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HIV

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Als HIV (Human Immunodeficiency Virus, englisch für: Menschliches Immun-Schwäche-Virus) wird das Virus bezeichnet, welches die Krankheit AIDS auslösen kann. Es gehört zur Klasse der Retroviren. Eine Eliminierung des HI-Virus aus dem menschlichen Körper ist nicht möglich, da es als Retrovirus in der Lage ist, sein Genom in das Genom seines Wirtes einzubauen. Eine Infektion führt zu einer lebensbedrohlichen, chronischen Erkrankung. In Deutschland leben rund 43 000 Menschen mit HIV, darunter etwa 33 500 Männer, rund 9 500 Frauen und rund 400 Kinder. Jedes Jahr kommt es in etwa zu 2000 Neuinfektionen.

HI-Virus, das sich aus einer Immunzelle herauslöst

HIV ist die von dem International Committee of Taxonomy of Viruses 1986 empfohlene Bezeichnung, die frühere Benennungen wie Lymphadenopathie-assoziiertes Virus (LAV), humanes T-Zell-Leukämie-Virus III (HTLV III) oder AIDS-assoziiertes Retrovirus (ARV) vereinheitlichte. HIV wird unterteilt in den weltweit vorkommenden Stamm HIV-1 mit den Subtypen A bis I sowie O, und den Stamm HIV-2. Während HIV-1 inzwischen weltweit verbreitet ist, kommt HIV-2 hauptsächlich in Westafrika vor. HIV-1 wurde 1983 zum ersten Mal beschrieben von Robert Gallo, dieser wurde als tatsächlicher Entdecker jedoch von Luc Montagnier, dem Direktor des Pasteur-Instituts angezweifelt, worauf ein jahrelanger Urheberstreit folgte. HIV-2 wurde 1986 entdeckt. Beide Stämme ähneln sich im klinischen Verlauf und ihrer Pathogenität, sowie im elektronenmikroskopischen Bild, unterscheiden sich jedoch im Molekulargewicht ihrer Proteine und in der Anordnung ihrer Gene.

PMID 6189183 PMID 6601823

Zur Krankheit AIDS, Geschichte, Epidemologie und sozialen Folgen siehe Artikel AIDS.

Infektionswege

Das HI-Virus wird mit den Körperflüssigkeiten Blut, Sperma, Scheidenflüssigkeit, Liquor und Muttermilch übertragen. Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden, Schleimhäute (Bindehaut, Mund-, Nasen-, Vaginal- und Analschleimhaut) bzw. nicht ausreichend verhornte Stellen (Eichel, Innenseite der Vorhaut). Die häufigsten Infektionswege sind ungeschützter sexueller Kontakt und die Benutzung nicht steriler Spritzen beim intravenösen Drogenkonsum. Wie hoch das Risiko beim Geschlechtsverkehr ist, hängt vor allem von der Viruslast in der Samenflüssigkeit, im Scheidensekret und im Blut ab. Diese ist unmittelbar nach der Infektion, bevor sich Antikörper gebildet haben, besonders hoch, nimmt dann zunächst ab und steigt in späten Stadien der Erkrankung wieder an. Bluttransfusionen sind ebenfalls eine mögliche Infektionsquelle, die allerdings heute in Deutschland durch die 1985 eingeführten Routine-Untersuchungen der Blutspender kaum noch Bedeutung hat. Aber auch hier ist ein Risiko vorhanden, da zwischen Ansteckung des Spenders und der Nachweisbarkeit im HIV-Test bis zu drei Monate verstreichen können. Das Risiko einer Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder während der Geburt wird auf 15% bis 30% geschätzt. Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko der HIV-Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente und die Geburt durch Kaiserschnitt beträchtlich gesenkt werden und wird in Deutschland mit ca. 2% angegeben. Eine Übertragung des Virus beim Stillen ist ebenfalls möglich. Die Gefahr, sich durch Zungenküsse anzustecken, kann, sofern keine offenen blutenden Wunden im Mund vorhanden sind, aber ausgeschlossen werden. Die HIV-Konzentration in Tränen, Schweiß und Speichel ist allen Erkenntnissen nach für eine Ansteckung zu niedrig. Eine Übertragung des Virus durch Insektenstiche oder durch Tröpfcheninfektion ist ebenfalls nicht bekannt. Der epidemiologische Verlauf von AIDS lässt diese beiden Übertragungsmöglichkeiten bis jetzt absolut unwahrscheinlich erscheinen. Menschen, die einer akuten Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, sollten möglichst bald einen Arzt aufsuchen, um sich beraten zu lassen und gegebenenfalls eine Postexpositionelle Prophylaxe durchzuführen.

PMID 6132270 PMID 6133990 PMID 7491134

Infektionswahrscheinlichkeit

Die Infektionswahrscheinlichkeit liegt bei den meisten Übertragungswegen zwischen 1:100 und 1:1000. Wichtigste Ausnahme ist die Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Geburt mit einer Infektionswahrscheinlichkeit von ca. 15% und durch eine verseuchte Bluttransfusion, wo das Infektionsrisiko 95% beträgt. Die folgenden Häufigkeiten sind Durchschnittswerte die durch Partnerstudien und epidemiologische Studien ermittelt wurden. Das individuelle Risiko kann sehr viel höher sein. So erhöht eine gleichzeitig vorliegende andere Geschlechtserkrankung das Infektionsrisiko um das 5-10fache, eine hohe Viruslast des Überträgers sogar um das 10-30fache. Geschlechtsverkehr während der Regelblutung der Frau ist mit einem erhöhten Infektionsrisiko für beide Partner vergesellschaftet, beschnittene Männer haben ein geringeres Infektionsrisiko. Insgesamt scheint das Infektionsrisiko nicht konstant über die Anzahl der Kontakte zu sein, so dass das Risiko einzelner Kontakte womöglich erheblich zu niedrig angegeben ist. Mit neueren und besseren Medikamenten sinkt möglicherweise das Übertragungsrisiko.

