen Zeit aber wahrscheinlich deutlich tiefer (circa 10 bis 60 Zentimeter). Die gegrabenen Höhlungen werden von den Tieren mehrfach genutzt. Bei optimalen Umweltbedingungen werden die unterirdischen Tagesverstecke regelrecht zur Wohnhöhle ausgebaut, indem die Wände durch die Knoblauchkröte auf mechanischem Wege stabilisiert und gefestigt werden.

Sobald die abendliche Dämmerung anbricht, graben sich die Tiere aus ihrem unterirdischen Versteck frei, um an der Oberfläche auf Nahrungssuche zu gehen. Knoblauchkröten sind vorwiegend Insektenfresser. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Käfern, Feldgrillen, Heuschrecken, glatten Raupen, Asseln, kleinen bis mittelgroßen Schnecken und Regenwürmern.

Von der in der Landwirtschaft bestehenden Tendenz zu immer größeren Acker-Anbauflächen haben Knoblauchkröten teilweise sogar profitiert (siehe aber auch: Gefährdung). Je mehr offene, bearbeitete Bodenflächen mit lockerer Körnung vorliegen, desto häufiger wandern die Tiere in diese Lebensräume ein. Weil Knoblauchkröten in diesem Zusammenhang besonders gerne sandige Kartoffel- und Spargeläcker besiedeln, werden sie vermutlich regelmäßig bei der Ernte mit ausgegraben. Die Überraschung unter den Erntehelfern auf dem Kartoffelroder ist wohl groß, da diese Amphibien den Meisten unbekannt sind.

Naturnah entwickelte Kiesgrube

Als Laichbiotope werden kleinere bis mittelgroße, eutrophe Stillgewässer wie Weiher und Teiche mit einer Mindesttiefe von circa 30 Zentimetern bevorzugt. Gerne besiedeln sie auch sogenannte Sekundärbiotope wie Kies-, Sand- oder Tongruben. Eine vegetationsreiche Uferzone (beispielsweise aus Schwadenröhrichten und Flutrasen) kommt den Bedürfnissen der Tiere entgegen. Häufiger liegen die Laichplätze in der Nähe oder sogar inmitten von bewirtschafteten Ackerflächen. Zur Überwinterung graben sich Knoblauchkröten bis zu einem Meter tief in den Boden ein. Vorgefundene Erdhohlräume, wie Mauselöcher oder Maulwurfsgänge, werden bevorzugt als Winterquartier angenommen und nach den eigenen Bedürfnissen umgestaltet. Oberböden im Niedermoor sowie im Überflutungs- und Auenbereich werden von den Knoblauchkröten meistens gemieden. Eine Ausnahme ist die Elbtalaue, die mit Flugsanddünen, Geestinseln und fluviatilen Sandablagerungen durchsetzt ist. Hier hat die Art teilweise sehr individuenreiche Vorkommen. So wurden an einem Weiher beim niedersächsischen Gorleben fast 1500 zum Laichplatz wandernde Knoblauchkröten registriert. Dieser Befund war nur möglich, weil von Biologen ein Fangzaun um das Gewässer aufgebaut worden war, mit dem die Tiere nachgewiesen werden konnten. Allgemein ist davon auszugehen, dass die Vorkommen der Art aufgrund ihrer versteckten, unauffälligen Lebensweise noch nicht vollständig bekannt sind.

Verbreitung in Europa

Älteres, ungewöhnlich rot gefärbtes Exemplar der Knoblauchkröte (Weibchen)

Die Verbreitung erfasst hauptsächlich das Tiefland Mittel- und Osteuropas. Die Knoblauchkröte ist eine kontinental-pontisch verbreitete Spezies. Die westlichsten Vorkommen befinden sich an der Ostgrenze von Frankreich (Rheingebiet) und im Osten der Niederlande, die nördlichsten in Dänemark und Estland. Im Osten reicht das Areal bis nach Kasachstan und im Süden bis nach Oberitalien, Nordserbien und Bulgarien. In der Schweiz gilt die Art als ausgestorben bzw. hat einen ungewissen Status, in Österreich ist sie außerhalb des Alpenraumes zerstreut bis selten feststellbar (Steiermark, Oberösterreich, Burgenland, Niederösterreich, Wien).

