Beethovenhalle

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Beethovenhalle Bonn (2005)

Die Beethovenhalle ist ein Konzert- und Veranstaltungshaus in Bonn. Sie ist die dritte Halle, die den Namen des in Bonn geborenen Komponisten Ludwig van Beethoven trägt. Die erste Beethovenhalle entstand 1845 anlässlich der Einweihung des Beethoven-Denkmals auf dem Münsterplatz, die zweite 1870 zu Ludwig van Beethovens 100. Geburtstag. Nach der Zerstörung dieser Halle im Zweiten Weltkrieg begannen 1950 die ersten Aktivitäten zum Neubau. Die dritte Beethovenhalle wurde nach den Plänen und unter der Leitung von Siegfried Wolske gebaut. Im September 1959 wurde sie fertig gestellt und ist seitdem ein Wahrzeichen der Stadt und eines der bedeutendsten Bauwerke der jungen Bundesrepublik. Wie die Vorgängerbauten hat sie eine hervorragende Akustik. Die wichtigste Aufgabe der Beethovenhalle ist die Pflege der Musik Ludwig van Beethovens. Sie ist die „Heimathalle“ des Beethoven Orchesters Bonn. Die Eröffnungs- und Schlusskonzerte des Beethovenfestes finden in ihrem Großen Saal statt, in dem 1980 Konzertgäste Platz finden. Prominente Künstler aus der ganzen Welt gastieren in der Beethovenhalle. Neben der Nutzung als Konzerthaus für klassische Musik gibt es in der Halle Karnevalsveranstaltungen, Ausstellungen, Partys, Kongresse und Feierlichkeiten.

Als Bonn Bundeshauptstadt war, wurde von 1974 bis 1989 vier Mal die Bundesversammlung in der Beethovenhalle einberufen, um den deutschen Bundespräsidenten zu wählen.

Seit 1990 steht die Beethovenhalle unter Denkmalschutz. Zuletzt wurde sie 1996 mit einem Kostenaufwand von 22,6 Millionen DM (entspricht 11,55 Millionen Euro) modernisiert. 50 Jahre nach ihrer Errichtung beabsichtigen die Sponsoren eines geplanten neuen Festspielhauses den Abriss der Halle.

Lage

Reste der barocken Stadtbefestigung - Wachsbleiche

Die Beethovenhalle steht am Ufer des Rheins im Bonner Norden. Die innere Nordstadt und das Bonner Zentrum sind von dort in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar. Die Halle wurde auf den Resten einer Bastion gebaut, die zur barocken Stadtbefestigung gehörte. Im 19. Jahrhundert entstanden auf dem Gelände zwischen Rheinufer und Wilhelmsplatz die Klinikgebäude der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, an der Stelle der heutigen Beethovenhalle stand die Frauenklinik. 1944 wurde sie wie die anderen Klinikgebäude durch Fliegerangriffe weitgehend zerstört und nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut.

Das Gelände, auf dem sich die Beethovenhalle befindet, erstreckt sich nahezu rechteckig in Ost-West-Richtung zwischen der Welschnonnenstraße und dem Rheinufer.

Zu den Außenanlangen gehören im nordwestlichen Teil ein Parkplatz und daran anschließend eine von dem Bonner Landschaftsarchitekten Heinrich Raderschall gestaltete Grünanlage mit Baumbeständen, die teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammen. Im Osten fällt die Grünanlage in einer steilen Böschung zum Rhein hin ab. Das Gebäude prägt aufgrund seiner erhöhten Lage und seiner Architektur, insbesondere mit der weithin sichtbaren grünen Kuppel seit einem halben Jahrhundert das Bild der Stadt. Die Beethovenhalle ist neben zahlreichen sakralen Bauten der einzige bedeutende säkulare Kulturbau, der in den am Rhein liegenden Städten nördlich des Bodensees eine unmittelbare Verbindung zum Fluss hat.

Geschichte

Dem von Hans Schwippert 1949 geplanten Plenarsaal des Bundeshauses war 10 Jahre lang in Bonn kein nennenswerter repräsentativer Neubau mehr gefolgt. Das änderte sich erst durch den Bau der Beethovenhalle. Ihre Errichtung war für die „provisorische Hauptstadt“ eine national und international beachtete Leistung, die im Wesentlichen von Bürgern der Stadt erbracht wurde. Von ihnen ging die Initiative aus und sie sorgten für den größten Teil der finanziellen Mittel. Ihr Einsatz rührte daher, der Darbietung der Musik des in Bonn geborenen Komponisten ein angemessenes Konzertgebäude zu verschaffen. Darüber hinaus sollte sich in dem neuen Haus der Geist der jungen Bundesrepublik zeigen. Wie in Bonn gab es in der Nachkriegszeit in zahlreichen Kommunen Ausschreibungen für Kulturbauten, die „dem neuen Geist eine Form geben“ [1] sollten. In Bonn wurde diese Absicht mit der Beethovenhalle in einer Weise realisiert, die, so der Kunsthistoriker Jörg Rüter, „beispielhaft für einen demokratischen Entscheidungsprozeß (ist), der von der Formulierung der Wettbewerbsforderungen bis hin zu der Frage der Ausstattungsstücke reicht“ [2]

Die heutige Beethovenhalle ist das dritte Konzertgebäude in der Geschichte Bonns, das diesen Namen trägt. Die folgende Darstellung der Geschichte der beiden im 19. Jahrhundert errichteten Hallen basiert auf der Studie von Jörg Rüter Die Bonner Beethovenhalle.

Die erste Beethovenhalle

Die erste Beethovenhalle entstand 1845 als „kurzzeitige Festarchitektur und Kulisse“ [3] für Franz Liszt. Er war zum Dank für seine großzügige Geldspende zur Errichtung des Beethoven-Denkmals nach Bonn geladen worden und sollte bei den Feierlichkeiten zur Enthüllung Regie führen. Die bereits für 2000 Besucher umgebaute Akademische Reitbahn lehnte er als Veranstaltungsort ab. Stattdessen entstand auf dem Privatgelände des Räss'schen Gartens neben der Franziskanerkirche ein Neubau. Die Pläne dazu wurden von 14 Bonner Werkmeistern gefertigt. Heute befindet sich dort das Viktoriabad. Fachkundigen Rat suchten die Bauherren bei dem Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner und dessen Mitarbeiter Vincenz Statz.

Die erste Beethovenhalle wurde basilikal in Holz ausgeführt und konnte 2500 Besucher aufnehmen. Sie wurde wegen ihrer Akustik gelobt und war eine „Leistung handwerklicher Akkordarbeit“ [4]. Innerhalb von elf Tagen hatten 95 Zimmerleute, Schreiner und Dekorateure ein Festgebäude mit Kapitellschmuck, aufgemalten Friesen und Wandverkleidungen geschaffen. Zwei Monate nach dem Beethovenfest von 1845 bot ein Notar die Halle zum „Verkauf auf Abbruch“[5] an. Feuerpolizeiliche Gründe spielten dabei eine wichtige Rolle.

