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Johannes Kepler

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Johannes Kepler
Johannes Kepler

Johannes Kepler (auch: Ioannes Keplerus; * 27. Dezember 1571 in Weil der Stadt; † 15. November 1630 in Regensburg) war ein deutscher Mathematiker, Astronom, Astrologe und Optiker.

Er entdeckte die Gesetze der Planetenbewegung, die nach ihm Keplersche Gesetze genannt werden. In der Mathematik wurde die approximative Berechnung von numerischen Integralen nach ihm Keplersche Fassregel benannt.

Herkunft und Ausbildung

Kepler wurde am 27. Dezember 1571 in der deutschen Freien Reichsstadt Weil der Stadt, heute Teil der Region Stuttgart, geboren. Seine Mutter weckte Keplers Interesse für Astronomie: Sie zeigte ihm den Kometen von 1577 und die Mondfinsternis von 1580. Trotz bescheidener familiärer Verhältnisse und einer kränklichen Natur konnte er 1591 ein Theologiestudium am Evangelischen Stift in Tübingen beginnen. In Tübingen studierte er Astronomie bei Michael Mästlin und hörte hier von den astronomischen Ideen des Nikolaus Kopernikus. Kepler wollte ursprünglich protestantischer Geistlicher werden, er nahm jedoch auf Grund seiner mathematischen Begabung im Jahre 1594 einen Lehrauftrag für Mathematik an der Universität Graz an.

Ein Leben für die Wissenschaft

Datei:Rudolfinische-tafeln.jpg
Tabulae Rudolfinae von Ioannes Keplerus

In seinem 1596 veröffentlichten Buch Mysterium Cosmographicum (Das Weltgeheimnis) versuchte Kepler, die Bahnen der damals bekannten fünf Planeten (Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn) mit der Oberfläche der fünf platonischen Körper in Beziehung zu setzen. Die Umlaufbahn des Saturns stellte er sich dabei als Großkreis auf einer Kugel vor (noch nicht als Ellipse), welche einen Würfel umschließt. Der Würfel umschließt wiederum eine Kugel, welche die Jupiterbahn beschreiben soll. Diese Kugel umhüllt ein Tetraeder, welches die Marskugel umhüllt usf. Diese Arbeit war nach Keplers Entdeckung des ersten nach ihm benannten Gesetzes - spätestens aber nach der Entdeckung entfernterer Planeten - nur noch von historischem Interesse. [Anmerkung aus dem Vorwort zum "Lehrbuch der Mathematischen Physik - Band 1 - Klassische Dynamische Systeme" von Walter Thirring: "Ja sogar diese Keplerschen Gesetze, welche die Radien der Planetenbahnen bestimmen und die man als mystischen Unsinn gerne verschwieg, scheinen in Richtung einer Wahrheit zu deuten, die sich oberflächlicher Betrachtung verschließt: Schachtelungen vollkommener platonischer Körper führet zu Verhältnissen von Radien, die irrational sind, aber algebraischen Gleichungen niederer Ordnung genügen. Gerade solche Irrationalzahlen lassen sich am schlechtesten durch rationale approximieren, und Bahnen mit diesem Radiusverhältnis sind gegenüber gegenseitigen Störungen am robustesten, da sie am wenigsten unter Resonanzeffekten leiden."]

Im April 1597 heiratete Kepler Barbara Mühleck. Da Kepler mit seiner Frau auf Grund des Drucks religiöser Führer der katholischen Kirche Graz verlassen musste, nahm er im Jahre 1600 das Angebot einer Assistenz an, welches ihm der Hofastronom des Kaisers Rudolf II., Tycho Brahe, 1599 unterbreitet hatte. Die Zusammenarbeit in Prag gestaltete sich kompliziert. Beiden war bewusst, dass sich ihre verschiedenen Begabungen ergänzten. Brahe war zwar ein exzellenter Beobachter, seine mathematischen Fähigkeiten waren jedoch begrenzt. Der hervorragende Mathematiker Kepler hingegen konnte wegen seiner Kurzsichtigkeit kaum präzise Beobachtungen durchführen. Brahe fürchtete allerdings, mit seinem umfangreichen Lebenswerk, den Aufzeichnungen astronomischer Beobachtungen der Planeten und Hunderter Sterne, allein Keplers Ruhm zu begründen. Hinzu kam, dass Brahe die astronomischen Ansichten von Kopernikus und Kepler nur ansatzweise teilte.

Nach Brahes Tod im Jahre 1601 wurde Kepler dessen Nachfolger als kaiserlicher Mathematiker und Astronom.

Datei:Keplers Zeichnung der Supernova 1604.png
Illustration aus De Stella nova in pede Serpentarii, die die Position der Supernova angibt

1604 beobachtete Kepler die Supernova 1604 und veröffentlichte seine Beobachtungen im Buch De Stella nova in pede Serpentarii (Vom neuen Stern im Fuße des Schlangenträgers).

Als Nachfolger Brahes erhielt Kepler vollen Zugang zu dessen Aufzeichnungen. Im Verlauf dieser Auswertungen entdeckte Kepler, dass die Bewegung des Mars kein Kreis, sondern eine Ellipse ist. Dies ist nicht offensichtlich, da die Bahn der großen Planeten fast kreisförmig verläuft. Kepler bemerkte, dass sich in einem der beiden Brennpunkte der Ellipse stets die Sonne befindet (erstes Keplersches Gesetz). Je weiter ein Planet von der Sonne entfernt ist, um so langsamer bewegt er sich (zweites Keplersches Gesetz). Diese beiden Gesetze veröffentlichte er im 1609 erschienenen Werk Astronomia Nova (Neue Astronomie).

Eine der bedeutendsten Arbeiten Keplers war seine Dioptrice. Mit diesem 1611 erschienen Werk legte Kepler die Grundlagen für die gesamte Optik als Wissenschaft. Die Erfindung des Kepler-Fernrohres erscheint fast als ein Abfallprodukt seiner tiefgreifenden Erkenntnisse zur Brechung des Lichtes und der optischen Abbildung.

Keplers Frau verstarb 1611 und hinterließ zwei Kinder. Nachdem im Januar 1612 Kaiser Rudolf II. starb, nahm Kepler eine Stelle als Landschaftsmathematiker am Akademischen Gymnasium in Linz an.

Nach intensivem Studium der Angaben zur Umlaufbahn des Mars entdeckte Kepler am 15. Mai 1618 das dritte der nach ihm benannten Gesetze, welches er in dem im Jahr 1619 beschriebenen Werk Harmonices Mundi (Die Harmonik der Welt) erläuterte: Danach ist das Verhältnis der dritten Potenz der durchschnittlichen Entfernung eines Planeten von der Sonne, , zum Quadrat seiner Umlaufzeit stets unveränderlich: ist für alle Planeten gleich.

So beträgt das Quadrat der Umlaufzeit des Jupiters (11,8 Erdjahre) fast 140. Jupiter ist etwa 5,2-mal sonnenferner als die Erde. Die dritte Potenz der Entfernung (5,2 mal 5,2 mal 5,2) ergibt ebenfalls etwa 140.

Kepler spricht von einem harmonischen Gesetz, da er glaubt, dass es eine musikalische Harmonie enthüllt, die der Schöpfer im Sonnensystem verewigte. Ich fühle mich von einer unaussprechlichen Verzückung ergriffen ob des göttlichen Schauspiels der himmlischen Harmonie. Denn wir sehen hier, wie Gott gleich einem menschlichen Baumeister, der Ordnung und Regel gemäß, an die Grundlegung der Welt herangetreten ist. Keplers Anschauungen entsprachen dem, was man heute als anthropisches Prinzip bezeichnet. In einem Manuskript beschrieb er eine Zusammenstellung von Übereinstimmungen zwischen der Bibel und wissenschaftlichen Sachverhalten. Auf Grund des Drucks seitens der Kirche konnte der Aufsatz nicht veröffentlicht werden. Derartige Auseinandersetzungen begleitete Keplers Familie häufig.

Im Gegensatz zur Harmonie der Himmelskörper, die Kepler studierte, war diese Epoche von Hass, Angst und Intoleranz geprägt. Kepler war ein tief religiöser Mensch: Ich glaube, dass die Ursachen für die meisten Dinge in der Welt aus der Liebe Gottes zu den Menschen hergeleitet werden können. In dieser Zeit tobt der Dreißigjährige Krieg zwischen katholischen und protestantischen Parteien. Da Kepler mit keiner der beiden Seiten übereinstimmte, musste er mit seiner Familie mehrmals fliehen, um Verfolgungen zu entkommen.

Aufgrund Keplers Roman Somnium (Der Traum), der eine magische Reise zum Mond beschreibt, wurde Keplers Mutter im August 1620 der Hexerei angeklagt. Die Anklage erkannte in einer zaubernden Romanfigur Keplers Mutter wieder. Kepler organisierte ihre Verteidigung, und konnte im Oktober 1621 ihre Freilassung erreichen. Er konnte aber nicht verhindern, dass sie der Folter ausgesetzt wurde; sie starb im darauffolgenden Jahr.

Weltkarte in der Tabulae Rudolphinae

Ein weiterer wichtiger Meilenstein der Wissenschaftsgeschichte war Keplers erstmalige erfolgreiche Vorhersage eines Venustransits durch die Sonnenscheibe für das Jahr 1631. Hierzu konnte er seine zuvor entdeckten astronomischen Gesetze verwenden.

Neben den astronomischen Werken beschrieb Kepler auch ein Verfahren zur Volumenbestimmung (Keplersche Fassregel), welche als einer der Vorläufer der Integralrechnung gilt. Darüber hinaus verfasste Kepler einen Aufsatz zur Symmetrie von Schneeflocken. Kepler entdeckte, dass natürliche Kräfte - nicht nur in Schneeflocken - das Wachstum regulärer geometrischer Strukturen bewirken. Konkret bemerkte er, dass zwar jede Schneeflocke ein einzigartiges Gebilde ist, andererseits Schneeflocken bei einer Drehung um jeweils 60 Grad ihr Aussehen behalten (sechszählige Symmetrie). Dies führte Kepler zu Berechnungen der maximalen Dichte von Kreisanordnungen und Kugelpackungen. Diese frühen Arbeiten fanden in der Neuzeit unter anderem Anwendung in der Kristallographie sowie in der Kodierungstheorie, einem Teilgebiet der Nachrichtentechnik. Kepler vermutete, dass die dichteste Art, Kugeln aufzustapeln, darin besteht, sie pyramidenförmig übereinander anzuordnen. Dies mathematisch zu beweisen, wurde von Mathematikern 400 Jahre lang vergeblich versucht. Am 8. August 1998 kündigte der Mathematiker Thomas Hales einen Beweis für Keplers Vermutung an. Auf Grund der Komplexität des Computerbeweises steht eine endgültige Überprüfung trotz jahrelanger Bemühungen angesehener Gutachter noch aus.

Keplers Modell des Sonnensystems. Aus: Mysterium Cosmographicum (1596)

Von Johannes Kepler stammt auch die Definition des Antiprismas.

Gegen Ende seines turbulenten Lebens veröffentlichte Johannes Kepler im Jahre 1627 in Ulm sein letztes großes Werk, die Tabulae Rudolfinae (Rudolfinische Tafeln). Es wertete die Aufzeichnungen Tycho Brahes aus und beschrieb die Planetenbahnen in bis dahin unerreicht hoher Genauigkeit. Diese Planetentafeln sowie seine himmelsmechanischen Gesetze dienten später Isaac Newton als Grundlage zur Herleitung der Gravitationstheorie.

Am 15. November 1630 starb Kepler im Alter von 59 Jahren in Regensburg (Bild seines Wohnhauses 1626-1628; sein Sterbehaus ist eine viel besuchte Gedenkstätte).

Da Kepler sich einige Zeit in Linz aufhielt, wurde dessen Universität ihm zu Ehren Johannes-Kepler-Universität genannt. Weiters wurden die Sternwarten in Weil der Stadt, Graz und Linz Kepler-Sternwarte benannt. Darüber hinaus tragen ein prominenter Mondkrater und ein Asteroid den Namen 'Kepler'.

Werke

  • Mysterium Cosmographicum. (deutsch: Das Weltgeheimnis)
  • Harmonices Mundi. (deutsch: Die Weltharmonie)
  • Dioptrice
  • Tabulae Rudolfinae. (deutsch: Die Rudolfinischen Tafeln)
  • Astronomia Nova. (deutsch: Neue Astronomie)
  • Somnium. (deutsch: Der Traum)
  • Nova stereometria doliorum vinariorum. (deutsch: Neue Stereometrie der Weinfässer)
  • Von den gesicherten Grundlagen der Astrologie (Nachdruck erhältlich unter ISBN 3-925100-38-5)

Siehe auch

Astronomie, Bahnbestimmung, Kepler-Gleichung, Keplersche Gesetze, Linsenfernrohr, Okular, Tycho Brahe, Keplersche Fassregel

Literatur

  • Johannes Tralow: Kepler und der Kaiser. Verlag der Nation, Berlin 1961
  • Rosemarie Schuder: Der Sohn der Hexe, In der Mühle des Teufels. Rütten & Loening, Berlin 1968
  • Johannes Hoppe: Johannes Kepler. BSB B. Teubner Verlagsgesellschaft, Leipzig 1976
  • Wilhelm und Helga Strube: Kepler und der General. Verlag Neues Leben Berlin, Berlin 1985
  • Mechthild Lemcke: Johannes Kepler. 2. Auflage. Rowohlt, Reinbek 2002, ISBN 3-499-50529-0
  • Anna Maria Lombardi: Johannes Kepler. Einsichten in die himmlische Harmonie. Verlag Spektrum der Wissenschaft, Weinheim Dezember 2000
  • Gilder, Joshua und Anne-Lee: Der Fall Kepler. Mord im Namen der Wissenschaft. Berlin: List Verlag, 2005. - ISBN 3-47179-509-X
  • Arthur Koestler: Die Schlafwandler, Bern/Wien/Stuttgart, 1959.
  • Berthold Sutter: Der Hexenprozess gegen Katharina Kepler, 1979.

Weblinks