  • Ungeschützter vaginaler Geschlechtsverkehr mit einem HIV-positiven Partner ist mit einem Risiko einer HIV-Infektion von ca. 0,05 - 0,15% für die Frau, und zw. 0,03 - 5,6 % für Männer verbunden, tendentiell jedoch für Männer etwas geringer als für Frauen.
  • Das Infektionsrisiko für Oralverkehr beim Mann (Fellatio) bei dem Sperma in den Mund aufgenommen wird, ist geringer, eine Infektion ist jedoch nicht ausgeschlossen. Eine Infektion durch Vorflüssigkeit („Lusttropfen“) ist sehr unwahrscheinlich. Bei Oralverkehr bei der Frau (Cunnilingus) wird das Risiko ebenfalls als geringer als beim vaginalen Geschlechtsverkehr angesehen.
  • Bei Analverkehr treten häufig kleine Risse an der Schleimhaut auf. Demenstprechend liegt das Risiko für den passiven Teilnehmer beim Analverkehr um 0,8% und um 0,3% für den aktiven Teilnehmer.
  • Das Infektionsrisiko durch Nadelstiche hängt sehr von der Situation ab. Das Infektionsrisiko wird durchschnittlich mit 0,3% angegeben und steigt mit folgenden Faktoren: sehr tiefe Verletzungen (16fach erhöht), sichtbare Blutspuren auf der Nadel oder Nadel war vorher in einer Vene oder Arterie des Überträgers (jeweils 5fach erhöht), bei hoher Viruslast des Überträgers (6fach erhöht). Das Risiko bei Hohlnadeln ist höher als bei geschlossen Nadeln.
  • Das Risiko sich bei gemeinsamer Nutzen einer Kanüle, meist beim Spritzen von Heroin, zu infizieren liegt um 0,7% und sinkt mit dem zeitlichen Abstand zwischen den Injektionen, allerdings nur langsam, da in der Kanüle eingeschlossene Viren lange infektiös bleiben können, teilweise auch noch nach Tagen. Ein Auskochen der Nadeln ist zwar generell möglich, wenn es lange genug durchgeführt wird, allerdings sind erhältliche Nadeln nicht dafür geeignet, weil die verwendeten Kunststoffe nicht entsprechend hitzefest sind. Eine chemische Desinfektion (Alkohol oder andere Desinfektionsmittel) ist nicht ausreichend, weil nicht gewährleistet, dass die Substanzen ganz in die Kanüle eindringen.

Teilweise besteht die Möglichkeit einer Postexpositionsprophylaxe. Diese besteht aus allgemeinen Maßnahmen (Waschen des Penis nach dem Verkehr, Stichwunden ausdrücken und ausführlich mit Desinfektionsmittel behandeln) und mit spezifischen Maßnahmen wie der Gabe von antiretroviralen Medikamenten. Nach einem möglichen Kontakt sollte immer sofort ein Arzt aufgesucht werden, der einen über mögliche Maßnahmen informiert und sie auch einleiten kann.

PMID 1403641, PMID 10430236, PMID 8601226, PMID 15090833, PMID 9091805

Verlauf der HIV-Infektion

Eine unbehandelte HIV-Infektion verläuft in der Regel in mehreren Stadien. Wenige Tage nach Ansteckung kommt es zumeist zu einer akuten HIV-Infektion. Diese ist durch Fieber, Abgeschlagenheit, Hautauschläge, orale Ulzerationen, oder Arthralgie gekennzeichnet. Wegen der Ähnlichkeit zu grippalen Infektionen bleibt die akute HIV-Infektion meist unerkannt. Eine frühe Diagnose ist jedoch wichtig. Durch sie können nicht nur weitere Infektionen von Sexualpartnern verhindert werden. Erste Studien an Patienten, die während der akuten HIV-Infektion antiviral behandelt wurden und nach einiger Zeit die Therapie absetzten, zeigten, dass die HIV-spezifische Immunantwort der Patienten gestärkt werden konnte. Die akute Infektion dauert selten mehr als 4 Wochen an. [1] PMID 11029005 PMID 11148221

In der auf die akute Infektion folgenden chronischen Phase kommt es in der Regel zu einer Periode von mehreren Jahren, in der der Patient klinisch symptomfrei bleibt. Danach kommt es zumeist zu Erkrankungen, die auf ein geschwächtes Immunsystem zurückzuführen sind, jedoch nicht als AIDS-definierend gelten (CDC Klassifikation B, siehe AIDS). Im Median nach 8 bis 10 Jahren nach Erstinfektion kommt es zu einem schweren Immundefekt (< 200 CD4-Zellen/Mikroliter). Dieser führt in der Regel zu AIDS-definierenden Erkrankungen (CDC Klassifikation C, siehe AIDS). Zu diesen zählen opportunistische Infektionen, die durch Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten bedingt sind, sowie andere Erkrankungen, wie Kaposi-Sarkom, malignes Lymphom, HIV-Enzephalopathie und das Wasting-Syndrom. Nach individuell unterschiedlicher Zeit führen diese unbehandelt meist zum Tod. Ein schwerer Immundefekt bedeutet jedoch nicht, dass sofort AIDS auftritt. Je länger ein schwerer Immundefekt vorliegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, AIDS zu bekommen.

