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Georg Elser

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Johann Georg Elser (* 4. Januar 1903 in Hermaringen, Württemberg; † 9. April 1945 im KZ Dachau) war ein deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Er verübte am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Bomben-Attentat auf Adolf Hitler. Hitler überlebte, da er seine Rede unerwarteterweise um eine halbe Stunde vorgezogen hatte und sich zum Zeitpunkt der Detonation nicht mehr im Raum befand.

Datei:Georg-Elser-1939.jpg
Georg Elser, Passfoto von 1939

Leben

Georg Elser wurde als Sohn eines Holzhändlers und Landwirts geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Königsbronn 1910 bis 1917 begann er eine Lehre als Dreher in einem Hüttenwerk, die er jedoch zwei Jahre später aus gesundheitlichen Gründen abbrechen musste. So begann er 1919 eine Lehre als Schreiner. Nach Bestehen der Gesellenprüfung als Jahrgangsbester 1922 arbeitete er bis 1925 in verschiedenen Schreinereien in Königsbronn, Aalen und Heidenheim als Bau- und Möbeltischler. Von 1925 bis 1929 war er in einer Konstanzer Uhrenfabrik angestellt, wo er auch Kenntnisse erwarb, die es ihm später möglich machten, den ausgeklügelten Zeitzünder für seine Bombe zu konstruieren. In den Jahren 1928 und 1929 war er Mitglied im Roten Frontkämpferbund, der Kampforganisation der KPD, war politisch aber nicht engagiert. Von 1929 bis 1932 arbeitete er in der Schweiz als Schreiner. Nach seiner Rückkehr nach Konstanz war er im elterlichen Betrieb beschäftigt. Ab 1936 war er Hilfsarbeiter in einer Heidenheimer Armaturenfabrik. Durch seinen Arbeitsplatz erlangte er Kenntnis von den massiven Aufrüstungsanstrengungen der Nazis.

Anschlag

Seit jeher war Elser antinazistisch eingestellt. Dies äußerte sich in der Verweigerung des Hitlergrußes und der Nichtbeachtung von Hitlerreden. Nach Kriegsausbruch kam Johann Georg Elser zu der Erkenntnis, dass nur noch der Tod Hitlers größeres Unheil verhindern könne. Da allgemein bekannt war, dass Hitler am Vorabend jedes Jahrestags seines gescheiterten Putschversuchs vom 9. November 1923 im Münchner Bürgerbräukeller eine Rede zu halten pflegte, beschloss Elser, in die Säule hinter dem Rednerpult eine Zeitbombe einzubauen. Dies gelang ihm auch in mühevoller, heimlicher Kleinarbeit, für die er sich über 30 Nächte hinweg allabendlich in dem Lokal einschließen ließ.

Am 8. November 1939 explodierte die Bombe exakt zu der von Elser vorgesehenen Zeit um 21.20 Uhr. Das Attentat misslang jedoch, da Hitler aufgrund des schlechten Wetters nicht das Flugzeug nehmen konnte und mit dem Zug fahren musste. Aus diesem Grund beendete er die Rede früher als geplant und verließ den Saal 13 Minuten bevor der Sprengsatz hochging. Es gab 8 Tote und 63 Verletzte, darunter 16 Schwerverletzte. Unter den Toten waren 7 Mitglieder der NSDAP, die an der Versammlung teilgenommen hatten.

Elser wurde zufälligerweise bereits gegen 20.45 Uhr bei dem Versuch, in die Schweiz zu fliehen, noch auf deutscher Seite vom Zollgrenzschutz in Konstanz verhaftet und in München und Berlin von der Gestapo verhört. Das Gestapo-Protokoll wurde Ende der 60er Jahre entdeckt. Diese 203 Seiten bilden die wichtigste historische Quelle zu Georg Elser. Elser wurde im KZ Sachsenhausen und im KZ Dachau gefangengehalten.

Hinrichtung

Am 5. April 1945 erschien SS-Obergruppenführer Ernst Kaltenbrunner, Chef der Sicherheitspolizei und des SD im Führerbunker und berichtete Hitler über die polizeiliche Sicherheitslage. Hitler ordnete hierbei unmittelbar die Ermordung von Admiral Wilhelm Canaris wie auch des "besonderen Schutzhäftlings" Georg Elser an, der unter dem Decknamen Eller im KZ Dachau festgehalten wurde. Der Chef der Gestapo, SS-Gruppenführer Heinrich Müller übermittelte den Mordauftrag am selben Tag dem Kommandanten des KZ Dachau, Obersturmbannführer Eduard Weiter:

Folgende Weisung ist ergangen: Bei einem der nächsten Terrorangriffe auf München bezw. auf die Umgebung von Dachau ist angeblich "Eller" tötlich (sic!) verunglückt. Ich bitte, zu diesem Zweck "Eller" in absolut unauffälliger Weise nach Eintritt einer solchen Situation zu liquidieren. Ich bitte besorgt zu sein, dass darüber nur ganz wenige Personen, die ganz besonders zu verpflichten sind, Kenntnis erhalten. Die Vollzugsanzeige hierüber würde dann etwa an mich lauten: "Am .... anlässlich des Terrorangriffs auf .... wurde u.a. der Schutzhäftling "Eller" tödlich verletzt."

Georg Elser wurde am 9. April 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, in Dachau durch Erschießen ermordet. Er war ein Einzelgänger, der frühzeitig aus politisch-moralischen Motiven zum Widerstandskämpfer und Hitler-Attentäter wurde.

Tafel am Georg-Elser-Museum in Königsbronn
Tafel am Georg-Elser-Museum in Königsbronn

Spekulationen um die Hintergründe des Attentats

Der notwendige logistische Aufwand für das Attentat, das für einen Einzelnen undurchführbar schien, ließ früh Spekulationen um eine mögliche Organisation im Hintergrund entstehen.

Joseph Goebbels sah in der Tat eine Aktion des britischen Geheimdienstes in Zusammenarbeit mit dem damals in der Schweiz lebenden Otto Strasser, was nicht nur Propaganda, sondern wahrscheinlich auch seine wirkliche Überzeugung war.

Regimegegner im In- und Ausland hingegen waren der Überzeugung, die Nationalsozialisten selbst hätten das Attentat organisiert, um den Glauben an den von der Vorsehung beschützten Führer zu stärken. Nach dem Krieg kolportierten der Widerstandskämpfer Martin Niemöller und später auch der KZ-Aufseher Walter Usslepp das Gerücht, Elser sei SS-Mitglied gewesen. Der britische SIS-Agent Sigismund Payne Best gab vor, von Elser selbst erfahren zu haben, dieser sei vor dem Attentat im KZ Dachau eingesessen und dort für die Tat angeworben worden.

Anfang der 1960er Jahre entdeckte der Historiker Lothar Gruchmann Elsers Verhörprotokolle. Auf dieser Grundlage und weiteren Dokumenten und Zeitzeugen-Aussagen konnten die Historiker Lothar Gruchmann und Anton Hoch die Alleintäterschaft Elsers nachweisen.

Sämtliche Gerüchte über Elsers angebliche Drahtzieher - seien es der britische SIS, Otto Strasser, die Nationalsozialisten selbst, der Schweizer Karl Kuch, eine kommunistische Troika oder der polnische Untergrund in Kooperation mit der Londoner Exil-SPD - sind inzwischen sorgfältig dokumentiert und widerlegt.

Nachwirkung

Georg-Elser-Gedenkstein mit Bronzetafel in den Georg-Elser-Anlagen in Heidenheim-Schnaitheim

Die Geschichte des Georg Elser wurde 1989 unter dem Titel Georg Elser - Einer aus Deutschland verfilmt. Regie führte Klaus Maria Brandauer, der auch die Titelrolle übernahm. Der Film wurde der Realität bezüglich des exakten Ablaufs am 8. November 1939 nicht ganz gerecht. Brandauer entschied sich aus dramaturgischen Gründen dafür, einen fiktiven Gegenspieler auftreten zu lassen.

Im Gegensatz zu den Verschwörern des 20. Juli 1944, die größtenteils den alten Eliten Deutschlands angehörten und lange Zeit dem Nazi-System dienten, wird Georg Elser in der offiziellen Gedenkkultur der Bundesrepublik Deutschland eher wenig Beachtung geschenkt. Auch vom linken Spektrum wurden Georg Elser und einige andere Widerstandskämpfer wie die Edelweißpiraten erst in der jüngeren Zeit anerkannt, weil eben kein Kollektiv, keine politische Organisation hinter ihnen stand.

Seit 1988 beschäftigt sich der Georg-Elser-Arbeitskreis in Heidenheim mit der Lebensgeschichte und dem Andenken Elsers. In Königsbronn wurde Anfang der 90er-Jahre eine Erinnerungs- und Forschungsstätte eingerichtet. Außerdem wurde in München ein Veranstaltungshallenkomplex nach Elser benannt, die Georg-Elser-Hallen. Anlässlich seines 100. Geburtstages gab die Deutsche Post eine Sonderbriefmarke heraus.

Literatur

  • Georg-Elser-Arbeitskreis Heidenheim (Hrsg.), Georg Elser: Gegen Hitler - gegen den Krieg. 2. erw. Auflage. Heidenheim 2003
  • Grießinger, Andreas (Hrsg.), Grenzgänger am Bodensee. Georg Elser - Verfolgte - Flüchtlinge - Opportunisten. 2000 ISBN 3-89669-954-7
  • Anton Hoch/Lothar Gruchmann, Georg Elser: Der Attentäter aus dem Volke. Der Anschlag auf Hitler im Bürgerbräu 1939. Fischer, Frankfurt am Main 1980 ISBN 3596234859
  • Gruchmann, Lothar: Johann Georg Elser: Autobiografie eines Attentäters. Der Anschlag auf Hitler im Bürgerbräu 1939. DVA, Stuttgart 1989 ISBN 3421065195
  • Georg-Elser-Gedenkstätte Königsbronn (Hrsg.): Die Akte Elser, Königsbronn 2000
  • Ein gründlicher Arbeiter. Johann Georg Elser und das Attentat auf Hitler, in: Antifaschistisches INFO-Blatt Nr. 40/1997, S. 32f.
  • Hellmut G. Haasis, Den Hitler jag ich in die Luft. Der Attentäter Georg Elser. Eine Biographie. Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 1999, ISBN 3871343714; rororo 61130, Reinbek b. Hamburg 2001, ISBN 3499611309
  • Hellmut G. Haasis, Georg Elser. Der politische Häftling. In: Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hrsg.): Politische Gefangene in Südwestdeutschland. Stuttgart 2001, S. 212-228
  • Peter-Paul Zahl, Johann Georg Elser. Ein deutsches Drama, Berlin 1982 u. 1996, ISBN 3880222487 bzw. ISBN 3922209998
  • Christian Graf von Krockow: Porträts berühmter deutscher Männer - Von Martin Luther bis zur Gegenwart, München 2001 (List-Verlag), S. 337-378 (ISBN 3-548-60447-1)

Weblinks

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