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Altsüdarabische Sprachen

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Altsüdarabisch

Gesprochen in

Jemen, Oman, Saudi-Arabien
Sprecher (ausgestorben)
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in (ausgestorben)

Die Altsüdarabische Sprache (so zur Unterscheidung vom Frühnordarabischen, veraltet Himjarische Sprache, auch Sayhadisch) ist eine ausgestorbene Sprache, die vom 9. Jh. v. Chr. bis zum 6. Jh. n. Chr. im Süden der arabischen Halbinsel, vor allem im Jemen, überliefert ist. Sie zählt zu den Südsemitischen Sprachen, einem Zweig der semitischen Sprachen, und ist nahe verwandt mit dem Klassisch-Arabischen und dem Ge'ez. Letzteres entstand entgegen der früher üblichen Meinung zwar nicht direkt aus dem Altsüdarabischen, ist aber nahe mit ihm verwandt. Das deutlichste Merkmal, das das Altsüdarabische von den anderen semitischen Sprachen abgrenzt, ist das determinierende Suffix n. Das Altsüdarabische wurde im frühen 7. Jahrhundert n. Chr. offenbar mit der Einführung des Islams im Jahre 630 vom Arabischen verdrängt; die letzte datierte Inschrift stammt aber schon von etwa 554 n. Chr.

Dialekte

Qatabanische Inschrift des Shahr Hilal, Sohn des Yada'ab Zubain (um 370 v. Chr.)

Das Altsüdarabische war keine einheitliche Sprache, da die Altsüdarabische Schrift aber keine Vokale schreibt, sind die Unterschiede weitgehend unbekannt. Im einzelnen sind folgende Dialekte (bzw. Sprachen) überliefert (die Jahreszahlen richten sich nach der „Langen Chronologie“, vgl. Altes Südarabien):

  • Sabäisch: Sprache des Reiches Saba und des späteren Himyar; sehr gut belegt
    • Frühsabäisch: 8.-2. Jh. v. Chr.
    • Mittelsabäisch: 1. Jh. v. Chr. bis 4. Jh. n. Chr. (am stärksten belegt)
    • Spätsabäisch: 5. und 6. Jh. n. Chr.
  • Minäisch: Sprache der Stadtstaaten im Dschauf bzw. des späteren Flächenstaates Ma'in (8.–2. Jh. v. Chr.) Inschriften auch außerhalb von Ma'in in der Handelskolonie Dedan, in Ägypten und auch Delos.
  • Qatabanisch: Sprache des Reiches Qataban 5. Jh. v. Chr. bis 2. Jh. n. Chr.
  • Hadramautisch (hadramitisch): Sprache von Hadramaut 5. Jh. v. Chr. bis 4. Jh. n. Chr.
  • Ausanisch: Sprache des Reiches Ausan, sehr schwach belegt

Von diesen Dialekten ist das Sabäische eine sog. h-Sprache, die anderen s-Sprachen, da das Sabäische im Pronomen der 3. P. und im Kausativpräfix ein h zeigt, wo die anderen Sprachen ein s1 zeigen. Insgesamt ist das Qatabanische eine archaische Sprache, während das Sabäische in Morphologie und Syntax und das Hadaramautische im Lautsystem am weitesten entwickelt ist.

Überlieferung

Datei:Oldest relict 3000BC.jpg
Bauinschrift des sabäischen Königs Sumhu'alay Yanuf

Das Altsüdarabische wurde mit der altsüdarabischen Schrift, einem vom phönizischen Alphabet abstammenden Konsonantenalphabet, geschrieben. Die erhaltenen Inschriften lassen sich in folgende Gruppen einteilen:

  1. Steininschriften
    1. Votivinschriften, enthalten oft auch historische Berichte über Ereignisse, die zu einer Widmung führten.
    2. Bauinschriften: nennen Name des Bauherrn
    3. Gesetze und Verordnungen
    4. Protokolle und Urkunden
    5. Sühne- und Bußinschriften
  2. Inschriften auf Holzzylindern
    1. private Texte
    2. Verträge
  3. Felsgraffiti

Für die Steininschriften ist eine sehr formelhafte, aber auch präzise Ausdrucksweise kennzeichnend; die in einer kursiven Form der Schrift niedergeschriebenen Holzinschriften dagegen haben einen weniger formelhaften Stil.

