„Geschlechtsidentität“ – Versionsunterschied

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<center><div style="border:3px solid blue; border-radius:2em; padding:0.5em; margin:1.7em; text-align:center; background-color:#DAF4FF; width:70%;">'''Dies ist ein Vorschlag für eine Komplettüberarbeitung des bereits existierenden Artikels [[Geschlechtsidentität]]'''</div></center>
Unter '''Geschlechtsidentität''' (selten auch: '''Identitätsgeschlecht''') versteht man in der [[Psychologie]] die [[Individuum|individuell]] empfundene [[Identität|Zugehörigkeit]] zu einem [[Gender|Geschlecht]]. Die meisten Menschen identifizieren sich mit demselben Geschlecht, das mit ihren körperlichen [[Geschlechtsmerkmal]]en assoziiert wird. Menschen, bei denen dies gar nicht, nicht immer, nicht ganz oder nicht ausschließlich der Fall ist, bezeichnet man als [[Transgender]]. Menschen, die vollständig in eine andere [[Geschlechterrolle]] wechseln und sich ggf. einer [[Hormonersatztherapie]] oder auch einer [[Geschlechtsangleichende Operation|geschlechtsangleichenden Operation]] unterziehen, werden auch als [[Transsexualität|transsexuell]] bezeichnet.


Die vollständige und ausschließliche Identifikation mit einem der zwei Geschlechter „weiblich“ oder „männlich“ wird als ''binäre'' Geschlechtsidentität bezeichnet. Darüber hinaus gibt es Geschlechtsidentitäten, die nicht in das binäre („zweiteilige“) [[Geschlechtsmerkmal|Geschlechtssystem]] passen; hierfür gibt es die Bezeichnung ''nichtbinär'' (engl.: ''nonbinary''), manchmal auch ''genderqueer'' (diese Bezeichnung wird oft mit einem politischen Hintergrund und einer [[Gegenkultur]] assoziiert, z.&nbsp;B. Anarchismus oder auch [[radikaler Feminismus]], insbesondere [[Postfeminismus]], vgl. [[Queer-Theorie]], und teilweise der radikalen, offenen Ablehnung und Subversion binärer Geschlechter und herkömmlicher Geschlechterrollen). Beispiele sind „weder weiblich noch männlich“, „sowohl weiblich als auch männlich“ ([[Bigender]]), „manchmal weiblich, manchmal männlich (oder manchmal ggf. auch anders)“, „[[drittes Geschlecht]]“, Fehlen (oder Ablehnung) jeglicher Geschlechtsidentität etc. Manche Menschen mit einer empfundenen nichtbinären Identität streben geschlechtliche Neutralität an. Dies wird gelegentlich auch als ''neutrois'' bezeichnet.


Abzugrenzen vom Begriff Transgender und von der Transsexualität sind [[Intersexualität|intersexuelle Menschen]]; diese können biologisch-medizinisch nicht eindeutig dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden.


== Aspekte der Entwicklung ==
Jungen richten nach der Geburt ihre Aufmerksamkeit (zu 52 %) eher auf ein Mobile; Mädchen dagegen nur zu 41 %. Der Unterschied ist zwar gering, aber von Erziehungseinflüssen unabhängig.<ref>Birgit Herden: Erbe und Erziehung, in: DIE ZEIT Nr. 27, 28. Juni 2007, S. 30–31</ref>


== Einleitung ==
Burkhard Strassmann<ref>Woher haben sie das?, in: DIE ZEIT Nr. 27; 28. Juni 2007, S. 29–30</ref> meint, dass schon drei Monate alte Kinder Männer- und Frauenstimmen voneinander unterscheiden können. Kinder im Alter von einem Jahr können männliche und weibliche Gesichter voneinander unterscheiden; sie achten dabei auf Haarlänge und Kleider. Diejenigen Kinder, die diese Unterscheidung klar schaffen, können später lockerer mit diesen Kategorien umgehen.
[[Datei:Handbuch der Sexualwissenschaften.jpg|mini|hochkant|mit frühen Beiträgen zum Thema]]
Die '''Geschlechtsidentität''' ist eine „evolutionär sehr junge, spezifisch menschliche, hochkomplexe [[Eigenschaft]]“.<ref name="bosinski_130" /> Der Begriff fasst im öffentlichen und wissenschaftlichen [[Diskurs]] verschiedene Aspekte des Erlebens von Zugehörigkeit zu einem [[Menschliche Geschlechtsunterschiede|Geschlecht]] zusammen. Dabei geht es um die Fragen, welchem Geschlecht ein Mensch angehört, ob er sich seinem biologischen Geschlecht entsprechend oder davon verschieden erlebt und das zum Ausdruck bringen kann, und ob er die damit verbundene [[Soziale Rolle|Rolle]] in sexuellen und sozialen Situationen unmissverständlich und mit Erfolg zu entfalten vermag. Die Geschlechtsidentität ist Teil des [[Selbst|Selbsterlebens]] eines Menschen und damit Teil seiner [[Identität]], in die auch andere Rollen, mit denen sich eine Person identifiziert, eingehen.<ref group="Anm." name="rollenidentitaet" /> Damit drückt sie sich „auch im Geschlechtsrollenverhalten aus, also in all dem, was jemand tut oder läßt, um zu zeigen, dass er sich als Mann, als Frau, oder ‚irgendwie dazwischen‘ empfindet.“<ref name="bosinski_100" />


== Der Begriff ==
Susan Gilbert sagt,<ref>Susan Gilbert, s. Literatur, S. 118</ref> dass Zwei- und Dreijährige rosa und lavendel als Mädchenfarben, braun und blau als Jungenfarben bezeichnen. Das bedeutet auch, dass Kinder in diesem Alter klar sehen, zu welchem Geschlecht sie gehören.
{{Zitat
|Text=Die Fragen, warum und wie jemand zur Frau/zum Mann wird, was es heißt, eine Frau/ein Mann zu sein, ob, wie und ggf. warum Frauen und Männer anders denken, fühlen und handeln, gehören zu den spannendsten, aber auch umstrittensten Problemen humanwissenschaftlicher Forschung überhaupt.
|Autor=[[Hartmut A. G. Bosinski|Hartmut Bosinski]]
|Quelle=Determinanten der Geschlechtsidentität
|ref=<ref name="bosinski_96" />
}}
Es gibt für den Begriff der ''Geschlechtsidentität'' keine verbindliche und allgemein oder auch nur in den Bezugswissenschaften anerkannte Definition, auf die man sich geeinigt hätte. Das führt zu Unsicherheiten darüber, welche Bedeutung diesem Begriff innewohnt, wenn er nicht im jeweiligen Kontext erläutert wird. Darüberhinaus werden andere Begriffe, wie beispielsweise ''Identitätsgeschlecht'', ''Geschlechtsrollenidentität'' oder ''sexuelle Identität'' als [[Synonym]]e verwendet, in der Regel ohne dass geklärt wird, ob tatsächlich Gleiches oder hinreichend Ähnliches gemeint ist. In dieser Hinsicht unterscheiden sich [[Psychologie]], [[Soziologie]] und [[Sexualwissenschaft]] als zentrale Bezugswissenschaften nicht und oft auch nicht von der medialen Verwendung des Begriffes. Mitunter wird dann auf Selbstverständliches aufmerksam gemacht: „In der Wissenschaft ist es […] notwendig, sich über die verwendeten Begriffe Klarheit zu verschaffen“.<ref name="sigusch_97" />


Der Sexualwissenschaftler [[Hartmut A. G. Bosinski|Bosinski]] macht für die begrifflichen Unsicherheiten insbesondere eine mangelnde Unterscheidung von „geschlechtsspezifischen“ und „geschlechtstypischen“ Merkmalen verantwortlich und widmet ihrer Beschreibung in Auswertung zahlreicher Forschungsergebnisse besondere Aufmerksamkeit. Zu den „geschlechtsspezifischen“ Merkmalen rechnet er die „Determinierung des genetischen Geschlechts“, aber auch jene des „Keimdrüsengeschlechts“, der „inneren Genitalstrukturen“ und der „äußeren Genital-Konfiguration“.<ref name="bosinski_100" /> Im Unterschied dazu befasst er sich für die „geschlechtstypischen“ Merkmale<ref name="bosinski_108" /> beispielsweise mit der „Körperhöhe“ –&nbsp;„Durchschnittlich (typischerweise) sind Männer in allen Kulturen ca. 8–10 cm größer als Frauen“<ref name="bosinski_108_2" />&nbsp;–, mit der Intelligenz –&nbsp;wenn auch für einzelne Faktoren, so ließen sich für die „Gesamtintelligenz keine Geschlechtsunterschiede“<ref name="bosinski_109" /> finden&nbsp;– und mit der Aggressivität –&nbsp;„Männer zeigen durchschnittlich mehr unprovoziertes (!) fremdverletzendes Verhalten als Frauen“.<ref name="bosinski_109" /><ref name="knight_bettencourt" /> Abweichungen von den geschlechtsspezifischen Merkmalen gelten als krankhaft, während Abweichungen in den geschlechtstypischen Unterschieden „nicht krank, sondern die Regel“ seien.<ref name="bosinski_100" />
Kinder im Alter von ca. sechs Jahren begreifen, dass die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht etwas Stabiles (Unveränderliches) ist.<ref>Susan Gilbert, S. 119</ref>


[[Eberhard Schorsch|Schorsch]] und andere haben bereits 1985 in Zusammenfassung von [[Robert Stoller|Stoller]] eine Definition zur ''sexuellen Identität'' vorgeschlagen.<ref name="schorsch_1985" /> Danach wird empfohlen, sie als einen Oberbegriff zu verstehen, unter dem drei verschiedene [[Sachverhalt]]e subsumiert sind: die sogenannte ''Kerngeschlechtlichkeit'' als elementares Bewusstsein der Geschlechtszugehörigkeit, die [[Geschlechterrolle|''Geschlechtsrolle'']] im Sinne sozialer Potenz in dieser Rolle und der ''Sex'' im engeren Sinn, aber auch im Sinne eines Vertrauens in Vollwertigkeit und Potenz.
Nach Birkenbihl<ref>[[Vera F. Birkenbihl]]: Jungen und Mädchen: wie sie lernen; Knaur Ratgeber, München 2005, S. 50 f</ref> baue männliche Identität auf „Kooperation & Rivalität“ auf. „Gleichzeitig stellen alle Männer in der Horde auch Rivalen dar.“ Aber die Mitgliedschaft in einer Gang schaffe auch Sicherheit. Wichtiger als gute Noten seien Jungen z. B. die Zugehörigkeit in der Gruppe.


Seitdem hat es zahlreiche Umwidmungen jedes dieser Begriffe gegeben, die jedoch eher zu einer wachsenden Unübersichtlichkeit beigetragen, denn einer Klarifizierung gedient haben. Im Jahr 2006 wurden in der indonesischen Stadt [[Yogyakarta (Stadt)|Yogyakarta]] die sogenannten [[Yogyakarta-Prinzipien]] ausgehandelt, die ein Versuch zu einer einigenden Definition darstellen:
Frauen dagegen seien Gruppenwesen. Sie bildeten Netzwerke mit Personen, mit denen sie sich identifizieren könnten. Frauen definierten sich vor allem als Leistungswesen; sie beziehen ihr Selbstverständnis über Leistung. Sie freuten sich ausgeprägt über Erfolge – und litten auch bei Misserfolgen. Frauen gingen zielsicherer durch das Leben als Männer.<ref>So Birkenbihl; S. 50</ref>
{{Zitat
|Text=Unter ‚geschlechtlicher Identität‘ versteht man das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, das mit dem Geschlecht, das der betroffene Mensch bei seiner Geburt hatte, übereinstimmt oder nicht übereinstimmt; dies schließt die Wahrnehmung des eigenen Körpers (darunter auch die freiwillige Veränderung des äußeren körperlichen Erscheinungsbildes oder der Funktionen des Körpers durch medizinische, chirurgische oder andere Eingriffe) sowie andere Ausdrucksformen des Geschlechts, z.B. durch Kleidung, Sprache und Verhaltensweisen, ein.
|Autor=[[Hirschfeld-Eddy-Stiftung]]
|Quelle=Die Yogyakarta-Prinzipien
|ref=<ref name=„yogyakarta“ />
}}


== Entwicklung geschlechtlicher Identität ==
Ein weit verbreitetes Klischee ist, dass Männer eher das rationale Denken verkörpern, Frauen das emotionale. Für Männer sei es wesentlich, leistungsfähig und kompetent zu sein; für Frauen dagegen gefühlsbetont.<ref>Gisela Steins: Identitätsentwicklung – Die Entwicklung von Mädchen zu Frauen und Jungen zu Männern, Lengerich: Pabst Science Publishers, 2003</ref>
[[Hartmut A. G. Bosinski|Bosinski]] ging davon aus, dass „die Entwicklung der Geschlechtsidentität durch ein hochkomplexes, zeitabhängiges biopsychosoziales Bedingungsgefüge determiniert“ werde.<ref name="bosinski_96" /> Spätestens seit [[Simone de Beauvoir]] und ihrem 1949 erschienenen Buch ''[[Das andere Geschlecht]]'' hat sich eine fortdauernde Kontroverse über die Geschlechtsidentität und die Frage entwickelt, ob sie sich bevorzugt „oder gar ausschließlich“ über biologische Gegebenheiten, Einflüsse der [[Sozialisation]] oder die Wirkung [[Psychogenese|psychogenetischer]] Faktoren konstituiert. Bosinski spricht in diesem Zusammenhang von einem „Umschwingen des Diskurs-Pendels“,<ref name="bosinski_97" /> das zwar auch durch wissenschaftliche Befunde induziert, maßgeblich aber durch den „[[Zeitgeist]]“ beeinflusst werde. Der könne sich jedoch nicht nur von aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen entfernen, sondern ganz im Widerspruch zu ihnen stehen.


Zu der Frage, wie sich die Geschlechtsidentität in der individuellen Entwicklung herausbildet, hat die psychoanalytische Theorie einiges beigetragen. Nach [[Jessica Benjamin]] verläuft die Sexualentwicklung vom Autoerotismus über den Narzissmus zur genitalen Liebe. Sie beschrieb im Detail vier Phasen in der Entwicklung der Geschlechtsidentität.<ref name="benjamin_01" />
== Literatur ==
* [[Hartmut A. G. Bosinski|H. A. G. Bosinski]]: ''Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit.'' In: ''Sexuologie,'' Band 7, Heft 2/3, 2000, S. 96–140. ([http://www.sexualmedizin-kiel.info/ANL14.pdf PDF-Datei; 305&nbsp;kB], abgerufen am 26. Mai 2017.).
* Susan Gilbert: ''Typisch Mädchen! Typisch Junge! Praxisbuch für den Erziehungsalltag.'' DTV, München 2004
* [[Norbert Kühne]]: ''Mädchen und Jungen – Entwicklung, Erziehung, Identität.'' In: Praxisbuch Sozialpädagogik, Band 8, [[Bildungsverlag EINS]], Troisdorf 2010, ISBN 978-3-427-75416-9, S.&nbsp;9–41.
* Norbert Kühne: ''Geschlechtsidentität – Typisch Mädchen, typisch Junge?'' In: ''Unterrichtsmaterialien [[Pädagogik]]-[[Psychologie]]'' (Nr.&nbsp;694). [[Stark Verlag]]/[[Mediengruppe Pearson]], Hallbergmoos 2012–2016.
* [http://www.ohchr.org/Documents/Publications/BornFreeAndEqualLowRes.pdf ''Born free and equal – Sexual orientation and gender identity in international human rights law''] (PDF; 1,7&nbsp;MB). [[UNHCHR]], 2012.
* [https://www.welt.de/wissenschaft/article144329574/Transsexualitaet-entsteht-schon-im-Mutterleib.html ''Transsexualität entsteht schon im Mutterleib.''] Die Welt, 22. Juli 2015.
* Johanna Olson, Sheree M. Schrager, Marvin Belzer, Lisa K. Simons, Leslie F. Clark: ''Baseline Physiologic and Psychosocial Characteristics of Transgender Youth Seeking Care for Gender Dysphoria.'' In: ''Journal of Adolescent Health.'' 2015, [[doi:10.1016/j.jadohealth.2015.04.027]].
* [https://files.acrobat.com/a/preview/21356eea-96ab-4067-97e1-f3a09087b2bc ''Abweichende Geschlechtsidentität – Prävalenz, Auswirkungen und Verhalten im beruflichen Umfeld''] Stefan Balk, 2015 (PDF; 3.443 KB)


Während der ersten 1&nbsp;½ Lebensjahre „bildet sich die geschlechtliche Identität im Kern“ heraus. Dabei handele es sich um eine „bloß empfundene Überzeugung, männlich oder weiblich zu sein“. Daraus werde später die „Überzeugung, der einen oder der anderen Gruppe zuzugehören“. Das sei, was der Begriff [[Menschliche Geschlechtsunterschiede|''Geschlechtszugehörigkeit'']] bedeute.<ref name="benjamin_02" />
== Siehe auch ==

* ''[[Gender]]'' („soziales“ oder „psychologisches“ Geschlecht)
In der 2.&nbsp;Hälfte des 2.&nbsp;Lebensjahres beginne mit der frühen Differenzierung die nächste Phase in der Herausbildung geschlechtlicher Identität „auf der Ebene der Identifikationen“.<ref name="benjamin_03" /> „In Abgrenzung von der geschlechtlichen Kern-Identität“ wurde dieses Phänomen 1983 von Person und Oversy mit dem Begriff der ''Geschlechtsrollenidentität'' beschrieben, weil männliche und weibliche [[Selbstbild]]er im Zentrum stehen.<ref name="benjamin_04" /> Das sei eine „psychische Errungenschaft“, die im Konflikt „von Trennung und Individuation erworben wird“. Das Kind beginne, beide Eltern bewusst und auch im Geschlecht zu unterscheiden. Mutter repräsentiere dabei in einem, wie Benjamin es nennt, traditionellen Geschlechterarrangement [[Idealtypus|idealtypisch]] „Halten, Bindung und Versorgung“, Vater repräsentiere „Außenwelt, Erforschung und Freiheit“. Es gehe im Erleben des Kindes noch nicht um eine [[Triade (Familientherapie)|Triade]], also Vater-Mutter-Kind, sondern noch um Dyade,<ref name="dyade" /> also Vater-Kind oder Mutter-Kind. Hier entstehe so etwas wie „identifikatorische Liebe“.<ref name="benjamin_05" />
* [[Heteronormativität]]

* [[Sexualität]]
Im Alter von 2 bis 3&nbsp;½&nbsp;Jahren sei die Liebesfähigkeit des Kindes noch stark [[Narzissmus|narzisstisch]] gefärbt. Wenn der Junge in dieser Zeit wie Mutter und das Mädchen wie Vater sein wolle, sei das weder Ausdruck der Ablehnung des eigenen Geschlechtes noch Reaktion auf Konflikte –&nbsp;Freud sprach als einen zentralen Konflikt während der [[Triebtheorie|psychosexuellen Entwicklung]] des Kindes beispielsweise [[Kastrationsangst|Kastrationsdrohungen]] an. Stattdessen gehe es um Liebe und Bewunderung für das je andere Geschlecht. Kinder würden nun beginnen, das „Repertoire von Gesten und Verhalten, das die Kultur zum Ausdruck von [[Männlichkeit]] und [[Weiblichkeit]] bereithält, für sich zu assimilieren“.<ref name="benjamin_05" /> Noch versuchten die Kinder aber, „beide Optionen in sich selbst zu verwirklichen“. Nur langsam dringe, gegen Ende dieser Entwicklungsphase, der Konflikt „zwischen Wunsch und anatomischer Realität“ ins Bewusstsein. „Diese Phase ist […] von ständigem Protest gegen die immer deutlichere Wahrnehmung der [[Geschlechterunterschiede beim Sport#Unterschiede|Geschlechterunterschiede]] gekennzeichnet“.<ref name="benjamin_06" /> Beide aber würden –&nbsp;noch&nbsp;– alles sein wollen und protestierten gegen die „geschlechtsspezifischen Grenzen“. Sich auf [[Sigmund Freud]] beziehend gingen ältere psychoanalytische Konzepte, die inzwischen weitgehend aufgegeben wurden, davon aus, dass Jungen in dieser Entwicklungsphase die Gebärfähigkeit und Mädchen den [[Penisneid|Penis neiden]] würden. Als Erste stellte sich [[Karen Horney]] 1922 diesen theoretischen [[Konstrukt]]en Freuds entgegen.<ref name="horney" />
* [[sexuelle Identität]]

* [[Yogyakarta-Prinzipien]]
Gegen Ende des vierten Lebensjahres beginne die Phase der „eigentlichen Geschlechterdifferenzierung“.<ref name="benjamin_06" /> Dabei würden „die komplementären Gegensätze dem Selbst und dem Anderen zugeordnet". In dieser Phase werde die identifikatorische Liebe zum –&nbsp;„gewöhnlich, aber nicht zwangsläufig“&nbsp;– andersgeschlechtlichen Elternteil aufgegeben. Dies führe nicht selten zu Rivalität und „verächtliche[r] Ablehnung des anderen Geschlechts“ oder zu Liebe und Sehnsucht nach dem verlorenen Anderen. In dieser Phase könne ein „chauvinistische[s] Beharren auf dem eigenen Geschlecht“ –&nbsp;„jede(r) muss genauso sein wie ich“&nbsp;– beobachtet werden. Die gleichgeschlechtliche Identifikation werde nun unterstützt durch andere als die Elternfiguren und auch durch Gleichaltrige. [[Idealtypus|Idealtypisch]] würden nun die eigenen Grenzen anerkannt und im Anderen das geliebt, was verschieden ist. Das bedeute, angekommen zu sein bei „Identifikation und Objektliebe“. Insbesondere die Liebe, die sich auf den Anderen richtet, setze Spannungstoleranz voraus und die müsse sich entwickelt haben, damit dieser Entwicklungsschritt gelingen könne. Je weniger das Kind in „rigiden, komplementären Rollenvorstellungen“ steckenbleibe, umso eher könne sich eine „entspannte[…] Vertrautheit mit Besonderheiten des anderen Geschlechts“ einstellen.<ref name="benjamin_07" />

