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Whidbey-Island-Klasse

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USS Fort McHenry 2002 im Pazifik
USS Fort McHenry 2002 im Pazifik
Übersicht
Typ Docklandungsschiff
Einheiten 8 gebaut, 8 in Dienst
Namensgeber Insel Whidbey Island
Dienstzeit

seit 1985

Technische Daten
Verdrängung

voll beladen 15.939 ts

Länge

185,6 Meter

Breite

25,6 Meter

Tiefgang

6,4 Meter

Besatzung

22 Offiziere, 391 Mannschaften, bis zu 500 Marines

Antrieb

2 Propeller, vier Dieselmototen; 33.000 Wellen-PS

Geschwindigkeit

20+ Knoten

Reichweite

8000 Seemeilen bei 20 Knoten

Bewaffnung

2 Phalanx, 2 Starter für Luftabwehrraketen

Die Whidbey-Island-Klasse ist eine Klasse von Docklandungsschiffen der United States Navy. Die acht Einheiten der Klasse wurden seit 1981 gebaut und dienen der amphibischen Kriegsführung. Sie wurden geplant, um die parallel entwickelten Luftkissen-Landungsboote vom Typ Landing Craft Air Cushioned (LCAC) zu transportieren. Mit einer Kapazität von vier LCACs können sie mehr Boote dieses Typs aufnehmen als sämtliche anderen Schiffe der US Navy.

Neben dem Transport von Soldaten und Fracht für Landungsunternehmen können die Boote auch für die Unterstützung humanitärer Missionen eingesetzt werden.

Geschichte

Planung und Bau

Datei:USS Comstock (LSD-45) just before launch.jpg
Comstock vor dem Stapellauf

Die Whidbey-Island-Klasse wurde in den 1970er Jahren geplant, um die neuen Landing Craft Air Cushioned aufzunehmen. Das Design sollte von der vorhergehenden Anchorage-Klasse abgeleitet werden,[1] auf Grund von Spezifikationsänderungen konnte diese kostensparende Maßnahme letztlich nicht durchgeführt werden, so dass eine komplette Neuplanung durchgeführt werden musste.[2] Obwohl der Kongress der Vereinigten Staaten den Bau der Klasse unterstützte, verzögerte die Regierung unter Jimmy Carter diesen immer wieder, stellte zwischenzeitlich gar das ganze Konzept der Landungsboote auf den Prüfstand. Grund hierfür war die schlechte Haushaltslage der Vereinigten Staaten in der Zeit der Stagflation und der galoppierenden Inflation der Zeit. Erst unter Ronald Reagan wurde der Bau schließlich genehmigt. Die Regierung trieb den Bau energisch voran, da die zu ersetzenden Docklandungsschiffe am Ende ihrer Dienstzeit angekommen waren. Außerdem hatte Reagans Marineminister John F. Lehman das Programm der Marine der 600 Schiffe ausgerufen, von dem die Klasse profitierte.

Bereits Anfang Februar 1981, kurz nach der Regierungsübernahme Reagans, wurde die erste Einheit der Klasse in Auftrag gegeben, innerhalb von viereinhalb Jahren waren sämtliche acht geplanten Einheiten bestellt. Die Indienststellung der ersten Einheit fand 1985 statt. Alle Einheiten waren bis 1992 in Dienst. Bauwerft für die ersten drei Einheiten war die Lockheed Shipbuilding and Construction Company in Seattle, die aber 1987 geschlossen wurde. Die restlichen fünf Einheiten wurden daher bei Avondale Shipyard in New Orleans gefertigt. Die Kosten für die Lockheed-Einheiten lagen, inklusive Planung, im Schnitt bei rund 300 Millionen, die Baukosten der restlichen fünf um 150 Millionen US-Dollar.[3]

Benannt wurden die Schiffe, der Tradition für die Benennung solcher Schiffstypen entsprechend, nach historischen Stätten der frühen Vereinigten Staaten, darunter die Insel Whidbey Island im Puget Sound, die Villa Gunston Hall des Gründungsvaters George Mason, die Inselgruppe Dry Tortugas in den Florida Keys und das Mount Rushmore National Memorial.

Dienstzeit

Im Dienst ersetzten die Einheiten der Klasse die älteren Docklandungsschiffe der Thomaston-Klasse, die zwischen 1954 und 1957 in Dienst gingen und dringend ersetzt werden mussten. Außerdem wurden hierfür vier Einheiten der Harpers-Ferry-Klasse geplant und gebaut. Diese besitzen den selben Rumpf wie die Whidbey-Island-Klasse, haben aber zur Aufnahme von mehr Frachtstücken ein verkleinertes Welldeck.

