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Herz-Lungen-Wiederbelebung

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Unter einer Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW), Wiederbelebung oder Kardiopulmonalen Reanimation (CPR) versteht man das Durchführen von Maßnahmen, die einen Kreislaufstillstand beenden sollen. Dabei lassen sich Basismaßnahmen, die im Rahmen der lebensrettenden Sofortmaßnahmen durchgeführt werden, von erweiterten Maßnahmen unterscheiden. Gelegentlich bezieht sich der Begriff auch nur auf die Basismaßnahmen.

Wiederbelebungstraining an einem Baby-Dummy

Basismaßnahmen, die sowohl von Laien als auch von professionellen Helfern durchgeführt werden müssen, umfassen das Erkennen des Kreislaufstillstandes, Absetzen eines Notrufes, Freimachen der Atemwege, Beatmung des Patienten und die Durchführung einer Herzdruckmassage. Das Ziel dieser Maßnahmen ist die Versorgung lebenswichtiger Organe mit Sauerstoff.

Erweiterte Maßnahmen, die von Mitarbeitern des Rettungsdienstes, Notarzt und medizinischem Fachpersonal im Krankenhaus durchgeführt werden, haben zum Ziel, den Kreislaufstillstand zu beenden und eine regelmäßige Herzaktion wiederherzustellen. Dabei kommen die Gabe von Medikamenten, die endotracheale Intubation, die Defibrillation und äußere (transkutane) Herzschrittmacher zum Einsatz.

Die Prognose wiederbelebter Patienten ist schlecht, die längerfristige Überlebensrate liegt zwischen zwei und sieben Prozent. Ursache und Dauer des Kreislaufstillstands sowie die Zeit bis zur Beseitigung der Ursache des Kreislaufstillstands beeinflussen die Prognose entscheidend.

Die Durchführung der Reanimation wird in wissenschaftlich basierten Richtlinien beschrieben, aktuell sind die Reanimationsrichtlinien des European Resuscitation Council (ERC) von 2005, die der Artikel beschreibt. Die praktische Umsetzung und Durchführung wird in verschiedenen Ländern, medizinischen Institutionen und Hilfsorganisation davon abweichen.

Ursachen und Formen des Kreislaufstillstandes

siehe auch: Kreislaufstillstand

Die häufigste außerklinische Ursache eines Kreislaufstillstand im Sinne eines Notfalls ist in westlichen Industrienationen mit über 82 % der plötzliche Herztod, bedingt durch Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen. Weitere innere Erkrankungen wie Lungenerkrankungen (beispielsweise Lungenembolie), Erkrankungen des Gehirns (beispielsweise Schlaganfall) und andere haben einen Anteil von etwa 9 %. In weiteren 9 % sind äußere Einwirkungen wie Unfall, Ersticken, Vergiftung, Ertrinken, Suizid oder Stromunfall die Ursache des Kreislaufstillstandes.[1]

Die Datenlage über die Häufigkeit von Wiederbelebungsmaßnahmen bei Kreislaufstillstand ist unvollständig. Die jährliche Inzidenz der Reanimation bei außerklinischem Kreislaufstillstand mit kardialer Ursache lag in einer schottischen Studie zwischen 50 und 66 pro 100.000 Einwohnern. Die Rate der innerklinischen Fälle variiert von 1,5 (Norwegen) bis 3,5 (England) pro 1000 aufgenommenen Patienten.[2]

Kammerflimmern (im EKG)
Asystolie, hier zeitlich limitiert

Besonders für die Maßnahmen der erweiterten Therapie ist die Unterscheidung von hyperdynamen (defibrillierbaren, elektrisch aktiven, hypersystolischen) und hypodynamen (nicht-defibrillierbaren, elektrisch inaktiven, asystolischen) Kreislaufstillständen wichtig. Bei der hyperdynamen Form zeigen Muskel und Reizleitungssystem des Herzens eine Aktivität, die jedoch ungeordnet ist. Es findet keine koordinierte Herzarbeit und damit kein wesentlicher Auswurf von Blut in den Kreislauf mehr statt. Pulslose ventrikuläre Tachykardie (ventricular tachycardia, VT), Kammerflattern und Kammerflimmern (ventricular fibrillation, VF) sind mögliche Formen dieser Art des Kreislaufstillstandes. Sie geht nach einigen Minuten unweigerlich in die hypodyname Form über, bei der keine elektrische Aktivität mehr nachweisbar ist und die als Asystolie bezeichnet wird. Eine Sonderform ist die elektromechanische Entkoppelung (EMD, PEA), bei der zwar eine geordnete elektrische Aktivität beobachtet wird, diese jedoch keine Auswurfleistung in Form einer Pulswelle mehr bewirkt.

Erkennen eines Kreislaufstillstandes

siehe auch: Diagnostischer Block

Diagnostischer Block
Diagnostischer Block
Überprüfung der Atmung

Um einen Kreislaufstillstand zu erkennen, werden die Vitalfunktionen Bewusstsein und Atmung des Patienten überprüft. Eine Überprüfung der Kreislauftätigkeit entfällt für Laienhelfer, da sie für einen Ungeübten nicht sicher durchführbar ist. Unter Beachtung der eigenen Sicherheit prüft der Helfer die Reaktion des Patienten durch Ansprechen und Schütteln an der Schulter. Bei bewusstlosem Patienten wird ein Notruf abgesetzt oder veranlasst. Anschließend wird der Kopf des Patienten überstreckt, d. h. nach hinten geneigt und die Atemtätigkeit geprüft, indem auf das Atemgeräusch gehört wird, die Ausatemluft an der Wange gefühlt wird und die Atembewegungen des Brustkorbes beobachtet werden. Findet sich beim Patienten keine normale Atmung, beginnt der Ersthelfer mit den Basismaßnahmen der Reanimation. Ein atmender Patient wird in die stabile Seitenlage gebracht.

