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Tryggve Gran

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Jens Tryggve Herman Gran [… tʀygɘ … gɾaːn] (* 20. Januar 1889 in Bergen, Norwegen, † 8. Januar 1980 in Grimstad, Norwegen) war ein norwegischer Pilot, Entdecker und Autor. Er gehörte 1911 Robert Falcon Scotts Südpolexpedition an und schaffte 1914 die erste Überquerung der Nordsee per Flugzeug.

Biographie

Tryggve Gran, 1892 (Bildmitte)

Tryggve Gran wuchs in einer Familie auf, die es in der Schiffbauindustrie zu Wohlstand gebracht hatte; sein Vater starb, als er fünf Jahre alt war. 1900 ging Tryggve Gran für ein Jahr in der Schweiz zur Schule, wo er ein wenig Deutsch und Französisch lernte. 1903 traf er den deutschen Kaiser Wilhelm II., der bei einer befreundeten Familie gelegentlich zu Gast war;[1] seit dieser Begegnung hatte Gran den Wunsch, Marineoffzier zu werden. Gran war einige Jahre Mitglied des Nygaards Bataillons, einer als Buekorps bezeichneten Jugendorganisation mit militärischer Formalausbildung. Er war auch ein begeisterter Fußballer und spielte für den Mercantile Fotballklubb, Oslo (heute fusioniert mit dem Nordstrand Idrettsforening, Oslo). 1908 wurde er für das erste internationale Spiel in die norwegische Nationalmannschaft berufen (das Spiel verlor Grans Mannschaft 3:11 gegen Schweden in Göteborg). Nach der Schule besuchte Tryggve Gran die Kadettenanstalt der norwegischen Marine, schied aber aus, ohne einen Abschluss erreicht zu haben.[2]

Terra-Nova-Expedition (Antarktis)

Grans wissenschaftliches Interesse, seine Entdeckungslust, und nicht zuletzt sein skifahrerisches Können führten dazu, dass ihn Fridtjof Nansen 1910 dem Polarforscher Robert Falcon Scott empfahl. Dieser war von Grans Fähigkeiten beeindruckt und nahm ihn 1911 auf seine Terra Nova Expedition in die Antarktis mit, wo Gran das Team im Umgang mit den Skiern unterwies. Da Gran den Wettstreit um die Entdeckung des Südpols mit seinem Landsmann Amundsen ausdrücklich bedauerte, wurde er aus der Gruppe der Pol-Expedition ausgeschlossen.[1] Während Scott mit sieben Kameraden im November 1911 vom antarktischen Basislager zum Südpol aufgebrochen war, begleitete Gran daher Griffith Taylor zu einer geologischen Expedition in Richtung des Ellsworthlands. Nachdem Scott und ein Teil seiner Mannschaft auf ihrem Weg zum Südpol verschollen waren, beteiligte sich Tryggve Gran an der von Edward L. Atkinson geleiteten Such- und Rettungsmannschaft, die sechs Monate später die Leichen auffand und begrub.[2] Vor das Grab stellte Gran seine Skier als Kreuz auf und fuhr auf Scotts Skiern zurück – so hatten wenigstens Scotts Ski die Reise vollendet, soll Gran gesagt haben[3]. Gran wurde hierfür von George V. von England die Polar Medal verliehen.

Im Dezember 1912 bestieg Gran zusammen mit Raymond Priestley und Frederick Hooper noch den antarktischen Vulkan Mount Erebus (Erstbesteigung 1908), während dieser durch eine plötzliche Eruption einen gefährlichen Steinregen auslöste.[2]

Auf seinem Rückweg von der Antarktis traf Gran auf den irischen Piloten Robert Lorrain und begeisterte sich seither für die Fliegerei. Auf der Pilotenschule von Louis Blériot in Paris erwarb Gran seine Fluglizenz. Sein fliegerisches Meisterwerk, der erste Nordseeüberflug im Jahre 1914 (→ Abs. unten), fand wegen des Ersten Weltkriegs zunächst kaum Beachtung.

Erster Weltkrieg

Gran war zu dieser Zeit bereits Premierløytnant (Oberleutnant) der Norwegischen Luftwaffe. Zu Kriegsbeginn meldete er sich freiwillig der britischen Royal Air Force, wo er als Norweger wegen deren Neutralität abgelehnt wurde. Unter falscher Identität als kanadischer Captain namens „Teddy Grant“ bewarb er sich erneut und wurde angenommen. Er diente in London, der Westfront und in Archangelsk und wurde während des Krieges zum Major befördert und mit dem Military Cross ausgezeichnet.[1] Nachdem Gran nach dem Krieg Hermann Göring kennengelernt und sie ihre Flugbücher verglichen hatten, behauptete er, Göring am 8. oder 9. September 1917 in einem Luftkampf abgeschossen zu haben.

Nach dem Krieg hielt Gran Vorträge über die Fliegerei und seine Reisen in die Polargebiete. 1928 leitete er eine Suchmannschaft zur Rettung von Roald Amundsen, als dieser auf einer Rettungsexpedition für Umberto Nobile in der Arktis verschollen war. Amundsen wurde bis heute nicht gefunden.[2]

Zweiter Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs war Tryggve Gran Mitglied der norwegischen faschistischen Partei Nasjonal Samling (NS) unter Vidkun Quisling, die seine Popularität als Flugpionier für die Kriegspropaganda einsetzte – 1944 erschien eine norwegische Briefmarke zum 30. Jahrestag von Grans Nordseeüberquerung.[1] Quisling wurde von der deutschen Besatzungsadministration als Ministerpräsident eingesetzt und blieb bis zu seiner Verhaftung im Mai 1945 an der Macht; kurz danach wurde Quisling wegen Hochverrat hingerichtet. Gran wurde 1948, ebenfalls wegen Hochverrat, zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt.

Über Grans Motive sich während der nationalsozialistischen Besetzung der norwegischen NS anzuschließen gibt es verschiedene Vermutungen: Gran war mit Göring befreundet und zudem verbittert darüber, dass die Norwegischen Streitkräfte ihm keinen Posten in der Luftwaffe angeboten hatte. Gran fürchtete möglicherweise aber auch Repressionen wegen seiner Einsätze für die britische Luftwaffe während des Ersten Weltkriegs.

Flugstrecke der ersten Flugüberquerung der Nordsee am 30. Juli 1917

1971 enthüllte Gran in Cruden Bay ein Denkmal für seinen Nordseeüberflug, das der Lehrer Bill Currie vom Robert Gordon’s College in Aberdeen mit seinen Schülern gefertigt hat.[4]

Tryggve Gran war verheiratet mit Margaret Gran, einer bekannten Portraitmalerin.[4] Er starb in seinem Heimatort Grimstad am 8. Januar 1980.

Erstflug über die Nordsee

1914 bereitete sich Tryggve Gran auf seine Pioniertat vor: die erste Überquerung der Nordsee von Großbritannien nach Skandinavien im Flugzeug. Die besondere Schwierigkeit des Unternehmens lag vor allem in dem zu findenden Kompromiss aus großer Treibstoffmenge und niedrigem Gewicht, denn die damaligen Flugzeuge besaßen nur geringe Reichweiten.

Blériot XI-2 im Musée de l’Air et de l’Espace beim Flughafen Le Bourget nahe Paris, die Maschine von Adolphe Pégoud

Grans Maschine war ein zweisitziger, offener Eindecker vom Typ Blériot XI-2 und war bestückt mit einem 70 PS Gnome & Rhône-Motor: Höchstgeschwindigkeit: 106 km/h, Flugdauer (ohne Reserve): max. 3,5 h (= 371 km Reichweite ohne Wind). Mit einem Vorläufer dieses Typs stellte dessen Hersteller Louis Blériot 1909 den damaligen Dauerflugrekord auf (37 Minuten) und absolvierte den ersten Überflug des Ärmelkanals – Blériot kam damit Gran zuvor, der sich bis dahin dasselbe Ziel gesetzt hatte.[4] Blériot überließ Gran die Ça Flotte getaufte Maschine zum halben Preis (13.000 ₣); mit einem Lastwagen wurden die Teile nach Schottland gefahren und dort zusammengebaut.

Um die Nutzlast für Treibstoff zu erhöhen, baute Gran größere Tanks ein und diverse Teile des Flugzeugs aus, verzichtete selber auf Jacke, Überhose und Stiefel und navigierte einzig mit einem Magnetkompass, von dem später gerne erzählt wurde, er habe nur fünf Kronen gekostet.

Ende Juli 1914 ist Gran abflugbereit, doch er wartet auf bessere Wetterbedingungen: kein Nebel und vor allem Westwind. Wegen des erwarteten Krieges wurde angekündigt, ab dem 30. Juli, 18 Uhr den britischen Luftraum für private Flüge zu sperren. Als um 8 Uhr morgens dieses Tages das Wetter endlich günstig schien, startete Tryggve Gran von Cruden Bay, Schottland (nahe Aberdeen) vor einer Handvoll Zuschauer. Als Rollbahn diente ihm eine befestigte Fläche neben einem Wäschereigebäude; er lief dabei Gefahr, die Oberleitung einer elektrischen Förderbahn zu streifen.[4] Während des Fluges geriet Gran in eine Nebelbank, der er wegen des äußerst knappen Treibstoffs nicht ausweichen konnte. Kurz darauf setzte der Motor aus, doch Gran konnte ihn wieder starten.[3] Nach 4½ Stunden landete er glatt in Jæren, Norwegen (bei Stavanger); er hatte ca. 475 km zurückgelegt und kaum noch Treibstoff. Seiner Leistung wird angesichts der politischen Situation in Europa kaum Beachtung geschenkt – fünf Tage später erklärt Deutschland England den Krieg.

Ça Flotte, von Gran später umbenannt in Nordsjøen (norw. Nordsee) steht heute im Norsk Teknisk Museum in Oslo.

Trivia

„Ich hörte ein Geräusch… Wie ein Pistolenschuss. Es war Scotts Arm, der brach, als sie versuchten, sein Tagebuch unter dem Körper hervorzuholen.“

Tryggve Gran: aus seinem Bericht über die Suchexpedition nach Robert Falcon Scott[5]

Werke (Literatur)

  • Hvor sydlyset flammer. 1915; Wo das Südlicht flammt. 1928 (dt. von Adrian Mohr)
  • Under britisk flagg: krigen 1914–18. 1919
  • Triumviratet. 1921
  • En helt: Kaptein Scotts siste færd. 1924
  • Mellom himmel og jord. 1927
  • Heia - La Villa. 1932
  • Stormen på Mont Blanc. 1933
  • La Villa i kamp. 1934
  • Slik var det: Fra kryp til flyger. 1945
  • Slik var det: Gjennom livets passat. 1952
  • Kampen om Sydpolen. 1961
  • Første fly over Nordstemmen: Et femtiårsminne. 1964
  • Fra tjuagutt til sydpolfarer. 1974
  • Mitt liv mellom himmel og jord. 1979

Weiterführende Informationen

Weblinks

Vorlage:PNDfehlt

Quellen

  1. a b c d NCBI (National Center for Biotechnology Information, USA)
  2. a b c d Archives Hub
  3. a b www.crudenbay.org.uk
  4. a b c d Leopard Mag, The Magazine for North-East Scotland
  5. Inhaltsangabe zu einem Hörfunkbeitrag des WDR