Struktur und Aufbau des HI-Virus

Aufbau und Vermehrung des HIV

Das HIV ist ein kugelförmiges Retrovirus und gehört zur Familie der Lentiviren. Infektionen mit Lentiviren verlaufen meist chronisch, mit langer klinischer Latenzzeit und unter Beteiligung des Nervensystems.

Das Viruspartikel hat einen Durchmesser von etwa 100 nm und ist von einer Lipoproteinhülle umgeben. Eingebettet in diese Hülle sind 72 etwa 10 nm große env-Glykoproteinkomplexe, die aus einem externen Anteil (gp120) und einem Transmembranprotein (gp41)bestehen. Gp120 ist für die Bindung des Virus an die CD4-Rezeptoren der Zielzellen von entscheidender Bedeutung. Da die Hülle des HI-Virus aus der Membran der Wirtszelle entsteht, befinden sich in ihr ebenfalls verschiedene Proteine der Wirtszelle, z.B. HLA Klasse I und II Moleküle sowie Adhäsionsproteine. Die HIV-RNA liegt in zwei Kopien im Viruskapsid vor. Hier befinden sich die für die Vermehrung notwendigen Enzyme reverse Transkriptase (RT), Integrase und Protease.

Das Genom des HI-Virus ist deutlich komplexer als das anderer Retroviren. Neben den drei üblichen retroviralen Genen (gag, pol, env) besitzt das HI-Virus sechs zusätzliche (akzessorische) Gene (vif, vpu, vpr, tat, rev, nef), die hauptsächlich regulatorische Funktionen besitzen.

Replikationszyklus des HIV

Zur Vermehrung benötigt das Virus Körperzellen, die den CD4-Rezeptor auf der Oberfläche tragen. Dies sind vor allem die CD4-tragenden T-Lymphozyten (T4-Zellen), die beim Menschen für die so genannte zelluläre Immunabwehr zuständig sind und die Antikörperbildung unterstützen. Neben T-Lymphozyten besitzen auch Monozyten, Makrophagen und dendritische Zellen CD4-Rezeptoren.

Fusion mit der Wirtszelle

Um mit der Wirtszelle verschmelzen zu können binden die Oberflächenproteine gp120 an die CD4-Rezeptoren. Durch die Bindung kommt es zu einer Konformationsänderung im Transmembranprotein gp41, ein Mechanismus, der einer „Schnappfeder“ oder einer „Mausefalle“ ähnelt. Der neu entwickelte Wirkstoff T20 ist ein Peptid, das die Konformationsänderung blockiert und somit die Anheftung des Virus erschwert (siehe unten). Neben den CD4-Rezeptoren sind weitere Co-Rezeptoren an der Bindung des HI-Virus an die Zelle beteiligt. Der Chemokin-Rezeptor CCR5 an monozytären Zellen und CXCR4 Rezeptoren an T-Zellen ist an der Bindung beteiligt. Die unterschiedliche Ausprägung dieser Rezeptoren beeinflusst den Verlauf der HI-Infektion und die Ansteckungswahrscheinlichkeit. Moleküle, die die CCR5 Rezeptoren blockieren sollen, werden zurzeit getestet. Da die Bedeutung dieser Rezeptoren für den Organismus jedoch noch nicht genau geklärt ist, ist es bis zur Marktreife noch ein steiniger Weg. Wichtig ist zu erwähnen, dass das HI-Virus innerhalb der ersten Monate nach der Infektion in der Regel (nach einer kurzen Anfangsphase mit CXCR4-Tropismus) eine ausserordentliche Bevorzugung von Zellen mit dem CCR5-Korezeptor zeigt. Dies führt zu einer überwiegenden Infektion von Zellen des monozytären/makrophagozytären Systems und weniger der sog. T-Helferzellen. Mit Hilfe der monozytären Zellen gelangt das Virus in, für die antiretrovirale Therapie später, schwer zugängliche Kompartimente des Körpers, wie z.B. die Hoden und das Gehirn. Wichtig wird das auch hinsichtlich der schweren Hirnschäden, die das Virus bei vielen Infizierten schon früh verursacht.

PMID 8649511 PMID 8674120 PMID 8649512 PMID 8629022 PMID 9108481 PMID 8791690 PMID 9430590 PMID 9334379 PMID 9334378 PMID 9634238

Einbau des HI-Virus Genoms in die Wirtszelle

Das HIV baut zur Vermehrung sein RNA-Genom nach der so genannten reversen Transkription in doppelsträngige DNA in das Genom der Wirtszelle ein. Die Umwandlung von viraler RNA in provirale DNA im Cytoplasma der Wirtszelle durch das Enzym Reverse Transkriptase ist ein entscheidender Schritt im Reproduktionszyklus des Virus. Dieser Vorgang kommt ansonsten nicht in menschlichen Zellen vor. Daher ist das Enzym Reverse Transkriptase ein wichtiges Ziel therapeutischer Intervention und Ansatzpunkt zweier pharmakologischer Wirkstoffklassen. Nach reverser Transkription schließt sich die Integration des Virus-Genoms in das menschliche Erbgut durch ein weiteres virales Enzym, die Integrase an. In diesem Zustand entzieht sich die infizierte, ruhende CD4-positive T-Zelle jedem Angriff durch antivirale Medikamente. Zu einer Aktivierung dieser Immunzellen kommt es nach Antigenkontakt, zum Beispiel im Rahmen gewöhnlicher oder einer opportunistischen Infektion. Während die Zelle gegen einen anderen Krankheitserreger vorgehen will, beginnt sie Virusproteine zu produzieren und neue Viren freizusetzen. Diese infizieren dann wiederum andere Zellen.