Medizinisches Personal führt die Überprüfung der Vitalfunktionen mit ausführlicheren Maßnahmen durch. Vor der Überprüfung der Atmung wird zusätzlich der Mundraum auf das Vorhandensein von Fremdkörpern oder Erbrochenem inspiziert. Diese werden gegebenenfalls entfernt. Dies kann mit Hilfe der Finger, einer Absaugpumpe oder einer Magill-Zange geschehen. Nach der Überprüfung der Atmung erfolgt zusätzlich eine Kreislaufkontrolle. Dabei wird neben der Beachtung allgemeiner Lebenszeichen von ausgebildetem Personal auch der Carotis-Puls getastet. Beim Eintreffen eines EKG/Defibrillator-Gerätes wird der Herzrhythmus elektrokardiografisch analysiert. Die einzuleitenden Maßnahmen unterscheiden sich nicht wesentlich von der Durchführung durch Laien. Eine Ausnahme ist der Patient, der keine Atmung aufweist, aber einen tastbaren Puls hat; dieser wird initial beatmet, ohne dass eine Herzdruckmassage durchgeführt wird.

Jeder, der eine leblose Person auffindet, ist gesetzlich verpflichtet, nach bestem Wissen Erste Hilfe zu leisten. Die Frage nach den Erfolgsaussichten eines Wiederbelebungsversuches kann von Laien nicht adäquat beurteilt werden. Sichere Todeszeichen sind nur für entsprechend qualifizierte Personen von unsicheren Zeichen zu unterscheiden. Einzige Ausnahme sind Körper, welche bereits starke Anzeichen einer Verwesung aufweisen oder Verletzungen zeigen, die mit dem Leben unvereinbar sind, beispielsweise bei Enthauptung. In allen anderen Fällen ist umgehend ein Notruf abzusetzen und mit Wiederbelebungsversuchen zu beginnen. Einmal begonnen ist die Herz-Lungen-Wiederbelebung bis zum Eintreffen von qualifiziertem Personal ohne Unterbrechung fortzuführen. Über einen Abbruch der Maßnahmen darf allein ein Arzt entscheiden, da nur dieser die Kompetenz besitzt, einen Menschen offiziell für tot zu erklären.

Basismaßnahmen der Reanimation

Die Basismaßnahmen dienen der Aufrechterhaltung eines minimalen Kreislaufes im Körper der Patienten mittels Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung oder Mund-zu-Nase-Beatmung (siehe Atemspende). Sie sollen die Zeit bis zur Anwendung erweiterter Therapiemaßnahmen überbrücken, ohne dass die Organe des Patienten irreversibel geschädigt werden. Das betrifft vor allem das Gehirn, das durch Sauerstoffmangel schon nach wenigen Minuten Schäden nimmt. Der durch die Basismaßnahmen erzielte Blutfluss entspricht etwa 30 % des gesunden Kreislaufes. In der internationalen Fachsprache werden die Basismaßnahmen auch als basic life support (BLS) bezeichnet.[3]

Die Abfolge nach der Feststellung eines Atem-Kreislaufstillstands (siehe oben) lautet wie folgt:

Herzdruckmassage (30x) - Freimachen der Atemwege und Beatmung (2x)

Die Basismaßnahmen können von einem oder auch zwei Helfern durchgeführt werden. Das Verhältnis von Herzdruckmassage zu Beatmung ist davon unabhängig und wurde in den neuesten Empfehlungen auf 30 Herzdruckmassagen zu 2 Atemspenden geändert. Der Herzdruckmassage kommt ein höherer Stellenwert zu. Sie soll auch allein angewandt werden, wenn eine Beatmung nicht möglich ist. Zu den Basismaßnahmen zählt auch das schnelle Anfordern des Rettungsdienstes mittels eines Notrufes.
Als Entwicklung der letzten Jahre erfolgt der Einsatz von automatisierten externen Defibrillatoren (AED) schon durch den Ersthelfer. Die Durchführung einer Defibrillation mittels dieser Geräte nimmt eine Sonderstellung unter den Maßnahmen des Laien ein, da diese eigentlich ein ärztlicher Eingriff sind und zu den erweiterten Maßnahmen zählt (s. u.).

Die Basismaßnahmen werden vom Rettungsdienst auf dieselbe Art durchgeführt, allerdings mit einigen Ergänzungen, zusätzlich stehen hier technische Hilfsmittel wie beispielsweise Beatmungsbeutel zur Verfügung. Der präkordiale Faustschlag wird nur für professionelle Helfer und nur bei direkt beobachtetem Eintreten des Kreislaufstillstandes empfohlen.

