Benutzer:Bmstr/Land- und Pfleggericht Reichenhall

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Die Grafschaft Reichenhall und umliegende Herrschaftsgebiete im nördlichen Salzburggau des Hochmittelalters

Das Land- und Pfleggericht Reichenhall[1] [2] auch Grafschaft Reichenhall[3] [4] [5] [6] war ein Territorium des Hoch- und Spätmittelalters sowie der frühen Neuzeit, welches sich im heutigen Oberbayern auf das Gebiet der heutigen Stadt Bad Reichenhall und der Gemeinden Schneizlreuth und Bayerisch Gmain im Saalachtal im früheren Salzburggau erstreckte.[7]

Durch die Gründung der Grafschaft im Jahr 1219 gelang es den bairischen Herzögen, Reichenhall bis heute an das Herzogtum Bayern bzw. seine Nachfolgestaaten zu binden. Dem gegenüber gelangte der Großteil der umgebenden Gebiete zu den gerade entstehenden selbständigen geistlichen Fürstentümern dem Fürsterzbistum Salzburg und der Fürstpropstei Berchtesgaden. Die Grafschaft war unmittelbar mit dem baierischen Herzog verbunden, selbständige Grafen gab es nicht.[8] An der Spitze der Verwaltung vor Ort standen Pfleger oder Landrichter.[9] Über die Jahrhunderte wurde die Organisationsform der Grafschaft durch die jeweils zeitgenössischen Verwaltungsformen abgelöst. Als die benachbarten Gebiete Rupertiwinkel und Fürstpropstei Berchtesgaden 1810 ebenfalls zum Königreich Bayern kamen, bildeten sich Verwaltungseinheiten heraus, die nicht mehr mit dem Gebiet der Grafschaft Reichenhall übereinstimmten.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Salzgewinnung in Reichenhall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das heutige Bad Reichenhall war bereits in vorrömischer Zeit ein Ort der Salzgewinnung. Unter römischer Herrschaft wurde die Saline zur bedeutendsten des Alpenraumes ausgebaut. Nach der Wiederentdeckung der Solequellen in der Zeit der Bistumsgründung in Salzburg war das heutige Bad Reichenhall die wichtigste Finanzquelle der Salzburger Kirche.

Hallgrafschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um 1070 entstand unter Graf Arnold von Dießen eine eigene Hallgrafschaft, die dem Salzwesen im damaligen Hal, später Reichenhall, vorstand. Die Familie stellte seither die Hallgrafen, bis Engelbert von Attel und Reichenhall 1161 starb und sein Sohn, Gebhard II., 1169 in das Kloster Reichersberg eintrat. Daraufhin kam die Hallgrafschaft in die Hand des bairischen Herzogs Heinrich des Löwens. Die Kontrolle über den Großteil der süddeutschen Salzgewinnung lag damit in seiner Hand.[10] Ob er selbst das Amt des Hallgrafen innehatte, ist umstritten.[11]

Als gesichert kann Arnold von Dießen gelten, der 1070 bis 1091 Graf von Dießen und 1063 bis 1080 Hallgraf war. Gebhard I. von Dießen, wohl Arnolds Sohn und anscheinend auch Hallgraf, folgte ihm nach. Ihm wiederum folgte sein Sohn Engelbert von Attel und Reichenhall im Amt.

Siehe Stammliste der Grafen von Dießen

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die herzoglich bairische Grafschaft Reichenhall entstand 1219, nachdem die Linie der Grafen von Peilstein mit Friedrich VI. (IX.) 1218 erloschen war. Salzburg wollte sich anfangs sein gesamtes Herrschaftsgebiet einverleiben, entschloss sich jedoch, um den bairischen Herzog zu beschwichtigen, den Teil des Gebietes von Reichenhall bis zum Steinbach dem Herzog zu zu gestehen.[12][13][14][15] An der Spitze der Verwaltung vor Ort standen Pfleger oder Landrichter.[16] Im Gebiet hatte es bereits zuvor Bestrebungen gegeben sich dem Salzburger Einfluss zu entziehen. Anfangs wurde die Grafschaft als "Grafschaft an der Saale" bezeichnet.[17] Saale ist die zeitgenössische Bezeichnung für die Saalach, dem größten Fließgewässer, das durch die Grafschaft geflossen ist.

