Dies ist ein als exzellent ausgezeichneter Artikel.

Hakenblatt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. April 2006 um 00:03 Uhr durch AF666 (Diskussion | Beiträge) (→‎Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Hakenblatt
Hakenblatt (juvenile Pflanze)
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Classis: Dreifurchenpollen-Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Vorlage:Subclassis: Nelkenähnliche (Caryophyllidae)
Vorlage:Ordo: Nelkenartige (Caryophyllales)
Vorlage:Familia: Hakenblattgewächse
(Dioncophyllaceae)
Vorlage:Genus: Hakenblätter (Triphyophyllum)
Wissenschaftlicher Name
Triphyophyllum peltatum
(Hutch. & Dalziel) Airy Shaw

Das Hakenblatt (Triphyophyllum peltatum), auch Dreifaltigblatt genannt, ist eine Pflanze, die zwar karnivor ist, aber nur optional und zeitweise Fallen ausbildet. Sie kommt ausschließlich in einigen westafrikanischen Regenwäldern vor und ist die einzige Art einer Gattung aus der Familie der Hakenblattgewächse (Dioncophyllaceae).

Beschreibung

Vegetativer Habitus

Das Hakenblatt ist eine Liane mit gut ausgeprägtem Wurzelwerk, die im Alter eine Länge von bis zu siebzig Metern erreichen kann.

Die Pflanze durchläuft während ihrer Entwicklung drei verschiedene Stadien, in jedem hat sie eine andere Blattform.

Die bis zu 40 cm langen, flachen, lanzettförmigen Blätter junger Pflanzen stehen schopfförmig an dicht stehenden Internodien, dieses erste Stadium kann bis zu mehreren Jahren dauern.

Hakenblatt (Aufsicht)

Wenn die Pflanze eine Höhe von ca. 35 bis 40 cm erreicht hat, tritt sie mit dem Anfang der nächsten Regenzeit (ca. ab Juni) in ihr karnivores Stadium ein. Dabei tritt ihre Verwandtschaft mit dem Taublatt zutage: sie bildet, diesem ähnlich, passive Klebefallen in Gestalt bis zu 25 Zentimeter langer, tentakelbesetzter Fangblätter aus, die allerdings bereits nach wenigen Wochen wieder abgeworfen werden. Die Sekrettropfen an den Tentakeln sind die wohl größten aller Tentakeln, die Pflanzen sind so befähigt, auch relativ große Beutetiere festzuhalten und zu verdauen, als Verdauungsenzyme finden sich Proteasen, Esterase und Peroxidase. Als Beutetiere finden sich zum größten Teil Käfer, des weiteren Tausendfüßer, Hundertfüßler, Grillen, Termiten, Motten, Wespen, Moskitos sowie Spinnen.

Die Funktion der Karnivorie hierbei ist, der Pflanze für den nach diesem Stadium folgenden Wachstumsschub genügend Nährstoffe (insbesondere wohl Kalium) zu verschaffen. Soweit das Nährstoffangebot jedoch bereits ausreichend ist, wird das Stadium der Karnivorie ausgelassen und die Pflanze beginnt direkt mit dem Austrieb.

Mit dem Übergang in das letzte, erwachsene Stadium bildet die Pflanze einen Trieb mit verlängerten Internodien aus, der nach wenigen Wochen bereits mehrere Meter hoch ist. Die jetzt gebildeten Blätter ähneln stark denen der verwandten Nepenthes und tragen an der Spitze zwei Haken zum Klettern.

Hakenblatt, Spross

Blüten

Aus der Kultur des Würzburger Botanischen Gartens wurde eine Blütezeit im Mai/Juni berichtet. Aus den Blattachseln der adulten Pflanze wächst ein sympodialer Blütenstand aus bis zu achtzig Blüten. Am Blütenstand stehen an jedem Zweig von bis zu zwei Zentimetern Länge je fünf Einzelblüten. Jede Blüte besitzt einen bis zu vier Zentimetern langen, unbehaarten und dunkelroten Blütenstiel. Die Blüten sind sternförmig, weiß oder pink und klein, sie duften schwach und blühen lediglich einen Tag von Tagesanbruch bis zur Abenddämmerung. Über mögliche Bestäuber ist wenig bekannt, sicher ist nur, dass es sich um ein Tagtier handeln muss, möglicherweise eine Schwebfliegenart. Die Blüten sind selbstbestäubend.

