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Vernon A. Walters

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Vernon Anthony Walters (* 3. Januar 1917 in New York; † 10. Februar 2002 in West Palm Beach, Florida) war ein US-amerikanischer Soldat, Nachrichtendienstler und Diplomat. Er diente über fünf Jahrzehnte lang acht verschiedenen US-Präsidenten als antikommunistischer Kämpfer im Kalten Krieg, zunächst in ausführender Rolle, später als Planer von offenen und verdeckten Aktionen und Verhandlungen in aller Welt.

In die öffentliche Wahrnehmung geriet Walters erst im letzten Drittel seiner Karriere, vor allem 1972–1976 als stellvertretender Direktor der Central Intelligence Agency (CIA), 1985–1989 als Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen und 1989–1991 als US-Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland während der Deutschen Wiedervereinigung.

Vernon A. Walters 1972 als Stellvertretender Direktor der CIA

Herkunft und Privates

Walters wurde in New York als Sohn britischer Einwanderer geboren und lebte während seiner Kindheit und Jugend mit seinen Eltern ab 1923 in Frankreich und ab 1928 in Großbritannien. Fünf Jahre lang besuchte er das Stonyhurst College, ein Jesuiten-Internat in Lancashire, England. Er sprach schon als Kind fließend sechs westeuropäische Sprachen und erwarb später zudem hervorragende Russisch- und grundlegende Chinesisch-Kenntnisse. Mit 16 Jahren kehrte er ohne formalen Schulabschluss in die USA zurück und arbeitete im Versicherungsbüro seines Vaters, insbesondere als Schadensermittler.

Der gläubige Katholik ging nach Möglichkeit auch auf Reisen täglich zur Messe. Walters war nie verheiratet und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass er jemals eine Beziehung zu einer Frau (oder einem Mann) gehabt hätte. In seinen Erinnerungen bringt er das Thema für 1942, im Alter von 25 Jahren, auf und beschreibt wie 20 Jahre später französische Nachrichtendienste mehrfach versucht hätten, ihn mit Frauen (und Männern) zu verführen, bis sie erkannten, dass dieser Ansatz bei ihm vergeblich war. Der Pfarrer einer Kirche, die er im Ruhestand regelmäßig besuchte, beschrieb ihn als „keuschen Junggesellen“Vorlage:Ref.

Aus seinem Privatleben ist nur sein gewaltiger Verzehr von Schokolade bekannt.

Soldat im 2. Weltkrieg

1941 wurde Walters in die US-Armee eingezogen. Durch seine Sprachkenntnisse aufgefallen, wurde er im ersten Jahr zu einem Offizierslehrgang berufen. Zunächst als Militärpolizist ausgebildet, wechselte er früh zum militärischen Nachrichtendienst der US-Army. Dort wurde er in ständig wechselnden Verbindungstäben, Einheiten, Ausbildungsstellen und als Dolmetscher eingesetzt.

Nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg 1942 nahm er an der Invasion Nordafrikas teil, das als Kolonien zum – mit dem Dritten Reich verbündeten – französischen Vichy-Regime gehörte. Aufgrund mutiger Einsätze und inoffizieller Verhandlungen mit den Franzosen wurde er mehrfach rasch befördert.

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Brasilianischer Spähwagen in Montese, Italien, April 1945

Er war beteiligt an den Verhandlungen mit dem formal neutralen Portugal über die Nutzung der Azoren als Stützpunkt für die US-Air Force zum Schutz der Konvois über den Atlantik und hatte Anteil daran, dass Brasilien mit einem Expeditionscorps in den Krieg eintrat. Den über 25.000 Brasilianern des Força Expedicionária Brasileira als Verbindungsoffizier zugeteilt, verbrachte er das Jahr 1944 an der italienischen Front, wo er bei einer Explosion verwundet wurde. Kurzzeitig diente er als Dolmetscher für US-Präsident Harry S. Truman.

Auf diesen Positionen knüpfte Walters persönliche Beziehungen zu Offizieren verschiedenster alliierter Armeen, die in der Nachkriegszeit hochrangige Positionen in Militär oder Politik ihrer Länder erreichten.

