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Segel

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Ein Segel (von althochdeutsch segal: abgeschnittenes Tuchstück) ist ein Tuch, das dem Antrieb von Segelfahrzeugen durch den Wind dient.

Je nach Konstruktion und Funktion werden Segel in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die beiden Hauptgruppen heißen Rahsegel und Schratsegel. Segelfahrzeuge, die nur mit Rahsegeln ausgerüstet sind (meist alte Schiffe) werden vom Wind „geschoben“ und können kaum gegen ihn ankommen. Segelfahrzeuge mit Schratsegeln können im Gegensatz dazu auch (schräg) gegen den Wind fahren und dabei Geschwindigkeiten erreichen, die über der Windgeschwindigkeit liegen. Ein Schratsegel funktioniert ähnlich wie ein Flugzeug-Tragflügel und ist so ausgebildet, dass ein optimales Profil eingestellt werden kann.

In den letzten Jahren gab es beim Material der Segeltuche markante Entwicklungsschritte. Während Segel früher aus pflanzlichen Geweben und später aus gewebten Kunstfasern gefertigt wurden, kommen heute zunehmend laminierte Kunststofffolien zum Einsatz.

Rahsegel und Schratsegel, die beiden Hauptgruppen von Segeln
Rahsegel - das Schiff wird vom Wind „geschoben“
Schratsegel - funktionieren ähnlich dem Flügel eines Flugzeuges

Entwicklungsgeschichte

Ägyptisches Segelschiff mit einem Rahsegel (Wandbild um 1422–1411 v. Chr.)

Ein stetes Hauptmotiv in der langen Entwicklungsgeschichte des Segelschiffs war das Bemühen, das Segeln nicht nur sicherer und zuverlässiger zu gestalten, sondern auch die Naturkräfte effektiver auszunutzen und dadurch schneller voranzukommen. Die zunehmenden Anforderungen an die Beherrschung von Wasser und Wind auch unter ungünstigen Bedingungen und die Spezialisierung der Schifffahrt zu Zwecken des Fischfangs, des Transports oder der militärischen Expansion erforderten dabei nicht nur neuartige Konstruktionen von Booten und Schiffen, sondern auch die ständige Entwicklung und Verbesserung ihres Antriebs. Die Ausnutzung der Windenergie durch Segel erwies sich dabei gegenüber dem nur durch Rudern vorangetriebenen Schiff als vorteilhaft, auch wenn es dieses über lange Zeit nicht vollständig ersetzen konnte. Die zumeist empirisch gewonnenen Erkenntnisse über die Verwendung von Segeln und ihre Verbesserung brachten den Beruf des Segelmachers hervor, der sich auf die Verarbeitung der jeweils verfügbaren Rohstoffe zu geeigneten Tuchen spezialisierte. Erst in den letzten rund einhundert Jahren gelang es, die Physik des Segelns auf wissenschaftlicher Grundlage zu klären und, zusammen mit der Entwicklung und Verwendung von Kunststoffen, erneut wesentliche technologische Fortschritte zu erzielen. Zwischenzeitlich haben sich jedoch kulturübergreifend eine Reihe von Segelmaterialien und -formen bewährt, die bis heute im Einsatz sind.

Die erste bekannte Darstellung eines Segels ist auf einer ägyptischen Totenurne aus Luxor aus der Zeit 5000 v. Chr. zu finden. Vornehmlich für die Fahrt auf dem Nil, aber auch für Fahrten über das Mittelmeer und das Rote Meer nutzten die Ägypter Schiffe mit einem Mast und einem großen Rahsegel.

Die Entwicklung der Segelformen war immer mit der Entwicklung der Schiffsrümpfe eng verknüpft. In frühen Zeiten, in denen der unter Wasser liegende Teil des Schiffsrumpfs noch flach (der Lateralplan also klein) war, wurden Schiffe durch seitlich wirkende Kräfte leicht abgetrieben. Daher konnte der Wind auch nur genutzt werden, wenn er möglichst von achtern (hinten) auf das Schiff einfiel.

Lateinersegel waren die ersten Schratsegel

Mit der Vergrößerung des Lateralplans durch Kiel und Schwert, der das seitliche Abtreiben der Schiffe wirksam verringern konnte, war es möglich, auch andere Segelformen zu verwenden. Im 8. und 9. Jahrhundert kam im Mittelmeerraum das Lateinersegel, vermutlich durch arabische Piraten, in Gebrauch. Es war das erste Segel, das nicht mehr quer, sondern in Richtung der Schiffslängsachse geführt wurde (Schratsegel). Damit war es erstmals möglich, schräg gegen den Wind zu segeln und Raum nach Luv zu gewinnen.

Aus dem Lateinersegel entwickelte sich das Luggersegel und daraus im 17. Jahrhundert das Gaffelsegel. Aus diesem entwickelte sich dann im 19. Jahrhundert das heute verwendete, bei Am-Wind-Besegelung übliche, dreieckige Hochsegel.

Weiterentwicklungen in Bezug auf die Typenvielfalt sowie des Materials der Segeltuche erfuhren die Segel ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch prestigeträchtige Segelregatten, wie etwa dem America's Cup. Heute gibt es auch für normale (im Fahrtenbereich eingesetzte) Segelboote oder -yachten eine Vielzahl von Segeltypen und -materialien für alle Windrichtungen und Windstärken.

Einteilung und Definitionen

Segel werden – je nach Konstruktion und Verwendung – verschiedenen Segelgruppen zugeordnet. So fällt beispielsweise die Fock einer Jolle in die Gruppen Schratsegel, Stagsegel, Hauptsegel und Vorsegel. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe (z. B. Hauptsegel) schließt die Zugehörigkeit zu anderen Gruppen (z. B. Vorsegel) nicht aus.

  • Rahsegel sind viereckige Segel, die an einer waagrechten, am Schiffsmast quer zur Schiffslängsrichtung angeschlagenen Stange (der Rah), befestigt sind. Sie sind die ältesten bekannten Segel. Man sieht sie heute praktisch nur noch auf älteren Großseglern. Der Vorteil dieser Segel liegt in ihrer einfachen Herstellbarkeit und in ihren guten Eigenschaften auf Vor-Wind-Kursen.
Stagsegel
  • Schratsegel sind drei- oder viereckige Segel, die in Schiffslängsrichtung gesetzt werden. Sie sind mit ihrem Vorliek (der Vorderkante) in der Mittschiffsebene am Mast oder einem Stag befestigt. In letzterem Fall werden sie auch als Stagsegel bezeichnet. Der große Vorteil dieser Segel ist, dass mit ihnen schräg gegen den Wind gesegelt werden kann. Die Befestigung am Stag erfolgt zumeist über Stagreiter oder über ein im Segel eingenähtes Liektau, welches in die Nut eines Profilstags eingeführt wird.
  • Hauptsegel oder Arbeitssegel werden die normalerweise am Wind gesetzten Segel genannt, die zur Grundausstattung des jeweiligen Yachttyps gehören. Bei einer Ketsch oder Yawl sind dies beispielsweise Fock, Groß- und Besansegel.
  • Beisegel werden jene Segel genannt, die anstatt oder zusätzlich zu den Hauptsegeln gefahren werden. Sie werden bei besonderen Windbedingungen (Leichtwind oder Sturm) oder bei bestimmten Kursen zum Wind gesetzt. Eines der bekanntesten Beisegel ist der Spinnaker.

Segeltypen

Hauptartikel: Liste der Segeltypen

Es gibt eine nicht unerhebliche Anzahl von verschiedenen Segeltypen, wobei gleiche Segeltypen teilweise verschieden bezeichnet werden. Eine erklärende Aufstellung befindet sich im Hauptartikel.

Aufbau und Ausrüstung des Segels

Ausrüstung eines Hochsegels (Großsegel)

Der Kopf

Als Kopf wird bei dreieckigen Segeln die obere Ecke des Segels bezeichnet. Er ist durch eine dreieckige Platte aus Holz, Leichtmetall oder Kunststoff, das Kopfbrett, verstärkt. Am Kopfbrett ist das Fall angeschlagen (befestigt), das zum Hochziehen des Segels dient. Bei den viereckigen Rah- und Gaffelsegeln wird die obere Kante des Segels als Kopf bezeichnet.

Der Hals

Hals heißt bei dreieckigen Segeln die vordere untere Ecke des Segels. Er ist bei diesen Segeln durch den Stoßlappen verstärkt. Beim Spinnaker gilt jene Ecke des Segels als Hals, in welcher der Spinnakerbaum eingepickt (mittels einer Vorrichtung eingehängt) ist. Bei Rahsegeln wird die untere luvseitige Ecke des Segels als Hals bezeichnet.

Das Schothorn

Das Schothorn ist bei Schratsegeln die hintere, untere Ecke des Segels. Bei Rahsegeln ist es jene untere Ecke, an der die Leeschot befestigt ist. Alle Segel sind an dieser Ecke besonders verstärkt, da dort große Kräfte auftreten.

Die Lieken

Die Ränder bzw. Kanten der Segel werden als Lieken bezeichnet. Beim dreieckigen Segel werden drei Lieken unterschieden: das Vorliek (beim Großsegel am Mast, daher auch Mastliek genannt), das Unterliek (beim Großsegel auch als Baumliek, beim Vorsegel als Fußliek bezeichnet) und das Achterliek. Beim Großsegel sind Vor- und Unterliek durch ein Liektau oder einen Liekdraht verstärkt, um ein Ausreißen und Ausrecken des Segels zu verhindern. Oft ist im Achterliek eine Leine vorhanden, mit der die Achterliekspannung verändert und damit das Segel getrimmt werden kann. Das Vorsegel hat nur im Vorliek ein eingenähtes Liektau, das heute aus Stahldraht besteht.

Beim Gaffelsegel heißt das Liek an der Gaffel Oberliek oder Gaffelliek. Beim Rahsegel wird das an der Rah befindliche Liek Rahliek genannt, die beiden seitlichen Lieken werden als Steuerbord- bzw. Backbordliek oder als Seitenlieken bezeichnet.

Die Segelbahnen

Die Segelbahnen (beim Segelmacher als Kleider bezeichnet) sind Tuchstreifen, aus denen das Segel zusammengenäht ist. Durch entsprechenden Zuschnitt der einzelnen Bahnen wird die notwendige Segelwölbung (bei Schratsegeln) erreicht. Bei rechteckig geschnittenen Rahsegeln verlaufen die Bahnen senkrecht zur Rah. Bei Dreiecksegeln von Jollen und Yachten verlaufen sie üblicherweise senkrecht zur Sehne des Achterlieks.

Die Cunningham-Kausch

Die Cunningham-Kausch befindet sich in der Nähe des Vorlieks im unteren Bereich des Segels und dient zum Trimmen des Segels. Durch Strecken des Vorlieks (Hinunterziehen in Richtung des Halses) wandert der Bauch des Segels nach vorne und das Segelprofil wird insgesamt flacher.

Die Segellatten

Die Segellatten sind schmale, biegsame, aus Eschenholz oder Kunststoff hergestellte Latten, die in die dafür vorgesehenen Lattentaschen eingeführt werden. Sie dienen der Formgebung des Segels und sollen das Achterliek ausstützen, damit der hintere Teil des Segels nicht killt (flattert). Beim Lattensegel verlaufen die Segellatten durchgehend vom Mast- bis zum Achterliek.

Die Reffkauschen, Reffgattchen und Reffbändsel

Zum Reffen eines Lattengroßsegels mittels Bindereffs werden die in der jeweiligen Reffreihe vorhandene Reffkausch, sowie die Reffgattchen und Reffbändsel verwendet. Ein Großsegel mit Rollreffanlage, das zum Reffen in den Mast oder Baum eingerollt wird, hat dagegen weder Segellatten noch Reffreihen.

Materialien für Segeltuche

An das Material von Segeltuchen wird eine Reihe von Anforderungen gestellt: Es soll luftundurchlässig, reißfest, formstabil, beständig gegen die UV-Strahlung und gegen Seewasser sein, es soll eine geringe Wasseraufnahme aufweisen und leicht sein. Segeltuche sollten auch leicht verarbeitbar und möglichst kostengünstig sein. Je nach Verwendungszweck treten dabei unterschiedliche Auswahlkriterien in den Vordergrund. Für den Antrieb eines kleinen Küstenfischerbootes ist etwa die Kostenfrage wichtiger, als für ein Hochleistungs-Regattasegel.

In der Vergangenheit bestanden Segel überwiegend aus pflanzlichen Geweben, aber auch aus Tierhäuten wie z. B. bei den Segeln der Eskimos. Heute werden Segel überwiegend aus Kunstfasern gefertigt.

Natürliche Materialien

Auslegerboot mit Rahsegel aus Pandanus-Blattstreifengeflecht

Als Material für Segel dienten früher Gewebe aus fast jeder verfügbaren Faser. Auch heute sind für kleine Boote in ärmeren Weltgegenden Segel aus allen möglichen lokal verfügbaren Materialien in Gebrauch. Selten werden dabei jedoch tierische Fasern verwendet.

Aus dem „Alten China“ ist bekannt, dass im frühen 15. Jahrhundert die Segel der sogenannten Schatzschiffe aus roter Seide gefertigt waren. Nordische Langschiffe wurden oft mit Wollsegeln gefahren, wobei der natürliche Fettgehalt der Wolle einer speziellen langhaarigen Schafrasse verhindert haben soll, dass die Segel zu viel Wasser aufnahmen.

In südlichen Gebieten, wie zum Beispiel in Polynesien, wurden bis ins 20. Jahrhundert Segel aus geflochtenen Palmblatt- oder Pandanusblattstreifen für die traditionellen Auslegerboote verwendet.

In der Vergangenheit wurden Segel aber auch überwiegend aus Hanf oder Leinen hergestellt, sofern diese Materialien verfügbar waren. Baumwollsegel wurden für Großsegler seltener genutzt, weil die Baumwollfasern viel Wasser speichern und die Segel dadurch an Gewicht zunehmen konnten. Durch den so verlagerten Gewichtsschwerpunkt konnten die Schiffe instabil werden.

Sportsegler verwendeten für ihre Boote bis zur Einführung synthetischer Segeltuche leichte, festgewebte Baumwollsegel. Neben der geringen Formstabilität hatten die Baumwollsegel den Nachteil, dass sie niemals feucht zusammengelegt werden durften, da sie sonst sofort verstockten. Auch die aus Naturfasern bestehenden Liektaue quollen bei Feuchtigkeit auf und ließen sich in der jeweiligen Keep nur noch schwer bewegen.

Segel aus Naturfasern werden heute noch bei einigen Traditionsseglern benutzt. Ansonsten wurden diese Materialien durch Fasern aus Kunststoff ersetzt, da diese nicht verrotten, langsamer verschleißen und eine bessere Formstabilität (geringeres Reck) aufweisen.

Künstliche Materialien

Moderne Segel lassen sich grob in drei Arten unterscheiden:

  1. Segel aus gewebtem Tuch, zum Beispiel aus Polyester (Markenname: Dacron), in unterschiedlichsten Qualitäten und Ausführungen,
  2. Laminatsegel (manchmal auch als Sandwichsegel bezeichnet), bei welchen Fasern, sogenannte Gelege, mit Folien oder Polyestergewebe verklebt werden,
  3. Membransegel. Das sind Laminatsegel, bei welchen verstärkende Fasern bereits bei der Produktion des Segels gemäß der zu erwartenden Lastlinien eingeschweißt werden.

In der Folge eine Aufstellung verschiedener, heute verwendeter Kunstfasern zur Herstellung von Segeltuchen:

Polyamid (Markenname: Nylon)
Die Stärken des Materials liegen im geringen Gewicht bei einer relativ hoher Festigkeit. Als Schwäche kann die große Elastizität angesehen werden.
Zielgruppe: Tuch für Spinnaker und Cruising-Gennaker

Polyester (Markennamen: Dacron, Diolen, Trevira, Terylene, Tetoron)
Die großen Vorteile des Materials liegen in seiner Robustheit und Haltbarkeit. Es gibt eine große Auswahl an Tuchgewichten und Qualitäten. Nachteile sind die geringe Formstabilität und der relativ hohe Reck.
Zielgruppe: Regatta- und Fahrtensegler

Polyethylennaphtalat (PEN, Markenname: PenTex)
Das Material ist doppelt so reckfest wie Polyester und liegt preislich zwischen Polyester und Aramid. Es ist nicht als gewebtes Tuch, sondern nur als Gelege im Laminat erhältlich.
Zielgruppe: Vielsegler im Fahrten- und Regattabereich

Polyester hochfest (Markenname: Vectran)
Polyester hochfest ist beinahe so gut wie Aramid, aber langlebiger, allerdings empfindlich gegen UV-Strahlen. Zielgruppe: Fahrten- und Fahrtenregattasegler auf höchstem Niveau

Aramid (Markenname: Black Technora)
Das Material weist eine hohe Bruchlast auf, ist wenig knickempfindlich und langlebig. Die UV-Stabilität ist allerdings gering.
Zielgruppe: Club-Regattasegler

Standard-Aramid (Markennamen: Kevlar 29, Twaron SM)
Kevlar hat eine höhere Zugfestigkeit als Stahl und ist die erste Hightech-Faser im Segelbereich. Schwächen sind die Knick- und UV-empfindlichkeit.
Zielgruppe: Regattasegler

Hochmodul-Aramid (Markennamen: Kevlar 49, Kevlar Edge, Twaron HM)
Das Material ist extrem dehnungsarm jedoch knick- und UV-empfindlich.
Zielgruppe: Top-Regattasegler

Polyethylen hochfest (Markennamen: Spectra, Dyneema)
Die Stärken des Materials liegen in dessen hoher Bruchlast, dem leichten Handling und der guten UV-Beständigkeit. Es weist einen geringen, profilverändernden Langzeitreck auf.
Zielgruppe: Langfahrtsegler

Kohlefaser (Carbon)
Das Material ist leicht, weist eine geringe Dehnung auf und ist resistent gegenüber UV-Stahlung. Es gibt aber große Qualitätsunterschiede, Segel aus Kohlefasern sind sehr knickempfindlich und teuer.
Zielgruppe: Top-Regattasegler

Technische Daten künstlicher Materialien im Vergleich

Hinweise zu den Angaben in der Tabelle:
Die Einheit g/den bedeutet Gramm pro Denier. Eine 1-denier Polyester-Faser hat einen Durchmesser von ca. 10 Mikrometer (0,01 mm).
Elastizitätswert: Ein höherer Zahlenwert bedeutet eine geringere Elastizität. Segel mit geringer Elastizität haben den Vorteil, dass sie auch bei hoher Belastung die Form behalten.
UV-Beständigkeit: Nach der angegebenen Monatszahl hat sich die Bruchlast auf die Hälfte des Neuwertes verringert (gilt für subtropische Gewässer z. B. dem Mittelmeer).
Knickbeständigkeit: Die Prozentangabe ist der Bruchlastverlust nach 60 Knickbewegungen.

Material Elastizitätswert Bruchlast UV-Beständigkeit Knickbeständigkeit
Polyamid 45 g/den 9,5 g/den 3-4 Monate 0%
Polyester 80-120 g/den 8 g/den über 7 Monate 0%
Polyethylennaphtalat (PEN) 250 g/den 10 g/den 6 Monate 4%
Polyester hochfest 510 g/den 23 g/den 1-2 Monate 15%
Aramid 540 g/den 28 g/den 3-4 Monate 7%
Standard-Aramid 600 g/den 23 g/den 2-3 Monate 25%
Hochmodul-Aramid 940 g/den 24 g/den 2-3 Monate 27%
Polyethylen hochfest 1250 g/den 33 g/den 6-7 Monate 0%
Kohlefaser, Carbon 1200-2400 g/den 20-40 g/den kein Einfluss 30-100%

Segelschnitte

Großsegel mit Horizontalschnitt, Vorsegel mit Radialschnitt (siehe helle Streifen (Nähte) im Segel)

Segel sind aus einer mehr oder weniger großen Anzahl von Tuchstreifen, den sogenannten Segelbahnen, gefertigt. Je nach Form dieser Segelbahnen und dem entsprechenden Verlauf der Nähte, mit denen sie sie zusammengehalten werden, spricht man von unterschiedlichen Segelschnitten. Der Segelschnitt hat Einfluss auf die Haltbarkeit und Leistungsfähigkeit des Segels.

Segel sollten auch unter hoher Belastung möglichst formstabil sein. Einen wesentlichen Einfluss auf die Formstabilität hat das Reck (die Dehnbarkeit) des Segeltuchs. Das Reck soll möglichst gering sein. Polyestertuche beispielsweise haben in Kett- und Schussrichtung (in Richtung der Längs- und Querfäden) ein geringes Reck, diagonal dazu ist das Reck jedoch groß. Durch verschiedene Schnitte wird versucht, dieser Tatsache Rechnung zu tragen, damit das Gewebe beim Segeln möglichst nicht diagonal belastet wird.

Der Horizontalschnitt oder Cross-Cut ist der meistgefahrene und bewährteste Segelschnitt bei Großsegeln. Bei diesem Schnitt laufen die Nähte etwa parallel, und zwar rechtwinklig zur Sehne des Achterlieks, bzw. bei Rahsegeln rechtwinkelig zum Rahliek. Dieser Schnitt ist preiswert in der Herstellung, robust in der Handhabung, und im allgemeinen auch am langlebigsten.

Beim Radialschnitt (Tri- oder Vollradialschnitt) verlaufen die Nähte sternförmig etwa aus der Mitte des unteren Segeldrittels zu den drei Ecken des Segels bzw. strahlenförmig von diesen weg. Dieser Schnitt wird vor allem bei Vorsegeln verwendet, da die Krafteinleitung ins Segel beim Schothorn in diagonaler Richtung erfolgt.

Aerodynamik des Segels

Die Konstruktion von Segeln wird durch die Gesetze der Aerodynamik bestimmt. Sie sind aeroelastische Tragflächen.

Das vom Wind angeströmte Segel nimmt eine gewölbte Form an und entwickelt eine Kraft, die proportional zum Produkt aus der Segelfläche und dem Quadrat der Windgeschwindigkeit ist. Die Kraft wirkt senkrecht zur Fläche des Segels in Richtung Lee bzw. von der konkaven zur konvexen Segelseite. Einfluss auf die Größe der Kraft hat neben Form und Größe des Segels und der Windgeschwindigkeit auch der Anströmwinkel des Windes auf das Segel. Je nach Anströmwinkel überwiegt entweder die Komponente Antrieb durch Widerstand oder die Komponente Antrieb durch Auftrieb.