Was das HI-Virus so außergewöhnlich überlebensfähig macht, ist seine Wandlungsfähigkeit oder, besser gesagt, seine schnelle Evolutionsrate. Von den Influenza-Viren (Grippe) zum Beispiel entwickeln sich in derselben Zeit auf der ganzen Welt nicht einmal halb so viele neue Unterarten, wie das HI-Virus in einem einzelnen Infizierten.

Die lange Inkubationszeit von zehn Jahren ist ein Problem, da viele Infizierte unter Umständen noch jahrelang andere Personen infizieren, bevor ihre Infektion erkannt oder von ihnen selbst bemerkt wird.

PMID 9144289

Genetische Faktoren

Die Tatsache, dass Individuen trotz gleicher Infektionsquelle oft sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe haben, deutet auf einen starken Einfluss von Wirtsfaktoren auf den Verlauf der Infektion hin. Neben der Ausbildung des Immunsystems scheinen auch einige genetische Faktoren eine Rolle zu spielen. So sind homozygote Individuen mit einem genetischen Defekt am CCR5-Rezeptor weitgehend resistent gegen HIV-Infektionen. Dieser Rezeptor dient als Co-Rezeptor bei der Fusion des Virus mit der Wirtszelle. Es wurden nur wenige Individuen gefunden, die eine Infektion trotz Rezeptordefektes haben. Sie infizierten sich mit HI-Viren, die andere Co-Rezeptoren benutzen, wie den CXCR4 Rezeptoren an T-Zellen. Homozygote Genträger dieser Deletion machen ca. 1% der Bevölkerung aus, heterozygote Genträger etwa 20%. Heterozygote haben deutlich weniger CCR5 Rezeptoren und scheinen nach Infektion kaum eine längere Überlebenswahrscheinlichkeit zu haben.

Der Aids-Forscher JJ Bouyao hat in Nairobi (Kenia) 600 Prostituierte untersucht, und dabei festgestellt, dass 24 von ihnen offenbar gegen das HI-Virus immun sind. Der Grund dafür scheint nach Ansicht von Forschern in den Genen zu liegen. Offenbar ist ein Gen-Defekt dafür verantwortlich, der das Virus daran hindert, in die Zellen einzudringen und sich zu verbreiten.

PMID 915816 PMID 8756719 PMID 8791590

HIV-Test

Der Begriff HIV-Test steht für den Nachweis der An- oder Abwesenheit von Antikörpern gegen HIV-Proteine. Wie gegen andere als "körperfremd" erkannte Eiweißmoleküle bildet das Immunsystem diese Stoffe, die die Abwehr eingedrungener Krankheitserregers unterstützen. Sind Antikörper vorhanden, ist der Test "HIV-positiv", d. h. es liegt eine HIV-Infektion vor. Werden keine Antikörper nachgewiesen, lautet das Resultat des Testes "HIV-negativ" und bedeutet, dass bei der getesteten Person keine HIV-Infektion vorliegt. Das generelle Problem beim HIV-Test ist die diagnostische Lücke: In der Zeit, die der Körper braucht, um die ersten Antikörper zu bilden, können solche auch nicht nachgewiesen werden und führen somit zu einem "falsch-negativen" Ergebnis.

Die heute üblichen Tests können in der Regel zwölf Wochen nach der Infektion Antikörper nachweisen, 99% der Infizierten weisen dann bereits Antikörper auf. In den meisten Fällen ist eine Infektion bereits nach drei bis sechs Wochen feststellbar. In seltenen Fällen können aber noch Monate später falsche, auch negative Ergebnisse entstehen. Grundsätzlich gilt: Je länger der Zeitraum zwischen möglicher Ansteckung und Test, um so größer ist seine Aussagekraft.

In Deutschland wird die Diagnose "HIV-positiv" durch zwei Tests gestellt: einen Suchtest und einen Bestätigungstest. Als Suchtest wird meist ein HIV-Elisa-Test durchgeführt. Dieser weist Antikörper gegen HIV-1, HIV-2 und HIV-1 Subtyp 0 im Blut nach. Für diesen Test werden von kommerziellen Herstellern Virusproteine in so genannten Elisa-Testplatten vertrieben. Eine Testplatte besteht aus bis zu 96 kleinen Näpfen, in denen die HIV-Proteine auf dem Trägermaterial fixiert wurden.

Von der zu testenden Blutprobe werden die Blutzellen abgetrennt und die verbleibende gelblich-klare Flüssigkeit, das so genannte Serum, in eines der Näpfchen der Testplatte gegeben. Wenn Antikörper im Serum vorliegen, die vom Immunsystem eines HIV-Infizierten gebildet wurden, heften diese sich an die HIV-Proteine. Nach weiteren Arbeitsschritten verbleibt in den Näpfen von HIV-negativen Personen eine glasklare Flüssigkeit und bei HIV-infizierten Menschen eine gefärbte Flüssigkeit. Der Test wird maschinell und immer im Vergleich zu HIV-positiven und HIV-negativen standardisierten Seren abgelesen.

Der HIV-Suchtest ist auch in großen klinisch-chemischen Laborautomaten durchführbar. Es wird dann ein etwas abweichendes Verfahren eingesetzt, der Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA). Aussagekraft und Beschränkungen sind aber dem ELISA vergleichbar.

Die Empfindlichkeit des Suchtests ist sehr hoch eingestellt, damit auch 'grenzwertig-positive' Seren entdeckt werden. Jedes im Suchtest als positiv oder grenzwertig aufgefallene Serum muss in einem Bestätigungstest überprüft werden. Als Bestätigungstest dient die Western-Blot-Methode (syn: Immunoblot). Hierzu wird eine Reihe unterschiedlicher HIV-Proteine auf einen Teststreifen als Trägermaterial nebeneinander aufgebracht. Der Streifen wird in eine weitere Serumprobe eingelegt. Wenn Antikörper gegen HIV vorhanden sind, heften sich diese an die Virusproteine. Nach weiteren Arbeitsschritten werden dunkle Striche auf dem Teststreifen sichtbar. Sie zeigen an, gegen welche Virusproteine der Mensch Antikörper gebildet hat. Nach WHO-Empfehlung wird die Diagnose 'HIV-positiv' auf Grund von Antikörpern gegen zwei verschiedene Virusproteine gestellt. Auf diese Weise wird der zuvor positive oder grenzwertige Suchtest widerlegt oder bestätigt.

Die Sensitivität des HIV-Test wird mit 99,9 % angegeben. Dies bedeutet, dass von 1000 HIV-positiven Patienten 999 als solche erkannt werden und einer ein falsch negatives Ergebnis erhält. Die Spezifität beträgt 99,8 %. Dies bedeutet, dass von 1000 nicht HIV-Positiven 998 ein negatives Ergebnis erhalten und 2 ein falsch positives Ergebnis.

Zudem kann mittels RT-PCR die Virus-RNA direkt nachgewiesen werden. Diese Methode wird meist nach gestellter Diagnose zur Bestimmung der Viruslast angewandt.

Bei Neugeborenen hat ein Antikörper-Test keine Aussagekraft, da die Antikörper der Mutter durch die Plazenta in das Blut des Kindes gehen, und daher ein falsch positives Testergebnis entsteht. Daher ist die gängige Untersuchungsmethode bei Neugeborenen und Säuglingen die RT-PCR.

Zur Diagnostik einer akuten HIV Infektion dient ein positiver HIV-RNA Test durch eine RT-PCR und ein negativer oder "grenzwertiger" Bestätigungstest.

PMID 12004270

HIV-Therapie

Die Behandlung einer HIV-Infektion wird unter dem Begriff Antiretrovirale Therapie (ART) zusammengefasst. Da das Virus schnell gegen einzelne Medikamente Resistenzen entwickelt, hat sich die Therapie mit mehreren Medikamenten gleichzeitig durchgesetzt. Hierfür wurde der wenig medizinische Begriff der Highly Active Antiretroviral Treatment (HAART) gewählt. HAART kann das Leben HI-Infizierter deutlich verlängern. Doch es bewirkt keine Wunder: Eine vollständige Elimination (Eradikation) aller Viren und damit eine Heilung ist bisher nicht möglich. Zudem können schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten. Wenn einmal eine HAART begonnen wurde, so sollte sie nicht mehr abgesetzt werden, da dies zur Resistenzbildung führen kann. Aus dem selben Grund ist eine regelmäßige Tabletteneinnahme unumgänglich (siehe Adherence). Daraus ergibt sich eine hohe Belastung für den Patienten.

Zur Zeit werden drei Wirkstoffklassen angewendet: Nukleosid- und Nukleotidanaloga (NRTI), Nichtnukleosidische Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI) und Protease-Inhibitoren (PI). Zudem gibt es mit der Substanz T-20 eine neue Wirkstoffklasse der Fusionsinhibitoren.

Nukleosidanaloga

Nukleosidanaloga, auch Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI, umgangssprachlich „Nukes“) genannt haben ihren Ansatzpunkt am HIV-Enzym Reverse Transkriptase. Das Enzym "übersetzt" das virale RNA-Genom in doppelsträngige DNA, bevor diese von einem weiteren viralen Enzym, der Integrase in die DNA der Wirtzelle eingebaut wird. Als alternatives Substrat konkurriert die NRTI mit den physiologischen Nukleosiden, von denen sie sich durch Modifikationen am Zuckermolekül unterscheiden. Durch ihren Einbau kommt es zum Kettenabbruch der DNA, da die NRTI die Struktur der Doppelstrangbindung behindert. Die Wirkstoffe AZT und D4T sind Thymidin-Analoga, DDC und 3TC sind Cytidin-Analoga, während DDI ein Inosin und Abacavir ein Guanosin-Analogon ist. Eine Kombination von AZT und D4T bzw. DDC und 3TC macht wenig Sinn, da sie den selben Ansatzpunkt haben.

Zahlreiche Nebenwirkungen können bei der Therapie mit NRTI auftreten. Häufig sind Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Völlegefühl oder Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoen, sowie allgemeine Müdigkeit. Als Folge längerer Anwendung kann es zur Laktatazidose, Myelotoxizität, Polyneuropathie und Pankreatiden kommen. Auch die bei der Therapie mit Protease Inhibitoren berüchtigten Lipodystrophie kann beim längerer Einnahme von NRTI auftreten.

Viele dieser Nebenwirkungen werden durch die „mitochondrale Toxizität“ erklärt: Mitochondrien, die lebenswichtigen Kraftwerke der Zellen benötigen ebenfalls Nukleoside. Durch den Einbau von NRTI statt Nukleosiden kommt es zu Stoffwechselstörungen und zur Degeneration der Mitochondrien. Bei der Toxizität der einzelnen Substraten gibt es erhebliche Unterschiede.

NRTI werden unverändert in die Zelle aufgenommen und dort durch Phosphorelierung aktiviert. Sie werden überwiegend renal eliminiert und haben daher wenig Wechselwirkung mit Medikamenten, die in der Leber verstoffwechselt werden.

PMID 10509516

Nicht-Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs)

Während NRTIs als „falsche“ Bausteine das Enzym Reverse Transkriptase hemmen, binden NNRTIs direkt an das Enzym, nahe der Substratbindungsstelle für Nukleoside. Zur Zeit gibt es drei NNRTis auf dem Markt: Neverapin, Delavirdin und Efavirenz. Während Nevirapin und Efavirenz etwa gleich effektiv sind, spielt Delaviridin in der Therapie kaum eine Rolle und ist in Deutschland (noch nicht) zugelassen. Als Einzelsubstanz zeigen NNRTIs nur eine begrenzte Wirkung, in Kombinationstherapie mit 2 NRTIs sind sie aus immunologisch-virologischer Sicht mit Proteaseinhibitoren gleichwertig. Jedoch gibt es bisher keine Studie, die den klinischen Effekt – längeres und gesünderes Leben bei höherer Lebensqualität - der NNRTIs nachweist. Zur Zulassung wurden ausschließlich Studien zu verbesserten CD4+ Zellzahlen und zur niedrigeren Viruslast benutzt (Surrogatmarker-Studien). Durch ihre gute Verträglichkeit und die geringere Pillenzahl werden sie häufig den Proteaseinhibitoren vorgezogen. NNRTIs sind recht empfindlich: Schon eine Punktmutation genügt um eine Resistenz des Virus gegen den Wirkstoff zu bekommen. Zudem bestehen Kreuzresistenzen: Zeigt ein Virus Resistenzen gegen einen NNRTI, so sind meist alle NNRTIs wirkungslos. NNRTIs werden in der Leber verstoffwechselt (Cytochrom P450-System). Die Nebenwirkungsprofile der einzelnen Wirkstoffe unterscheiden sich erheblich. Bei der Therapie mit Nevirapin stehen vor allem allergische Reaktionen und Lebertoxizität im Vordergrund. Ein Exanthem tritt bei bis zu 20% der Patienten auf und führt bei 7% zum Abbruch der Nevirapineinnahme. Um die Gefahr von Allergien zu mindern, sollte Nevirapin eingeschlichen werden (mit niedriger Dosierung beginnen). Lebertoxizität ist eine seltene, aber unter Umständen lebensbedrohliche Nebenwirkung von Nevirapin. Daher sollten zur Beginn der Therapie die Leberwerte (vor allem Transaminase) engmaschig kontrolliert werden. Efavirenz hat vor allem Nebenwirkungen, die das zentrale Nervensystem betreffen. Diese treten meist zur Beginn der Therapie auf und nehmen danach ab. In der ersten vier Wochen traten in einer Studie bei 2/3 der Patienten über Schwindel, nahezu die Hälfte über Albträume und etwa 1/3 über Benommenheit und Schlafstörungen. Diese nahmen aber meist nach einiger Zeit ab. Während Nevirapin zur Vorbeugung einer Mutter-zu-Kind-Übertragung (PMTCT = Prevention of Mother to Child Transmission) eingesetzt wird, ist Efivarenz in der Schwangerschaft kontraindiziert. Auch ist angesichts der ZNS-Nebenwirkung die Verkehrstauglichkeit fraglich. Ein Vorteil von Efavirenz gegenüber Nevirapin ist die geringere Lebertoxizität. Delavirdin ist wegen der hohen Pillenzahl und der dreimal täglichen Einnahme den anderen Wirkstoffen unterlegen. Zudem ist es zurzeit nicht auf dem deutschen Markt zugelassen.

PMID 11590519 PMID 11873073

Proteaseinhibitoren

Ohne die Spaltung des viralen Makromoleküls gag-pol-Polyprotein durch das Enzym HIV-Protease werden Viruspartikel produziert, die nicht infektiös sind. Proteaseinhibitoren wurden mit dem Wissen über die molekulare Struktur des Enzyms so modelliert, dass sie direkt im aktiven Zentrum der Protease binden können. Die gute Wirksamkeit der von Proteaseinhibitoren wurde anhand von klinischen Endpunkten nachgewiesen. Sie haben zu einer deutlichen Verbesserung der Therapie beigetragen. Jedoch wurde der anfängliche Optimismus, den die Einführung der Proteaseinhibitoren in die Therapie auslöste, deutlich gebremst. Bei der Langzeitbehandlung zeigen sich einige Probleme. Sie führen zu Störungen im Fettstoffwechsel und können Lipodystrophie und Dyslipidämie auslösen. Der Grund hier für liegt wahrscheinlich in der „Mitochandrialen Toxizität“. Proteaseinhibitoren scheinen ähnlich wie Nukleosidanaloga die Mitochondrien, also die „Kraftwerke“ der Zellen zu schädigen. Weitere Nebenwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden. Proteaseinhibitoren habe recht kurze Halbwertszeit im BlutPlasma. Schon nach 8 Stunden ist die minimale Hemmkonzentration erreicht. Daher müssen die meisten Proteaseinhibitoren 3-mal täglich eingenommen werden. Der Abbau der Proteaseinhibitoren geschieht in der Leber durch die das Cytochrom P450 Enzymsystem. Der Proteaseinhibitor Ritonavir hemmt dieses System. Man ging daher dazu über, andere Proteaseinhibitoren zusammen mit Ritonavir zu verabreichen, um den Abbau zu verlangsamen und die Plasma-Halbwertszeit zu verlängern. Dies bezeichnet man als „Booster“. Mittlerweile gibt es den Proteaseinhibitor Lopinavir kombiniert mit einer Boosterdosis Ritonavir (Kaletra). Dies führt zu einer fast 100-fach größeren Plasma-Konzentration von Lopinavir und zu einer größeren Barriere von Resistenzen. Daher wird Lopinavir/Ritonavir (Kaletra) zumeist nach Therapieversagen anderer Medikamente benutzt („Salvage-Bereich“).

