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Wolfsburg (Schloss)

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Die Wolfsburg ist eine 1302 erstmals urkundlich erwähnte, mittelalterliche Burganlage, die sich später in ein Renaissance-Schloss wandelte. Sie befindet sich im östlichen Niedersachsen in der nach ihr benannten Stadt Wolfsburg, in deren Eigentum sie seit 1961 steht. Die Wolfsburg entwickelte sich aus einem Wohnturm an der Aller zu einer Wasserburg mit Festungscharakter. Im 17. Jahrhundert wurde sie zu einem repräsentativen, aber trotzdem wehrhaften Schloss, das den nordöstlichsten Vertreter der Weserrenaissance darstellt. Gründer und Erbauer war das Adelsgeschlecht derer von Bartensleben. Nach dem Aussterben ihrer Linie 1742 ging die Wolfsburg durch Erbgang an die Grafen von der Schulenburg über.

Schloss Wolfsburg (Süd-West-Seite)

Name

Wolfs-Wappen Schlosseingang

Der Name Wolfsburg deutet nicht unbedingt auf eine wolfsreiche Gegend hin, sondern leitet sich vom Wappen der Adelsfamilie derer von Bartensleben als Erbauer ab. Es bestand aus einem springenden Wolf über zwei Getreidegarben. Da es sich bis 1188 zurückverfolgen lässt, beruht der Name der Burg auf dem Wappen. Im 20. Jahrhundert wurde die 1938 hier entstandene Großstadt nach dem Schloss Wolfsburg benannt. Zunächst hieß sie jedoch wegen der Industrieanlagen zum Bau des Volkswagens Stadt des KdF-Wagens. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beschloss die Stadtverordnetenversammlung am 25. Mai 1945 die Umbenennung.

Baubeschreibung

Heutiger Grundriss der Wolfsburg (Türme rot)

Das Schloss ist ein vierseitiger massiver Bau, der einen Innenhof umschließt. Entsprechend hat der Baukörper vier Gebäudeflügel, die nach den Himmelsrichtungen benannt sind. Den Kontrast zur fortikfikatorisch anmutenden Mauermasse bildet der obere Gebäudeumriss durch filigrane Zwerchgiebel, Lukarnen und die Spitzdächer der Türme.

Den Schlosseingang mit Rundbogen schmücken überlebensgroße Ritterfiguren aus Stein. Über dem Portal befinden sich steinerne Schilde mit dem Bartenslebischen Wappen, Neidköpfe und Ritterfiguren. Die Portalarchitektur ist, ebenso wie die Terasse mit großer Freitreppe zur Parkseite, Zutat des 19. Jahrhunderts.

Der Bergfried ist als Bestandteil des Westflügels in den Baukörper integriert und an seiner Schmuck- und Fensterlosigkeit als solcher erkennbar. Der Turm hat eine Grundfläche von 9 x 9 m, eine Höhe von rund 23 m und Wandstärken bis zu 3 m.

In den Innenwinkel des Hofraumes liegen drei weitere Turmbauten, die als Treppentürme die einzelnen Geschosse miteinander verbinden. Dies sind der Hausmannsturm (Hausmann = Turmwächter), der mit rund 30 m der höchste Turm ist, der Uhlenturm und der sechseckige Wendelstein mit Wendeltreppe.

Nord- und Südflügel dienten hauptsächlich zu Wohnzwecken. Der rund 25 m hohe Ostflügel mit prunkvollen Schmuck- Architekturformen war ein reiner Repräsentationsbau. Im Erdgeschoss befindet sich ein 30 m langer und 9 m breiter Saal, der heutige Gartensaal. Ihm schließen sich ein kleinerer Saal, das Kaminzimmer und die Gerichtlaube (Amtstube) an. Zum Innenhof weist der Flügel noch die Reste eines Arkadenvorbaus auf. In Dachhöhe wird er von Kragsteinen umgeben, die vermutlich einst einen hölzernen Wehrgang trugen. Dieser Gebäudeflügel verdeutlicht, wie Ende des 16. Jahrhunderts die Machtposition der von Bartensleben durch Architketur sichtbar zum Ausdruck gebracht wurde.

Geschichte

Gründung

Merian-Kupferstich der Wolfsburg von 1654

Grund zum Bau der Wolfsburg war der Lehensbesitz der Adelsfamilie von Bartensleben, den sie im 13. Jahrhundert im Raum der heutigen Stadt Wolfsburg übertragen bekam. Die Adligen überwachten auch die Handelswege am Allerübergang und benötigten eine Wehranlage zur Absicherung ihrer Herrschaft. 1302 wurde die Burg erstmals als Wluesborch urkundlich erwähnt. Das Dokument ist von den vier Brüdern Borchard, Günzel, Günter und Werner von Bartensleben ausgestellt. Es handelte sich um eine Ministerialenfamilie, die aus dem Dorf Bartensleben bei Helmstedt stammte. Ihre Familienmitglieder tauchten zu dieser Zeit in der Gegend, u. a. 1288 auf der Burg in Vorsfelde, auf.




Mittelalter und Neuzeit

Schloss- und Parkanlagen um 1800

Während des Mittelalters war die Burg keine geschlossene Anlage, sondern bestand aus dem Bergfried und einem angebauten Gebäudeteil, dem Alten Haus im heutigen Westflügel. Die Anlage war eine schwer einnehmbare Festungsanlage von erheblicher strategischer Bedeutung. Später war sie sogar mit Kanonen ausgestattet, denn laut einem Dokument von 1437 sollte ihre Geschützzahl im Kriegsfall um 10 Stück erhöht werden. Laut der Überlieferung kam es zu Kampfhandlungen gegen die Burg nur bei der Fehde derer von Bartensleben gegen den Herzog Otto von Lüneburg 1464. Dabei soll sie mehrentheils demoliret worden seyn.

Aus dem 30-jährigen Krieg ging die Wolfsburg als eine der wenigen Adelsburgen unzerstört hervor. Sie war jedoch fast ständig von Truppen kriegsführender Parteien besetzt, zuletzt durch die Schweden. Ihren Abzug erreichten die braunschweigischen und magdeburgischen Landesherren 1650, in dem sie die Burgherren zum Schleifen der Befestigungsanlagen veranlassten. 6 Jahre später hatten die von Bartensleben die Befestigungen wieder hergerichtet, denn sie wollten den militärischen Charakter des Schlosses beibehalten.

Baugeschichte

Mittelalterliche Burg

West-Seite, links: Nordflügel, Mitte:Bergfried, rechts: Westflügel Altes Haus, dahinter Hausmannsturm

In der Anfangszeit um 1300 bestand die Wolfsburg nur aus einem steinernen Wohnturm an der Aller, dessen Vorläufer ein hölzernen Wachturm im Baustil einer Niederungs-Motte gewesen sein könnte. Der Turm, später als Bergfried bezeichnet, ist der älteste erhalten gebliebenen Teil der heutigen Anlage. Der massive, fast fensterlose Turm hat eine Grundfläche von 9 x 9 m, eine Höhe von rund 23 m und Wandstärken bis zu 3 m. Zugänglich war er auf halber Höhe mit einer hölzernen Treppe oder Leiter, die man bei feindlichen Angriffen hochziehen konnte. Anfänglich dürfte es der Wohnturm der von Bartensleben gewesen sein. Dauerhaft war er den adligen Wohn- sowie Wirtschaftsbedürfnissen nicht gerecht und in der Folge errichtete man weitere Gebäude und Befestigungsanlagen. Innerhalb der späteren Burganlage diente der Bergfried als Verlies und Gefängnis.

Wegen ihrer Lage in der Allerniederung war die Burg wahrscheinlich schon zur Anfangszeit von Wasser umgeben. Bis ins 19. Jahrhundert schützen sie zwei Wassergräben, die von der nahe liegenden Aller und dem Hasselbach gespeist wurden. Der innere Wassergraben umschloss unmittelbar die Burg, was sie in Verbindung mit Zugbrücken zu einer Wasserburg machte. Der äußere Wassergraben umschloss die größere Vorburg als Zufluchtsstätte für die Untertanen im Kriegsfall. Zusätzlich war dieser Bereich von einem Mauerring mit Verteidigungsrondellen abgesichert, an den später Wirtschaftsgebäude und Ställe, die heutigen Remisen, angebaut wurden. Untersuchungen in heutiger Zeit ergaben, dass die Burg nicht wie vermutet, auf Holzpfählen in moorigem Boden gegründet ist. Größtenteils steht sie auf sandigem Untergrund und lagert nur in Teilbereichen auf Eichenpfählen.