Freimachen der Atemwege

verschlossene Atemwege freie Atemwege
Atemwege am Kopfschnittmodell, links vor, rechts nach Überstrecken des Kopfes

Da in neutraler Kopfposition die Zunge des Patienten zurückfällt und die Atemwege verlegt, muss der Kopf überstreckt werden, um eine Beatmung zu ermöglichen. Weitere Maßnahmen werden vom Laien nicht durchgeführt. Besteht der Verdacht, dass Fremdkörper die Atemwege verlegen, wird bei Bewusstlosen mit der Reanimation begonnen. Ist ein Patient mit Fremdkörpern in den Atemwegen noch bei Bewusstsein, wird versucht, diese durch Schläge zwischen die Schulterblätter oder durch wiederholten Druck auf den Oberbauch (Heimlich-Handgriff) zu entfernen. Das letztgenannte Manöver ist zwar umstritten, wird aber in den Wiederbelebungs-Leitlinien neuerdings wieder empfohlen.

Der professionelle Helfer führt zusätzliche Maßnahmen wie den Esmarch-Handgriff durch. Im Gegensatz zum Laien stehen ihm in dieser Phase zudem einige Hilfsmittel zur Verfügung. Er kann beispielsweise durch Einlegen eines Guedel-Tubus verhindern, dass die Zunge zurückfällt.

Herzdruckmassage

Herzdruckmassage

Bei der Herzdruckmassage wird das Herz durch Druck auf das Brustbein in Richtung Wirbelsäule gepresst. Dabei erhöht sich der Druck im Brustkorb und Blut wird aus dem Herzen in den Kreislauf ausgeworfen. In der Entlastungsphase füllt sich das Herz erneut mit Blut.

Als vorbereitende Maßnahme muss der Patient flach in Rückenlage auf einer harten Fläche gelagert und sein Brustkorb frei gemacht werden. Der richtige Druckbereich liegt in der Mitte des unteren Brustbeindrittels; er wird nach Augenmaß aufgesucht.

Das Brustbein wird 30-mal senkrecht in Richtung Wirbelsäule gedrückt, die Eindrucktiefe beträgt etwa vier bis fünf Zentimeter. Dabei soll zwischen zwei Herzdruckmassagen der Brustkorb komplett entlastet sein, damit die Füllung des Herzens mit Blut gewährleistet ist. Die angestrebte Frequenz der Herzdruckmassage liegt bei 100 Kompressionen pro Minute.

Die richtige Körperhaltung erleichtert dem Helfer die Herzdruckmassage. Er kniet neben dem Patienten, die Schulter des Helfers befindet sich senkrecht über dem Brustbein des Patienten. Der Helfer drückt mit dem Gewicht seines Oberkörpers, wobei die Arme gestreckt und die Ellenbogen durchgedrückt sind.

Beatmung

Siehe auch: Beatmung

Mund-zu-Mund-Beatmung

Die Beatmung ohne weitere Hilfsmittel erfolgt als Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung (siehe Atemspende). Der Kopf des Betroffenen wird dabei überstreckt. Der Mund muss bei der Mund-zu-Nase-Beatmung, die Nase bei der Mund-zu-Mund-Beatmung verschlossen werden. Der Helfer atmet normal ein und bläst dann langsam Luft in Mund oder Nase des Patienten. Das Volumen ist richtig gewählt, wenn sich der Brustkorb sichtbar hebt. Die Beatmungsphase sollte etwa eine Sekunde betragen, die Beatmung wird sofort einmal wiederholt.

Um die Gefahr von Infektionen zu vermindern und um eventuell vorhandenen Ekel zu überwinden, gibt es verschiedene Beatmungshilfen wie Beatmungsfolien mit einem Filter und verschiedene Arten von Taschenmasken, deren Einsatz allerdings Übung erfordert. Wenn der Verdacht einer Vergiftung mit Kontaktgiften (beispielsweise Pflanzenschutzmitteln wie E605) besteht, sollte auf die Atemspende verzichtet werden.

Mitarbeiter des Rettungsdienstes verwenden zur Beatmung einen Beatmungsbeutel, oft in Verbindung mit einem Guedeltubus. Die Atemluft lässt sich dabei zusätzlich mit Sauerstoff anreichern, wobei Konzentrationen von fast 100 % erreicht werden können.

Erweiterte Maßnahmen

Algorithmus der kardiopulmonalen Reanimation

Ziel der erweiterten Maßnahmen, auch als advanced life support (ALS) bezeichnet, ist die Wiederherstellung eines physiologischen Herzrhythmus des Patienten. Bei der Therapie wird zwischen defibrillierbaren und nicht-defibrillierbaren Formen des Kreislaufes (s. o.) unterschieden. Bei einem defibrillierbaren Rhythmus, meist einem Kammerflimmern, hat die schnelle Anwendung eines Defibrillators oberste Priorität, auch die Gabe von antiarrhythmischen Medikamenten kommt in Frage.

Weitere Maßnahmen wie die Atemwegssicherung mittels Intubation, Anlage eines venösen Zuganges, die medikamentöse Basistherapie sowie die Therapie reversibler Ursachen des Kreislaufstillstandes unterscheiden sich hingegen bei beiden Formen nicht.

Der Ablauf der Maßnahmen wird in den Richtlinien des ERC als Algorithmus beschrieben, wodurch eine standardisierte und einheitliche Durchführung ermöglicht wird.[4]

Defibrillation und Schrittmachertherapie

siehe auch: Defibrillation, Defibrillator

Die Defibrillation ist bei Kammerflimmern, Kammerflattern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie das Mittel der Wahl, bei Asystolie jedoch nicht angezeigt. Bei Geräten mit monophasischem Impuls wird ein Schock von 360 Joule appliziert, bei Geräten mit biphasischem Schockverlauf 100-360 Joule. Durch diesen Stromstoß kann die ungeordnete elektrische Aktivität des Herzmuskels durchbrochen und wieder in einen regulären Rhythmus überführt werden. Es wird immer nur eine Defibrillation durchgeführt, nach der sofort mit Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 30:2 für zwei Minuten fortgefahren wird. Erst dann wird eine erneute Rhythmus- und Pulskontrolle durchgeführt.