Forschungsgeschichte und Didaktik

Eduard Glaser (1855–1908)

Zwar waren in Europa schon seit dem 18. Jahrhundert Inschriften aus dem alten Südarabien bekannt, doch gelang erst Wilhelm Gesenius (1786-1842) und seinem Schüler Emil Rödiger die Entzifferung der südarabische Schrift. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brachten dann Joseph Halévy und Eduard Glaser hunderte altsüdarabische Inschriften, Papierabdrücke und Kopien nach Europa. Auf Basis dieses großen Materials legte Fritz Hommel bereits 1893 eine Chrestomathie und den Versuch einer Grammatik vor. Nach ihm gelangen weitere wesentliche Fortschritte beim Verständnis des Altsüdarabischen, bis seit den 1970er Jahren mit einem Stift und in sabäischer Sprache beschriebene Holzzylinder gefunden wurden. Die unbekannte Schrift und zahlreiche unverständliche Wörter stellten die Sabäistik vor neue Probleme, und bis heute sind die Holzzylinder nicht vollständig verständlich.

Im deutschsprachigen Raum wird Altsüdarabisch im Rahmen der Semitistik unterrichtet, ohne dass es dafür eigene Lehrstühle gibt. Das Erlernen des Altsüdarabischen setzt Kenntnisse wenigstens einer anderen semitischen Sprache voraus, da die Kenntnis der Eigenheiten des Semitischen eine weniger fragmentarisch erhaltene Sprache erfordert. Gewöhnlich wird eine Einführung in die Grammatik des Altsüdarabischen gegeben, daran schließt sich die Lektüre einiger längerer Texte an.

Lautsystem

Das Altsüdarabische besaß mit 29 konsonantischen Phonemen das reichste Konsonantensystem des Semitischen (nach Nebes/Stein 2004):

rowspan="2" COLSPAN=2 Vorlage:Highlight |   rowspan="2" Vorlage:Highlight | Bilabial rowspan="1" colspan="2" Vorlage:Highlight | Dental colspan="1" colspan="2" Vorlage:Highlight | Alveolar rowspan="2" Vorlage:Highlight | Postalveolar rowspan="2" Vorlage:Highlight | Palatal rowspan="2" Vorlage:Highlight | Velar rowspan="2" Vorlage:Highlight | Uvular rowspan="2" Vorlage:Highlight | Pharyngal rowspan="2" Vorlage:Highlight | Glottal
style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 |  nichtemph.  style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 | emphatisch style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 |  nichtemph.  style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 | emphatisch
style="text-align: left;" ROWSPAN=2 Vorlage:Highlight1 | Plosive style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 | stl.       t () (Vorlage:Unicode)     k () q ()   ʔ ( Vorlage:Unicode)
style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 | sth. b ()     d ()       g ()      
style="text-align: left;" ROWSPAN=2 Vorlage:Highlight1 | Frikative style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 | stl. f () θ (Vorlage:Unicode) (Vorlage:Unicode) s (s3) (Vorlage:Unicode) ʃ (s1)   x (Vorlage:Unicode)   ħ (Vorlage:Unicode) h ()
style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 | sth.   ð (Vorlage:Unicode)   z ()       ɣ (Vorlage:Unicode)   ʕ (Vorlage:Unicode)  
style="text-align: left;" COLSPAN=2 Vorlage:Highlight1 | Nasale m ()     n ()              
style="text-align: left;" COLSPAN=2 Vorlage:Highlight1 | Laterale       l ()          
style="text-align: left;" COLSPAN=2 Vorlage:Highlight1 | Vibranten       r ()              
style="text-align: left;" COLSPAN=2 Vorlage:Highlight1 | Approximanten w ()           j ( y)        
style="text-align: left;" Vorlage:Highlight1 | laterale Frikative style="text-align: left; font-size: 80%;" Vorlage:Highlight1 | stl.     ɬ (s2) ɬˀ (Vorlage:Unicode)


Im Laufe der Sprachgeschichte zeigten sich besonders im Hadramautischen einzelne Lautveränderungen:

Über die Vokale des Altsüdarabischen lassen sich nur Vermutungen anstellen, da die Altsüdarabische Schrift keine Vokale besaß.

Morphologie

Personalpronomina

Es existierten Pronominalsuffixe und unabhängige oder absolute Pronomina; letztere sind nur im Sabäischen belegt. Die Personalpronomina lauten im einzelnen:

Vorlage:Highlight colspan="2" rowpsan="2"| Vorlage:Highlight colspan="2" style="text-align: center; font-size: 110%;"| Pronominalsuffixe Vorlage:Highlight colspan="1" style="text-align: center; font-size: 110%;"| Unabhängige Pronomina
Vorlage:Highlight colspan="2"| Vorlage:Highlight|Sabäisch Vorlage:Highlight|Andere Dialekte Vorlage:Highlight|Sabäisch
rowspan="5" Vorlage:Highlight| Singular 1. Person -n   Vorlage:Unicoden
2. Person m. -k -k Vorlage:Unicodent; Vorlage:Unicodet
2. Person f. -k    
3. Person m. -hw, h -s1w(w), s1 h(w)Vorlage:Unicode
3. Person f. -h, hw -s1, -s1yw (qataban.), -Vorlage:Unicode(yw), -s3(yw) (hadram.) hVorlage:Unicode
rowspan="3" Vorlage:Highlight| Dual 2. Person -kmy Vorlage:Unicodetmy  
3. Person com. -hmy -s1mn (min.), -s1my (qataban.; hadram.) hmy
3. Person m.   -s1m(y)n (hadram.)  
rowspan="5" Vorlage:Highlight| Plural 1. Person -n    
2. Person m. -kmw   Vorlage:Unicodentmw
2. Person f.      
3. Person m. -hm(w) -s1m hmw
3. Person f. -hn -s1n hn


Die Pronominalsuffixe dienen an Verben und Präpositionen angehängt als Objektspronomina: wqtl-hmw „er tötete sie“, wVorlage:Unicodemr-hmj tˀlb „Taˀlab schenkte ihnen beiden“, ˁm-smn „mit ihnen beiden“. An Substantive angehängt können sie ein Besitzverhältnis ausdrücken: ˁbd-hw „sein Diener“, bhn-s1w „seine Söhne“ (bhn ist irregulärer minäischer Plural von bn „Sohn“).

Die absoluten Pronomina dienten als Subjekt von Nominal- und Verbalsätzen: mrVorlage:Unicode Vorlage:Unicodet „du bist Herr“ (Nominalsatz); hmw f-Vorlage:Unicodemdw „sie dankten“ (Verbalsatz).

Substantiv

Kasus, Numerus, Genus

Die Substantive des Altsüdarabischen unterscheiden die beiden Genera Maskulinum und Femininum, letzteres wird dabei im Singular mit der Endung –t gebildet: bˁl „Herr'“ (m.), bˁlt „Herrin“ (f.), hgr „Stadt“ (m.), fnwt „Kanal“ (f.). Es besitzt die drei Numeri Singular, Dual und Plural. Der Singular wird ohne Veränderung des Stammes gebildet, der Plural dagegen kann auf verschiedene Weisen, die bei ein und dem selben Wort vorkommen können, gebildet werden:

  1. Innere („gebrochene“) Plurale: Sie sind sehr häufig, die häufigste Art der inneren Pluralbildung besteht in einem ˀ-Präfix, so dass die Form das Muster ˀqtl hat: ˀbjt „Häuser“ zu bjt „Haus“, dazu kann auch noch ein Suffix –t, -w treten: ˀḫrft „Jahre“ zu ḫrf „Jahr“, : ˀbjtt „Häuser“ zu bjt „Haus“. Eine weitere Bildungsmöglichkeit besteht in einem Suffix –t, das sich besonders häufig bei Worten mit m-Präfix findet: mVorlage:Unicodefdt „Türme“ zu mVorlage:Unicodefd „Turm“. Außerdem kommen Formen ohne äußeres Bildungsmerkmal wie fnw „Kanäle“ zu fnwt (f.) „Kanal“ sowie solche mit w-/j-Infix, u. U. mit t-Suffix wie ḫrwf / ḫrjf / ḫrjft „Jahre“ zu ḫrf „Jahr“ vor.
  2. Reduplikationsplurale: Sie sind im Altsüdarabischen selten belegt: Vorlage:UnicodelVorlage:Unicodelt „Götter“ zu Vorlage:Unicodel „Gott“.
  3. Äußere („gesunde“) Plurale: Sie kommen nur bei Maskulina vor und werden mit der Endung –n bzw. minäisch –hn gebildet: ḫrfn „Jahre“ zu ḫrf „Jahr“.
  4. Dehnung des Endungsvokales: Diese Art der Pluralbildung ist neben den inneren Pluralen bei den Feminina auf –t üblich. Diese Formen lassen sich in den meisten Dialekten nicht vom Singular unterscheiden, nur im Minäischen wird der lange Endungsvokal durch –h- angezeigt: Minäisch Vorlage:UnicodenVorlage:Unicodeht „Frauen“ zu Vorlage:UnicodenVorlage:Unicodet „Frau“.

Der Dual ist im Altsüdarabischen schon in der Aufgabe begriffen und wird mit der Endung -n gebildet, weshalb er von den äußeren Pluralen nicht zu unterscheiden ist: ḫrfn „Zwei Jahre“ zu ḫrf „Jahr“.

Das Altsüdarabische kannte mit Sicherheit eine Kasusflexion, die durch vokalische Endungen gebildet wurde, weshalb sie in der Schrift nicht erkennbar ist; jedoch haben sich Spuren in der Schreibung v.a. des Status Constructus erhalten.[1]

Status

Wie in anderen semitischen Sprachen auch kannte das altsüdarabische Substantiv drei Status:

  • Status indeterminatus: er markiert das unbestimmte Substantiv; er wurde im Singular durch Mimation, d.h. ein m-Suffix, markiert, das im Genitiv und Akkusativ im Minäischen und Hadramautischen teilweise hm geschrieben wurde: Vorlage:Unicodelmm Vorlage:Unicode-Vorlage:Unicodehbm „(irgend)eine Statue aus Bronze“.
  • Status determinatus: er markiert das determinierte Substantiv und zeichnet sich durch Nunation, d.h. ein n-Suffix (im Hadramautischen hn) aus: Vorlage:Unicodelmn „die Statue“, (hadramautisch) bVorlage:Unicoderhn „das Meer“.
  • Status constructus: er tritt ein, wenn das Substantiv mit einem Genitiv, einem Relativsatz oder einem Personalsuffix verbunden ist: : Mit Pronominalsuffix: (sabäisch) ˁbd-hw „sein Diener“, (qatabanisch) bn-s1ww „seine Söhne“; mit nominalem Genitiv: (hadramautisch) gnVorlage:Unicodehj myfVorlage:Unicodet „die beiden Mauern von Maifa'at“, mlky s1bVorlage:Unicode „die beiden Könige von Saba“; mit Relativsatz:

kl 1 s1bVorlage:Unicodet 2 w-Vorlage:UnicodebyVorlage:Unicode 3 w-tqdmt 4 s1bVorlage:Unicodey5 w-Vorlage:UnicodebVorlage:Unicode6 tqdmn7 mrVorlage:Unicodey-hmw8 „alle1 Expeditionen2, Schlachten3 und Angriffe4, die ihre zwei Herren8 leiteten5, schlugen6 und anführten7

Die Deklination der Substantive in den verschiedenen Status sieht im Sabäischen zusammengefasst folgendermaßen aus: (im Hadramautischen und Minäischen findet sich in bestimmten Formen vor den Endungen ein h)

colspan="2" Vorlage:Highlight Vorlage:Highlight|Stat. constr. Vorlage:Highlight|Stat. indet. Vorlage:Highlight|Stat. det.
rowspan="3" Vorlage:Highlight| Maskulinum Singular -Vorlage:Unicode -m -n
Dual -Vorlage:Unicode / -y -n -nhn
Äußerer Plural -w / -y -n -nhn
rowspan="3" Vorlage:Highlight| Femininum Singular -t -tm -tn
Dual -ty -tn -tnhn
Äußerer Plural -t -tm -tn