Weserrenaissance-Schloss

Schlosseingang im Nordflügel, links am Ostflügel typische Schmuckformen der Weserrenaissance

In der Mitte des 15. Jahrhundert entsprach eine mittelalterliche Burg nicht mehr dem Status derer von Bartensleben. Sie wandelten die wenig Wohnkomfort bietende Anlage in einen repräsentativen Schlossbau im Renaissance-Stil mit Garten- und Parkanlagen um. Dennoch blieb der Charakter eines befestigten Wasserschlosses bis 1840 erhalten, als die schützenden Wassergräben bei der Aller-Regulierung zugeschüttet wurden.

Aufgrund seines großen Vermögens begann Hans von Bartensleben, der Reiche, 1574 mit dem Umbau der Burg. Für die Arbeiten beschäftigte er Maurer, Steinmetze und Zimmerleute, die er entlohnte. Kostenlose Frondienste durch Hand- und Spanndienst (mit Pferd- und Wagen) leisteten ihm die Bauern aus den Dörfern des Vorsfelder Werders. Als die Bartensleben dies über Gebühr strapazierten, beschwerten sich die Bauern (u.a. 1600) bei ihrem obersten Herrn, Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel. Ab dann wurden die Frondienste schriftlich auf nur 10 Stunden im Sommer und acht Stunden im Winter zweimal in der Woche festgelegt, Anfahrtszeiten aus den teilweise bis zu 15 km entfernten Orten nicht eingerechnet.

Hans der Reiche ließ einen baufällig gewordenen Gebäudeteil, das Rote Haus, abtragen und stattdessen den heutigen Nordflügel mit dem Eingangstor des Schlosses errichten. Als er 1583 verstarb, setzten sein Verwandter Günzel mit seinem Bruder Günther und ihrem Onkel Jakob die Arbeiten fort und bauten den repräsentativen Ostflügel. Danach entstand der Südflügel als Ritterhaus und Palas. Erst um 1620 war das Schloss in der heutigen Form als Vierflügelanlage mit geschlossenem Innenhof mit den Ausmaßen von 50x60 m fertig gestellt.

Das Wasserschloss um 1840 (Blick auf den Nordflügel)

Bei dem Umbau zum Renaissanceschloss sind an den Architektur- und Schmuckformen Einflüsse der Weserrenaissance bestimmend, als deren typischer und nordöstlichster Vertreter das Schloss gilt. Am Bau haben Baumeister, Steinmetze und Bildhauer mitgewirkt, die auch an Schlossbauten im Wesergebiet beteiligt waren, so der Hamelner Baumeister Johann Edeler (auch: Johann von der Mehle).

Im Zuge des Umbaus zu einem repräsentativen Schlossbau entstanden Garten- und Parkanlagen. Der Neue Garten an der Südseite entstand Ende des 17. Jahrhunderts. Um 1750 legte Gebhard Werner von der Schulenburg an der Nordseite des Schlosses einen barocken Lustgarten an. Der Landschaftspark an der Ostseite und die dortige große Freitreppe zum Schloss entstanden erst im 19. Jahrhundert.

Besitzverhältnisse

Schlossherr Günther von Bartensleben (1558-1597)
Schlossherr Gebhard Werner Graf von der Schulenburg (1722-88) mit Ehefrau

Seit dem Baubeginn der Wolfsburg um 1300 gehörte die Burganlage dem Adelsgeschlecht derer von Bartensleben und war jahrhundertelang ihr Herrschaftssitz. Durch den Tod des letzten männlichen Vertreters Schatzrat Gebhard Werner von Bartensleben am 6. Januar 1742 endete die Linie. Er hinterließ Schloss und Güter seiner Tochter Anna Adelheid Catharina als Alleinerbin. Da sie mit dem preußischen Generalleutnant Adolph Friedrich Graf von der Schulenburg-Beetzendorf verheiratet war, gingen der Bartenslebische Besitz und die Wolfsburg 1746/47 an die Adelsfamilie derer von der Schulenburg über. Das Schloss war anschließend über 200 Jahre repräsentativer Sitz ihres Wolfsburger Zweiges. Am 15. November 1942 verließ Schlossherr Günther Graf von der Schulenburg die Anlage und bezog sein neu errichtetes Schloss Neumühle bei Tangeln, damals Landkreis Salzwedel. Die gräfliche Familie musste gehen, nachdem große Teile ihres Grund und Bodens für den Bau des Volkswagen-Werkes enteignet worden waren. 1943 erwarb die für die Produktion des Volkswagens 1938 im Allertal gegründete Stadt des KdF-Wagens für 560.000 Reichsmark das Schloss vom Grafen. 1947 bot die inzwischen in Wolfsburg umbenannte Stadt das Schloss mit folgendem Zeitungsinserat zum Verkauf an:

Schloss aus Stadtbesitz zu verkaufen (Weser-Renaissance). In günstiger Lage am Mitteland-Kanal und Bahnstrecke Hannover/Berlin. Nähe Braunschweig. Über 80 Räume. Insgesamt 3,88 ha. ... Gewerbliche Nutzung möglich..

Die renovierungsbedürftige Anlage erwarb daraufhin das Land Niedersachsen, dass 1961 die Schlossanlage aus den selben Gründen wieder loswerden wollte. Da sich die Wolfsburger Stadtverwaltung mittlerweile der geschichtlichen Bedeutung des historischen Bauwerks bewusst geworden war, erwarb sie die Wolfsburg zurück.

Heutige Nutzung

Lage

Schlossstraße gegenüber

Das Schloss gehört heute zum Stadtteil Alt-Wolfsburg, dessen Zentrum sie einst war. Umgeben ist es von Parkanlagen, Barockgarten und Fachwerkhäusern. Unweit liegt die evangelisch-lutherische St.-Marien-Kirche als frühere Patronatskriche der Schlosssherren, die als Kapelle 1434 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Das gesamte Ensemble einschließlich der Vorburg bildet das Schloss heute die Traditionsinsel der Stadt.

700 Jahr-Feier

Am 16. Juni 2002 fand im Schloss Wolfsburg, das in der schriftlichen Überliefung 1302 zum ersten Mal erwähnt wurde, eine Feier zum 700.Geburtstag statt. Sie bestand aus einem Festakt für geladene Gäste, musikalische Darbietungen sowie Kleinkunst im Barockgarten. Das Stadtmuseum eröffnete seine Ausstellung "Wenn Mauern erzählen könnten..." zur Schlossgeschichte.

Nutzung

Schloss Wolfsburg, Südflügel – Blick von der Oebisfelder Straße (B 188)

Das Schloss gilt heute als kulturelles Zentrum der "geschichtlosen" Stadt Wolfsburg, die erst mit dem Bau des Volkswagenwerkes 1938 entstand. Entsprechend wird es als Veranstaltungsort und Sitz von kulturellen Einrichtungen genutzt. Dafür bieten die zahlreichen Räume und der Innenhof sowie die Außenanlagen angemessenen Platz. Die Schlossräume Gartensaal, Gerichtslaube und Kaminzimmer werden für Repräsentationszwecke der Stadt Wolfsburg genutzt. In der Gerichtslaube finden regelmäßig standesamtliche Trauungen statt. Die Schlossanlage und die frühere Vorburg mit den Schlossremisen beherbergen heute die Einrichtungen:


Jährliche Schlossveranstaltungen sind:


- FrühlingsZauber März Gartenausstellung im und um das Schloss
- Internationale Sommerbühne Mai/Juni Open-Air Musikspektakel im Schlossinnenhof
- GartenRomantik Juni/Juli Gartenausstellung im und um das Schloss
- Ritterturnier September Ritter- und Mittelalterspektakel
- Werk statt Schloss September Künstlerprojekt mit Auszubildenden von Wolfsburger Firmen
- Wir feiern Advent im Schloss Dezember Adventsfest im festlich geschmückten Schloss

Literatur

  • Johannes Zahlten: Schloss Wolfsburg – Ein Baudenkmal der Weserrenaissance, Braunschweig 1991, ISBN 3-925151-52-4
  • Schloss Wolfsburg – Geschichte und Kultur, Stadt Wolfsburg, Wolfsburg 2002, ISBN 3-930292-62-9
  • Historisch-Landeskundliche Exkursionskarte von Niedersachsen, Blatt Wolfsburg, S. 145, Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen, Hildesheim 1977, ISBN 3-784836267

Siehe auch

Weblinks