Eine Entwicklung der letzten Jahre ist die zunehmende Verbreitung von automatischen Defibrillatoren an öffentlichen Plätzen. Diese als public accessed defibrillator (PAD) oder automatisierter externer Defibrillator (AED) bezeichneten Geräte verfügen über eine automatisierte Rhythmuserkennung und ermöglichen durch eine akustische Anleitung auch Laien die erfolgreiche Durchführung einer Defibrillation. Durch die Entwicklung der modernen Generation der AEDs kann so diese erweiterte Maßnahme auch vom Ersthelfer effektiv durchgeführt werden. Die Prognose des Patienten kann durch die so durchschnittlich schneller erfolgte Defibrillation erheblich verbessert werden.

Der Einsatz eines transkutanen Schrittmachers kann bei pulsloser elektrischer Aktivität oder bei Asystolie mit P-Wellen im EKG erwogen werden.

Atemwegssicherung

Die endotracheale Intubation gilt als Goldstandard bei der Atemwegssicherung im Rahmen der Reanimation. Dabei wird ein Tubus durch Mund oder Nase zwischen den Stimmlippen des Kehlkopfes (Larynx) hindurch in die Luftröhre (Trachea) eingebracht. Vorteile der Intubation sind ein Schutz vor der Aspiration von Mageninhalt, die Möglichkeit der kontrollierten manuellen oder maschinellen Beatmung sowie die mögliche Medikamentengabe durch den Tubus. Die Richtlinien fordern allerdings, dass der Durchführende in der Methode geübt und erfahren ist. Als Alternativen wird der Einsatz von Kombitubus oder Larynxmaske genannt.

Für die Intubation sollte die HLW nicht oder nur kurz unterbrochen werden. Ein Intubationsversuch soll nicht länger als 30 Sekunden dauern, bevor mit der Beutelbeatmung fortgefahren wird. Die korrekte Lage des Tubus muss klinisch (etwa durch das Abhören von Atemgeräusch über den Lungen) oder durch den Nachweis von CO2 (Kapnometrie) in der ausgeatmeten Luft überprüft werden. Nach der erfolgreichen Intubation wird die Herzdruckmassage kontinuierlich, die Beatmung mit einer Frequenz von 10/min fortgeführt.

Medikamente

Adrenalin (Suprarenin®)

Die Gabe von Medikamenten durch den Tubus (endobronchiale Applikation) ist möglich, wobei aber eine sichere Resorption und ein Anstieg des Plasmaspiegels nicht gewährleistet sind. Die schnelle Punktion einer Vene und die intravenöse Gabe der Medikamente wird deshalb bevorzugt. Eine Alternative ist die Gabe über einen intraossären Zugang durch Punktion des Knochenmarks, die oft bei Kindern angewandt wird. Eine intrakardiale Gabe direkt in das Herz ist veraltet und wird nicht durchgeführt.

Adrenalin ist das Standardmedikament der Reanimation, das aufgrund seiner α-adrenergen vasokonstriktorischen Eigenschaften gegeben wird. Es führt zu einer Verengung der peripheren Blutgefäße, was die Durchblutung von Herz und Gehirn verbessert. Alle 3-5 Minuten wird 1 mg intravenös injiziert, bei der endobronchialen Gabe 2-3 mg, die auf 10 ml verdünnt werden.

Die Hoffnungen, die in das ebenfalls gefäßverengende Vasopressin (40 IE einmalig) als Alternative zu Adrenalin gesetzt wurden, haben sich nicht erfüllt. Mehrere große randomisierte Studien konnten keinen Überlebensvorteil bei der Gabe von Vasopressin nachweisen.[5] Da die Datenlage insgesamt jedoch als ungenügend bewertet wird, gibt es weder eine Empfehlung für noch gegen die Gabe von Vasopressin.

Bei anhaltendem Kammerflimmern oder Kammertachykardie und dreimaliger erfolgloser Defibrillation wird das Antiarrhythmikum Amiodaron (300 mg) gegeben. Es hat das zuvor übliche Lidocain abgelöst, das nicht mehr empfohlen wird.[6]

Bei einer Asystolie oder einer pulslosen elektrischen Aktivität mit einer Frequenz von weniger als 60/min ist die Gabe von Atropin angezeigt. Die Dosierung beträgt einmalig 3 mg.

Die früher praktizierte „Pufferung“ der Azidose (Übersäuerung) des Kreislaufs im Rahmen eines Kreislaufstillstandes mit Natriumbicarbonat ist routinemäßig nicht mehr gerechtfertigt. Bei schweren Azidosen kann die Gabe von kleinen Dosen (50 ml einer Konzentration von 8,4 %) erwogen werden. Bei speziellen Rhythmusstörungen kann weiterhin die Gabe von Magnesiumsulfat in Betracht kommen. Für den Einsatz eines Thrombolytikums bei Verdacht auf einen Herzinfarkt liegen nur ungenügende Daten vor, er sollte jedoch bei Verdacht auf Lungenembolie erwogen werden.