1234 erfolgt die Einigung von Otto II. dem Lehensträger der Grafschaft Reichenhall mit dem Salzburger Erzbischof Eberhard II. über die Holzbezugsrechte für die Reichenhaller Saline im Saalachtal. Mehrere Reichenhaller Sudhäuser waren noch im Besitz Salzburgs.[18]

Burg Gruttenstein, Bad Reichenhall, Zeichen der bairischen Herrschaft über das Gebiet der Grafschaft Reichenhall

Nach einigen Jahrzehnten war es dem bairischen Herzog gelungen, seine Macht in Reichenhall auch dauerhaft zu festigen und anfangs noch bestehende unterschiedliche hoheitliche Zuordnungen zu seinen Gunsten zu gestalten. Es bestand nun ein geschlossenes Herrschaftsgebiet wie in der Karte oben dargestellt. Dieses hatte bis zu den Koalitionskriegen bestand. 1810 kam Reichenhall wieder zu einem großen bayerischen Umland. Sowohl das ehemalige Fürsterzbistum Salzburg wie auch die ehemalige Fürstpropstei Berchtesgaden kamen zum Königreich Bayern. Bereits 1805 war Tirol – nur durch einen schmalen Salzburger Streifen im Pinzgau von Reichenhall getrennt – bayerisch geworden. Das „Salzburger Gmain“ kam zum Landgericht Reichenhall, ebenso der gesamte Gerichtsbezirk des bisherigen Salzburger Pfleggerichts Lofer. Der Verbleib beim Königreich Bayern war aber großteils nur kurz. Lediglich der westlich der Salzach gelegene Teil des Salzburger Außergebirgs verblieb auch nach 1816 bei Bayern. Für ihn entwickelte sich die Bezeichnung Rupertiwinkel. Aus ihm kamen die damaligen Gemeinden Anger bzw. Stoißberg, Högl und Piding vom Landgericht Teisendorf zum Landgericht Reichenhall.[19]

