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Weltdokumentenerbe in Deutschland

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Deutschland ist im Register des Weltdokumentenerbes mit elf Einträgen vertreten. Sie dokumentieren „die Vielfalt deutscher Beiträge zur Kulturgeschichte[1] innerhalb des UNESCO-Programms Memory of the World.

Das Programm wurde 1992 von der UNESCO als das dritte Welterbeprogramm gestartet, um sowohl den freien Zugang zu den kulturell bedeutsamen und historisch wichtigen Dokumenten zu sichern (unter anderem durch die Digitalisierung der Dokumente), als auch das dokumentarische Erbe vor Zerstörung und Vergessen zu bewahren. 1997 wurden die ersten Dokumente in das Register eingetragen, 1999 war mit der Sammlung des Berliner Phonogramm-Archivs erstmals ein deutscher Beitrag vertreten. Die Liste des Weltdokumentenerbes umfasst wertvolle Buchbestände, Handschriften, Partituren, Unikate, Bild-, Ton- und Filmdokumente.

Deutsches Nominierungskomitee

Die Deutsche UNESCO-Kommission hatte im Juli 1999 die Gründung eines nationalen Nominierungskomitees für das Programm Memory of the World beschlossen.[2] Mit dem Vorsitz des Expertengremiums wurde der Historiker Joachim-Felix Leonhard beauftragt.

Während die Nominierungen zum Weltkultur- und Weltnaturerbe durch die deutschen Bundesländer erfolgen, können im Programm Memory of the World auch Einzelpersonen, Verbände und Nichtregierungsorganisationen Vorschläge beim Internationalen Beraterkomitee einreichen.[3] So wurde bereits vor der ersten Sitzung des Deutschen Nominierungskomitees mit dem Berliner Phonogramm-Archiv der erste deutsche Beitrag nach einem gemeinsamen Vorschlag des Archivs mit dem Wiener Phonogrammarchiv in das Register des Weltdokumentenerbes aufgenommen.

Die Aufgabe des deutschen Nominierungskomitees besteht sowohl in der Prüfung und Bewertung eingereichter Vorschläge, als auch in der Erarbeitung eigener Vorschläge für das Weltregister. Seit 2007 kann jeder Mitgliedsstaat der UNESCO alle zwei Jahre nur noch zwei Vorschläge bei dem Internationalen Beraterkomitee einreichen. Nach den Empfehlungen des Beraterkomitees wird abschließend der Generaldirektor der UNESCO über die Anerkennung entscheiden. Zuletzt empfahl im Juli 2009 das Internationale Beraterkomitee das Nibelungenlied zur Aufnahme in das Register des Weltdokumentenerbes.[4]

Deutsche Beiträge zum Weltdokumentenerbe

Legende
  • Jahr: Jahr der Eintragung in das Register des Memory-of-the-World-Programms
  • Dokument: Bezeichnung des betreffenden Dokuments gemäß der Publikationen der Deutschen UNESCO-Kommission
  • Beschreibung: Beschreibung des Dokuments inklusive Angaben zum Aufbewahrungsort
  • Bild: Exemplarische Illustration zum Dokument
Jahr Dokument Beschreibung Bild
1999 Älteste Tondokumente traditioneller Musik 1893–1952 Die Sammlung historischer Edisonwalzen im Berliner Phonogramm-Archiv, einer Abteilung des Ethnologischen Museums, umfasst rund 150.000 Aufnahmen aus der ganzen Welt.
Sitz des Ethnologischen Museums in Berlin
2001 Gutenberg-Bibel Das 1282 Seiten umfassende Exemplar in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen ist die einzige vollständige Gutenberg-Bibel auf Pergament in Deutschland. Zwischen 1452 und 1454 entstanden rund 180 Exemplare der Bibel in der Druckerwerkstatt von Johannes Gutenberg.
Seite der Gutenberg-Bibel
2001 Goethes literarischer Nachlass Das von Johann Wolfgang von Goethe angelegte Archiv seiner Manuskripte, Briefe, Tagebücher und wissenschaftlichen Abhandlungen wird im Weimarer Goethe- und Schiller-Archiv aufbewahrt.
Manuskript zu Goethes Gedicht Gingo biloba
2001 Beethovens 9. Sinfonie Ludwig van Beethovens Symphonie Nr. 9, d-Moll, op. 125, wurde 1824 vollendet. Der Autograph wird von der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt, ergänzende Teile befinden sich im Bonner Beethoven-Haus und der Bibliothèque nationale de France.
Handschrift zu Beethovens 9. Sinfonie
2001 Metropolis Fritz Langs Stummfilm aus dem Jahr 1927 wurde nach umfangreichen Restaurierungen der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung als erster Film ins Weltdokumentenerbe aufgenommen.
Aufnahmeurkunde der UNESCO für die Archivkopie von Metropolis
2003 Reichenauer Handschriften Die Handschriften aus dem Kloster Reichenau gelten als herausragende Beispiele der ottonischen Buchmalerei. Ausgewählt wurden das Aachener und das Münchner Evangeliar Ottos III., die Bamberger Apokalypse, der Egbert-Psalter, der Gero-Codex, das Perikopenbuch Heinrichs II., das Evangeliar aus dem Bamberger Dom, das Evangelistar aus der Abtei Poussay, der Codex Egberti sowie die Handschrift Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Bibl. 22.
Seite aus dem Codex Egberti
2005 Grimms Märchen Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm wurden erstmals in den Jahren 1812 und 1815 veröffentlicht. Die Handexemplare der Märchensammlungen befinden sich im Brüder Grimm-Museum Kassel.
Titelseite der Kinder- und Hausmärchen
2005 Waldseemüller-Karte Die 1507 von Martin Waldseemüller erstellte Weltkarte wurde als gemeinsamer Vorschlag Deutschlands und der Vereinigten Staaten in die Liste des Weltdokumentenerbes eingetragen. Seit 2007 wird die Karte in der Library of Congress in Washington D. C. ausgestellt.
Gesamtansicht der Waldseemüller-Karte
2005 Bibliotheca Corviniana Bestände der Renaissance-Bibliothek des Königs von Ungarn und Kroatien Matthias Corvinus, die sog. Corvinen, finden sich heute unter anderem in der Österreichischen Nationalbibliothek, der Bayerischen Staatsbibliothek und in der Wolfenbütteler Herzog August Bibliothek. Der Eintrag in das Register erfolgte auf einen gemeinsamen Vorschlag Belgiens, Frankreichs, Italiens, Österreichs, Ungarns und Deutschlands.
Codex Guelf. 43 Aug 2° (um 1488)
2007 Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibniz Die Sammlung der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover umfasst rund 15.000 Briefe des Universalgelehrten Leibniz.
Brief von Leibniz aus dem Jahr 1716
2009 Nibelungenlied Das Nibelungenlied ist ein mittelhochdeutsches Heldenepos, der im 19. Jahrhundert den Rang eines deutschen Nationalepos erlangte. Das Register listet die Handschrift A (aufbewahrt in der Bayerischen Staatsbibliothek), die Handschrift B der Stiftsbibliothek St. Gallen und die Donaueschinger Nibelungenhandschrift C (aufbewahrt in der Badischen Landesbibliothek).
Erste Seite der Nibelungenhandschrift C

Deutsche Nominierungen zum Weltdokumentenerbe

Bisher wurden drei Vorschläge des Deutschen Nominierungskomitees nicht vom Internationalen Beraterkomitee angenommen.[5] In der Tabelle ist das Jahr der erstmaligen Nominierung aufgeführt.

Jahr Dokument Beschreibung Bild
2001 Patentanmeldung von Konrad Zuse für eine „Rechenvorrichtung“ Zuses Patentanmeldung aus dem Jahr 1941, die die Funktion des ersten Digitalrechners Z3 beschrieb, wurde vom Reichspatentamt abgelehnt. Kopien der Patentanmeldung befinden sich im Privatbesitz der Familie Zuse.
Nachbau der Zuse Z3 im Deutschen Museum München
2005 Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu Die Heiratsurkunde dokumentiert die Vermählung der byzantinischen Prinzessin Theophanu mit dem römisch-deutschen Kaiser Otto II. im Jahr 972. Sie zählt zu den wenigen erhaltenen frühmittelalterlichen Purpururkunden und befindet sich heute im Niedersächsischen Staatsarchiv in Wolfenbüttel.
Ausschnitt aus der Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu
2007 Dokumente zu Bau und Fall der Berliner Mauer Der Vorschlag beinhaltete verschiede Ton- und Bilddokumente, angefangen mit Walter Ulbricht Aussage „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ vom 15. Juni 1961 bis zu Günter Schabowskis Pressekonferenz vom 9. November 1989. Zusätzlich wurde der Text des Zwei-plus-Vier-Vertrags von 1990 eingereicht.
Bau der Berliner Mauer im August 1961

Einzelnachweise

  1. Deutsche Beiträge für das Memory of the World-Register. Deutsche UNESCO-Kommission e.V., 1. Juli 2008, abgerufen am 30. Juli 2009.
  2. Resolution der 59. Hauptversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission, Lorsch, Juli 1999. Deutsche UNESCO-Kommission e.V., 1. Juli 2008, abgerufen am 30. Juli 2009.
  3. Joachim-Felix Leonhard: UNESCO Programm „Memory of the World“. S. 115–116.
  4. Pressemitteilung der Deutschen UNESCO-Kommission. Deutsche UNESCO-Kommission e.V., 30. Juli 2009, abgerufen am 30. Juli 2009.
  5. Deutsche Einträge im Register Memory of the World (in englisch) bzw. Mémoire du monde (in französisch), United Nations Educational, Scientific an Cultural Organization (31. Juli 2009). Abgerufen am 3. August 2009.

Literatur

  • Henning Aubel (Hrsg.): Das Gedächtnis der Menschheit. Das Dokumentenerbe der UNESCO: Bücher, Handschriften, Partituren, Bild-, Ton- und Filmarchive. Kunth, München 2008, ISBN 978-3-89944-465-0.
  • Verena Metze-Mangold: Memory of the World - Das Gedächtnis der Menschheit. In: Helmut Knüppel (Hrsg.): Wege und Spuren. Verbindungen zwischen Bildung, Kultur, Wissenschaft, Geschichte und Politik. Festschrift für Joachim-Felix Leonhard. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2007, ISBN 978-3-86650-001-3, S. 471–484.
  • Joachim-Felix Leonhard: UNESCO Programm „Memory of the World“ – UNESCO Charta zum Erhalt des digitalen kulturellen Erbes. In: Thomas Dreier, Ellen Euler (Hrsg.): Kulturelles Gedächtnis im 21. Jahrhundert. Universitätsverlag Karlsruhe, Karlsruhe 2005, ISBN 3-937300-56-2, S. 113–126.

Siehe auch

Weblinks