Früchte und Samen

Die Samen der Pflanzen sind 5 bis 8 cm groß, rötlich überhaucht, gestielt und scheibenförmig. Die Kapselfrüchte klappen bereits vor der Samenreife auf, wenn die nur wenigen enthaltenen, mit ihrem bis zu 5 Zentimeter langen Stiel am Inneren der Kapsel befestigten Samen noch vergleichsweise klein sind. Diese wachsen und reifen innerhalb von 2 Monaten nach der Blüte während der Regenzeit heran. Sie gelten als die einzigen bekannten Samen des Pflanzenreiches, die größer sind als die Früchte, die sie hervorbringen, durch ihren Schirm können sie vom Wind weit verbracht werden. Die Samen keimen kryptokotylar, das heißt, die Keimblätter verbleiben anfangs innerhalb des Samenkornes und nehmen erst dessen Reserven, das sogenannte Endosperm, auf. Die Chromosomenzahl ist 2n=36.

Inhaltsstoffe

Das Hakenblatt enthält rund 90 verschiedene Naphthylisochinolin-Alkaloide, sein Gehalt daran ist typisch für ein Mitglied der Familie der Hakenblattgewächse. Einige dieser Alkaloide erwiesen sich unter Laborbedingungen wirksam gegen verschiedene Krankheiten. Allerdings handelt es sich hierbei noch um reine Grundlagenforschung, zur Entwicklung echter Medikamente fehlen noch wichtige weitere Untersuchungen, derzeit ist noch keiner der neu entdeckten Inhaltssstoffe ein verwendbarer Stoff.

2003 wurde aus dem Hakenblatt ein namens Habropetalin A isoliert, das sich als wirksam gegen den Erreger der tropischen Malaria, Plasmodium falciparum, erwies. Ebenfalls aktiv gegen Malaria und (als sogenanntes dimeres Alkaloid) auch gegen HIV ist Dioncophyllin C. Dioncophyllin A ist wirksam bei der Bekämpfung von Süßwasserschnecken, die als Zwischenwirte Bilharziose verbreiten und Dioncophyllin B ist ebenso ein Pflanzenfungizid wie das auch enthaltene Plumbagin, das durch seine mikrobizide Wirkung die Pflanze wahrscheinlich vor Pilzen und Bakterien schützt.

Systematik und Phylogenetik

Das Hakenblatt gehört zu einer monophyletischen Klade innerhalb der Nelkenartigen, die zum einen aus den Hakenblattgewächsen und den Ancistrocladaceae sowie den Kannenpflanzengewächsen, den Sonnentaugewächsen und den Taublattgewächsen gebildet wird. Die beiden Schwesterfamilien Hakenblattgewächse und Ancistrocladaceae haben dabei die Karnivorie wieder verloren, allein das Hakenblatt verfügt noch darüber.

      ┌─────────────────────── Kannenpflanzengewächse (Nepenthaceae)
      │
      │
      │                  
──────┤                  ┌──── Ancistrocladaceae               
      │                  │   
      │              ┌───┤ 
      │              │   │
      └──────────────┤   └──── Hakenblattgewächse (Dioncophyllaceae)
                     │   
                     └──────── Taublatt (Drosophyllum lusitanicum)
Kladogramm nach [1]

Verbreitung

Das Hakenblatt ist beheimatet in den Regenwäldern Westafrikas (Côte d'Ivoire, Liberia und Sierra Leone).

Die Pflanze ist durch die massive Abholzung des tropischen Regenwaldes in der Region bedroht, ein wichtiges Schutzgebiet stellt der Tai National Park der Elfenbeinküste dar, in dem die Pflanze häufig ist.