Anbindung an das übrige Gebiet des Herzogtums Baiern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem sich Salzburg in einem von 1275 bis 1328 dauernden Prozess als eigenständiges Fürsterzbistum vom Herzogtum Baiern gelöst hatte, war die Grafschaft Reichenhall weitgehend von Salzburger Territorium bzw. von der eigenständigen Fürstpropstei Berchtesgaden umgeben. Lediglich durch den Nesselgraben über den Antoniberg, die Weißbachschlucht und weiter über Weißbach bestand eine Verbindung nach Inzell im benachbarten bairischen Chiemgau. Auf dieser Strecke wurde daher auch die Soleleitung nach Traunstein und später weiter nach Rosenheim errichtet.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Johannes Lang: "Stadtgeschichte, Kurzer Abriss der Bad Reichenhaller Geschichte", www.stadt-bad-reichenhall.de, abgerufen 01. Januar 2017.
  2. Für Landgericht: Max Wieser: "Vom kirchlichen Fronhof bis zum Offizium oder Urbaramt Piding, der erzbischöflichen Güterverwaltung" u.a. Seite S. 15 in: Max Wieser: "Pidinger Heimatbuch 735 - 1985", Plenk, Berchtesgaden 1985, S. 8-21.
  3. Fritz Hofmann: "Reichenhaller Salzbibliothek" Band I, 1994, S. 19. Hofmann schreibt mit Bezug auf die 3. bayr. Herzogsurbar aus der Zeit von 1323 bis 1339 von der "Grafschaft Reichenhall".
  4. Karl Heinrich Ritter von Lang: Baierns alte Grafschaften und Gebiete als Fortsetzung von Baierns Gauen, Nürnberg 1831, Riegel und Wießner, S1. 99-100. Betitelt den Abschnitt zu dieser Grafschaft mit "Grafschaft [...] Reichenhall".
  5. Josef Leitinger: Unken Geschichte, http://www.kalchofengut-unken.at/unken-im-mittelalter, schreibt im Rahmen der Regelung des Holzbezuges im Jahre 1234 vom bairischen Herzog als Lehensträger der Grafschaft Reichenhall.
  6. Andreas Hirsch: "Von Salzburg "retour nach Baiern". In: Heimatblätter. Beilage von "Reichenhaller Tagblatt" und "Freilassinger Anzeiger", 25. September 2010. In der enthaltenen Karte ist die Grafschaft Reichenhall eingetragen, die hier auch eingetragene "Hallgrafschaft" ist insoweit weitgehend obsolet als sie bereits 1169 auf den bairischen Herzog übergegangen war. Damit bestand eine Personalunion hinsichtlich "Grafschaft Reichenhall und "Hallgrafschaft".
  7. Andreas Hirsch: "Von Salzburg "retour nach Baiern". In: Heimatblätter. Beilage von "Reichenhaller Tagblatt" und "Freilassinger Anzeiger", 25. September 2010. Karte zum Gebiet der Grafschaft Reichenhall.
  8. Herbert Fröhlich: Marzoll, S. 98.
  9. Herbert Fröhlich: Marzoll, S. 100.
  10. Andreas Kraus, Geschichte Bayerns: Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1988, S. 88.
  11. Birgit Gruber-Groh: Bad Reichenhall (= Historischer Atlas von Bayern. Band 57). Lassleben, Kallmünz 1995, S. 88 f.
  12. Karl Heinrich Ritter von Lang: Baierns alte Grafschaften und Gebiete als Fortsetzung von Baierns Gauen, Nürnberg 1831, Riegel und Wießner, S. 99-100. Lang schreibt von einem "Leudold V." als letzten Peilsteiner - hier dürfte evtl. eine Verwechselung mit dem 1219 verstorbenen Luitold III. aus dem Plainer Haus vorliegen.
  13. Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke, Band 1. Salzburg 1815; S. 100–101. Koch-Sternfeld hebt zwar das Aussterben einer Line der Plainer hervor, nach neuerer Literatur war aber das Aussterben der Peilsteiner hier entscheidend (vgl. Fröhlich in "Marzoll").
  14. Herbert Fröhlich: Marzoll, S. 98. Fröhlich nennt ausschließlich das Aussterben der Peilsteiner als Ausgangspunkt für den Vergleich zwischen Herzog und Erzbischof.
  15. Max Wieser: "Vom kirchlichen Fronhof bis zum Offizium oder Urbaramt Piding, der erzbischöflichen Güterverwaltung" Seite S. 15 in: Max Wieser: "Pidinger Heimatbuch 735 - 1985", Plenk, Berchtesgaden 1985, S. 8-21, beschreibt ebenfalls das Jahr 1219 als entscheidend für die unmittelbare Herrschaft der bairischen Herzöge über Reichenhall, spricht aber nicht von einer Grafschaft sondern vom Landgericht Reichenhall.
  16. Herbert Fröhlich: Marzoll, S. 98.
  17. Karl Heinrich Ritter von Lang: Baierns alte Grafschaften und Gebiete als Fortsetzung von Baierns Gauen, Nürnberg 1831, Riegel und Wießner, S. 99-100.
  18. http://www.kalchofengut-unken.at/unken-im-mittelalter
  19. Amtsgericht Laufen: Historisches, abgerufen am 19. März 2016.

Quelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Trauner: Beschreibung der Urbargüter im Gericht und der Grafschaft Reichenhall, 1555, BayHStA, Kurbayern Hofkammer, Conservatorium Camerale 204 [1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • "Grafschaft [...] Reichenhall" in: Karl Heinrich Ritter von Lang: Baierns alte Grafschaften und Gebiete als Fortsetzung von Baierns Gauen, Nürnberg 1831, Riegel und Wießner, S. 99-100.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Kategorie:Historisches Territorium (Bayern) Kategorie:Landkreis Berchtesgadener Land Kategorie:Bistum Salzburg bis 1328