Die zweite Beethovenhalle

1870 errichtete Beethovenhalle

Aus Anlass des 100. Geburtstages von Ludwig van Beethoven wurde 25 Jahre später am Vierecksplatz in der Brückenstraße, der heutigen Berliner Freiheit, eine neue Halle errichtet. Der Rat der Stadt entschied sich am 4. Februar 1870 für den Neubau am Vierecksplatz. Vorher hatte eine Suche nach alternativen Orten zur Durchführung des geplanten Festes zum 100. Geburtstages des Komponisten stattgefunden. In die engere Wahl waren die evangelische Kreuzkirche am Kaiserplatz gekommen (die aber erst im August 1870 fertiggestellt wurde); die Universitätsaula und der Arkadenhof der Universität. Der Industrielle Joseph Drammer sowie der Bonner Bürgerverein und ein im Entstehen begriffener Beethoven-Aktienverein hatten auf der Grundlage unterschiedlicher Vorstellungen als potentielle Finanziers dieses Projekts mit der Stadt verhandelt. Der am 3. März 1870 begonnene Neubau erfolgte auf Grundlage eines Finanzierungsplans, der von einem Beethovenkomitee, das sich aus 38 Bonner Bürgern zusammensetzte, der Stadtverwaltung und dem Bauunternehmer Joseph Engelskirchen erarbeitet worden war. Engelskirchen lieferte den Entwurf für die Beethovenhalle.

Der Bau entstand überwiegend aus Tannenholz mit einer freistehend vorgelagerten Stuckfassade, die eingeschossig in neoklassizistischem Stil und mit einem giebelbekrönten Rundbogenportal die Gestalt der eigentlichen Halle verdeckte. Das Gebäude war eine dreischiffige Basilika mit längsseitiger Empore. Es fasste rund 1500 Besucher.

Die Halle wurde im Verlauf der nächsten Jahrzehnte zu einem „international angesehenen und wegen ihrer Akustik gelobten Zentrum des Musiklebens“ [6] Der Bau diente jedoch nicht nur der Pflege der klassischen Musik. Ihre Verwendung reichte von Dichterlesungen bis zu Boxkämpfen, von Max Reinhardts Oedipus-Masseninszenierung und den Oberammergauer Passionsspielen bis zu landwirtschaftlichen Ausstellungen und Wohltätigkeitsbazaren mit Budenzauber und rheinischen Kirchmessen, von Universitätsfeiern und Rektoratsübergaben bis zu Karnevalssitzungen und Maskenbällen, von Katholikentagen bis zu Parteiveranstaltungen der NSDAP. [7]

Während des Zweiten Weltkrieges wurde diese zweite Beethovenhalle am 18. Oktober 1944 durch einen Bombenangriff zerstört.

Neubau

Beethovenhalle kurz nach der Eröffnung im Oktober 1959

1950 begannen die ersten Aktivitäten zur Errichtung einer neuen Halle. Im Mai dieses Jahres kam es im Metropol zu einer Festaufführung des österreichischen Spielfilms Eroica zu Gunsten des Wiederaufbaus der Beethovenhalle. Am 10. Juni 1950 stellte die Bonner Rundschau eine hölzerne Nachbildung des Bonner Brückenmännchens auf dem Münsterplatz auf und ließ es gegen einen Beitrag für die inzwischen angelaufene Spendensammlung benageln. Eine wichtige Rolle bei den Unterstützungsaktionen zum Neubau spielte ab 1951 der Stifterverband Beethovenhalle Bonn. Zahlreiche Unterstützungsaktionen fanden in den folgenden Jahren im In- und Ausland statt. Zu den prominenten Künstlern, die sich daran beteiligten, gehörten Elly Ney und Andor Foldes. Höhepunkt der internationalen Spendenwerbung war am 5. Dezember 1956 ein Sonderkonzert von Andor Foldes in der Carnegie Hall in New York City.

Bei der Suche nach einem Standort für die Halle kam der Platz der im Krieg zerstörten zweiten Beethovenhalle nicht mehr in Frage. Das machte die Neuordnung der Ost-West-Achse im Bereich Bertha-von-Suttner-Platz/Berliner Freiheit unmöglich. Am 19. Januar 1952 empfahl der Bauausschuss des Stadtrates, die Halle auf dem Gelände der zerstörten Universitätskliniken am nördlichen Rand der Altstadt zu bauen. Dieser Empfehlung folgte der Rat der Stadt mit Beschluss vom 21. März 1952.

Im Januar 1954 erfolgte die Ausschreibung des Architektenwettbewerbs zur Erlangung von Entwürfen für die neue Halle. In einem internationalen Wettbewerb beteiligten sich 109 Architekten. Nach einer Vorprüfung der Entwürfe tagte im August 1954 das Preisgericht unter der Leitung von Otto Bartning und Paul Bonatz. In den Fluren des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums waren die Modelle ausgestellt und konnten dort begutachtet werden. Sechs Entwürfe schieden wegen fehlender Unterlagen im ersten Orientierungsgang aus. Nach einer Besichtigung des Wettbewerbsgeländes wurden auf einem sog. „ersten Rundgang“ weitere 42 Modelle einstimmig aus der weiteren Beurteilung ausgesondert. 14 Entwürfe blieben nach vier Rundgängen in der engeren Auswahl. Bis dahin durch Tarnziffern anonym gehalten, wurde mit der Öffnung der Teilnehmerumschläge dem Entwurf des damals 29-jährigen Architekten und Scharoun-Schülers Siegfried Wolske der erste Preis zuerkannt. Der zweite Preis ging an den Berliner Architekten Willy Kreuer und dessen Mitarbeiter Heinz Weden [8].

Datei:Beetha1.jpg
Urkunde zur Grundsteinlegung

Der Rat der Stadt fasste am 8. Juni 1955 den Errichtungsbeschluss. Die Grundsteinlegung erfolgte am 16. März 1956 durch den damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss. In der von Heuss unterschriebenen Urkunde zur Grundsteinlegung drückten neben ihm der Bonner Oberbürgermeister Peter Maria Busen und die Mitglieder des Stadtrates den Wunsch aus, dass die neue Halle „zu einem internationalen Zentrum der Pflege Beethovenscher Musik“ werde. 1959 war der Neubau unter der Leitung Siegfried Wolskes vollendet. Die Kosten betrugen 9,5 Millionen. DM.[9] Die Spendensammlung erbrachte mehr als 1 Mio. DM, Bund und Land NRW gaben jeweils eine Million, die Stadt Bonn 6,5 Millionen Mark.

Mit einem Festakt wurde am 8. September 1959 die neue Beethovenhalle eröffnet, eingeleitet mit Beethovens Zur Weihe des Hauses. Ansprachen hielten Bundespräsident Theodor Heuss, der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Werner Schütz, und Oberbürgermeister Wilhelm Daniels. Paul Hindemith dirigierte persönlich seine Nobilissima Visione. Zehn Tage später, am 18. September 1959, fand erstmals das Beethovenfest der Stadt Bonn statt.[10] Prominentester Künstler dieses XXII. Beethovenfestes war Yehudi Menuhin.

Denkmalschutz

Nachtansicht

Die Beethovenhalle wurde 1990 in die Denkmalliste der Stadt Bonn eingetragen. Für die Erhaltung und Nutzung des Gebäudes sprechen, so die Begründung der Denkmaleigenschaft, „(bau)künstlerische, wissenschaftliche, insbesondere architekturgeschichtliche und städtebauliche Gründe“ [11]. Die Denkmaleigenschaft umfasst das gesamte Gebäude der Beethovenhalle –einschließlich Restauranttrakt mit Terrasse und Treppenaufgängen– bestehend aus Großem Saal, Studio, Kammermusiksaal, Vortragsraum, Kassenhalle und Garderobe sowie den verschiedenen (Raucher-)Foyers. Die Beethovenhalle „verkörpert baugeschichtlich die Richtung des „organischen Bauens“, die sich vom rein „funktionalen Bauen“ abhebt. „Sie reiht sich bundesweit“, so die Begründung weiter, „in die Gruppe von Konzertbauten der Nachkriegszeit ein, wie z. B. die Philharmonie in Berlin oder die Liederhalle in Stuttgart. Bauplastische Strukturelemente, von der expressionistischen Architektur ausgehend, werden dort weiterentwickelt. Außen- und Innengestaltung gehen in Material, Form und Farbe eine gelungene Synthese mit der Funktion ein, die bis heute dem Bau in seiner unveränderten Form seine unverwechselbare künstlerische Individualität geben.“ In städtebaulicher Hinsicht „dokumentiert die Beethovenhalle in hervorragender Weise die Neubebauung auf dem Gelände der ehemaligen Bastionärsbefestigung Bonns des 17. Jahrhunderts und der Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts. In exponierter Lage, auf dem erhöhten Rheinufer gelegen, gehört sie zur unverwechselbaren Stadtsilhouette Bonns.“ Ein weiterer Aspekt, der die Denkmaleigenschaft der Halle begründet, ist ihre künstlerische Ausstattung.[11]

Modernisierung und Erweiterung

Lageplan der Beethovenhalle (2009)

Im Sommer 1985 musste die Beethovenhalle wegen eines Feuerschadens durch Brandstiftung geschlossen und renoviert werden. Betroffen waren vor allem die Akustikdecke, die Orgel und der östliche Teil des Saales. In den 1980er Jahren wurde die Halle so stark genutzt, dass sie teilweise drei Jahre im Voraus gebucht werden musste. Pläne, in der Nachbarschaft der Halle ein Konferenzzentrum zu errichten, wurden nicht realisiert. Ende der 1980er Jahre bis Anfang der 1990er Jahre gab es mehrfach Pläne, die Halle umzubauen. Nachdem sie 1990 unter Denkmalschutz gestellt worden war, nahm die Stadt davon Abstand. Mitte der 1990er Jahre wurde die Halle unter der Planung von Siegfried Wolske für 22,6 Millionen DM (entspricht 11,55 Millionen Euro) modernisiert und im südlichen Bereich um drei Seminarräume erweitert.

Nach der Erweiterung besteht die Beethovenhalle aus vier Veranstaltungsbereichen:

  • Großer Saal (1980 Plätze)
  • Studio (487 Plätze)
  • Kammermusiksaal (240 Plätze)
  • Forum Süd (Kongresszentrum mit Seminarräumen)

2005 wurden Optimierungsmaßnahmen im Umfang von 1,9 Millionen Euro seitens der Stadtverwaltung erwogen, darunter Maßnahmen zur Optimierung der Hallenakustik. Durchgeführt wurden diesen Maßnahmen nicht. Die letzte größere Investition wurden 2007 für Brandschutzmaßnahmen getätigt und hatten einen Umfang von 1,5 Millionen Euro.

Architektur

Gebäude

Datei:BNBEETHP.jpg
Plan der Halle von 1959

Der Gebäudekomplex der Beethovenhalle besteht aus einer Gruppe unregelmäßig geformter Kuben mit unterschiedlichen Dachneigungen, die um den überkuppelten Saalbau herum angeordnet sind. Zentraler Baukörper ist die Kuppel, wie eine Welle vom Rhein aufsteigt. Ihre Höhe beträgt 25 Meter über dem Fundament. Sie überspannt den 36 Meter breiten und 49 Meter tiefen Saal. Es handelt sich um eine freitragende, mit Kupfer eingedeckte Stahlkonstruktion. Das Dach, das 1975 neu gedeckt wurde umfasst eine Fläche von 2000 Quadratmetern [12]. Wasserschäden hatten die Renovierung nötig gemacht. Dabei wurde eine Holzkonstruktion unter dem Dach eingebaut, die die Traufhöhe unwesentlich veränderte.[13] Die Dachfläche weist seitdem sieben zum Rhein parallele Abtreppungen auf, die die von Osten nach Westen verlaufende Kurve der Kuppelwölbung kreuzen. Die mittlere Abtreppung, das Zentrum der Kuppel, ist seit ein paar Jahren teilweise mit einem dunklen Belag überzogen, dessen Material und Farbe nicht an die Umgebung angepasst ist.

Die Bestandteile des Komplexes sind voneinander abgegrenzt und ordnen sich der Kuppel unter. Das Zentrum des Hallenkomplexes hat einen asymmetrischen nichtaxialen Grundriss. Dem Großen Saal sind südlich ein querstehendes, 500 Quadratmeter großes, östliches Studio über fächerförmigem und im Westen ein 192 Quadratmeter großer Kammermusiksaal über trapezförmigem Grundriss vorgelagert. Daran schließt sich südlich auf einem unregelmäßig langgestreckten, viereckigen Grundriss ein quergestellter 145 Quadratmeter großer Vortagssaal an. Erweitert wurde dieser Teil des Gebäudekomplexes Mitte der 90er Jahre durch den Anbau von drei Seminarräumen.

Innenarchitektur

Der Architekt erschloss das dem Großen Saal vorgelagerte Hauptfoyer durch einen fingerartigen, länglichen Flachbau, in dem die Eingangs- und Kassenhalle und die Garderobe untergebracht sind. Die in Backstein gemauerte und kaum Tageslicht einlassende Kassenhalle verjüngt sich nach Osten und mündet in den vier Stufen tiefer liegenden Garderobenbereich. Die Südseite dieses Bereiches ist völlig in Glas aufgelöst.

Das Hauptfoyer selbst wird durch frei im Raum positionierte Treppenaufgänge zur Empore des 977 Quadratmeter großen Saals geprägt. Die Grundrissform des Saales ist elliptisch geschwungen, an mehreren Stellen gerade oder kurvig abgeschnitten. Der große Saal, durch eine Holzverkleidung „nahezu expressionistisch wirkend“ [14], einheitlich matt ocker getönt, liegt im Zentrum des Baus und verfügt über ein 280 Quadratmeter großes Orchesterpodium und hatte bei der Eröffnung Sitzplätze für 1400 Besucher. Der Parkettboden weist keinen Anstieg auf. Zur Ausstattung der Bühne gehört eine Orgel mit 5.258 Pfeifen und 67 Registern (+ eine Transmission) auf vier Manualen mit mechanischer Ton- und elektrischer Registertraktur. Sie wurde 1959 von der Orgelmanufaktur Klais erbaut und hat folgende Disposition:[15]

I Oberwerk C–
Prinzipal 8′
Bleigedackt 8′
Oktave 4′
Rohrflöte 4′
Nasat 22/3
Superoktave 2′
Terz 13/5
Septime 11/7
Scharff V–VI 1/4
Quintzimbel II 2/3
Dulzian 16′
Krummhorn 8′
Tremolo
II Hauptwerk C–
Prinzipal 16′
Oktave 8′
Rohrflöte 8′
Weidenpfeife 8′
Superoktave 4′
Koppelflöte 4′
Hohlflöte 2′
Kornett III 22/3
Rauschpfeife IV 22/3
Mixtur V 11/3
Trompete 8′
Trompete 4′
III Schwellwerk C–
Pommer 16′
Holzprinzipal 8′
Spitzgedackt 8′
Viola di Gamba 8′
Schwebung 8′
Oktave 4′
Querflöte 4′
Quinte 22/3
Schwegel 2′
Sesquialter II 11/3
Mixtur V 2′
Nonenzimbel IV 2/7
Bombarde 16′
Trompete 8′
Oboe 8′
Clairon 4′
Tremolo
IV Brustpositiv C–
Holzgedackt 8′
Quintadena 8′
Blockflöte 4′
Prinzipal 2′
Rohrflöte 2′
Spitzquinte 11/3
Sifflöte 1′
Acuta IV–VI 1
Terzzimbel III 16′
Holzschalmei 8′
Vox humana 8′
Tremolo
Pedal C–
Untersatz 32′
Prinzipalbass 16′
Subbass 16′
Pommer (aus III) 16′
Oktavbass 8′
Holzflöte 8′
Rohrgedackt 8′
Oktave 4′
Spitzflöte 4′
Nachthorn 2′
Nonenkornett V 2′
Hintersatz V 22/3
Kontraposaune 32′
Posaune 16′
Trompete 8′
Clarine 4′
Singend Kornett 2′


Die „flach sphäroide“ [14] Decke unter der Kuppel besitzt innen eine aus stereometrischen Reliefkörpern gebildete angehängte Oberfläche. Mit Portalen, die zwischen den kiemenartig ausgestellten Seitenwänden liegen, öffnet sich der Große Saal zu einem Wandelgang und zum Hauptfoyer, das den Zugang zu zwei Raucherfoyers eröffnet.

Großer Saal - Konzert während des Beethovenfestes 2007

Hauptfoyer, Wandelgang, Kammermusik- und Vortragssaal umschließen einen kleinen Innenhof, in dem eine Platane steht. Die Säle und Studios sind miteinander verbunden, sodass es möglich ist, vom nördlichen Wandelgang und den Foyers über das am Rhein gelegene Restaurant in die südlichen Räume und von da wieder in die westliche Eingangshalle zu gelangen.

Bei den Baustoffen bemühte sich Wolske um den Einsatz edelster Rohstoffe aus der ganzen Welt. Die Stadt listete sie in Bonn Beethovenhalle auf und nennt u. a. Granite aus Schweden, Glasmosaik aus Italien, Marmor aus Italien, Teakholzparkett aus Burma, Afrormosia-Parkett aus Westafrika und Holz der Wandvertäfelungen im Großen Saal aus Japan [16].

Akustik

Die erste und ganz besonders die zweite Beethovenhalle waren berühmt wegen ihrer guten Raumakustik. Das sollte für den Bau der neuen Halle ebenfalls gelten. Mit der akustischen Ausgestaltung des großen Saales wurde deshalb von den Bauherren der Göttinger Physiker Erwin Meyer [17] beauftragt. Er stand vor der Aufgabe, gute akustische Bedingungen für einen Raum zu schaffen, der sowohl als Konzertsaal für Musik, speziell klassische Musik, vorgesehen war als auch für Veranstaltungen, in denen Redebeiträge im Vordergrund standen - wie z.B. bei Kongressen und Karnevalsveranstaltungen.

„Darf man auch heute noch die Akustik so dem architektonischen Zufall überlassen?“, fragte Meyer in einem Beitrag für den vom damaligen Bonner Kulturamtsleiter Gert Schroers herausgegebenen Band über die Beethovenhalle. „Diese Frage“, so Meyer weiter, „ist mit einem glatten Nein zu beantworten. Die wissenschaftliche Akustik ist so weit fortgeschritten, daß man die grundlegenden Erfordernisse für eine gute Akustik genau kennt und sie berücksichtigen kann. Daß es wirklich so ist, zeigen zahlreiche nach dem Kriege in allen Ländern neu erbaute Konzertsäle, Theater, Opernhäuser.“[18]

Eines der wichtigsten Ziele, die Meyer zusammen mit dem Architekten anstrebte, war es, mit Hilfe von Baumaterialien - in der Beethovenhalle sind das z.B. die Holzvertäfelungen an den Seitenwänden und die Gestaltung der Decke - dafür zu sorgen, dass der Anteil des Direktschalls gegenüber den Reflexionen ausgewogen ist, groß genug, um die Musik noch klar und transparent wahrzunehmen, aber nicht zu groß, um den räumlichen Eindruck nicht zu mindern. Der Nachhall sollte räumlich gut verteilt sein, einen merklichen Anteil am Gesamtschall haben und nicht zu kurz sein, um den Hörer möglichst gut von der Musik zu umhüllen. Als die besten Nachhallzeiten gelten 1,5 bis 2 Sekunden.

Seit dem Bestehen der Beethovenhalle gab es mehrfach Untersuchungen und Gutachten ihrer Raumakustik. 1988 testete ein Team der japanischen Universität Osaka die Akustik in mehreren europäischen Konzerthallen, neben der Beethovenhalle die Concertgebouw-Halle in Amsterdam, die Münchner Philharmonie am Gasteig und den wohl berühmtesten klassischen Saal, den Großen Musikvereinssaal in Wien. Die Bonner Halle konnte dabei, so der General-Anzeiger in einem Artikel unter der Überschrift „Beethovenhalle hat erstklassige Akustik“ [19], die besten Nachhallzeiten vorweisen. In dem Standardwerk „Akustik und musikalische Aufführungspraxis“ von Jürgen Meyer rangiert die Beethovenhalle auf den besten Plätzen bei den „Neuen“, d.h. den zwischen 1951 und 1986 erbauten Konzertsälen mit sehr viel besseren Werten als die Royal Festival Hall in London und minimal besseren als die Kölner Philharmonie. [20]

Vor dem Hintergrund gewachsener Konkurrenz mit neu gebauten Konzerthallen in Nachbarstädten beauftragte die Stadt im Jahr 2005 die Firma Graner&Partner mit einem Gutachten über die Akustik. Die am 17. Februar 2005 vorgelegten Vorschläge zur „Raumakustischen Verbesserung“ stellen nach Messungen der Nachhallzeit und Messungen der Raumimpulsantwort Mängel im Bereich des Podiums und des vorderen Zuschauerbereiches fest. Das Gutachten schlug zwei Varianten zur Beseitigung der Mängel vor, wobei für die umfangreichere Variante ein Kostenumfang von 800.000 € berechnet wurde. „Mit dieser Variante“, so die abschließende Bewertung des Gutachtens, „läßt sich eine sehr gute Konzertakustik realisieren. Die Nachhallzeit wird auf ein Niveau angehoben, das den heutigen Hörgewohnheiten entspricht, und das Reflexionsbild wird ausgeglichen.“ [21] Umgesetzt wurden die vorgeschlagenen Verbesserungen nicht.

Diesen gutachterlichen Ergebnissen entspricht das Klangerlebnis von Konzertbesuchern. „Auf den meisten Plätzen hört man gut bis sehr gut“, schreibt der Kölner Musikwissenschaftler Michael Gassmann, „einzig ganz rechts und ganz vorne verfehlen Teile des Klangs das Publikum. Aber in welchem Saal der Welt - den ewigen Referenzbau Wiener Musikverein einmal ausgenommen - gäbe es nicht tote Ecken? Selbst in der Kölner Philharmonie bekommen am Rande Sitzende die an der Rampe stehenden Solisten kaum mit. Das ist in der Beethovenhalle anders: Der Klang eines großen Orchesters und der Solisten mischt sich zu einem homogenen Ganzen. Bei Klavierabenden zeigt sich, dass auch ein einzelnes Instrument den Raum insgesamt zum Schwingen bringt.“[22]

Kunst im Innen- und Außenbereich

Hauptfoyer mit der von Joseph Fassbender gestalteten Wand – davor die Beethovenbüste von Bourdelle

Bei der Eröffnung der Halle am 9. September 1959 wurde die Ausstellung Berliner Künstler der Gegenwart u. a. mit Werken von Bernhard Heiliger, Hann Trier, Karl Schmidt-Rottluff und Hans Uhlmann gezeigt. Heiliger und Uhlmann hatten sich mit eigenen Arbeiten an der künstlerischen Gestaltung der Halle beteiligt. Auf der Rheinseite steht seit 1959 eine abstrakte Skulptur von Hans Uhlmann. Eine Plastik von Bernhard Heiliger war viele Jahre im Innenhof der Halle ausgestellt.

Die Beteiligung von bildenden Künstlern an der Gestaltung der Beethovenhalle entsprach Siegfried Wolskes Vorstellung von der Halle als einem Gesamtkunstwerk mit der Verbindung von Kunst und Architektur. Wolske selbst betätigte sich als Künstler: Am Haupteingang variiert ein Farbfenster den Grundriss der Halle. Von Joseph Fassbender sind im Großen Foyer eine Wandmalerei ohne Titel und im Kleinen Raucherfoyer die Wandmalerei Vihaminazhera zu sehen. Frankreich schenkte Émile-Antoine Bourdelles Beethoven-Portrait, das im Großen Foyer aufgestellt ist. Vor der Halle befindet sich seit 1986 die Betonplastik Beethon von Klaus Kammerichs. Auf der Rheinseite ist in einiger Entfernung von Uhlmanns Plastik ein Werk von Alexander Wahl mit dem Titel Vertrauen in die Zukunft zu sehen.

Einordnung

Entscheidend beeinflusst ist Siegfried Wolskes Arbeit von Hans Scharoun. Scharoun hatte seit 1946 den Lehrstuhl und die Leitung des Instituts für Städtebau der Technischen Universität Berlin inne. Wolske zählte zu dem Kreis von Studenten, der die Entwürfe Scharouns diskutierte und weiter entwickelte.

Mit seinen Grundrissgestaltungen aus runden und gekurvten Formen stellte Scharoun sich gegen die Bauhaus-Architektur und wandte sich der organischen Architektur zu, deren wichtigster Vertreter er in Deutschland war. Waren bei den Bauhaus-Architekten Geometrie und Proportionen die formbestimmenden Grundlagen ihrer Architektur-Projekte, so wollte Scharoun in der Planungspraxis eine „individuelle“ Gestalt finden, die neben der Funktionalität des Gebäudes auch die physiologische und psychologische Wirkung auf den Benutzer berücksichtigt. Scharoun räumte der „Organform“ seiner Projekte eine „Eigengesetzlichkeit ein, die eine geistige Haltung reflektiert, die auch irrationale Momente enthält und nicht unbedingt mit der reinen Zweckerfüllung übereinstimmen muß“. [23]

In diesem Sinne strebte Siegfried Wolske für die Beethovenhalle eine besondere Gestalt, eine ganz individuelle „Organform“ an, deren Wesen der Kultur verbunden ist, einer Kultur, deren Ziel es ist, „die Menschen zueinanderzubringen“. Und wie Scharoun wollte Wolske zwischen Individuum und Gesellschaft eine Vermittlung durch „Räume der Mitte“ als Umgebung gemeinschaftlichen Handelns. So sagte er in einer Rede, die er am Abend des 7. September 1959, dem Tag vor der feierlichen Einweihung der Beethovenhalle, bei der Schlüsselübergabe an den damaligen Bonner Oberbürgermeister Wilhelm Daniels:

„Das Wesen dieses Baus ist in besonderer Weise mit der Gesellschaft im weiten Sinne des Wortes ‑ und ihren spezifischen Aufgaben in ihrer eigenen Sache, der Kultur, verbunden. Wenn das Ziel der Kultur nicht ein ästhetisches ist, so kann es nur darin liegen, die Menschen zueinanderzubringen.“

Siegfried Wolske: in: Die Weihe des Hauses, Bonn 1960, S. 12

An einer anderen Stelle heißt es:

„Bauen nicht des Bauens wegen, nicht einer ästhetischen Konzeption zuliebe, nicht, um allein einen gut funktionierenden technischen Apparat zu schaffen, ist die Aufgabe! Sie müßte vielmehr lauten: Zusammenhänge zwischen Indi­viduum und Gesellschaft, zwischen Produktion und Rezeption, Musikspiel und Musikaufnahme, zwischen Darstellung und Betrachtung, zwischen Bewegung und Ruhe, Konzentration und Entspannung sichtbar zu machen.“

Siegfried Wolske: in: Die Weihe des Hauses, Bonn 1960, S. 13

Architekturprojekte, die auf nationaler Ebene in enger zeitlicher Verbindung zur Beethovenhalle stehen, sind der 1952 bis 1954 erbaute Konzertsaal der Musikhochschule Berlin und die 1955/1956 erbaute Liederhalle Stuttgart. Der von Paul Baumgarten erbaute Konzertsaal in Berlin ist außen durch die paraboloide Krümmung seiner aus einem Kubus emporragenden Kuppel charakterisiert. Die Kuppel der Beethovenhalle ähnelt ihr in der Grundform und der architektonischen Einordnung. Erwin Meier, der Wolske beriet (s. Kapitel „Akustik“), hatte die Akustik des Konzertsaals der Musikhochschule Berlin begutachtet. [24] Bei der von Adolf Abel und Rolf Gutbrod erbauten Stuttgarter Liederhalle ähnelt der Grundriss dem Grundriss der Beethovenhalle. „Es fällt bei beiden ein Kontrast von gekurvten und geraden Linien auf, der in Stuttgart noch stärker betont ist“, fasst Jörg Rüter die Ähnlichkeiten zwischen beiden Projekten zusammen. „Auch die Vermeidung des rechten Winkels,“ fährt er fort, „ist beiden Grundrissen gemein. Eine weitere Verwandtschaft zeigt die Wahl der Baumaterialien. Wie in der Beethovenhalle werden auch in der Liederhalle eigenständige Kunstwerke in Form von Bauplastiken integriert.“ [25]

Medienecho

Der Bau der Beethovenhalle fand in nationalen und internationalen Medien ein vielfältiges Echo. Das gilt sowohl für Rundfunk und Fernsehen als auch für die Tages- und die Fachpresse [26].

Einige Tage vor der Einweihung widmete sich am 29. August 1959 einer der damaligen Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Karl Korn, in einem Beitrag dem Ereignis und porträtierte das neue Gebäude. „Der Beitrag der neuen Architektur (in Bonn)“, schreibt er, „der bisher aus Ministerien und Wohnsiedlungen bestand, ist nicht gerade ein Ruhmesblatt gewesen. In vierzehn Tagen wird das anders werden. Die Beethovenhalle wird in der Diskussion über neue Architektur genannt und beachtet werden.“ Korn lobt die Initiative und den Mut, dass Bonn „einen so jungen, also noch unerfahrenen Architekten an diese enorme Aufgabe herangelassen hat.“ Und abschließend heißt es: „Bonn hat einen hohen architektonischen und städtebaulichen Gewinn zu verzeichnen.“ [27] „Die Halle selbst “, so Richard Biedrzynski in der Stuttgarter Zeitung am 3. September 1959, „hält sich an die Maße des Menschlichen.“ Für den Autoren ist es „schon heute sicher“, dass der neue Bau „der provisorischen Bundeshauptstadt einen Akzent gibt, der über den Tag hinaus wirken wird, wenn Bonn nicht mehr Bundeshauptstadt sein sollte. Bonn ist ein Ersatz für Berlin. Seine Beethovenhalle aber wird den Wechsel der Zeiten und Systeme überstehen. Sie ist besser als alles, was man bisher und sonst im Namen des größten Sohns der Stadt unternommen hat.“ [28] Am 18. September 1959 beschäftigte sich der Vorwärts mit dem Neubau, ganz besonders mit der Akustik. Sie „ist glänzend“ schreibt der Verfasser. „Wie Professor Dr. Dr. Erwin Meyer ausführte“, so der Vorwärts, „hieß die Alternative bei der Beethovenhalle entweder eine optimale Akustik für Sprache oder für Musik. Man entschied sich für letzteres, weil beides bei Würdigung aller obwaltenden Umstände nicht zu vereinen war.“ Was die Architektur angeht, so der Vorwärts, „ist die Beethovenhalle ein großer Wurf. Man sollte sich über den Mut freuen, daß dem damals erst 28jährigen Scharounschüler Siegfried Wolske diese große Chance geboten wurde. Hut ab vor dieser Stadtvertretung!“ [29]

Nutzung

Eigentümerin der Beethovenhalle ist die Stadt Bonn. Sie unterstützt den Betreiber derzeit jährlich mit einem Betriebskostenzuschuss in Höhe von 1 Mio. €. Betreiber der Halle ist heute die World Conference Center Bonn Management GmbH. Neben der Beethovenhalle ist die Firma im Bonner Bundesviertel engagiert. Dort betreibt sie das World Conference Center Bonn.

Die Beethovenhalle wird bis heute für zahlreiche musikalische Aufführungen genutzt, daneben auch für andere Veranstaltungen. Mit dem Großen Saal verfügt die Beethovenhalle dabei, so die Betreiber, über einen Konzert- und Kongresssaal „von internationalem Format“[30]. Das Podium lässt viel Raum für „großzügige Inszenierungen“. Bei Bedarf kann die Empore durch absenkbare Deckenelemente vom Saal getrennt werden. Neben dem Großen Saal ist das Forum Süd heute wesentlicher Bestandteil des Nutzungskonzeptes. Laut „Jahresbericht Beethovenhalle 2007“ [31] fanden in diesem Jahr 119 Veranstaltungen mit 246.000 Teilnehmern statt. 170 Veranstaltungen wurden vom Betreiber „verkauft“. Nicht mitgezählt sind dabei die 118 Probetage des Beethoven Orchesters Bonn.

Konzerthaus

Die Beethovenhalle ist „Heimathalle“ des Beethoven Orchesters Bonn, das von 1945 bis 2003 den Namen „Orchester der Beethovenhalle Bonn“ trug. Die wichtigsten Aufführungen des Orchesters finden im Großen Saal des Hauses statt. Weitere klassische Konzerte in der Beethovenhalle sind das Eröffnungs- und das Abschlusskonzert des Beethovenfestes. Im großen Saal findet ebenfalls das Abschlusskonzert der Beethoven Competition Bonn for Piano statt. Prominente Musiker und Orchester aus der ganzen Welt gastieren in der Halle. Dazu gehörten die Pianisten Hélène Grimaud und Lang Lang, das New York Philharmonic Orchestra unter Lorin Maazel, das London Symphony Orchestra unter Daniel Harding, das Orchestre National de France unter Kurt Masur und das Gewandhausorchester unter Riccardo Chailly.

„Bonns größte Disco“

Prinzenproklamation 1961

Neben Konzerten finden in der Halle Tagungen und Konferenzen sowie Abendveranstaltungen, Partys und Gastspiele statt. Die Proklamation des Bonner Karnevalsprinzenpaares gehört zu diesen Veranstaltungen genauso wie die „The Final“-Abiparty [32] mit etwa 4.500 Besuchern oder der „Fun Kölsch Karneval“, bei denen die Beethovenhalle zu „Bonns größter Disco“ [33] wird.

Historischer Versammlungsort

Wahlparty in der Beethovenhalle zur Bundestagswahl 1965

In der Zeit, als Bonn Bundeshauptstadt war, stellte die Beethovenhalle einen Ort dar, an dem zahlreiche repräsentative und historische Veranstaltungen der Bundesrepublik Deutschland stattfanden. Von besonderer Bedeutung war die Beethovenhalle in der Zeit von 1974 bis 1989 als Ort der Bundesversammlung. Die 6. Bundesversammlung war die erste, die in Bonn zusammenkam. Sie tagte am 15. Mai 1974. Ihre Präsidentin war Annemarie Renger. Die Versammlung wählte Walter Scheel zum vierten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Am 23. Mai 1979 tagte die 7. Bundesversammlung in der Beethovenhalle. Ihre Präsidenten waren Richard Stücklen, Hermann Schmitt-Vockenhausen und Liselotte Funcke. Bei der Wahl wurde Karl Carstens zum Bundespräsidenten gewählt. Die 8. Bundesversammlung fand am 23. Mai 1984 statt. Ihr Präsident war Rainer Barzel. Bei der Wahl wurde Richard von Weizsäcker zum Bundespräsidenten gewählt. Er wurde auf der 9. Bundesversammlung, der letzten in Bonn, am 23. Mai 1989 wiedergewählt. Sie fand unter der Leitung von Rita Süssmuth statt.

Verschiedenes

Briefmarkenblock der Deutschen Bundespost (1959) zur Einweihung

Zu Ehren der Einweihung gab die Deutsche Bundespost ihren ersten Briefmarkenblock mit fünf deutschen Komponisten heraus, mit Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel, Louis Spohr, Joseph Haydn und Felix Mendelssohn Bartholdy.

Die Beethovenhalle ist die neunte Station des seit 2006 bestehenden „Beethoven-Rundganges“ in Bonn. Auf einer Tafel vor dem Haupteingang heißt es: „Mit der neuen Beethovenhalle nach den Plänen des Architekten Siegfried Wolske im September 1959 trat Bonn in die Reihe der weltweit bedeutendsten, regelmäßigen Musikfeste ein. Paul Hindemith weihte sie mit seiner Eigenkomposition „Nobilissima visione“ ein. Die heutige Beethovenhalle ist die dritte in Bonn; die erste wurde 1845 zur Feier des 1. Beethovenfestes erbaut.“[34]

In „Mord am Funkenmariechen - Eine Bonner Kriminalgeschichte“ erzählt Krimiautor Peter Assion von einem Verbrechen in der Beethovenhalle.

Abriss-Debatte

Im Januar 2009 wählten die Bonner DAX-Unternehmen Deutsche Post und Deutsche Telekom und die Postbank aus zehn vorgelegten Architektenentwürfe für ein von ihnen geplantes und gesponsertes „Festspielhaus Beethoven“ in einer Vorauswahl vier Entwürfe aus. Alle vier Entwürfe verlangen den Abriss der Beethovenhalle. „Die 1959 errichtete Beethovenhalle“, so die Sponsoren in einer gratis verteilten Broschüre zur Ausstellung der Festspielhaus-Modelle im Januar 2009, „entspricht nicht den heutigen Anforderungen an eine erstklassige Akustik und ist auch von ihrer Funktionalität her nicht mehr auf einem modernen Stand.“

Abrissbefürworter

Für einen Abriss der Halle machte sich auf einer Veranstaltung im August 2008 der Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete Stephan Eisel stark. Bei dem Projekt Festspielhaus gehe es „um einen echten Neubau, sprich Abriss der alten Beethovenhalle“. Der Denkmalschutz ist für Eisel kein Hindernis, die Halle stehe „nur“ in der Denkmalliste [35]. Bei mehreren Gelegenheiten rechnete Eisel vor, „dass die Stadt mindestens 1 Mio. € an jährlichen Unterhaltskosten und ca. 20 Mio. € an absehbaren Sanierungskosten einspare, wenn die Beethovenhalle durch ein neues Festspielhaus ersetzt werde“[36].

Prominenteste Abrissbefürworterin ist die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD). 2007 stimmte sie dem Grundsatzbeschluss zu, der ein Nebeneinander von Beethovenhalle und Festspielhaus vorsieht[37]. Ein Jahr später machte sie sich für eine „integrative“ Lösung stark, für eine Verbindung von (alter) Beethovenhalle und (neuem) Festspielhaus[38]. Nach der Entscheidung der Sponsoren für vier Modelle, die den Abriss der Halle vorsehen, erklärte Bärbel Dieckmann im März 2009, dass die Entscheidung zum Abriss der Halle „keinem leicht gefallen ist“[39]. Gleichzeitig versucht sie als Chefin der Verwaltung Weichenstellungen, die durch den Ratsbeschluss von 2007 nicht gedeckt sind. So soll vom nächsten Jahr an das Beethovenfest nicht mehr in der Beethovenhalle stattfinden [40] und generell sollen bei dem Betreiber der Halle keine Veranstaltungen mehr geordert werden können, die für die Zeit nach dem 31. März 2010 geplant sind.[41]

Für einen Abriss der Beethovenhalle ist auch Jürgen Nimptsch, der als SPD-Kandidat Bärbel Dieckmann als Oberbürgermeister nach den anstehenden Kommunalwahlen folgen möchte. In einem Interview mit dem Online-Magazin „rheinraum“ bekennt er, „dass wir uns von der Beethovenhalle verabschieden sollten“ [42]. Zu den Abrissbefürwortern gehören ebenfalls der CDU-OB-Kandidat Christian Dürig und der FDP-OB-Kandidat Werner Hümmerich.

Für den Erhalt der Beethovenhalle

Gegen einen Abriss der Beethovenhalle sprach sich Landeskonservator Professor Udo Mainzer unter Berücksichtigung vorliegender Festspielhaus-Architektenentwürfe aus, die auch den Erhalt der Beethovenhalle vorsehen. Zu der Verbesserung in Funktionalität und Akustik der Halle meinte er: „… All das könnte man innerhalb der bestehenden Hülle verbessern. Bonn kann gerne ein Festspielhaus bekommen, aber nicht auf Kosten des Denkmals.“[43] Für den Erhalt der Halle sprachen sich der „Bonner Heimat- und Geschichtsverein“ [44] und der Vorstand des „Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz[45] aus.

„Ein barbarischer Akt“ wäre der Abriss der Beethovenhalle für den Musikwissenschaftler Michael Gassmann. Am 16. Februar 2009 würdigte er in einem Beitrag im FAZ-Net das Werk Siegfried Wolskes und sieht in der Beethovenhalle „das bedeutendste Nachkriegsbauwerk der Stadt Bonn“. Zur Rechtfertigung des Baus des Festspielhauses an Stelle der Beethovenhalle „redet man“, so Gassmann, „das bestehende Bauwerk schlecht“[46].

In einem Offenen Brief an Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und einer Unterschriftenliste wandten sich im Juni 2009 Mitarbeiter und Studierende des Instituts für Kunstgeschichte und Archäologie der Universität Bonn gegen den Abriss der Beethovenhalle. Die Initiative, hervorgegangen aus einem Oberseminar von Hiltrud Kier, wertet die Beethovenhalle als „eines der ersten repräsentativen Gebäude, das in der Zeit der heute häufig so genannten Bonner Republik in Bonn errichtet wurde“. Die Halle präge „mit ihrer markanten Außenhülle ihr städtebaulich durchaus schwieriges Umfeld in qualitätvoller und sensibler Weise“ und sei vom gegenüber liegenden Rheinufer „als architektonischer Höhepunkt klar erkennbar“ [47]."

Von den Kandidaten für das Amt des Bonner Oberbürgermeisters, der in den anstehenden Kommunalwahlen gewählt wird, sprechen sich Peter Finger von den Grünen und Michael Faber von der Partei Die Linke für den Erhalt der Beethovenhalle aus [48].

Literatur

  • Gert Schroers i.A. der Stadt Bonn (Hrsg.): Bonn Beethovenhalle. 1959.
  • Theordor Anton Henseler: Das musikalische Bonn im 19. Jahrhundert. In: Bonner Geschichtsblätter. Band 13. Bonn 1959.
  • Presseamt der Stadt Bonn: Die Weihe des Hauses. Bonn 1960.
  • Jörg Rüter: Die Bonner Beethovenhalle. In: Bonner Geschichtsblätter. Band 39, 1989/1992.
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5.
  • Andreas Schätzke: Fünfzig Jahre Beethovenhalle. In: Bauwelt. März 2009.

Weblinks

Commons: Beethovenhalle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 451
  2. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 454
  3. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 471
  4. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 471
  5. zit. in: Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 472
  6. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 468
  7. Theodor Anton Henseler: „Das musikalische Bonn im 19. Jahrhundert“, Bonn 1959, S. 281
  8. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 482/483
  9. Gert Schroers (Hrsg. i.A. der Stadt Bonn): „Bonn Beethovenhalle“
  10. Manfred van Rey: „Zur Geschichte der Beethovenhalle“
  11. a b „Anlage zur Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Bonn“ Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Denkmalliste“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  12. Gert Schroers (Hrsg. i.A. der Stadt Bonn): „Bonn Beethovenhalle“, S. 29
  13. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 458-460
  14. a b Andreas Denk, Ingeborg Flagge: „Architekturführer Bonn“, S. 17
  15. http://iof.pipechat.org/ldshow.php?file=04900000181
  16. Gert Schroers (Hrsg. i.A. der Stadt Bonn): „Bonn Beethovenhalle“, S. 30
  17. Internetseite über Erwin Meyer
  18. Gert Schroers (Hrsg. i.A. der Stadt Bonn): Bonn Beethovenhalle, S. 52
  19. „Beethovenhalle hat erstklassige Akustik“, General-Anzeiger, 17. Juli 1988
  20. zit. in Oliver Curdt: „Grundlagen der Raumakustik“
  21. Graner&Partner: „Beethovenhalle Bonn - Raumakustische Verbesserung, 2 Varianten“, 17. Februar 2005
  22. Michael Gassmann: „Ein barbarischer Akt“
  23. Johann Christoph Bürkle: „Scharoun und die Moderne“, zit. in Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 509
  24. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 505
  25. Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 503/504
  26. einen Überblick über die Tagespresse gibt „Die Weihe des Hauses“, S. 33 - 45; einen Überblick über die Fachpresse Jörg Rüter: „Die Bonner Beethovenhalle“, S. 452/453
  27. Karl Korn: „Die Beethovenhalle zu Bonn - Die Bundeshauptstadt hat sich einen neuen architekturalen Mittelpunkt geschaffen“, FAZ, 29. August 1959
  28. zit.in: „Die Weihe des Hauses“, S. 37
  29. zit.in: „Die Weihe des Hauses“, S. 38
  30. Homepage der Beethovenhalle
  31. Jahresbericht Beethovenhalle 2007
  32. „Erst Party, dann die Büffelei“, General-Anzeiger, 6. April 2009
  33. „4.500 feiern in der Beethovenhalle mit DJ Ötzi“, General-Anzeiger, 23. Februar 2009
  34. Beethoven-Rundgang
  35. Mathias Nofze: „Podiumsdiskussion über Festspielhaus Beethoven“, General-Anzeiger, 22. August 2008
  36. Homepage von Stephan Eisel
  37. Grundsatzbeschluss des Rates vom 13. Juni 2007
  38. Bernd Leyendecker: „Oberbürgermeisterin drückt beim Bonner Festspielhaus aufs Tempo“, General-Anzeiger, 19./20. April 2008
  39. zit. in Bernhard Hartmann: „Programm für Beethovenfest vorgestellt“, General-Anzeiger, 7. März 2009
  40. Bernhard Hartmann: „Programm für Beethovenfest vorgestellt“, General-Anzeiger, 7. März 2009
  41. Bettina Köhl: „Festspielhaus: Karnevalisten ziehen erst 2011 um“, General-Anzeiger, 12. Februar 2009
  42. Katrin Scholler: „Bonner SPD-Kandidat für Abriss der Beethovenhalle“, rheinraum:online, 10. Mai 2009
  43. General-Anzeiger Bonn, 13. Februar 2009, S. 10: Interview mit Landeskonservator Udo Mainzer: Die Wegwerfmentalität nimmt zu. Auch online: Interview mit Udo Mainzer
  44. Bonner Heimat - und Geschichtsverein: Resolution der Mitgliederversammlung am 2. April 2009
  45. General-Anzeiger, 16./17. Mai 2009
  46. Michael Gassmann: „Ein barbarischer Akt“
  47. zit in: Generalanzeiger, 16. Juni 2009
  48. Katrin Scholler: „Bonner SPD-Kandidat für Abriss der Beethovenhalle“, rheinraum:online, 10. Mai 2009

Vorlage:Exzellent Kandidat

Koordinaten: 50° 44′ 27,32″ N, 7° 6′ 17,69″ O