Verbreitung in Deutschland

Die Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland liegen überwiegend in Flachlandbereichen aller nordöstlichen Bundesländer (= nordostdeutsches Tiefland) sowie in Niedersachsen (dort insbesondere in der Osthälfte), außerdem im nördlichen Freistaat Bayern (vor allem: Fränkische Teichlandschaft) sowie im Oberrheinischen Tiefland (Baden-Württemberg, Süd-Hessen). Ansonsten findet man Vorkommen dieser Art nur vereinzelt oder sie fehlen ganz.

Gefährdung

Knoblauchkröten leiden wie alle mitteleuropäischen Amphibien vor allem unter der Zerstörung oder Beeinträchtigung von Kleingewässern in der Kulturlandschaft durch Zuschüttung oder Eintrag von Müll und Umweltgiften. Auch die Einschwemmung von Düngerstoffen belastet viele Gewässer und trägt zu ihrer vorzeitigen Verlandung durch Eutrophierung bei. Allerdings scheinen gerade Knoblauchkröten in dieser Hinsicht etwas weniger empfindlich zu sein als Arten wie etwa der Laubfrosch. Werden von Menschen Fische in Kleingewässer eingesetzt, die dort natürlicherweise nicht vorkommen würden, führt dies in der Regel zum Zusammenbruch von Lurchpopulationen, da deren Laich und Larven von den meisten Fischen gefressen werden. In extensiven Karpfenteichwirtschaften mit naturnahen Röhrichtzonen können Knoblauchkröten aber recht gut überleben und auch größere Bestände aufbauen. Dies ist dann manchmal zum Ärger von Teichwirten, die die großen Kaulquappen als lästig, vielleicht auch als Nahrungskonkurrenten ihrer Karpfen wahrnehmen. Daher kommt es leider immer noch zur Bekämpfung der völlig harmlosen Kaulquappen, die sich nur von organischen Schwebstoffen und gelegentlich Aas ernähren.

Die Besiedlung von Ackerflächen ist für die Knoblauchkröten mit erheblichen Gefahren verbunden, von landwirtschaftlichen Maschinen während der Bodenbearbeitung verletzt oder getötet zu werden, letale Hautverätzungen durch Kunstdünger zu erleiden, bei der Feldausbringung von Klärschlamm und Gülle in Mitleidenschaft gezogen zu werden (vor allem bei der Frühjahrswanderung zum Laichgewässer!) sowie durch Pestizide direkt oder mittelbar über die Nahrungskette vergiftet zu werden.

Gesetzlicher Schutzstatus

Rote Liste-Einstufungen

  • Rote Liste Bundesrepublik Deutschland: 2 – „stark gefährdet“
  • Rote Liste Österreichs: 2 – „stark gefährdet“
  • Rote Liste der Schweiz: DD (Datenlage defizitär)

Nomenklatur

Veraltete wissenschaftliche Synonyme sind Bufo fuscus Laurenti, 1768, Rana fusca Freyhans, 1779 und Bombina marmorata Koch, 1828. Wenig gebräuchliche deutsche Synonyme sind „Knoblauchskröte“, „Knoblauchfroschkröte“ oder „Brauner Krötenfrosch“. Im Englischen wird die Art „Common Spadefoot“ genannt, im Französischen „Pélobate brun“, im Niederländischen „Knoflookpad“, im Italienischen „Pelobate bruno“, im Polnischen „Grzebiuszka ziemna“.

Literatur

  • Jahn, K. (1996): Beobachtungen zur Eingrabtiefe von Pelobates fuscus während der Laichzeit. – Zeitschrift Feldherpetologie 4: 165-172. ISBN 3-933066-00-X
  • Mertens, R. (1975): Die Lurche und Kriechtiere des Rhein-Main-Gebiets. – Verlag Kramer, Frankfurt/M.
  • Nöllert, A. (1990): Die Knoblauchkröte. – Neue Brehm-Bücherei (2. Aufl.), 103 S.
  • Nöllert, A. & R. Günther (1996): Knoblauchkröte - Pelobates fuscus (Laurenti, 1768). – In: Günther, R. (Hrsg.) (1996): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. – G. Fischer-Verlag, 252-274.
  • Sacher, P. (1987): Mehrjährige Beobachtung an einer Population der Knoblauchkröte (Pelobates fuscus). – Hercynia N.F. Bd. 24,142-152.
  • Sinsch, U. (1988): Auskiesungen als Sekundärhabitate für bedrohte Amphibien und Reptilien. – Salamandra 24 (2/3): 161-174.

Weblinks

Commons: Knoblauchkröte – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien