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Liste von Unfällen in kerntechnischen Anlagen

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Dies ist eine Liste von Unfällen und ernsten Störfällen mit Gesundheitsschäden durch radioaktives Material in kerntechnischen Anlagen.

Störfälle sollen nur aufgenommen werden, wenn sie wegen erheblicher Kontaminationen und/oder Gesundheitsschäden als „ernst“ eingestuft sind, d. h. International Nuclear Event Scale (INES) ≥ 3. Leichte Störfälle sind beispielsweise in Störfälle in deutschen Atomanlagen beschrieben. Kernwaffentests sind unter Liste der Kernwaffentests und Kategorie:Kernwaffentest auffindbar.

1940er

  • 21. Mai 1946 – In Los Alamos, New Mexico fügte der kanadische Physiker Louis Slotin zwei Plutonium-Halbkugeln zu einer überkritischen Masse zusammen, während er seine Technik mehreren interessierten Wissenschaftlern demonstrierte. Die Versuchsanordnung bestand aus zwei von Beryllium überdeckten Plutonium-Halbkugeln, bei denen es sich um den 6 kg schweren aktiven Kern einer der drei Atombomben für die Operation Crossroads handelte. Das Beryllium wird als Neutronenreflektor benutzt. Je näher die Halbkugeln zusammengefügt werden, desto weniger Neutronen können entfliehen und desto größer wird die Reaktivität. Normalerweise werden die Halbkugeln von Maschinen langsam zusammengefügt, um die kritische Masse zu messen. Dabei fungieren zwei 3,2 mm dicke Distanzstücke als Sicherheitsvorrichtung. Unterhalb dieser Distanz kann es zu einem überkritischen Neutronenüberschuss kommen. Slotin wollte etwas Neues probieren und hielt die obere Halbkugel in der Hand mit seinem Daumen fest. Er entfernte die Distanzstücke und begann die Halbkugeln langsam zueinander zu bringen. Er legte die obere Halbkugel an einer Seite direkt auf die untere und platzierte auf der anderen Seite einen Schraubendreher. Durch die Drehung nach aussen, weg vom Kern der beiden Halbkugeln, sollten diese sich ganz langsam annähern. Während Slotin die obere Halbkugel noch in den Finger hielt, rutschte der Schraubendreher heraus, wodurch die Anordnung sofort überkritisch wurde. Die Beteiligten spürten eine kurze Hitzewelle und die Versuchsanordnung war in ein bläuliches Schimmern gehüllt. Durch den so genannten Prompt Burst dehnt sich das Plutonium sofort wieder aus und die Kettenreaktion wird subkritisch, so dass es nicht zu einer Explosion kam. Slotin konnte die obere Halbkugel wegstoßen und damit die Reaktivität reduzieren. Er wurde bei diesem Unfall einer tödlichen Energiedosis von etwa 10 Gy ausgesetzt, die sieben Beobachter erhalten bis zu 1,7 Gy. Slotin starb am 30. Mai an der Strahlenkrankheit. Dieser Unfall wird auch in dem Film "Fat Man and Little Boy" (1989) thematisiert. [2]

1950er

  • 12. Dezember 1952 – Der erste ernste Reaktorunfall ereignete sich im NRX-Reaktor in Chalk River nahe Ottawa, Kanada. Während eines Tests wurde durch Fehlbedienungen, Missverständnisse zwischen Operator und Bedienpersonal, falsche Statusanzeigen im Kontrollraum, Fehleinschätzungen des Operators und zögerliches Handeln der Reaktorkern bei einer partiellen Kernschmelze zerstört. Dabei warf eine Knallgas-Explosion im Reaktorkern die Kuppel eines vier Tonnen schweren Helium-Gasbehälters 1,2 m hoch, wo sie im Aufbau stecken blieb. Durch die Explosion wurden mindestens 100 TBq an Spaltprodukten in die Atmosphäre freigesetzt. Bis zu vier Millionen Liter mit etwa 400 TBq langlebigen Spaltprodukten radioaktiv kontaminiertes Wasser wurden aus dem Keller des Reaktorcontainment in eine sandige Sickergrube gepumpt, um eine Kontaminierung des nicht weit entfernten Ottawa River zu verhindern. Der beschädigte Reaktorkern wurde vergraben. Der spätere US-Präsident Jimmy Carter, damals Nukleartechniker in der Navy, half bei den mehrere Monate dauernden Aufräumarbeiten. Der Reaktor ging erst zwei Jahre später wieder in Betrieb. [3]
  • 29. September 1957 – Auch bekannt als Unfall von Majak bzw. Kyschtym: Nachdem bereits jahrelang die Umwelt verseucht worden ist, explodierten infolge der großen Hitze, bedingt durch den Ausfall der Kühlung eines Tanks mit radioaktivem Material, die enthaltenen Nitratsalze und setzten große Mengen an radioaktiven Stoffen frei. Die Belastung der Gegend entsprach nahezu der doppelten Menge des Tschernobyl-Unfalls. Da die Kontamination sich lediglich auf den Ural beschränkt, schlugen Messgeräte in Europa nicht Alarm (vergleiche Tschernobyl-Unfall), wodurch der Unfall 30 Jahre vor der Weltöffentlichkeit geheim gehalten werden konnte. Hauptartikel Majak
  • 7. bis 12. Oktober 1957 – In Windscale Pile No. 1 (heute besser bekannt als Sellafield) nahe Liverpool (Großbritannien) heizte ein Techniker den Reaktor an, um die so genannte Wigner-Energie aus dem als Moderator dienenden Graphit zu glühen. Bei dem Reaktor handelte es sich um einen von zwei luftgekühlten und graphitmoderierten Reaktoren. Sie werden mit Uran betrieben und dienen dazu, Plutonium für Atomwaffen herzustellen. Der verwendete Reaktortyp war noch sehr primitiv und eher als Aufhäufung denn als Atomreaktor zu bezeichnen. Sie werden durch einen von riesigen Lüftern erzeugten Luftstrom gekühlt. Am Morgen des 7. Oktober 1957 wurde der Reaktor kontrolliert heruntergefahren und die Luftkühlung abgestellt. Der Reaktor wurde danach im unteren Leistungsbereich wieder angefahren. Die Techniker stellten einen Temperaturabfall anstelle eines Temperaturanstiegs fest. Um die Wigner-Energie schneller beseitigen zu können, wurde der Reaktor am nächste Tag in einen nicht erlaubten Leistungsbereich gefahren. Die Techniker sassen allerdings einem Trugschluss auf: Im normalen Betrieb waren die Temperaturspitzen und die Messung der selbigen in ganz anderen Regionen als während des Ausglühens. In nicht kontrollierten Bereichen fing das Graphit deshalb an zu brennen. Das Feuer und der Rauch wurden nur am Anfang gefiltert. Danach konnte die Radioaktivität nach außen gelangen. Blaue Flammen schlugen aus dem hinteren Bereich des Reaktors. 750 TBq gelangten in die Atmosphäre. Das Feuer brannte vier Tage und verbrauchte einen Großteil des Graphitmoderators. Den Technikern gelang es nicht, die 150 Kernbrennstäbe aus dem Reaktor zu ziehen. Stattdessen schlugen sie eine Feuerschneise, indem sie benachbarte Stäbe herauszogen. Als letzte Konsequenz wurde der Reaktor mit Wasser geflutet. Diese Flutung war sehr gefährlich, da das Wasser durch die hohe Temperatur hätte verdampfen können. Dies hätte infolge chemischer Reaktionen zu einer Explosion geführt. Das Wasser erstickte glücklicherweise das Feuer. Einem Bericht zufolge konnten radioaktive Gase in die Atmosphäre entweichen. Diese waren vor allem Jod, Krypton und Xenon. Die Milcherzeugung in einem Gebiet von 520 km² wurde verboten. In den folgenden Jahre wurden Reaktor Nr. 1 und 2 abgeschaltet. Mit der völligen Stilllegung der abgeschalteten Reaktoren wurde 1990 begonnen, und erst 1999 beendet. Der Unfall, der im Ausmaß dem von Three Mile Island ähnlich ist, wird später für Dutzende von Krebstoten verantwortlich gemacht. Hauptartikel Windscale-Brand.
  • 26. Juli 1959 – Im Santa Susana Field Laboratory in Simi Valley, Kalifornien gab es in einem mit Natrium gekühlten Reaktor eine partielle Kernschmelze. [4]
  • 20. November 1959 – In der radiologisch-chemischen Fabrik Oak Ridge National Laboratory in Knoxville, Tennessee gab es während der Dekontamination der Arbeitsanlagen eine chemische Explosion. Es wurden insgesamt 15 Gramm Plutonium 239 freigesetzt. Das Plutonium verursachte bei der Explosion eine erhebliche Kontaminierung des Gebäudes, der angrenzenden Straßen und den Fassaden von angrenzenden Gebäuden. Man glaubt, dass die Explosion durch den Kontakt von Salpetersäure mit Phenol-haltiger Dekontaminierungsflüssigkeiten ausgelöst wurde. Ein Techniker hatte vergessen, einen Verdampfer mit Wasser zu reinigen und so frei von Dekontaminierungsflüssigkeiten zu machen. Flächen, die nicht dekontaminiert werden konnten, wurden mit einer auffälligen Warnfarbe gekennzeichnet oder einbetoniert. Die Behörden von Oak Ridge begannen, im Umgang mit radioaktiv-chemischen Materialien ein Containment zu benutzen. Seither wurden keine weiteren Mitarbeiter verletzt.

1960er

  • Der SL-1 Reaktor bei seiner Entfernung von der National Reactor Testing Station
    3. Januar 1961 – In der National Reactor Testing Station in Idaho Falls, Idaho erlitt der experimentelle SL-1 Reaktor einen kritischen Vorfall mit einer Dampfexplosion und schwerer Freisetzung radioaktiven Materials, bei dem drei Arbeiter getötet wurden. Mit Ausnahme von 131Iod blieb die Verbreitung der Strahlung auf eine Fläche von 12.000 m² begrenzt. Im Umkreis von 30 km um den Reaktor ist die Kontamination der Vegetation durch 131Iod etwa 100 Mal so hoch wie die natürliche Strahlungsintensität. Selbst 80 km entfernt ist die Belastung der Vegetation noch doppelt so hoch, unter anderem auch in einem Landschaftsstreifen entlang des Snake River nahe Burley und American Falls. Der transportable Reaktor hatte manuell betätigbare Steuerstäbe. Das Bewegen eines einzigen Stabes könnte den Kritikalitätsvorfall ausgelöst haben. Es war bekannt, dass sich die Stäbe im leichten Aluminiumgehäuse verklemmen konnten. Einige Ermittler glaubten, dass eine solche Stange feststeckte und sich plötzlich löste, was den Unfall ausgelöst haben soll. Die Ermittler haben nie herausgefunden, warum der Stab entfernt wurde. Ein Arbeiter wurde von einem Steuerstab an der Decke aufgespießt gefunden. Der Stab wurde anscheinend vom Dampfdruck herausgeschleudert. Der Unfall wurde von Arbeitern entdeckt, die sich außerhalb des Reaktorgebäudes befanden, als Strahlungs- und Übertemperaturalarm die Rettungskräfte alarmierte. Diese fanden Dosisleistungswerte, die noch hundert Meter vom Reaktorgebäude entfernt 2 mSv/h überschritten. Die Rettungsmannschaft konnte zuerst weder ein Feuer noch die Arbeiter finden, aber sie fanden Strahlungswerte von etwa 10 mSv/h innerhalb des Reaktorgebäudes. Einer der drei Arbeiter konnte aus dem Gebäude geborgen werden, starb aber ein paar Stunden später. Die Leichen der beiden Anderen blieben über Tage im Gebäude, während hunderte Rettungskräfte versuchten, eine Rettungsaktion durchzuführen. Von diesen Rettungskräften erhielten laut einem Bericht der Atomenergiekommission der USA 22 eine Äquivalentdosis in der Größenordnung von 30 bis 270 mSv. Der Reaktor wurde demontiert und der 12 t schwere Reaktorkern und das Druckgefäß einige Monate später entfernt.
  • 24. Juli 1964 – Bei einem Unfall in einer Fabrik für nukleare Brennelemente in Charlestown, Rhode Island starb ein Mensch.
  • 5. Oktober 1966 – Aufgrund einer Fehlfunktion des Natrium-Kühlsystems im Enrico Fermi demonstration nuclear breeder reactor am Ufer des Eriesees nahe Monroe, Michigan kam es zu einer partiellen Kernschmelze, bei der keine Strahlung aus dem Containment austrat. Der Reaktorkern bestand aus 105, mit Zirkonium verkleideten Stiften bestehenden, Uranoxid-Brennelementen (uranium oxide fuel assemblies). Der Unfall wird einem Stück Zirkonium zugeschrieben, das einen Flussregler (flow-guide) im Natrium-Kühlsystem blockierte. Das Reaktorgebäude wurde durch Sensoren automatisch isoliert, kein Personal war zu diesem Zeitpunkt im Gebäude. Mitarbeiter versuchten erfolgreich, den Reaktor manuell abzuschalten. Zwei der 105 Brennelemente schmolzen, aber außerhalb des Auffangbehälters wurde keine Strahlung gemessen. Der 200-MW Reaktor lief im Oktober 1970 wieder mit voller Leistung. Dieser Vorfall lieferte die Grundlage für die umstrittene Polemik We Almost Lost Detroit von John G. Fuller.
  • 21. Januar 1969 – Beim Versagen des Kühlmittels eines experimentellen nuklearen Reaktors in Lucens im Kanton Waadt (Schweiz) gab es im Reaktor (der ähnlich wie der NRX-Reaktor aufgebaut ist) eine partielle Kernschmelze. Anfang des Jahres 1968 gab es eine Prüfung des Reaktors, der im April/Mai in Betrieb genommen wurde. Danach wurde der Reaktor bis Januar des nächsten Jahres wieder abgeschaltet. Während dieses Stillstandes lief das Kühlmittel (Sperrwasser = Dichtungsbestandteil) in den Kühlkreis des Reaktors. Die aus Magnesium bestehenden Umhüllungsrohre korrodierten. Als der Reaktor im Januar 1969 wieder in Betrieb genommen wurde, behinderten die Korrosionsprodukte die Kühlung. Der Brennstoff überhitzte und mehrere Brennstäbe schmolzen. Ein ganzes Bündel am Rande des Reaktorkerns fing an zu brennen und brachte den Reaktortank zum bersten. Kohlendioxid und Schweres Wasser (Moderator) traten in die Reaktorkaverne aus. Da die erhöhte Radioaktivität bereits etwas früher gemessen wurde, konnten die Arbeiter evakuiert und die Kaverne isoliert werden. Es wird eine größere Menge Strahlung in einer Felskaverne freigesetzt. Die radioaktiven Trümmer wurden aus dem Stollensystem geräumt. Die Kaverne wird daraufhin versiegelt. Die Aufräumarbeiten dauerten bis im Mai 1973. Die Trümmer wurden in versiegelten Behältern auf dem Gelände gelagert. 2003 wurden die Behälter ins zentrale Zwischenlager in Würenlingen (ZWILAG) abtransportiert.
  • 11. Mai 1969 – 5 kg Plutonium brannten in Rocky Flats. Hunderte Waggonladungen kontaminierten Materials wurden nach Idaho Falls gebracht, wo es in nicht ausgekleideten Gräben, direkt über einem der wichtigsten Grundwasserleiter der USA, gelagert wurde. Das Komitee für Umweltinformation von Colorado schickte gut ausgerüstete Wissenschaftler aus und ließ die offiziellen Stellen wissen, dass die Öffentlichkeit nun in der Lage sei, Freisetzungen radioaktiven Materials zu entdecken und darüber zu berichten. Veranlasst durch den Brand, fand das Komitee im Gebiet um Rocky Flats radioaktive Rückstände, die darauf hinweisen, dass sich in den Jahren des Betriebs von Rocky Flats radioaktives Material in der Umgebung angesammelt hat.

1970er

  • 19. November 1975Deutschland, Gundremmingen - Zwei Arbeiter im Block A des deutschen Kernkraftwerk Gundremmingen wurden tödlich verletzt, als nicht-radioaktiver Dampf aus dem Sekundär-Kreislauf des Reaktors durch ein unsachgemäß gehandhabtes Ventil austrat. Der Siedewasserreaktor (SWR) Gundremmingen, Block A besaß als Besonderheit - ähnlich wie bei Druckwasserreaktoren (DWR) - zwei durch Dampferzeuger getrennte Kreisläufe. Dadurch war es erst möglich, während des laufenden Betriebes Arbeiten am Dampfkreislauf durchzuführen.
  • 7. Dezember 1975Deutschland, Greifswald Unfall im KKW Nord Greifswald, DDR. Ein Elektriker wollte seinem Lehrling zeigen, wie man elektrische Schaltkreise überbrückt. Zu dieser Schalthandlung war er nicht befugt. Dabei kam es zu einem Kurzschluss auf der Primärseite des Block-Trafos des Blocks 1, durch den entstehenden Lichtbogen brach ein Kabel-Brand aus. Das Feuer im Haupt-Kabelkanal zerstörte die Stromversorgung und die Steuerleitungen von 5 Hauptkühlmittelpumpen (6 sind für einen Block in Betrieb). Eine Kernschmelze hätte drohen können, da Reaktor 1 nicht mehr richtig gekühlt werden konnte. Das Feuer konnte jedoch durch die Betriebs-Feuerwehr schnell unter Kontrolle gebracht und die Stromversorgung der Pumpen provisorisch wieder hergestellt werden, da sofort nach Auftreten des Brandes Gegenmaßnahmen ergriffen wurden und die Betriebsmannschaft zu jeder Zeit des Unfalls die richtigen Entscheidungen traf. Nach dieser Beinahe-Katastrophe wurde der Brandschutz innerhalb des Kraftwerks erheblich verstärkt und die "Räumliche Trennung" bei sicherheitsrelevanten Einrichtungen eingeführt; so erhielt jede Hauptkühlmittelpumpe ihre separate Stromversorgung. Der Fall wurde erst nach der Wende 1989 im Fernsehen publik gemacht. Durch sowjetische Stellen wurde bereits wenige Stunden nach dem Zwischenfall der IAEA informiert, die diesen Unfall in INES 4 einstuften. Der 10%-Grenzwert der zulässigen Aktivitätsabgabe wurde nicht überschritten. Spätere Auswertungen der Vorgänge durch eine Regierungskommission und die Bestätigung der von der Kommission gezogenen Schlüsse durch die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) zeigen, dass eine erfahrene Betriebsmannschaft anlagenbedingte Schwachstellen (hier das fehlende Containment) ausgleichen kann. Dieser Unfall ist daher auch als Standard-Unfall-Szenario für WWER-440-Reaktoren in die Simulator-Schulung in Greifswald nach 1990 eingeflossen.
  • 28. März 1979 – Im Kernkraftwerk von Three Mile Island bei Harrisburg (Pennsylvania) führten Versagen von Maschinenteilen und Bedienungsfehler der Mannschaft zum Ausfall der Reaktorkühlung, wodurch es zur partiellen Kernschmelze und Freisetzung von 90 TBq an radioaktiven Gasen kam. Dieser Unfall ist bis heute der schwerste in einem kommerziellen Reaktor in den USA. Hauptartikel Three Mile Island

1980er

  • 11. Februar 1981 – Ein neuer Arbeiter öffnete versehentlich ein Ventil und mehr als 410.000 Liter radioaktive Kühlflüssigkeit flossen in das Reaktorgebäude des Tennessee Valley Authority Sequoyah 1 Atomkraftwerk im ländlichen Tennessee. Acht Arbeiter wurden kontaminiert.
  • 25. April 1981 – Mehr als 100 Arbeiter wurden während Reparaturarbeiten in einem Atomkraftwerk in Tsuruga, Japan Radioaktivität ausgesetzt.
  • 6. Januar 1986 – In der Wiederaufbereitungsanlage "Kerr-McGee" in Gore, Oklahoma zerbrach ein Zylinder mit nuklearem Material nach unzulässiger Erhitzung. Ein Arbeiter starb, 100 mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.
  • 26. April 1986GAU (INES 7) im Kernkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine (damals Sowjetunion) – Es kam zu einer Kernschmelze und in deren Folge zu einer Explosion. Große Mengen Radioaktivität wurden durch Freilegung und Brand des Reaktorkernes freigesetzt, die unmittelbare Umgebung wurde verstrahlt und darüber hinaus gab es zahlreiche direkte Strahlenopfer unter den Hilfskräften. Der GAU konnte durch Radioaktivitätsmessungen und Fallout in Finnland und anderen europäischen Ländern nachgewiesen werden. Es wurde ein großräumiges Sperrgebiet eingerichtet und die darin wohnende Bevölkerung evakuiert. Die Studie des Tschernobyl-Forums geht analog der IAEO-Meinung von bisher 56 Todesopfern aus, Erbschäden seien bisher nicht gehäuft zu beobachten, mit rund 4000 Krebstoten sei zu rechnen. Dagegen weisen Studien der WHO wie auch Statistiken der Ukraine auf bisher rund 15.000 - 50.000 Todesfälle allein unter den Liquidatoren hin, direkt durch die Folgen der Strahlenexposition, durch Krankheit und Suizid. Hauptartikel Katastrophe von Tschernobyl
  • 6. Juni 1988 – Die Firma Radiation Sterilizers in Decatur, Georgia berichtete vom Verlust von 137Caesium. 70.000 Behälter mit medizinischen Artikeln und Milchpackungen wurden zurückgerufen. Zehn Arbeiter werden kontaminiert, drei davon so schwer, dass sie durch die Kontaminationsverschleppung wiederum ihre Pkw und Häuser kontaminieren.

1990er

  • 6. April 1993 – Im sibirischen Kernkraftwerk "Tomsk-7" (u. a. genutzt für die Produktion von waffenfähigem Plutonium) wurden durch einen Unfall große Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt. In Folge wurden mehrere hundert Quadratkilometer verseucht, und die Einwohner der Stadt Tomsk verstrahlt. Eine erhöhte Anzahl an Todesfällen durch Krebs wurde beobachtet, ebenso wurden mutierte Tiere und Pflanzen gemeldet.
  • 30. September 1999 – In einer Brennelemente-Fabrik in Tōkai-mura, Japan befüllten Arbeiter einen Vorbereitungstank mit 16,6 kg Urangemisch (anstatt den vorgeschriebenen 2,3 kg). Daraufhin setzte eine unkontrollierte Kettenreaktion ein und Strahlung trat aus. Zwei der drei Arbeiter starben an der Strahlenkrankheit. Mindestens 150 Menschen wurden starker Radioaktivität ausgesetzt, darunter 81 Arbeiter, welche die Kettenreaktion stoppen wollten. Mehrere Hundert Anwohner wurden kontaminiert.

2000er

  • 11. März 2006Fleurus, Belgien Ein Mitarbeiter wurde in einer Anlage der Firma Sterigenics, die Kobalt-60-Quellen nutzt um medizinische Geräte zu sterilisieren, mit etwa 4,2 Gy verstrahlt. Der Mitarbeiter betrat ohne Messgerät die Bestrahlungszelle für eine kurze Überprüfung, als die Anlage nicht aktiv war. In diesem Zustand sollten sich die Quellen eigentlich in einem Wassertank befinden. Anscheinend waren sie aber wegen eines hydraulischen Fehlers teilweise freigelegt. [5]
  • 5. Mai 2006 - Red Wing, USA Bei Wartungsarbeiten an einem abgeschalteten Reaktor trat radioaktives Gas aus. Ca. 100 Mitarbeiter wurden leicht verstrahlt. Als Unfallursache wurde menschliches Versagen angegeben. Die Umwelt sei nicht beeinträchtigt gewesen. Die genaue Schwere des Störfalles steht noch nicht fest.

Weblinks

Quellen

  1. Harry Daghlian: America's first peacetime atom bomb fatality, 1. Mai 2006
  2. Martin Zeilig: Louis Slotin And ‘The Invisible Killer’, 1. Mai 2006
  3. Peter Jedicke: The NRX Incident, 1. Mai 2006
  4. California Energy Commision: Nuclear Plants in California, 1. Mai 2006
  5. vrtnieuws.net: Mann wird Opfer radioaktiver Bestrahlung, 1. Mai 2006