Verb

Flexion

Wie die anderen semitischen Sprachen auch unterscheidet das Altsüdarabische zwei Arten von finiten Verbformen: Das mit Suffixen konjugierte Perfekt und das mit Präfixen konjugierte Imperfekt. Beim Imperfekt lassen sich zwei Formen unterschieden: eine Kurzform und eine durch n-Suffix gebildete Form (Langform bzw. n-Imperfekt), die allerdings im Qatabanischen und Hadramautischen fehlt. Die Konjugation von Perfekt und Imperfekt lässt sich folgendermaßen zusammenfassen (Aktiv und Passiv lassen sich nicht unterscheiden):

  Perfekt Imperfekt
Kurzform Langform
Singular 1. P. fˁl-k (?)    
2. P. m. fˁl-k    
2. P. f. fˁl-k t-fˁl t-fˁl-n
3. P. m. fˁl y-fˁl y-fˁl-n
3. P. f. fˁl-t t-fˁl t-fˁl-n
Dual 3. P. m. fˁl(-y) y-fˁl-y y-fˁl-nn
3. P. m. fˁl-ty t-fˁl-y t-fˁl-nn
Plural 2. P. m. fˁl-kmw   t-fˁl-nn
3. P. m. fˁl-w y-fˁl-w y-fˁl-nn
3. P. f. fˁl-y, fˁl-n (?) t-fˁl-n(?) t-fˁl-nn(?)

Das Perfekt wird hauptsächlich zur Bezeichnung einer vergangenen Handlung benutzt, nur vor Konditionalsätzen und in Relativsätzen mit konditionalem Nebensinn bezeichnet es eine gegenwärtige Handlung. Beispiel: ws3ḫly HlkVorlage:Unicodemr w-Vorlage:UnicodemVorlage:UnicodeVorlage:Unicodet „HlkVorlage:Unicodemr und Vorlage:UnicodemVorlage:UnicodeVorlage:Unicodet haben sich schuldig bekannt (Dual)“.

Das Imperfekt bezeichnet gewöhnlich die Gleichzeitigkeit zu einem vorher genannten Ereignis oder einfach die Gegenwart oder Zukunft. Es lassen sich drei durch Präfixe gebildete Modi unterscheiden:

  1. Indikativ: er hat in den meisten Dialekten kein besonderes Merkmal, nur im Qatabanischen und selten im Minäischen wird er durch ein Präfix b gebildet: mVorlage:UnicodebVorlage:Unicodet b-h yVorlage:UnicodebVorlage:Unicoden mlkn Vorlage:Unicodewrm b-ywm ts1Vorlage:Unicodem Vorlage:Unicode-Vorlage:Unicodewr "Altar, auf dem der König am 9. Tag (des Monats) Du-Tawr einen Stier opfert" (sabäisch); bys2Vorlage:Unicode tmnVorlage:Unicode "während er in Timna Handel treibt" (qatabanisch). Mit perfektischer Bedeutung: w-yqr zydVorlage:Unicodel b-wrVorlage:Unicodeh Vorlage:UnicodetVorlage:Unicoder „Und ZaidVorlage:Unicodeil starb im Monat Hathor“ (minäisch).
  2. Präkativ: er lautet l-yfˁln und drückt Wünsche aus: w-l-yVorlage:Unicodemrnhw Vorlage:Unicodelmqhw „Almaqahu möge gewähren“.
  3. Jussiv: er hat die Form l-yfˁl und steht für indirekte Befehle: l-yVorlage:Unicodet Vorlage:Unicodedj Vorlage:Unicodetwtm „so soll es nach Vorlage:UnicodeItwat kommen“ (Sabäisch); l-ystdqwn qtbn „so sollen die Qatabaner ihr Recht finden“ (Qatabanisch).
  4. Vetitiv: Vorlage:Unicodel yfˁl. Er dient zum Ausdruck negativer Befehle: w-Vorlage:Unicodel yhwfd b-h Vorlage:Unicodemd w-Vorlage:Unicodelbm „Und weder Wein noch Vorlage:Unicodeilb-Bäume dürfen hier gepflanzt werden“.

Syntax

Die Satzstellung des Altsüdarabischen ist nicht exakt geregelt: der erste Satz einer Inschrift hat immer die Satzstellung (Partikel - ) Subjekt – Prädikat (SV), die anderen Hauptsätze einer Inschrift werden durch w- "und" eingeleitet und haben – wie die Nebensätze – gewöhnlich die Stellung Prädikat – Subjekt (VS). Das Prädikat kann dabei durch f- eingeleitet werden.[2]

Beispiele:

Am Inschriftenanfang; SV s1Vorlage:UnicodedVorlage:Unicodel wrVorlage:UnicodebVorlage:Unicodel s3lVorlage:Unicode w-sqnj Vorlage:UnicodeVorlage:Unicodetr kl Vorlage:UnicodewVorlage:Unicode
Subjekt 3. Person Plural Perfek "und" – 3. Person Plural Perfekt Indirektes Objekt Direktes Objekt
S1Vorlage:UnicodedVorlage:Unicodel und wrVorlage:UnicodebVorlage:Unicodel haben dargebracht und haben geweiht dem Vorlage:UnicodeAttar die ganze Ausbesserung
"S1Vorlage:UnicodedVorlage:Unicodel und wrVorlage:UnicodebVorlage:Unicodel haben dem Vorlage:UnicodeAttar die ganze Ausbesserung dargebracht und geweiht"
Durch w eingeleitet; SV w-Vorlage:Unicodews1Vorlage:Unicodel f-Vorlage:Unicodemd mqm Vorlage:Unicodelmqh
"und"-Subjekt "und"-Prädikat Objekt
und Awsil und er dankte der Macht Almaqahs
"Und Awsil dankte der Macht Almaqahs"


Neben Sätzen mit verbalem Prädikat kennt das Altsüdarabische auch Nominalsätze, deren Prädikat ein Substantiv, Adjektiv oder eine Präpositionalphrase sein kann; das Subjekt steht meistens voran:

Durch "w" eingeleiteter Nominalsatz w-Vorlage:Unicoden-m wtfn mVorlage:Unicodedqm
"und"-Attribut Subjekt mit Nunation Prädikat mit Mimation
Und dieser die Urkunde der Übergabe bindend
Diese Übergabeurkunde ist bindend.

Nebensätze

Die folgenden Beispiele geben einen groben Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten, mit denen das Altsüdarabische Nebensätze bilden kann:

Hauptsatz mit anschließendem Objektsatz Hauptsatz Nebensatz
w-y1m Vorlage:Unicodew k-nblw hmw Vorlage:Unicodegrn b-Vorlage:Unicodebr Vorlage:UnicodeVorlage:Unicodezb Vorlage:Unicodebs2t
"und"-3. P. Pl. Perf. Konjunktion – Perfekt Attribut Subjekt Präposition Präpositionalobjekt
Und sie hörten dass sandten diese Nadschraniten zu abessinische Stämme
Und sie hörten, dass diese Nadschraniten (eine Delegation) zu den abessinischen Stämmen gesandt hatten.
Konditionalsatz mit Nachsatz Nebensatz Nachsatz
w-hmy hfnk f-tVorlage:Unicodelmn b-hmy
"und" - Konjunktion Prädikat "und" - Imperativ Pronominalphrase
Und wenn du sendetest und unterschreibe auf sie
Und wenn du (sie) sendest, unterschreibe sie.

Relativsätze

Das Altsüdarabische unterscheidet zwei Arten von Relativsätzen: unabhängige und abhängige (d.h. adjektisch / attributive). Die unabhängigen Relativsätze werden mit dem Relativpronomen Vorlage:Unicode- oder Vorlage:Unicodel und dem indeklinablen mn und deren Formen bzw. Komposita eingeleitet:

Relativsatz nach mn-mw mn-mw Vorlage:Unicode-ys2Vorlage:Unicodemn Vorlage:Unicodebdm f-Vorlage:Unicodew Vorlage:Unicodemtm
"wer" - Enklitikum Relativpronomen – 3. Person Singular n-Imperfekt Obj. – Mimation "und" – "oder" Obj. - Mimation
Wer kauft einen Sklaven oder eine Sklavin
Wer einen Sklaven oder eine Sklavin kauft[...]