Antrieb durch Widerstand

Beim Antrieb durch Widerstand entsteht eine Kraft auf das Segel, wenn dieses die Luftströmung abbremst bzw. unterbricht. Die Größe der Kraft ist abhängig von der Größe der Segelfläche und von deren Strömungswiderstandskoeffizienten (cw-Wert). Der Strömungswiderstandskoeffizient ist am größten, wenn das Segel die Form einer hohlen Halbkugel aufweist (cw-Wert≈1,4). Deshalb sind auch spezielle Segel für Vorwindkurse, wie Spinnaker, sehr bauchig geschnitten und haben eine große Segelfläche.

Antrieb durch dynamischen Auftrieb (Tragflächeneffekt)

1 Luftstrom
2 Segel
3 umgel. Luftstrom
4 Kraft auf das Segel

siehe auch Artikel Auftrieb.

Werden Schratsegel in einem bestimmten Winkel (Anstellwinkel ca. 5° bis 30°) angeströmt, funktionieren sie nach den gleichen Prinzipien wie die Tragfläche eines Flugzeugs oder der Flügel eines Hängegleiters. Wird der Anstellwinkel größer, reißt die Strömung ab und es überwiegt der Anteil Antrieb durch Widerstand (siehe oben).

Die am Segel entlang streichende Luft bewirkt eine Kraft, die etwa am ersten Drittel angreift und im wesentlichen senkrecht zum Tuch steht. Sie ist das Resultat unterschiedlicher aerodynamischer Vorgänge:

Durch die Umlenkung des Luftstromes auf der Luvseite des Segels entsteht nach dem dritten Newtonsches Gesetz (Kraft = Gegenkraft) eine Kraft auf das Segel. Die Größe dieser Kraft entspricht der Impulsänderung der mittels des Segels umgelenkten Luftmasse pro Zeiteinheit (siehe stark vereinfachte Skizze rechts).

Die Leeseite des Segels beschleunigt sehr effektiv die benachbarte Luft nach hinten. Wenn sich hinter dem Segel die beschleunigte Luft mit der kaum beschleunigten Luft der Luvseite des Segels vereinigt, ergibt sich eine Umlenkung der Strömung mit einer vektoriellen Beschleunigungskomponente senkrecht zum Segel in Richtung Luv. Daraus ergibt sich eine weitere Kraft auf das Segel in Richtung Lee, aufgrund des dritten Newtonschen Gesetzes.

Wenn man die Luftströmung um das Segel im Detail betrachtet, stellt man fest, dass die Luft auf der Leeseite des Segels schneller fließt als auf der Luvseite. Dies führt gemäß dem Bernoulli-Effekt zu erhöhtem Druck auf der Luvseite und verringertem Druck auf der Leeseite des Segels. Auch dieser Druckunterschied bewirkt eine Kraft auf das Segel.

Wenn Segel nahe beieinander angeordnet sind, können sie sich positiv beeinflussen. Ein Beispiel ist die langgestreckte Düse, die sich bei Sluptakelung im Raum zwischen Vorsegel und Großsegel ausbildet. In dieser Düse herrscht auf Grund des Venturi-Effektes eine höhere Strömungsgeschwindigkeit als in der Umgebung. Dadurch entsteht zusätzlicher Auftrieb am Großsegel.

Anwendungsgebiete von Segeln

Ein großer Teil der heute hergestellten Segel wird auf Segelschiffen, Segelyachten und Segelbooten verwendet. Aber auch beim Windsurfen, Eis- und Strandsegeln kommen spezielle Segel zum Einsatz. Da diese Fahrzeuge auf bestimmten Kursen sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen, müssen die Segel aus aerodynamischen Gründen sehr flach (mit wenig Bauch) geschnitten sein.

Literatur

  • Czeslaw A. Marchaj: Die Aerodynamik der Segel. Theorie und Praxis. Bielefeld: Delius Klasing, 2001. ISBN 3768810178
  • Nicolas Bessert: Instationäre aeroelastische Berechnung von Yachtsegeln. Shaker Verlag GmbH, 1999. ISBN 3826566300

Weblinks

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Wiktionary: Segel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen