Giacomo Leoni

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Lyme Park in Cheshire (Umbau 1720er Jahre); von Leoni mit zentraler Kuppel geplant
Lyme Park: Innenhof
Moor Park in Hertfordshire (ca. 1720; Bild von 1787)

Giacomo Leoni, im englischsprachigen Raum auch als James Leoni bekannt, (* 1686 Venedig, † 1746 in London?) war ein italienischer Architekt des Georgianischen Stils (einem englischen, dem Neoklassizismus verwandten Stil). Ab 1714 arbeitete Leoni vor allem in England.

Als seine bedeutendsten Werke gelten Lyme Park und Clandon House im gleichnamigen Park. Seine Bauten und insbesondere seine Übersetzungen der architekturtheoretischen Werke von Andrea Palladio und Leon Battista Alberti ins Englische verhalfen der Renaissance und damit der Römischen Antike zu Bekanntheit unter englischsprachigen Architekten und bereiteten dadurch dem Architekturstil des (Neo-)Palladianismus den Weg.

Lebenslauf

Giacomo Leoni wuchs in Norditalien auf. Sein künstlerisches Vorbild wurde der Humanist und Renaissancearchitekt Leon Battista Alberti (1404-1472), der bereits die wichtigste Inspirationsquelle von Andrea Palladio (1508-1580) gewesen war. Nachdem er Bauten für die Kurpfalz entworfen hatte, kam Leoni 1714, im Alter von 18 Jahren, nach England. Auch hier blieb Leoni dem Palladianismus treu, paßte seinen Stil aber zugleich den englischen Gegebenheiten an. Zusammen mit Alessandro Galilei wurde er zu dieser Zeit zum wichtigsten italienischen Architekten in London. Bekannt wurde er allerdings durch seine Entwürfe von Herrenhäusern, für die sich der palladianische Stil besonders eignete. Trotz seiner italienischen Wurzeln wird Leonis Stil insgesamt als "englisch" angesehen.

Seine zwei letzten Lebensjahre, ab 1744, wohnte Leoni in London in der Poland Street 52 (später abgerissen), wo er vermutlich auch starb.[1]

Lathom House (1724-34), Bild vor dem Umbau 1859
Clandon House in Surrey (1730-33)
Brücke im Stowe Park

Werke

Um 1720 baute Leoni Moor Park, einen 1678-79 erbauten Landsitz in Hertfordshire, um. Er verkleidete die Fassade mit Portland-Kalkstein und fügte einen großen Säulenvorhof (Portikus) und Kolonnaden der toskanischen Säulenordnung (später abgerissen) hinzu.

In den frühen 1720er Jahren erhielt Leoni den Aufrag zur Umgestaltung von Lyme Park, einem Landsitz im Tudorstil (d. h. aus elisabethanischer Zeit), in einen Prachtbau im italienischen Stil. Während er einige Innenräume fast unverändert ließ und darin beispielsweise die Bildhauerei von Grinling Gibbons erhielt, baute Leoni die Fassade im neopalladianischen Stil um, mit einem großen ionischen Säulenvorhof und symmetrischen Flügeln auf einer rustikal wirkenden Basis. Die von ihm geplante Kuppel über dem Giebel in der Mitte der Fassade wurde allerdings vom Eigentümer abgelehnt; stattdessen errichtete der Architekt Lewis Wyatt dort im 19. Jahrhundert einen kastenförmigen Aufsatz. Lyme Park wurde unter anderem Vorbild für Aston Webbs Umgestaltung der Ostfassade des Buckingham Palace 1913.

1724-34 baute Leoni Lathom House, ein Herrenhaus in Lathom in Lancashire. Die Proportionen des Baus orientieren sich eng am griechischen Ideal des Goldenen Schitts. 1859 wurden das Gebäude ausgebaut, weil die Eigentümer mehr Platz benötigten, und auf den mittleren Gebäudeteil mit dem Giebel (ein kaum vorspringender Mittelrisalit) ein weiteres Geschoß aufgesetzt.[2]

1730-33 wurde Leoni entweder mit dem Bau oder einem grundlegenden Umbau von Clandon Park beauftragt, einem Landsitz außerhalb von Guildford in Surrey; die Innenräume mit ihrem großen, über zwei Stockwerke reichenden Marmorsaal wurden allerdings erst nach 1740 vollendet. Sie bilden das am vollständigsten erhaltene Werk des italienischen Architekten.[3]

Ein weiterer Bau von Leoni ist die Alkrington Hall bei Middleton, Rochdale, in Lancashire. Neben Herrenhäusern baute Leoni auch einen oktogonalen Gartentempel in Cliveden, mehrere kleinere Gartenbauten einschließlich einer Brücke und einem klassischen Bogen im Stowe Landscape Garden im Nordwesten von Buckingham im Buckinghamshire. Gegen Beginn seiner Zeit in England sollte Leoni außerdem ein palastähnliches Gebäude im Grove Park entwerfen, einem Park in der Londoner Vorstadt Carshalton im Bezirk London Borough of Sutton; der Bau wurde nie verwirklicht, doch entwurf Leoni wahrscheinlich eine weiße Portland-Kalkstein-Brücke im Park (auch Leoni Bridge genannt).[4]

Nicht verwirklichte und umstrittene Werke

Leoni hat vermutlich eine neue Kirche für Thorndon Hall in Essex. Der Vorgängerbau war abgerissen worden, um Platz für das neue Herrenhaus zu schaffen, das Leoni plante.

Daneben hat es Spekulationen gegeben, Leoni sei am Bau von Bramham Park, einem Landsitz bei Wetherby in West Yorkshire, beteiligt gewesen.[5] Da der Bramham Park in barockem Stil errichtet wurde und vor allem schon im Jahr 1710 – vor Leonis Ankunft in England – vollendet wurde, ist Leonis Mitwirken allerdings äußerst unwahrscheinlich.

Titelbild von Leonis Übersetzung von Palladios Vier Büchern der Architektur

Leonis Übersetzungen

Von großem Einluß auf die Architektur im englischsprachigen Raum waren außerdem seine Übersetzungen der klassischen architekturtheoretischen Werke von Alberti und Palladio: 1715 erschien The Architecture of A. Palladio (auch Palladio's Four Books of Architecture), die erste englische Ausgabe von Palladios I Quattro Libri dell'Architettura. 1726 folgte eine Leon Battista Albertis zehnbändiges Werk über die Architektur, De Re Aedificatoria; von Cosima Bartoli ins Italienische und von Leoni ins Englische übersetzt, erschien das Werk als zweisprachige Ausgabe (links die italienische, rechts die englische Übersetzung) unter dem Titel The Architecture of Leon Battista Alberti (auch The Ten Books of Architecture). Beide Werke erfuhren in den folgenden Jahren mehrere Neuauflagen. Gemeinsam mit Colen Campbells Vitruvius Britannicus und William Kents The Designs of Inigo Jones... with Some Additional Designs waren Leonis Übersetzungen die wichtigste Grundlage für die Wiederentdeckung der antiken Formen in England, die den englischen Barock mit dem Neopalladianismus ablöste.

Einzelnachweise

Teile des Artikels in seiner ursprünglichen [Version vom 7. April 2007] stützen sich auf den Artikel Giacomo Leoni der englischen Wikipedia in der Version vom 30. April 2007 (Autorenliste). Weiterhin zu erwähnen:

  1. Poland Street Area, auf der Internetseite British History Online (engl.; abgerufen 7. April 2007)
  2. Lathom House, auf der Internetseite The Lathom Angel über die Bootle-Wilbraham-Familie (engl.; abgerufen 7. April 2007)
  3. Clandon Park: About this property, auf der Internetseite des National Trust (engl.; abgerufen 7. April 2007)
  4. Carshalton: a brief history, auf der Internetseite The London Borough of Sutton (engl.; abgerufen 7. Aril 2007)
  5. Bramham Park. Yorkshire: Bramham Park, Estate Office. (Keine Autorenangabe, keine Seitennumerierung.) – zitiert in Braham Park, einem Artikel im Entstehungsstadium von Benutzer Giano auf der englischen Wikipedia.

Weblinks