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Breisacher Stephansmünster

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Breisacher Münster von Süden aus gesehen
Datei:Breisacher Münster Gesamtansicht.jpg
Breisacher Münster vom Eckartsberg aus gesehen

Das Breisacher Stephansmünster ist eine gotisch-romanische Kirche und Wahrzeichen der Stadt Breisach am Rhein. Die auf dem Münsterberg gelegene Sehenswürdigkeit ist weit über die Stadtgrenzen sichtbar. Markant sind die beiden unterschiedlichen Kirchtürme des dreischiffigen Baues, die sich – untypisch für einen christlichen Sakralbau – im Chorbereich befinden. Die Kirche stammt aus der spätromanischen Zeit des 12. Jahrhunderts und wurde bis in die Gotik des 15. Jahrhunderts erweitert. Die nach dem heiligen Stephanus benannte Kirche wird heute von der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Stephan genutzt. Das Breisacher Münster ist besonders für seine kulturhistorisch bedeutsame Innenausstattung bekannt, wie beispielsweise das über 100 Quadratmeter große Wandbild Das Jüngste Gericht von Martin Schongauer.

Geschichte

Die Besiedlung auf dem Plateau des heutigen Münsterberges reicht bis in die Jungsteinzeit zurück. Während der Keltenzeit befand sich auf dem Plateau ein „Fürstensitz“, der Handelsbeziehungen bis in den Mittelmeerraum unterhielt. Auch die Römer erkannten die strategische Bedeutung und errichteten ein Kastell. Dort stellte Kaiser Valentinian I. am 30. August 369 ein Edikt aus, dem Breisach seine erste schriftliche Erwähnung verdankt. In diesem Edikt wird vom mons Brisacus gesprochen; vermutlich ist diese Bezeichnung eine Umschreibung der damals vorherrschenden geografischen Situation: „der Berg, an dem sich das Wasser bricht“.[1] Nach der Eroberung durch die Alemannen um 400 entwickelte sich Breisach zu einem der bedeutendsten Orte am Oberrhein. Die Zeit von 1198 bis 1218 unter Herzog Berthold V. von Zähringen war von einer regen Bautätigkeit geprägt. In dieser Zeit entstanden die Burg Breisach auf der Nordseite des Berges, der Radbrunnen in der Mitte und das St. Stephansmünster auf der Südseite. An der Stelle des heutigen Münsters werden Vorgängerkirchen merowingischer oder karolingischer Zeit vermutet, für die allerdings keine materiellen Spuren existieren.[2]

Darstellung von Breisach und dem Breisacher Münster nach Matthäus Merian, 1644

Die Bauzeit des heutigen Münsters ist nicht genau bekannt. Die Errichtung wurde wohl nach 1185 begonnen und vermutlich bis 1230 abgeschlossen.[2] Der älteste Nachweis für eine Kirche in Breisach ist eine Urkunde, die vorgibt, auf den 14. April 1139 datiert zu sein. In dieser Urkunde bestätigt Papst Innozenz II. dem Basler Bischof Ortlieb von Froburg unter anderem den Besitz des Hofguts in Breisach mit der Kirche und ihrer Tochterkirche Hohstaht (Hochstetten): Curtis de Brisache cum ecclesia et filia sua Hostaht. Die erhaltene Urkunde ist zwar eine Fälschung aus dem Ende des 12. Jahrhunderts. Allerdings scheint sie den Sachverhalt wahrheitsgetreu wiederzugeben.[3]

Im 13. Jahrhundert wurde die Kirche durch einen gotischen Chor mit polygonalem Abschluss erweitert. Nach 1330 entstanden umfangreiche Erweiterungen nach Westen. Diese wurden jedoch nur bis zu einer gewissen Mauerhöhe umgesetzt, sodass für etwa 100 Jahre an die romanische Westwand eine Bauruine anschloss. Diese lange Pause in der Bauausführung führte zu einigen Ungenauigkeiten, sowohl am Westportal als auch an dem mit einem Maßwerk-Tympanon versehenen Nordportal. Erst am Ende des 15. Jahrhunderts wurde der heute noch bestehende Westbau errichtet. Er lässt deutliche Spuren eines erneuten Planwechsels während der Bauzeit erkennen. Anhand der Jahreszahlen 1473 an einem Pfeiler und 1785 an der Außenseite eines Treppentürmchens auf der Südseite lassen sich der Beginn und das Ende der Bauzeit ablesen.

An den Steinen des Münsters lassen sich Kriegsfolgen beobachten. So erinnern eine Inschrift an einen Einschlag von 1870, ausgebrochene Steine an einen Treffer aus dem Jahr 1940, der auch das Paradiesbild Schongauers beschädigte. Das unterschiedliche Mauerwerk der Türme zeigt, dass diese nach Ende des Zweiten Weltkriegs erneuert werden mussten. Der obere Teil des Münsters war fast vollständig zerstört worden, die Orgel war niedergebrannt und der obere Teil des Wandbildes von Schongauer völlig verrußt. Der Wiederaufbau des Münsters dauerte von 1945 bis 1961.[4]

Von 1994 bis 1996 wurde der Altarraum neu gestaltet. Dazu regte das Erzbischöfliche Bauamt in Freiburg an, einen Künstlerwettbewerb auszuschreiben. Am 28. Oktober 1994 fiel die Wahl auf den Münstertäler Künstler Franz Gutmann, der den Auftrag zur Neugestaltung erhielt. Gutmann baute aus acht Eichenstämmen einen Altarboden. Darauf befinden sich der Altar, Ambo und Priestersitz, die aus Eisen gegossen sind. Die Leuchter und Ministrantensitze sind ebenfalls aus dem 100 bis 180 Jahre alten Eichenholz gefertigt. Zu Weihnachten 1995 waren die Arbeiten am Altarraum abgeschlossen; dieser wurde am 4. Februar 1996 vom damaligen Erzbischof Oskar Saier geweiht.
Im Januar 1995 wurde damit begonnen, die Schale des Münsters sowie die Decken und Wände trocken zu reinigen, um das Triptychon von Martin Schongauer vor Feuchtigkeit zu schützen. Außerdem wurde die Elektroinstallation und die Heizung des Münsters erneuert sowie eine Filteranlage neu eingebaut, welche die Staubbildung im Kirchenraum mindert. Zu Pfingsten 1996 waren die umfangreichen Renovierungen am Hochchor abgeschlossen.

Gleichzeitig begann 1993 die Sanierung der Dachpyramide über der Westhalle. Das Kirchendach war teilweise undicht geworden, sodass man Bruchstellen im Dachgesims verfestigte. Das Dach erhielt eine Holzverschalung, um es sturmsicher zu machen. Die Außensanierung dauert derzeit noch an und wird voraussichtlich im Jahr 2010 abgeschlossen sein.[5]

Gestaltung

Architektur

Westportal mit Tympanon des Kirchenpatrons St. Stephan;
Detailansicht des Tympanon

Der Münsterbau St. Stephan erhebt sich auf der Südseite einer über 600 Meter langen, nach allen Seiten steil abfallenden Felsscholle vulkanischen Ursprunges. Der heutige Platz der Kirche entspricht dem des damaligen repräsentativen Verwaltungsgebäudes (Prätorium) des spätantiken Kastells. Dessen Fundamentreste finden sich nicht nur unterhalb der Kirche, sondern unter dem gesamten Münsterplatz. Die Gesamtlänge des Münsters beträgt 68 Meter, die maximale Breite 30 Meter. Neben dem Hauptschiff besteht der Sakralbau aus zwei Seiten- und einem Querschiff. Östlich an das Querschiff schließen sich zwei Konchen an.

Nur das im Westen befindliche Hauptportal weist Figurenschmuck auf. Das spätgotische Tympanon des Portals wurde aus Sandstein geschaffen und zeigt Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons St. Stephan. Das Westportal stammt nicht aus der Zeit der Westerweiterung, sondern wird in die Zeit um 1330/40 datiert. Die untere Zone stellt die Berufung des Patrons durch einen Apostel dar. Daran schließt sich die Darstellung seiner Predigt vor den Juden an, die sich die Ohren zuhalten, um seine vermeintlich gotteslästerlichen Reden nicht zu vernehmen. Ein anderer Widersacher versucht, ihn aus einem Buch zu widerlegen. Die rechte Seite stellt die Steinigung des Stephanus dar. Die obere Szene des Tympanons zeigt zwei Engel, die den Leichnam des Heiligen in einen Sarkophag legen. Dieser feierliche Vorgang wird durch zwei weitere Engel begleitet, die Kerzen und Weihrauch halten. Ein fünfter Engel hält die Seele des Stephanus in Gestalt eines kleinen Kindes im Arm, um sie ins Paradies zu tragen.

Türme des Breisacher Münsters

Ein weißer und ein schwarzer Treppenturm markieren jeweils die Grenze des ehemaligen Westabschlusses der romanischen Kirche und des Westbaues. Der niedrigere weiße Treppenturm gehört noch zum ursprünglichen Westbau. Der massive schwarze Treppenturm wird dem Anfang eines Westbaues zugerechnet, dessen Planung geändert wurde. An ihm ist die erneuerte Jahreszahl 1485 eingemeißelt. Am Ende der Wand des romanischen Seitenschiffs ist ein kleines Pförtchen vermauert. Die Dachspitze im Westen misst 31 Meter Höhe.

Nordkonche

Die der Stadt zugewandte Nordseite des Münsters ist schlicht gehalten. Sie weist zwei giebelbekrönte Portale im romanischen Teil und ein gotisches im Westbau auf. Im Winkel zwischen Querhaus und Seitenschiff befand sich früher ein ausladendes Beinhaus mit einer Michaelskapelle, das den heute dort sichtbaren halbrunden Treppenturm verbarg. Dieser Bauteil war von innen wie von außen zugänglich. Von Norden her lässt sich ablesen, dass die Kirche einst höher geplant war und nach Osten weiter fortgesetzt werden sollte. Nach Aussagen von Statikern hätten die zu schwachen Unterbauten an dieser Stelle niemals einen hohen Turm zugelassen.[6] Trotzdem gab es im 19. Jahrhundert Pläne, einen Westturm zu errichten. Im Januar 1886 griff bei einem Vortrag der Karlsruher Architekt Dr. Cathiau den geplanten Ausbau des Hauptturms als Fremdkörper im Ensemble der Kirche an. Diese kontroversen Diskussionen reduzierten das notwendige Spendenaufkommen erheblich, sodass der Ausbau des Turms nicht verwirklicht werden konnte. Dieser hätte ohnehin die Vernichtung des Wandbildes von Martin Schongauer zur Folge gehabt.[7] Daher weist das Breisacher Münster in untypischer Weise auf der Westseite keinen Turm auf, sondern verfügt über einen quaderförmigen Baukörper mit pyramidalem Dach. Der romanische Nordturm – 36,5 Meter hoch – beherbergte das Geläut des Münsters. Die ungleichen Türme haben sowohl eine unterschiedlich groß ausfallende quadratische Grundfläche als auch voneinander abweichende Fassadenelemente und Fenster. Beide Türme werden durch Pyramidendächer abgeschlossen. Der etwas höhere und spitzere gotische Südturm hat eine Gesamthöhe von 38 Meter[8] und ist im Gegensatz zum Nordturm nicht begehbar.

Münsterplatz

Während des gesamten Mittelalters lag um das Münster herum ein Friedhof, der 1648 von den Franzosen aufgehoben und als Paradeplatz verwendet wurde. Die Bäckersäule aus dem Jahr 1476 wurde dabei an die Westfassade des Münsters vor den „Ölberg“ versetzt.

Breisacher Münster in der Nordansicht mit Münsterplatz

Großherzog Friedrich I. von Baden schenkte 1870 dem Breisacher Bataillon ein Festungsgeschütz, welches die deutschen Truppen in Fort Mortier (Neuf-Brisach) erbeutet hatten. Es wurde ursprünglich 1782 in Straßburg gegossen. Das Geschütz wurde dann auf dem Münsterplatz gegenüber dem Hauptportal aufgestellt. Als das Bataillon im Oktober 1901 nach Neuf-Brisach verlegt wurde, kam das Geschütz ebenfalls dorthin.

Am 7. November 1904 trafen die Stadt Breisach und die katholische Kirche eine Vereinbarung über die Rechtsverhältnisse von Münster und Münsterplatz, die der Katholische Oberstiftungsrat in Karlsruhe am 11. Februar 1905 genehmigte. Diese Vereinbarung besagt, dass das Münster, das Gelände auf dem das Münster steht sowie drei Meter nach Nordosten und zwei Meter nach Südosten als Eigentum der katholischen Gemeinde anerkannt sind. Dieser Teil ist heute mit Pflastersteinen ausgelegt. Der übrige Teil des Platzes ist Eigentum der Stadt Breisach. Der als öffentlicher Platz ausgewiesene Münsterplatz darf nicht bebaut werden. Weiterhin ist geregelt, dass die Kirche bei Bauarbeiten das Recht hat, Baumaterialien auf dem städtischen Teil zu lagern, soweit dies erforderlich ist. Sie ist weiterhin berechtigt, Prozessionen auf dem Münsterplatz abzuhalten. „Unziemliche und lärmende Schaustellungen und Darbietungen“ sind dagegen untersagt.[9]

Nördlich des Münsterplatzes, dem Münster gegenüber, steht das Rathaus der Stadt Breisach. Es wurde 1953 auf den Fundamenten eines römischen Kastells aus dem 3. Jahrhundert wieder aufgebaut.

Ölberg

Krypta

Während des Mittelalters stand an beiden Seiten des Hauptportals eine spätgotische Ölberggruppe aus lebensgroßen, bemalten Sandsteinfiguren. Eine Familie Burchard hat diese gestiftet. Auf dem Ölberg standen Totenleuchten, nachdem der Friedhof durch die Franzosen im Jahr 1648 aufgehoben wurde. Während Instandsetzungsarbeiten in den 1880er Jahren wurden der Ölberg abgebrochen, die Pultdächer entfernt und die Figuren 1886 auf den Friedhof bei der Josefskirche versetzt. Die Totenleuchte wurde an die Südseite des Radbrunnens verlegt. In der Krypta wurde um 1880 ein Ölberg aus bemalten Holzfiguren aufgestellt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden diese erheblich beschädigt. Einige Figuren davon sind noch erhalten.

1978 wurde die Krypta zu einer Gedenkstätte an die schwer zerstörte Stadt Breisach umgestaltet. Um die Mittelsäule der Krypta hat der Breisacher Bildhauer Helmut Lutz einen Dornenkranz aus Sandstein angelegt, aus dem sieben verschlungene Blütenkelche als Lebenssymbol herauskommen. Zwei Bildembleme versinnbildlichen Tod und neues Leben nach der Zerstörung. Dem zerschossenen Korpus Christi fehlen beide Arme. Diese an der Säule befestigte Figur ist der Rest des barocken Kreuzes, das vor dem Krieg vor dem Hauptportal des Münsters stand.[10]

Ausstattung

Innenausstattung

Grundriss des Stephansmünsters
Datei:Breisacher Münster Mittelschiff.jpg
Mittelschiff in Richtung des Chors
Datei:Breisacher Münster Kanzel.jpg
Kanzel

Das Langhaus, die Seitenschiffe und der Hochchor des Breisacher Münsters sind eine hell gehaltene romanische Kirchenarchitektur. Die Innenraumhöhe beträgt etwa 7 Meter. Der Lettner aus Sandstein versperrt zunächst den Blick auf den Hochchor. Rechts vom Mittelgang in Richtung des Chors steht eine Kanzel aus dem Jahr 1597, die mit reichen Intarsien verziert ist. Die im Grundriss sechseckige Kanzel gehört zu den besten Kunstschreinerarbeiten des 16. Jahrhunderts und stammt von Johannes Jeger.[11] Zwei verschiedene Holzarten und Farben – ein goldbrauner Grundton wechselt mit hellen Hölzern – verstärken die malerische Wirkung. Auf der Rückwand der Kanzel ist ein Erlöserbild mit der lateinischen Inschrift Pax vobis („Friede sei mit euch“) zu sehen.

Vor dem Lettner steht ein Zelebrationsaltar aus dem Jahr 1996. Am Fuße dieses Altars befindet sich ein silberner Schrein mit Reliquien der Stadtpatrone Gervasius und Protasius aus dem Jahr 1496.

In der Nordkonche links des Lettners steht das spätgotische Sakramenthaus. Das Sakramenthaus ist ein steinernes Aufbewahrungsbehältnis für geweihte Hostien. Das Tridentinum (1545–1563) ordnete die Unterbringung der Hostien im Tabernakel auf dem Altar an und machte das Sakramenthaus überflüssig. Erst das Zweite Vatikanum (1962–1965) ließ den Gebrauch des Sakramenthauses wieder zu. Das Sakramenthaus des Breisacher Münsters stammt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts und erhebt sich über einen doppelt gegliederten Fuß auf einem schlanken Pfeiler. Die Pfeiler sind mit musizierenden Engeln verziert; zwischen den hochgezogenen Pfeilern erheben sich vergoldete Gitter. Nach etwa 4,5 Metern endet das Sakramenthaus mit einem gegliederten Gesprenge. Die Zierteile wurden durch Beschuss im Zweiten Weltkrieg beschädigt.[12]

Ebenfalls in der Nordkonche befindet sich das Heilige Grab, das Werk eines unbekannten Bildhauers aus dem Jahre 1517. Die Skulptur stellt inmitten der Grabnische den Leichnam Jesu dar. An diesem Leichnam stehen die mit Salbgefäßen in den Händen weinenden Frauen Maria Kleophae, Maria Salome und Maria Magdalena. Neben ihnen steht ein Engel mit Rauchfass und Leinentuch. Über der Grabnische befindet sich auf einer Konsole der Auferstandene mit weitem Mantel und einem Triumphkreuz in seiner linken Hand. Die Figuren waren bis zur Renovierung nach dem Zweiten Weltkrieg mit dicker Ölfarbe bemalt, die dann wieder entfernt wurde.[13]

An der Seitenwand der Rosenkranzkapelle ist eine Gedenktafel für Bernhard von Sachsen-Weimar angebracht. Dieser belagerte die Festung Breisach monatelang und zog am 19. Dezember 1638 als Sieger in die Stadt ein. Wilhelm Ernst, der damalige Großherzog von Sachsen-Weimar, übergab 1904 diese Gedenktafel, die an dem ersten Begräbnisort von Bernhard aufgestellt war.[14] Das Breisacher Münster beherbergt im Inneren Grabmäler zahlreicher Persönlichkeiten aus der Stadt und der Umgebung Breisachs. Die älteste Grabplatte ist auf das Jahr 1343 datiert und befindet sich in der Nordapsis.[15]

An beiden Seiten des Hochchors sind zwei aus Eichenholz geschnitzte spätgotische Chorgestühle in zwei Reihen angebracht. Das zwischen den gewölbetragenden Pfeilern gelegene Gestühl wurde um das Jahr 1500 angefertigt und bietet insgesamt 42 Sitzplätze. Verzierende Schnitzereien sind an den Wangen, Doggen, den Misericordien sowie den Gesäßstützen unter den Klappsitzen angebracht. Sie zeigen Motive aus der Schöpfungsgeschichte, Legenden der Heiligen und Märtyrer, den Kampf mit dem Teufel, Motive aus der Pflanzen-, Tier- sowie der mittelalterlichen Fabelwelt. Die beiden Stadtpatrone Gervasius und Protasius sowie der Münsterpatron Stephanus sind ebenfalls dargestellt.[16]

Der Silberschrein

Datei:Breisacher Münster Silberschrein.jpg
Silberschrein

Zum Kostbarsten der Neuausstattung aus dem Ende des 15. Jahrhunderts zählt der Silberschrein für die Reliquien der beiden Stadtpatrone Gervasius und Protasius. Der Schrein aus versilberten Kupferplatten misst in Länge, Breite und Höhe 84 × 42,5 × 58 Zentimeter und besteht aus einem Kasten aus Lindenholz. Der Schrein wird von vier sitzenden, vergoldeten Löwen getragen. Einzelne Figuren und Teile sind ebenfalls vergoldet. Der Schrein ist in seiner Grundform ein Quader mit aufgesetztem Walmdach. In der Mitte der Längsseiten befindet sich eine Kreuzigungsdarstellung, die von Petrus, Paulus sowie Gervasius und Protasius mit deren Eltern flankiert wird. Auf den kurzen Seitenflächen sind Figuren des heiligen Andreas, Johannes des Täufers, Ambrosius sowie Stephanus, Philippus und möglicherweise Vitus dargestellt. Dieser letzte nicht identifizierte Heilige ist im Inneren des Schreins mit Balthasar benannt. Eine Erklärung dafür hat man nicht.[17] Die Dachflächen des Schreins sind mit Szenen aus dem Leben und Martyrium der beiden Stadtpatrone geschmückt.

Den Reliquienschrein schuf 1496 der Straßburger Silberschmied Petrus Berlyn für 1500 Gulden.[18] Einer Sage nach herrschte in Breisach 1480 eine Wassernot, die der Auslöser dafür gewesen sein soll, die Verehrung der Stadtpatrone neu zu beleben. Die Reliquien sollen am 18. Juni 1498 in einer kirchlichen Feierlichkeit aus dem hölzernen Sarg in den neuen Silberschrein übertragen worden sein. Die Gebeine sollen nach der Eroberung Mailands 1162 durch Friedrich I. Barbarossa vom Kölner Erzbischof Rainald von Dassel nach Breisach gebracht worden sein.[19]

Der Schrein hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Durch kriegerische Handlungen wurde sein Standort immer wieder außerhalb des Münsters verlagert. Im September 1793 brachte man ihn während einer drei Tage dauernden Beschießung nach Waldkirch in Sicherheit. 1938 wurde er auf die Insel Reichenau gebracht und vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nach Säckingen. Seit 1948 ist der Schrein wieder im Breisacher Münster und seit Weihnachten 1975 steht er in einer Vitrine in der Südkonche zur Besichtigung aufgestellt. Im Zuge der Neugestaltung des Altarraums Ende 1995 wurde der Silberschrein in den neuen Zelebrationsaltar eingefügt.[20] Im Jahr 2000 brachte man zusätzlich einen Oberflächenschutz an. Der über 500 Jahre alte Schrein ist in einem außerordentlich guten Zustand.[21]

Lettner

Datei:Breisacher Münster Lettner.jpg
Lettner hinter dem neuen Zelebrationsaltar und Silberschrein
Datei:Breisacher Münster Lettner (Detail2).jpg
Detail des Lettners

Der Breisacher Lettner wurde 1496[Anm. 1] von einem nicht mehr bekannten Meister geschaffen, der 1497 ebenfalls die Chornische beim Hochaltar gestaltete. Eine Besonderheit im Breisacher Münster ist, dass der Lettner bis 1960 geschlossen war und eine Scheidewand zwischen dem Hochchor der Kleriker und dem Mittelschiff des Volkes darstellte. Vom Lettner aus wurden das Evangelium und liturgische Gesänge vorgetragen. Bis ins Jahr 1837 hinein standen auf dem Lettner Orgeln, bis zum Zweiten Weltkrieg drei Altäre. Oft wird der Breisacher Lettner als architektonisches Vorbild für den Isenheimer Altar angesehen.[22]

Mit seinen zierlichen aus gelbem Sandstein gearbeiteten Formen gilt er als großartiges Meisterwerk spätgotischer Steinmetzkunst.[23] Der Grundriss des Lettners ist rechteckig: Auf zehn Spitzbögen aufgebaut steht er auf zwölf schlanken Pfeilern. Vom Mittelschiff schaut man durch fünf bogenförmige Durchlässe, zum Chor hin öffnen sich drei, zu den Seiten je ein Bogen. Die Decke besteht aus einem Netzgewölbe, dessen Rippen sich aus den Arkadenpfeilern und den schlanken Säulen der Rückseite entwickeln. Eine rund einen Meter hohe Maßwerkbrüstung begrenzt eine begehbare Plattform des Lettners. Auf den tragenden Pfeilern befinden sich in etwa drei Meter Höhe Kapitelle, die aus einem festen Kern bestehen. Auf der Vorderseite dieses Kerns ranken sich gehöhlte Blattwerke. Über den schlanken Pfeilern stehen unter Baldachinen Figuren, die eng mit der Tradition des Breisacher Münsters verbunden sind.

Datei:Breisacher Münster Lettner (Detail).jpg
Maria mit Kind

Links vom Mittelbogen steht Maria mit Kind, rechts die Heiligen Drei Könige. Weiterhin sind Josef und der Kirchenpatron Stephanus dargestellt. Die beiden Stadtpatrone Gervasius und Protasius sind auf der nördlichen Schmalseite zu finden – ihre Eltern Vitalis und Valeria auf der südlichen Seite. Etwas tiefer befinden sich auf Konsolen die Heilige Barbara und die Heilige Katharina. Dass die Heiligen Drei Könige mit Breisach in Verbindung stehen, hängt mit einer Legende über ihre Reliquien und die der Märtyrer Gervasius und Protasius zusammen. Nach dieser Legende führte der Weg von Mailand nach Köln über Breisach.[24] Fachleute vermuten, dass die Lettnerfiguren von zwei verschiedenen Künstlern stammen. Diese Vermutung stützt sich auf Abweichungen in Gesamtstatur, Körperhaltung und Detailreichtum der Skulpturen. Bei einem Vergleich beispielsweise der Marienfigur mit der des Mohrenkönigs zeigt sich, dass die Letztere von dem begabteren Steinmetz stammt.

Die Lettnerdecke wird vom alten Wappen der Stadt Breisach (sechs silberne Berge auf rotem Grund), dem Wappen Vorderösterreichs (weißer Querbalken auf rotem Grund) und dem Banner des Heiligen Römischen Reiches (schwarzer Doppeladler auf goldenem Grund) geziert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg mehrten sich Stimmen aus der Gemeinde, dass der Blick auf den Hochaltar freigemacht werden solle. Der Lettner besaß damals noch eine geschlossene Rückwand mit zwei vergitterten Türöffnungen und einem vergitterten Fenster. Nach dem Willen der Verantwortlichen in der Pfarrei wäre der Lettner in die Westhalle versetzt worden. Fachleute lehnten dies mit der Begründung ab, dass eine Veränderung des Standorts eine Verfälschung der Historie sei. Der damalige Erzbischof Hermann Schäufele entschied 1959 den Lettnerstreit, indem er die Versetzung ablehnte. Allerdings sollte die zum Chor zeigende Wand des Lettners geöffnet werden. Gleichzeitig sollte ein neuer Zelebrationsaltar in der Vierung vor dem Lettner errichtet werden. 1960 wurde daraufhin die Betonempore in der Westhalle abgerissen und im nördlichen Querschiff eine neue Empore für die Sänger und die Orgel erbaut.[25]

Hochaltar des Meisters HL

Allgemeine Beschreibung

Schematische Darstellung des Hochaltars

Der Hochaltar des Breisacher Münsters ist ein offenes Altarretabel aus Lindenholz. Es besteht aus zwei gewaltigen Flügeln, einer Predella und einem aufstrebenden Gesprenge. Der Schrein misst 4,31 Meter in der Höhe und 3,62 Meter in der Breite. Die beiden Flügel sind 1,81 Meter breit. Die rechteckige Predella ist 1,07 Meter hoch und 2,05 Meter breit. Die Höhe der Figuren beträgt 2,05 Meter und das Gesprenge ragt bis zu einer Höhe von etwa 6,25 Meter auf. Den Hochaltar schnitzte in den Jahren 1523 bis 1526 ein Meister, der das Monogramm HL hinterließ. Nach einer Hypothese könnten diese Initialen dem Bildhauer Hans Loy zugeordnet werden. Dieser wird in den Jahren 1519/20 in der Freiburger Malerzunft genannt. Allerdings ist über Hans Loy fast nichts bekannt.[26] Nach einer örtlichen Legende stehen die Initialen für einen Künstler namens Hans Liefrink.[27]

Im Freiburger Stadtarchiv ist ein Schreiben des Magistrats der Stadt Breisach aus dem Jahr 1523 an den Magistrat der Stadt Freiburg mit der Bitte um Lindenholz erhalten, da dies im Breisacher Wald nicht zu beschaffen sei. Der Bildschnitzer selbst überbrachte diesen Brief der Stadt Freiburg.[28] Viel mehr ist über die Anfänge dieses Kunstwerks nicht überliefert.

Der Altar ist dreimal mit dem Meistermonogramm HL in Form von Täfelchen signiert, und zwar jeweils an den Füßen von Maria, Christus und dem Gottvater. Auf einem Gebetbuch, das ein Engel an der Seite der Gottvaterfigur rechts am Altarrand emporhält, ist mit Hilfe von Infrarotlicht die Jahreszahl 1526 − das Jahr der Vollendung – zu erkennen.

Der Hochaltar überstand sowohl die Zeit der Bilderstürme als auch die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs; denn der Hochaltar und seine Figuren wurden in den Bergungsraum des Erzbischöflichen Ordinariats nach Freiburg in Sicherheit gebracht.[29] In den Jahren 1941/42 wurde bei Restaurierungsarbeiten die 100 Jahre zuvor aufgetragene Farbschicht abgenommen. Die Teile des Altars verblieben im ursprünglichen Lindenton. Einzig die Inkarnatsteile erhielten eine leichte farbliche Fassung. 1949 wurde der Altar ins Breisacher Münster zurückgeführt. 1984 wurde er erneut restauriert und auf Schäden untersucht.

Mittelschrein

Datei:Breisacher Münster Hochaltar.jpg
Chor und Hochaltar

Zentrales Motiv des Hochalters ist die Darstellung der Marienkrönung. Das Vorbild für diese Szene ist ein zwischen 1512 und 1516 gemalter Hochalter im Freiburger Münster von Hans Baldung Grien, den HL kannte.[30] Die Marienfigur ist im Altar schwebend in aufrechter Gestalt dargestellt. Vor der Brust kreuzt sie ihre Arme und neigt ihren Kopf demutsvoll leicht zur Seite. Ihre lockige Haarpracht wird vom Wind nach oben getragen. Das stark gefaltete und verdrehte Gewand schmiegt sich um ihren Körper. Jesus zu ihrer Rechten und Gottvater zur Linken sitzen an der Seite Marias und halten mit ausgestreckten Armen eine kostbar verzierte Krone über ihrem Haupt. Die Szene wird von musizierenden Engeln umrahmt und eine Taube als Sinnbild für den Heiligen Geist schwebt über der Krone. Die gesamte Szenerie wird von Wolken belebt und von einer Schar von über vierzig teilweise musizierenden Engelsputten umgeben. Diese sind das Sinnbild für Jubel, Heiterkeit und Freude. Die Krönung Mariens ist ebenfalls Thema des Altars der Pfarrkirche St. Michael im nahen Niederrotweil, den HL einige Jahre zuvor geschaffen hatte.[31] Der Mittelschrein ist stark profiliert, so dass durch Licht und Schatten ein verstärkte Tiefenwirkung erzielt wird.

Datei:Breisacher Münster Hochaltar (Detail).jpg
Krönung Mariens und Gottvater

Die Darstellung Gottes wirkt trotz ihrer Präsenz zurückhaltend. Der Körper des alten Mannes wird von einem gewaltigen Bart, einer prunkvollen Bügelkrone und einem wallenden Gewand verdeckt. Die Extremitäten wie auch Gesicht, Hände und Füße wirken in dieser Komposition gut versteckt. Die Gottesfigur hält in ihrer Linken ein Zepter, die ausgestreckte Rechte hält die Krone über Marias Haupt. Auf dem linken Knie ruht eine Weltkugel als Herrschaftssymbol. Unter den Füßen des Gottvaters trägt ein Putto ein Täfelchen mit dem Monogramm HL.

Die Darstellung von Christus ist weit weniger zurückhaltend. Auch Christus erscheint mit königlichem Zepter und Krone. Schwungvolle Locken und ein gekrauster Bart rahmen sein Antlitz ein. Sein Blick, aber auch sein ganzer Körper ist Maria zugewandt. Sein tief hängendes Gewand wallt sich über seinen Körper und wird von einer doppelten Kordel festgehalten. Gleichzeitig erkennt man unterhalb der entblößten Brust den tiefen Lanzenstich an seiner Seite.[Anm. 2]

Seitenflügel

Datei:Breisacher Münster Hochaltar (Gervasius und Protasius).jpg
Gervasius und Protasius

Im bewussten Gegensatz zum dynamischen Mittelschrein wirken die Figuren der Seitenflügel durch das Fehlen von filigranen und unzähligen Einzelheiten sehr viel ruhiger. Im linken Flügel stehen die beiden Kirchenpatrone Stephanus mit Stein und Bibel und Laurentius mit Buch. Beide sind mit einer römischen Tunika gekleidet. Der Märtyrer Stephanus hält als Zeichen des Sieges einen langen Palmenzweig. Auf dem rechten Seitenflügel sind die mit modischer Patrizierkleidung des 16. Jahrhunderts gekleideten Stadtpatrone Protasis und sein jüngerer Bruder Gervasius mit Geißel dargestellt. Beide Figuren wirken durch die hinterschnitzten Gewänder besonders plastisch.

Bemerkenswert ist, dass nur mit einer Ausnahme[Anm. 3] sämtliche Figuren des Hochaltars nicht über den Rahmen hinausragen. Damit schuf HL die technische Voraussetzung für das Zuklappen der Seitenflügel.

Predella

Datei:Breisacher Münster Hochaltar (Predella).jpg
Predella: Darstellung der vier Evangelisten

Die rechteckige Predella weist seitlich hochschwingende Konsolen auf, welche den Schrein über die Altarmensa emporheben. Die vier Evangelisten Johannes, Matthäus, Markus und Lukas sind von einem Rankenwerk umrahmt als Halbfiguren von links nach rechts in verschiedenen Lebensaltern dargestellt, wobei Johannes der jüngste und Lukas der älteste ist. Jedem Apostel ist sein Attribut Adler, Engel, Löwe bzw. Stier zugeordnet. Alle vier schreiben in ihr Buch, das vor ihnen liegt, und blicken in unterschiedliche Richtungen. Johannes fällt stilistisch etwas aus dieser Viererreihe heraus, weil er im Gegensatz zu den anderen keinen Hut trägt und in sein Handeln versunken scheint. Die drei anderen Evangelisten tragen ähnliche Gewänder und die gleichen Chorherrenbirette. Ihre schreibenden Hände sind teilweise ineinander verschlungen.

Gesprenge

Die genaue Herkunft des über 6 Meter hohen Gesprenges ist ein kunsthistorischer Streitfall. Eine Theorie besagt, das Gesprenge sei später hinzugefügt worden. Aus mangelnder Zufriedenheit mit dem neuen Stil habe man der Spätgotik mit dem hochaufstrebenden Altar Rechnung tragen wollen. Der Stil passe nicht zum Meister HL und ein Geselle seiner Werkstatt habe es geschaffen. Einer anderen Theorie zufolge sei es kein nachträglicher Zusatz, sondern eine Weiterentwicklung des Ulmer Planrisses.[32]

In fünf Nischen über dem Mittelschrein sind bogenförmig Figuren auf Konsolen stehend unter Baldachinen angeordnet. Zuäußerst sind zwei musizierende Engel zu sehen, etwas höher die Eltern der Stadtpatrone Vitalis und Valeria, auf dem Hochpunkt des Bogens eine Anna-selbdritt-Gruppe. Das Gesprenge erhebt sich mit vier schlanken, filigranen Säulen weiter in die Höhe, an deren Spitze ein Schmerzensmann dargestellt ist. Dieser trägt eine Dornenkrone und zeigt seine verwundeten Handinnenflächen. Alle Figuren des Gesprenges sind verglichen mit dem Mittelschrein oder der Predella sehr flüchtig gehalten. Auf der Rückseite sind die Figuren abgeflacht und ausgehöhlt. Eine abschließende Fiale steigt bis an die Decke empor und windet sich nach vorn.

Orgeln

Geschichte

Orgel von 1835

Die Geschichte der Orgeln im Stephansmünster lassen sich bis ins Jahr 1598 zurückverfolgen. In diesem Jahr stellte der Breisacher Orgelbauer Werner Mauderer eine neue Orgel im Münster auf.[33] Im Stadtarchiv der Stadt Breisach ist ein Schwur des Organisten Gallus Gallmeyer gegenüber dem Stadtrat überliefert. In diesem Eid beteuert er, „mit der kleinen und großen Orgel auf dem Lettner“ sorgsam umzugehen. Daraus ergibt sich, dass es 1606 zwei Orgeln gab. In den 1730er Jahren wurde die in der Art eines Schwalbennestes an der Hochschiffwand angebrachte Orgel auf den Lettner versetzt. Diese zerstörte 1793 ein Brand bei der Beschießung der Stadt. 1811 wurde eine Orgel aus dem aufgehobenen Kloster Wonnetal bei Kenzingen auf dem Lettner aufgestellt. Eine neue, größere Orgel von 1835 stammte aus der Freiburger Werkstatt Merkel. Für die Aufstellung dieser Orgel war eine Bühne im Westjoch des Mittelschiffs vorgesehen. Aus Kostengründen beantragte der Stadtrat die Versetzung des Lettners an die Westwand. Letztlich wurde jedoch 1837 eine Orgelbühne aus Stein an der Westwand erstellt. Die alte Orgel aus dem Kloster Wonnetal wurde versteigert und am 17. November 1842 zusammen mit zwei Altären abgebaut. 1905 baute die Orgelbaufirma Kiene aus Waldkirch eine neue Orgel mit geschlossenem Prospekt. Diese enthielt zwei Manuale und Pedal auf pneumatischen Orgelladen. Die Überlinger Orgelbauwerkstätte Mönch lieferte 1931 eine neue Orgel mit elektrischem Spieltisch. Sie umfasste 34 Register in zwei Manualen und Pedal bei neun verschiedenen Kopplungen und Kombinationen. Die Kosten betrugen nach Abzug der wiederverwendeten Teile 19.500 Mark.[34] Diese Orgel brannte Ende des Zweiten Weltkriegs bei dem Beschuss der Stadt Breisach und dem Brand des Münsters aus.

Heutige Orgel

Seit dem 9. Juni 1963 steht auf der neu errichteten Empore im nördlichen Querhaus eine Orgel der Bonner Orgelbauer Klais. Der Standort ist umstritten, da er unter akustischen Gesichtspunkten nicht optimal ist. Dennoch entschied man sich nach langen Debatten für diesen Standort, weil man Schongauers Wandgemälde nicht noch einmal verdecken wollte, wie es durch die Orgel aus dem Jahr 1931 gewesen war.[35]

Die mechanische Klais-Orgel verfügt über 36 Register mit 2526 Pfeifen. Die Register sind auf das Rückpositiv mit acht Registern (1. Manual), das Hauptwerk mit zehn Registern (2. Manual) und das Schwellwerk mit neuen Registern (3. Manual) sowie das Pedal mit neun Registern verteilt.[36]

Die Disposition der heutigen Klais-Orgel ist nachfolgend dargestellt.[36] Die roten Zahlen neben der Manualbezeichnung geben die Anzahl der Ranks[Anm. 4] (bzw. in Klammern der Register) des Teilwerks an.

Datei:Breisacher Münster Orgel.jpg
Heutige Orgel
Hauptorgel
I. Rückpositiv 11 (8) II. Hauptwerk 15 (10) III. Schwellwerk 13 (9) Pedal 12 (9)
Holzgedackt 8 Pommer 16 Rohrflöte 8 Principal 16
Quintade 8 Principal 8 Gamba 8 Subbass 16
Föte 4 Gemshorn 8 Principal 4 Octave 8
Principal 2 Octave 4 Holzföte 4 Bartpfeife 8
Terz 1 3/5 Spillflöte 4 Schweizerpfeife 2 Holzprincipal 4
Sifflöte 1 1/3 Quinte 2 2/3 Sesquialter II Nachthorn 2
Cymbel IV Hohlflöte 2 Scharff IV Hintersatz IV
Musette 8 Mixtur V–VI Holzdulcian 16 Posaune 16
+ Tremulant Trompete 8 Hautbois 8 Trompete 8
Kopftrompete 4 + Schweller
+ Tremulant

Geläut

Die Glocken des Breisacher Münsters stammen aus verschiedenen Jahrhunderten und vier Gießereien. Dennoch wird das Geläut von Sachverständigen als eines mit großem Seltenheitswert angesehen, welches ansprechend, ausdrucksvoll und harmonisch sei.[37]

Name Gußjahr Ton Gewicht in kg
Erste Glocke 1491 Cis 2200
Zweite Glocke 1662 F 1600
Dritte Glocke um 1350 Gis 1200
Vierte Glocke 1583 ais 900

Die zwei größten Glocken stammen aus Offenburg. Die größte – auch erste Glocke genannt – hat Meister Guntheim von Speyer 1491 gegossen. Sie misst einen Durchmesser von 1,45 Meter und eine Höhe von 1,40 Meter. Auf dem Spruchband trägt sie in Latein die Umschrift: „Geweiht bin ich dem großen Gott, dessen Stimme in der weiten Höhe des Himmels widerhallt. Ich heiße Posaune Gottes“. Die große Glocke wird zur Wandlung in den Hauptgottesdiensten an Sonn- und Feiertagen, bei Beerdigungen von Erwachsenen, am Freitag um 11 Uhr zum Gedenken an den Tod Christi, eine halbe Stunde vor den Sonntagsgottesdiensten und den Andachten geläutet. Am 31. Oktober um 15 Uhr erinnert sie an den ersten Bombenabwurf auf Breisach im Jahr 1944.

Die zweitgrößte Glocke hat einen Durchmesser von 1,28 Meter, eine Höhe von 1,11 Meter. Sie wurde 1662 von Stefan Moilot gegossen. Ihre Umschrift in Latein lautet: „Im Jahre des Herren 1662 wurde ich geweiht und gewidmet Jesus, dem Erlöser, Maria, seiner jungfräulichen Mutter, und der heiligen Ursula mit ihren Gefährtinnen“. Weiter unten ist zu lesen: „Mit meinem Schall vertreibe ich Wolken samt dem Donner und dem Mordstrahl (des Blitzes). Ich rufe die Herde samt dem Hirten und zerstreue die böswilligen Feinde.“ Des Weiteren werden die geistlichen und weltlichen Würdenträger der Stadt Offenburg aus dem Jahr 1662 aufgeführt. Bilder von Christus am Kreuz, Maria und Johannes an seiner Seite schmücken die Glocke an einer Seite. Die Glocke wird zu den Betzeiten um sechs Uhr morgens, um zwölf Uhr mittags und um sechs Uhr abends geläutet.

Die dritte Glocke weist 1,11 Meter in Höhe und Durchmesser auf. Die lateinische Umschrift lautet: „Oh König der Herrlichkeit, Christus, komm mit dem Frieden. Ave Maria“. Als älteste Glocke des Breisacher Münsters stammt sie aus der Mitte des 14. Jahrhunderts und erklingt, wenn ein Pfarrangehöriger gestorben ist.

Die vierte und heute kleinste Glocke hat einen Durchmesser von 98 Zentimeter und eine Höhe von 83 Zentimeter. Im Jahr 1583 wurde sie vom Breisacher Hiremias Nirnberger gegossen. Die Übersetzung der lateinischen Inschrift lautet: „Christus regiert, Christus siegt, Christus herrscht“. Die Glocke läutet, wenn ein Kind beerdigt wurde. Während des Zweiten Weltkriegs hatte die Glocke Risse durch einen Granatsplitter erlitten, die in einer Glockenwerkstatt in Nördlingen repariert wurden.

Das Breisacher Münster besaß eine fünfte Glocke, die im Zweiten Weltkrieg durch einen Granatsplitter irreparabel beschädigt worden war. Die ehemals kleinste Glocke misst 69 Zentimeter im Durchmesser und 54 Zentimeter in der Höhe und steht heute im Museum für Stadtgeschichte im Rheintor. Sie trägt auf dem Spruchband die deutsche Inschrift: „Ich bin aus dem Ofen geflossen, Hiremias Nirnberger hat mich hier zu Breisach gegossen im Jahr 1579“. Sie war als einzige Glocke nicht mit dem Geläut abgestimmt und wurde bis 1944 als sogenannte „Armenseelenglocke“ nach dem abendlichen Angelusläuten verwendet.

Das gesamte Glockenensemble ist jeden Samstag um 14 Uhr zu hören. An normalen Sonntagen läuten nur die drei kleineren Glocken den Gottesdienst ein. Die Glocken der elsässischen Nachbarstadt Neuf-Brisach sind seit 1975 auf die des Stephansmünsters abgestimmt.[38]

Martin Schongauers „Jüngstes Gericht“

Allgemeines und Geschichte

Das Wandbild eines Jüngsten Gerichts des Colmarer Malers und Grafikers Martin Schongauer befindet sich an drei Wänden im Westbau des Stephansmünsters. Eine Vollmacht vom 15. Juni 1489 weist ihn als Breisacher Bürger aus.[39] Es wird angenommen, dass Schongauer das Bürgerrecht erwarb oder erwerben musste, um den großen Auftrag zu erhalten.[40] Schongauer, der bereits zu Lebzeiten sehr angesehen war, fertigte ein bedeutsames Wandbild, welches auch gleichzeitig die größte Darstellung dieses Themas nördlich der Alpen ist. Nach heutigem Stand der Untersuchungen ist davon auszugehen, dass Schongauer seine Gemälde auf vorhandenem Putz aufbrachte.[41]

Das Triptychon stellt im Mittelbild auf der Westwand (13,2 auf 7,4 Meter) das Jüngste Gericht dar und auf dessen Flügeln den Einzug der Seligen ins Paradies auf der Südwand und den Höllensturz der Verdammten auf der Nordwand (jeweils 14,4 auf 7 Meter). Die Malfläche der drei Wände beträgt zusammen 145 Quadratmeter.[42] Dieses Werk Schongauers wird als ungewöhnlich monumental beschrieben. Das dargestellte Geschehen spielt sich fast auf der Betrachtungsebene an den drei Wänden des Münsters ab. Bemerkenswert ist die relativ geringe Zahl der Gestalten – elf in der Paradiesszene, zehn in der Höllendarstellung und sieben in der Auferstehungsszene. Die Gestalten sind etwa in doppelter Lebensgröße dargestellt und unterstreichen damit die eindringliche Wirkung.[43] Kunsthistoriker schätzen die Bedeutung dieses Wandbildes sehr hoch ein. Nicht nur die handwerkliche Meisterschaft sei charakterisierend. Außergewöhnlich seien auch die Art der Darstellung und die Auswahl der Motive.[44] Der Freiburger Theologieprofessor und Landeskonservator Joseph Sauer beschrieb den Freskenzyklus wie folgt:[45]

„Eine natürliche Grazie ohne Spur von Geziertheit, eine Verhaltenheit bei aller Tiefe und Ursprünglichkeit des Ausdrucks und eine bezaubernde Anmut ohne empfindsame Süßlichkeit sind über das Weltgericht ausgebreitet. Der Meister hat die Welt der Schrecken und Qual mit erschütternder Eindringlichkeit und Kraft, aber ohne anstoßende Roheit gemeistert. […] Die deutsche Kunst dieser Zeit hat kein anderes Werk solcher Größe und Reife an die Seite zu stellen.“

Der fragmentarische Zustand von Schongauers Malerei machte eine gründliche Sicherung und Restaurierung notwendig. 1985 begann dazu die erste Beobachtungs- und Untersuchungsphase. Unter Zuhilfenahme von Enzymen wurden übermalte Farbschichten aufgequollen und zentimeterweise abgenommen. Diese Arbeiten waren erst 1993 abgeschlossen. In der inzwischen über 400-jährigen Geschichte des Wandbildes hatten viele Ereignisse zur Verblassung und teilweisen Zerstörung geführt.[46]

1607 erteilte die Stadt Breisach dem Portraitmaler Jakob Müller den Auftrag, den unteren Teil des Schongauer-Triptychons weiß anzustreichen und das Gemälde auszumalen. Bei einer späteren Restaurierung im Jahr 1766 verschwand die Arbeit komplett unter einer Tünche. Erst 1885 bei Innenrenovationsarbeiten kam das vergessene Kunstwerk zum Vorschein. Von Juni bis September 1931 beseitigte die Überlinger Kunstwerkstätte Mezger die Übermalung. Nach Ende dieser Arbeiten wurden fotografische Aufnahmen zur Dokumentation angefertigt.[47]

Südwand
Südwand
Westwand
Westwand
Nordwand
Nordwand

Westwand: Christus der Weltenrichter

Die künstlerische Komposition des Jüngsten Gerichts und seine Bestandteile sind durch Jahrhunderte festgelegt. Martin Schongauers Darstellung hat sich an Rogier van der Weyden in Beaune (siehe: Das Jüngste Gericht von Rogier van der Weyden) angelehnt und die Breitenentwicklung des Triptychons gewählt, die im 15. Jahrhundert üblich war.[48] Zu den wichtigsten Bestandteilen gehören: Christus auf dem Thron oder Regenbogen, Schwert und Lilie, die aus dem Mund Christi hervorgehen, Maria und Johannes der Täufer, die zwölf Apostel, Posaunen blasende Engel, sich öffnende Gräber, aus denen die Toten auferstehen, Waage, auf welcher der Erzengel Michael die Seelen der Auferstandenen wägt, sowie Paradies und Höllenrachen.

Die Westwand des Breisacher Münsters bildet den Mittelteil des Triptychons: Christus als Weltenrichter. Er wird als König dargestellt, der „wiederkommen wird in Herrlichkeit, Gericht zu halten über Lebende und Tote“. Die zentrale Darstellung Christi wird von einer doppelten Nimbusscheibe, die sein Haupt umgibt, unterstützt. Christus thront auf einem Regenbogen, der die Erde mit dem Himmel verbindet. Dies symbolisierte im Mittelaltar die Versöhnung des Menschen mit Gott. Die linke Hand ist abwärts zum Fluch und zur Verdammnis gerichtet, die rechte zum Segen und zum Heil. Aus dem Mund von Jesus Christus geht zu seiner Rechten ein detaillierter Lilienstängel hervor, zu seiner Linken ein Schwert. Die Lilie ist das Zeichen für Gnade und Erbarmung, das Schwert versinnbildlicht die Scheidung von „Gut und Böse“ und der Verdammnis. Insgesamt drei Spruchbänder umgeben Christus. Das Spruchband rechts verkündet: Venite benedicti patris mei, possidete regnum, quod vobis partum est ab inicio seculi – „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmt das Reich in Besitz, das für euch seit Anbeginn der Welt bereit ist“. Das Spruchband, welches sich zur Linken entrollt, verkündet das Urteil: Ite maledicti in ignem aeternum – „Geht, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer“. Maria und Johannes der Täufer knien beidseitig von Jesus als Fürbitter der Menschen. Hinter Johannes und Maria reiht sich eine Schar des alten Bundes, Patriarchen und Propheten. Die Person hinter Johannes, der seinen Blick auf den Betrachter gerichtet hat, soll vermutlich Martin Schongauer selbst darstellen. Nach mittelalterlicher Tradition haben sich Künstler in ihren Werken oft selbst dargestellt.[49] Ebenfalls hinter Johannes erkennt man Moses mit Feuerzungen am Kopf und den Gesetzestafeln vor der Brust. Neben Maria ist Petrus mit Schlüssel zu erkennen.

Oberhalb von Christus tragen fünf Engel die Leidenswerkzeuge der Passion Christi, unter anderem das Kreuz als Zeichen des Heils. Über ihren Köpfen verkünden Spruchbänder Hoc signum crucis erit in celo, cum Dominus ad iudicium venerit – „Dieses Zeichen des Kreuzes wird am Himmel sein, wenn der Herr zum Gericht erscheinen wird“ und Tempus misericordiae praetererit, tempus iustitiae advenit – „Die Zeit des Erbarmens ist vorbei, angebrochen ist die Zeit der Gerechtigkeit“.

Südwand: Paradiesschilderung

Für die Paradiesdarstellung hat Martin Schongauer das geschriebene Wort als Grundlage seines Freskos an der Südwand gewählt. Die Darstellung ist von klarer Ordnung, Licht und Frühlingsstimmung dominieren die Szenerie. Eine große Schrifttafel rechts neben dem Fenster weist auf die himmlischen Freunden hin. Der Text stammt vermutlich aus dem elsässischen Humanistenkreis in Colmar oder Schlettstadt.

  Original     Übersetzung

Semper erunt quod erant aetern(ae) gaudia vitae
gaudendi quoniam causa erit ipse deus,
nec varios pariet motus diversa voluntas,
unum erit cunctis lumen et unus amor.
Inque bonis summis posita experientia felix,

Nec v(o)let augeri nec metuet minui.
Ad patriam vitae de noctis valle vocati
virtutum gradibus scandite lucis iter!

Gratior est fructus qu(e)m spes producior edit,
ultro obiectorum (v)il (ius es)t pretium.
Delicias jam nunc promissi concipe regni,
virtute atque fide quod cupis esse tene!
Exsulta agnoscens te verbi in carne renatum:
cujus si pars es, pars tua Christus erit.
Qui, ne damnandi legeres mala gaudia mundi,
promissum ad regnum se tibi fecit iter.

 

Immer werden sein, was sie waren, die Freuden des ewigen Lebens,
Weil Gott selbst der Grund der Freude sein wird,
Und kein uneiniger Wille wird unbeständige Gemütsbewegungen hervorbringen:
Ein einziges Licht wird allen sein und eine Liebe.
Und auf den höchsten Gütern gegründete glückliche Erfahrung

Wird weder vermehrt werden wollen, noch fürchten, verringert zu werden.
Ihr, die gerufen seid vom Tal der Finsternis in die Heimat des Lebens,
Beschreitet auf den Stufen der Tugenden den Weg des Lichts!

Willkommener ist die Frucht, wenn hinausgezögerte Hoffnung sie gewährt,
Geringer ist der Wert von Dingen, die von allein dargeboten werden.
Empfange schon jetzt die Freuden des versprochenen Reiches,
Halte durch Tugend und Glauben das fest, von dem du wünschst, dass es sei.
Freue dich, wenn du erkennst, dass du wiedergeboren bist in der Fleischwerdung des Wortes!
Wenn du Teil von diesem bist, dann wird Christus dein Teil sein.
Dieser hat sich selbst, damit du nicht etwa die bösen Freuden der schändlichen Welt wählst,
Zum Weg hin zum versprochenen Reich für dich gemacht.

Unterhalb der Inschriftentafel beginnt der Zug der Seligen und führt einen steilen Weg durch eine gotische Pforte in den Himmel. Der Zug beginnt mit Landleuten, die von einem auf die Tafel zeigenden Engel angeführt werden; weiter oben schreiten ein Bischof und eine Frau im Nonnenschleier, darüber sind ein Papst und ein Kardinal zu erkennen. Das Fenster in der Mitte des Gemäldes trennt die beiden Stände auf und wahrt damit die mittelalterliche Gesellschaftsordnung. An der Paradiespforte mit Maßwerkgalerie, mit Dreipass und Fischblasen, sitzen Engel. Die linken begrüßen die Ankommenden mit Lautenklängen, rechts mit den Noten des Engelsgesangs von Weihnachten Gloria in excelsis Deo et in terra pax hominibus.[50]

Nordwand: Darstellung der Hölle

Im Gegensatz zur Paradiesschilderung herrscht in der Höllendarstellung chaotisches Durcheinander, kraterartig aufgerissene Klüfte, auflodernde Flammen und Schreckgestalten. Nackte Verdammte stürzen kopfüber in das Feuer. Teufelsgestalten jagen und quälen die Ausgelieferten. Dämonen mit menschenähnlichem Körperbau, stark behaarten Gliedmaßen, scharfzackigen Hörnern und zangenartigen Klauen sind auszumachen. Auch die Anzahl der Verdammten ist im Gegensatz zu anderen Darstellungen dieser Art sehr begrenzt, um die Eindringlichkeit der Schilderung zu erhöhen. Am unteren Rand der Darstellung, fast auf dem Kirchenboden, lagert die hünenhafte Gestalt Luzifers mit Zackenhörnern, glühenden Augen und zwei aufwärts stehenden Hauern an der Schnauze. Brandrote Flammen lodern aus der Tiefe und deuten Vernichtung und Verzweiflung an.[51]

Fenster

Die zehn farbigen Fenster im Stephansmünster stammen von dem Künstler und Restaurator Valentin Peter Feuerstein (1917–1999) und zählen zu den Hauptwerken dieses Glasmalers. Die expressiven Farben sind ein Charakteristikum seiner Arbeiten. Die Fenster im Münster wurden in den Jahren 1966/67 eingesetzt und stellen Szenen mit folgenden Titeln dar: Schöpfungsgeschichte, Abraham, der Vater des Glaubens, Könige und Propheten, Das Leben Jesu, Stephanusfenster, Pfingstfenster, Christus, der Erstgeborene, Auferstehung der Toten, der neue Himmel und neue Erde sowie der Kampf Satans gegen das Volk Gottes.[52]

Wahrnehmung in Kunst und Gesellschaft

Datei:Breisacher Münster Ostwand.jpg
Baudatum 1494 der Sakristei an der Ostseite

Die Erweiterung der Sakristei nach Osten im Jahr 1494 ist bereits literarisch in einer zeitgenössischen Reimchronik über Peter von Hagenbach bestätigt:[53]

«er nam auch stein, kalk und sand
uf dem kilchhoff zu hand
damit man sanct steffan

   

sin kilch gebuween solt han
und führt das in ein hus
und macht ein roßstall daruß»

Stahlstich von Johannes Esaias Nilson (um 1830)

Auch in den folgenden Jahrhunderten war das Münster ein beliebtes und oft verwendetes Thema für Maler, Zeichner, Lithografen oder Dichter. Im Isenheimer Altar (1506–1515) von Matthias Grünewald, der sich im Musée d'Unterlinden in Colmar befindet, ist eine der frühesten Darstellungen des Stephansmünsters im Hintergrund der Geburt Christi zu finden. Im 17. Jahrhundert fertigten Matthäus Merian und der Baumeister und Architekturzeichner Johann Jakob Arhardt (1613−1674) detailgetreue und wirklichkeitsnahe Bilder des Münsters an. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde das Münster zunehmend als Sujet für Aquarelle, Zeichnungen und Gemälde verwendet. Unter den zahlreichen Künstlern seien der Breisacher Gervas Kretzmeyer (1814–1871) und der überregional bekannte Zeichner und Kupferstecher Johannes Esaias Nilson genannt. Sogar der ehemalige Bundespräsident Theodor Heuss, der an den Künsten sehr interessiert war, fertigte am 15. April 1933 eine Kreidezeichnung des Münsters an.[54]

Zum Breisacher Münster haben die Bürger eine besondere Verbundenheit. Dies lässt sich zum einen durch die wechselvolle Geschichte erklären, zum anderen war das Stephansmünster von Anfang an die Pfarrkirche der Bürger. Die Kirche war weder Abtei noch Bischofskirche oder Grablege für Fürsten. Das erklärt den besonderen Einsatz, der dieser Kirche immer noch zuteil wird.[55] Kriege und Verfall machten immer wieder Innen- wie Außenrenovierungen notwendig. In den Jahren 1923 bis 1936 fand eine durch das Erzbischöfliche Bauamt in Freiburg initiierte Münsterbaulotterie statt. Der Reinerlös von 5 Mio. Mark der ersten Lotterie 1923 war durch die Hyperinflation in Deutschland wertlos geworden. Aus den folgenden zwei Lotterien kamen Einnahmen von 37.409 Reichsmark zusammen, die für die Finanzierung der notwendigen Renovierungen verwendet wurden.[56]

Dem persönlichen Einsatz der damals 24-jährigen Hildegard Braun ist es zu verdanken, dass im August 1938 der Silberschrein vom Münster auf die Reichenau im Bodensee gefahren wurde. Mit einem Firmenlastwagen brachte sie den hinter Sprudelkisten versteckten Schrein über mehrfache Kontrollen in Sicherheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg beseitigten viele Handwerker durch unentgeltlichen Einsatz die schweren Kriegsschäden. Erzbischof Conrad Gröber musste sich dafür einsetzen, dass das einsturzgefährdete Münster nicht von den französischen Militärbehörden gesprengt wurde. Nachdem die Rettung des Bauwerks gesichert war, spendeten viele umliegende Städte und Gemeinden Baumaterial und Geld für den Wiederaufbau.[57]

Seit 1885 besteht der Breisacher Münsterbauverein, dessen Wirken in der Nachkriegszeit aufgrund der Notlage kaum möglich war. 1981 formierte sich der Verein neu und ist als eingetragener Verein voll rechtsfähig.[58] Seit 1990 erscheint regelmäßig die vom Verein herausgegebene Zeitschrift Unser Münster. Der Verein, der 2004 rund 430 Mitglieder zählte, versteht sich als ideeller Nachfolger der mittelalterlichen Müns­terbauhütte, sammelt Spendengelder und beteiligt sich aktiv an der Wiederherstellung und Restaurierung des Gebäudes sowie der Innenausstattung.

Literatur

  • Uwe Fahrer et al. (Bearb.), Münsterpfarrei St. Stephan Breisach (Hrsg.): Das Breisacher Münster. Schnell & Steiner. Regensburg 2005, ISBN 3-7954-1649-3
  • Gebhard Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster. Unser Münster – Schriftenreihe des Münsterbauvereins Breisach e.V., Heft 1, 3. Auflage, Münsterbauverein, Breisach 2002
  • Gebhard Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster. Unser Münster – Schriftenreihe des Münsterbauvereins Breisach e.V., Heft 2, 3. Auflage, Münsterbauverein, Breisach 2006/07
  • Hermann Metz: Der Altar des Meisters HL im Breisacher St. Stephansmünster. Unser Münster – Schriftenreihe des Münsterbauvereins Breisach, Münsterbauverein, Breisach
  • Joseph Sauer: Der Freskenzyklus im Münster zu Breisach, Urban Verlag Freiburg, 1933

Weblinks

Anmerkungen

  1. da schriftliche Baunachrichten völlig fehlen gibt die Jahreszahl des Chors Aufschluss über die Entstehungszeit des Lettners
  2. Bibel: Joh 19,34
  3. Ausnahme bildet das Knie Christi, welches aus dem Rahmen hinausragt. Beim Schließen des Altars hätte es jedoch in der Lücke zwischen den beiden Figuren Stephanus und Laurentius Platz.
  4. englische Bezeichnung für die Pfeifenreihen, siehe auch: Orgel-Glossar#R

Einzelnachweise

  1. Seite vom Museum für Stadtgeschichte in Breisach, geschichtlicher Abriss vom Stadtarchivar Uwe Fahrer
  2. a b Das Breisacher Münster. Seite 8
  3. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 5
  4. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 83 ff
  5. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seiten 88 ff
  6. Das Breisacher Münster. Seite 13
  7. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 17
  8. Information zu den Türmen: Münsterbauzeitschrift Unser Münster Nr. 1/2004, Seite 19.
  9. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 81
  10. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 71
  11. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 65
  12. Das Breisacher Münster. Seite 30 f.
  13. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 40 f.
  14. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 80
  15. Das Breisacher Münster. Seite 67 f.
  16. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seiten 36 ff.
  17. Das Breisacher Münster. Seite 32
  18. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 30
  19. Biografisch-Bibliografisches Kirchenlexikon: Protasius und Gervasius
  20. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 32
  21. Das Breisacher Münster. Seite 33
  22. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 35
  23. Das Breisacher Münster. Seite 27
  24. Das Breisacher Münster. Seite 28
  25. Das Breisacher Münster. Seite 29
  26. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 43 f (Leben von Hans Loy)
  27. Der Breisacher Hochaltar: Ein rätselhafter Meister
  28. Metz: Der Altar des Meisters HL im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 4 f
  29. Metz: Der Altar des Meisters HL im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 37
  30. Informationen zu Griens Wirken in Freiburg: His masterpiece: the retable of the Freiburg cathedral (engl.)
  31. Informationen zur Pfarrkirche St. Michael in Niederrotweil
  32. Metz: Der Altar des Meisters HL im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 32
  33. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 76
  34. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 77
  35. Das Breisacher Münster. Seite 63
  36. a b Technische Daten zur Orgel des St. Stephansmünsters
  37. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 78
  38. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 79
  39. Basel, Staatsarchiv: Gerichtsarchiv, Urteilsbuch (1487/89) A 37, fol. 88
  40. Das Breisacher Münster. Seite 21
  41. Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster, (Maltechnik) Seite 38 f
  42. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 18
  43. Das Breisacher Münster. Seite 23
  44. Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 35
  45. Joseph Sauer: Der Freskenzyklus im Münster zu Breisach, Urban Verlag Freiburg, 1933, Seite 66 ff
  46. Das Breisacher Münster. Seite 25 f
  47. Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 21
  48. Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 27
  49. Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 27
  50. Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 32
  51. Klein: Martin Schongauer und das „Jüngste Gericht“ im Breisacher St. Stephansmünster, Seite 34 f.
  52. Das Breisacher Münster. Seite 52 ff
  53. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 9
  54. Das Breisacher Münster. Seite 71 f
  55. Das Breisacher Münster. Seite 72
  56. Klein: Das Breisacher Sankt Stephansmünster, Seite 78
  57. Das Breisacher Münster. Seite 74
  58. Informationen zum Münsterbauverein

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