Attributive Relativsätze können eingeleitet (syndetisch) oder uneingeleitet (asyndetisch) sein:

Syndetischer Relativsatz
(Qataban.) mit nominalem Prädikat
Hauptsatz Relativsatz
Vorlage:Unicoden mVorlage:Unicodefdn jVorlage:UnicodeVorlage:Unicoder Vorlage:Unicodem b-s2hd gnVorlage:Unicode hgrsm
Demonstrativpronomen Subjekt mit Nunation Relativpronomen Präposition Präpositionalobjekt Attribut mit Pron. Suffix 3. P. Pl. m.
diesen den Turm jVorlage:UnicodeVorlage:Unicoder welcher gegenüber Mauer ihre Stadt
...diesen Turm jVorlage:UnicodeVorlage:Unicoder, der gegenüber der Mauer ihrer Stadt (sich befindet).

Lexikon

Der Wortschatz des Altsüdarabischen ist aufgrund der verschiedenen Inschriftengattungen verhältnismäßig vielfältig, steht jedoch im Bereich des Semitischen recht isoliert, was seine Erschließung erschwert. Selbst anhand der nahe verwandten Sprachen wie dem Ge'ez, dem klassischen Arabischen und dem Frühnordarabischen lässt sich nur ein Teil des altsüdarabischen Wortschatzes erschließen, ein nicht geringer Teil muss aus dem Textkontext erschlossen werden, und einige Wörter bleiben unverständlich. Hingegen finden sich viele Wörter aus der Landwirtschaft und der Bewässerungstechnik in Werken jemenitischer Gelehrten aus dem Mittelalter und teilweise auch in den modernen jemenitischen Dialekten wieder. Fremde Lehnwörter sind im Altsüdarabischen rar, lediglich griechische und aramäische Worte fanden in der rahmananistischen, christlichen und jüdischen Persiode (5. bis 7. Jahrhundert n. Chr.) Eingang in südarabische Inschriften, wie z.B. qls1-n aus griechisch Vorlage:Polytonisch „Kirche“, das sich im arabischen al-Qillīs als Bezeichnung der von Abraha errichteten Kirche in Sanaa erhalten hat.[3]

Quellen

  1. Hierzu: P. Stein: Gibt es Kasus im Sabäischen?, in: N. Nebes (Hrg.): Neue Beiträge zur Semitistik. Erstes Arbeitstreffen der Arbeitsgemeinschaft Semitistik in der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft vom 11. bis 13. September 2000, S. 201-222
  2. Norbert Nebes: Die Konstruktionen mit /FA-/ im Altsüdarabischen. (Veröffentlichungen der Orientalischen Kommission der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Nr. 40) Harrassowitz, Wiesbaden 1995
  3. A. F. L. Beeston: Foreign loanwords in Sabaic, in: Norbert Nebes (Hrsg.): Arabia Felix. Beiträge zur Sprache und Kultur des vorislamischen Arabien. Festschrift Walter W. Müller zum 60. Geburtstag. Harrassowitz, Wiesbaden, S. 39-45

Literatur

Grammatiken

  • A. Beeston: A Descriptive Grammar of Epigraphic South Arabian Luzac, London 1962
  • A. Beeston: Sabaic Grammar, Manchester 1984 ISBN 0-9507885-2-X
  • Maria Höfner: Altsüdarabische Grammatik (Porta Linguarum orientalium, Band 24) Leipzig, 1943 (bietet viel Material aus den schon länger bekannten Inschriften)
  • N. Nebes, P. Stein: Ancient South Arabian, in: Roger D. Woodard (hrg.): The Cambridge encyclopedia of the World's ancient languages Cambridge University Press, Cambridge 2004ISBN 0-521-56256-2 S. 454-487 (neuester grammatischer Überblick mit Bibliographie)

Wörterbücher

  • A.F.L. Beeston, M.A. Ghul, W.W. Müller, J. Ryckmans: Sabaic Dictionary / Dictionnaire sabéen (Englisch-Französisch-Arabisch) Louvain-la-Neuve, 1982 ISBN 2-8017-0194-7
  • Joan Copeland Biella: Dictionary of Old South Arabic. Sabaean dialect Eisenbrauns, 1982 ISBN 1-57506-919-9
  • S. D. Ricks: Lexicon of Inscriptional Qatabanian (Studia Pohl, 14), Pontificial Biblical Institute, Rom 1989

Sonstiges

  • J. Ryckmans, W.W. Müller, Y.M. Abdallah: Textes du Yémen antique. Inscrits sur bois ( Institut Orientaliste, Band 43) Institut Orientaliste, Louvain 1994

Weblinks