Habitat

Das Hakenblatt benötigt als tropische Liane Wärme (bis 35 °C) und eine hohe Luftfeuchtigkeit (bis über 90 %). Sie wächst ausschließlich in dichten, immergrünen Wäldern. Diese werden zum einen als "Eremospatha macrocarpa und Diospyros mannii-Wälder", wo sie auf schwach sauren und nährstoffarmen Lateritböden in Gesellschaft mit Pflanzen wie Eremospatha macrocarpa, Diospyros mannii, Diospyros gabunensis, Maranthes chrysophylla, Chrysophyllum perpulchrum und Chidlowia sanguinea wächst, sowie zum anderen als "Diospyros spp. und Mapania spp.-Wälder" im Tiefland auf Lehmböden in Gesellschaft mit Mapania-Arten und Tarrietia utilis klassifiziert.

Botanische Geschichte

Das Hakenblatt wurde bereits 1907 entdeckt und 1920 von Auguste Chevalier als Ouratea glomerata erstbeschrieben. 1927 erfolgte eine Neubeschreibung durch Hutchinson und Dalziel als Dioncophyllum peltatum und 1952 eine Taxierung als eigene Gattung durch Airy Shaw. Dabei entstammt der Gattungsname ihrer Eigenart, im Laufe ihres Lebens drei verschiedene Blattformen auszubilden (aus dem Griechischen: tria = drei, phyo = wachsen und phyllon = Blatt), das Epitheton peltatum verweist auf die schildförmigen Samen (griechisch pelté = Schild). Die Entdeckung ihrer Karnivorie geht zurück auf das Jahr 1979.

Erst seit Mitte der 1990er Jahre begann eine intensivere Erforschung der Art durch einen Arbeitskreis der Universität Würzburg um Prof. Dr. Gerhard Bringmann. Dank dieser Arbeitsgruppe stellt die Art die wohl mittlerweile am besten erforschte Art der Familie der Hakenblattgewächse dar.

1999 gelang dem Botanischen Garten der Universität Würzburg erstmals in Kultur, Pflanzen von der Aussaat bis zur Blüte und Fruchtbildung durch ihren gesamten Lebenszyklus hindurch zu beobachten. Damit sind die Aussichten für die Erhaltung der Art zumindest in Kultur erheblich gestiegen, die Art ist aktuell in drei Botanischen Gärten in Kultur (Abidjan, Würzburg, Bonn).

Literatur

  • Ancistrocladaceae and Dioncophyllaceae: Botanically Exciting and Phytochemically Productive Tropical Lianas. Volltext Online
  • Barthlott, Wilhelm; Porembski, Stefan; Seine, Rüdiger; Theisen, Inge: Karnivoren. Stuttgart, 2004, ISBN 3-8001-4144-2
  • Bringmann, G.; Messer, K.; Schwobel, B.; Brun, R.; Ake Assi, L.: Habropetaline A, an antimalarial naphthylisoquinoline alkaloid from Triphyophyllum peltatum. In: Phytochemistry. 2003 Feb; 62(3):345-9.
  • Bringmann, G., Rischer, H., Schlauer, J., & K. Wolf. 2002, The tropical liana Triphyophyllum peltatum (Dioncophyllaceae): formation of carnivorous organs is only a facultative prerequisite for shoot elongation., Carnivorous Plant Newsletter. 31: 44-52.
  • Bringmann, G., Schlauer, J, Wolf, K., Rischer, H., Buschboom, U., Kreiner, A., Thiele, F., Duscheck, M., & L. Ake Assi. 1999, Cultivation of Triphyophyllum peltatum (Dioncophyllaceae), the part-time carnivorous plant, Carnivorous Plant Newsletter. 28: 7-13. Volltext Online
  • Meimberg, H.; Dittrich, P.; Bringmann, G.; Schlauer, J.; Heubl, G.: Molecular Phylogeny of Caryophyllidae s.l. based on matK sequences with special emphasis on carnivorous taxa, in: Plant Biology, 2000, 2, 218-228.
  • Shaw, Airy: On the Dioncophyllaceae, a remarkable new family of flowering plants. Kew Bulletin 327–347, 1951

Weblinks

Commons: Hakenblatt – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien