„Shandit“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Mineral
{{inuse}}
| Mineralname = Shandit
{{QS-Minerale}}
| Bild = Shandite, Heazlewoodite, Sphalerite-381095.jpg
'''Shandit''' ist ein [[Mineral]] der Zusammensetzung Ni<sub>3</sub>Pb<sub>2</sub>S<sub>2</sub> (alternative Schreibweise Pb<sub>2</sub>Ni<sub>3</sub>S<sub>2</sub>).
| Bildbeschreibung = Polierter Abschnitt von Nickelerz mit [[Heazlewoodit]] (gelb), [[Sphalerit]] (grau) und<br>Shandit (cremefarben)
| Andere_Namen =
| Ähnliche_Minerale =
<!-- Allgemeines und Klassifikation -->
| Chemismus = Ni<sub>3</sub>Pb<sub>2</sub>S<sub>2</sub><ref name="StrunzNickel" /><ref name="IMA-Liste-2020-09" />
| Mineralklasse = Sulfide und Sulfosalze
| Kurzform_Strunz_8 = II/A.05
| Kurzform_Strunz_9 = 2.BE.15
| Kurzform_Dana = 02.03.05.01
<!-- Kristallographie -->
| Kristallsystem = trigonal
| Kristallklasse = {{Kristallklasse|-32/m}}
| Raumgruppe = {{Raumgruppe|R-3m|kurz}}<ref name="StrunzNickel" />
| Raumgruppen-Nr =
| Gitterparameter_a = 5,59
| Gitterparameter_b =
| Gitterparameter_c = 13,58
| Gitterparameter_alpha =
| Gitterparameter_beta =
| Gitterparameter_gamma =
| Formeleinheiten = 3
| Ref_Gitterparameter = <ref name="StrunzNickel" />
| häufige_Kristallflächen =
| Zwillingsbildung =
<!-- Physikalische Eigenschaften -->
| Mohshärte = 4
| Dichte = gemessen: 8,72; berechnet: 8,87<ref name="Datenblatt" />
| Spaltbarkeit = vollkommen nach {1011};<ref name="Webmineral" /> rhomboedrisch<ref name="Datenblatt" />
| Bruch =
| Farbe = messinggelb,<ref name="Lapis" /> auf polierten Flächen cremeweiß<ref name="Datenblatt" />
| Strichfarbe = grau<ref name="Lapis" />
| Transparenz = undurchsichtig (opak)
| Glanz = Metallglanz
| Radioaktivität =
| Magnetismus =
<!-- Kristalloptik -->
| Brechungsindex_n_alpha =
| Brechungsindex_n_beta =
| Brechungsindex_n_gamma =
| Brechungsindex_n_e =
| Brechungsindex_n_o =
| Brechungsindex_n =
| Doppelbrechung =
| Optischer_Charakter =
| Optischer_Achsenwinkel =
| Pleochroismus =
<!-- Weitere Eigenschaften -->
| chemisches_Verhalten =
| besondere_Kennzeichen =
}}
'''Shandit''' ist ein selten vorkommendes [[Mineral]] aus der [[Systematik der Minerale|Mineralklasse]] der „[[Sulfide]] und [[Sulfosalze]]“ mit der [[Chemische Formel|chemischen Zusammensetzung]] Ni<sub>3</sub>Pb<sub>2</sub>S<sub>2</sub><ref name="StrunzNickel" /> und damit chemisch gesehen [[Nickel]]-[[Blei]]-Sulfid.


== Geschichte ==
== Etymologie und Geschichte ==
Es wurde 1948 vom deutschen Mineralogen [[Paul Ramdohr]] in [[Trial Harbour]] (Australien) auf einer Probe des Minerals [[Heazlewoodit]] (Ni<sub>3</sub>S<sub>2</sub>) entdeckt.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Ramdohr |Titel=Über das Vorkommen von Heazlewoodit Ni3S2 und über ein neues ihn begleitendes Mineral: Shandit Ni3Pb2S2 |Hrsg= |Sammelwerk=Sitzungsberichte der Deutsch. Akad. d. Wiss. Berlin, Math-nat. Klasse |Band=6 |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=1948 |ISBN= |Seiten=1-30}}</ref> Ramdohr konnte aus wenigen - vor allem optischen - Untersuchungen die Zusammensetzung und die trigonale Symmetrie (R{{overline|3}}m) des Shandits korrekt bestimmen. Er benannte sein Mineral nach dem schottischen [[Petrologe]]n [[Samuel Shand]].
Es wurde 1948 vom deutschen Mineralogen [[Paul Ramdohr]] in [[Trial Harbour]] (Australien) auf einer Probe des Minerals [[Heazlewoodit]] (Ni<sub>3</sub>S<sub>2</sub>) entdeckt.<ref name="Ramdohr" /> Ramdohr konnte aus wenigen - vor allem optischen - Untersuchungen die Zusammensetzung und die trigonale Symmetrie (R{{overline|3}}m) des Shandits korrekt bestimmen. Er benannte sein Mineral nach dem schottischen [[Petrologe]]n [[Samuel Shand]].


== Klassifikation ==
== Gruppe der Shandite und Halbantiperowskite ==
Bereits in der veralteten [[Systematik der Minerale nach Strunz (8. Auflage)#II/A. Sulfide etc. mit M : S > 1 : 1|8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz]] gehörte der Shandit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide etc. mit [dem Stoffmengenverhältnis] M&nbsp;:&nbsp;S&nbsp;>&nbsp;1&nbsp;:&nbsp;1“, wo er zusammen mit [[Parkerit]] die „Parkerit-Shandit-Gruppe“ mit der System-Nr. ''II/A.05'' bildete.


Im ''Lapis-Mineralienverzeichnis'' nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von [[Karl Hugo Strunz]] richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. ''II/B.12-20''. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Sulfide, Selenide und Telluride mit [dem Stoffmengen]Verhältnis Metall&nbsp;:&nbsp;S,Se,Te&nbsp;>&nbsp;1&nbsp;:&nbsp;1“, wobei in den Gruppen II/B.12 bis II/B.17 die Sulfide mit vorherrschend Nickel, Cobalt, Rhodium und Palladium eingeordnet sind. Shandit bildet hier zusammen mit [[Heazlewoodit]], [[Laflammeit]], [[Oregonit]], [[Parkerit]], [[Pašavait]] und [[Rhodplumsit]] eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe (Stand 2018).<ref name="Lapis" />
Bereits Ramdohr konnte Shandit synthetisch herstellen. In der Folge konnte eine Reihe von Verbindungen mit demselben Strukturtyp synthetisiert werden. Alle Vertreter der entsprechenden Verbindungsgruppe A<sub>2</sub>M<sub>3</sub>Ch<sub>2</sub> (A = In, Sn, Tl, Pb, M = Co, Rh, Ni, Pd) mit Shanditstruktur wurden folglich als Shandite bezeichnet.<ref>{{Literatur |Autor=R. Weihrich, S. F. Matar, V. Eyert, F. Rau, M. Zabel, M. Andratschke, I. Anusca, T. Bernert |Titel=Structure, ordering, and bonding of half antiperovskites: PbNi3/2S and BiPd3/2S |Hrsg= |Sammelwerk=Progress in Solid State Chemistry |Band=35 |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2007 |ISBN= |DOI=10.1016/j.progsolidstchem.2007.01.011 |Seiten=309-327 |Online=https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0079678607000106}}</ref>


Auch die seit 2001 gültige und von der [[International Mineralogical Association]] (IMA) bis 2009 aktualisierte<ref name="IMA-Liste-2009" /> [[Systematik der Minerale nach Strunz (9. Auflage)#E. mit Blei (Pb), Bismut (Bi)|9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik]] ordnet den Shandit in die Abteilung der „Metallsulfide, M&nbsp;:&nbsp;S&nbsp;>&nbsp;1&nbsp;:&nbsp;1 (hauptsächlich 2&nbsp;:&nbsp;1)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Blei (Pb), Bismut (Bi)“ zu finden ist, wo es zusammen mit Pašavait und Rhodplumsit die unbenannte Gruppe ''2.BE.15'' bildet.
Systematische Strukturuntersuchungen an Shanditen inkl. Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> zeigten starke, kovalente S-Ni-S und S-Co-S Bindungen in [M<sub>3</sub>S<sub>2</sub>]-Netzwerken (M = Co, Ni). Daher und wegen der Verwandtschaft zur Struktur der Perowskite (CaTiO<sub>3</sub>) und Antiperowskite wie dem Supraleiter MgNi<sub>3</sub>C wurden die Schreibweisen Sn<sub>2</sub>[Co<sub>3</sub>S<sub>2</sub>] und SnCo<sub>3/2</sub>S eingeführt. Shandite wurden in der Folge auch als Halb-Antiperowskite (HAP) bezeichnet. Als Halb-Antiperowskite wurden auch Bi<sub>2</sub>Ni<sub>3</sub>S<sub>2</sub> = Ni<sub>3</sub>Bi<sub>2</sub>S<sub>2</sub> (Parkerit, monoklin C2/m) und Bi<sub>2</sub>Pd<sub>3</sub>S<sub>2</sub> = Pd<sub>3</sub>Bi<sub>2</sub>S<sub>2</sub> (kubisch I2<sub>1</sub>3) beschrieben. Auch bei ihnen wurden Struktur und Symmetrie von Perowskit-Superzellen abgeleitet.<ref>{{Literatur |Autor=Richard Weihrich, Korbinian Köhler, Florian Pielnhofer, Sebastian Haumann |Titel=From 3D intermetallic antiperovskites to 2D Half antiperovskites |Hrsg= |Sammelwerk=Encyclopedia of Inorganic and Bioinorganic Chemistry |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2017 |ISBN= |DOI=10.1002/9781119951438.eibc2498 |Seiten= |Online=https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/9781119951438.eibc2498}}</ref>


Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche [[Systematik der Minerale nach Dana]] ordnet den Shandit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er als Namensgeber in der „[[Systematik der Minerale nach Dana/Sulfide#02.03.05 Shanditgruppe|Shanditgruppe]]“ mit der System-Nr. ''02.03.05'' und den weiteren Mitgliedern Rhodplumsit und Pašavait innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Selenide und Telluride – mit der Zusammensetzung A<sub>m</sub>B<sub>n</sub>X<sub>p</sub>, mit (m+n)&nbsp;:&nbsp;p&nbsp;=&nbsp;5&nbsp;:&nbsp;2“ zu finden.
== Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> - ein anisotroper Halbmetallischer Ferromagnet und topologisches Halbmetall ==


== Kristallstruktur ==
Prominentester Vertreter der Shandite wurde Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub>. Es wurde erstmals von Zabel und Range in Regensburg dargestellt.<ref>{{Literatur |Autor=Manfred Zabel, Sigrid Wandinger, Klaus-Jürgen Range |Titel=Ternäre Chalkogenide M3M2'X2 mit Shandit-Struktur |Hrsg= |Sammelwerk=Zeitschrift für Naturforschung |Band=34b |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=1979 |ISBN= |Seiten=238-241}}</ref> In der Gruppe von Range entdeckte Weihrich 20 Jahre später mit Hilfe von quantenchemischen Rechnungen Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> als halbmetallischen Ferromagneten.<ref>{{Literatur |Autor=R. Weihrich, I. Anusca |Titel=Half Antiperovskites III: crystallographic and electronic structure effects in Co-Shandites |Hrsg= |Sammelwerk=Zeitschrift für Anorganische und Allgemeine Chemie |Band=632 |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2006 |ISBN= |DOI=10.1002/zaac.200500524 |Seiten=1531 |Online=https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/zaac.200500524}}</ref> Derartige Verbindungen verhalten sich je nach Spin der Elektronen wie Halbleiter oder Metalle. Bei folgenden Untersuchungen am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe (MPI-CPfS) fanden Schnell et al. einen hoch anisotropen Ferromagnetismus.<ref>{{Literatur |Autor=W. Schnelle, A. Leithe‐Jasper , H. Rosner , F. M. Schappacher, R. Pöttgen, F. Pielnhofer, R. Weihrich |Titel=Ferromagnetic ordering and half-metallic state of Sn2Co3S2 with the shandite-type structure |Hrsg= |Sammelwerk=Phys. Rev. B |Band=88 |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2013 |ISBN= |DOI=doi.org/10.1103/PhysRevB.88.144404 |Seiten=1444041-8 |Online=https://journals.aps.org/prb/abstract/10.1103/PhysRevB.88.144404}}</ref> Kassem et al. beschrieben die Verbindung als 2D Ferromagneten mit ungewöhnlichem Phasenübergang.<ref>{{Literatur |Autor=Mohamed A. Kassem, Yoshikazu Tabata, Takeshi Waki, Hiroyuki Nakamura |Titel=Low-field anomalous magnetic phase in the kagome-lattice shandite |Hrsg= |Sammelwerk=Physical Review B |Band=96 |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2017 |ISBN= |Seiten=014429 |Online=https://journals.aps.org/prb/abstract/10.1103/PhysRevB.96.014429}}</ref> Die Gruppe Felser entdeckte 2017, dass Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> ein herausragendes topologisches Semimetall ist.<ref>{{Literatur |Autor=E. Liu, Y. Sun, N. Kumar, L. Muechler, A. Sun, L. Jiao, S.-Y. Yang, D. Liu, A. Liang, Q. Xu, J. Kroder, V. Sgß, H. Borrmann, C. Shekhar, Z.Wang, C. Xi, W. Wang, W. Schnelle, S.Wirth, Y. Chen, S. T. B. Goennenwein, C. Felser |Titel=Giant anomalous Hall effect in a ferromagnetic kagome-lattice semimetal |Hrsg= |Sammelwerk=Nature Physics |Band=14 |Nummer=11 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2018 |ISBN= |DOI=10.1038/s41567-018-0234-5 |Seiten=1125-1131 |Online=https://www.nature.com/articles/s41567-018-0234-5}}</ref> Diese Entdeckung leitete eine Welle neuer Untersuchungen an Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> = Sn<sub>2</sub>Co<sub>3</sub>S<sub>2</sub> = SnCo<sub>3/2</sub>S ein.<ref>{{Literatur |Autor=Richard Weihrich, Rainer Pöttgen, Florian Pielnhofer |Titel=Von der Laborpresse zu Spins mit riesigen Effekten |Hrsg= |Sammelwerk=Angewandte Chemie |Band=130 |Nummer=48 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |ISBN= |DOI=10.1002/ange.201811456 |Seiten=15868-15870 |Online=https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ange.201811456}}</ref>
Shandit kristallisiert trigonal in der {{Raumgruppe|R-3m|lang}} mit den [[Gitterparameter]]n ''a''&nbsp;=&nbsp;5,59&nbsp;[[Ångström (Einheit)|Å]] und ''c''&nbsp;=&nbsp;13,58&nbsp;Å sowie drei [[Formeleinheit]]en pro [[Elementarzelle]].<ref name="StrunzNickel" />

== Bildung und Fundorte ==
Shandit bildet sich in [[chromit]]führenden [[Serpentinit]]en, wo er meist [[Paragenese|vergesellschaftet]] mit Heazlewoodit, [[Magnetit]], Pentlandit und Sphalerit vorkommt. Er kann aber auch in Absonderungen eisenreicher [[Linse (Geologie)|Linsen]] in [[Basalt]] entstehen, wobei er hier unter anderem von [[Altait]], gediegen [[Blei]] und [[Eisen]], [[Galenit]] und [[Troilit]] begleitet wird.<ref name="Datenblatt" />

Als seltene Mineralbildung konnte Shandit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei bisher weniger als 20 Fundorte<ref name="MindatAnzahl" /> dokumentiert sind (Stand 2020). Außer an seiner [[Typlokalität]], der Nickel Reward Mine bei Trial Harbour im [[West Coast Municipality]] von Tasmanien trat das Mineral in Australien noch in der Nickel-Lagerstätte Otway nahe dem [[Nullagine River]] in Western Australia.

Fundorte in Deutschland sind bisher nicht bekannt. Allerdings fand man Shandit im benachbarten Österreich in Mineralproben, die beim Bau des [[Tunnel Kirchdorf|Kirchdorf-Tunnels]] auf der [[Brucker Schnellstraße]] (S35) in der Steiermark gewonnen wurden. Das umgebende Gestein besteht überwiegend aus Serpentinit.<ref name="MA-S35" /> Auch in der Schweiz ist mit dem [[Steinbruch]] ''Quadrada'' bei Selva in der Gemeinde [[Poschiavo]] im Kanton Graubünden ein Fundort für Shandit bekannt.

Weitere Fundorte liegen unter anderem Frankreich, Griechenland, Grönland, Italien, Japan, Kanada, Russland, Spanien und dem US-Bundesstaat Pennsylvania.<ref name="Fundorte" />

== Synthetische Herstellung ==
Bereits Ramdohr konnte Shandit synthetisch herstellen. In der Folge konnte eine Reihe von Verbindungen mit demselben Strukturtyp synthetisiert werden. Alle Vertreter der entsprechenden Verbindungsgruppe A<sub>2</sub>M<sub>3</sub>Ch<sub>2</sub> (A = In, Sn, Tl, Pb, M = Co, Rh, Ni, Pd) mit Shanditstruktur wurden folglich als Shandite bezeichnet.<ref name="Weihrich-et-al" />

Systematische Strukturuntersuchungen an Shanditen inkl. Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> zeigten starke, kovalente S-Ni-S und S-Co-S Bindungen in [M<sub>3</sub>S<sub>2</sub>]-Netzwerken (M = Co, Ni). Daher und wegen der Verwandtschaft zur Struktur der Perowskite (CaTiO<sub>3</sub>) und Antiperowskite wie dem Supraleiter MgNi<sub>3</sub>C wurden die Schreibweisen Sn<sub>2</sub>[Co<sub>3</sub>S<sub>2</sub>] und SnCo<sub>3/2</sub>S eingeführt. Shandite wurden in der Folge auch als Halb-Antiperowskite (HAP) bezeichnet. Als Halb-Antiperowskite wurden auch Bi<sub>2</sub>Ni<sub>3</sub>S<sub>2</sub> = Ni<sub>3</sub>Bi<sub>2</sub>S<sub>2</sub> (Parkerit, monoklin C2/m) und Bi<sub>2</sub>Pd<sub>3</sub>S<sub>2</sub> = Pd<sub>3</sub>Bi<sub>2</sub>S<sub>2</sub> (kubisch I2<sub>1</sub>3) beschrieben. Auch bei ihnen wurden Struktur und Symmetrie von Perowskit-Superzellen abgeleitet.<ref name="WeihrichKöhlerPielnhoferHaumann" />

Prominentester Vertreter der Shandite wurde Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub>. Es wurde erstmals von Zabel und Range in Regensburg dargestellt.<ref name="ZabelWandingerRange" /> In der Gruppe von Range entdeckte Weihrich 20 Jahre später mit Hilfe von quantenchemischen Rechnungen Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> als halbmetallischen Ferromagneten.<ref name="WeihrichAnusca" /> Derartige Verbindungen verhalten sich je nach Spin der Elektronen wie Halbleiter oder Metalle. Bei folgenden Untersuchungen am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe (MPI-CPfS) fanden Schnell et al. einen hoch anisotropen Ferromagnetismus.<ref name="Schnelle-et-al" /> Kassem et al. beschrieben die Verbindung als 2D Ferromagneten mit ungewöhnlichem Phasenübergang.<ref name="KassemTabataWakiNakamura" /> Die Gruppe Felser entdeckte 2017, dass Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> ein herausragendes topologisches Semimetall ist.<ref name="Liu-et-al" /> Diese Entdeckung leitete eine Welle neuer Untersuchungen an Co<sub>3</sub>Sn<sub>2</sub>S<sub>2</sub> = Sn<sub>2</sub>Co<sub>3</sub>S<sub>2</sub> = SnCo<sub>3/2</sub>S ein.<ref name="WeihrichPöttgenPielnhofer" />

== Siehe auch ==
* [[Liste der Minerale]]

== Literatur ==
* {{Literatur | Autor= [[Paul Ramdohr]] | Titel= Über das Vorkommen von Heazlewoodit Ni<sub>3</sub>S<sub>2</sub> und über ein neues ihn begleitendes Mineral: Shandit Ni<sub>3</sub>Pb<sub>2</sub>S<sub>2</sub> | Sammelwerk= Sitzungsberichte der Deutchen Akademie der Wissenschaften zu Berlin | Band= 6 | Datum= 1950 | Seiten= 1–29 | Online= [https://rruff.info/uploads/SDAWB6_1949_1.pdf rruff.info] | Format= PDF | KBytes= 1208 | Abruf= 2020-10-11}}
* {{Literatur | Autor= M. A. Peacock, John McAndrew | Titel= On parkerite and shandite and the crystal structure of Ni<sub>3</sub>Pb<sub>2</sub>S<sub>2</sub> | Sammelwerk= American Mineralogist | Band= 35 | Nummer= | Datum= 1950 | Sprache= en | Seiten= 425–439 | Online= [https://rruff.info/uploads/AM35_425.pdf rruff.info] | Format= PDF | KBytes= 969 | Abruf= 2020-10-11}}
* {{Literatur | Autor= [[Johannes-Erich Hiller]] | Titel= Über synthetischen Shandit, Ni<sub>3</sub>Pb<sub>2</sub>S<sub>2</sub>, und analoge Verbindungen mit Selen bzw. Tellur | Sammelwerk= Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte | Datum= 1951 | Sprache= de | Seiten= 265–277}}

== Weblinks ==
{{Commonscat|Shandite}}
* {{Mineralienatlas | ID= Shandit | Abruf= 2020-10-11}}
* {{Internetquelle | url= https://www.mindat.org/min-3631.html | titel= Shandite | werk= mindat.org | hrsg= Hudson Institute of Mineralogy | abruf= 2020-10-11 | sprache= en}}
* {{Internetquelle | url= https://rruff.info/shandite/ | titel= search results | werk= rruff.info | hrsg= Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) | abruf= 2020-10-11 | sprache= en}}
* {{Internetquelle | url= http://rruff.geo.arizona.edu/AMS/result.php?mineral=Shandite | titel= American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – | werk= rruff.geo.arizona.edu | abruf= 2020-10-11 | sprache= en}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references>
<ref name="Datenblatt">
{{Literatur | Hrsg= John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols | Titel= Shandite | Sammelwerk= Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America | Datum= 2001 | Sprache= en | Online= [http://www.handbookofmineralogy.org/pdfs/shandite.pdf handbookofmineralogy.org] | Format= PDF | KBytes= 64 | Abruf= 2020-10-11}}
</ref>
<ref name="Fundorte">
Fundortliste für Shandit beim [https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/MineralDataShow?mineralid=3493&sections=12 Mineralienatlas] und bei [https://www.mindat.org/min-3631.html#autoanchor17 Mindat], abgerufen am 11. Oktober 2020.
</ref>
<ref name="IMA-Liste-2009">
{{Internetquelle | autor= [[Ernest Henry Nickel|Ernest H. Nickel]], Monte C. Nichols | url= http://cnmnc.main.jp/IMA2009-01%20UPDATE%20160309.pdf#page=257 | titel= IMA/CNMNC List of Minerals 2009 | werk= cnmnc.main.jp | hrsg= IMA/CNMNC | datum= 2009-01 | abruf= 2020-10-11 | format= PDF; 1,82 MB | sprache= en}}
</ref>
<ref name="IMA-Liste-2020-09">
{{Internetquelle | autor= Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere | url= http://cnmnc.main.jp/IMA_Master_List_%282020-09%29.pdf#page=180 | titel= The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2020 | werk= cnmnc.main.jp | hrsg= IMA/CNMNC, Marco Pasero | datum= 2020-09 | abruf= 2020-10-11 | format= PDF; 3,4 MB | sprache= en}}
</ref>
<ref name="KassemTabataWakiNakamura">
{{Literatur | Autor= Mohamed A. Kassem, Yoshikazu Tabata, Takeshi Waki, Hiroyuki Nakamura | Titel= Low-field anomalous magnetic phase in the kagome-lattice shandite | Sammelwerk= Physical Review B | Band= 96 | Datum= 2017 | Sprache= en | Seiten= | DOI= 10.1103/PhysRevB.96.014429}}
</ref>
<ref name="Lapis">
{{Literatur | Autor= Stefan Weiß | Titel= Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018 | Auflage= 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte | Verlag= Weise | Ort= München | Datum= 2018 | ISBN= 978-3-921656-83-9}}
</ref>
<ref name="Liu-et-al">
{{Literatur | Autor= Enke Liu, Yan Sun, Nitesh Kumar, Lukas Muechler, Aili Sun, Lin Jiao, Shuo-Ying Yang, Defa Liu, Aiji Liang, Qiunan Xu, Johannes Kroder, Vicky Süß, Horst Borrmann, Chandra Shekhar, Zhaosheng Wang, Chuanying Xi, Wenhong Wang, Walter Schnelle, Steffen Wirth, Yulin Chen, Sebastian T. B. Goennenwein, Claudia Felser | Titel= Giant anomalous Hall effect in a ferromagnetic kagome-lattice semimetal | Sammelwerk= Nature Physics | Band= 14 | Nummer= 11 | Datum= 2018 | Sprache= en | Seiten= 1125–1131 | DOI= 10.1038/s41567-018-0234-5}}
</ref>
<ref name="MA-S35">
{{Mineralienatlas | Kurz-URL= 52534 | Titel= S35 Autobahn-Tunnel | Abruf= 2020-10-11}}
</ref>
<ref name="MindatAnzahl">
{{Internetquelle | url= https://www.mindat.org/min-3631.html#autoanchor16 | titel= Localities for Shandite | werk= mindat.org | hrsg= Hudson Institute of Mineralogy | abruf= 2020-10-11 | sprache= en}}
</ref>
<ref name="Ramdohr">
{{Literatur | Autor= [[Paul Ramdohr]] | Titel= Über das Vorkommen von Heazlewoodit Ni<sub>3</sub>S<sub>2</sub> und über ein neues ihn begleitendes Mineral: Shandit Ni<sub>3</sub>Pb<sub>2</sub>S<sub>2</sub> | Sammelwerk= Sitzungsberichte der Deutchen Akademie der Wissenschaften zu Berlin | Band= 6 | Datum= 1950 | Seiten= 1–29 | Online= [https://rruff.info/uploads/SDAWB6_1949_1.pdf rruff.info] | Format= PDF | KBytes= 1208 | Abruf= 2020-10-11}}
</ref>
<ref name="Schnelle-et-al">
{{Literatur | Autor= W. Schnelle, A. Leithe‐Jasper, H. Rosner, F. M. Schappacher, R. Pöttgen, F. Pielnhofer, Richard Weihrich | Titel= Ferromagnetic ordering and half-metallic state of Sn<sub>2</sub>Co<sub>3</sub>S<sub>2</sub> with the shandite-type structure | Sammelwerk= Physical Review B | Band= 88 | Datum= 2013 | Sprache= en | Seiten= 1–8 | DOI= 10.1103/PhysRevB.88.144404}}
</ref>
<ref name="StrunzNickel">
{{Literatur| Autor= [[Karl Hugo Strunz|Hugo Strunz]], [[Ernest Henry Nickel|Ernest H. Nickel]] | Titel= Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System | Auflage= 9. | Verlag= E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller) | Ort= Stuttgart | Datum= 2001 | Sprache= en | ISBN= 3-510-65188-X | Seiten= 74}}
</ref>
<ref name="Webmineral">
{{Internetquelle | autor= David Barthelmy | url= http://webmineral.com/data/Shandite.shtml | titel= Shandite Mineral Data | werk= webmineral.com | abruf= 2020-10-11 | sprache= en}}
</ref>
<ref name="WeihrichAnusca">
{{Literatur | Autor= Richard Weihrich, Irina Anusca | Titel= Half Antiperovskites III: crystallographic and electronic structure effects in Co-Shandites | Sammelwerk= Zeitschrift für Anorganische und Allgemeine Chemie | Band= 632 | Datum= 2006 | Sprache= en | Seiten= 1531 | DOI= 10.1002/zaac.200500524}}
</ref>
<ref name="Weihrich-et-al">
{{Literatur | Autor= Richard Weihrich, S. F. Matar, V. Eyert, F. Rau, M. Zabel, M. Andratschke, I. Anusca, T. Bernert | Titel= Structure, ordering, and bonding of half antiperovskites: PbNi3/2S and BiPd3/2S | Sammelwerk= Progress in Solid State Chemistry | Band= 35 | Datum= 2007 | Sprache= en | Seiten= 309–327 | DOI= 10.1016/j.progsolidstchem.2007.01.011}}
</ref>
<ref name="WeihrichKöhlerPielnhoferHaumann">
{{Literatur | Autor= Richard Weihrich, Korbinian Köhler, Florian Pielnhofer, Sebastian Haumann | Titel= From 3D intermetallic antiperovskites to 2D Half antiperovskites | Sammelwerk= Encyclopedia of Inorganic and Bioinorganic Chemistry | Verlag= John Wiley & Sons | Datum= 2017 | Sprache= en | Seiten= | DOI= 10.1002/9781119951438.eibc2498}}
</ref>
<ref name="WeihrichPöttgenPielnhofer">
{{Literatur | Autor= Richard Weihrich, Rainer Pöttgen, Florian Pielnhofer | Titel= Von der Laborpresse zu Spins mit riesigen Effekten | Sammelwerk= Angewandte Chemie | Band= 130 | Nummer= 48 | Datum= 2018 | Sprache= de | Seiten= 15868–15870 | DOI= 10.1002/ange.201811456}}
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<ref name="ZabelWandingerRange">
{{Literatur | Autor= Manfred Zabel, Sigrid Wandinger, Klaus-Jürgen Range | Titel= Ternäre Chalkogenide M3M2'X2 mit Shandit-Struktur | Sammelwerk= Zeitschrift für Naturforschung | Band= 34b | Datum= 1979 | Seiten= 238–241}}
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[[Kategorie:Bleimineral]]
[[Kategorie:Mineral]]
[[Kategorie:Trigonales Kristallsystem]]
[[Kategorie:Sulfide und Sulfosalze]]
[[Kategorie:Nickelmineral]]
[[Kategorie:Nickelmineral]]
[[Kategorie:Bleimineral]]
[[Kategorie:Schwefelmineral]]
[[Kategorie:Schwefelmineral]]

Version vom 12. Oktober 2020, 00:35 Uhr

Shandit
Polierter Abschnitt von Nickelerz mit Heazlewoodit (gelb), Sphalerit (grau) und
Shandit (cremefarben)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel Ni3Pb2S2[1][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/A.05
2.BE.15
02.03.05.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m
Raumgruppe R3m (Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166[1]
Gitterparameter a = 5,59 Å; c = 13,58 Å[1]
Formeleinheiten Z = 3[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 8,72; berechnet: 8,87[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {1011};[4] rhomboedrisch[3]
Farbe messinggelb,[5] auf polierten Flächen cremeweiß[3]
Strichfarbe grau[5]
Transparenz undurchsichtig (opak)
Glanz Metallglanz

Shandit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung Ni3Pb2S2[1] und damit chemisch gesehen Nickel-Blei-Sulfid.

Etymologie und Geschichte

Es wurde 1948 vom deutschen Mineralogen Paul Ramdohr in Trial Harbour (Australien) auf einer Probe des Minerals Heazlewoodit (Ni3S2) entdeckt.[6] Ramdohr konnte aus wenigen - vor allem optischen - Untersuchungen die Zusammensetzung und die trigonale Symmetrie (R3m) des Shandits korrekt bestimmen. Er benannte sein Mineral nach dem schottischen Petrologen Samuel Shand.

Klassifikation

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Shandit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide etc. mit [dem Stoffmengenverhältnis] M : S > 1 : 1“, wo er zusammen mit Parkerit die „Parkerit-Shandit-Gruppe“ mit der System-Nr. II/A.05 bildete.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/B.12-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Sulfide, Selenide und Telluride mit [dem Stoffmengen]Verhältnis Metall : S,Se,Te > 1 : 1“, wobei in den Gruppen II/B.12 bis II/B.17 die Sulfide mit vorherrschend Nickel, Cobalt, Rhodium und Palladium eingeordnet sind. Shandit bildet hier zusammen mit Heazlewoodit, Laflammeit, Oregonit, Parkerit, Pašavait und Rhodplumsit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe (Stand 2018).[5]

Auch die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Shandit in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S > 1 : 1 (hauptsächlich 2 : 1)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Blei (Pb), Bismut (Bi)“ zu finden ist, wo es zusammen mit Pašavait und Rhodplumsit die unbenannte Gruppe 2.BE.15 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Shandit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er als Namensgeber in der „Shanditgruppe“ mit der System-Nr. 02.03.05 und den weiteren Mitgliedern Rhodplumsit und Pašavait innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Selenide und Telluride – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 5 : 2“ zu finden.

Kristallstruktur

Shandit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166 mit den Gitterparametern a = 5,59 Å und c = 13,58 Å sowie drei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Bildung und Fundorte

Shandit bildet sich in chromitführenden Serpentiniten, wo er meist vergesellschaftet mit Heazlewoodit, Magnetit, Pentlandit und Sphalerit vorkommt. Er kann aber auch in Absonderungen eisenreicher Linsen in Basalt entstehen, wobei er hier unter anderem von Altait, gediegen Blei und Eisen, Galenit und Troilit begleitet wird.[3]

Als seltene Mineralbildung konnte Shandit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei bisher weniger als 20 Fundorte[8] dokumentiert sind (Stand 2020). Außer an seiner Typlokalität, der Nickel Reward Mine bei Trial Harbour im West Coast Municipality von Tasmanien trat das Mineral in Australien noch in der Nickel-Lagerstätte Otway nahe dem Nullagine River in Western Australia.

Fundorte in Deutschland sind bisher nicht bekannt. Allerdings fand man Shandit im benachbarten Österreich in Mineralproben, die beim Bau des Kirchdorf-Tunnels auf der Brucker Schnellstraße (S35) in der Steiermark gewonnen wurden. Das umgebende Gestein besteht überwiegend aus Serpentinit.[9] Auch in der Schweiz ist mit dem Steinbruch Quadrada bei Selva in der Gemeinde Poschiavo im Kanton Graubünden ein Fundort für Shandit bekannt.

Weitere Fundorte liegen unter anderem Frankreich, Griechenland, Grönland, Italien, Japan, Kanada, Russland, Spanien und dem US-Bundesstaat Pennsylvania.[10]

Synthetische Herstellung

Bereits Ramdohr konnte Shandit synthetisch herstellen. In der Folge konnte eine Reihe von Verbindungen mit demselben Strukturtyp synthetisiert werden. Alle Vertreter der entsprechenden Verbindungsgruppe A2M3Ch2 (A = In, Sn, Tl, Pb, M = Co, Rh, Ni, Pd) mit Shanditstruktur wurden folglich als Shandite bezeichnet.[11]

Systematische Strukturuntersuchungen an Shanditen inkl. Co3Sn2S2 zeigten starke, kovalente S-Ni-S und S-Co-S Bindungen in [M3S2]-Netzwerken (M = Co, Ni). Daher und wegen der Verwandtschaft zur Struktur der Perowskite (CaTiO3) und Antiperowskite wie dem Supraleiter MgNi3C wurden die Schreibweisen Sn2[Co3S2] und SnCo3/2S eingeführt. Shandite wurden in der Folge auch als Halb-Antiperowskite (HAP) bezeichnet. Als Halb-Antiperowskite wurden auch Bi2Ni3S2 = Ni3Bi2S2 (Parkerit, monoklin C2/m) und Bi2Pd3S2 = Pd3Bi2S2 (kubisch I213) beschrieben. Auch bei ihnen wurden Struktur und Symmetrie von Perowskit-Superzellen abgeleitet.[12]

Prominentester Vertreter der Shandite wurde Co3Sn2S2. Es wurde erstmals von Zabel und Range in Regensburg dargestellt.[13] In der Gruppe von Range entdeckte Weihrich 20 Jahre später mit Hilfe von quantenchemischen Rechnungen Co3Sn2S2 als halbmetallischen Ferromagneten.[14] Derartige Verbindungen verhalten sich je nach Spin der Elektronen wie Halbleiter oder Metalle. Bei folgenden Untersuchungen am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe (MPI-CPfS) fanden Schnell et al. einen hoch anisotropen Ferromagnetismus.[15] Kassem et al. beschrieben die Verbindung als 2D Ferromagneten mit ungewöhnlichem Phasenübergang.[16] Die Gruppe Felser entdeckte 2017, dass Co3Sn2S2 ein herausragendes topologisches Semimetall ist.[17] Diese Entdeckung leitete eine Welle neuer Untersuchungen an Co3Sn2S2 = Sn2Co3S2 = SnCo3/2S ein.[18]

Siehe auch

Literatur

  • Paul Ramdohr: Über das Vorkommen von Heazlewoodit Ni3S2 und über ein neues ihn begleitendes Mineral: Shandit Ni3Pb2S2. In: Sitzungsberichte der Deutchen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Band 6, 1950, S. 1–29 (rruff.info [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 11. Oktober 2020]).
  • M. A. Peacock, John McAndrew: On parkerite and shandite and the crystal structure of Ni3Pb2S2. In: American Mineralogist. Band 35, 1950, S. 425–439 (englisch, rruff.info [PDF; 969 kB; abgerufen am 11. Oktober 2020]).
  • Johannes-Erich Hiller: Über synthetischen Shandit, Ni3Pb2S2, und analoge Verbindungen mit Selen bzw. Tellur. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1951, S. 265–277.

Weblinks

Commons: Shandite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 74 (englisch).
  2. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2020, abgerufen am 11. Oktober 2020 (englisch).
  3. a b c d Shandite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 64 kB; abgerufen am 11. Oktober 2020]).
  4. David Barthelmy: Shandite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 11. Oktober 2020 (englisch).
  5. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. Paul Ramdohr: Über das Vorkommen von Heazlewoodit Ni3S2 und über ein neues ihn begleitendes Mineral: Shandit Ni3Pb2S2. In: Sitzungsberichte der Deutchen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Band 6, 1950, S. 1–29 (rruff.info [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 11. Oktober 2020]).
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 11. Oktober 2020 (englisch).
  8. Localities for Shandite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 11. Oktober 2020 (englisch).
  9. S35 Autobahn-Tunnel. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 11. Oktober 2020.
  10. Fundortliste für Shandit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 11. Oktober 2020.
  11. Richard Weihrich, S. F. Matar, V. Eyert, F. Rau, M. Zabel, M. Andratschke, I. Anusca, T. Bernert: Structure, ordering, and bonding of half antiperovskites: PbNi3/2S and BiPd3/2S. In: Progress in Solid State Chemistry. Band 35, 2007, S. 309–327, doi:10.1016/j.progsolidstchem.2007.01.011 (englisch).
  12. Richard Weihrich, Korbinian Köhler, Florian Pielnhofer, Sebastian Haumann: From 3D intermetallic antiperovskites to 2D Half antiperovskites. In: Encyclopedia of Inorganic and Bioinorganic Chemistry. John Wiley & Sons, 2017, doi:10.1002/9781119951438.eibc2498 (englisch).
  13. Manfred Zabel, Sigrid Wandinger, Klaus-Jürgen Range: Ternäre Chalkogenide M3M2'X2 mit Shandit-Struktur. In: Zeitschrift für Naturforschung. 34b, 1979, S. 238–241.
  14. Richard Weihrich, Irina Anusca: Half Antiperovskites III: crystallographic and electronic structure effects in Co-Shandites. In: Zeitschrift für Anorganische und Allgemeine Chemie. Band 632, 2006, S. 1531, doi:10.1002/zaac.200500524 (englisch).
  15. W. Schnelle, A. Leithe‐Jasper, H. Rosner, F. M. Schappacher, R. Pöttgen, F. Pielnhofer, Richard Weihrich: Ferromagnetic ordering and half-metallic state of Sn2Co3S2 with the shandite-type structure. In: Physical Review B. Band 88, 2013, S. 1–8, doi:10.1103/PhysRevB.88.144404 (englisch).
  16. Mohamed A. Kassem, Yoshikazu Tabata, Takeshi Waki, Hiroyuki Nakamura: Low-field anomalous magnetic phase in the kagome-lattice shandite. In: Physical Review B. Band 96, 2017, doi:10.1103/PhysRevB.96.014429 (englisch).
  17. Enke Liu, Yan Sun, Nitesh Kumar, Lukas Muechler, Aili Sun, Lin Jiao, Shuo-Ying Yang, Defa Liu, Aiji Liang, Qiunan Xu, Johannes Kroder, Vicky Süß, Horst Borrmann, Chandra Shekhar, Zhaosheng Wang, Chuanying Xi, Wenhong Wang, Walter Schnelle, Steffen Wirth, Yulin Chen, Sebastian T. B. Goennenwein, Claudia Felser: Giant anomalous Hall effect in a ferromagnetic kagome-lattice semimetal. In: Nature Physics. Band 14, Nr. 11, 2018, S. 1125–1131, doi:10.1038/s41567-018-0234-5 (englisch).
  18. Richard Weihrich, Rainer Pöttgen, Florian Pielnhofer: Von der Laborpresse zu Spins mit riesigen Effekten. In: Angewandte Chemie. Band 130, Nr. 48, 2018, S. 15868–15870, doi:10.1002/ange.201811456.