Die Einheiten der Klasse sollen ab 2024 außer Dienst gestellt werden, damit geht die Navy von einer Lebensdauer von rund 40 Jahren pro Einheit aus. Ersetzt werden sollen die Schiffe der Whidbey-Island- und Harpers-Ferry-Klasse durch eine neue Klasse, die sich derzeit in Planung befindet. Der Projektname lautet LSD(X), ab 2020 soll die Beschaffung von 12 Einheiten des Ersatzes starten und die alten Docklandungsschiffe dann 1:1 ersetzen.[4]

Einsätze

Die vor 1990 fertiggestellten Einheiten wurden gleich im Zweiten Golfkrieg eingesetzt. Auch in den Kriegen in Afghanistan und im Irak (seit 2001 bzw. 2003) werden die Schiffe regelmäßig verwendet. Neben der Durchführung amphibischer Landungsoperationen sind Docklandungsschiffe vor allem bei humanitären Einsätzen, etwa nach dem Hurrikan Katrina oder dem Seebeben im Indischen Ozean 2004, nützlich. 2005 war die Tortuga vor New Orleans im Einsatz. Mittels der LCAC und per Helikopter konnten große Mengen Hilfsgüter an Land gebracht werden, kleinere Boote der Tortuga konnten durch die überfluteten Straßen der Millionenstadt fahren, um der Bevölkerung direkt zu helfen. Für obdachlos gewordene diente das Schiff zwischenzeitlich als „schwimmendes Hotel“. Ähnlich agierten die Einheiten Fort McHenry und Rushmore nach dem Tsunami in Südostasien 2004.

2008 sind je vier Einheiten im Pazifk und im Atlantik stationiert. Heimathäfen sind im Pazifik die San Diego Naval Base für drei und Sasebo, Japan für eine Einheit, im Atlantik die Naval Amphibious Base Little Creek.

Technik

Rumpf

Die Rushmore mit geöffnetem Welldeck und gefluteten Ballasttanks

Die Schiffe der Whidbey-Island-Klasse sind 185,6 Meter lang (über alles, Kielwasserlinie 176,8 Meter) und 25,6 Meter breit. Der Tiefgang beträgt rund 6,4 Meter. Voll beladen verdrängen die Schiffe rund 16.000 Standard-Tonnen (ts). Sowohl Rumpf als auch Aufbauten sind aus Stahl gefertigt. Das damit verbundene höhere Gewicht wurde in Kauf genommen, da Stahl bei dem Ausbrechen eines Feuers weit beständiger ist als etwa Leichtmetalle wie das früher häufig verwendete Aluminium.

Die Aufbauten nehmen mit dem Deckshaus etwa das vordere Drittel des Decks ein, dahinter folgt ein Bereich mit einem 60- und einem 20-Tonnen-Kran zum Beladen des Welldecks und eines Decksbereichs neben der Öffnung, auf dem Verkehrsboote gelagert werden. Daran schließt sich ein Landedeck für Helikopter an.

Von den 176 Metern Rumpflänge werden intern 134 Meter vom Welldeck eingenommen. Es ist 15 Meter breit und mit einer Fläche von über 2000 m² das größte aller Schiffe der United States Navy. Vor dem Welldeck existieren noch 149 m³ für die Lagerung von Paletten und 1214 m³ Parkfläche für Fahrzeuge. Der Unterdecks-Laderaum wird mittels der beiden Kräne von der Kaimauer beladen, alternativ kann Fracht auch über das Welldeck eingeschifft werden. Das Welldeck wird durch ein am Heck gelegenes Tor zur See hin geöffnet. Zum Ein- und Ausfahren der Amphibienfahrzeuge kann es achtern kann es auf eine Tiefe von rund drei Metern geflutet werden, am Bug noch auf rund 1,8 Meter. Hierfür nimmt das Schiff über 12.000 Tonnen Seewasser auf, so dass die maximale Verdrängung auf bis zu 28.000 Tonnen ansteigt. Außerdem kann durch eine Barriere ein beliebig langer Teil des Welldecks Richtung Bug trocken gehalten werden, während achtern geflutet wird.

Auf jedem Schiff der Klasse leben neben der regulären Besatzung von 22 Offizieren und 391 Mannschaften auch je nach Missionstyp bis zu 500 Marines (regulär 402 Truppen und bis zu 102 zusätzliche Marines je nach Bedarf). Damit die Schiffe bei Landungsoperationen auch neben dem reinen Transport noch dienlich sein können, besitzen sie neben den Schlafplätzen und Messen noch zahnärztliche wie humanmedizinische Operationsräume. Im Welldeck können amphibische Fahrzeuge nicht nur transportiert sondern auch repariert werden.

Eingeschiffte Fahr- und Fluggeräte

Per LCAC werden Fahrzeuge der koreanischen Streitkräfte von der Tortuga entladen

Die Whidbey-Island-Klasse war die erste Klasse, die für den Transport des parallel entwickelten Luftkissen-Landeboot Landing Craft Air Cushioned (LCAC) ausgelegt war. Mit ihrem großen Welldeck kann jedes Schiff vier LCAC tragen, mehr als jedes andere Schiff der US Navy. Alternativ können drei Landing Craft, Utility, zehn LCM-8, 21 LCM-6 oder bis zu 64 AAV7 geladen werden. Es ist möglich, auf der Parkfläche vor dem Welldeck noch ein fünftes LCAC zu parken.

Ein Hangar existiert auf diesem Entwurf, typisch für Docklandungsschiffe, nicht. Auf dem Landedeck können, so es nicht mit Fracht oder Fahrzeugen belegt ist, zwei Helikopter sämtlicher verwendeter Typen gleichzeitig operieren, eine dauerhafte Aufnahme ist auf Grund der nicht möglichen geschützten Mitführung nicht angedacht. Lediglich zum Auftanken der Helikopter führen die Schiffe 90 Tonnen Kerosin des Typs JP-5 mit.

Antrieb

Der Antrieb der Schiffe besteht aus vier 16-Zylinder-Dieselmotoren der Colt Industries. Diese wirken auf zwei Wellen mit je einem Propeller. Verwendung finden fünfblättrige Controllable Pitch Propeller. Die Leistung des Antriebssystems beträgt 30.000 Wellen-PS. Energie für die Bordsysteme wird von vier Ship Service Diesel Generators erzeugt, hergestellt von Fairbanks, Morse and Company. Jeder Generator besitzt eine Leistung von 1,3 Megawatt.

Die Geschwindigkeit wird von der US Navy offiziell mit 20+ Knoten angegeben. Die Reichweite bei einer Marschgeschwindigkeit von 20 Knoten liegt ohne unterwegs zu Bunkern bei 8000 Seemeilen.

Bewaffnung

Der RAM-Starter auf dem Vorschiff der Germantown

Die Bewaffnung ist ausschließlich defensiv angelegt. Sie besteht aus zwei Close-in-Weapon-Systems des Typs Phalanx CIWS und zwei Startern für jeweils 21 RIM-116 Rolling Airframe Missile. Während das Phalanx-Geschütz anfliegende Raketen mit einer großen Zahl von Projektilen abzuschießen versucht, ist die RIM-116 ein raketenbasiertes Verteidigungssystem. Zu Beginn bestand die Bewaffnung nur aus den Phalanx, die RAM wurden erst in den 1990er Jahren nachgerüstet.

Zusätzlich besitzt jedes Schiff sechs Maschinengewehre des Typs Browning M2 mit einem Kaliber .50 und zwei Maschinenkanonen des Typs Mk. 38 zur Abwehr von feindlichen Speed- oder Schlauchbooten, besonders, wenn die Schiffe im Hafen liegen.

Während der Planung war außerdem das Mark 71 Leichtgewichtsgeschütz als mögliche offensive Bewaffnung im Gespräch, dies wurde aber wieder verworfen.[1]

Elektronik

Auf dem Deckshaus steht ein einzelner Mast, auf dem sich die Radaranlagen der Docklandungsschiffe befinden. Als Luftsuchradar ist ein SPS-49 von Raytheon in Betrieb, als Oberflächensuchradar ein SPS-67 von Norden Systems/Northrop Grumman. SPS-64, ebenfalls von Raytheon, ist als Navigationsradar installiert.

Zur elektronischen Kampfführung ist das SLQ-32-Paket an Bord, zur Selbstverteidigung gegen anfliegende Raketen können die Schiffe das System Super Rapid Bloom Offboard Chaff einsetzten, zum Ablenken von Torpedos kann die AN/SLQ-25 Nixie nachgeschleppt werden. Anfliegende Helikopter werden mittels eines Tactical Air Navigation (TACAN) des Typs URN-25 geführt.

Einsatzprofil

Die Docklandungsschiffe der Whidbey-Island-Klasse werden im Rahmen von Expeditionary Strike Groups eingesetzt. Diese gruppieren sich um ein amphibisches Angriffsschiff entweder der Tarawa- oder Wasp-Klasse, als Eskorte wird außerdem ein Mix aus drei Zerstörern und Kreuzern und ein Atom-U-Boot eingesetzt. Die Docklandungsschiffe dienen in diesen Gruppen als Lastschiffe. Sie transportieren bis zu 500 Marines und deren persönliches Equipment, teilweise auch schweres Gerät. Diese werden mit Landungsbooten und/oder Helikoptern angelandet.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Stefan Terzibaschitsch: Seemacht USA. Bechtermünz-Verlag, ISBN 3-86047-576-2, Seite 585
  2. Stefan Terzibaschitsch: Seemacht USA. Bechtermünz-Verlag, ISBN 3-86047-576-2, Seite 892
  3. U.S. Navy Shipbuilding auf coltoncompany.com (via archive.org, engl.)
  4. The Future of the Navy's Amphibious and Maritime Prepositioning Forces des Congressional Budget Office (engl.)