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Mustafa Kemal Atatürk

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Mustafa Kemal Atatürk

Mustafa Kemal (* 1881 in Saloniki; † 10. November 1938 in Istanbul), war der Begründer der modernen Türkei mit dem Staatsprinzip des Kemalismus und erster Präsident der Türkischen Republik. Der Ehrentitel „Atatürk“ wurde ihm während seiner Präsidentschaft verliehen.

Biografie

Jugend

Geboren wurde Mustafa als Sohn des Zollbeamten und Holzhändlers Ali Riza (Vater) und Zübeyda Hanim (Mutter), in Saloniki, das damals ein Teil des Osmanischen Reichs war. Das genaue Geburtsdatum ist unbekannt, Mustafa Kemal Atatürk soll einmal geäußert haben, dass es „doch schön sei, wenn ich am 19. Mai (dem Tag des Aufstands) geboren wäre“.

Auf eigenen Wunsch hin besuchte er eine weltliche Schule, nachdem er einige Monate, auf Wunsch der Mutter, in einer religiösen Schule verbracht hatte. Auf der militärischen Mittelschule in Saloniki wurde sein Talent schnell erkannt. Seinen Abschluss machte er in Monastir.

Osmanisches Reich

1899 ging er auf die Militärakademie nach Istanbul. Dort wurde ihm von seinem Lehrer Mustafa der zusätzliche Name „Kemal“ verliehen, um „... einen Unterschied zwischen uns beiden zu haben ...“ Bereits zu Studienzeiten wurde Mustafa Kemal von der Politik beeinflusst, die ihn zu den Jungtürken führte, einer Gruppierung von Offizieren und Offiziersanwärtern, die mit der aktuellen Situation im Osmanischen Reich nicht zufrieden waren. Ausgelöst wurde diese Politisierung durch die Tatsache, dass die osmanischen Offiziere damals die französische Sprache erlernen mussten, dadurch aber auch Einblicke in die Geschichte Frankreichs und ihrer Revolution erhielten. In dieser Zeit gewöhnte er sich auch an Rakı, einen hochprozentigen Schnaps, den er seit damals regelmäßig konsumierte und der seiner Gesundheit zusetzte. Trotz seiner politischen Aktivitäten, die auch zu einer kurzzeitigen Arrestierung führten, machte Mustafa Kemal 1905 seinen Abschluss als einer der Besten, wurde aber zur Armee nach Damaskus strafversetzt, wo er praktisch an der Front stand. 1908/09 war er während der Revolution der Jungtürken einer der Anführer und Kommandeur der aufständischen Truppen, die Sultan Abdülhamid II. zur Abdankung zwangen und seinen Bruder Mehmed V. als Marionette einsetzten. 1911 kämpfte er unter dem Oberbefehl Enver Paschas in Tripolis gegen die italienische Invasion.

Beim Ausbruch des Balkankriegs 1912 kehrte er nach Istanbul zurück und spielte eine entscheidende Rolle bei der Rückeroberung von Staatsgebieten. Anschließend war er Militärattaché in Sofia bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs.

Welt- und Unabhängigkeitskrieg

1915 erzielte er große Erfolge bei der Schlacht von Gallipoli bei den Dardanellen; hierfür wurde ihm der Titel Pascha verliehen. Zur gleichen Zeit wurden im Osten Anatoliens nach Schätzungen 1,5 Mio. christliche Armenier durch eine Gruppe von Jungtürken vertrieben und größtenteils ermordet. 1917 begleitete er den Kronprinzen Vahdettin, den späteren letzten Sultan Mehmed VI., in das deutsche Reich. Unter anderem traf die Delegation in Bad Kreuznach mit Kaiser Wilhelm II. (Deutsches Reich), Generalfeldmarschal Paul von Hindenburg und Generalstabschef Ludendorff zusammen. Nach Ende des Krieges wurde er 1919 Militärinspekteur in Samsun. Von dort aus rief er am 19. Mai zum Aufstand gegen die Besatzer auf.

In einem Telegramm beschwerte er sich beim Großwesir über die Preisgabe des Landes. Anschließend warb er in Proklamationen an das Volk um die Zustimmung zu einer neuen Türkei. Nach dem Verzicht auf seinen militärischen Dienstgrad (Mustafa Kemal Pascha ist zu dieser Zeit Brigadegeneral) wurde er in Sivas zum Vorsitzenden der Repräsentantenversammlung und später des Exekutivrats gewählt.

Atatürk bezeichnete 1920 den Völkermord an den Armeniern vor dem Parlament als „eine Schandtat der Vergangenheit“. Gegenüber den drei jungtürkischen Führern hatte Kemal Atatürk ein gespanntes Verhältnis. Diese gelten als Hauptverantwortliche der Deportation, in Folge dessen wollte er sie auch nicht in den Reihen der späteren türkischen Nationalbewegung sehen. Einem amerikanischen Diplomaten gegenüber ging Atatürk von 800.000 Toten aus und befürwortete eine harte Bestrafung der Täter.

1920 erklärte er den Unabhängigkeitskrieg, um die Teilung des Landes durch die Besatzer zu verhindern, die im Vertrag von Sevres beschlossen worden war. Als Kommandeur der türkischen Streitkräfte erreichte er nach zwei Jahren Krieg die Flucht der feindlichen Armeen am 30. August 1922. Am 1. November wurde das Sultanat abgeschafft.

Nach der Unterzeichnung des Vertrags von Lausanne (24. Juli 1923) wurde am 29. Oktober die Republik Türkei ausgerufen und Atatürk wurde vom Parlament einstimmig zum ersten Präsidenten gewählt. Daraufhin ernannte er İsmet İnönü zum ersten Ministerpräsidenten der neuen Republik.

Türkische Republik

Eins der bedeutendsten Ziele der Politik von Mustafa Kemal Pascha war die Hinwendung des Landes zum Westen und die Trennung von Staat und Religion nach westlichem Vorbild. Er verlegte die Hauptstadt des Landes nach Ankara.

1922 gelang es ihm, das Sultanat abzuschaffen und 1924 das Kalifat. Sultan und Kalif, und damit die höchsten Würdenträger des Islam, verließen das Land. Religionsschulen für Geistliche und Richter wurden aufgelöst, die allgemeine Schulpflicht wurde eingeführt und alle Schulen einem Erziehungsministerium unterstellt.

1926 wurden die Derwischklöster geschlossen und das Tragen religiöser Bekleidungssymbole wie Fes, weit gearbeiteten Hosen, Derwischmützen und Tschador, untersagt. Ferner wurden Kalender und Uhrzeit nach westlichem Standard sowie der Familienname eingeführt. Anstatt des Freitags wurde der Sonntag wöchentlicher Feiertag. Im selben Jahr wurde auch die am Koran orientierte Rechtsprechung durch das Schweizer Zivilrecht abgelöst und damit die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, die Eheschließung durch das Standesamt und ein modernes Erbschaftsrecht eingeführt.

Als Amtssprache wurde die osmanische Hochsprache der bisherigen Eliten, die stark vom Persischen und Arabischen beeinflusst war, durch die türkische Volkssprache ersetzt. 1928 erfolgte die Umstellung von der arabischen Schrift auf das lateinische Alphabet. Seit 1930 konnten Frauen an Kommunalwahlen teilnehmen, seit 1934 auch an den Parlamentswahlen. Weitere Reformen betrafen das Steuerrecht, wodurch die Industrialisierung gefördert und die Landwirtschaft ungünstiger behandelt wurde.

1934 verlieh die große Nationalversammlung Mustafa Kemal Pascha den Titel „Atatürk“ (Vater der Türken).

Zur Zeit des Nationalsozialismus lud Atatürk zum Aufbau des türkischen Hochschulwesens deutsche Wissenschaftler, auch solche jüdischen Glaubens, in die Türkei ein und gab ihnen dadurch eine Zufluchtsmöglichkeit. Die Universitäten von Ankara und Istanbul wurden für viele von ihnen zu neuen Wirkungsstätten.

Mustafa Kemal Atatürk starb am 10. November 1938 in Dolmabahçe in Istanbul an den Folgen einer Leberzirrhose, nachdem er zwei Tage vorher in ein Koma gefallen war, aus dem er nicht mehr erwachte. Sein Leichnam wurde nach Ankara gebracht und 1953 in dem eigens dafür geschaffenen MausoleumAnıtkabir“ zur letzten Ruhe gebettet. Einer der Flughäfen Istanbuls ist nach ihm benannt.

Zum Todestag Mustafa Kemals wird in der Türkei eine Trauerminute eingelegt, zu der landesweit Sirenen erklingen.

Zitat

"Der Islam, diese absurde Gotteslehre eines unmoralischen Beduinen, ist ein verwesender Kadaver, der unser Leben vergiftet."

Gedenkstätten

  • Das Geburtshaus in Thessaloniki ist heute türkisches Konsulat. Ein Teil des Gebäudes ist der Öffentlichkeit zugänglich und zeigt eine umfangreiche Ausstellung über Kemal Atatürk.

Weblinks


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