PMID 10860901 PMID 9287227 PMID 10202827 PMID 10509516 PMID 9835517

Fusionsinhibitoren

Mit Spannung verfolgten viele Betroffene und Therapeuten die Markteinführung des ersten Fusionsinhibitors T-20 Anfang 2003. T-20 bindet an das für die Fusion des Virus mit der Zellwand der T-Helferzellen wichtige Transmembranprotein gp41 und blockiert so den Eintritt des Virus in die Zelle. Besonders interessant wird die Substanz dadurch, dass sie keine mitochondrale Toxizität und damit kein Lipodystrophiesyndrom auslöst. Leider ist T-20 mit seinen 36 Aminosäuren zu groß für eine orale Einnahme. In seiner jetzigen Form muss T-20 täglich subkutan gespritzt oder über eine „Insulinpumpe“ verabreicht werden. Ein schwieriger Einnahmemodus, zumal Hautirritationen an der Einstichstelle eine häufige Nebenwirkung zu sein scheinen. Erste Studien ergaben, dass die eine bloße Hinzugabe von T-20 zu einer klassischen antiretroviralen Therapie nur einen begrenzten Erfolg mit sich bringt [2]. Zwei große Studien, die T-20 zu einer optimierten HAART gegen eine optimierte HAART ohne T-20 verglichen, zeigte jedoch signifikant bessere Werte im T-20 Arm der Studie. Das lässt darauf schließen, dass besonders die Patienten von T-20 profitieren, die gleichzeitig auch noch andere medikamentöse Optionen haben [3] Auch für T-20 gilt: Kein Medikament ohne Nebenwirkung! Es scheint zu Interaktionen mit Granulozyten zu kommen, die bei einigen Patienten zu vermehrten Infektionen führten. Eine rasche Resistenzbildung des Virus ist zudem auch recht wahrscheinlich. Jedoch scheint die virale Fitness der resistenten Stämme vermindert zu sein. Nichtsdestotrotz ermöglicht T-20 den Patienten eine interessante Option, die auf Grund von Nebenwirkungen oder Resistenzen ihre Therapie umstellen müssen. Erste Wahl zu Therapiebeginn ist T-20 derzeit jedoch nicht, und das nicht nur auf Grund der Studienlage. T-20 ist nach Aussage der Herstellerfirma Hoffmann-La Roche einer der am aufwendigsten zu produzierenden Substanzen der Firmengeschichte. Dies macht sich im Preis deutlich (mehr als €24000 pro Jahr), der höher ist, als einige Dreifachkombinationen herkömmlicher antiretroviraler Medikamente. So dürfte T-20 nicht zum Favorit der Krankenkassen werden. Andere Firmen werden bald mit neuen Fusionsinhibitoren auf den Markt kommen und an einer "T-20- einmal-wöchentlich-Spritze" wird intensiv geforscht.

Eine Sammlung mit übersichtlichen Beschreibungen aller zur Zeit angewandten antiretroviralen Therapeutika sowie einiger gängiger Medikamente zur Behandlungen opportunistischer Infektionen findet sich unter HIV.NET.

HAART

Mit "highly active antiretroviral therapy" wird die Kombinationstherapie aus mehreren antiretroviralen Medikamenten bezeichnet. Ziel der Therapie ist es, die Viruslast unter die Nachweisgrenze zu drücken und die CD4-Zellwerte zu erhöhen, um so das Immunsystem gegen opportunistische Infektionen und andere AIDS-definierende Erkrankungen zu stärken. In der Regel besteht eine HAART aus 2 verschiedenen Nukleosianaloga (auch als Nuke-Backbone der Therapie bezeichnet) plus entweder einem Nicht-nukleosidischen Reverse Transkriptase Hemmer (NNRTI), einem Proteaseinhibitor (PI) oder einem dritten Nukleosidanalogon. Welche Kombination die beste ist, lässt sich pauschal nicht beantworten, und sollte für jeden Patienten individuell entschieden werden. Denn alle drei Kombinationen haben Vor- und Nachteile:

Die Kombination aus 2 Nukes und einem PI wurde am umfangreichsten getestet und es liegen Daten aus Langzeitstudien zum klinischen Effekt vor. Auch weist diese Kombination eine hohe Barriere gegen Resistenzen auf. Jedoch ist die hohe Pillenzahl eine Belastung für den Patienten und wirkt sich negativ auf seine Adherence aus. Auch ist eine Langzeittoxizität zu befürchten.

2 Nukes plus eine NNRTI scheinen den PIs gleichwertige Virus-Suppression zu haben, allerdings ist der klinische Effekt nicht durch Studien belegt (nur der Effekt auf Laborparameter). Die geringe Pillenzahl (ein mal am Tag für den NNRTI, zweimal am Tag die Nukes, eventuell bald „once daily“ für beide) ist ein deutlicher Pluspunkt. Leider sind Allergien zu Beginn der Therapie mit Nevirapin keine Seltenheit. NNRTI sind resistenzanfälliger, und durch Kreuzresistenzen fällt eine ganze Wirkstoffklasse weg.