Besonderheiten bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern

Im Gegensatz zum Erwachsenen, wo Herzerkrankungen bei weitem überwiegen, ist ein Kreislaufstillstand bei Säuglingen und Kindern häufig durch Störungen der Atmung verursacht („sekundärer Herzstillstand“).[7] Aus diesem Grund werden bei nicht vorhandener Atmung vor dem Beginn der Herzdruckmassage fünf Beatmungen durchgeführt. Andere häufige Ursachen des Kreislaufstillstandes im Kindesalter sind plötzlicher Kindstod und Unfälle.

Die Durchführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung erfolgt prinzipiell wie beim Erwachsenen, wird aber dem Körperbau von Kindern und Säuglingen angepasst. Die Richtlinien betonen ausdrücklich, dass das Beginnen von Maßnahmen wichtiger ist als eine an das Alter angepasste Durchführung, bei Unsicherheit im Zweifelsfall nach dem Schema für Erwachsene.[8]

Säuglinge werden hier als das Alter bis ein Jahr definiert, als Kinder gelten Personen von einem Jahr bis zur Pubertät. Bei Kindern wird zur Herzdruckmassage ein Handballen benutzt, bei Säuglingen und Neugeborenen zwei Finger, die Drucktiefe sollte etwa 1/3 des Brustkorbumfanges betragen. Die Abfolge beträgt für den Ersthelfer wie beim Erwachsenen 30 Herzdruckmassagen zu 2 Beatmungen, für medizinisches Personal gilt ein Druckverhältnis von 15:2, wenn mehrere Helfer anwesend sind.

Beim Einsatz eines automatischen externen Defibrillators (AED) sollten nach Möglichkeit Säuglings-/Kinderelektroden verwendet werden. Alternativ sind auch Erwachsenenelektroden einsetzbar.

Prognose

Die Überlebensraten bei einem Kreislaufstillstand hängen von vielen Faktoren ab. Die zugrunde liegende Ursache, Alter und Vorerkrankungen des Betroffenen und der Zeitpunkt bis zur Einleitung von Reanimationsmaßnahmen sind Faktoren, die diese Rate entscheidend mitbestimmen, so dass allgemeine Aussagen zur Prognose schwierig sind. Die langfristige Prognose nach einer primär erfolgreichen Reanimation wird von der Grunderkrankung bestimmt.

Von den menschlichen Organen reagieren die Nervenzellen des Gehirns am empfindlichsten auf Sauerstoffmangel. Schon drei bis fünf Minuten nach Beginn des Kreislaufstillstands besteht die Gefahr von bleibenden Hirnschäden. Deshalb sind neben dem Überleben die neurologischen Folgeschäden ein weiterer wichtiger prognostischer Aspekt der Wiederbelebung. Eine Vielzahl von Patienten, die einen Kreislaufstillstand überlebt haben, trägt solche Schäden davon.

Die Zeit, die bis zum Beginn von Reanimationsmaßnahmen vergeht, ist der wichtigste Faktor, der die Prognose beeinflusst. Pro Minute, die bis zum Beginn der Herz-Lungen-Wiederbelebung verstreicht, verringert sich die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten um etwa 10 %. So sind bei Herzdruckmassage mit Beatmung und einer Defibrillation innerhalb der ersten drei bis fünf Minuten Überlebensraten von 50-75 % möglich, die danach stark abfallen. Da in den europäischen Ländern die Frist bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes meist bei acht Minuten oder mehr liegt, sind die Maßnahmen von anwesenden Laien für das Überleben des Patienten entscheidend. Ein schneller Notruf, ein schneller Beginn von Basismaßnahmen und erweiterten Maßnahmen, insbesondere der Defibrillation, verdoppeln bis verdreifachen insgesamt die Überlebensquote sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern.[3][9]

Die Ursache des Kreislaufstillstandes ist ein weiterer wichtiger prognostischer Faktor. Während kardiale Ursachen nach einem Jahr eine Gesamtüberlebensrate von etwa 7 % aufweisen, liegt diese bei den anderen Ursachen bei nur etwa 2 %.[1]

Eine besonders schlechte Erfolgsquote haben Reanimationen bei Kreislaufstillständen, die durch Traumata verursacht sind. Das Gesamtüberleben liegt hier bei nur 2,2 % (0-3,7 % in verschiedenen Studien). Fast alle Überlebenden dieser Gruppe tragen Hirnschäden davon (> 99%).[10]

Eine milde therapeutische Kühlung (Hypothermie) nach einer erfolgreichen Reanimation scheint die Überlebensrate zu verbessern und die neurologischen Schäden zu vermindern. Nach präklinischem Kammerflimmern wird eine Abkühlung auf 32-34° Celsius für 12-24 Stunden empfohlen. Für Kinder ist diese Behandlung hingegen nicht geeignet.[4] [11]

Ethische, rechtliche und psychische Aspekte

„There remains a widespread divergence of views on ethical aspects of resuscitation with the countries of Europe that are largely unpredictable according to commonly perceived national characteristics. [...] For many ethical questions there can be no clear and correct didactic answers“ [12]
(In vielen ethischen Aspekten der Reanimation herrscht ein weites Spektrum an Sichtweisen in Europa, die schwer einschätzbar und von nationalen Einflüssen geprägt sind. [...] Auf viele ethische Fragen kann es deshalb keine eindeutigen und richtigen Antworten geben.)

Bei einem Kreislaufstillstand stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Sinn von Reanimationsmaßnahmen und deren Abbruch. Diese Entscheidungen werden durch individuelle, international und lokal kulturelle, rechtliche, traditionelle, religiöse, soziale und ökonomische Faktoren beeinflusst.[12] [13] Sie ist neben vielen anderen Fragen Thema der Medizinethik bzw. der Ethik allgemein.

An eine Patientenverfügung, in der die Unterlassung von Wiederbelebungsmaßnahmen formuliert sein kann, ist der behandelnde Arzt zur Berücksichtigung der Patientenautonomie gebunden. Derartige Willensäußerungen eines Patienten werden in der Regel berücksichtigt, wenn die Patientenverfügung bekannt ist und Anweisungen für die tatsächlich eingetretene Situation enthält. Im präklinischen Bereich jedoch ist eine Prüfung unter dem situationsbedingten Zeitdruck oft schwierig bis unmöglich, so dass trotz einer Verfügung eine Reanimation begonnen wird. In der Haltung des medizinischen Personals zu schriftlichen Vorausverfügungen gibt es international erhebliche Abweichungen.

Neben dem Beginn von Reanimationsmaßnahmen wird auch deren Beendigung kontrovers diskutiert. Eindeutige Zeichen, die mit einem möglichen Erfolg oder Misserfolg einer Wiederbelebung korrelieren, sind bisher in keiner Studie eindeutig belegt worden. Sind die therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft, dauert eine erfolglose Reanimation lange an[14] oder sind keine Aussichten auf ein akzeptables Überleben gegeben, kann der behandelnde Arzt die Maßnahmen beenden. Allgemeine Entscheidungsregeln zu dieser in den meisten Ländern legalen passiven Sterbehilfe beim Abbruch der Maßnahmen sowie auch zur Beendigung der Behandlung im persistierenden vegetativen Zustand nach einer Reanimation gibt es nicht.

Vor allem in den Paramedic-basierten Rettungsdienstsystemen in den Ländern des angelsächsischen Sprachraums wird die Entscheidung zur Nicht-Aufnahme oder Beendigung der Wiederbelebung durch nichtärztliches Personal getroffen.[15] Diese Vorgangsweise wird in anderen Ländern strikt abgelehnt.

Sehr unterschiedliche Sichtweisen gibt es bei der Frage der Forschung und Ausbildung an gerade Verstorbenen.[16] Insbesondere im islamisch geprägten Kulturkreis, zunehmend aber auch in westlichen Staaten, insbesondere in den USA, wird dies abgelehnt. Verschiedene Fachgesellschaften sehen die Zukunft der Forschung in diesem Bereich durch die zunehmend striktere Gesetzgebung in vielen Ländern gefährdet.

Das Konzept der Anwesenheit von Angehörigen während der Reanimation entstand in den 1980er Jahren. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass es zur Bewältigung dieses belastenden Ereignisses beitragen kann. Dieses Vorgehen ist in vielen europäischen Ländern dabei, akzeptierte Praxis zu werden.[17] Eine wichtige Entwicklung ist die Unterstützung von traumatisierten Angehörigen nach erfolgloser Reanimation durch Kriseninterventionteams.

Auch für Ärzte und Mitarbeiter des Rettungsdienstes stellt eine Reanimation einen psychisch belastenden Einsatz dar. In besonderem Maße betrifft dies die Wiederbelebung von Kindern. Mögliche Folge bei diesen Berufsgruppen ist die Ausbildung von posttraumatischen Belastungsstörungen und Burnout-Syndrom. Parallel zur Krisenintervention bei Angehörigen stehen für die Bewältigung besonders traumatisierender Erfahrungen Methoden für die Helfer zur Verfügung, die Critical Incident Stress Management (CISM) oder Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SbE) genannt werden.

Fachgesellschaften und Richtlinien

Fachgesellschaften wie die American Heart Association (AHA), das European Resuscitation Council (ERC) sowie das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) veröffentlichen regelmäßig gemeinsame Richtlinien zur Durchführung der Reanimation, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen fußen. Aktuell sind die Richtlinien von 2005, die von den Ärztekammern einzelner Länder in verschiedenem Ausmaß übernommen und von Hilfsorganisationen, Krankenhäusern und anderen Institutionen mit Verzögerung und oft mit Unterschieden umgesetzt werden.

In Deutschland haben sich die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH) vertretenen Hilfsorganisationen und der „Deutsche Beirat für Erste Hilfe und Wiederbelebung bei der Bundesärztekammer“ im Jahr 2002 auf einen nationalen Konsens geeinigt, der auf der vorhergehenden Version der Reanimationsrichtlinien von 2000 basierte. Im März 2006 veröffentlichte die Bundesärztekammer Eckdaten für eine Aktualisierung, die auf den ERC-Richtlinien von 2005 basieren.[18]

In Österreich und der Schweiz haben sich die ärztlichen Organisationen und die Organisationen, die den Rettungsdienst und die Breitenausbildung in Erster Hilfe durchführen, darauf verständigt, die neuen ERC-Richtlinien anzuwenden.

Mit der Veröffentlichung der neuen Richtlinien 2000 und noch weitergehend 2005 begann eine Entwicklung zur Vereinfachung vieler Schritte der Durchführung. Damit soll eine einfache und effektive Breitenausbildung, Lehre und Anwendung durch den Ersthelfer ermöglicht werden. Für medizinisches Personal gibt es eine Reihe von zusätzlichen, differenzierteren Empfehlungen.

Um einen wissenschaftlichen Vergleich von Reanimationen weltweit zu ermöglichen, schufen die führenden Verbände Mitte der 90er Jahre mit Festlegung des Utstein-Style-Protokolls einen einheitlichen Datensatz.[19] Zahlreiche Veröffentlichungen zu Reanimationsabläufen orientieren sich daran. In Deutschland baut die Deutsche Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) seit 2003 eine bundesweite Reanimationsdatenbank auf.

Geschichte der Wiederbelebung

Schon seit Jahrhunderten wird versucht, Menschen, die keine klaren Lebenszeichen mehr zeigen, wieder ins Leben zurückzurufen. Dabei gab es verschiedene Versuche, leblose Personen durch laute Ansprache, Berührung, Atemspende und Thoraxkompression zu reanimieren.

Von Konfuzius (China, 500 v. Chr.) ist das folgende Zitat überliefert: „Der Retter eines Menschen ist größer als der Bezwinger einer Stadt.

Trotz wachsender Erkenntnisse über die Funktionen des menschlichen Körpers und die Zusammenhänge von Atmung und Blutkreislauf entstanden Wiederbelebungsmethoden eigentümlichster Art und die Atemspende geriet immer wieder in Vergessenheit.

Bereits 3000 v. Chr. hatten Hebammen die Atemspende bei Neugeborenen angewandt.[20] Ein Erfinder der Atemspende ist nicht bekannt, man weiß nur, dass die Methode uralt ist und auch im Alten Testament der Bibel erwähnt wird. Im 2. Buch der Könige, 4, 32-35 (etwa 700 v. Chr.) heißt es etwa:

Und da Elisa ins Haus kam, siehe, da lag der Knabe tot auf seinem Bett. Und stieg hinauf und legte sich auf das Kind, und legte seinen Mund auf des Kindes Mund, und seine Augen auf seine Augen und seine Hände auf seine Hände und breitete sich so also über ihn, dass des Kindes Leib warm ward. Da schnaubte der Knabe siebenmal; darnach tat der Knabe die Augen auf.[20]

Lange Zeit bestimmte die Lehre des Galen von Pergamon aus der Zeit der Spätantike die Vorstellungen von den Vorgängen im menschlichen Körper. Erst im 17. Jahrhundert wurde Galens Lehre von William Harveys Entdeckung des Blutkreislaufes abgelöst. Dieser beschrieb zum ersten Mal schlüssig und zusammenhängend den Blutkreislauf und die Aufgabe des Herzens als Druckpumpe. Zuvor hatte bereits Andreas Vesalius Galens Fehler aus der Tieranatomie verbessert.[21]

Die Londoner Royal Society demonstrierte 1667 die Beatmung anhand des geöffneten Brustkorbs eines Hundes und die dabei sichtbaren Belüftung der Lunge.

An einem Bergmann führte 1744 der Chirurg Tossach erstmals eine erfolgreiche Mund-zu-Mund-Beatmung durch. 1775 erkannte John Hunter, dass die Beatmung mit reinem Sauerstoff noch effizienter ist.

Alle neuen Erkenntnisse wurden jedoch nicht konsequent in der Wiederbelebung umgesetzt. Um 1750 gab es in den Niederlanden den Beruf des Fassrollers. Aus der Nordsee Gerettete wurden dabei bäuchlings auf ein Fass gelegt, welches hin und her gerollt wurde.[20] [22] Auch sonst gab es, aus heutiger Sicht, kuriose Empfehlungen zur Wiederbelebung. Beispielsweise die Empfehlung, warme Luft mit einem Blasebalg oder einer Klistierspritze in die Gedärme zu blasen, oder das Einblasen von Tabakrauch in den Darm.[23]

Der spätere Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, Carl August, erließ 1776 die folgende Anweisung zur Wiederbelebung:

Hierauf muss man Luft in den Mund blasen, entweder mittels eines Blasebalgs oder, welches besser, auf die Weise, dass ein Mensch, der eine gesunde Lunge hat, seinen Mund auf den Mund des Ertrunkenen einbringt und dazu sich eines abgebrochenen Pfeifenstils oder einer anderen Röhre bedient, bei diesem sowohl des Odems, als auch Tabakrauch aber muss ein anderer mit der einen Hand die Nase des Ertrunkenen zuhalten und mit der anderen über die Brust hin und her streichen und vornehmlich von der Herzgrube nach der Brust reiben und rücken.[23]
Datei:Wiederbelebung nach Silvester.PNG
Wiederbelebung nach Silvester: Einatmung (rechts) und Ausatmung (links)

1858 beschrieb Silvester eine neue Methode der Wiederbelebung.[24] Diese erfolgt durch aktive Armbewegungen des Patienten:

The resuscitator should place himself behind the asphyxiated person and should raise the person's arms above the head, then lower them while at the same time pressing gently against the sides of the lower chest.[25]

Nach dieser so genannten Silvester-Atemübung folgten die Methoden nach Schäfer und 1871 die Methode nach Howard:

Der Retter kniet rittlings über dem auf dem Bauch mit zur Seite gewandtem Gesicht liegenden Opfer und legt die Hände so auf dessen untere Rippen, dass die Daumen parallel sind und einander berühren. Dann wird ein kräftiger Druck ausgeübt, der langsam zurückgenommen wird, so dass die Hände auf dem Rücken bleiben.[26]

1904 erschien das Buch „Die Frau als Hausärztin“ von Dr. Anne Fischer-Dückelmann, in dem eine Anleitung zur Herzmassage zu finden ist:

Indirekte Herzmassage: Das Zwerchfell wird beeinflusst, ebenso das Herz, wenn man mit beiden Handflächen die Eingeweide in die Höhe schiebt und nach links aufwärts drückt, dann plötzlich loslässt. - Dadurch wird das Herz hinauf und hinunter geschoben, durch die Erhebung des Zwerchfelles aber die Brusthöhe zuerst verengt, und, wenn es plötzlich wieder herabsinkt, erweitert. Ist noch ein Funken Leben vorhanden, so sind solche Anregungen wohl imstande, Atmung und Herzschlag wieder in Gang zu bringen. Bei verunglückten Kindern können Frauen diese 'erste Hilfe bei Unglücksfällen' wohl zur Anwendung bringen.[27]
Brustdruckverfahren nach Howard-Thomsen: Ausatmung von vorne (links), Ausatmung (Mitte), Einatmung (rechts).

Alle drei Methoden blieben bis etwa 1938 Grundlagen für die Wiederbelebung. 1938 kam die Dehnung des Brustkorbes in Seitenlage nach Kohlrausch hinzu. Fast drei Jahrzehnte später, Ende der 1960er Jahre, wurde das bereits 1943 entwickelte so genannte Brustdruckverfahren nach Howard-Thomsen Standard der Wiederbelebung. Diese Art der Wiederbelebung wurde noch bis Anfang der 1980er Jahre gelehrt.

Ein entscheidender Schritt in Richtung einer effektiveren Wiederbelebung gelang 1954 James Elam, als dieser zeigte, dass mit der Ausatemluft des Helfers ein ausreichender Gasaustausch erzielt werden konnte.[20] Erstmals hat Peter Safar im Jahr 1958 in einer vergleichbaren Untersuchung die geringen Erfolge der bisherigen Methoden und die Wirksamkeit der Herz-Lungen-Wiederbelebung wissenschaftlich belegt.[22] Der amerikanische Anästhesist und gebürtige Wiener erkannte, dass nur eine Kombination aus Herzdruckmassage und Beatmung erfolgreich sein kann, und erprobte die Wirksamkeit seiner kardiopulmonalen Reanimation an freiwilligen Kollegen aus seinem Forschungsteam.[28] Aufgrund dieser Forschungsergebnisse, die die Grundlage der modernen Wiederbelebungstechniken bilden, wird Safar oft auch "Vater der cardiopulmonalen Reanimation" genannt.

Parallel hierzu war in den 1950er Jahren durch den Ingenieur Holger Hesse und den Arzt Henning Ruben der Beatmungsbeutel (Ruben-Beutel oder Ambu-Beutel) erfunden worden.[29] Um die Handhabung des Beutels üben zu können, entwickelten die beiden Erfinder eine Puppe, die damit beatmet werden konnte. Das erste Trainingsgerät wurde dann 1958 an das dänische Rote Kreuz verkauft (Ambu-Phantom). Im Jahre 1960 wurde das Gerät dann um die Funktion der Thoraxkompression und der Mund-zu-Mund-Beatmung ergänzt, so dass das weltweit erste „Übungs-Phantom“ entstanden war. Bei einer Reise nach Norwegen lernte Safar den Spielzeugfabrikanten Asmund Laerdal kennen. Gemeinsam entwickelten Safar und Laerdal die so genannte „Resusci-Anne“. Mit dieser einfachen Puppe wurde es möglich, auch Laien in der Herz-Lungen-Wiederbelebung auszubilden.

Die Elektroschockbehandlung bei Herzrhythmusstörungen (Defibrillation und elektrische Kardioversion) ist von dem US-amerikanischen Kardiologen Bernard Lown Anfang der 1960er-Jahre entwickelt worden.[30]

Quellen

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  21. Wolff, K: Geschichte der Medizin, edition medizin. Seiten 8,9 und 17
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  23. a b n.n.: Geschichte der modernen Notfallmedizin, ADAC
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  25. Le Bon G: La Vie. Physiologie humaine appliquée à l'Hygiène et à la Médecine. Paris, Rothschild Publishers, 1874, Seite 401
  26. Krüger, R.: Amtliches Unterrichtsbuch über Erste Hilfe, Verlag des DRK GmbH Berlin W. 8 (1943), Seiten 88 bis 92.
  27. Fischer-Dückelmann, Anna: Die Frau als Hausärztin - ein ärztliches Nachschlagebuch. Süddeutsches Verlags-Institut, München, 1922 (Vorwort von 1901)
  28. Safar P, Brown TC, Holtey WJ, Wilder RJ: Ventilation and circulation with closed-chest cardiac massage in man. JAMA (1961) 176:574-6 PMID 13745343
  29. Die Erfindung des Ambu-Beutels (Homepage der Firma Ambu)
  30. Lown B, Amarasingham R, Neuman J: New method for terminating cardiac arrhythmias. Use of synchronized capacitor discharge. JAMA (1962) 182:548-555. PMID 13931298.

Literatur

  • European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation, Resuscitation (2005) 67S1, S1—S2 PMID 16321715 - download
  • Schwerpunkt ERC-Richtlinien 2005 Notfall & Rettungsmedizin (Februar 2006), Springer-Verlag, Band 9, Heft 1, ISSN 1434-6222 (gedruckt) ISSN 1436-0578 (online) - download

Weblinks

Commons: Herz-Lungen-Wiederbelebung – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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