„Scheduled Tribes“ – Versionsunterschied

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'''Scheduled Tribes''' ([[Englische Sprache|englisch]] ''schedule'' „Liste“, ''tribe'' „[[Volksstamm|Stamm]]“; {{hiS}} <span style="font-size:smaller;">अनुसूचित जनजाति</span>{{Nnbsp}}; deutsche Entsprechung: „registrierte Stammesgemeinschaften“; Einzahl: der '''Scheduled Tribe''') oder abgekürzt '''ST''' ist eine in [[Indien]] [[Titel (Recht)|rechtsgültige]] [[Öffentliche Verwaltung|verwaltungstechnische]] Einteilung für [[soziokultur]]ell oder [[Ethnolinguistik|ethnolinguistisch]] definierte [[Indigene Völker|indigene Volksgruppen]], denen nach der [[Verfassung Indiens|indischen Verfassung]] als „schwächeren Teilen der Bevölkerung“ Schutz, staatliche Wohlfahrts- und Förderprogramme, Sonderrechte und eine teilweise [[Selbstverwaltung]] eingeräumt werden. Diese Anerkennung geschieht nicht zentral, sondern auf der Ebene der einzelnen [[Liste der Bundesstaaten und Unionsterritorien in Indien|Bundesstaaten und Unionsterritorien]] und betrifft nur ihre jeweils ansässigen Einwohner. Im Jahr 2014 sind insgesamt 693&nbsp;Scheduled Tribes anerkannt, bei der [[Volkszählung in Indien 2011]] waren es 705 (104 Mio. Angehörige: 9 % aller Einwohner), etwa 20&nbsp;weitere warteten auf ihre offizielle „Listung“ und andere wollten Obergruppen zugeordnet werden. Die meisten Stammesgruppen siedeln in 8&nbsp;Staaten in Zentralindien sowie im kleinen Gebiet der „Sieben Schwesterstaaten“ im abgelegenen [[Nordostindien]]. Die größte Anzahl an ST-Angehörigen lebt mitten in Indien im großen [[Madhya Pradesh]] (15 Millionen, 21 % der Einwohner); keine ST gibt es in zwei Staaten und in drei Territorien ([[#ST-Liste|siehe unten]]). 75&nbsp;Gruppen gelten als sozial „besonders verletzbar“ in ihrer vor-landwirtschaftlichen Lebensweise, sie werden unterstützt als ''Particularly Vulnerable Tribal Groups'' ([[#PVTGs|PVTGs:]] rund 10 Mio. Angehörige). Viele Stammesvölker verstehen sich übergeordnet als ''[[Adivasi]]'', als die „ursprünglichen Einwohner, ersten Siedler“ – aber diese Bezeichnung wird von der indischen Regierung nicht anerkannt.
'''Scheduled Tribes''' ([[Englische Sprache|englisch]] ''schedule'' „Liste“, ''tribe'' „[[Volksstamm|Stamm]]“; {{hiS}} <span style="font-size:smaller;">अनुसूचित जनजाति</span>{{Nnbsp}}; deutsche Entsprechung: „registrierte Stammesgemeinschaften“; Einzahl: der '''Scheduled Tribe''') oder abgekürzt '''ST''' ist eine in [[Indien]] [[Titel (Recht)|rechtsgültige]] [[Öffentliche Verwaltung|verwaltungstechnische]] Einteilung für [[soziokultur]]ell oder [[Ethnolinguistik|ethnolinguistisch]] definierte [[Indigene Völker|indigene Volksgruppen]], denen nach der [[Verfassung Indiens|indischen Verfassung]] als „schwächeren Teilen der Bevölkerung“ Schutz, staatliche Wohlfahrts- und Förderprogramme, Sonderrechte und eine teilweise [[Selbstverwaltung]] eingeräumt werden. Diese Anerkennung geschieht nicht zentral, sondern auf der Ebene der einzelnen [[Liste der Bundesstaaten und Unionsterritorien in Indien|Bundesstaaten und Unionsterritorien]] und betrifft nur ihre jeweils ansässigen Einwohner. Im Jahr 2014 sind insgesamt 693&nbsp;Scheduled Tribes anerkannt, bei der [[Volkszählung in Indien 2011]] waren es 705 (104 Mio. Angehörige: 9 % aller Einwohner), etwa 20&nbsp;weitere warteten auf ihre offizielle „Listung“ und andere wollten Obergruppen zugeordnet werden. Die meisten Stammesgruppen siedeln in 8&nbsp;Staaten in Zentralindien sowie im kleinen Gebiet der „Sieben Schwesterstaaten“ im abgelegenen [[Nordostindien]]. Die größte Anzahl an ST-Angehörigen lebt mitten in Indien im großen [[Madhya Pradesh]] (15 Millionen, 21 % der Einwohner); keine ST gibt es in zwei Staaten und in drei Territorien ([[#ST-Liste|siehe unten]]). 75&nbsp;Gruppen gelten als sozial „besonders verletzbar“ in ihrer vor-landwirtschaftlichen Lebensweise, sie werden unterstützt als ''Particularly Vulnerable Tribal Groups'' ([[#PVTGs|PVTGs:]] rund 10 Mio. Angehörige). Viele Stammesvölker verstehen sich übergeordnet als ''[[Adivasi]]'', als die „ursprünglichen Einwohner, ersten Siedler“ – aber diese Bezeichnung wird von der indischen Regierung nicht anerkannt. Nach Ansicht des deutschen Sprach- und Kulturwissenschaftlers [[Harald Haarmann]] stellten ihre Vorfahren noch im 4. Jahrtausen v. Chr. die Mehrheit der Bevölkerung des Subkontinents.<ref>[[Harald Haarmann|Haarmann, Harald]]: ''Auf den Spuren der Indoeuropäer. Von den neolithischen Steppennomaden bis zu den frühen Hochkulturen.'' C.H. Beck, München 2016, S. 301.</ref>


Die [[Öffentliche Verwaltung|administrative]] Einteilung als ''Scheduled Tribes'' hat Entsprechungen mit den verfassungsmäßigen Schutzrechten und Fördermaßnahmen für Angehörige von ''[[Scheduled Castes]]'' (SC: „Gelistete [[Kaste]]n“) und für Angehörige von ''[[Other Backward Classes]]'' (OBC: „Andere zurückgebliebene [[Soziale Klasse|Klassen]]“). Entsprechend kann eine kleine Untergruppe eines im Nachbarstaat anerkannten Scheduled Tribe im eigenen Staat gar nicht anerkannt sein, oder als SC oder als OBC oder als PVTG „gelistet“ und gefördert werden. So hat das [[Delhi|Nationale Hauptstadtterritorium Delhi]] keine ST, weil in dem großen städtischen Bereich keine Volksgruppe als „[[Ländlicher Raum#Indien|ländlich]]“ ''(rural)'' eingestuft werden kann, sondern nur in einer der anderen sozialen Gruppen. Scheduled Tribes sind religiös ungebunden und Angehörige haben jederzeit freie Wahl der Religion – dies unterscheidet sie von Scheduled Castes, die Teil der Hindu-Gesetzgebung sind.
Die [[Öffentliche Verwaltung|administrative]] Einteilung als ''Scheduled Tribes'' hat Entsprechungen mit den verfassungsmäßigen Schutzrechten und Fördermaßnahmen für Angehörige von ''[[Scheduled Castes]]'' (SC: „Gelistete [[Kaste]]n“) und für Angehörige von ''[[Other Backward Classes]]'' (OBC: „Andere zurückgebliebene [[Soziale Klasse|Klassen]]“). Entsprechend kann eine kleine Untergruppe eines im Nachbarstaat anerkannten Scheduled Tribe im eigenen Staat gar nicht anerkannt sein, oder als SC oder als OBC oder als PVTG „gelistet“ und gefördert werden. So hat das [[Delhi|Nationale Hauptstadtterritorium Delhi]] keine ST, weil in dem großen städtischen Bereich keine Volksgruppe als „[[Ländlicher Raum#Indien|ländlich]]“ ''(rural)'' eingestuft werden kann, sondern nur in einer der anderen sozialen Gruppen. Scheduled Tribes sind religiös ungebunden und Angehörige haben jederzeit freie Wahl der Religion – dies unterscheidet sie von Scheduled Castes, die Teil der Hindu-Gesetzgebung sind.

Version vom 30. Januar 2019, 17:29 Uhr

2011: Anteile der damaligen 705 Scheduled Tribes (104,3 Mio. Ange­hörige: 8,6 % aller Einwohner) an den Bevöl­kerungen der 29 Bundes­staaten und 7 Unions­territorien in Indien
höchster Anteil: 85–95 % (vor allem Nordostindien)
niedriger Anteil:   2–9 %
 geringer Anteil:   0–0,5 %

Scheduled Tribes (englisch schedule „Liste“, tribeStamm“; Hindi अनुसूचित जनजाति ; deutsche Entsprechung: „registrierte Stammesgemeinschaften“; Einzahl: der Scheduled Tribe) oder abgekürzt ST ist eine in Indien rechtsgültige verwaltungstechnische Einteilung für soziokulturell oder ethnolinguistisch definierte indigene Volksgruppen, denen nach der indischen Verfassung als „schwächeren Teilen der Bevölkerung“ Schutz, staatliche Wohlfahrts- und Förderprogramme, Sonderrechte und eine teilweise Selbstverwaltung eingeräumt werden. Diese Anerkennung geschieht nicht zentral, sondern auf der Ebene der einzelnen Bundesstaaten und Unionsterritorien und betrifft nur ihre jeweils ansässigen Einwohner. Im Jahr 2014 sind insgesamt 693 Scheduled Tribes anerkannt, bei der Volkszählung in Indien 2011 waren es 705 (104 Mio. Angehörige: 9 % aller Einwohner), etwa 20 weitere warteten auf ihre offizielle „Listung“ und andere wollten Obergruppen zugeordnet werden. Die meisten Stammesgruppen siedeln in 8 Staaten in Zentralindien sowie im kleinen Gebiet der „Sieben Schwesterstaaten“ im abgelegenen Nordostindien. Die größte Anzahl an ST-Angehörigen lebt mitten in Indien im großen Madhya Pradesh (15 Millionen, 21 % der Einwohner); keine ST gibt es in zwei Staaten und in drei Territorien (siehe unten). 75 Gruppen gelten als sozial „besonders verletzbar“ in ihrer vor-landwirtschaftlichen Lebensweise, sie werden unterstützt als Particularly Vulnerable Tribal Groups (PVTGs: rund 10 Mio. Angehörige). Viele Stammesvölker verstehen sich übergeordnet als Adivasi, als die „ursprünglichen Einwohner, ersten Siedler“ – aber diese Bezeichnung wird von der indischen Regierung nicht anerkannt. Nach Ansicht des deutschen Sprach- und Kulturwissenschaftlers Harald Haarmann stellten ihre Vorfahren noch im 4. Jahrtausen v. Chr. die Mehrheit der Bevölkerung des Subkontinents.[1]

Die administrative Einteilung als Scheduled Tribes hat Entsprechungen mit den verfassungsmäßigen Schutzrechten und Fördermaßnahmen für Angehörige von Scheduled Castes (SC: „Gelistete Kasten“) und für Angehörige von Other Backward Classes (OBC: „Andere zurückgebliebene Klassen“). Entsprechend kann eine kleine Untergruppe eines im Nachbarstaat anerkannten Scheduled Tribe im eigenen Staat gar nicht anerkannt sein, oder als SC oder als OBC oder als PVTG „gelistet“ und gefördert werden. So hat das Nationale Hauptstadtterritorium Delhi keine ST, weil in dem großen städtischen Bereich keine Volksgruppe als „ländlich(rural) eingestuft werden kann, sondern nur in einer der anderen sozialen Gruppen. Scheduled Tribes sind religiös ungebunden und Angehörige haben jederzeit freie Wahl der Religion – dies unterscheidet sie von Scheduled Castes, die Teil der Hindu-Gesetzgebung sind.

Begriffsdefinition und -Geschichte

Die Väter der indischen Verfassung, namentlich Bhimrao Ramji Ambedkar, waren sehr darauf bedacht, das Prinzip der Chancengleichheit in der sehr stark durch Kastendenken, sowie religiöse und ethnische Grenzen bestimmten heterogenen Bevölkerung Indiens festzuschreiben. In Artikel 46 der 1949 verabschiedeten und 1950 in Kraft getretenen Verfassung heißt es dazu:

“The State shall promote with special care the educational and economic interests of the weaker sections of the people, and, in particular, of the Scheduled Castes and the Scheduled Tribes, and shall protect them from social injustice and all forms of exploitation.”

„Der Staat soll sich mit besonderer Pflege um die bildungsmäßigen und wirtschaftlichen Interessen der schwächeren Teile der Bevölkerung kümmern, insbesondere um die Scheduled Castes und die Scheduled Tribes, und soll sie schützen vor sozialen Ungerechtigkeiten und allen Formen der Ausbeutung.“

Indische Verfassung aus dem Jahr 1949: Artikel 46[2]

In Artikel 342 wurde bestimmt, dass der Staatspräsident das Recht haben sollte, bestimmte Bevölkerungsgruppen („Stämme oder Stammesgemeinschaften oder Gruppen davon“) nach Konsultation mit dem Gouverneur des entsprechenden Bundesstaats oder Unionsterritoriums als Scheduled Tribe zu spezifizieren. Die entsprechenden Erlasse des Präsidenten sollten nur per Parlamentsbeschluss geändert werden können.

Obwohl nicht in der Verfassung ausdrücklich angegeben, war diese Bezeichnung seinerzeit für Bevölkerungsgruppen gedacht, die eine unterscheidende eigene Kultur aufwiesen und eine „primitive, zurückgebliebene“ Lebensweise haben, abgeschieden von der übrigen Bevölkerung des Staates oder Territoriums in einem geografisch umgrenzten Gebiet. Das indische Ministerium für Stammesangelegenheiten kennzeichnete die beiden Bezeichnungen „primitiv“ und „isoliert“ in einem Kommissionsbericht von 2014 als überkommen und herabwürdigend (outdated and derogatory). Bereits im Titel des Berichts wird als übergeordnete Bezeichnung der vielen betroffenen Volksgruppen Tribal Communities vorgeschlagen („Stammesgemeinschaften“).[M2 1]

Viele der Scheduled Tribes verwenden die politische Eigenbezeichnung Adivasi in der Bedeutung von „ursprüngliche Einwohner“, diese Bezeichnung wird allerdings von der indischen Regierung nicht anerkannt.[M2 2]

Bisherige Präsidialerlasse zur Spezifikation der Scheduled Tribes
Nr. Bezeichnung Datum betroffene Bundesstaaten
und Unionsterritorien
1 The Constitution (Scheduled Tribes) Order 1950 (C.O.22) 6.9.1950 Andhra Pradesh, Arunachal Pradesh, Assam, Bihar, Gujarat, Goa, Himachal Pradesh, Karnataka, Kerala, Madhya Pradesh, Maharashtra, Manipur, Meghalaya, Mizoram, Odisha, Rajasthan, Tamil Nadu, Telan­gana, Tripura, Westbengalen
2 The Constitution (Scheduled Tribes) (Union Territories) Order, 1951 (C.O.33) 20.9.1951 Daman und Diu, Lakshadweep
3 The Constitution (Andaman AndNicobar Islands) Scheduled Tribes Order, 1959 (C.O. 58) 31.3.1959 Andamanen und Nikobaren
4 The Constitution (Dadra & Nagar Haveli) Scheduled Tribes Order, 1962 (C.O. 65) 30.6.1962 Dadra und Nagar Haveli
5 The Constitution (Uttar Pradesh) Scheduled Tribes Order, 1967 (C.O. 78) 24.6.1967 Uttar Pradesh
6 The Constitution (Nagaland) Scheduled Tribes Order, 1970 (C.O.88) 23.7.1970 Nagaland
7 The Constitution (Sikkim) Scheduled Tribes Order, 1978 (C.O.111) 22.6.1978 Sikkim
8 The Constitution (Jammu & Kashmir) Scheduled Tribes Order, 1989 (C.O. 142) 7.10.1989 Jammu und Kashmir
Anmerkung: Hier sind die Bezeichnungen der im Jahr 2011 existierenden Bundesstaaten angegeben; Grenzen und Benennungen der Bundesstaaten und Unionsterritorien änderten sich im Laufe der Zeit mehrfach.

Nationale Kommission für Scheduled Tribes

Der Verfassungsartikel 338 bestimmte zunächst das Amt eines „Kommissars für Scheduled Castes und Scheduled Tribes“ (Commissioner for Scheduled Castes and Scheduled Tribes), der den Staatspräsidenten in diesen Angelegenheiten unterstützen und ihm Bericht erstatten sollte.[3] Dazu wurden 17 regionale Behörden in ganz Indien eingerichtet, um dem Kommissar bei diesen Aufgaben zuzuarbeiten. Am 21. Juli 1978 wurde das Amt des Kommissars ergänzt mit der „Kommission für Scheduled Tribes und Scheduled Castes“ (Commission for Scheduled Castes and Scheduled Tribes), am 1. September 1987 umbenannt in National Commission for Scheduled Castes and Scheduled Tribes.

Diese Kommission erhielt mit dem 65. Verfassungszusatz vom 12. März 1992 Verfassungsrang und ersetzte das Amt des Kommissars vollständig. Sie wurde dann in zwei Kommissionen aufgeteilt (am 19. Februar 2004 ergänzte der 89. Verfassungszusatz den Artikel 338 mit Artikel 338A) mit getrennten Zuständigkeiten: die National Commission for Scheduled Castes und die National Commission for Scheduled Tribes (NCST): „Nationale Kommission für Scheduled Tribes“.[4]

Bescheinigte Anerkennung

Seit 1950 haben indische Staatspräsidenten insgesamt 9 Erlasse bezüglich Scheduled Tribes herausgegeben, von denen 8 noch in Kraft sind (siehe nebenstehende Tabelle); der Erlass Constitution (Goa, Daman & Diu) Scheduled Tribes order 1968 verlor seine Gültigkeit, nachdem Goa im Jahr 1987 von einem Unionsterritorium zu einem Bundesstaat gewandelt wurde.

Die Anerkennung wird auf der Ebene der Bundesstaaten geregelt, so kann ein Scheduled Tribe in einem Staat anerkannt sein, im benachbarten nicht. Als entscheidende soziale Merkmale einer ST werden angegeben:[M1 1]

  1. Anhaltspunkte primitiver Merkmale (indications of primitive traits)
  2. unverwechselbare Kultur (distinctive culture)
  3. Zurückhaltung der Gemeinschaft insgesamt in Bezug auf Kontakte nach außen (shyness of contact with the community at large)
  4. gebietsmäßige Abgeschiedenheit (geographical isolation)
  5. Rückständigkeit (backwardness)

Um als Mitglied eines im Staat oder Territorium „gelisteten“ Scheduled Tribe anerkannt zu werden, muss die Person einen Antrag stellen und dafür verschiedene Bedingungen erfüllen:

  • die betreffende Person und ihre Eltern müssen per Geburt tatsächlich zu der entsprechenden Gruppe gehören; Ehepartner eines ST-Angehörigen werden nicht als ST-Angehörige anerkannt,
  • die Person muss aus dem Bundesstaat und der Region (Scheduled Areas) stammen, in der die betreffende Gruppe als ST anerkannt ist,
  • die Person kann einer beliebigen Religionsgemeinschaft angehören (dies ist ein Unterschied zu den Scheduled Castes, wo nur Hindus, Sikhs, und Buddhisten eingeschlossen werden).

Erfüllt die antragstellende Person diese Bedingungen, kann sie von den Behörden eine Bescheinigung (Zertifikat) ausgestellt bekommen, dass sie Angehörige eines ST ist. Das amtliche Dokument muss nach bestimmten Vorgaben formuliert sein und berechtigt zu einer bevorzugten Behandlung bei der Vergabe von staatlichen Stellen oder beispielsweise Studienplätzen. Reserviert für Angehörige von Scheduled Tribes sind 7,5 % der gesamtstaatlichen Stellen, in den Staaten und Territorien gelten eigene Quoten, orientiert an den Bevölkerungsanteilen der jeweiligen ST.[5]

Statistiken

Die meisten der insgesamt 693 Scheduled Tribes (2014) siedeln in 8 Bundesstaaten in Zentralindien und in den „Sieben Schwesterstaaten“ in Nordostindien – keine ST gibt es in Haryana und Punjab und den drei Territorien Chandigarh, Delhi und Puducherry; Telangana wurde erst ab 2014 ein eigener Bundesstaat (bis dahin Teil von Andhra Pradesh).[M1 2] Die genaue Anzahl der Stämme und ihrer Angehörigen kann sich jährlich ändern, weil Untergruppen teils unterschiedlich bezeichnet oder unterschiedlichen Hauptgruppen zugeordnet werden oder dies für sich beanspruchen; im Jahr 2011 waren 705 ST amtlich registriert.[M2 3] Die rechtliche Anerkennung einer Volksgruppe als „Scheduled Tribe“ gilt immer nur für das Gebiet des jeweiligen Bundesstaates oder Unionsterritoriums.

Bevölkerungsstärkste Scheduled Tribes

Die folgende Liste zeigt die 33 größten Scheduled Tribes laut der Volkszählung in Indien 2011 (76 % ≈ 80 von insg. 104 Mio. Angehörigen) mit ihrer Bevölkerungsentwicklung (Bevölkerungsexplosion ab +25 %), ihren Anteilen und ihrer Geschlechterverteilung (Anzahl der weiblichen Angehörigen je 1000 männlichen) sowie die besiedelten Staaten/Territorien – die Zuwachsraten ab 2001 können auch durch staatliche Neuregelungen begründet sein, so wurden einige Untergruppen anders zugeordnet:

ST-Name Angehörige ab 2001 Anteil weiblich 2011 wohnhaft in diesen Bundesstaaten und Unionsterritorien[M1 3][6]
0 Indien  705 ST: 104.281.034 +23,66 % 100,00 % 990 : 1000 8,61 % der Bevölkerung (1.210.569.573  |  +17,69 %  |  943 weibliche zu 1000 männlichen Einw.)
1 Bhil 17.071.049 +34,42 % 16,37 % 980 : 1000 Madhya Pradesh, Gujarat, Rajasthan, Maharashtra, Karnataka, Tripura, Andhra Pradesh u. a.
2 Gond 13.256.928 +22,08 % 12,71 % 1004 : 1000 Madhya Pradesh, Chhattisgarh, Maharashtra, Odisha, Uttar Pradesh, Andhra Pradesh u. a.
3 Santal 6.570.807 +12,55 % 6,30 % 1007 : 1000 Jharkhand, West Bengal, Odisha, Bihar, Assam, Tripura
4 Mina 4.345.528 +14,36 % 4,17 % 919 : 1000 Rajasthan
5 Naikda 3.787.639 +13,23 % 3,63 % 987 : 1000 Daman und Diu, Goa, Dadra und Nagar Haveli, Rajasthan, Karnataka, Gujarat, Maharashtra
6 Oraon 3.682.992 +17,21 % 3,53 % 1002 : 1000 Westbengalen, Bihar, Maharashtra, Odisha, Jharkhand, Chhattisgarh, Madhya Pradesh
7 Sugalis 2.407.637 +15,87 % 2,31 % 956 : 1000 Andhra Pradesh
8 Munda 2.203.006 +14,85 % 2,11 % 998 : 1000 Jharkhand, Odisha, Westbengalen, Chhattisgarh, Tripura, Bihar, Madhya Pradesh
9 Koli Dhor 2.152.540 ? 2,06 % 968 : 1000 Maharashtra, Gujarat, Karnataka, Dadra und Nagar Haveli, Odisha, Arunachal Pradesh
10 Naga 1.673.555 −8,10 % 1,60 % 976 : 1000 Nagaland
11 Khond 1.628.501 +16,54 % 1,56 % 1059 : 1000 Bihar, Westbengalen, Jharkhand, Odisha
12 Koli Mahadev 1.459.565 +18,90 % 1,40 % 966 : 1000 Maharashtra
13 Khasi 1.428.745 +25,51 % 1,37 % 1032 : 1000 Meghalaya, Assam, Mizoram
14 Bodo (Boro) 1.361.735 +0,66 % 1,31 % 994 : 1000 Assam
15 Kol 1.263.818 +27,48 % 1,21 % 963 : 1000 Odisha (Orissa), Chhattisgarh, Madhya Pradesh, Maharashtra, Bihar, Jharkhand
16 Varli 1.238.066 +27,00 % 1,19 % 1014 : 1000 Gujarat, Daman und Diu, Dadra und Nagar Haveli, Maharashtra, Karnataka, Goa
17 Kokna 1.076.854 +16,20 % 1,03 % 994 : 1000 Dadra und Nagar Haveli, Gujarat, Maharashtra, Karnataka
18 Gujjar 1.073.201 +34,26 % 1,03 % 922 : 1000 Jammu und Kashmir, Himachal Pradesh
19 Ho 1.033.095 +28,03 % 0,99 % 1020 : 1000 Bihar, Westbengalen, Jharkhand, Orissa
20 Garo 1.000.511 +37,91 % 0,96 % 988 : 1000 Meghalaya, Assam, Westbengalen, Nagaland, Mizoram, Tripura
21 Korku 995.823 +28,63 % 0,96 % 961 : 1000 Chhattisgarh, Madhya Pradesh, Maharashtra
22 Kawar 946.672 +16,47 % 0,91 % 1008 : 1000 Odisha (Orissa), Bihar, Jharkhand, Chhattisgarh, Madhya Pradesh, Maharashtra
23 Bhumij 869.653 +13,55 % 0,83 % 993 : 1000 Westbengalen, Jharkhand, Odisha
24 Mizo (Lushai) 747.858 +12,00 % 0,72 % 1023 : 1000 Assam, Manipur, Mizoram, Meghalaya
25 Koya 738.629 +6,70 % 0,71 % 1049 : 1000 Maharashtra, Odisha, Andhra Pradesh, Karnataka
26 Saharia 685.757 +30,12 % 0,66 % 943 : 1000 Madhya Pradesh, Rajasthan, Uttar Pradesh, Chhattisgarh
27 Mising (Miri) 680.424 +15,85 % 0,65 % 968 : 1000 Assam, Arunachal Pradesh
28 Dhodia 680.090 ? 0,65 % 1000 : 1000 Gujarat, Daman & Diu, Dadra und Nagar Haveli, Maharashtra, Goa
29 Dubla 675.945 +7,70 % 0,65 % 995 : 1000 Goa, Gujarat, Daman und Diu, Dadra und Nagar Haveli, Maharashtra, Karnataka
30 Halba 650.631 +1,81 % 0,63 % 1013 : 1000 Madhya Pradesh, Chhattisgarh, Maharashtra
31 Rathawa 642.881 +19,91 % 0,62 % 973 : 1000 Gujarat
32 Kolha 625.009 ? 0,60 % 1015 : 1000 Odisha (Orissa)
33 Tripuri 592.255 +8,90 % 0,57 % 985 : 1000 Tripura
# ST-Name Angehörige ab 2001 Anteil weiblich 2011 wohnhaft in diesen Bundesstaaten und Unionsterritorien[M1 3][6]

Anteil an der Bevölkerung der Bundesstaaten und Unionsterritorien

Die folgende Liste zeigt die Anteile der Angehörigen von Scheduled Tribes an der Bevölkerung der 29 Staaten und 7 Unionsterritorien (hier eingerückt) nach der Volkszählung in Indien 2011 mit ihrer Wachstumsrate seit 2001, ihrem Anteil an der Bevölkerung, ihrer Geschlechterverteilung (Anzahl der weiblichen Einwohner je 1000 männlichen) sowie ihrem jeweiligen Anteil an den insgesamt 104 Mio. ST-Angehörigen – keine ST gibt es in den 5 Staaten/Territorien Chandigarh, Delhi, Haryana, Puducherry und Punjab (erst 2014 entstand Telangana):

Bundesstaat 1–29
Unionsterritorium 30–36
Einwohner Scheduled Tribes[M2 3][M1 4][M1 5] Anteil
an ST
2011 ab 2001 Anteil weiblich 2014 2011 ab 2001 Anteil weiblich
0 Indien Indien 1.210.569.573 +17,6 % 100,0 % 943 : 1000 693 104.281.034 +23,7 % 8,6 % 990 : 1000 100,0 %
1 Andhra Pradesh (mit Telangana) 84.580.777 +11,0 % 4,1 % 993 : 1000 25 5.918.073 +17,8 % 7,0 % 993 : 1000 5,7 %
2 Arunachal Pradesh 1.383.727 +26,0 % 0,1 % 938 : 1000 16 951.821 +35,0 % 68,8 % 1032 : 1000 0,9 %
3 Assam 31.205.576 +17,1 % 2,6 % 958 : 1000 29 3.884.371 +17,4 % 12,4 % 985 : 1000 3,7 %
4 Bihar 104.099.452 +25,4 % 8,6 % 918 : 1000 33 1.336.573 +76,2 % 1,3 % 958 : 1000 1,3 %
5 Chhattisgarh 25.545.198 +22,6 % 2,1 % 991 : 1000 42 7.822.902 +18,2 % 30,6 % 1020 : 1000 7,5 %
6 Goa 1.458.545 +8,2 % 0,1 % 973 : 1000 8 149.275 ? 10,2 % 1046 : 1000 0,1 %
7 Gujarat 60.439.692 +19,3 % 5,0 % 919 : 1000 29 8.917.174 +19,2 % 14,8 % 981 : 1000 8,6 %
8 Haryana 25.353.081 +19,9 % 2,1 % 879 : 1000 0 0 0
9 Himachal Pradesh 6.864.602 +12,9 % 0,6 % 972 : 1000 10 392.126 +60,3 % 5,7 % 999 : 1000 0,4 %
10 Jammu und Kashmir 12.541.302 +23,6 % 1,0 % 889 : 1000 12 1.493.299 +35,0 % 11,9 % 924 : 1000 1,4 %
11 Jharkhand 32.988.134 +22,4 % 2,7 % 948 : 1000 32 8.645.042 +22,0 % 26,2 % 1003 : 1000 8,3 %
12 Karnataka 61.095.297 +15,6 % 5,1 % 973 : 1000 50 4.248.987 +22,7 % 7,0 % 990 : 1000 4,0 %
13 Kerala 33.406.061 +4,9 % 2,8 % 1084 : 1000 36 484.839 +33,1 % 1,5 % 1035 : 1000 0,5 %
14 Madhya Pradesh 72.626.809 +20,4 % 6,0 % 931 : 1000 43 15.316.784 +25,2 % 21,1 % 984 : 1000 14,7 %
15 Maharashtra 112.374.333 +16,0 % 9,3 % 929 : 1000 45 10.510.213 +22,5 % 9,4 % 977 : 1000 10,1 %
16 Manipur 2.570.390 +24,5 % 0,2 % 985 : 1000 34 902.740 +21,8 % 35,1 % 1002 : 1000 0,9 %
17 Meghalaya 2.966.889 +28,0 % 0,2 % 989 : 1000 17 2.555.861 +28,3 % 86,1 % 1013 : 1000 2,5 %
18 Mizoram 1.097.206 +23,5 % 0,1 % 976 : 1000 15 1.036.115 +23,4 % 94,4 % 1007 : 1000 1,0 %
19 Nagaland 1.978.502 −0,6 % 0,2 % 931 : 1000 5 1.710.973 −3,6 % 86,5 % 976 : 1000 1,6 %
20 Odisha (bis 2011: Orissa) 41.974.218 +14,1 % 3,5 % 979 : 1000 62 9.590.756 +17,7 % 22,8 % 1029 : 1000 9,2 %
21 Punjab 27.743.338 +13,9 % 2,3 % 895 : 1000 0 0 0
22 Rajasthan 68.548.437 +21,3 % 5,7 % 928 : 1000 12 9.238.534 +30,2 % 13,5 % 948 : 1000 8,9 %
23 Sikkim 610.577 +12,9 % <0,1 % 890 : 1000 4 20.636 +85,2 % 3,4 % 960 : 1000 <0,1 %
24 Tamil Nadu 72.147.030 +15,6 % 6,0 % 996 : 1000 36 794.697 +22,0 % 1,1 % 981 : 1000 0,8 %
25 Telangana (ab 2014) 35.286.757 3,0 %
26 Tripura 3.673.917 +14,8 % 0,3 % 960 : 1000 19 1.166.813 +17,5 % 31,8 % 983 : 1000 1,1 %
27 Uttar Pradesh 199.812.341 +20,2 % 16,5 % 912 : 1000 15 1.134.273 +950,6 % 0,6 % 952 : 1000 1,1 %
28 Uttarakhand 10.086.292 +18,8 % 0,8 % 963 : 1000 5 291.903 +14,0 % 2,9 % 963 : 1000 0,3 %
29 Westbengalen 91.276.115 +13,8 % 7,6 % 950 : 1000 40 5.296.953 +20,2 % 5,8 % 999 : 1000 5,1 %
30 · Andamanen und Nikobaren (Inseln) 380.581 +6,9 % <0,1 % 876 : 1000 6 2.853 −3,2 % 0,7 % 937 : 1000 <0,1 %
31 · Chandigarh 1.055.450 +17,2 % 0,1 % 818 : 1000 0 0 0
32 · Dadra und Nagar Haveli 343.709 +55,9 % <0,1 % 774 : 1000 7 178.564 +30,1 % 52,0 % 1010 : 1000 0,2 %
33 · Daman und Diu 243.247 +53,8 % <0,1 % 618 : 1000 5 15.363 +9,8 % 6,3 % 977 : 1000 <0,1 %
34 · Delhi (Hauptstadtterritorium) 16.787.941 +21,2 % 1,4 % 868 : 1000 0 0 0
35 · Lakshadweep (Inseln) 64.473 +6,3 % <0,1 % 946 : 1000 1 61.120 +6,6 % 94,8 % 1003 : 1000 <0,1 %
36 · Puducherry 1.247.953 +28,1 % 0,1 % 1037 : 1000 0 0 0
# Bundesstaat 1–29
Unionsterritorium 30–36
2011 ab 2001 Anteil weiblich 2014 2011 ab 2001 Anteil weiblich Anteil
an ST
Einwohner Scheduled Tribes[M2 3][M1 4][M1 5]

Siehe auch:

Soziale Entwicklungsindikatoren

Alphabetisierungsraten 2011 der Gesamtbevölkerung und der Scheduled Tribes (ST) sowie der Scheduled Castes (SC)

Die Statistiken der indischen Volkszählungen zeigen, dass die Scheduled Tribes in praktisch allen sozialen Entwicklungsindikatoren schlechter abschneiden als die übrige Bevölkerung. Der Bildungsgrad, der Gesundheitszustand oder die gesundheitliche Versorgung sind schlechter – Armut, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus sind häufiger, und die soziale Stellung der Frauen ist im Allgemeinen ungünstiger.[M1 6]

Lesefähigkeit

Als ein Gradmesser für die soziale Entwicklung kann die Alphabetisierungsrate der Scheduled Tribes im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gelten (vergleiche Indiens Rate der Alphabetisierung im weltweiten Vergleich). Hier ergaben die Volkszählungen der letzten Jahrzehnte eine im Durchschnitt deutlich höhere Rate von Nichtlesefähigen bei den Scheduled Tribes, auch wenn ihr Abstand zur übrigen Bevölkerung langsam abgenommen hat.

Die folgende Liste zeigt die Alphabetisierungsraten in Indien nach den Volkszählungen 1961 bis 2011 mit Durchschnittswerten, einzelne der Scheduled Tribes können einen höheren Entwicklungsstand aufweisen als die Durchschnittsbevölkerung (beispielsweise die Khasi mit 77 % gegenüber 74 % im nordostindischen Meghalaya):

Lesefähigkeit in Indien Unter-
schied
Scheduled Tribes[M1 7]
 Männer   Frauen  Lücke  Männer   Frauen  Lücke
2011 80,89 % 64,64 % 16 % 72,99 % 14 % 58,96 % 68,53 % 49,35 % 19 %
2001 75,26 % 53,67 % 22 % 64,84 % 18 % 47,10 % 59,17 % 34,76 % 24 %
1991 64,13 % 39,29 % 25 % 52,21 % 23 % 29,60 % 40,65 % 18,19 % 22 %
1981 56,38 % 29,76 % 27 % 43,57 % 27 % 16,35 % 24,52 % 8,04 % 16 %
1971 45,96 % 21,97 % 24 % 34,45 % 18 % 11,30 % 17,63 % 4,85 % 13 %
1961 40,40 % 15,35 % 25 % 28,30 % 20 % 8,53 % 13,83 % 3,16 % 11 %

Landbesitz

Eine staatliche Studie zum Landbesitz von privaten Haushalten in Indien 2003 ergab, dass bei den Scheduled Tribes etwas mehr Haushalte Land besaßen als der indienweite Durchschnitt, und dass jeder Stammes-Haushalt ein wenig mehr Land besaß als der Durchschnitt (0,70 Hektar zu 0,56 je Haushalt).[M2 4] Indienweit sank aber bei den insgesamt 705 Scheduled Tribes der Anteil an Landbesitz: Arbeiteten im Jahr 2001 noch 45 % der Stammesangehörigen auf ihrem eigenen Land, waren es 2011 nur 35 %, während der Anteil der Stammesangehörigen, die auf fremden Land arbeiteten, mit 46 % gleichblieb.[7]

Index der menschlichen Entwicklung

Der durchschnittliche Index der menschlichen Entwicklung (HDI: Human Development Index) der insgesamt 705 Scheduled Tribes wurde vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP-India) sowohl im Jahr 2000 wie auch 2005 mit geringen 0,270 berechnet – weit unterhalb der indienweiten Durchschnittswerte von 0,461 und 0,605 (vergleiche auch HDI der Bundesstaaten sowie Indiens HDI 2017: 0,639 auf Rang 130 weltweit).[8]

Particularly Vulnerable Tribal Groups (PVTGs)

PVTGs mit weniger als 1000 Angehörigen in 2001[M2 5][M1 8]
Stammesgruppe 2001 2011 Staat/Territorium
1 Raji in Uttar Pradesh 998 2241 Uttar Pradesh
2 Kota in Tamil Nadu 925 308 Tamil Nadu
3 Korwa in Bihar 703 452 Bihar
4 Birhor in Odisha 702 596 Odisha (Orissa)
5 Sauria Paharia in Bihar 585 1932 Bihar
6 Raji in Uttarakhand 517 1295 Uttarakhand
7 Savar in Bihar 420 80 Bihar
8 Birhor in Bihar 406 377 Bihar
9 Shompen[9] 398 229 Andamanen/Nikobaren
10 Cholanaickan 326 124 Kerala
11 Jarawa 240 380 Andamanen/Nikobaren
12 Mankidi 205 31 Odisha (Orissa)
13 Asur in Bihar 181 4129 Bihar
14 Birhor in Madhya Pradesh 143 52 Madhya Pradesh
15 Onge[9] 96 101 Andamanen/Nikobaren
16 Groß-Andamaner[9] 43 44 Andamanen/Nikobaren
17 Sentinelesen[9] 39 15 Andamanen/Nikobaren
18 Birjia in Bihar 17 208 Bihar

Von den 693 Scheduled Tribes (2014) hat ein Teil eine moderne Lebensweise angenommen, aber 75 Gemeinschaften werden offiziell als „besonders verletzbare Stammesgruppen“ angesehen, als Particularly Vulnerable Tribal Groups (PVTGs). Sie leben in 16 Bundesstaaten und auf den Unionsinseln Andamanen und Nikobaren; einige wie die dortigen Sentinelesen gehören zu den wenigen noch existierenden isolierten Völkern (nur 15 Angehörige 2011), andere sind kleine Teilgruppen von größeren Scheduled Tribes anderer Bundesstaaten. Nicht alle PVTGs sind als ST anerkannte Volksgruppen, sie können auch den Scheduled Castes („gelisteten Kasten“) oder den Other Backward Classes („anderen zurückgebliebene Klassen“) angehören.

Gesamtbevölkerung der gefährdeten Gruppen

Im Jahr 2001 hatten die 75 anerkannten PVTGs zusammen 2,77 Mio. Angehörige (3,3 % der 84 Mio. ST-Bevölkerung und 0,3 % von Indiens Einwohnern). Für 2011 wird keine offizielle Gesamtzahl angegeben, da zwischenzeitlich verschiedene Gruppen und Gemeinschaften anders eingeteilt wurden. 2013 listet ein Bericht des indischen Ministeriums für Stammesangelegenheiten insgesamt 93 PVTGs mit insgesamt 10,7 Mio. Angehörigen – alleine die als Nummer 50 geführten Abujh Maria in Madhya Pradesh (zusammen mit Chhattisgarh) haben 5,1 Mio. Angehörige:[M1 8]

  • 2011: ≈10,71 Mio.
  • 2001: ≈02,77 Mio.
  • 1991: ≈02,41 Mio.
  • 1981: ≈02,26 Mio.
  • 1971: ≈01,40 Mio.
  • 1961: ≈00,77 Mio.

Soziale Merkmale der PVGTs

Für die gefährdeten Gruppen gibt es besondere staatliche Schutz- und Fördermaßnahmen, die in 5-Jahresplänen ausgelegt werden; zur Kennzeichnung von PVTGs werden noch 2013 vier soziale Merkmale beschrieben:[M1 9]

  1. vor-landwirtschaftlicher Technologiestand (pre-agriculture level of technology)
  2. kein Wachstum der Bevölkerung oder Abnahme (stagnant or declining population)
  3. sehr niedrige Lesefähigkeit (extremely low literacy)
  4. nur Bedarfswirtschaft (subsistence level of economy)

Im Jahr 2014 formuliert der Kommissionsbericht des indischen Ministeriums für Stammesangelegenheiten (Ministry of Tribal Affairs) ausführliche Programme zur Unterstützung der PVTGs und nennt die folgenden fünf Kriterien:[M2 6]

  1. auf Wälder angewiesene Lebensweise (forest-dependent livelihoods)
  2. vor-landwirtschaftliche Existenzebene (pre-agricultural level of existence)
  3. kein Wachstum der Bevölkerung oder Abnahme (stagnant or declining population)
  4. niedrige Lesefähigkeitsraten (low literacy rates)
  5. Selbstversorgungswirtschaft (subsistence-based economy)

Literatur

  • 2011: Census of India: Primary Census Abstract: Scheduled Castes & Scheduled Tribes. Ministry of Home Affairs, Government of India, Neu-Delhi 28. Oktober 2013 (englisch; PPT-Powerpoint: 11 MB, 55 Tabellen & Karten auf censusindia.gov.in).
  • 2014: Ministry of Tribal Affairs: Report of the High Level Committee on Socio-Economic, Health and Educational Status of Tribal Communities Of India. Government of India, Neu-Delhi Mai 2014 (englisch; umfangreiche Auswertung; PDF: 5,0 MB, 431 Seiten auf indiaenvironmentportal.org.in).
  • 2013: Ministry of Tribal Affairs, Statistics Division: Statistical Profile of Scheduled Tribes in India 2013. Government of India, Neu-Delhi 2013 (englisch; Auswertung der Volkszählung in Indien 2011, Tabellen ab S. 115; PDF: 18,1 MB, 448 Seiten auf tribal.nic.in).
  • 2015: National Commission for Scheduled Tribes (NCST): Handbook 2015. Government of India, Neu-Delhi 2015 (englisch; dokumentierte Arbeitsgrundlagen, ohne Tabellen; PDF: 7,3 MB, 136 Seiten auf ncst.nic.in).
  • 2001: Tiplut Nongbri: Democracy, Gender and Tribes: A Critical Appraisal of India’s Constitutional Policies. In: Indian Anthropologist. Jahrgang 31, Nr. 2, Dezember 2001, S. 1–14 (englisch; JSTOR:41919894).
  • 1997: Kumar Suresh Singh (Hrsg.): The Scheduled Tribes (= People of India. Band 3). Herausgegeben vom Anthropological Survey of India, Kulturministerium Indiens. Neuauflage, überarbeitet. Oxford University Press, 1997, ISBN 0195642538 (englisch).
  • 1985: Kumar Suresh Singh: Tribal Society in India – An Anthropo-historical Perspective. Manohar, Neu-Delhi 1985 (englisch; durchsuchbar in der Google-Buchsuche).

Weblinks

Commons: Indigene Stammesbevölkerungen Indiens (Adivasi) – Sammlung von Bildern und Mediendateien

Einzelnachweise

  • (M1) Ministerium für Stammesangelegenheiten (2013) mit einer umfangreichen Auswertung der Volkszählung in Indien 2011 zu ST (448 Seiten):
    Ministry of Tribal Affairs, Statistics Division: Statistical Profile of Scheduled Tribes in India 2013. Government of India, Neu-Delhi 2013 (englisch; PDF: 18,1 MB, 448 Seiten auf tribal.nic.in).
  1. Kriterien zur Anerkennung als ST: S. 1: Scheduled Tribes: Zitat: „The essential characteristics […] for a community to be identified as Scheduled Tribes are: a) indications of primitive traits; b) distinctive culture; c) shyness of contact with the community at large; d) geographical isolation; and e) backwardness.“
  2. Vorkommen von ST: S. 1–5: Distribution of Tribes.
  3. a b Die 38 größten ST (ab 500.000 Angehörige) und ihre Wohn-Staaten (2011): S. 141–144, Tabelle T 1.23: List of Tribe with more than 5 lakh of population and their usual place of habitation as per Census 2011.
    Anmerkung: In der Quelle fehlen 2 ST bei den Bevölkerungsstärksten: Mina (4,3 Mio.) und Koli Mahadev (1,5 Mio.), sie werden aber unter den jeweiligen Bundesstaaten gelistet (Rajasthan: S. 146, Maharashtra: S. 158xiii).
  4. a b Alle Staaten mit Einwohnerzahlen und ihren Wachstumsraten (ohne Anteile) sowie ihren ST-Angehörigen und deren Wachstumsraten und Anteile (2011): S. 121/122: Tabelle T 1.6: State-wise Demographic Status of Total Population & ST Population (Census 1991, 2001 & 2011), their decadal growth rate (from 2001) and proportions of STs to the State and to the Country’s total population.
  5. a b Geschlechterverteilung bei ST je Staat (2011): S. 129: Tabelle T 1.13: State-wise Sex Ratio among Scheduled Tribes by residence – Census 2001–2011.
  6. Unterprivilegierungen der ST: S. ??.
  7. Alphabetisierungsraten in Indien und bei ST (1961–2011): S. 164, Tabelle T 2.1: Literacy Rate of All Social Groups, SC and ST Population (1961–2011).
  8. a b 93 PVTGs (1961–2011): S. 159–162: Tabelle T 1.25: State-wise Particularly Vulnerable Tribal Groups (PVTGs) and their Population in India: (1961 to 2011).
  9. PVTGS: S. 1: Scheduled Tribes. Zitat: „Tribal groups are at different stages of social, economic and educational development. While some tribal communities have adopted a mainstream way of life, at the other end of the spectrum, there are certain Scheduled Tribes, 75 in number known as Particularly Vulnerable Tribal Groups (PVTGs), who are characterised by: a) pre-agriculture level of technology; b) stagnant or declining population; c) extremely low literacy; and d) subsistence level of economy.“
  • (M2) Ministerium für Stammesangelegenheiten (2014) mit einem umfangreichen Kommissionsbericht zu ST (431 Seiten):
    Ministry of Tribal Affairs: Report of the High Level Committee on Socio-Economic, Health and Educational Status of Tribal Communities Of India. Government of India, Neu-Delhi Mai 2014 (englisch; PDF: 5,0 MB, 431 Seiten auf indiaenvironmentportal.org.in).
  1. Begriffsgeschichte zu Scheduled Tribes: S. 51–57 4.1: Definitions of ‘tribe’, hier S. 57; Zitat: „In recent years, commentators have questioned the established criteria for inclusion as both outdated (since ‘isolated existence’ does not hold true for most communities today, even those living in remote forest areas) and derogatory to tribal groups (the idea of ‘primitivism’ is insulting to tribal culture and identity).“ Die Kommission empfiehlt bereits im Titel ihrer Veröffentlichung die Bezeichnung als Tribal Communities.
  2. Zur ST-Eigenbezeichnung „Adivasi“: S. 24–33 2.: Introduction, hier S. 25; Zitat: „However, many tribal communities employ the term ‘adivasi’ (original inhabitant) as a political term of self-reference – although this term is not recognised by the Government of India.“
  3. a b c Zur Anzahl von ST je Staat, insg. 693 (2014): S. 43/44 3.3: Number of Scheduled Tribes, hier S. 44 Tabelle Table 3.6: State-wise Number of Scheduled Tribes.
  4. Landbesitz von Scheduled Tribes (2003): S. 98–100: 5.3 Land Ownership.
  5. 19 PVTGs mit weniger als 1000 Angehörigen (2001): S. 48: Tabelle Table 3.12: PVTGs with a population of less than 1000 persons.
  6. PVTGs-Kapitel: S. 59–63: 4.3 Particularly Vulnerable Tribal Groups (PVTGs), hier S. 59; Zitat: „75 tribal groups, have been identified as such on the basis of the following criteria: 1) forest-dependent livelihoods, 2) pre-agricultural level of existence, 3) stagnant or declining population, 4) low literacy rates and 5) a subsistence-based economy.“
    → Zu den Empfehlungen der Kommission bezügl. PVTGS: S. 153: 5.10: Recommendations – 12. The Particularly Vulnerable Tribal Groups (PVTGs).
    → Zur Nahrungssicherheit und Landnutzungsrechten von PVTGS: S. 316–318: 9.2: Forest Rights Act – 9.2.4: Particularly Vulnerable Tribal Groups: Food Security and Habitat Rights.
    → Zur Stärkung der eigenen Institutionen von PVTGS: S. 382: 10.: Delivery of Public Goods and Services – 10.4: Strengthening of Institutions for PVTGs.
  • Sonstige Belege
  1. Haarmann, Harald: Auf den Spuren der Indoeuropäer. Von den neolithischen Steppennomaden bis zu den frühen Hochkulturen. C.H. Beck, München 2016, S. 301.
  2. Verfassung Indiens: Article 46. 1949 (englisch; online auf indiankanoon.org).
  3. Verfassung Indiens: Article 338. 1949 (englisch; online auf indiankanoon.org).
  4. NCST: Homepage.
    → Arbeitsgrundlagen: National Commission for Scheduled Tribes (NCST): Handbook 2015. Government of India, Neu-Delhi 2015 (englisch, ohne Tabellen; PDF: 7,3 MB, 136 Seiten auf ncst.nic.in).
  5. Vergleiche die Daten von 2005: National Commission for Scheduled Tribes (NCST): Reservation for Scheduled Castes/Scheduled Tribes and Other Backward Classes. Government of India, Neu-Delhi, um 2005 (englisch; PDF: 662 kB, 19 Seiten auf archive.org).
  6. a b Angaben zu den bevölkerungsstärksten ST 2001 (ab 0,5 Mio. Angehörige): Ministry of Tribal Affairs, Statistics Division: Demographic Status of Scheduled Tribe Population of India. Government of India, Neu-Delhi, 2013 (? Fragment), PDF-Seite 17: Tabelle Tribes with more than 5 Lakh of Population as per census 2001. (englisch, ohne Seitenzahlen; 5 lakh = 500.000; PDF: 1,6 MB, 17 Seiten auf archive.org).
  7. Landbesitz bei Scheduled Tribes 2001–2011: Ashwani Mahajan: Depriving the poor. In: DH Deccan Herald. Mysore November 2013, abgerufen am 10. Januar 2019.
  8. UNDP-India: India Factsheet: Gender and Social Exclusion Indicators. United Nations Development Programme, ohne Datum (englisch; PDF: 633 kB, 2 Seiten auf in.undp.org).
  9. a b c d Seminar zu PVTGs der Andamanen und Nikobaren-Inseln (2018): National Commission for Scheduled Tribes (NCST): PVTGs Seminar: Conservation of Particularly Vulnerable Tribes of Andaman and Nicobar Islands. 27.–28. Juni 2018 (englisch; PDF-Downloads der Powerpoint-Präsentationen zu den Vorträgen).
    → NCST-Tour-Report: Tour/Visits by Secretary during 2017–18: Andaman & Nicobar Island. 7. Juli 2018 (englisch; aktuelle Informationen zu den Stammesbevölkerungen der Inseln; PDF: 10 MB, 22 Seiten auf ncst.nic.in).