3 Nukes haben die geringste Pillenzahl und die einfachste Dosierung. AZT + 3TC + Abacavir gibt es in einer Tablette (Trizivir), die 2-mal täglich eingenommen wird. Dass es nur diese Kombination in einer Tablette gibt, liegt nicht an der Machbarkeit sondern an der Tatsache, dass die Patente zumeist bei verschiedenen Firmen liegen und keiner mit der Konkurrenz teilen will. In Indien, Südafrika, Brasilien und Kenia werden auch 2 Nukes + NNRTI in einer Tablette als Generikum produziert. Es scheint wenige Interaktionen mit anderen Medikamenten zu geben, und sollte es zur Unverträglichkeit oder Resistenzen kommen, so stehen noch 2 andere Wirkstoffklassen zu Verfügung. Es liegen jedoch keine Langzeitdaten mit klinischen Endpunkten vor und die Kombination scheint auch etwas weniger wirksam in der Virusunterdrückung zu sein.

Wann mit HAART beginnen

Wann mit einer Therapie begonnen werden sollte, wird kontrovers diskutiert. Es gilt das Risiko an AIDS zu erkranken mit den Risiken der Langzeittoxizität und Resistenzbildung abzuwägen. Als Mitte der 1990er Jahre entdeckt wurde, mit welcher Geschwindigkeit das Virus mutieren kann, und als man noch davon ausging, dass es durch eine längere Therapie zur Vernichtung aller Viren kommt (Eradikation), wurde das Behandlungsdogma „Hit hard and early!“ ausgerufen. Dieses wurde schon zwei Jahre später durch die Entdeckung der mitochondralen Toxizität hinfällig. Heute sind Therapeuten deutlich zurückhaltender und mit der HAART wird zumeist erst dann begonnen, wenn das Immunsystem deutlich geschwächt ist.

Die Deutsch-Österreichische Empfehlung zum Therapiebeginn berücksichtigt drei Faktoren: Das klinische Bild des Patienten, sein CD4-Wert und die Viruslast. Patienten, die bereits AIDS definierende Erkrankungen haben (CDC C) wird eine HAART dringend empfohlen. Auch beim Auftreten von Erkrankungen, die auf ein geschwächtes Immunsystem hindeuten jedoch nicht AIDS definierend sind (CDC B), wird eine HAART empfohlen. Dies gilt auch für Patienten die symptomfrei sind, aber einen CD4+ Wert von kleiner 200 haben, da es dann meist eine Frage der Zeit ist, bis AIDS auftritt. Als im Allgemeinen ratsam wird eine Therapie bei Patienten angesehen, die einen CD4+ Wert zwischen 200 und 350 haben. Ebenso angeraten ist der Beginn der HAART laut der Empfehlung bei Patienten mit einem CD4+ Wert zwischen 350 und 500, wenn eine hohe Viruslast vorliegt (>100.000). Doch gilt hier mehr denn je die Weisheit: Man behandelt nicht die Krankheit oder den Laborwert, sondern den Patienten. So sollte die Entscheidung wann mit der Therapie begonnen wird individuell gemeinsam von Therapeut und Patient gefällt werden. Der Beginn der Therapie bedeutet in der Regel eine Entscheidung, die für den Rest des Lebens eine Konsequenz hat. Daher muss der Patient genau über Therapieziele, mögliche Nebenwirkungen und Risiken der HAART Therapie auf geklärt sein. Dies lässt sich nur schwer in einer Therapiesitzung gewährleisten. Daher sollte, wenn irgend möglich der Patient Zeit haben, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, mit der Therapie zu beginnen. Letztlich hat die regelmäßige Medikamenteneinnahme eine höhere prognostische Aussagekraft, als der CD4+ Wert zu Beginn der Therapie (siehe Adherence).

HIV-Impfung

An der hohen Mutationsrate des Hi-Virus scheiterten bisher die langjährigen Forschungen um Impfstoffe, die die Bildung von schützenden Antikörpern gegen das Oberflächenprotein gp120 fördern sollten. Als das Mittel endlich gegen das sehr ähnliche SIV (SI-Virus, simian Immunodeficiency virus) der Affen erfolgreich getestet war, hatte das HI-Virus in Freiheit die Struktur seines gp120 Oberflächenproteins verändert.

Nach jahrzehntelangen vergeblichen Versuchen, einen Impfstoff gegen das HI-Virus herzustellen, begann Ende Februar 2004 zum ersten Mal eine klinische Studie an gesunden Probanden. Die Studie wird von den Universitätskliniken Bonn und Hamburg-Eppendorf durchgeführt. Mit ersten Ergebnissen ist Anfang 2005 zu rechnen. Falls diese Ergebnisse überzeugen, wird es mindestens weitere sieben Jahre dauern, bis der Impfstoff industriell gefertigt werden kann. Als Grundlage für die neue Impfung nahmen die Forscher den Subtyp HIV-1, Subtyp C, der vor allem in Afrika vorkommt. Denn hier soll das Hauptanwendungsgebiet liegen. Aus diesem Grund wird die Studie von gemeinnützigen Organisationen wie der International Aids Vaccine Initiative (IAVA) gefördert.

Siehe auch

Weblinks Deutsch

HIV/AIDS Kritik, deutsch

Weblinks Englisch


HIV/AIDS Kritik, englisch

Infektionswahrscheinlichkeit

Infektionswahrscheinlichkeiten

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