Brasilien, Marshallplan und Weißes Haus

Am Ende des Zweiten Weltkriegs standen die brasilianische Armeeeinheiten mit Walters bei Genua. Er wurde noch im Jahr 1945 als stellvertretender Militärattaché an die US-Botschaft in Rio de Janeiro versetzt. 1948 wurde er Mitglied des persönlichen Stabes von Averell Harriman, der in Paris das Hauptquartier zur Durchführung des Marshallplans aufbaute. Mit Harriman reiste Walters mehrfach in alle beteiligten Staaten, darunter auch Griechenland. Dort war der Zweite Weltkrieg beinahe nahtlos in den Griechischen Bürgerkrieg zwischen der offiziellen, von den Westallierten gestützten Regierung und den von der Sowjetunion geförderten kommunistischen Partisanen übergegangen, die sich um eine gesellschaftliche Beteiligung entsprechend ihres Anteils beim Kampf gegen die Deutschen gebracht sahen.

Als Harriman 1949 zum Berater und internationalen Troubleshooter (Krisenmanager) von Präsident Truman berufen wurde, blieb Walters in seinem Stab und arbeitete als Berater und Dolmetscher im Weißen Haus. 1950 reiste er mit Truman und Harriman zu einem Treffen mit US-General Douglas MacArthur, um Meinungsverschiedenheiten über die Strategie im Koreakrieg beizulegen. Kurzzeitig wurde er in Korea zum ständigen Verbindungsmann zwischen MacArthur und dem Weißen Haus eingesetzt, um den wenig kooperativen Oberbefehlshaber enger an die politische und militärische Führung in Washington zu binden.

NATO, Iran und wieder im Weißen Haus

1951 warb General Dwight D. Eisenhower Walters in seinen Dolmetscher- und Beraterstab beim Aufbau des neuen NATO-Hauptquartiers SHAPE in Paris ab.

Unmittelbar nachdem Walters diesen Posten angetreten hatte, lieh Harriman sich seinen ehemaligen Mitarbeiter noch einmal für eine schwierige Mission aus. In Kooperation mit den Briten verhandelte Harriman mit dem iranischen Premierminister Mohammad Mossadegh über eine Entschädigung für die Enteignung und Verstaatlichung der Anglo-Iranian Oil Company. Nachdem diese Verhandlungen erfolglos blieben, überzeugten die USA 1953 Schah Mohammad Reza Pahlavi, seinen demokratisch gewählten Premier entgegen der Verfassung abzusetzen. Die CIA unterstützte den Putsch mit der „Operation Ajax“, bei der in der Bevölkerung Angst vor kommunistischen Unruhen ausgelöst wurde.

Zurück im NATO-Hauptquartier in Paris diente Walters als persönlicher Assistent Eisenhowers und nach dessen Wahl zum US-Präsidenten im November 1953 formal als stellvertretender Leiter der Abteilung für Logistik und Beschaffung. Jedoch nahm er in dieser Zeit nach eigenen Aussagen an nachrichtendienstlichen Schulungen teil. Anzunehmen ist deshalb, dass Walters an der Gründung illegaler Stay-Behind-Organisationen (Geheim-Armeen) in fast allen westeuropäischen Staaten beteiligt war, die damals vom NATO-Hauptquartier organisiert wurden. Diese wurden erst in den 1990er Jahren unter dem Namen ihres italienischen Ablegers Gladio bekannt.

Ab 1955 arbeitete Walters wieder in Washington bei der ständigen NATO-Gruppe. Zugleich wirkte er als Dolmetscher für Präsident Eisenhower und Vizepräsident Richard Nixon. Für Eisenhower übersetzte er bei Staatsbesuchen und internationalen Konferenzen, so bei den Vier-Mächte-Konferenzen 1955 in Genf und 1960 in Paris, welche vom „U-2-Zwischenfall“ um den Abschuss von Gary Powers überschattet wurde. Nixon begleitete er 1958 auf einem umstrittenen Staatsbesuch quer durch Südamerika. In Caracas, Venezuela kam es dabei zu gewaltsamen Ausschreitungen. In seinen Memoiren lobte Walters Nixons persönlichen Mut und die Entschlossenheit, die dieser damals gezeigt habe.

3-Sterne-General Vernon A. Walters 1976

Miliärattaché

In den 1960er Jahren machte Walters Karriere als Militärattaché an verschiedenen US-Botschaften in Europa und Südamerika.

Rom

Ab 1960 hielt Walters in Italien den Kontakt zum italienischen Heer. Dieses wurde nach dem 2. Weltkrieg mit massiver Hilfe der USA und der NATO ausgebaut und hatte hohen Koordinierungsbedarf. Walters traf in Rom auch wieder auf dem Leiter des italienischen Nachrichtendienstes SIFAR, General Giovanni De Lorenzo, mit dem ihn eine persönliche Freundschaft aus dem Zweiten Weltkrieg verband.

Walters soll mit de Lorenzo unter dem Codenamen Piano Solo den Plan für einen Staatsstreich für den Fall einer Regierungsbeteiligung der Eurokommunisten ausgearbeitet haben, der auf die Kräfte der NATO/CIA-Geheimorganisation Gladio und die katholische, rechtsextremistische und mit der Mafia verflochtene Untergrundbewegung rund um die Geheimloge Propaganda Due setzte.

Brasilia

Ende 1962 wurde Walters wieder nach Brasilien versetzt und nahm die Position des Militärattachés an der US-Botschaft in Brasília ein. Botschafter Lincoln Gordon gab ihm am ersten Tag den Auftrag:

Von Ihnen erwarte ich drei Dinge: Erstens will ich wissen, was in den Streitkräften vor sich geht; zweitens will ich durch Sie einen gewissen Einfluss auf sie ausüben; und drittens - das ist das Wichtigste - verschonen Sie mich mit Überraschungen!Vorlage:Ref

Dann gab er Walters Hintergrundinformationen über die sich gerade entwickelnde Kubakrise.

Walters stand zu diesem Zeitpunkt bereits unter der Beobachtung der östlichen Nachrichtendienste. Eine kommunistische Zeitung in Brasilien hieß ihn als „Chefspezialist des Pentagon für Militärputsche“ willkommen und brachte ihn mit dem Putsch gegen König Faruq von Ägypten 1952, Präsident Arturo Frondizi in Argentinien und Präsident Manuel Prado y Ugarteche in Peru 1962 in Verbindung. Sein Auftrag sei, „Präsident João Goulart zu stürzen und durch eine Marionetten-Regierung der USA zu ersetzen“Vorlage:Ref. Walters wies die Vorwürfe zurück und verwies darauf, dass das brasilianische Volk zu stolz sei, um die Einmischung eines Ausländers zu akzeptieren.

Walters Kontakte zu den brasilianischen Militärs waren exzellent. Allein 13 Offiziere, die er aus seiner Zeit in Italien persönlich kannte, waren mittlerweile zu Generälen aufgestiegen. Enge persönliche Freunde waren der Armeestabschef General Humberto Castello Branco und der Leiter des Militärgeheimdienstes General Golbery do Couto e Silva.

Die innenpolitische Lage in Brasilien verschlechterte sich in den nächsten Jahren deutlich. Gesellschaftliche Spannungen entstanden aus dem sozialen Ungleichgewicht zwischen Kleinbauern und Landlosen gegenüber Latifundistas (Großgrundbesitzern). Die USA und Walters sahen überall kommunistische Einflüsse am Werk, die ihre Interessen insbesondere an den Rohstoffen des Landes gefährdeten. Die CIA wurde ermächtigt, eine antikommunistische Bewegung in der Landbevölkerung zu fördern. Eine Landreform zu Lasten der Großgrundbesitzer und die Versetzung einiger ultrakonservativer Offiziere vom Generalstab auf unwichtige Posten lösten in Washington, konservativen Zirkeln und im Militär Ängste vor einem „Zweiten Kuba“ oder „Zweiten China“ aus.

Ostern 1964 putschten Generäle gegen Präsident Goulart. General Castello Branco wurde nach einer kurzen Übergangsfrist zum neuen Staatspräsidenten ernannt. Für den Fall eines Bürgerkriegs hatten die USA schon im Vorfeld des Putsches eine Einsatzgruppe der US-Marines, ein Tankschiff mit Panzer- und Flugzeugtreibstoff und ein Flugzeug mit Munitionslieferungen bereitgestellt. Walters behauptete 1975 in einer Anhörung vor dem US-Kongress, dass er, obwohl Militärattaché, von diesen Vorbereitungen nichts gewusst habe.

Paris

Im Jahr 1967 sollte Walters wieder nach Europa versetzt werden, diesmal als Militärattaché in Frankreich. Der Vietnamkrieg der USA hatte begonnen, so dass die Beziehungen zu den ehemaligen Kolonialherren Indochinas elementar wichtig waren. Zur Vorbereitung ging Walters für vier Wochen nach Saigon, um Eindrücke von seinem nunmehr vierten Krieg aus erster Hand zu gewinnen. In Paris angekommen, war seine Aufgabe zunächst, bei französischen Militärs alle erdenklichen Informationen über vietnamesische Offiziere, Waffen, militärische Einrichtungen und sonstige Anlagen zu beschaffen. Seine Bekanntschaft mit Staatspräsident Charles de Gaulle und Georges Pompidou aus dem Zweiten Weltkrieg und seine früheren Parisaufenthalte erleichterte ihm seine Aufgaben, trotz des 1966 erfolgten Rückzugs Frankreichs aus der militärischen Struktur der NATO.

Im August 1969 etablierte Henry Kissinger, Sonderbotschafter des neuen US-Präsidenten Richard Nixon, Walters als Kommunikationsführer für Geheimverhandlungen mit der Regierung von Nordvietnam über die Pariser Botschaften. Nur mit Kenntnis des Staatspräsidenten Pompidou schmuggelte Walters Kissinger 15mal ins Land, sprach viele Male direkt mit Lê Ðức Thọ und später auch mit den Vertretern Chinas über den Krieg in Asien. Über die mit seiner Hilfe etablierten Kanäle handelte Kissinger schließlich 1973 den Abzug der Amerikaner aus Vietnam aus.

Neben seinen regulären und geheimen Aufgaben in Paris setzte Nixon Walters als Sonderbotschafter ein. Er entsandte ihn 1971 zu einem inoffiziellen Besuch zum spanischen Diktator Francisco Franco, um die Planungen zu einem Übergang zur Demokratie nach Francos Tod zu beraten.

Außerdem begleitete Walters Präsident Nixon als Berater und Dolmetscher auf Staatsbesuchen in verschiedenen Europäischen Ländern. Über Walters Qualität als Übersetzer sagte Charles de Gaulle damals zu Nixon: „Sie haben eine glänzende Rede gehalten, aber Ihr Dolmetscher war eloquent.“Vorlage:Ref

Emblem der CIA im Eingang zum Hauptquartier in Langley, Virginia

Stellvertretender Direktor der CIA

Anfang Mai 1972 wurde Walters von Präsidenten Nixon zum Deputy Director of Central Intelligence (DDCI) berufen. Als solcher war er der operative Leiter der Central Intelligence Agency, während der Direktor eine politische Position bekleidet. Obwohl Walters als Angehöriger des Militärischen Geheimdienstes Defense Intelligence Agency (DIA) bislang kein Angehöriger der CIA war, hatte er ausreichend enge Beziehungen, um die Leitung wahrzunehmen.

Während in Europa der Kalte Krieg und die Bedrohung durch die Sowjetunion in den 1970er Jahren zunehmend als weniger drängend wahrgenommen wurde, verlagerten sich die realen oder befürchteten Konflikte zwischen den Supermächten auf andere Teile der Welt. In Washington und Langley wurden Lateinamerika und Schwarzafrika als Schauplätze des Kampfes identifiziert. Kritiker werfen der US-Außenpolitik und insbesondere den Nachrichtendiensten vor, in „Schwarz-Weiß-Denken“ verfallen zu sein und demokratische Werte und Menschenrechte dem Kampf gegen den Kommunismus untergeordnet zu haben.

Walters erste Krise fand jedoch im eigenen Land statt. Am 17. Juni 1972 wurden zwei Personen bei einem Einbruch ins Hauptquartier der Demokratischen Partei im Washingtoner „Watergate-Hotel“ festgenommen, die sich als Mitarbeiter des Wahlkampfteams Nixons herausstellten. Einer von ihnen stand auch auf der Gehaltliste der CIA. Als Ermittlungen des FBI und Presseveröffentlichungen schrittweise die Brisanz der Watergate-Affäre enthüllten, versuchte Nixons Chefberater John Ehrlichman Walters davon zu überzeugen, dass die CIA das FBI auffordern müsse, die Ermittlungen mit Hinweisen auf geheime Staatsinteressen einzustellen. Während Walters einige Tage lang versuchte, die Hintergründe aufzudecken, unternahm er es tatsächlich das FBI zu bremsen. Bald war er aber nach seinen eigenen Aussagen überzeugt, dass es keine Staatsgeheimnisse zu schützen gab und hatte persönlichen Anteil daran, dass sich die CIA anschließend aus der Affäre heraushielt.

Die nächsten Jahren gehörten zu den turbulenten Zeiten der CIA. Neben vielfältigen Aktionen im Ausland wurden durch die Ermittlungen rund um die Watergate-Affäre weitere Skandale der US-Nachrichtendienste CIA und FBI bekannt und führten erstmals zu ausführlichen Untersuchungen der Geheimdienstaktivitäten durch das Church Committee des US-Kongress. Walters war der konstante Faktor als innerhalb weniger Jahre vier verschiedene Direktoren die politische Leitung der CIA innehatten – von Juli bis September 1973 amtierte er selbst als Director of Central Intelligence, weil der Posten unbesetzt war.

Mitte des Jahres 1973 kam es zu Geiselnahmen und der Ermordung amerikanischer Diplomaten im Libanon, die Walters veranlassten, zu Geheimverhandlungen mit der PLO nach Marokko zu reisen.

Walters persönliche Verantwortung in dieser Zeit ist schwer zu beurteilen, Akten sind nur bruchstückhaft freigegeben und er schweigt in seinen Erinnerungen. Aufgrund seiner früheren Tätigkeiten ist aber anzunehmen, dass er sich in besonderem Maße für verdeckte Operationen in spanisch- und portugisischsprachigen Ländern einsetze. Und genau diese Regionen wurden in Walters Amtszeit zu besonderen Schwerpunkten der CIA.

Im September 1973 fand das „Projekt Fubelt“ seinen Abschluss: Unter der Führung von General Augusto Pinochet putschte die Armee in Chile gegen Präsident Salvador Allende. Dessen Sturz hatten die USA seit seiner Wahl 1970 geplant und durch eine Kombination von wirtschaftlichem Druck und direkter Unterstützung der Generäle durch DIA und CIA gefördert. Kissinger sagte kurz darauf, dass „wir es nicht (selbst) getan haben,“ aber sie hätten „die größtmöglichen Voraussetzungen geschaffen.“Vorlage:Ref

1974 stürzt die Nelkenrevolution in Portugal die Reste der Salazar-Diktatur: Die CIA koordinierte mit intensiver deutscher Beteiligung sofort eine massive Unterstützung der linksdemokratischen Kräfte unter Mário Soares gegen radikalere Kommunisten. Über die parteinahen Stiftungen der SPD und CDU flossen einige Millionen D-Mark aus Mitteln der CIA und des BND ins Land.

Im folgenden Jahr intensivierte die CIA ihr Engagement in Schwarzafrika. Als Reaktion auf die Revolution in Portugal wurde Angola im November 1975 unabhängig, und sofort entbrannte ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion. Die USA und Südafrika unterstützten die UNITA von Jonas Savimbi gegen die marxistische MPLA, auf deren Seite bis zu 50.000 kubanische Soldaten kämpften.

Ende 1975 wurde die „Operation Condor“ zur Zusammenarbeit der Geheimdienste aus sechs lateinamerikanischen Staaten gegründet. Die CIA unterstützte die Dienste technisch und logistisch und organisierte Schulungen in der School of the Americas. Schwerpunkt der Zusammenarbeit war die Verfolgung echter oder vermeintlicher Kommunisten in Lateinamerika und anderswo. Regimegegner wurden grenzüberschreitend überwacht, verfolgt und ermordet, in einem Fall sogar mit einer Autobombe in Washington.

Im März 1976 putschten in Argentinien Generäle, die teilweise von den USA ausgebildet worden waren und der CIA nahestanden. Sie errichteten eine Schreckensherrschaft mit 2.300 nachweislich Ermordeten, rund 10.000 Verhafteten und 20.000 bis 30.000 ohne nachweisliche Spur Verschwundenen. Die Aufarbeitung der Verbrechen läuft erst im 21. Jahrhundert langsam an.

Obwohl Walters als fanatischer Antikommunist der Republikanischen Partei nahestand, betonte er, dass er unter Präsidenten beider US-Parteien gedient habe. Trotzdem trat er als der Sieg des Demokraten Jimmy Carter im Laufe des Jahres 1976 absehbar war, nicht nur vom Führungsamt in der CIA zurück, sondern auch im Rang eines 3-Sterne-Generals (Lieutenant General) aus der US-Armee aus und nutzte seine Erfahrungen und Verbindungen als Unternehmensberater und Autor. Daneben unterrichtete er unregelmäßig an der School of the Americas.

Sonderbotschafter unter Reagan

Ende 1980 wurde Präsident Jimmy Carter nach nur einer Amtszeit abgewählt. Sein Nachfolger Ronald Reagan bat Walters noch vor der Amtsübernahme um eine erste Geheimmission, ernannte ihn Anfang 1981 zum Sonderbotschafter und machte ihn zu seinem internationalen Troubleshooter.

Walters Aufgabenbereich war global. Im Auftrag Reagans reiste er um die Welt, überbrachte Diplomatische Noten, verhandelte in Krisen, baute persönliche Beziehungen aus und holte Geiseln in die USA zurück.

Gerne reiste er einen oder zwei Tage vor dem vereinbarten Termin ins Zielland ein, fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln und unterhielt sich mit Busfahrern, um die Stimmung in der Bevölkerung zu erfassen. Bei anderen Gelegenheiten setzte er auf den größtmöglichen Effekt und flog mit einer Sondermaschine des US-Außenminsteriums, um den Gastgebern die Bedeutung seines Anliegens zu vermitteln. Nach eigenen Aussagen reiste er ausschließlich unter seinem richtigen Namen.

Auch gegenüber schwierigen Verhandlungspartnern behielt er stets seinen Stil bei. Ein flexibler Verhandler, der seinen Gesprächspartner instinktiv einschätze und bei Bedarf auch unkonventionell ansprach. 1984 besuchte er zweimal den „Kleptokraten“ Präsident Mobutu Sese Seko in Zaire um ihn zu Wirtschaftsreformen und Schuldentilgung im Rahmen des „Pariser Clubs“, sowie der weiteren Unterstützung der UNITA im benachbarten Angola zu bewegen. Walters schmeichelte dem exzentrischen Mobutu so sehr, dass US-Botschafter Grove für die weitere Zusammenarbeit das Schlimmste befürchtete, aber Walters hatte die Stimmung Mobutus richtig erfasst und hatte Erfolg. Später erklärte Walters dem Botschafter: „Wer denkt Schmeichelei würde nicht funktionieren, dem wurde nie geschmeichelt.“Vorlage:Ref

Zwei Hauptthemen beschäftigten Walters in dieser Zeit besonders:

  • der Bürgerkrieg in Nicaragua, bei dem die USA Partei für die Contra-Rebellen gegen die Sandinistas des gewählten Präsidenten Daniel Ortega ergriffen. Nachdem der US-Kongress mit dem sogenannten Boland-Amendment die weitere Unterstützung der Contras untersagt hatte, entwickelte das Weiße Haus eine illegale Fortsetzung der Förderung, die durch geheime und illegale Waffengeschäfte mit dem Iran finanziert wurde. Die Iran-Contra-Affäre wurde nach ihrer Aufdeckung 1986 zum größten Skandal in der Amtszeit Reagans.
  • die Unterstützung der illegalen Gewerkschaftsbewegung Solidarność in Polen. Der engagierte Katholik Walters organisierte die Zusammenarbeit der USA mit Papst Johannes Paul II. zur Förderung der Untergrundarbeit während der Dauer des Kriegsrechts ab Dezember 1981.

Wiederholt reiste er außerdem nach Lateinamerika. Eine seiner ersten Reisen führte ihn nach Guatemala, wo seit 30 Jahren Bürgerkrieg herrschte und die USA die ständig wechselnden Militärregierungen mit Waffen und Geld unterstützten. Walters verhandelte 1981 mit General Fernando Garcia, bevor ein von der CIA gestützter Putsch 1982 Efrain Rios Montt an die Macht brachte. Auch hier brutalisierte sich die Militärdiktatur im Kampf gegen die Landbevölkerung.

Anfang 1982 pendelte Walters zusammen mit US-Außenminister Alexander Haig zwischen Washinton und Buenos Aires, Argentinien um den Ausbruch des Falklandkriegs zu verhindern.

Im März 1982 entsandte Präsident Reagan Walters zum kubanischen Präsidenten Fidel Castro um ihm ein Angebot zur Normalisierung der Beziehungen zu unterbreiten, wenn Kuba auf die Unterstützung kommunistischer Bewegungen in Lateinamerika verzichtet und politische Reformen im eigenen Land zuläßt. Castro lehnte erwartungsgemäß entschieden ab.

Seit 1980 unterstützten die USA die Mudjahedin im seit 1979 von der Sowjetunion besetzten Afghanistan. Walters war beteiligt am Ausbau der amerikanischen Zusammenarbeit mit Pakistan, bei der insbesondere der pakistanische Nachrichtendienstes ISI aufgebaut wurde, der in späteren Jahren die Entwicklung der Taliban aus dem islamistischen Flügel der Mudjahedin förderte.

1983 verübte der Islamische Dschihad einen verheerenden Anschlag auf die US-Marines-Barracks in Beirut, der Walters zu ausgiebigen Besuchen in der Region veranlasst.

Walters im Kabinett Reagan (hintere Reihe, vierter v. r.)

Botschafter bei den Vereinten Nationen

Im Februar 1985 berief Präsident Reagan Walters zum Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York. Damit endete seine intensive Reisetätigkeit nicht, sondern er machte es zu seinem Stil, wann immer möglich wichtige Fragen und Konflikte bei der jeweiligen Regierung vor Ort zu klären. Von 1981 bis 1989 bereiste er so 142 der damals 159 Mitgliedsstaaten der UNO.

Öffentlich wahrgenommen wurde Walters, als er 1986 vor der UNO die US-Luftangriffe auf Libyen als Vergeltung für einen Bombenanschlag in Berlin verteidigte.

Zu weiteren Schwerpunkten seiner Tätigkeit gehörten die

Anders als seine Vorgänger trat Walters in der amerikanischen Öffentlichkeit als Verfechter der Vereinten Nationen auf und hatte so Anteil daran, dass die USA den Finanzboykott gegen die UN aufgaben.

Botschafter in Deutschland

Anfang 1989 wurde George H. W. Bush als Präsident der USA vereidigt, der 1976 als Direktor der CIA und von 1981 bis 1988 als Vizepräsident und Koordinator der Außenpolitik unter Reagan Walters Vorgesetzter war. Er entsandte Walters als Botschafter der USA in der Bundesrepublik Deutschland nach Bonn.

Laut seinen Erinnerungen war die Stelle nicht als Ruhesitz gedacht. Der designierte Außenminister James Baker habe ihm die Stelle mit den Worten „Dort wird es ums Ganze gehen“Vorlage:Ref angeboten, weil seit dem Amtsantritt Gorbatschows Veränderungen im Ostblock absehbar waren und die US-Botschaft in Bonn traditionell sowohl in politischer wie in nachrichtendienstlicher Hinsicht führend für die Beziehungen zu den ost-europäischen Satellitenstaaten war.

Walters führt in seinen Erinnerungen an, dass er nicht nur den Zusammenbruch der DDR sondern auch die schnelle Wiedervereinigung wesentlich früher erkannt habe, als seine Vorgesetzten in Washinton, als die deutsche Regierung und insbesondere Moskau. Am 4. September 1989 machten seine Äußerungen eine Schlagzeile in der International Herald Tribune „Walters: German Unity Soon“. Die Öffnung der „Mauer“ am 9. November 1989 überraschte ihn nicht besonders. Am nächsten Morgen organisierte er ein Flugzeug für Bundeskanzler Helmut Kohl, damit dieser nach Berlin kommen konnte, war selbst vor Ort und besichtigte die Lage von einem Hubschrauber aus, bevor er an die Glienicker Brücke fuhr und dort mit Ost- und Westdeutschen sprach.

Walters führte in den folgende Monaten für seine Regierung viele Verhandlungen im Rahmen der Deutschen Wiedervereinigung, insbesondere zur Vorbereitung des Zwei-plus-Vier-Vertrags. Über die Rolle Deutschlands sagte er

Die Deutschen haben die Lektion der Geschichte gelernt und werden ihren Beitrag leisten, um die Welt von Furcht und Aggression freizuhalten.Vorlage:Ref

Bonn war Walters letzter Posten im Dienst der USA. Im Juni 1991 kündigte er den Eintritt in den Ruhestand an. Nach dem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst trat er als Redner und Autor an die Öffentlichkeit. Walters starb im Februar 2002 im Alter von 85 Jahren in West Palm Beach, Florida und wurde auf dem Nationalfriedhof Arlington begraben.

Auszeichnungen

Vernon A. Walters war Träger der Distinguished Service Medal mit zwei Oak Leaf Clusters und der Legion of Honor-Auszeichnung, erhielt 1991 von Präsident Bush die Presidential Medal of Freedom verliehen und wurde in die Military Intelligence Hall of Fame aufgenommen. Er war ebenfalls Träger des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland und mehrerer Kriegauszeichungen alliierter Nationen.

Der deutsche Verein Atlantik-Brücke e.V. verleiht jährlich den Vernon A. Walters Award an eine deutsche oder amerikanische Persönlichkeit „in Anerkennung ihrer hervorragenden Verdienste um die deutsch-amerikanischen Beziehungen“.

Zitate

  • Ich werde nicht geschickt, wenn ein Erfolg wahrscheinlich ist. Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Letzte Ölung zu geben, kurz bevor der Patient stirbt. – Vernon A. Walters, 1989Vorlage:Ref
  • Es wird im Jahr 3000 Probleme mit den Menschenrechten bei den Regierungen des Mars und des Mondes geben. Es gibt eben einige Probleme, die niemals gelöst werden. – Vernon A. Walters, 1981 in Guatemala, angesprochen auf die besondere Brutalität des Gualtemaltekischen Regimes.Vorlage:Ref
  • Meine Überzeugung, dass die Vereinigten Staaten die einzige echte Chance sind, damit die Freiheit in dieser Welt überleben kann. – Vernon A. Walters, 1991 nach 50 Jahren im Dienst der USA auf die Frage, was ihn motiviere.Vorlage:Ref
  • Er war großartig als unser James Bond.Winston Lord, Präsident des Council on Foreign Relations über Walters Rolle bei den Geheimgesprächen mit Nord-Vietnam.Vorlage:Ref

Quellen der Zitate

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Literatur

  • Klaus Eichner, Ernst Langrock, Der Drahtzieher. Vernon Walters - ein Geheimdienstgeneral des Kalten Krieges, Homilius Verlag, 2005, ISBN 3-89706-877-X (einseitige Biografie aus der Feder eines Ex-Stasi-Offiziers)
  • Vernon Walters, In vertraulicher Mission (Silent Mission), Bechtle Verlag, 1990 (Original 1978), ISBN 3-7628-0490-7 (einseitige Autobiografie bis 1976)
  • Vernon Walters, Die Vereinigung war voraussehbar, Siedler Verlag, 1994, ISBN 3-88680-529-8 (über die Zeit als Botschafter in Deutschland)

Weblinks