Ist dieser individuelle Entwicklungsprozess abgeschlossen, hätten Kinder zunächst „hochgradig stereotypisierte Urteile darüber, was Jungen können und Mädchen nicht und umgekehrt“, was allerdings „soziokulturellen Schwankungen unterworfen“ wäre. In der Folge sei es „eine Entwicklungsaufgabe des Kindes, zu lernen, sich entsprechend der durchschnittlichen Erwartungen an seine Zugehörigkeit zum männlichen oder weiblichen Geschlecht zu verhalten“.<ref name="bosinski_114" /> Dabei seien, so Bosinski im Jahr 2000, „in modernen Industriekulturen […] die Grenzen zwischen Mann-Sein und Frau-Sein nicht mehr derart zementiert wie etwa noch vor 30 Jahren“.<ref name="bosinski_115" />

Für den „Prozess der Entwicklung einer ‚erziehungskonträren‘ Geschlechtsidentität“ hat Bosinski vorgeschlagen, davon auszugehen, dass sie „von einer Nicht-Identifizierung mit dem durch die Erziehung angetragenen Geschlecht bzw. einem ‚Wohler-fühlen‘ in der Rolle des anderen Geschlechts über eine Ablehnung der körperlichen Aspekte des Erziehungsgeschlechts und der Realisierung einer für diese Rolle ‚unpassenden‘ sexuellen Orientierung bis zu einer Flucht aus dem Erziehungs- in das innerlich als ‚stimmiger‘ empfundene Gegengeschlecht“ verlaufe.<ref name="bosinski_131" /> An diesem Prozess seien, wie auch an der Entwicklung einer „erziehungskonformen“ Geschlechtsidentität, „biologische, innerpsychische und soziokulturelle Faktoren“ beteiligt, die ihre Wirkung „in der frühen Kindheit“ zu entfalten beginnen „und erst nach der Pubertät zu einem relativen Abschluß“ kämen. Dabei wären „Kultur und Natur“ einerseits und „Anlage und Erziehung“ andererseits keineswegs „einander […] ausschließende, sondern vielmehr notwendig ergänzende und bedingende Mechanismen“. Bewertungen allerdings „hängen nicht von –&nbsp;wie auch immer gearteten&nbsp;– Befunden ab, sondern sind politisch-moralische Entscheidungen“.<ref name="bosinski_132" />

Für die Entwicklung der Geschlechtsidentität in anderen, als den westlich geprägten Kulturen gilt es –&nbsp;nicht in jeder Hinsicht, aber in manchen Merkmalen&nbsp;–, gesonderte Aspekte zu berücksichtigen. Die Psychoanalytikerin Mahrokh Charlier beispielweise hat über die Entwicklung in „patriarchalischislamischen Gesellschaften“ veröffentlicht.<ref name="charlier" />

Versuche, sich mit der [[Entwicklungspsychologie]] der Geschlechtsidentität zu befassen, stehen vor einer umfangreichen Fachliteratur in den verschiedenen, damit befassten wissenschaftlichen Disziplinen: „Die Herausbildung der Geschlechtsidentität, von Geschlechtsrollenverhalten und -vorstellungen sind seit Jahren Gegenstand einer kaum überschaubaren Fülle von Untersuchungen und Publikationen der [[Sozialpsychologie]], der [[Differentielle Psychologie|Differentiellen Psychologie]], der empirischen Entwicklungspsychologie usw. Pro Jahr erscheinen hierzu ca. 600 neue Arbeiten allein in der psychologischen Literatur.“<ref name="bosinski_112" /> Zur Orientierung schlägt Bosinski einige „Überblicksarbeiten“ vor.<ref name="bosinski_112_2" />

== Binäre Geschlechtsidentität ==
Der Begriff ''binäre Geschlechtsidentität'' hat sich für jene Fälle etabliert, in denen ausschließlich Frauen und Männer als Geschlechtergruppen in den Fokus der Betrachtung gerückt werden. Auch wenn in der öffentlichen Debatte die geschlechtliche Vielfalt inzwischen breiten Raum eingenommen hat, gehören Menschen, die sich mit einem dieser beiden Geschlechter zweifelsfrei identifiziert haben, nach wie vor und mit seltenen Ausnahmen überall auf der Welt zu den beiden größten Geschlechtergruppen. Ausnahmen von diesem Regelfall machen in Deutschland etwa ein bis zwei Prozent aus, auch wenn das zeitgenössische Übergewicht medialer und inzwischen auch wissenschaftlicher Aufmerksamkeit für das sog. [[Drittes Geschlecht|dritte Geschlecht]] mitunter einen anderen Eindruck vermittelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Zahlen selten angegeben werden und wenn, dann unterscheiden sie sich „je nach definitorischer Begrenzung und untersuchter Population“.<ref name="bosinski_104" />

Auch der Eindruck, die sexuelle Orientierung der Menschen hin zu einer [[Homosexualität|Homo]]- oder [[Bisexualität]] habe in einem Umfang zugenommen, der die [[Heterosexualität]] zu verdrängen beginne, täuscht. Diesem Eindruck tritt Bosinski entschieden und mit wissenschaftlichen Mitteln entgegen: „Vielmehr stehen ca. 90 bis 95% vorwiegend bis ausschließlich heterosexuell […] orientierten Männern ca. 5 bis 8% mehr oder weniger exklusiv homosexuell orientierte Männer […] gegenüber. Die Zahl der bisexuell orientierten […] liegt stets unter der letztgenannten."<ref name="bosinski_112" /> Auch stehe fest, „dass keine Kultur bekannt
ist, in der die durchschnittlich größere sexuell-erotische Attraktion von Männern durch Frauen und von Frauen durch Männern aufgehoben oder gar umgekehrt“ sei.<ref name="bosinski_118" />

Ethnographische Untersuchungen haben „trotz der teilweise erheblichen interkulturellen Varianz“ eine „Reihe von kulturübergreifenden Universalien“ zu erkennen gegeben, und die „seinerzeit mit großem Enthusiasmus aufgenommenen Berichte von [[Margaret Mead|Magaret Mead<!-- sic! -->]] (1979) über die angeblich totale kulturelle Relativität der Geschlechterrollen gelten inzwischen als widerlegt“.<ref name="bosinski_115" />

Bosinski empfiehlt, die Kategorie der ''binären Geschlechtsidentität'' nicht aufzugeben, insbesondere mit Blick auf die kindliche Entwicklung: „Die Kategorien ‚Mann und Frau‘, ‚Junge und Mädchen‘ haben Kompassfunktion bei der Aneignung der Welt, ähnlich wie andere kindliche Urteilskategorien (z.B. ‚Gut und Böse‘)."<ref name="bosinski_113" />

Als Fürsprecher der Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt empfiehlt der Sexualwissenschaftler [[Volkmar Sigusch]] mit Blick auf die sexuelle [[Diversität (Soziologie)|Diversität]] einen Aspekt nicht aus dem Auge zu verlieren. Er nennt ihn den „festen Kern von Sexualität und Geschlechtlichkeit“.
{{Zitat
|Text=Fest ist der ''sexogenerische''<!-- sic! --> Kern, weil beispielsweise kein ‚Bio-Mann‘ je erfahren und verstehen wird, was der Einbruch der Menstruation und der Brüste, was die Blutfüllung der Vorhofschwellkörper, die Vergrößerung der Klitoris und die Kontraktionen im Unterleibsinneren, was Schwangerschaft, Geburt und Stillen oder was das natürliche Verlieren der Fruchtbarkeit in einem Alter, das heute keineswegs als hoch angesehen wird –&nbsp;was all das ''wirklich''<!-- sic! --> bedeutet. Diese mit dem Körpergeschlecht unlösbar verbundenen Ereignisse schlagen sich in Körper und Seele nieder, und nicht zuletzt aus diesen Niederschlägen entseht das, was wir seit einiger Zeit Sexualität und Geschlechtsidentität nennen.
|Autor=[[Volkmar Sigusch]]
|Quelle=Sexuelle Welten
|ref=<ref name="sigusch_67" />
}}

== Geschlechtliche Vielfalt ==

In Deutschland gib es mindestens in den „großen Städten […] mittlerweile eine schillernde Szene von Angehörigen beider Geschlechter“, die eine Geschlechtsidentität jenseits der binären entwickelt und dafür verschiedene Bezeichnungen vorgesehen haben. Sie definieren sich „jenseits der herkömmlichen Rollenzuschreibungen, ohne dass es sich dabei um krankheitswertige (transsexuelle) Geschlechtsidentitätsstörungen handelt".<ref name="bosinski_115" />

Trotz eindeutiger Zahlenverhältnisse, welche Menschen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht identifiziert haben, als den Regelfall ausweisen, hat ein Geschlechtserleben „dazwischen“<ref name=„richter_1“ /> eine so breite mediale und in der Folge wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren, dass irrtümlich der Eindruck eines zahlenmäßigen Übergewichtes entstehen kann. Wie es zu diesem, aus der öffentlichen Debatte nicht mehr weg zu denkenden Bedeutungszuwachs kommen konnte, ist bisher ebensowenig erforscht, wie die Frage, warum Männer deutlich häufiger als Frauen nicht mit ihrem Geschlecht einverstanden sind.<ref name="3sat_transgender" />

Im Jahr 2012 nahm sich die [[Bundeszentrale für politische Bildung]] (bpb) des Themas an.<ref name="bundeszentrale" /> In ihrem [[Editorial]] beklagt Anne Seibring die Außenseiterposition, in die Menschen, die anders als alle andere sind, geraten und macht auf nicht immer allgemein bekannte Folgen aufmerksam: „Lange Zeit ging die Medizin von der heute höchst umstrittenen Annahme aus, eine stabile Geschlechtsidentität könne bei intersexuell Neugeborenen durch operative Geschlechtszuordnung (manchmal auch ohne Wissen der Eltern) und durch Erziehung im zugewiesenen Geschlecht erreicht werden. Viele Betroffene, die –&nbsp;wenn überhaupt&nbsp;– größtenteils erst im Erwachsenenalter davon erfuhren, sind tief [[Trauma (Psychologie)|traumatisiert]]. Für sie wie auch für diejenigen, die von Operationen verschont geblieben sind, sowie für Menschen mit [[Transidentität]] kommt hinzu, dass sie in einer Gesellschaft leben, deren binäre [[Geschlechterordnung]] kaum Platz lässt für ‚anderes‘.“<ref name="bundeszentrale_01" />

Für den Themenschwerpunkt der Bundeszentrale sind neun Artikel von berufenen Autoren verfasst worden, die eine Fülle einschlägiger, wissenschaftlicher und auch weiterführender Literatur verarbeiten. Sie geben mit ihren je verschiedenen Schwerpunkten einen Überblick über den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion. Neben einem Aufsatz von Laura Adamietz zur rechtlichen Situation in Deutschland<ref name="bundeszentrale_03" /> beschäftigte sich Carolin Küppers mit der soziologischen Dimension des Geschlechtes.<ref name="bundeszentrale_04" /> [[Eckart Voland]] widmete sich zusammen mit Johannes Johow den soziobiologischen Aspekten.<ref name="bundeszentrale_05" /> Hertha Richter-Appelt, eine der Vorsitzenden der [[Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung|Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung]] und Professorin für Sexualwissenschaft an der Hamburger Universität, befasste sich mit ''Geschlechtsidentität und -dysphorie''.<ref name="bundeszentrale_06" /> Ulrike Klöppel schrieb über die ''Medikalisierung'' uneindeutiger Geschlechter<ref name="bundeszentrale_11" /> und [[Michael Wunder]] fokussierte unter dem Titel ''Leben zwischen den Geschlechtern'' auf die [[Intersexualität]].<ref name="bundeszentrale_07" /> Rainer Herrn betrachtete [[Transvestitismus]] und Transsexualität historisch und sprach in seinem Titel die ''Ver-körperungen <!-- sic! -->des anderen Geschlechts'' an.<ref name="bundeszentrale_08" /> [[Susanne Schröter]] rundete das Thema mit ihrer ethnologischen Perspektive ebenso ab<ref name="bundeszentrale_09" /> wie Arn Sauer und Jana Mittag, die einen Blick auf den internationalen Kontext von Geschlechtsidentität und [[Menschenrechte]] wagten.<ref name="bundeszentrale_10" />

=== Soziologische Aspekte ===
Nach Carolin Küppers gebe es einen „[[Gemeinsinn|common sense]] der Zweigeschlechtlichkeit in unserer Gesellschaft“, der „wenig Raum für geschlechtliche Existenzweisen jenseits der [[Binär|binären]] Kategorien“ lasse und „ein erstaunliches Beharrungspotenzial“ hätte. Mit ihm gehe eine „soziale Verortung von Männern und Frauen“ einher.<ref name=“kueppers_6“ />

Nachdem die Debatte über den Begriff der Geschlechtsidentität längst um die soziologische Dimension erweitert war, hat sich Küppers im Jahr 2012 einer zusammenfassenden Betrachtung gewidmet. „Die Einteilung in zwei eindeutig voneinander zu unterscheidende Geschlechter […] erscheint als ‚natürliche‘ und selbstverständliche Tatsache, stellt sich aber aus soziologischer Perspektive sehr viel komplexer dar.“<ref name=“kueppers_1“ /> Auch unter naturwissenschaftlicher Betrachtung sei es, so Küppers, „mehr als uneindeutig“, was genau die Geschlechterunterschiede markiere. Das [[Stereotyp]] der binären Geschlechterverteilung verliere zwar an Bedeutung, sei jedoch „nach wie vor überall präsent“. Dabei stelle sich –&nbsp;in Anlehnung an Paula-Irene Villa&nbsp;– die Frage, „wie ein verhältnismäßig kleiner anatomischer Unterschied so große soziale Folgen haben“ könne:
{{Zitat
|Text=Auf die Tendenz, die Differenzierung in zwei Geschlechter auf biologische Unterschiede zu reduzieren, haben angloamerikanische Feministinnen in den 1960er Jahren mit der Abgrenzung von sex und gender reagiert. Der Begriff sex wird in der Regel mit ‚biologisches Geschlecht‘ übersetzt und anatomisch definiert. Der Begriff gender wird meist in der Bedeutung von ‚sozialem Geschlecht‘ verwendet und zielt auf die soziale Konstruktion von geschlechtsspezifischen Rollen und Attributen ab. Die Trennung von sex und gender hat enorme Vorteile gebracht, um gegen einen Alleinerklärungsanspruch der Geschlechterunterscheidung durch biologische Determination argumentieren zu können. Sie enttarnte gender als soziales Konstrukt und deckte auf, dass [[Dichotomie|dichotome]] Geschlechterzuschreibungen, Geschlechterrollen und Hierarchisierungen historisch entstanden sind und durch gesellschaftliche Strukturierungen, Aushandlungen und Bedeutungszuschreibungen zustande kommen.
|Autor=[[Paula-Irene Villa]]
|Quelle=Der große kleine Unterschied
|ref=<ref name =“villa“ />}}
Allerdings werde in der „aktuellen Geschlechtersoziologie“ die Unterscheidung in Sex und [[Gender]] „kaum noch verwendet“, weil sie sich „recht schnell als zu undifferenziert und damit als Nachteil“ erwiesen habe. Nach Kerrin Christiansen<ref name =“christiansen“ /> sei Geschlechtlichkeit eher „als ein Kontinuum denn als zwei klar zu unterscheidende Pole“ zu verstehen.<ref name =“kueppers_2“ /> Die Biologin Sigrid Schmitz relativierte in diesem Zusammenhang die gängige Überzeugung von der größeren Objektivität der [[Naturwissenschaft]]en gegenüber den [[Sozialwissenschaften]]: „Die Naturwissenschaft ist nicht objektiver als andere Wissenschaften, nur weil sie ihre Befunde in einem quantitativ-experimentellen Design reproduziert. Denn auch dieses Design ist von bestimmten theoretischen Vorannahmen geleitet, welche die Auswahl der Daten, ihre Einschlüsse und Auslassungen und die Interpretationen der Befunde beeinflussen."<ref name =“schmitz“ /> Gleichwohl herrsche in den Naturwissenschaften keine Beliebigkeit, „da ‚die Natur‘ ihrer Deutung materielle Grenzen“ setze und „eine unbestreitbare Wirksamkeit“ hätte.<ref name =“haraway“ />

„Die Geschlechterordnung“ sei eine „wirkmächtige, herrschaftsdurchtränkte soziale Realität“, die „Normalität“ und den „Zwang“ konstruiere, „sich dieser Norm zu unterwerfen“. Das war, seit sich der Mensch seiner eigenen Körperlichkeit bewusst wurde, schon immer und überall so, wenn auch jeweils verschieden. Geschlecht sei „Teil des sozialen Körperwissens und der Normen der Geschlechterdichotomie“, so Küppers. Mit Hilfe der Sprache würden Menschen die Welt und damit auch Geschlechtlichkeit interpretieren, ihr „Blick auf die Welt“ werde aber „durch eine zeithistorische, spezifische Brille begrenzt“. Und weil im Diskurs über Geschlechtlichkeit definiert werde, was als „normal“ zu gelten habe, werde zugleich „das, was als ‚anders‘ gilt, mit konstruiert“.<ref name=“kueppers_3“ />

Nachdem [[Simone de Beauvoir]] sich bereits im Jahr 1949 mit der Frage befasst hatte, was eine Frau zur Frau mache, hat in den 1970er Jahren die [[Frauenforschung]] damit begonnen, das Konzept der ''geschlechtsspezifischen Sozialisation'' unter dem [[Postulat]] zu entwickeln, das [[Das Private ist politisch|Private sei politisch]]. Seitdem ist der „geschlechtertheoretische Diskurs […] eng mit der politischen Perspektive der [[Frauenbewegung]] verbunden“ und mit der Frage nach den „gesellschaftlichen Machtverhältnissen […] verknüpft“. Im Rahmen ihrer [[Sozialisation]] „lernen Menschen, was es vor dem jeweiligen gesellschaftlichen Hintergrund bedeutet, eine Frau oder ein Mann zu sein“ und was in diesen Rollen von ihren erwartet wird. Mit der Zuordnung zu einem Geschlecht „sind spezifische Wahrnehmungen, Zuschreibungen, Hierarchien und Vorannahmen verbunden“, die Einfluss auf die „soziale [[Interaktion]]“ nehmen. „Seit den 1990er Jahren“ werde nach Küppers „die Vorstellung einer eindeutigen und stabilen geschlechtlichen Identität […] hinterfragt“. [[Carol Hagemann-White]] habe „eine Abkehr vom Sozialisationsparadigma“ und der Annahme einer „Zweigeschlechtlichkeit“ vorgeschlagen und statt dessen auf „verschiedene kulturelle Konstruktionen von Geschlecht“ verwiesen.<ref name=“kueppers_4“ />

„Geschlecht ist nicht etwas, was wir haben, schon gar nicht etwas, was wir sind. Geschlecht ist etwas, was wir tun.“<ref name=“achs“ /> Küppers beschrieb, wie diese „These […] unter dem Schlagwort des ''[[Doing Gender|doing gender]]'' Eingang in die sozialwissenschaftliche Diskussion gefunden“ habe. Dabei würden [[Handlungstheorie (Soziologie)|Handlungstheorie]]n dazu dienen, Einblick in jene Vorgänge zu gewähren, mit denen sich Menschen „Normen, Regeln und Strukturen aneignen und handelnd weitergeben“ –&nbsp;in diesen Zusammenhängen auf die Frage bezogen, wie Frauen und Männer ihre Geschlechtlichkeit zum Ausdruck bringen: „Doing gender funktioniert also sowohl über das alltägliche [[Verhalten (Psychologie)|Verhalten]] als auch über die alltägliche [[Wahrnehmung]].“ Sozialer Interaktion gehe stets eine Zuordnung des Gegenübers zu einem Geschlecht voraus: „Ist die Zuschreibung erfolgt, werden die jeweiligen Einzelheiten der Interaktion eingeordnet und die richtigen Genitalien werden, da sie nicht sichtbar sind, unterstellt.“ Kann jemand keinem Geschlecht zugeordnet werden, „bekommen wir gravierende handlungspraktische Probleme“. Allerdings könnten Geschlechternormen zunehmend hinterfragt werden, was „den Spielraum für nicht normative, geschlechtliche Existenzweisen“ eröffne.<ref name=“kueppers_5“ />

=== Soziobiologische Aspekte ===
Auch „groß angelegte Metastudien“ würden „insgesamt nur wenige Belege für Geschlechtsunterschiede im Verhalten“ von Männern und Frauen liefern.<ref name=„voland_5“ /> Diesen Befund bringen [[Eckart Voland]] und Johannes Johow mit der, in ihren Augen bedauerlichen Tatsache in Verbindung, dass sich diese Studien der „[[Sokrates|sokratischen]] Empfehlung“ enthielten, „die ‚Natur in ihre gewachsenen Teile‘ zu zerlegen“. Würden jedoch „die ‚gewachsenen Teile‘ identifiziert“, käme man „zu einem anderen Ergebnis“.<ref name=„bischof_hrdy“ /> Dann ließen sich „sehr wohl Unterschiede […] statistisch robust beschreiben“ und der „Schatten unserer evolutionären Vergangenheit gerade auch in einer um Emanzipation bemühten Moderne aus[…]leuchten“.<ref name=„voland_5“ />

Soziobiologie sei eine „Milieutheorie menschlichen Verhaltens […] auf genetischer Basis“.<ref name=„voland_4“ />
Voland und Johow halten bei ihren soziobiologischen Betrachtungen der Geschlechtsidentität die „Unterteilung in ‚männlich‘ und ‚weiblich‘“ mit Verweis auf die [[Evolutionsgeschichte]] für grundsätzlich berechtigt. Sie wollen „eine Unterscheidung der Geschlechter […] versuchen, um trotz aller Gemeinsamkeiten von Männern und Frauen vielleicht doch einige Unterschiede zu entdecken, die als Resultat biologischer Anpassungsprozesse bedeutsam sind“.<ref name=„voland_1“ />
{{Zitat
|Text=Um zu zeigen, dass die Unterteilung in ‚weiblich‘ und ‚männlich‘ –&nbsp;fernab von der teilweise haarsträubenden populär-wissenschaftlichen ‚Aufbereitung‘ wissenschaftlicher Erkenntnisse&nbsp;– tatsächlich ihre Berechtigung hat, lohnt ein kurzer Exkurs in die Naturgeschichte der Sexualität.
|Autor=Voland & Johow
|Quelle=Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte
|ref=<ref name=„voland_1“ />
}}
Dabei beziehen sich die Autoren unter anderem auf Lise Eliot, die sich im Jahr 2011 mit den ''Trouble with Sex Differences'' (deutsch: Schwierigkeiten mit den Geschlechterunterschieden) befasste.<ref name=„eliot“ /> Seit [[Charles Darwin|Darwin]] lasse sich „die menschliche Natur nicht mehr aus der gemeinsamen Geschichte aller Lebewesen ausklammern“. Sie alle und damit auch die Menschen seien auf „bestmögliche Reproduktion“ eingestellt: „Die verhaltenssteuernde Maschinerie unseres Gehirns produziert biologisch nützliche Repräsentationen der Welt und [[Emotion]]en, die uns –&nbsp;Risiken meidend, Chancen nutzend&nbsp;– gleichsam einem Navigationssystem vergleichbar durchs Leben führen.“<ref name=„voland_2“ />

Fortpflanzung und Sexualität seien „zwei völlig unterschiedliche Prozesse“ –&nbsp;Vermehrung einerseits und „Austausch von genetischer Information“ andererseits&nbsp;–, die ursprünglich voneinander unabhängig abliefen und sich erst später „evolutionär verkoppelt“ hätten. Dies habe bei fast allen [[Wirbeltier]]en „Vermehrung durch Sex“ hervor gebracht.<ref name=„voland_2“ />
{{Zitat
|Text=Während die weibliche Seite eher durch Risikoaversion, höheren Standards bezüglich der Partnerwahl und weniger variablen Entwicklungsverläufen gekennzeichnet ist, kann die männliche Seite eher mit Attributen wie sexueller Opportunismus, sexuelle und soziale Risikobereitschaft, breitere [[phänotyp]]ische Diversifikation auch in mentalen Aspekten des Lebensvollzugs beschrieben werden.
|Autor=Voland & Johow
|Quelle=Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte
|ref=<ref name=„voland_2“ />
}}
Es sei „gewöhnungsbedürftig“, so die Autoren, „sich das Genom als ein Schlachtfeld für genetische Konflikte zwischen männlichen und weiblichen Genen […] vorzustellen“, zugleich aber „sehr erhellend“. Damit hatte sich [[Richard Dawkins]] in seinem Buch ''[[Das egoistische Gen]]''<ref name=„dawkins“ /> ausführlich befasst. Voland und Johow sind überzeugt, dass ein „evolutionärer Friedensschluss im ewigen ‚Krieg der Geschlechter‘ […] aus soziobiologischer Sicht nicht denkbar“ sei. Stets handele es sich um „sehr brüchige Kompromisse eines profunden Interessenskonflikts, den keine Seite endgültig gewinnen“ könne. So gesehen sei Geschlechterdifferenz „ein fester Bestandteil der menschlichen Natur“. Es sei, als spiele Kultur mit dieser Differenz, „aber entgegen eines weit verbreiteten Missverständnisses konstruieren Kulturen“ sie nicht.<ref name=„voland_2“ />

„Die [[Chromosom|chromosomale]] Ausstattung“ des Menschen habe „weitreichende Folgen“:
{{Zitat
|Text= Ein Y-chromosomales Gen namens ‚[[Sex determining region of Y|SRY]]‘ (sex-determining region Y) bildet nämlich den Beginn einer Kaskade von Entwicklungsprozessen, welche ab der siebten Schwangerschaftswoche zur Ausprägung von männlichen Merkmalen führt. Diese Kaskade führt über die Entwicklung von Hoden im [[Embryo]] zur Ausschüttung von [[Testosteron]] und der induzierten Ausbildung der sogenannten sekundären Geschlechtsmerkmalen <!-- sic! --> in der Pubertät bis hin zu geschlechtsspezifischen Verhaltenstendenzen, beispielsweise bezüglich Sexualität und Aggression.
|Autor=Voland & Johow
|Quelle=Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte
|ref=<ref name=„voland_3“ />
}}
[[Mutation]]en oder Beschädigungen einzelner Gene hätten andere Entwicklungen und mögliche Abweichungen zur Folge, die sich jedoch „innerhalb der menschlichen Bevölkerung mit zwei Prozent aller Geburten nur relativ selten“ finden. Kinder, die sich nach der Geburt äußerlich nicht einem Geschlecht zuordnen lassen, gelten als [[Intersexualität|intersexuell]] und würden „unter 0,2 Prozent aller Geburten“ ausmachen, wie Leonart Sax in seiner Antwort an [[Anne Fausto-Sterling]] erwähnte.<ref name=„sax“ /> Jenseits dieser seltenen Besonderheiten sei die sexuelle Entwicklung weiteren Einflüssen ausgesetzt, zu denen unter anderem der [[Hormon]]status gehöre. Der werde durch die unterschiedlichsten Faktoren gesteuert, zu denen inzwischen auch industriell gefertigte Stoffe, wie beispielsweise sogenannte [[Weichmacher]] zählen würden, die bei der Herstellung von Haushaltsartikeln aus Plastik verwendet werden und mindestens bei einigen Tierarten [[Antiandrogene|antiandrogen]] wirken sollen. Ob das auch für Menschen gilt, werde „kontrovers diskutiert“. Es lasse sich feststellen, „dass ein äußerst komplexer Entwicklungspfad vom Geschlechtschromosom zur Geschlechtsidentität“ verlaufe. Insofern sei Geschlecht „gar nicht so eine eindeutige Kategorie“, wie oft angenommen werde.<ref name=„voland_3“ />

Für die Fähigkeit der beiden Geschlechter, vielfältige „Verhaltensstrategien“ herauszubilden, werden in der Regel sowohl genetische Anlagen als auch Umweltfaktoren verantwortlich gemacht. Beide würden sich „nicht unabhängig voneinander betrachten“ lassen. „Bei kaum einem anderen Thema wird die Anlage-Umwelt-Debatte in der breiteren Öffentlichkeit so leidenschaftlich wie ergebnislos geführt wie im Bereich von sex und gender“. Dabei sei „die Debatte im Kern theoretisch weitgehend gelöst“, wie Voland und Johow in Anlehnung an [[Adolf Heschl]] feststellen.<ref name=„heschl“ /> Dennoch würden „‚Kulturisten‘ und ‚Biologisten‘ unversöhnlich aufeinandertreffen“, weil „nicht gut verstanden“ sei, dass „Anlage und Umwelt nicht additiv“, sondern „[[Synergetik|synergetisch]]“ wirksam würden. Dabei würden die „in den Genen festgeschriebenen Baupläne“ in Abhängigkeit von Umweltbedingungen in Erleben und Verhalten des Menschen Strategien hervorbringen, die ihrerseits auf die Umgebung Einfluss nehmen. „Häufig“ werde allerdings übersehen, „dass in den biologischen Informationsträgern die ‚Reaktionsnorm‘ des Organismus auf je verschiedene Umweltfaktoren festgeschrieben“ sei. Deswegen könne die „Umwelt den sich entwickelnden Organismus auch nicht gleichsam ‚nach eigenen Regeln‘ konstruieren“. In dieser „Angelegenheit“ habe das „letzte Wort“ die „Erbinformation“.<ref name=„voland_4“ />

=== Juristische Aspekte ===
Nachdem die Bundesregierung den [[Deutscher Ethikrat|Deutschen Ethikrat]] beauftragt hatte, sich mit dem Thema [[Intersexualität]] zu befassen, kam es zu entsprechenden Empfehlungen. Danach sollte „für Menschen mit uneindeutigem Geschlecht die Kategorie ‚anderes‘ im Personenstandsrecht vorgesehen werden.“<ref name="bundeszentrale_02" /> Im Jahr 2011 hatte das [[Bundesverfassungsgericht]] einige „Regelungen des [[Transsexuellengesetz]]es für verfassungswidrig erklärt“ und unter anderem eine Änderung des Eintrages im [[Personenstandsregister]] „auch ohne körperliche, operative ‚Angleichung‘ zugelassen“.<ref name="bundeszentrale_01" /> Das [[Personenstandsgesetz (Deutschland)|Personenstandsgesetz]] wurde mit Wirkung zum 1.&nbsp;November&nbsp;2013 geändert. Zwar lässt das Gesetz auch weiterhin keinen Eintrag für Intersexualität zu, doch wenn eine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden vorgesehenen Geschlechter nicht möglich ist, kann ein entsprechender Eintrag im [[Personenstandsregister#Geburtenregister|Geburtenregister]] entfallen.

Laura Adamietz, promovierte Juristin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am [[Zentrum für Europäische Rechtspolitik der Universität Bremen]], wertet für ihren Aufsatz mit dem Titel ''Geschlechtsidentität im deutschen Recht'' eine Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus, die zum Teil auch anderen Disziplinen als der [[Rechtswissenschaft|Jurisprudenz]] entstammen. Sie sieht in den neuen Entwicklungen zu diesem Thema eine „Herausforderung für das Rechtssystem“.<ref name="adamietz_01" /> In Deutschland unterliege es „rechtlicher Regulierung“ ebenso, wie in anderen Ländern, „ob und wie Geschlechtsidentität ausgelebt werden darf“. Gleichwohl werde „weder Geschlecht noch Geschlechtsidentität […] vom Recht definiert“.<ref name="adamietz_02" /> „Rechtsvorschriften“ würden immer seltener „an das Geschlecht“ anknüpfen und wenn, dann allgemein im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsverbot und speziell in zwei Fällen:
{{Zitat
|Text=Bei der Entscheidung, ob zwei Menschen (wegen der Verschieden- beziehungsweise Gleichgeschlechtlichkeit ihrer Verbindung) heiraten oder sich ‚verpartnern‘ können, und in Artikel 12a&nbsp;[[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]] (Wehrpflicht nur für Männer).
|Autor=Laura Adamietz
|Quelle=Geschlechtsidentität im deutschen Recht
|ref=<ref name="adamietz_02" />
}}
Allerdings halte „das Recht an der Bedeutsamkeit der Frage“ fest, „wer eigentlich welches Geschlecht“ habe und zwar für die Einträge in Reisepass, [[Geburtsurkunde]] und Geburtenregister. Es erkläre aber weder, „was Geschlecht ist, noch, wie die Geschlechtszugehörigkeit festzustellen“ sei. Adamietz empfiehlt, „im deutschen Rechtsdiskurs“ von ''Geschlechtsidentität'' „zu sprechen, wenn tatsächlich das individuelle Geschlechtszugehörigkeitsempfinden allein und nicht (auch) die sexuelle Orientierung gemeint“ sei. Das entspreche „auch dem Sprachgebrauch des [[Bundesverfassungsgericht|BVerfG]]“.<ref name="adamietz_02" />

Der „Schutz von Geschlechtsidentität“ werde trotz aller von den Betroffenen erlebten Diskriminierung „nicht im [[Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz|Antidiskriminierungsrecht]]“ geregelt, „sondern anlässlich der Frage der personenstandsrechtlichen Anerkennung dieser ‚abweichenden‘ Geschlechtsidentität verhandelt". Dabei wäre nach Adamietz zu bedenken, „dass man an das Geschlecht, das einem bei Geburt zugewiesen wurde, gebunden“ sei. Man könne „dieses ‚rechtliche Geschlecht‘ nicht ohne Weiteres […] ändern“, obwohl sich die „Geschlechtsidentität eines Menschen […] bei dessen Geburt […] nicht erkennen“ ließe, da sie sich sich erst „im Laufe seines Lebens“ entwickele. Die „beiden Hauptanwendungsfälle eines Rechts auf (ungestörtes Ausleben der) Geschlechtsidentität“ würden „danach unterschieden, ob sie auf einer angeborenen körperlichen Besonderheit beruhen oder nicht“.<ref name="adamietz_03" />

Der „Schauplatz der Anerkennungskämpfe von Transidentitäten“ sei das [[Transsexuellengesetz]] (TSG) und es sei „wie jedes Gesetz ein Kind seiner Zeit“. Die dort verwendeten Begriffe würden dem „Sprachgebrauch der Entstehungszeit (1980)“ entsprechen und zu erkennen geben, „dass dem TSG das damals durchaus zeitgemäße Konzept ‚Transsexualität‘ zugrunde“ gelegen hätte. Es habe „auf einer (pathologisierenden) Vorstellung von Transidentität als psychischer Störung“ aufgebaut, die an einige „Schlüsselsymptome geknüpft“ gewesen sei. Inzwischen habe „die Sexualforschung diese Diagnostik revidiert“ und neue Begriffe hätten sich etabliert. Auch sei es „zu Revisionen des TSG durch das BVerfG“ gekommen, das bis 2012 acht mal „mit Fragen von Transidentität“ befasst gewesen wäre.

Dennoch bleibe „noch Einiges zu tun“. Adamietz meint, „temporäre Geschlechtswechsel sollten Teil einer möglichen und anerkennungsfähigen Transidentität sein“, aber dafür biete „das TSG mit seiner jetzigen Voraussetzung der Dauerhaftigkeit keinen Raum“. Zwar seien Änderungen „so niederschwellig wie nie“ möglich, aber einfach sei ein „rechtlicher Geschlechtswechsel dennoch nicht“. Den Betroffenen werde noch immer „ein langwieriges und kostspieliges Verfahren“ auferlegt. Auch befürchtet sie, „dass sich die ohnehin schon problematische Gutachterpraxis“ verschärfen könnte, gibt aber zugleich ihrer Hoffnung Ausdruck, „dass das TSG in einer Gesamtüberarbeitung noch von weiteren diskriminierenden, aber bisher noch nicht angegriffenen Regelungen bereinigt“ werde.<ref name="adamietz_04" />

In einem gesonderten Abschnitt befasst sich Adamietz ausführlich mit den gesetzlichen Regelungen zum Thema [[Intersexualität]]. Auch hierbei gehe es „um die Anerkennung einer normabweichenden Geschlechtszugehörigkeit“. Zwar sei mit der „Einführung des [[Bürgerliches Gesetzbuch|Bürgerlichen Gesetzbuches]] (BGB)“ der Begriff des „Zwitters“ aus dem „deutschen Rechtssystem verschwunden“, doch sei „die Eintragung eines weder männlichen noch weiblichen Geschlechts in Geburtsregister, -urkunde und Pass […] bisher noch nicht erreicht“ worden. Allerdings würden sich aufgrund der „öffentliche[n] Aufmerksamkeit“ inzwischen Bundestag, Landesparlamente und „jüngst der [[Deutscher Ethikrat|Deutsche Ethikrat]] im Auftrag der Bundesregierung“ mit dieser Thematik beschäftigen –&nbsp;noch ohne „gesetzgeberische[…] Initiative“. Deswegen hofft Adamietz, dass das BVerfG auch hier „zum Wegbereiter“ werde. „Nach heutigem Recht“ gelte, „dass das Geschlecht eines Menschen registriert werden“ und im Geburtsregister ein „binär codiertes Geschlecht“ eingetragen werden müsse. Auch bestehe „Regelungsbedarf“, weil immernoch „Kinder mit uneindeutigen Genitalien an diesen operiert“ würden, „bevor sie Einwilligungsfähigkeit erlangt“ hätten. Das Bundesverfassungsgericht hätte, so Adamietz, mit seiner „achten Entscheidung zur Transidentität […] die Rechtskategorie ‚Geschlecht‘ auf radikale Weise dekonstruiert und denaturalisiert, indem es ihr die Notwendigkeit einer körperlichen Basis abgesprochen“ habe.<ref name="adamietz_05" />

Die „rechtspolitische[…] Diskussion“ befasse sich, so Adamietz zusammenfassend, mit „der straf-, medizin- und sorgerechtlichen Regulierung“ im Rahmen vielfältiger Fallkonstruktionen. Dabei werde „der Ruf nach der Möglichkeit“ eines Geschlechtseintrages laut, „der weder männlich noch weiblich“ definiert wäre. Damit solle „zwischengeschlechtlichen Identifikationen“ eine „rechtliche Anerkennung“ verliehen werden. Für „vielversprechender“ hält Adamietz eine „Utopie, auf die Geschlechtszuweisung und -erfassung ganz zu verzichten" und fragt: „Wozu braucht das Recht ‚Geschlecht‘?“<ref name="adamietz_06" />

=== Sexualwissenschaftliche Aspekte ===
„Geschlechtsidentität wird thematisiert, wenn Unsicherheit auftritt“.<ref name=„richter_1“ /> Auf diese einfache Formel bringt die Psychoanalytikerin und Sexualwissenschaftlerin [[Hertha Richter-Appelt]] in ihrem Artikel ''Geschlechtsidentität und [[dysphorie|-dysphorie]]'' die öffentliche Diskussion zum Thema. Verunsicherung könne entstehen, wenn beispielsweise Unfruchtbarkeit Fragen aufwerfe, Körper und Körpererleben nicht übereinstimmen oder Irritationen auftauchen, weil der Körper nicht eindeutig als männlich oder weiblich zu identifizieren sei.

Auch Richter-Appelt erwähnt, dass in der zweiten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts eine „binäre Vorstellung von Geschlecht […] das Denken“ bestimmt habe. Ziel medizinischen und psychologischen Wirkens sei „eine stabile männliche oder weibliche Geschlechtsidentität“ gewesen. Dabei wurden „Begriffe der psychosexuellen Entwicklung“, wie ''Binarität'' oder ''Geschlechtsidentität'' weder „definiert“ noch „hinterfragt“ und „uneinheitlich verwendet“.<ref name=„richter_1“ />

Da sich an der uneinheitlichen Verwendung der Begriffe nicht viel geändert habe, schlägt Richter-Appelt folgende Definitionen vor:<ref name=„richter_1“ />
* ''geschlechtstypisches Verhalten'': „bei einem Geschlecht häufig beobachtete Verhaltensweisen“.
* ''geschlechtsspezifisches Verhalten'': tritt „jeweils nur bei einem Geschlecht auf“ (z.B. Stillen eines Kindes)
* ''Geschlechtsrolle'': „Gesamtheit der kulturell erwarteten, als angemessen betrachteten und zugeschriebenen Fähigkeiten, Interessen, Einstellungen und Verhaltensweisen des jeweiligen Geschlechts“. All dies unterliege „einem Wandel innerhalb der und zwischen den Kulturen“.
* ''Geschlechtsidentität'': „das subjektive Gefühl eines Menschen, sich als Mann oder Frau (oder dazwischen) zu erleben“. Ein solches Gefühl finde sich „zu allen Zeiten und in allen Kulturen“.
* ''Geschlechtsrollenidentität'': „die öffentliche Manifestation der Geschlechtsidentität einer bestimmten Person in einem bestimmten Rollenverhalten“. Damit werde „alles, was eine Person sagt oder tut“ zusammengefasst, was zeigen soll, ob und wie weit sich jemand welchem Geschlecht „zugehörig erlebt“.
* ''Sexuelle Identität'': „das subjektive Erleben einer Person als hetero-, homo-, bi- oder asexuell“.
* ''Sexuelle Präferenz'': „beschreibt, wodurch eine Person sexuell erregt wird“.
* ''Sexuelle Orientierung'': betrifft „die Partnerwahl“. Meist stimme sie „mit der sexuellen Identität überein.“

Ausführlicher befasst sich Richter-Appelt mit der [[Intersexualität|Inter-]] und der [[Transsexualität]]. Unter dem Begriff der ''Intersexualität'' „werden eine Reihe unterschiedlicher Phänomene zusammengefasst, bei denen die geschlechtsdeterminierenden und -differenzierenden Merkmale des Körpers (Chromosomen, Gene, Keimdrüsen, Hormone, äußere Geschlechtsorgane und Geschlechtsmerkmale) nicht alle dem gleichen Geschlecht entsprechen.“<ref name=„richter_1“ /> Darüber hat die Autorin gesondert veröffentlicht.<ref name=„richter_p1“ /> Bei den „verschiedenen Formen der Intersexualität“ stelle die „Vorhersage der Geschlechtsidentität“ ein „besonderes Problem“ dar. Personen mit Intersexualität seien „in ihrem Geschlechtserleben oft nicht eindeutig“ und würden deshalb auch keine Eindeutigkeit zum Ausdruck bringen. Intersexualität wird als „Störung der Geschlechtsentwicklung“ verstanden, was von „den Betroffenen […] kritisiert“ werde. Diese Menschen seien „oft bereits in der frühen Kindheit einem Geschlecht zugewiesen (gender allocation) und körperlich angeglichen (sex assignment)“ worden –&nbsp;in der „Hoffnung, auch die Entwicklung einer ungestörten, dem angepassten Geschlecht entsprechende Geschlechtsidentität zu gewährleisten“.

Über die Frage, wann von ''Transsexualität'' gesprochen werden könne, herrsche Uneinigkeit. Personen mit Transsexualität würden, so Richter-Appelt „in der Regel den gesunden männlichen oder weiblichen Körper dem subjektiv erlebten Geschlecht mehr oder minder anpassen“ wollen. „Seit die geschlechtsanpassenden Operationen keine notwendige Voraussetzung für eine Personenstandsänderung mehr darstellen, kann ein deutlicher Rückgang beziehungsweise eine <!-- sic! --> verzögertes Anstreben genitalchirurgischer Eingriffe vor allem bei älteren Personen beobachtet werden.“ Der Begriff ''Transsexualität'' werde „kritisiert“, weil es nicht um Sexualität, sondern um Identität gehe und so werde häufig von ''Transidentität'' oder ''Transgender'' gesprochen. „Im internationalen medizinischen Klassifikationssystem“ [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|(ICD)]] sei „von einer Störung der Geschlechtsidentität“ die Rede. Eine sogenannte ''[[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders#Kategorien|Geschlechtsdysphorie]]'' hätten Inter- oder Transsexuelle, die unter einer „Irritation des subjektiven Geschlechtserlebens“ leiden,<ref name=„richter_1“ /> was aber nicht bei allen der Fall sei.

Zur Entwicklung der Geschlechtsidentität als einem Aspekt „des Identitätserlebens“ –&nbsp;also der Frage „Wer bin ich?“&nbsp;– erinnert Richter-Appelt an zahlreiche Einflussgrößen, die an ihrer Herausbildung beteiligt sind: „Körperlich-biologische Faktoren“ ebenso wie „psychische und soziale Bedingungen“, aber auch „Hormone als Folge von genetischen und [[Epigenese|epigenetischen]] Prädispositionen“ neben „Erziehungsmaßnahmen der Eltern und Identifizierungen und Selbstkategorisierungen des Kindes.“ Hinzu kämen „kulturelle Normen und Geschlechtsrollenerwartungen“.<ref name=„richter_2“ />

Um der teils harschen Kritik zu begegnen, der medizinisches und psychologisches Handeln Mitte des 20.&nbsp;Jahrhunderts in späteren Jahren ausgesetzt war, erinnert Richter-Appelt daran, „wie sehr Menschen mit entweder nicht eindeutigem Geschlecht, aber auch diejenigen Menschen, die den Körper als nicht ihrem Geschlecht entsprechend empfanden, darunter gelitten haben.“ Ärzte und Psychologen „verfolgten das Ziel, dieses Leid zu lindern.“ Den Konzepten dieser Zeit lag „ein binäres Verständnis von Geschlecht zugrunde“, dem „Therapeuten, Endokrinologen und Chirurgen“ ebenso wie Psychoanalytiker unterlagen. „Erfahrungen der vergangenen Jahre“, so stellt sie fest, „haben uns eines Besseren belehrt“. In der Psychoanalyse des 21.&nbsp;Jahrhunderts gehe es „um eine multifaktorielle [[Geschlechtsdetermination|Determinierung]] des Identitätserlebens, das sehr viel vielfältiger ausfallen kann als ausschließlich männlich oder weiblich.“<ref name=„richter_3“ />

Für die Entwicklung der Geschlechtsidentität gehe man inzwischen davon aus, „dass sie in vielen Fällen weitgehend konfliktfrei erlebt wird“. In anderen Fällen könne es „zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Entwicklung […] zu einem Hinterfragen, zu einer [[Dysphorie]] kommen“. Irritationen könnten „sowohl durch biologische Faktoren, die bisher nur wenig bekannt sind, etwa genetische, hormonelle Prozesse, durch Erfahrungen im Umgang mit dem Körper, durch Selbst- und Fremdkategorisierungen und entwicklungsbedingte Konflikte, vor allem aber durch Beziehungserfahrungen beeinflusst werden.“<ref name=„richter_3“ />
{{Zitat
|Text=Ein zentrales Thema in der psychoanalytischen Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Geschlechtsidentität ist die Frage der Beziehungsgestaltung. Bereits in der Kindheit wird die Grundlage gelegt, welche Beziehungen im Laufe des Lebens gelebt werden können. Sowohl die Psychoanalyse wie auch die [[Bindungstheorie]] nehmen an, dass frühe Beziehungserfahrungen wichtig sind für das Geschlechtsidentitätserleben. Supportives, [[Rapport (Psychologie)|responsives]] Verhalten und präsente Bezugspersonen in der Kindheit sind Grundlage für ein selbstsicheres Identitätserleben.
|Autor=Hertha Richter-Appelt
|Quelle=Geschlechtsidentität und -dysphorie
|ref=<ref name=„richter_4“ />}}
Das Kind nehme in seinen ersten Lebensjahren, die „eigene[…] Körperlichkeit“ gleichsam in Besitz, es komme, wie Richter-Appelt es nennt, zu dem „Entwurf einer Topografie lustvoller Erfahrungen“. Unter Abweichungen würden in der Regel zunächst nicht die Kinder leiden, sondern ihre Eltern und die Ärzte. Ist das der Fall, seien sie Einflüssen ausgesetzt, die Angst erzeugen können, nicht angenommen oder „nicht begehrt“ zu werden. Dadurch könne es „zu einer Verunsicherung in der Identitätsentwicklung“ kommen. Das „Erleben der Andersartigkeit“ könne „schon früh zu einer Vereinsamung führen“. Andererseits habe sich gezeigt, „dass ein toleranter Umgang mit nicht geschlechtsspezifischen Interessen und Verhaltensweisen zu einer stabileren Entwicklung des [[Selbst]] führen kann und dann die so oft befürchtete Stigmatisierung als weniger [[Trauma (Psychologie)|traumatisierend]] erlebt“ werde. „Ein bewusster und offener Umgang mit der spezifischen Situation und die Akzeptanz des Kindes in seiner Besonderheit könnten die Grundlage für eine möglichst ungestörte Entwicklung darstellen.“<ref name=„richter_5“ />

=== Medizinhistorische Aspekte ===

{{Zitat
|Text=Obwohl sich Organisationen intergeschlechtlicher Menschen dagegen seit Langem wehren, gilt ein –&nbsp;gemessen an der Norm des männlichen und weiblichen Geschlechts&nbsp;– ‚uneindeutiges‘ Geschlecht noch immer als krankhaft und behandlungsbedürftig. Medizinische Autorität, Glaube an die medizinisch-technische Machbarkeit, gesellschaftlicher Anpassungsdruck und die Haltung der Politik bilden ein Konglomerat, das ein Umdenken verhindert –&nbsp;auf Kosten der körperlichen Unversehrtheit und des Selbstbestimmungsrechts intergeschlechtlicher Menschen.
|Autor=Ulrike Klöppel
|Quelle=Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts
|ref=<ref name=„kloeppel_1“ />
}}
Mit diesen Worten leitet Klöppel „für den deutschsprachigen Raum“ ihre medizinhistorischen Betrachtungen zu der Frage ein, wie sich „die medizinische Definitionsmacht über Intersexualität historisch durchsetzen“ konnte. „Zentral dafür war […] die Konstruktion der ‚Geschlechtsidentität‘ als psychischer [[Entität]] Mitte des 20.&nbsp;Jahrhunderts.“<ref name=„kloeppel_1“ />

[[Datei:Enrico III di Valois (1551-1589)1 - Artus, Thomas-Les Hermaphrodites, 1605.jpg|mini|[[Albert Moll]], Handbuch der Sexualwissenschaften, Verlag F.C. Vogel, Leipzig 1921, S. 491]]
Bereits im 16. Jahrhundert habe es die ersten „Versuche der Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts“ gegeben. Klöppel versteht darunter den „selbstproklamierte[n] Anspruch der Ärzte“, nur sie seien befähigt, in zweifelhaften Fällen eine „Geschlechtszuweisung […] vorzunehmen“. Die Zweifelsfälle wären seinerzeit [[Hermaphroditismus|Hermaphroditen]] genannt worden. Ihre Zuweisung zu einem der beiden eindeutigen Geschlechter sei „eine Frage wissenschaftlicher Wahrheit […], dessen Lösung genaue anatomische Kenntnisse erfordere und folglich in die alleinige Zuständigkeit akademisch geschulter Heilkundiger gehöre“. Dieser Anspruch der Ärzte wäre jedoch „bis ins 19.&nbsp;Jahrhundert hinein“ ohne „praktische Konsequenzen“<ref name=„kloeppel_2“ /> geblieben und sei möglicherweise der „im deutschsprachigen Raum uneinheitliche[n] Rechtslage“ geschuldet.
{{Zitat
|Text=Der [[Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis|Bayerische Codex Maximilianeus Civilis]] von 1756 schrieb vor: ‚Hermaphroditen werden dem Geschlecht beygezehlt, welches nach Rath und Meinung deren Verständigen vordringt; falls sich aber die Gleichheit hierin bezeigt, sollen sie selbst eines erwählen, und von dem Erwählten sub Poena Falsi (unter Drohung der Strafe für Meineid, U. K.) nicht abweichen.‘
|Autor=Ulrike Klöppel
|Quelle=Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts
|ref=<ref name=„kloeppel_2“ />
}}
Daneben habe auch „Paragraf&nbsp;20 des [[Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten|Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten]] von 1794“ ein „Wahlrecht für erwachsene Hermaphroditen“ vorgesehen –&nbsp;ebenfalls ohne Pflicht, einen Sachverständigen zu befragen. „Nur in rechtlichen Streitfällen war ein Sachverständigenurteil erforderlich“. Über den Beruf der Sachverständigen hätten beide Gesetze jedoch nichts ausgesagt, so dass auch [[Hebamme]]n „von Gerichten herangezogen werden“ konnten. Diese allerdings wären nach den sogenannten ''Hebammenordnungen'' verpflichtet gewesen, „im Falle von ‚Missgeburten‘, zu denen auch Hermaphroditen zählten, einen Arzt hinzuzuziehen“, was in der Praxis aber kaum geschehen sei. So bringt Klöppel den Anspruch der Ärzte, „nur sie seien fähig und befugt, die Geschlechtszuweisung von Hermaphroditen vorzunehmen“ mit dem Versuch in Verbindung, „auf diese Weise ein weiteres Zuständigkeitsfeld gegenüber der Konkurrenz der Hebammen, [[Barbier]]e und der nicht akademisch ausgebildeten Chirurgen hinzuzugewinnen“.<ref name=„kloeppel_2“ />

Nach der Gründung des [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Reichs]] im Jahr 1871 habe sich für die Hermaphroditen vieles zu ihrem Nachteil geändert. Das [[Personenstandsgesetz]] wurde eingeführt und ihr „Geschlechtswahlrecht“ entfiel. Die Gesetze sahen eine eindeutige Zuordnung zu einem Geschlecht vor, obwohl „führende Wissenschaftler davon aus[gingen], dass es ein Kontinuum der Geschlechter gebe, in welchem die verschiedenen Varianten des Hermaphroditismus die Zwischenstufen verkörperten“. Zu den Vertretern dieser Position habe [[Rudolf Virchow]] gehört. Er habe, gemeinsam mit anderen gefordert, „dass der Gesetzgeber eine Lösung für die standesamtliche Registrierung solcher Menschen schaffen müsse“ und das Geschlechtswahlrecht wieder eingeführt werde. Vorstöße einiger Juristen, „die Rechtslage zu ändern, konnten sich nicht durchsetzen“. Das Recht forderte „eine eindeutige Zuweisung, überließ aber der Medizin, die Beurteilungskriterien dafür festzulegen“. So hätten die Ärzte „tatsächlich die Rolle, die sie seit dem 16.&nbsp;Jahrhundert gefordert hatten“ erhalten. Dazu habe auch der Rückgang der [[Hausgeburt]]en beigetragen. Sie waren um das Jahr 1900 „vorherrschend“ gewesen. „Klinikentbindungen“ stiegen in den folgenden 30&nbsp;Jahren auf „ungefähr 50&nbsp;Prozent“ und betrugen 1970 „fast 100&nbsp;Prozent“.<ref name=„kloeppel_3“ />

„Für die tatsächliche Durchsetzung der medizinischen Expertenstellung war […] die Entwicklung ab Mitte des 20.&nbsp;Jahrhunderts entscheidend.“ [[Intersexualität]] sei der „nun gängige Terminus“ gewesen. Von der Ärzteschaft in Deutschland wäre beklagt worden, „dass es keine wissenschaftlichen Kriterien für die Geschlechtszuweisung von Intersexuellen“ gebe, weshalb die Mehrzahl vorgeschlagen hätte, „ärztliche Eingriffe am ‚subjektiven‘ Geschlecht zu orientieren“ und „genitalplastische“ Operationen im Kindesalter zu versagen, auch „wenn die Eltern dies wünschten“. Technisch war es inzwischen „kein Problem mehr […], ‚uneindeutige‘ Genitalien chirurgisch und hormonell an die männliche respektive weibliche Norm anzugleichen“. Geschah dies auf Wunsch der Eltern doch, habe sich „scharfe Kritik“ in der Ärzteschaft geregt, obwohl „Genitalplastiken im Kindesalter“ aus anderen Gründen als der Intersexualität „keineswegs grundsätzlich tabu“ gewesen seien. Es war empfohlen, „bei intersexuellen Kindern mit chirurgischen Eingriffen bis mindestens in die Pubertät abzuwarten“ –&nbsp;„bis die seelische Einstellung erkennbar“ wäre.<ref name=„kloeppel_4“ />

Anders habe es in Übersee ausgesehen, wo „am Baltimorer [[Johns Hopkins Hospital]] in den USA Genitaloperationen an intersexuellen Kindern bereits systematisch durchgeführt“ worden seien. Die operierten Kinder wären von einer „Forschungsgruppe um den Psychologen [[John Money]]“ untersucht worden.
{{Zitat
|Text=Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich im Babyalter operierte und eindeutig als Mädchen oder Jungen erzogene Personen mit ihrer Geschlechtsrolle identifizierten, ein angepasstes Verhalten und heterosexuelle Orientierung zeigten, und zwar selbst dann, wenn die Zuweisung nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmte. Daraus leitete die Forschungsgruppe die Theorie ab, dass die [[Psychosexualität]] durch die Geschlechtszuweisung, die Erziehung und das Körperbild geprägt würden. Eine Einflussnahme sei aber nur in der kritischen Phase der ersten beiden Lebensjahre möglich, danach identifiziere sich das Kind irreversibel als männlich oder weiblich.
|Autor=Ulrike Klöppel
|Quelle=Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts
|ref=<ref name=„kloeppel_4“ />
}}
Die Überzeugungen der Mediziner in Deutschland, die „psychosexuelle Entwicklung“ dieser Kinder sei „nicht vorhersagbar“, wären mit diesen Forschungsergebnissen „theoretisch und praktisch infrage gestellt“ worden. Den neuen Erkenntnissen hätten sie sich „nicht auf Dauer widersetzen“ können. Money habe ein theoretisches Modell entwickelt, nachdem die „frühkindliche soziale Prägung“ mit der „pränatale[n] Hormonkonstellation“ interagiere, was „schließlich auch die verbliebenen deutschen Kritiker“ überzeugt habe. In den 1990er Jahren hätten sich dann „Proteste von Organisationen intergeschlechtlicher Menschen“ Gehör verschafft und „eine gewisse Sensibilisierung der Medizin für die Probleme von Genitaloperationen im Kindesalter bewirkt“. Ein „Ende dieser Praxis“ sei aber „noch nicht in Sicht“.<ref name=„kloeppel_4“ />

Klöppel schlussfolgert, dass aus dieser Entwicklung, die nicht nur „systematische[…] Genitaloperationen an intersexuellen Kindern“ hervorgebracht habe, sondern auch eine „medizinisch-psychologische[…] Forschung, die darauf zielte, die Einflussfaktoren der psychosexuellen Entwicklung zu isolieren und zu kontrollieren“, sich „im Verlauf des 20.&nbsp;Jahrhunderts“ als „neue psychische [[Entität]]“ die ''Geschlechtsidentität'' herausgebildet hätte. Sie sei „das Resultat eines Konstruktionsprozesses, der um die Jahrhundertwende mit der Herauslösung des psychosexuellen Empfindens aus der Einheit des biologischen Geschlechts“ begonnen hätte. Seitdem gelte eine „eindeutige und stabile affektive Bindung an den männlichen respektive weiblichen Geschlechtsstatus“ als „Grundbedingung psychischer Gesundheit und sozialer Integration“. Damit werde ein „normatives Skript den Körpern und der Psyche intergeschlechtlicher Menschen autoritär“ eingeschrieben.<ref name=„kloeppel_5“ />

=== Ethische Aspekte ===
[[Michael Wunder]] hat sich ausführlich mit der „Stellungnahme zum Thema Intersexualität“<ref name=„ethikrat“ /> des [[Deutscher Ethikrat|Deutschen Ethikrates]] befasst, der „ein intensiver Dialog mit Betroffenen, Selbsthilfegruppen und Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen“ einerseits und einige wissenschaftliche Studien andererseits vorausgegangen sei. Geleitet war Wunder durch sein Anliegen, „das Thema aus der [[Tabu]]zone heraus zu holen“ und es „in den Bereich der [[Normalität]] zu bringen“.<ref name=„wunder_1“ />

Die erste Interessenvertretung für Intersexuelle sei 1990 unter dem Namen ''Intersex Society of North America'' gegründet worden. Mit einiger zeitlicher Verzögerung seien im „deutschsprachigen Raum“ Selbsthilfegruppen entstanden, im Jahr 2004 der Verein ''Intersexuelle Menschen'' und 2010 der Verein ''Zwischengeschlecht''.<ref group="Anm." name="vereine_intersex" /> Ihnen wären zahlreiche weitere mit je verschiedenen Schwerpunkten gefolgt, aber einig in ihrer Kritik „an der Einordnung der Intersexualität als Krankheit“.<ref name=„wunder_2“ />

Der Verein ''Intersexuelle Menschen''<ref name=„verein_intersex“ /> habe sich 2008 an den zuständigen Ausschuss der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] gewandt, über Verstöße gegen die [[UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau|Anti-Diskriminierungskonvention]] berichtet und Vorschläge zur „Vermeidung und Behebung von Konventionsverstößen“ unterbreitet. Daraufhin hätte der UN-Ausschuss die Bundesregierung aufgefordert, das „internationale[…] Abkommen[…] zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung“ zu überwachen und seine Einhaltung zu gewährleisten. In der Folge habe die Bundesregierung im Jahr 2010 den Deutschen Ethikrat damit beauftragt, sich mit diesem Thema in Abgrenzung zu „Fragen der [[Transsexualität]]“ zu befassen, nachdem sich die [[Interessenvertretung]]en der Betroffenen bereits zuvor an ihn gewandt hätten, weil sie unter einem „invalidierenden Umfeld“ und einer „zu schnell handelnden und bedrohlich erlebten Medizin“, aber auch unter „gesellschaftlicher [[Ignoranz]] und fehlender Unterstützung“ litten.<ref name=„wunder_1“ />
{{Zitat
|Text=Der Doppelauftrag der Regierung, einen Dialog zu führen und eine Stellungnahme zu erarbeiten, hat sich als überaus produktiv und angemessen erwiesen. Der Dialog wurde mit einer umfangreichen Befragung der Betroffenen, an der sich rund 200&nbsp;Personen beteiligt haben, eingeleitet und mit einer großen öffentlichen Anhörung im Juni 2011 sowie einem moderierten Online-Diskurs weitergeführt. Hieraus haben sich unzählige Anregungen und Informationen, aber auch Kontroversen ergeben, die ebenso wie die Ergebnisse einer systematisierten Befragung von über 40&nbsp;Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus den Bereichen der Medizin, des Rechts, der Psychologie, der Ethik und der Philosophie in die öffentliche Stellungnahme eingingen.
|Autor=[[Michael Wunder]]
|Quelle=Intersexualität: Leben zwischen den Geschlechtern
|ref=<ref name=„wunder_2“ />
}}
Weil der Begriff [[Intersexualität]] „weder eindeutig noch unstrittig“ sei und einige Gruppen ihn für sich als diskriminierend ablehnen, habe „der Bericht des Deutschen Ethikrates auf den medizinischen Begriff ''DSD''“ zurück gegriffen, der „nach dem Vorschlag auch deutscher Ethiker und Mediziner als ''differences of sexual development'' übersetzt und verstanden werden solle“.<ref name=„wunder_3“ />

Die „pathologische Sichtweise auf Intersexualität“, die sich in den 1950er Jahren durch die Ergebnisse der Forschungsgruppe um den „amerikanischen Psychologen [[John Money]]“ etabliert hätte, sei erst im Jahr 2005 „innerhalb der Medizin revidiert“ worden –&nbsp;auf der ''Chicago Consensus Conference''. Hier habe der „Wandel im Verständnis von Intersexualität“ mit der Forderung nach ethischen „Grundsätze[n] und Empfehlungen bei DSD“ seinen Anfang genommen. Fortan sollten „chirurgische und hormonelle Eingriffe an Kindern mit uneindeutigem Geschlecht […] nur noch unter bestimmten Bedingungen“ und einer „zwingenden medizinischen Indikation“<ref name=„ag_ethik“ /> erfolgen. Wann eine solche zu stellen wäre, sei jedoch strittig geblieben. „Wissenschaftliche Langzeitstudien zu den Folgen medizinischer Eingriffe bei Intersexualität fehlen weitgehend“.<ref name=„wunder_4“ />

Zwei „empirische Studien zur [[Lebensqualität]]“ von Intersexuellen hätten dem Ethikrat vorgelegen<ref name=„ethikrat_anhoerung“ /> –&nbsp;die sogenannte ''Netzwerkstudie'' und die ''Hamburger Intersex-Studie''<ref name=„hamburgstudie“ />&nbsp;–, eine dritte Erhebung führte er selbst durch.<ref name=„ethikratstudie“ /> „Keine der drei Studien kann für sich den Anspruch der [[Repräsentativität]] erheben“, dennoch könnten, „auch mangels anderer Quellen, die Angaben dieser drei Studien wichtige Anhaltspunkte geben“. Etwa 70 bis 80&nbsp;% „der in diesen drei Studien erfassten DSD-Betroffenen“ wären „chirurgischen Eingriffen unterzogen“ worden, die meisten davon „in einem nicht zustimmungsfähigen Alter“. Die Ergebnisse zur „subjektiv geäußerten Lebensqualität“ seien uneinheitlich, je nachdem, welche Untergruppe in welcher Studie betrachtet würde. Schlüsse hätten aus den Befunden nur mit „aller gebotenen Vorsicht“ gezogen werden können und dies für die verschiedenen Untergruppen je andere.<ref name=„wunder_5“ />

Die „Forderungen zur Verbesserung der Situation“ durch die Betroffenen weisen eine große Vielfalt auf. Sie würden von „mehr Aufklärung in der Gesellschaft“ über die Einrichtung von „außerklinische[n] Kontakt- und Beratungszentren“ bis zu „finanzielle[n] und strukturelle[n] Hilfen für Selbsthilfegruppen zur Errichtung eines bundesweiten Hilfenetzwerks“ reichen. Aus der Wissenschaft würden „interdisziplinäre Kompetenzzentren zur fachlich bestmöglichen Behandlung der Betroffenen mit mehr Zeit, weniger Entscheidungsdruck und größerer Beachtung der jeweils individuellen Umstände“ gefordert. Sofern gegeben, würden Forderungen für Maßnahmen zur Behebung „mangelhafte[r] Integration und Teilhabe an der Gesellschaft“ erhoben.<ref name=„wunder_6“ />

„Der Deutsche Ethikrat hat vor dem Hintergrund dieser Befunde eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Untergruppen von DSD vorgenommen und unterscheidet zwischen geschlechtsvereindeutigenden und geschlechtszuordnenden Eingriffen.“<ref name=„wunder_7“ /> Geschlechtszuordnende Operationen „bewertet der Ethikrat als einen Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf Wahrung der geschlechtlichen und sexuellen Identität, über die grundsätzlich nur die Betroffenen selbst“ entscheiden könnten. Insofern solle mit derlei Eingriffen bis zum Erreichen des „entscheidungsfähige[n] Alter[s]“ gewartet werden –&nbsp;sofern nicht „eine schwerwiegende Gefahr für die physische Gesundheit des Kindes“ dem entgegenstehe. Für die „vereindeutigenden Eingriffe“, die der Ethikrat für „weniger gravierend“ hält, schlägt er eine „umfassende Abwägung der medizinischen, psychologischen und psychosozialen Vor- und Nachteile im Sinne des [[Kindeswohl]]s“ vor und „im Zweifel“, die „Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen“ abzuwarten. Der Ethikrat empfiehlt, „die medizinische Diagnostik und Behandlung von DSD-Betroffenen nur in einem speziell dafür qualifizierten, interdisziplinär zusammengesetzten Kompetenzzentrum von Ärzten, Psychologen, Sozialberatern und anderen Experten vorzunehmen“. Für die Geschlechtszuordnung wird vorgeschlagen, „neben den Alternativen ‚weiblich‘ und ‚männlich‘ nach australischem Vorbild auch die Kategorie ‚anderes‘ einzuführen und für das [[Personenstandsregister]] die Möglichkeit eines späteren Eintrages vorzusehen.<ref name=„wunder_7“ />

Zusammenfassend schlägt Wunder vor, als Ziel anzustreben, dass „Menschen mit ''DSD''“ mit ihrer „Besonderheit und als Teil gesellschaftlicher Vielfalt [[Respekt]] und Unterstützung der Gesellschaft erfahren“.<ref name=„wunder_8“ />

=== Historische Aspekte ===
[[Datei:Cavalier d'eon p. 608 b.jpg|mini|hochkant|[[Charles-Geneviève-Louis-Auguste-André-Timothée d’Éon de Beaumont|Chevalier d'Éon]] in [[Albert Moll]], Handbuch der Sexualwissenschaften, Verlag F.C. Vogel, Leipzig 1921, S. 608]]

Rainer Herrn befasste sich –&nbsp;[[Transvestitismus]] und [[Transsexualität]] im Fokus&nbsp;– mit der Geschichte des Wunsches nach Verwirklichung eines anderen als des biologischen Geschlechts und ließ dabei prominente Sexualwissenschaftler aus dem 19. und 20.&nbsp;Jahrhundert zu Wort kommen.<ref name=„herrn_1“ />

„[[Cross-Dressing]] –&nbsp;der Wechsel zur Kleidung des anderen Geschlechts&nbsp;– und, oft damit verbunden, der Wechsel des sozialen Geschlechts sind in der europäischen Kulturgeschichte seit Langem bekannt“, weniger allerdings über „die Motive und den sozialen Alltag solcher historischer Personen“. Lange habe es für sie keinen „bezeichnenden Begriff“ gegeben. Sie galten in Deutschland „bis Mitte des 19.&nbsp;Jahrhunderts als [[Hochstapler]] und Schwindler, einige wurden gar der [[Spionage]] verdächtigt“.<ref name=„herrn_1“ />

Als Cross-Dressing während des „späten 19.&nbsp;Jahrhunderts in den medizinischen Blick“ geriet, sei „auf tradierte Konzepte der Mischgeschlechtlichkeit zurückgegriffen“ worden, zu denen insbesondere der „[[Hermaphroditismus]]“ gezählt habe. Cross-Dressing wäre mit dem „gleichgeschlechtliche[n] sexuelle[n] Begehren der Männer“ in Verbindung gebracht worden, „für das sich im 20.&nbsp;Jahrhundert der Begriff ‚[[Homosexualität]]‘ durchsetzte“. [[Karl Heinrich Ulrichs]] –&nbsp;soweit bekannt, der erste bekennende Homosexuelle&nbsp;– hätte seit 1864 „emanzipatorische[…] Streitschriften“ gegen die „nach preußischem Recht geltende[…] Strafbarkeit sexueller Handlungen zwischen Männern“ verfasst. Seine Schriften „regten um 1870 zunächst den Berliner Ordinarius und Charité-Psychiater [[Carl Westphal (Psychiater)|Carl Westphal]] und zehn Jahre später dessen Grazer Kollegen [[Richard von Krafft-Ebing]] zur Begründung der modernen Sexualpathologie an“. Er „stellte die These von der weiblichen Seele im männlichen Körper auf“.<ref name=„herrn_2“ />
{{Zitat
|Text=In der sexualpathologischen Denkrichtung des letzten Drittels des 19.&nbsp;Jahrhunderts fand eine Koppelung von Cross-Dressing mit gleichgeschlechtlichem Begehren zu einem Gesamtphänomen statt, eben jener ‚conträren Sexualempfindung‘. Diese neue Diagnose umgreift als Sammelbezeichnung ausnahmslos alle von den Geschlechternormen abweichenden Gefühls- und Verhaltensweisen.
|Autor=Rainer Herrn
|Quelle=Ver-körperungen <!-- sic! -->des anderen Geschlechts
|ref=<ref name=„herrn_2“ />
}}
Ulrichs selbst „lehnte in seinem emanzipatorisch angelegten Konzept […] jede Krankheitszuschreibung ab“. Eine „sexualpathologische Ausdeutung“ sei erst mit der „Rezeption seiner Schriften“ erfolgt.<ref name=„herrn_2“ />

Mit der Jahrhundertwende sei es zu einer „zunehmenden Verwissenschaftlichung, Popularisierung und Politisierung der Homosexualität“ gekommen. Im Jahr 1897 ist das [[Wissenschaftlich-humanitäres Komitee|Wissenschaftlich-humanitäre Komitee]] etabliert worden und damit „wurde der Homosexuelle in der Öffentlichkeit ein geläufiger Sozialcharakter“. Mitbegründer dieser Vereinigung war [[Magnus Hirschfeld]], dessen „Forschungen über sexuelle Zwischenstufen“ den Begriff der ''Zwischenstufentheorie'' hervorbrachte, der sich seit dem Jahr 1903 durchgesetzt hätte. Er gab das ''Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen'' heraus, dessen Ziel es gewesen sei, „über die ganze Fülle mischgeschlechtlicher Formen zu berichten“.<ref name=„herrn_3“ />

Nicht immer wären Cross-Dresser damit einverstanden gewesen, wenn sie als homosexuell bezeichnet wurden. Sie hätten das Gespräch mit Hirschfeld gesucht, der daraufhin seinen „Entwurf des Transvestitismus“ entwickelt habe, mit dem sie von der Gruppe der Homosexuellen unterschieden wurden. Auch die Homosexuellen suchten Abstand zu den Cross-Dressern und hätten mit ihnen nicht in einer Gruppe zusammengefasst werden wollen. „Das Ziel der Homosexuellenbewegung [war] die Abschaffung des Paragrafen&nbsp;175 [[Reichsstrafgesetzbuch]]s (RStGB).“ Aber auch Personen, „die polizeilich als Transvestiten erkannt wurden, [waren] wegen der ‚Erregung öffentlichen Ärgernisses‘ und somit ‚Störung der öffentlichen Ordnung‘ mit empfindlichen Strafen bedroht“.<ref name=„herrn_3“ />

In Berlin hätte sich „eine vielfältige Transvestitenkultur mit eigenen Lokalen, Treffpunkten, Organisationen und Zeitschriften entfaltet“ und Hirschfeld habe „gemeinsam mit seinem Kollegen [[Iwan Bloch]] um 1910 mit der Polizeibehörde eine Übereinkunft“ ausgehandelt, „nach der von einer Festnahme abgesehen wurde“, sofern ein sogenannter und „ärztlich beglaubigter“ ''Transvestitenschein'' vorgelegt werden konnte. Seit dem Jahr 1921 wäre es dann „in einem gutachterlichen Verfahren“ möglich gewesen, „eindeutig auf das Geschlecht verweisende Vornamen durch einen neutralen […] zu ersetzen“, was jedoch einige Abhängigkeit vom „Wohlwollen der Gutachter“, aber auch „vom Verständnis der Polizei und Justiz“ mit sich gebracht hätte.<ref name=„herrn_3“ />

Zur Zeit des Wirkens von Hirschfeld habe es zwar unter den Transvestiten einige gegeben, „die nicht nur die Kleidung des anderen Geschlechts bevorzugten, sondern sich diesem ganz zugehörig fühlten“. Dennoch würden sich keine Mitteilungen über Wünsche nach geschlechtsanpassenden Operationen finden, zumal „geeignete[…] Techniken“ noch garnicht entwickelt waren.<ref name=„herrn_4“ /> Bald aber, noch zu Beginn des 20.&nbsp;Jahrhunderts, sei es zu einer „Bedeutungsaufladung des Geschlechtskörpers“, wie Herrn es nennt, gekommen und sie hätte nicht nur eine „Neudefinition und Aufwertung“ des Körperlichen mit sich gebracht, sondern auch Einfluss auf die „Konstruktion des [[Selbst]]“ genommen.

Im Zuge dieser Entwicklungen sei bei jenen, „die sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlten“ der zunehmend drängende Wunsch nach einer auch „physischen Umgestaltung“ des eigenen Körpers entstanden. Tiefes Leid hätte „Einzelne“ dazu veranlasst, „irreversible Umgestaltungen durch invasive Eingriffe –&nbsp;wie sie Kastration und Amputation darstellen&nbsp;– durchzusetzen oder an sich selbst vorzunehmen“. Die „dazu nötigen Techniken wurden in der um 1900 aufkommenden kosmetischen Medizin entwickelt“. Noch allerdings sei es nicht um Anpassung an das erwünschte Geschlecht gegangen, sondern darum, „die Zeichen des Herkunftsgeschlechts zu tilgen“. Zunehmend wären Personen voneinander unterschieden worden, die Cross-Dressing betrieben hätten, von jenen, die sich gänzlich „dem anderen Geschlecht zugehörig“ fühlten. Wissenschaftlicher Protagonist dieser Differenzierung sei der englische Sexualwissenschaftler [[Havelock Ellis]] gewesen.<ref name=„herrn_5“ />

Erste „Versuche operativer Geschlechtsumwandlung“ hätten mit dem Berliner Chirurgen Richard Mühsam begonnen, der 1912 einen „von ihm so bezeichneten weiblichen Transvestiten“ operiert habe und dabei „Brüste und Gebärmutter“ entfernte. Obwohl die „Eingriffe aus heutiger Sicht als erste ärztlich ausgeführte Geschlechtsumwandlung von Frau-zu-Mann gelten dürfen, wurden sie damals nicht als solche betrachtet“. Sieben Jahre später eröffnete Hirschfeld „1919 sein [[Institut für Sexualwissenschaft]]“ und „allein im ersten Jahr“ hätten „zwölf Männer um eine Kastration“ gebeten. Bis auf zwei hätten alle anderen von ihrem Wunsch abgebracht werden können.<ref name=„herrn_6“ />

„Die erste komplett dokumentierte Mann-zu-Frau-Geschlechtsumwandlung erfolgte 1920/1921 bei einem Patienten des Hirschfeld-Instituts“ –&nbsp;durchgeführt an einem „Medizinstudenten, der mit der Pistole in der Hand mit [[Suizid]] drohte“. Für Herrn entsprang diese Operation „der individuellen Notlage eines Patienten und medizinischen Omnipotenzphantasien“ der Ärzte. Im Jahr 1931 habe [[Felix Abraham]] „in einer ersten medizinischen Veröffentlichung“ über „die Routine der Operationen“ berichtet, die mit „Unterstützung des Instituts für Sexualwissenschaft erfolgten“. Die „bekannteste dieser frühen Geschlechtsumwandlungen“ sei „die des dänischen Malers [[Einar Wegener]]“ gewesen.<ref name=„herrn_6“ />

Nach der „Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933“ wären die „Wünsche nach Geschlechtsumwandlung“ verschwunden, so dass „[[Karl Bonhoeffer]] 1941 berichtete“, dass sie ihm „–&nbsp;wie aus der Weimarer Zeit&nbsp;– nicht mehr begegnet seien“. Über das „Schicksal der vor 1933 Operierten liegen keine systematischen Forschungen vor“.<ref name=„herrn_6“ />
{{Zitat
|Text=Erst in den 1950er Jahren setzte in den USA erneut eine medizinische Diskussion über die Geschlechtsumwandlung ein, allerdings nicht mit direkten <!-- sic! -->Bezug auf die deutsche Vorläuferschaft, ohne die sie freilich nicht zu denken ist. [[Harry Benjamin]] nahm für sich in Anspruch, den Begriff transsexuality eingeführt zu haben.
|Autor=Rainer Herrn
|Quelle=Ver-körperungen <!-- sic! -->des anderen Geschlechts
|ref=<ref name=„herrn_6“ />
}}
Bis in die 1960er Jahre habe es gedauert, bis „in beiden deutschen Staaten von ‚Transsexualismus‘, später von ‚Transsexualität‘ gesprochen“ wurde, nachdem „Benjamins Arbeiten“<ref name=„benjamin“ /> rezipiert worden seien.<ref name=„herrn_6“ />

=== Ethnologische Aspekte ===
{{Zitat
|Text=Was einen Mann oder eine Frau ausmacht, ob zwei oder mehr Geschlechter anerkannt werden, inwieweit Körper, Sexualität und soziale Rollen als konstitutiv für Geschlecht gelten –&nbsp;all dies ist vom jeweiligen kulturellen Kontext abhängig und unterliegt Prozessen des kulturellen Wandels. In vielen Gesellschaften, vor allem außerhalb Europas, unterscheiden sich Geschlechterkonstruktionen und auch die Grenzverläufe zwischen den Kategorien ‚Mann‘ und ‚Frau‘ von den uns bekannten Mustern, gibt es temporäre oder auch dauerhafte Alternativen zu geschlechtlicher Eindeutigkeit, die als ‚[[drittes Geschlecht]]‘ bekannt wurden.
|Autor=[[Susanne Schröter]]
|Quelle=Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern
|ref=<ref name=„schroeter_1“ />
}}
Unter [[Ethnologie|ethnologischer]] Perspektive beschreibt Schröter diese Grenzverläufe an Beispielen aus Asien, Nordamerika, dem Balkan und Brasilien.

In Indien werden Angehörige „des dritten Geschlechts“ [[Hijra]]s genannt und sie seien weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Sie werden „als Intersexuelle bezeichnet und mit einer vergangenen göttlichen Ordnung in Verbindung gebracht“. Sie „gelten als mit übernatürlichen Kräfte[n] begabt“ und eine ihrer „vornehmsten Aufgaben“ bestehe darin, „Neugeborene zu segnen“. Dafür würden sie „Familien, in denen gerade ein Kind geboren wurde“, besuchen –&nbsp;mit oder ohne Einladung.<ref name=„schroeter_2“ />

Entgegen dieser „idealisierten Konzeption spirituell begnadeter Intersexueller“ würden „die meisten hijras allerdings nicht mit uneindeutigem, sondern mit eindeutig männlichem Geschlecht geboren“ und es seien „Homosexuelle oder Transsexuelle“. Die „indische Gesellschaft“ würde „sexuelle männliche [[Devianz]] nur in dieser Form“ akzeptieren. Sofern es tatsächlich Intersexuelle seien, „gelten sie von Natur aus mit dem Heiligen gezeichnet“. Doch aller „Heiligkeit zum Trotz“ sei ihr Alltag schon immer „durch ein Leben am Rand der Gesellschaft“ geprägt. Da sie von Segnungen allein nicht leben könnten, würden sie „primär als aggressive Bettler und Prostituierte“ arbeiten. Ihre „Gemeinschaften“ würden „organisierten Bordellbetrieben“ gleichen, „in denen Ausbeutungsstrukturen vorherrschen“. Obwohl „der religiöse Hintergrund des Phänomens gern in den Vordergrund gestellt“ werde, sei die „Motivation, hijra zu werden, nur selten religiös begründet“.<ref name=„schroeter_2“ />

Daneben erwähnt Schröter ein „pakistanisch-muslimisches Äquivalent, das [[Khusra|khusra]] genannt“ werde. Auch für dieses Phänomen in Pakistan gebe es Erzählungen, deren „Wahrheitsgehalt“ von Hanya Rais, einer [[Anthropologie|Anthropologin]], bestritten werde. Sie reduziere es „auf eine homosexuelle Subkultur“, in der Intersexualität idealisiert werde und „eine eigene Hierarchie“ konstituiere, „an deren Spitze, nach Rais, diejenigen stehen, die sich dem Kastrationsritual unterzogen haben, während khusras, die noch nicht kastriert sind, oder temporäre Homosexuelle (zenanas) als weniger rein gelten“. Khusras seien „häufig Anhänger lokaler Heiligenkulte und praktizieren eine mystisch ausgerichtete Form des Islam“. Sie würden „von der Bevölkerung, mit der sie leben, geachtet“.<ref name=„schroeter_2“ />
{{Zitat
|Text=Die Institution der hijras und khusras ist somit kein Zeichen von Liberalismus oder gar der Nicht-Existenz einer rigiden Geschlechterordnung, sondern ein Ventil für diejenigen, die aufgrund ihrer Biologie oder ihres devianten Begehrens aus dem vorgegebenen starren Rahmen herausfallen.
|Autor=Susanne Schröter
|Quelle=Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern
|ref=<ref name=„schroeter_2“ />
}}

In den „indigenen Gesellschaften des nördlichen Amerikas“, so Schröter, sei die „Institution des dritten Geschlechts seit dem 16.&nbsp;Jahrhundert überliefert“. Dafür hatten sich zu verschiedener Zeit unterschiedliche Begriffe durchgesetzt, bis sich aufgrund der Kritik von „indianischen Aktivistinnen und Aktivisten“ Ende des 20.&nbsp;Jahrhunderts „die Bezeichnung [[Two-Spirit|two spirit]]“ durchsetzte. Auch hier gebe es „Mythen, die auf einen idealisierten doppelgeschlechtlichen Zustand verweisen“. Allerdings sei es hier nicht nur um die „sexuelle Präferenz“, sondern auch um eine „generelle ‚Tätigkeitspräferenz‘“ gegangen, denn ''two spirits'' strebten auch die „soziale Rolle des anderen Geschlechts an, dessen Position im Arbeitsprozess und in der Familie, in der Politik und im Krieg“. So verstanden habe der Anthropologe Thomas Wesley für die [[Navajo (Volk)|Navajo]] von „fünf verschiedenen Geschlechterrollen“ gesprochen. Bei den [[Prärie-Indianer|Plains-Indianern]] wurde eine „Kriegerinnentradition“ der sogenannten ''manly-hearted women'' (deutsch: Frauen mit Männerherz) beschrieben, die „anerkannt und hoch geachtet“ waren, „weil sie sich dort bewährt hatten, wo Männer Prestige erwerben“. Auch bei „nordamerikanischen Indianern“ war Homosexualität „verpönt, und sexuelle Kontakte waren nur zwischen Personen erlaubt, die als gegengeschlechtlich identifiziert waren“. Noch heute seien Homosexuelle beiderlei Geschlechts weitgehend mit „Ablehnung und Diskriminierung konfrontiert“.<ref name=„schroeter_3“ />

Wie andere Autoren weist auch Schröter darauf hin, dass die „überwiegende Anzahl aller Phänomene des dritten Geschlechts“ Menschen betreffe, die „als Mann-zu-Frau-Wechsler bezeichnet“ werden könnten. Warum das so ist, wurde bisher wissenschaftlich nicht aufgeklärt. Ihr vorletztes Beispiel „der ‚geschworenen Jungfrauen‘ des südlichen [[Südosteuropa|Balkan]]s“ stellt insofern eine Ausnahme dar. Es handele „sich um Personen weiblichen Geschlechts, die einen männlichen Habitus pflegen und in ihrer männlichen Rolle von der Gesellschaft anerkannt werden“.<ref name=„schroeter_4“ />
{{Zitat
|Text=[[Eingeschworene Jungfrau|Geschworene Jungfrauen]] besitzen einen männlichen Namen, tragen männliche Kleidung, einen männlichen Haarschnitt, rauchen und trinken. Sie gehen ausschließlich ‚männlichen‘ Tätigkeiten wie pflügen, Holz hacken oder Heu machen nach, tragen Waffen und nehmen an Jagden und kriegerischen Handlungen teil. Ihre Verhaltensweisen entsprechen dem albanischen Männlichkeitsstereotyp […].
|Autor=Susanne Schröter
|Quelle=Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern
|ref=<ref name=„schroeter_4“ />
}}
Bei dem Phänomen der ''geschworenen Jungfrauen'' gehe es –&nbsp;und darüber bestehe „in der Forschung kein Zweifel“&nbsp;– nicht um eine „institutionalisierte Nische für weibliche Rebellinnen“, sondern um die „Aufrechterhaltung der patriarchalen heterosexuellen Ordnung in Zeiten des Männermangels“, auch wenn nicht jede Einzelne „das Produkt eines familiären Männermangels“ wäre. In der Regel hätten diese Frauen einen [[Schwur]] abgelegt, „niemals zu heiraten oder eine sexuelle Beziehung einzugehen“. Es solle aber „vorgekommen sein, dass ‚geschworene Jungfrauen‘ sich von ihrem Status verabschiedet und geheiratet haben“.<ref name=„schroeter_4“ />

Für Brasilien beschreibt Schröter eine „Besonderheit ‚dritter‘ Geschlechtlichkeit“ mit den dort sogenannten „travestis“. [[Travesti (Drittes Geschlecht)|Travesti]] würden sich in Frauen „verwandeln“, indem sie sich „Östrogene in hoher Dosierung“ zuführen und sich „Silikon in Brüste, Hüften, Oberschenkel und Po“ injizieren –&nbsp;bis zu „20&nbsp;Liter sollen dabei verwendet werden“. Dabei würde „ein perfekter weiblicher Körper mit männlichen Genitalien“ entstehen. ''Travestis'' seien „sehr stolz auf gelungene Ergebnisse“ und stehen „sozial und sexuell […] zwischen den Geschlechtern“. Sie hätten „sexuelle Kontakte, in denen sie aktiv und solche, in denen sie passiv“ wären, aber als „Prostituierte begegnen sie Kunden, die penetriert werden wollen“ und die sie „dafür verachten“. Privat gehen sie Beziehungen „ausschließlich zu ‚wirklichen‘ Männern ein“. Geschlechtsumwandlungen „lehnen sie ab, da sie nicht auf maskuline genitale Lust verzichten wollen“, sie „distanzieren sich bewusst von Transsexuellen und verstehen sich eindeutig als Männer“. Als Prostituierte „gebärden sich travestis alles andere als feminin“. Sie wären „brutal, gewalttätig und haben einen zweifelhaften Ruf als [[Beischlafdiebstahl|Beischlafräuber]]“. Insgesamt ergebe sich aus ihrer „Selbstinszenierung“ ein „Bild, das in jeglicher Hinsicht auf einer Kombination weiblicher und männlicher Attribute beruht –&nbsp;eine perfekte intersexuelle Konstruktion“.<ref name=„schroeter_5“ />

Zusammenfassend stellt Schröter fest, „dass Geschlecht und Geschlechtsidentität keineswegs ein universales Muster bildet, das sich biologisch fundieren ließe“.
{{Zitat
|Text=In der wissenschaftlichen Debatte wird die Existenz von drei oder mehr Geschlechtern häufig als Indikator für eine liberale Geschlechterordnung definiert, die man der vermeintlich repressiveren Ordnung westlicher Gesellschaften entgegensetzt. Das lässt sich allerdings empirisch nicht bestätigen. Die Existenz des dritten Geschlechts bestätigt vielmehr häufig explizit ein hegemoniales System heterosexueller Zweigeschlechtlichkeit, welches Homosexuelle zwingt, ihr Geschlecht zu wechseln.
|Autor=Susanne Schröter
|Quelle=Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern
|ref=<ref name=„schroeter_6“ />
}}

=== Internationale Aspekte ===
Arn Sauer und Jana Mittag versuchen in ihrem Beitrag über ''Geschlechtsidentität und Menschenrechte'' „den Weg von Unsichtbarmachung, Ausschluss und Unterdrückung hin zum Sichtbarwerden und zu wertschätzender Anerkennung von geschlechtlicher und körperlicher Vielfalt“ in internationalen Zusammenhängen und unter Berücksichtigung der Menschenrechte „zu beschreiben“. Sauer war während seiner „offiziellen Besuche der 47&nbsp;Mitgliedsstaaten des [[Europarat]]es […] erschüttert über die Wissensdefizite bezüglich der [[Menschenrechte|Menschenrechtsbelange]] von transgender Personen, sogar bei politischen Entscheidungsträgern“.<ref name=„sauer_1“ /> Für eine Definition des Begriffes der ''geschlechtlichen Identität'' übernimmt das Autoren-Team jene der [[Yogyakarta-Prinzipien]]:
{{Zitat
|Text=Unter ‚geschlechtlicher Identität‘ versteht man das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, das mit dem Geschlecht, das der betroffene Mensch bei seiner Geburt hatte, übereinstimmt oder nicht übereinstimmt; dies schließt die Wahrnehmung des eigenen Körpers (darunter auch die freiwillige Veränderung des äußeren körperlichen Erscheinungsbildes oder der Funktionen des Körpers durch medizinische, chirurgische oder andere Eingriffe) sowie andere Ausdrucksformen des Geschlechts, z.B.<!-- sic! --> durch Kleidung, Sprache und Verhaltensweisen, ein.
|Autor=Hirschfeld-Eddy-Stiftung
|Quelle=Die Yogyakarta-Prinzipien
|ref=<ref name=„yogyakarta“ />
}}
Die ''Yogyakarta-Prinzipien'' stehen „am Ende einer über 60-jährigen, kontroversen und bis in die jüngste Vergangenheit vorwiegend medizinisch-psychologisch geführten Debatte zur Identitätsbestimmung, die Trans- und Intersexualität nach wie vor pathologisiert“. Sie seien im Jahr 2006 „von einem international besetzten Gremium“ in der Stadt [[Yogyakarta (Stadt)| Yogyakarta]] „entworfen und abgestimmt“ worden und würden bereits bestehende Standards der Menschenrechte zum Thema Geschlechtsidentität zusammenfassen. Von „mindestens fünf Staaten“ sei „bekannt, dass sie ein drittes Geschlecht anerkennen beziehungsweise in Reisepässen als Geschlechtseintrag ein "X"<!-- sic! --> vorsehen“. Es seien dies Indien, Pakistan, Nepal, Australien und Neuseeland. Im Jahr 2010 wäre in der „Generalversammlung des Europarates“ ein Beschluss gefasst worden, der sich „gegen die Diskriminierung auch aufgrund von Geschlechtsidentität“ richtet. „Einen Überblick über nationale Regelungen in mittlerweile 66 Ländern der Welt gibt das weltweite [[Mapping]] der Rechts- und Soziallage“ von Menschen mit einem dritten Geschlecht, das von dem Forschungsprojekt ''Transrespekt versus Transphobie (TvT)'' online<ref name=„tvt“ /> zur Verfügung gestellt wurde.<ref name=„sauer_2“ />

Trotz einer „sich allmählich verbessernden internationalen Menschenrechtslage“ wären viele Menschen, die sich einem dritten Geschlecht zugehörig fühlen, „nach wie vor Ziel von [[Diskriminierung]] und Gewalt bis hin zu [[Kapitalverbrechen]]“. Ihre „juristische sowie medizinische“ Lage sei in „den meisten Ländern dieser Welt“ problematisch. Es würden sich „hohe Behandlungskosten“ und „vorgeschriebene Operationen“ finden –&nbsp;das „niederländische Transsexuellengesetz schreibt“ beispielsweise „die Sterilität nach wie vor zwingend vor“. Die „medizinischen Diagnosen Transsexualität und Intersexualität“ würden einerseits zu [[Stigmatisierung]]en führen, andererseits aber „in manchen Ländern die Basis für die Kostenerstattung medizinischer Maßnahmen“ bilden. Solche aber „gibt es nur in wenigen Ländern“, „Qualitätsstandards für Operationen existieren häufig nicht“. Wenn keine „gesundheitliche Betreuung existiert“, würde nicht selten zur Selbstbehandlung gegriffen, „mit oft gravierenden gesundheitlichen Schäden bis hin zur Todesfolge“.<ref name=„sauer_3“ />

Trotz mancher Gemeinsamkeiten gebe es auch zahlreiche Unterschiede. So würden beispielsweise Transsexuelle in vielen Ländern „unter der Verweigerung gewollter medizinischer Behandlung“ leiden, während Intersexuelle nicht selten „durch Zwangsbehandlungen traumatisiert“ würden, die oft „im nicht-einwilligungsfähigen Alter ohne tatsächliche medizinische Notwendigkeit“ durchgeführt und meist „als weiblich angelegt“ würden. „Die meisten Neo-Genitale weisen –&nbsp;entgegen medizinischer Machbarkeitsversprechen&nbsp;– keine oder keine ausgeprägte Sensibilität auf, [[Unfruchtbarkeit]] ist oft eine weitere Konsequenz“. Eine „unkritische Einführung […] westlicher medizinischer Standards“ gefährde zudem in den „wenigen noch vorhandenen vorkolonialen Gesellschaften“ existierende Strukturen, in denen Betroffene „geschützt leben können“.<ref name=„sauer_3“ />

Für den [[Personenstand]] und ihre rechtliche Lage hätten sich in den meisten Ländern ihrer jeweils unterschiedlichen kulturellen Besonderheiten entsprechend verschiedene Regelungen und gesetzliche Grundlagen entwickelt. „Verfahren für die Geschlechtseintragung und Vornamensänderung“ seien oft, „wenn überhaupt vorhanden, langwierig und bürokratisch“. In 30 von 61 daraufhin untersuchten Ländern wären „Änderungen möglich“, wenn auch an verschiedene „Bedingungen geknüpft“. In der Regel würde die Vorlage psychiatrischer Gutachten gefordert.<ref name=„sauer_3“ />

In vielen Ländern würden die „Bedürfnisse“ von Menschen mit einem dritten Geschlecht in der „Öffentlichkeit und auch der Politik“ kaum wahrgenommen, „Informationsangebote“ seien selten und häufig würden „verschiedene Geschlechtidentitäten und sexuelle Orientierungen“ ohne Hinweis auf die unterschiedliche Bedeutung „mit [[Homosexualität]] gleichgesetzt“. Die aber sei „in einer Vielzahl von afrikanischen und islamisch geprägten Staaten kriminalisiert, die Strafen gehen bis hin zur [[Todesstrafe]]“. Es sei „ein besorgniserregender Trend zur [[Kriminalisierung]] […] zu beobachten“.<ref name=„sauer_3“ />

Die sozioökonomische Situation für Menschen, die sich einem dritten Geschlecht zugehörig fühlen, wäre oft durch „Armut und Arbeitslosigkeit“ geprägt und stelle „überall auf der Welt eine elementare Sorge dar“. Von ihnen würden „viele“ als Prostituierte tätig oder übernähmen Tätigkeiten „in anderen illegalen oder gefährlichen Untergrundökonomien“. In manchen Ländern hätten sich Nischen entwickelt, die ihre materiellen Bedingungen jedoch nicht wesentlich verbesserten.

Aufgrund von sogenannter [[Transphobie|Trans-]] oder [[Homophobie]] fehle es nicht nur an Respekt, sondern es bleibe für Menschen „mit nicht geschlechtskonforme[m] Auftreten“ nicht nur bei Diskriminierung. In vielen Ländern seien sie erheblicher Gewalt ausgesetzt, „zum Teil von den eigenen Familien“, in manchen Ländern würden „Folter und Mord“ drohen. So wären von 2008 „bis März 2012 weltweit in 55&nbsp;Ländern insgesamt 816&nbsp;Morde […] mit steigenden Fahlzahlen dokumentiert“.<ref name=„sauer_3“ /><ref name=„tvt_2“ /> Selten nur „finden sich öffentliche Fürsprecher, die sich für den Schutz der Menschenrechte […] einsetzen“. Doch es gebe Ausnahmen. So fänden sich „Positivbeispiele“ unter anderem „im pazifischen Raum“.<ref name=„sauer_3“ />

Noch gebe es für Menschen mit Trans- und Intersexualität keinen umfassenden „Menschenrechtsschutz“ und noch würden für sie weltweit zahlreiche „Menschenrechtsverletzungen“ festgestellt. Sie „haben ähnliche aber auch unterschiedliche Probleme“, die nicht immer berücksichtigt würden. Es „existiert beispielsweise keine [[Empirische Sozialforschung|empirische Forschung]] zu den Lebens- und Diskriminierungslagen“ von Intersexuellen „und nur wenig“ zu Transsexuellen. Die noch „jungen Emanzipationsbewegungen“ der beiden Gruppen kämpften „manchmal zusammen –&nbsp;manchmal getrennt“ um „Entpathologisierung, Entstigmatisierung und als oberstes Primat [um] die [[Selbstbestimmungsrecht]]e ihrer Mitglieder“.<ref name=„sauer_4“ />

== Störungen der Geschlechtsidentität ==
Wenn sich die einschlägige Fachliteratur mit sexuellen Identitätsstörungen befasst, wird nicht immer kenntlich gemacht, genau welcher Bedeutung die verwendeten Begriffe zugewiesen werden. Viele der in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe tauchen weder im [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD-10]], noch im ''Vokabular der Psychoanalyse'' von [[Jean Laplanche|Laplanche]] und [[Jean-Bertrand Pontalis|Pontalis]] auf.<ref name="vokabular" /> Auch andere Fach-Wörterbücher kennen nur einige wenige der verwendeten Begriffe. Es gibt keine Definition, auf die man sich in den Bezugswissenschaften wie [[Psychologie]], [[Soziologie]] oder [[Sexualwissenschaft]] geeinigt hätte. Hinzu kommt, dass in Fachkreisen zwar nach wie vor keine Zweifel daran bestehen, dass es [[Krankheit|krankheitswertige]] Störungen der Geschlechtsidentität geben kann, doch seit das Thema [[Transgender]] in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird, haben sich die damit verbundenen Inhalte verändert. Auch ist die Diagnose der früher sogenannten [[Geschlechtsidentitätsstörung]] aus dem einschlägigen Diagnosemanual [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders|DSM]] bereits entfernt worden. Im [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]] ist sie in der derzeit noch gültigen Version&nbsp;10 jedoch noch enthalten.<ref name=„icd_10“ /> Im [[DSM-5]] ist den krankhaften Störungen der Geschlechtsidentität der Begriff ''[[Geschlechtsdysphorie]]'' zugeordnet worden.

== Themenartikel zur Geschlechtsidentität ==
[[Datei:Catlin - Dance to the berdache.jpg|mini|[[George Catlin]] (1796-1872), ''Dance to the [[Berdache]]'']]
=== Fachartikel (Auswahl) ===
<!-- alphabetisch geordnet -->
{|
| valign="top" |
* [[Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz]]
* [[Amarete|Amarete (Südamerika)]]
* [[Bigender]]
* [[Datenstandards zur Beschreibung des Geschlechts]]
* [[Doing Gender]]
* [[Drittes Geschlecht]]
* [[Eingeschworene Jungfrau|Eingeschworene Jungfrau (Balkan)]]
* [[Erklärungen und Resolutionen der Vereinten Nationen über die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität]]
* [[Erklärungen und Resolutionen der Vereinten Nationen über die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität]]
* [[Femizid]]
* [[Gender]]
* [[Gender Bias]]
* [[Genderbibliothek]]
* [[Gender-Mainstreaming]]
* [[Gender Studies]]
* [[Genderzid]]
* [[Geschlecht]]
* [[Geschlechtergerechte Sprache]]
* [[Geschlechterrolle]]
* [[Geschlechtersegregation am Arbeitsmarkt|Geschlechtersegregation]]
| valign="top" |
* [[Geschlechtersoziologie]]
* [[Geschlechterverteilung]]
* [[Geschlechtsdetermination]]
* [[Geschlechtshabitus]]
* [[Geschlechtsunterschiede im gesprochenen Japanisch|Geschlechtsunterschiede in Sprachen]]
* [[Geschlechterrolle]]
* [[Geschlechtsangleichende Operation]]
* [[Geschlechts-Chromatin]]
* [[Geschlechtshabitus]]
* [[Geschlechtsmerkmal]]
* [[Gleichstellung der Geschlechter]]
* [[Heteronormativität]]
* [[Hijra|Hijra (Südasien)]]
* [[Intersexualität]]
* [[Intersexualität]]
* [[Kathoey|Kathoey (Thailand)]]
* [[Khusra|Khusra (Pakistan)]]
* [[LGBT]]
* [[Menschliche Geschlechtsunterschiede]]
| valign="top" |
* [[Passing (Geschlecht)]]
* [[Queer]]
* [[Queer of Color Critique]]
* [[Queer Studies]]
* [[Queer-Theologie]]
* [[Queer-Theorie]]
* [[Sexualdimorphismus]]
* [[Sexuelle Identität]]
* [[Transgender]]
* [[Transgender Day of Remembrance]]
* [[Transgender Network Switzerland]]
* [[Transidentität]]
* [[Transsexualität]]
* [[Transsexualität bei Kindern und Jugendlichen]]
* [[Transsexualität im Iran]]
* [[Transsexuellengesetz]]
* [[Two-Spirit|Two-Spirit (Nordamerika)]]
* [[Yogyakarta-Prinzipien]]
|}

=== Philosophisches (Auswahl) ===
* [[Das andere Geschlecht]]
* [[Das Unbehagen der Geschlechter]]
* [[Geschlecht und Charakter]]

=== Filme (Auswahl) ===
{|
| valign="top" |
* [[Aus eines Mannes Mädchenjahren]] (1919)
* [[Geschlecht in Fesseln]] (1928)
* [[In einem Jahr mit 13 Monden]] (1978)
* [[Tootsie]] (1982)
| valign="top" |
* [[Gendernauts – eine Reise durch das Land der Neuen Geschlechter]] (1999)
* [[Das verordnete Geschlecht]] (2001)
* [[Be Like Others]] (2008)
* [[Mein Sohn Helen]] (2015)
| valign="top" |
* [[Queer Lisboa]]
* [[Queersicht]]
* [[Liste von Transgender-Filmen]]
|}

=== Kunst ===
* [[Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo|Kunstausstellung 2016 in Frankfurt/M.]]

== Literatur ==
* {{Literatur
| Autor=[[Jessica Benjamin]]
| Titel=Phantasie und Geschlecht. Studien über Idealisierung, Anerkennung und Differenz
| Verlag=Stroemfeld
| Ort=Basel
| Datum=1993
| ISBN=3-86109-101-1
}}
* {{Literatur
| Autor=[[Hartmut A. G. Bosinski]]
| Titel=Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit
| Sammelwerk=Sexuologie
| Band=7
| Nummer=2/3
| Datum=2000
| Seiten=96–140
| Online=http://www.sexualmedizin-kiel.info/ANL14.pdf
| Format=PDF
| KBytes=298,3
| Abruf=2017-06-08
| DOI=
}}
* {{Literatur
| Autor=[[Volkmar Sigusch]]
| Titel=Sexuelle Welten. Zwischenrufe eines Sexualwissenschaftlers
| Verlag=Psychosozial
| Ort=Gießen
| Datum=2005
| Reihe=Beiträge zur Sexualforschung
| BandReihe=87
| HrsgReihe=[[Martin Dannecker]], [[Gunter Schmidt]], Volkmar Sigusch
| ISBN=3-89806-482-4
}}
* {{Literatur
| Autor=[[Robert Stoller]]
| Titel=Perversion. Die erotische Form von Haß
| Verlag=Psychosozial
| Ort=Gießen
| Datum=1998
| ISBN=3-932133-51-X
}}
* {{Literatur
| Autor=Estela V. Welldon
| Titel=Perversionen der Frau
| Verlag=Psychosozial
| Ort=Gießen
| Datum=2003
| Reihe=Beiträge zur Sexualforschung
| BandReihe=82
| HrsgReihe=[[Martin Dannecker]], [[Gunter Schmidt]], Volkmar Sigusch
| ISBN=3-89806-164-7
}}
* {{Literatur
| Autor=[[Wolfgang Mertens]]
| Titel=Entwicklung der Psychosexualität und der Geschlechtsidentität. Geburt bis 4. Lebensjahr
| Band=1
| Auflage=3., überarb. Aufl.
| Verlag=Kohlhammer
| Ort=Stuttgart, Berlin, Köln
| Datum=1997
| ISBN=978-3-17-014778-2
}}
* {{Literatur
| Autor=[[Wolfgang Mertens]]
| Titel=Entwicklung der Psychosexualität und der Geschlechtsidentität. Kindheit und Adoleszenz
| Band=2
| Auflage=2., überarb. Aufl.
| Verlag=Kohlhammer
| Ort=Stuttgart, Berlin, Köln
| Datum=1996
| ISBN=978-3-17-014065-3
}}
* {{BibDOI|10.1046/j.1529-8817.2004.00098.x}}
* {{Internetquelle
| url=http://www.bpb.de/apuz/135427/geschlechtsidentitaet
| titel=Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-05-04
| kommentar=mit 9 Aufsätzen verschiedener Fachautoren}}

== Anmerkungen ==
<references group="Anm.">

<ref name="rollenidentitaet">
Dazu gehört beispielsweise die [[Beruf#Beruf, Identifikation und Status|Berufsrolle]], die ebenso identitätsstiftend sein kann, wie die Rolle als [[Elternschaft|Elternteil]] und viele andere mehr, denen jeweils auf eine andere Weise und mit verschiedenen Mitteln Ausdruck verliehen wird.
</ref>

<ref group="Anm." name="vereine_intersex">
Von Wunder unerwähnt: 1993 wurde in Deutschland der [[Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie]] (VLSP) gegründet und 2003 in Kanada die ''[[Organization Intersex International]]''.
</ref>

</references>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<!-- alphabetisch geordnet -->
<references />
<references responsive>


<ref name="3sat_transgender">
{{Internetquelle
| url=https://www.3sat.de/page/?source=/nano/glossar/transsexualitaet.html
| titel= Transsexualität. Mit dem falschen Geschlecht geboren
| werk=Nano
| hrsg=3sat
| datum=
| zugriff=2017-06-14
| kommentar=Für die Gruppe der Transgender
| zitat=Einer von 12.000 Männern wünscht sich eine Frau zu sein, obwohl sein biologisches Geschlecht männlich ist. Bei Frauen ist Transsexualität seltener, etwa eine von 30.000 biologischen Frauen wäre gerne ein Mann.}}
</ref>

<ref name=“achs“>
{{Literatur
| Autor=Gitta Mühlen–Achs
| Titel=Geschlecht bewusst gemacht. Körpersprachliche Inszenierungen. Ein Bilder- und Arbeitsbuch
| Verlag=Frauenoffensive
| Ort=München
| Datum=1998
| ISBN=978-3-88104-308-3
| Seiten=21}} zit. nach Küppers 2012, S. 1
</ref>

<ref name="adamietz_01">
{{Internetquelle
| autor=Laura Adamietz
| url=http://www.bpb.de/apuz/135436/geschlechtsidentitaet-im-deutschen-recht
| titel=Geschlechtsidentität im deutschen Recht
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-06-29}}
</ref>

<ref name="adamietz_02">
Adamietz 2012, S. 2
</ref>

<ref name="adamietz_03">
Adamietz 2012, S. 3
</ref>

<ref name="adamietz_04">
Adamietz 2012, S. 4
</ref>

<ref name="adamietz_05">
Adamietz 2012, S. 5
</ref>

<ref name="adamietz_06">
Adamietz 2012, S. 6
</ref>

<ref name=„ag_ethik“>
{{Literatur
| Autor=Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität
| Titel=Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD
| Sammelwerk=Monatsschrift Kinderheilkunde
| Band=156
| Nummer=3
| Datum=2008
| Seiten=241–245
| ISSN=0026-9298}}
</ref>

<ref name=„benjamin“>
{{Literatur
| Autor=[[Harry Benjamin]]
| Titel=Transsexualismus, Wesen und Behandlung
| Sammelwerk=Der Nervenarzt
| Band=35
| Nummer=11
| Datum=1964
| Seiten=499 f
| ISSN=0028-2804
| DOI=}}
</ref>

<ref name="benjamin_01">
{{Literatur
| Autor=[[Jessica Benjamin]]
| Titel=Phantasie und Geschlecht. Studien über Idealisierung, Anerkennung und Differenz
| Verlag=Stroemfeld
| Ort=Basel
| Datum=1993
| ISBN=3-86109-101-1
| Seiten=16 ff}}
</ref>

<ref name="benjamin_02">
Benjamin 1993, S. 16
</ref>

<ref name="benjamin_03">
Benjamin 1993, S. 16/17
</ref>

<ref name="benjamin_04">
{{Literatur
| Autor=E. S. Person, L. Ovesay
| Titel=Psychoanalytic Theories of Gender Identity
| Sammelwerk=Journal of the American Academy of Psychoanalysis
| Band=11
| Datum=1983
| Seiten=203–226
| ISSN=1546-0371}}<br />
zitiert nach Benjamin 1993, S. 17
</ref>

<ref name="benjamin_05">
Benjamin 1993, S. 18
</ref>

<ref name="benjamin_06">
Benjamin 1993, S. 19
</ref>

<ref name="benjamin_07">
Benjamin 1993, S. 20
</ref>

<ref name=„bischof_hrdy“>
Voland und Johow verweisen in diesem Zusammenhang auf
* {{Literatur
| Autor=[[Doris Bischof-Köhler]]
| Titel=Von Natur aus anders. Die Natur der Geschlechtsunterschiede
| Auflage=4., überarb. und erw. Aufl.
| Verlag=Kohlhammer
| Ort=Stuttgart
| Datum=2011
| ISBN=978-3-17-021625-9
| Seiten=}}
* {{Literatur
| Autor=[[Sarah Blaffer-Hrdy]]
| Titel=Mutter Natur. Die weibliche Seite der Evolution
| Auflage=
| Verlag=Berlin-Verl.
| Ort=Berlin
| Datum=2000
| ISBN=978-3-8270-0240-2}}
</ref>

<ref name="bosinski_96">
{{Literatur
| Autor=Hartmut A. G. Bosinski
| Titel=Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit
| Sammelwerk=Sexuologie
| Band=7
| Nummer=2/3
| Datum=2000
| Seiten=96
| Online=http://www.sexualmedizin-kiel.info/ANL14.pdf
| Format=PDF
| KBytes=298,3
| Abruf=2017-06-08
| ISSN=0944-7105}}
</ref>

<ref name="bosinski_97">
Bosinski 2000, S. 97
</ref>

<ref name="bosinski_100">
Bosinski 2000, S. 100
</ref>

<ref name="bosinski_104">
Bosinski 2000, S. 104
</ref>

<ref name="bosinski_108">
Bosinski 2000, S. 108
</ref>

<ref name="bosinski_108_2">
{{Literatur
| Autor=Hartmut A. G. Bosinski
| Titel=Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit
| Sammelwerk=Sexuologie
| Band=7
| Nummer=2/3
| Datum=2000
| Seiten=108
| Online=http://www.sexualmedizin-kiel.info/ANL14.pdf
| Format=PDF
| KBytes=298,3
| Abruf=2017-06-09
| ISSN=0944-7105}}
</ref>

<ref name="bosinski_109">
Bosinski 2000, S. 109
</ref>

<ref name="bosinski_112">
Bosinski 2000, S. 112
</ref>

<ref name="bosinski_112_2">
Um sich einen Überblick zu verschaffen, schlägt Bosinski (auf S. 112) verschiedene Veröffentlichungen vor, darunter:
* {{Literatur
| Autor=Eleanor E. Maccoby
| Titel=The two sexes. Growing up apart, coming together
| Sammelwerk=Havard University Press
| Band=
| Nummer=
| Ort=Cambridge
| Datum=1998
| Sprache=en
| ISBN=9780674914827}}
* {{Literatur
| Autor=D.N. Ruble, C.L. Martin
| Titel=Gender Development
| Hrsg=William Damon
| Sammelwerk=Handbook of child psychology
| Band=3
| Auflage=6
| Verlag=Wiley
| Ort=New York
| Datum=2006
| Sprache=en
| Kapitel=Social, emotional, and personality development
| Seiten=933–1016
| ISBN=978-0471272908}}
</ref>

<ref name="bosinski_113">
Bosinski 2000, S. 113
</ref>

<ref name="bosinski_114">
Bosinski 2000, S. 114
</ref>

<ref name="bosinski_115">
Bosinski 2000, S. 115
</ref>

<ref name="bosinski_118">
Bosinski 2000, S. 118
</ref>

<ref name="bosinski_130">
{{Literatur
| Autor=[[Hartmut A. G. Bosinski]]
| Titel=Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit
| Sammelwerk=Sexuologie
| Band=7
| Nummer=2/3
| Datum=2000
| Seiten=130
| Online=http://www.sexualmedizin-kiel.info/ANL14.pdf
| Format=PDF
| KBytes=298,3
| Abruf=2017-06-09
| ISSN=0944-7105}}
</ref>

<ref name="bosinski_131">
Bosinski 2000, S. 131
</ref>

<ref name="bosinski_132">
Bosinski 2000, S. 132
</ref>

<ref name="bundeszentrale">
{{Internetquelle
| url=http://www.bpb.de/apuz/135427/geschlechtsidentitaet
| titel=Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-05-04}}
</ref>

<ref name="bundeszentrale_01">
{{Internetquelle
| autor=Anne Seibring
| url=http://www.bpb.de/apuz/135429/editorial
| titel=Geschlechtsidentität. Editorial
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10}}
</ref>

<ref name="bundeszentrale_02">
{{Internetquelle
| url=https://www.bpb.de/apuz/135427/geschlechtsidentitaet
| titel=Geschlechtsidentität
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012
| zugriff=2017-04-10}}
</ref>

<ref name="bundeszentrale_03">
{{Internetquelle
| autor=Laura Adamietz
| url=http://www.bpb.de/apuz/135436/geschlechtsidentitaet-im-deutschen-recht
| titel=Geschlechtsidentität im deutschen Recht
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Eine ‚Geschlechtsidentität‘ haben alle Menschen, diese wird aber nur dann thematisiert, wenn sie von der Norm abweicht. Zwei große Fragestellungen der Geschlechtsidentität fordern das Rechtssystem heraus: Transgender und Intersex.
| offline=}}
</ref>

<ref name="bundeszentrale_04">
{{Internetquelle
| autor=Carolin Küppers
| url=http://www.bpb.de/apuz/135431/soziologische-dimensionen-von-geschlecht
| titel=Soziologische Dimensionen von Geschlecht
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Die Einteilung in zwei eindeutig voneinander zu unterscheidende Geschlechter strukturiert unseren Alltag. Sie erscheint als ‚natürliche‘ und selbstverständliche Tatsache, stellt sich aber aus soziologischer Perspektive sehr viel komplexer dar.}}
</ref>

<ref name="bundeszentrale_05">
{{Internetquelle
| autor=[[Eckart Voland]], Johannes Johow
| url=http://www.bpb.de/apuz/135433/geschlecht-und-geschlechterrolle-soziobiologische-aspekte
| titel=Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Die Unterteilung in ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ hat ihre Berechtigung, wie die Evolutionsgeschichte zeigt. Die Faktoren für die individuelle Entwicklung –&nbsp;‚Anlagen‘ und ‚Umwelt‘&nbsp;– lassen sich nicht unabhängig voneinander betrachten.}}
</ref>

<ref name="bundeszentrale_06">
{{Internetquelle
| autor=Hertha Richter-Appelt
| url=http://www.bpb.de/apuz/135438/geschlechtsidentitaet-und-dysphorie?p=0
| titel=Geschlechtsidentität und -dysphorie
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Geschlechtsidentität wird thematisiert, wenn Unsicherheit auftritt, etwa bei Inter- oder Transsexualität. Im Gegensatz zur früheren Anlage-Umwelt-Gegenüberstellung wird mittlerweile von einer multifaktoriellen Determinierung der Identität ausgegangen.}}
</ref>

<ref name="bundeszentrale_07">
{{Internetquelle
| autor=[[Michael Wunder]]
| url=http://www.bpb.de/apuz/135442/intersexualitaet-leben-zwischen-den-geschlechtern
| titel=Intersexualität: Leben zwischen den Geschlechtern
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Der Deutsche Ethikrat hat eine Stellungnahme zum Thema Intersexualität vorgelegt. Vorausgegangen war ein intensiver Dialog mit Betroffenen, Selbsthilfegruppen und Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen.}}
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<ref name="bundeszentrale_08">
{{Internetquelle
| autor=Rainer Herrn
| url=http://www.bpb.de/apuz/135444/ver-koerperungen-des-anderen-geschlechts-transvestitismus-und-transsexualitaet-historisch-betrachtet
| titel=Ver-körperungen <!-- sic! -->des anderen Geschlechts – Transvestitismus und Transsexualität historisch betrachtet
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Der Wechsel zur Kleidung des anderen Geschlechts und, oft damit verbunden, der Wechsel des sozialen Geschlechts sind in der europäischen Geschichte seit Langem bekannt, gerieten aber erst im späten 19. Jahrhundert in den medizinischen Blick.}}
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<ref name="bundeszentrale_09">
{{Internetquelle
| autor=[[Susanne Schröter]]
| url=https://www.bpb.de/apuz/135446/grenzverlaeufe-zwischen-den-geschlechtern-aus-ethnologischer-perspektive
| titel=Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern aus ethnologischer Perspektive
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Ob zwei oder mehr Geschlechter anerkannt werden, ist vom jeweiligen kulturellen Kontext abhängig. In vielen Gesellschaften, vor allem außerhalb Europas, unterscheiden sich Geschlechterkonstruktionen von den uns bekannten Mustern.}}
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<ref name="bundeszentrale_10">
{{Internetquelle
| autor=Arn Sauer, Jana Mittag
| url=http://www.bpb.de/apuz/135448/geschlechtsidentitaet-und-menschenrechte-im-internationalen-kontext
| titel=Geschlechtsidentität und Menschenrechte im internationalen Kontext
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Im internationalen Menschenrechtsschutz hat sich Vieles zum Positiven entwickelt. Zugleich aber lässt die geschlechtliche Vielfalt und Randständigkeit von Trans* und Inter* sie weiterhin zum Ziel von Diskriminierung und Gewalt werden.}}
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<ref name="bundeszentrale_11">
{{Internetquelle
| autor=Ulrike Klöppel
| url=http://www.bpb.de/apuz/135440/medikalisierung-uneindeutigen-geschlechts
| titel=Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| zugriff=2017-04-10
| zitat=Wie konnte sich die medizinische Definitionsmacht über Intersexualität historisch durchsetzen? Zentral dafür war, so die These des Beitrags, die Konstruktion der ‚Geschlechtsidentität‘ als psychischer Entität Mitte des 20. Jahrhunderts.}}
</ref>

<ref name="charlier">
{{Literatur
| Autor=Mahrokh Charlier
| Titel=Geschlechtsspezifische Entwicklung in patriarchalischislamischen Gesellschaften und deren Auswirkung auf den Migrationsprozeß
| Sammelwerk=Psyche
| Band=60
| Datum=2006
| Seiten=97–117
| ISSN=0033-2623}}
</ref>
[Zentrum für Interdisziplinäre Frauenforschung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, ZiF].
<ref name=“christiansen“>
{{Literatur
| Autor=Kerrin Christiansen
| Titel=Biologische Grundlagen der Geschlechterdifferenz
| Hrsg=Ursula Pasero, Frederike Braun
| Sammelwerk=Konstruktion von Geschlecht
| Verlag=Centaurus-Verl.-Ges.
| Ort=Pfaffenweiler
| Datum=1995
| Seiten=13–28
| ISBN=978-3-8255-0016-0}}<br />
zit. nach Küppers 2012, S. 2
</ref>

<ref name="dyade">
{{Literatur
| Autor=[[Karl König (Psychoanalytiker)|Karl König]]
| Titel=Die Fixierung in der Dyade
| Verlag=Springer
| Ort=Berlin, Heidelberg
| Datum=1995
| Reihe=Lindauer Texte. Texte zur psychotherapeutischen Fort- und Weiterbildung
| BandReihe=Konflikte in der Triade. Spielregeln in der Psychotherapie. Weiterbildungsforschung und Evaluation
| HrsgReihe=P. Buchheim, M. Cierpka, Th. Seifert
| Seiten=39–50
| ISBN=978-3-540-59161-0}}
</ref>

<ref name=„dawkins“>
{{Literatur
| Autor=[[Richard Dawkins]]
| Titel=Das egoistische Gen
| Auflage=2., unveränd. Aufl.
| Verlag=Springer
| Ort=Berlin, Heidelberg
| Datum= 2007
| ISBN=978-3-642-55391-2}}
</ref>

<ref name=„eliot“>
{{Literatur
| Autor=Lise Eliot
| Titel=The Trouble with Sex Differences
| Sammelwerk=Neuron
| Band=72
| Nummer=
| Datum=2011
| Seiten=895-898
| DOI=10.1016/j.neuron.2011.12.001
| Online=
| Abruf=}}
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<ref name=„ethikrat“>
{{Internetquelle
| url=http://diskurs.ethikrat.org
| titel=Intersexualität im Diskurs
| hrsg=Deutscher Ethikrat
| Ort= Berlin
| datum=2012-04-19
| zugriff=2017-05-11}}
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<ref name=„ethikratstudie“>
{{Literatur
| Autor=Alfons Bora
| Titel=Zur Situation intersexueller Menschen. Bericht über die Online-Umfrage des Deutschen Ethikrates
| Verlag=Dt. Ethikrat
| Ort=Berlin
| Datum=2012
| ISBN=978-3-941957-28-2}}
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<ref name=„hamburgstudie“>
{{Literatur
| Autor=Katinka Schweizer, Hertha Richter-Appelt
| Titel=Die Hamburger Studie zur Intersexualität. Ein Überblick
| Hrsg=Katinka Schweizer, Hertha Richter-Appelt
| Sammelwerk=Intersexualität kontrovers: Grundlagen, Erfahrungen, Positionen
| Verlag=Psychosozial
| Ort=Gießen
| Datum=2012
| Seiten=187 ff
| ISBN=978-3-8379-2188-5}}
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<ref name=“haraway“>
{{Literatur
| Autor=[[Donna Haraway]]
| Titel=Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen
| Verlag=Campus-Verl.
| Ort=Frankfurt/M., New York
| Datum=1995
| ISBN=978-3-593-35241-1}}<br />
zit. nach Küppers 2012, S. 2
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<ref name=„herrn_1“>
{{Internetquelle
| autor=Rainer Herrn
| url=http://www.bpb.de/apuz/135444/ver-koerperungen-des-anderen-geschlechts-transvestitismus-und-transsexualitaet-historisch-betrachtet
| titel=Ver-körperungen des anderen Geschlechts – Transvestitismus und Transsexualität historisch betrachtet
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| seiten=1
| zugriff=2017-05-14}}
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<ref name=„herrn_2“>
Herrn 2012, S. 2
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Herrn 2012, S. 3
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Herrn 2012, S. 4
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Herrn 2012, S. 5
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<ref name=„herrn_6“>
Herrn 2012, S. 6
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<ref name=„heschl“>
{{Literatur
| Autor=Adolf Heschl
| Titel=Das intelligente Genom. Über die Entstehung des menschlichen Geistes durch Mutation und Selektion
| Verlag=Springer
| Ort=Berlin, Heidelberg, Singapur, Tokio, New York, Barcelona, Budapest, Hongkong, London, Mailand, Paris, Santa Clara
| Datum=1998
| ISBN=978-3-540-64202-2}}
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<ref name="horney">
{{Literatur
| Autor=[[Karen Horney]]
| Titel=Die Psychologie der Frau
| Auflage=3., unveränd.
| Verlag=Dietmar Klotz
| Ort=Eschborn bei Frankfurt, M.
| Datum=2007
| Originaltitel=Die Psychologie der Frau
| Originaljahr=1922
| ISBN=978-3-88074-488-2}}
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<ref name=„icd_10“>
{{Internetquelle |url=http://www.icd-code.de/icd/code/F64.-.html |titel=F64.-Störungen der Geschlechtsidentität |zugriff=2017-06-29}}
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<ref name=„kloeppel_1“>
{{Internetquelle
| autor=Ulrike Klöppel
| url=http://www.bpb.de/apuz/135440/medikalisierung-uneindeutigen-geschlechts
| titel=Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| seiten=1
| zugriff=2017-05-10}}
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<ref name=„kloeppel_2“>
Klöppel 2012, S. 2
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<ref name=„kloeppel_3“>
Klöppel 2012, S. 3
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Klöppel 2012, S. 4
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Klöppel 2012, S. 5
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<ref name="knight_bettencourt">
Je einen Überblick über die Forschungsergebnisse zur Frage männlich aggressiven Verhaltens geben
* {{Literatur
| Autor=G.P. Knight, R.A. Fabes, D.A. Higgins
| Titel=Concerns about drawing causal inferences from meta-analyses: An example in the study of gender differences in aggression
| Sammelwerk=Psychol Bull
| Band=119
| Nummer=3
| Datum=1996
| Sprache=en
| Seiten=410–421
| PMID=8668746}}
* {{Literatur
| Autor=B.A. Bettencourt, N. Miller
| Titel=Gender differences in aggression as a function of provocation: A meta-analysis
| Sammelwerk=Psychol Bull
| Band=119
| Nummer=3
| Datum=1996
| Sprache=en
| Seiten=422–447
| PMID=8668747}}
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<ref name=“kueppers_1“>
Küppers 2012, S. 1
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Küppers 2012, S. 2
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Küppers 2012, S. 3
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Küppers 2012, S. 4
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<ref name=“kueppers_5“>
Küppers 2012, S. 5
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<ref name=“kueppers_6“>
{{Internetquelle
| autor=Carolin Küppers
| url=http://www.bpb.de/apuz/135431/soziologische-dimensionen-von-geschlecht?p=5
| titel=Soziologische Dimensionen von Geschlecht
| werk=Geschlechtsidentität
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| seiten=6
| zugriff=2017-05-05}}
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<ref name=„ethikrat_anhoerung“>
{{Internetquelle
| autor=Daniela Truffe
| url=http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/anhoerung-08-06-2011-truffer.pdf
| titel=Zur Situation von Menschen mit Intersexualität in Deutschland. Öffentliche Anhörung vom 8.&nbsp;Juni&nbsp;2011
| hrsg=Deutscher Ethikrat
| datum=2011-06-08
| zugriff=2017-06-30
| format=PDF; 91,47 KB}}
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<ref name=„richter_1“>
{{Internetquelle
| autor=Hertha Richter-Appelt
| url=http://www.bpb.de/apuz/135438/geschlechtsidentitaet-und-dysphorie?p=0
| titel=Geschlechtsidentität und -dysphorie
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| seiten=1
| zugriff=2017-05-08}}
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Richter-Appelt 2012, S. 3
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Richter-Appelt 2012, S. 5
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| Autor=Hertha Richter-Appelt
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| Sammelwerk=Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz
| Band=50
| Nummer=1
| Datum=2007
| Seiten=52–61
| DOI=}}
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<ref name=„sauer_1“>
{{Internetquelle
| autor=Arn Sauer, Jana Mittag
| url=http://www.bpb.de/apuz/135448/geschlechtsidentitaet-und-menschenrechte-im-internationalen-kontext
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Sauer & Mittag 2012, S. 2
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Sauer & Mittag 2012, S. 3
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Sauer & Mittag 2012, S. 4
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<ref name=„sax“>
{{Literatur
| Autor=Leonart Sax
| Titel=How common is intersex? A reply to Fausto-Sterling
| Sammelwerk=Journal of Sex Research
| Band=39
| Nummer=3
| Datum=2002
| Seiten=174–178
| ISSN=0022-4499}}
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<ref name=“schmitz“>
{{Internetquelle
| autor=Sigrid Schmitz
| url=https://www.linksnet.de/artikel/19193
| titel=Wie kommt das Geschlecht ins Gehirn? Über den Geschlechterdeterminismus in der Hirnforschung und Ansätze zu seiner Dekonstruktion
| werk=Forum Wissenschaft
| datum=2005-05-20
| zugriff=2017-05-05}}<br />
zit. nach Küppers 2012
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<ref name="schorsch_1985">
{{Literatur
| Autor=[[Eberhard Schorsch|E. Schorsch]], G. Galedary, A. Haag, M. Hauch, H. Lohse
| Titel=Perversion als Straftat. Dynamik und Psychotherapie
| Verlag=Springer
| Ort=Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo
| Datum=1985
| ISBN=978-3-540-12468-9}}
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<ref name=„schroeter_1“>
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| autor=Susanne Schröter
| url=http://www.bpb.de/apuz/135446/grenzverlaeufe-zwischen-den-geschlechtern-aus-ethnologischer-perspektive
| titel=Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern aus ethnologischer Perspektive
| werk=Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
| datum=2012-05-08
| seiten=1
| zugriff=2017-05-15}}
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Schröter 2012, S. 2
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| Autor=[[Volkmar Sigusch]]
| Titel=Sexuelle Welten. Zwischenrufe eines Sexualforschers
| Verlag=Psychosozial
| Ort=Gießen
| Datum=2005
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<ref name="sigusch_97">
{{Literatur
| Autor=[[Volkmar Sigusch]]
| Titel=Sexuelle Welten. Zwischenrufe eines Sexualforschers
| Verlag=Psychosozial
| Ort=Gießen
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<ref name=„tvt“>
{{Internetquelle
| url=http://transrespect.org/en/sheets/sheet1.php?table=1#
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| hrsg=Transrespekt versus Transphobie
| zugriff=2017-06-29
| sprache=en
| kommentar=Über die Startseite der Weltkarte können für verschiedene Aspekte je unterschiedliche Weltkarten abgerufen werden}}
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Siehe mit aktualisierten Daten:
{{Internetquelle
| url=http://transrespect.org/en/idahot-2016-tmm-update/
| titel=IDAHOT 2016 –&nbsp;Trans Murder Monitoring Update
| hrsg=Transrespekt versus Transphobie
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| zugriff=2017-06-30}}
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{{Internetquelle
| autor=[[Paula-Irene Villa]]
| url=http://www.gender.soziologie.uni-muenchen.de/studium_lehre/lehrveranst/archiv/lehresose09/einf_gender/index.html
| titel=Der große kleine Unterschied. Einführung in die sozialwissenschaftliche Geschlechterforschung
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| zugriff=2017-05-05}}<br />
zit. nach Küppers 2012, S. 2
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<ref name="vokabular">
{{Literatur
| Autor=[[Jean Laplanche]], [[Jean-Bertrand Pontalis]]
| Titel=Das Vokabular der Psychoanalyse
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| Ort=Frankfurt, M.
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Voland & Johow 2012, S. 1
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Voland & Johow 2012, S. 2
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Voland & Johow 2012, S. 3
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Voland & Johow 2012, S. 4
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{{Internetquelle
| autor=Eckart Voland, Johannes Johow
| url=http://www.bpb.de/apuz/135433/geschlecht-und-geschlechterrolle-soziobiologische-aspekte?p=4
| titel=Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte
| werk= Geschlechtsidentität. Aus Politik und Zeitgeschichte
| hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung
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| autor=Michael Wunder
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{{Literatur
| Autor=Renate H. Rampf, Rochus Wolff (Red.)
| Titel=Die Yogyakarta-Prinzipien. Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität
| Verlag=Hirschfeld-Eddy-Stiftung
| Ort=Berlin
| Datum=2008
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{{Gesundheitshinweis}}
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[[eo:Socia sekso]]
[[nl:Gender (sekse)]]

Version vom 30. Juni 2017, 13:13 Uhr

Dies ist ein Vorschlag für eine Komplettüberarbeitung des bereits existierenden Artikels Geschlechtsidentität



Einleitung

mit frühen Beiträgen zum Thema

Die Geschlechtsidentität ist eine „evolutionär sehr junge, spezifisch menschliche, hochkomplexe Eigenschaft“.[1] Der Begriff fasst im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs verschiedene Aspekte des Erlebens von Zugehörigkeit zu einem Geschlecht zusammen. Dabei geht es um die Fragen, welchem Geschlecht ein Mensch angehört, ob er sich seinem biologischen Geschlecht entsprechend oder davon verschieden erlebt und das zum Ausdruck bringen kann, und ob er die damit verbundene Rolle in sexuellen und sozialen Situationen unmissverständlich und mit Erfolg zu entfalten vermag. Die Geschlechtsidentität ist Teil des Selbsterlebens eines Menschen und damit Teil seiner Identität, in die auch andere Rollen, mit denen sich eine Person identifiziert, eingehen.[Anm. 1] Damit drückt sie sich „auch im Geschlechtsrollenverhalten aus, also in all dem, was jemand tut oder läßt, um zu zeigen, dass er sich als Mann, als Frau, oder ‚irgendwie dazwischen‘ empfindet.“[2]

Der Begriff

„Die Fragen, warum und wie jemand zur Frau/zum Mann wird, was es heißt, eine Frau/ein Mann zu sein, ob, wie und ggf. warum Frauen und Männer anders denken, fühlen und handeln, gehören zu den spannendsten, aber auch umstrittensten Problemen humanwissenschaftlicher Forschung überhaupt.“

Hartmut Bosinski: Determinanten der Geschlechtsidentität[3]

Es gibt für den Begriff der Geschlechtsidentität keine verbindliche und allgemein oder auch nur in den Bezugswissenschaften anerkannte Definition, auf die man sich geeinigt hätte. Das führt zu Unsicherheiten darüber, welche Bedeutung diesem Begriff innewohnt, wenn er nicht im jeweiligen Kontext erläutert wird. Darüberhinaus werden andere Begriffe, wie beispielsweise Identitätsgeschlecht, Geschlechtsrollenidentität oder sexuelle Identität als Synonyme verwendet, in der Regel ohne dass geklärt wird, ob tatsächlich Gleiches oder hinreichend Ähnliches gemeint ist. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Psychologie, Soziologie und Sexualwissenschaft als zentrale Bezugswissenschaften nicht und oft auch nicht von der medialen Verwendung des Begriffes. Mitunter wird dann auf Selbstverständliches aufmerksam gemacht: „In der Wissenschaft ist es […] notwendig, sich über die verwendeten Begriffe Klarheit zu verschaffen“.[4]

Der Sexualwissenschaftler Bosinski macht für die begrifflichen Unsicherheiten insbesondere eine mangelnde Unterscheidung von „geschlechtsspezifischen“ und „geschlechtstypischen“ Merkmalen verantwortlich und widmet ihrer Beschreibung in Auswertung zahlreicher Forschungsergebnisse besondere Aufmerksamkeit. Zu den „geschlechtsspezifischen“ Merkmalen rechnet er die „Determinierung des genetischen Geschlechts“, aber auch jene des „Keimdrüsengeschlechts“, der „inneren Genitalstrukturen“ und der „äußeren Genital-Konfiguration“.[2] Im Unterschied dazu befasst er sich für die „geschlechtstypischen“ Merkmale[5] beispielsweise mit der „Körperhöhe“ – „Durchschnittlich (typischerweise) sind Männer in allen Kulturen ca. 8–10 cm größer als Frauen“[6] –, mit der Intelligenz – wenn auch für einzelne Faktoren, so ließen sich für die „Gesamtintelligenz keine Geschlechtsunterschiede“[7] finden – und mit der Aggressivität – „Männer zeigen durchschnittlich mehr unprovoziertes (!) fremdverletzendes Verhalten als Frauen“.[7][8] Abweichungen von den geschlechtsspezifischen Merkmalen gelten als krankhaft, während Abweichungen in den geschlechtstypischen Unterschieden „nicht krank, sondern die Regel“ seien.[2]

Schorsch und andere haben bereits 1985 in Zusammenfassung von Stoller eine Definition zur sexuellen Identität vorgeschlagen.[9] Danach wird empfohlen, sie als einen Oberbegriff zu verstehen, unter dem drei verschiedene Sachverhalte subsumiert sind: die sogenannte Kerngeschlechtlichkeit als elementares Bewusstsein der Geschlechtszugehörigkeit, die Geschlechtsrolle im Sinne sozialer Potenz in dieser Rolle und der Sex im engeren Sinn, aber auch im Sinne eines Vertrauens in Vollwertigkeit und Potenz.

Seitdem hat es zahlreiche Umwidmungen jedes dieser Begriffe gegeben, die jedoch eher zu einer wachsenden Unübersichtlichkeit beigetragen, denn einer Klarifizierung gedient haben. Im Jahr 2006 wurden in der indonesischen Stadt Yogyakarta die sogenannten Yogyakarta-Prinzipien ausgehandelt, die ein Versuch zu einer einigenden Definition darstellen:

„Unter ‚geschlechtlicher Identität‘ versteht man das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, das mit dem Geschlecht, das der betroffene Mensch bei seiner Geburt hatte, übereinstimmt oder nicht übereinstimmt; dies schließt die Wahrnehmung des eigenen Körpers (darunter auch die freiwillige Veränderung des äußeren körperlichen Erscheinungsbildes oder der Funktionen des Körpers durch medizinische, chirurgische oder andere Eingriffe) sowie andere Ausdrucksformen des Geschlechts, z.B. durch Kleidung, Sprache und Verhaltensweisen, ein.“

Hirschfeld-Eddy-Stiftung: Die Yogyakarta-Prinzipien[10]

Entwicklung geschlechtlicher Identität

Bosinski ging davon aus, dass „die Entwicklung der Geschlechtsidentität durch ein hochkomplexes, zeitabhängiges biopsychosoziales Bedingungsgefüge determiniert“ werde.[3] Spätestens seit Simone de Beauvoir und ihrem 1949 erschienenen Buch Das andere Geschlecht hat sich eine fortdauernde Kontroverse über die Geschlechtsidentität und die Frage entwickelt, ob sie sich bevorzugt „oder gar ausschließlich“ über biologische Gegebenheiten, Einflüsse der Sozialisation oder die Wirkung psychogenetischer Faktoren konstituiert. Bosinski spricht in diesem Zusammenhang von einem „Umschwingen des Diskurs-Pendels“,[11] das zwar auch durch wissenschaftliche Befunde induziert, maßgeblich aber durch den „Zeitgeist“ beeinflusst werde. Der könne sich jedoch nicht nur von aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen entfernen, sondern ganz im Widerspruch zu ihnen stehen.

Zu der Frage, wie sich die Geschlechtsidentität in der individuellen Entwicklung herausbildet, hat die psychoanalytische Theorie einiges beigetragen. Nach Jessica Benjamin verläuft die Sexualentwicklung vom Autoerotismus über den Narzissmus zur genitalen Liebe. Sie beschrieb im Detail vier Phasen in der Entwicklung der Geschlechtsidentität.[12]

Während der ersten 1 ½ Lebensjahre „bildet sich die geschlechtliche Identität im Kern“ heraus. Dabei handele es sich um eine „bloß empfundene Überzeugung, männlich oder weiblich zu sein“. Daraus werde später die „Überzeugung, der einen oder der anderen Gruppe zuzugehören“. Das sei, was der Begriff Geschlechtszugehörigkeit bedeute.[13]

In der 2. Hälfte des 2. Lebensjahres beginne mit der frühen Differenzierung die nächste Phase in der Herausbildung geschlechtlicher Identität „auf der Ebene der Identifikationen“.[14] „In Abgrenzung von der geschlechtlichen Kern-Identität“ wurde dieses Phänomen 1983 von Person und Oversy mit dem Begriff der Geschlechtsrollenidentität beschrieben, weil männliche und weibliche Selbstbilder im Zentrum stehen.[15] Das sei eine „psychische Errungenschaft“, die im Konflikt „von Trennung und Individuation erworben wird“. Das Kind beginne, beide Eltern bewusst und auch im Geschlecht zu unterscheiden. Mutter repräsentiere dabei in einem, wie Benjamin es nennt, traditionellen Geschlechterarrangement idealtypisch „Halten, Bindung und Versorgung“, Vater repräsentiere „Außenwelt, Erforschung und Freiheit“. Es gehe im Erleben des Kindes noch nicht um eine Triade, also Vater-Mutter-Kind, sondern noch um Dyade,[16] also Vater-Kind oder Mutter-Kind. Hier entstehe so etwas wie „identifikatorische Liebe“.[17]

Im Alter von 2 bis 3 ½ Jahren sei die Liebesfähigkeit des Kindes noch stark narzisstisch gefärbt. Wenn der Junge in dieser Zeit wie Mutter und das Mädchen wie Vater sein wolle, sei das weder Ausdruck der Ablehnung des eigenen Geschlechtes noch Reaktion auf Konflikte – Freud sprach als einen zentralen Konflikt während der psychosexuellen Entwicklung des Kindes beispielsweise Kastrationsdrohungen an. Stattdessen gehe es um Liebe und Bewunderung für das je andere Geschlecht. Kinder würden nun beginnen, das „Repertoire von Gesten und Verhalten, das die Kultur zum Ausdruck von Männlichkeit und Weiblichkeit bereithält, für sich zu assimilieren“.[17] Noch versuchten die Kinder aber, „beide Optionen in sich selbst zu verwirklichen“. Nur langsam dringe, gegen Ende dieser Entwicklungsphase, der Konflikt „zwischen Wunsch und anatomischer Realität“ ins Bewusstsein. „Diese Phase ist […] von ständigem Protest gegen die immer deutlichere Wahrnehmung der Geschlechterunterschiede gekennzeichnet“.[18] Beide aber würden – noch – alles sein wollen und protestierten gegen die „geschlechtsspezifischen Grenzen“. Sich auf Sigmund Freud beziehend gingen ältere psychoanalytische Konzepte, die inzwischen weitgehend aufgegeben wurden, davon aus, dass Jungen in dieser Entwicklungsphase die Gebärfähigkeit und Mädchen den Penis neiden würden. Als Erste stellte sich Karen Horney 1922 diesen theoretischen Konstrukten Freuds entgegen.[19]

Gegen Ende des vierten Lebensjahres beginne die Phase der „eigentlichen Geschlechterdifferenzierung“.[18] Dabei würden „die komplementären Gegensätze dem Selbst und dem Anderen zugeordnet". In dieser Phase werde die identifikatorische Liebe zum – „gewöhnlich, aber nicht zwangsläufig“ – andersgeschlechtlichen Elternteil aufgegeben. Dies führe nicht selten zu Rivalität und „verächtliche[r] Ablehnung des anderen Geschlechts“ oder zu Liebe und Sehnsucht nach dem verlorenen Anderen. In dieser Phase könne ein „chauvinistische[s] Beharren auf dem eigenen Geschlecht“ – „jede(r) muss genauso sein wie ich“ – beobachtet werden. Die gleichgeschlechtliche Identifikation werde nun unterstützt durch andere als die Elternfiguren und auch durch Gleichaltrige. Idealtypisch würden nun die eigenen Grenzen anerkannt und im Anderen das geliebt, was verschieden ist. Das bedeute, angekommen zu sein bei „Identifikation und Objektliebe“. Insbesondere die Liebe, die sich auf den Anderen richtet, setze Spannungstoleranz voraus und die müsse sich entwickelt haben, damit dieser Entwicklungsschritt gelingen könne. Je weniger das Kind in „rigiden, komplementären Rollenvorstellungen“ steckenbleibe, umso eher könne sich eine „entspannte[…] Vertrautheit mit Besonderheiten des anderen Geschlechts“ einstellen.[20]

Ist dieser individuelle Entwicklungsprozess abgeschlossen, hätten Kinder zunächst „hochgradig stereotypisierte Urteile darüber, was Jungen können und Mädchen nicht und umgekehrt“, was allerdings „soziokulturellen Schwankungen unterworfen“ wäre. In der Folge sei es „eine Entwicklungsaufgabe des Kindes, zu lernen, sich entsprechend der durchschnittlichen Erwartungen an seine Zugehörigkeit zum männlichen oder weiblichen Geschlecht zu verhalten“.[21] Dabei seien, so Bosinski im Jahr 2000, „in modernen Industriekulturen […] die Grenzen zwischen Mann-Sein und Frau-Sein nicht mehr derart zementiert wie etwa noch vor 30 Jahren“.[22]

Für den „Prozess der Entwicklung einer ‚erziehungskonträren‘ Geschlechtsidentität“ hat Bosinski vorgeschlagen, davon auszugehen, dass sie „von einer Nicht-Identifizierung mit dem durch die Erziehung angetragenen Geschlecht bzw. einem ‚Wohler-fühlen‘ in der Rolle des anderen Geschlechts über eine Ablehnung der körperlichen Aspekte des Erziehungsgeschlechts und der Realisierung einer für diese Rolle ‚unpassenden‘ sexuellen Orientierung bis zu einer Flucht aus dem Erziehungs- in das innerlich als ‚stimmiger‘ empfundene Gegengeschlecht“ verlaufe.[23] An diesem Prozess seien, wie auch an der Entwicklung einer „erziehungskonformen“ Geschlechtsidentität, „biologische, innerpsychische und soziokulturelle Faktoren“ beteiligt, die ihre Wirkung „in der frühen Kindheit“ zu entfalten beginnen „und erst nach der Pubertät zu einem relativen Abschluß“ kämen. Dabei wären „Kultur und Natur“ einerseits und „Anlage und Erziehung“ andererseits keineswegs „einander […] ausschließende, sondern vielmehr notwendig ergänzende und bedingende Mechanismen“. Bewertungen allerdings „hängen nicht von – wie auch immer gearteten – Befunden ab, sondern sind politisch-moralische Entscheidungen“.[24]

Für die Entwicklung der Geschlechtsidentität in anderen, als den westlich geprägten Kulturen gilt es – nicht in jeder Hinsicht, aber in manchen Merkmalen –, gesonderte Aspekte zu berücksichtigen. Die Psychoanalytikerin Mahrokh Charlier beispielweise hat über die Entwicklung in „patriarchalischislamischen Gesellschaften“ veröffentlicht.[25]

Versuche, sich mit der Entwicklungspsychologie der Geschlechtsidentität zu befassen, stehen vor einer umfangreichen Fachliteratur in den verschiedenen, damit befassten wissenschaftlichen Disziplinen: „Die Herausbildung der Geschlechtsidentität, von Geschlechtsrollenverhalten und -vorstellungen sind seit Jahren Gegenstand einer kaum überschaubaren Fülle von Untersuchungen und Publikationen der Sozialpsychologie, der Differentiellen Psychologie, der empirischen Entwicklungspsychologie usw. Pro Jahr erscheinen hierzu ca. 600 neue Arbeiten allein in der psychologischen Literatur.“[26] Zur Orientierung schlägt Bosinski einige „Überblicksarbeiten“ vor.[27]

Binäre Geschlechtsidentität

Der Begriff binäre Geschlechtsidentität hat sich für jene Fälle etabliert, in denen ausschließlich Frauen und Männer als Geschlechtergruppen in den Fokus der Betrachtung gerückt werden. Auch wenn in der öffentlichen Debatte die geschlechtliche Vielfalt inzwischen breiten Raum eingenommen hat, gehören Menschen, die sich mit einem dieser beiden Geschlechter zweifelsfrei identifiziert haben, nach wie vor und mit seltenen Ausnahmen überall auf der Welt zu den beiden größten Geschlechtergruppen. Ausnahmen von diesem Regelfall machen in Deutschland etwa ein bis zwei Prozent aus, auch wenn das zeitgenössische Übergewicht medialer und inzwischen auch wissenschaftlicher Aufmerksamkeit für das sog. dritte Geschlecht mitunter einen anderen Eindruck vermittelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Zahlen selten angegeben werden und wenn, dann unterscheiden sie sich „je nach definitorischer Begrenzung und untersuchter Population“.[28]

Auch der Eindruck, die sexuelle Orientierung der Menschen hin zu einer Homo- oder Bisexualität habe in einem Umfang zugenommen, der die Heterosexualität zu verdrängen beginne, täuscht. Diesem Eindruck tritt Bosinski entschieden und mit wissenschaftlichen Mitteln entgegen: „Vielmehr stehen ca. 90 bis 95% vorwiegend bis ausschließlich heterosexuell […] orientierten Männern ca. 5 bis 8% mehr oder weniger exklusiv homosexuell orientierte Männer […] gegenüber. Die Zahl der bisexuell orientierten […] liegt stets unter der letztgenannten."[26] Auch stehe fest, „dass keine Kultur bekannt ist, in der die durchschnittlich größere sexuell-erotische Attraktion von Männern durch Frauen und von Frauen durch Männern aufgehoben oder gar umgekehrt“ sei.[29]

Ethnographische Untersuchungen haben „trotz der teilweise erheblichen interkulturellen Varianz“ eine „Reihe von kulturübergreifenden Universalien“ zu erkennen gegeben, und die „seinerzeit mit großem Enthusiasmus aufgenommenen Berichte von Magaret Mead (1979) über die angeblich totale kulturelle Relativität der Geschlechterrollen gelten inzwischen als widerlegt“.[22]

Bosinski empfiehlt, die Kategorie der binären Geschlechtsidentität nicht aufzugeben, insbesondere mit Blick auf die kindliche Entwicklung: „Die Kategorien ‚Mann und Frau‘, ‚Junge und Mädchen‘ haben Kompassfunktion bei der Aneignung der Welt, ähnlich wie andere kindliche Urteilskategorien (z.B. ‚Gut und Böse‘)."[30]

Als Fürsprecher der Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt empfiehlt der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch mit Blick auf die sexuelle Diversität einen Aspekt nicht aus dem Auge zu verlieren. Er nennt ihn den „festen Kern von Sexualität und Geschlechtlichkeit“.

„Fest ist der sexogenerische Kern, weil beispielsweise kein ‚Bio-Mann‘ je erfahren und verstehen wird, was der Einbruch der Menstruation und der Brüste, was die Blutfüllung der Vorhofschwellkörper, die Vergrößerung der Klitoris und die Kontraktionen im Unterleibsinneren, was Schwangerschaft, Geburt und Stillen oder was das natürliche Verlieren der Fruchtbarkeit in einem Alter, das heute keineswegs als hoch angesehen wird – was all das wirklich bedeutet. Diese mit dem Körpergeschlecht unlösbar verbundenen Ereignisse schlagen sich in Körper und Seele nieder, und nicht zuletzt aus diesen Niederschlägen entseht das, was wir seit einiger Zeit Sexualität und Geschlechtsidentität nennen.“

Volkmar Sigusch: Sexuelle Welten[31]

Geschlechtliche Vielfalt

In Deutschland gib es mindestens in den „großen Städten […] mittlerweile eine schillernde Szene von Angehörigen beider Geschlechter“, die eine Geschlechtsidentität jenseits der binären entwickelt und dafür verschiedene Bezeichnungen vorgesehen haben. Sie definieren sich „jenseits der herkömmlichen Rollenzuschreibungen, ohne dass es sich dabei um krankheitswertige (transsexuelle) Geschlechtsidentitätsstörungen handelt".[22]

Trotz eindeutiger Zahlenverhältnisse, welche Menschen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht identifiziert haben, als den Regelfall ausweisen, hat ein Geschlechtserleben „dazwischen“[32] eine so breite mediale und in der Folge wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren, dass irrtümlich der Eindruck eines zahlenmäßigen Übergewichtes entstehen kann. Wie es zu diesem, aus der öffentlichen Debatte nicht mehr weg zu denkenden Bedeutungszuwachs kommen konnte, ist bisher ebensowenig erforscht, wie die Frage, warum Männer deutlich häufiger als Frauen nicht mit ihrem Geschlecht einverstanden sind.[33]

Im Jahr 2012 nahm sich die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) des Themas an.[34] In ihrem Editorial beklagt Anne Seibring die Außenseiterposition, in die Menschen, die anders als alle andere sind, geraten und macht auf nicht immer allgemein bekannte Folgen aufmerksam: „Lange Zeit ging die Medizin von der heute höchst umstrittenen Annahme aus, eine stabile Geschlechtsidentität könne bei intersexuell Neugeborenen durch operative Geschlechtszuordnung (manchmal auch ohne Wissen der Eltern) und durch Erziehung im zugewiesenen Geschlecht erreicht werden. Viele Betroffene, die – wenn überhaupt – größtenteils erst im Erwachsenenalter davon erfuhren, sind tief traumatisiert. Für sie wie auch für diejenigen, die von Operationen verschont geblieben sind, sowie für Menschen mit Transidentität kommt hinzu, dass sie in einer Gesellschaft leben, deren binäre Geschlechterordnung kaum Platz lässt für ‚anderes‘.“[35]

Für den Themenschwerpunkt der Bundeszentrale sind neun Artikel von berufenen Autoren verfasst worden, die eine Fülle einschlägiger, wissenschaftlicher und auch weiterführender Literatur verarbeiten. Sie geben mit ihren je verschiedenen Schwerpunkten einen Überblick über den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion. Neben einem Aufsatz von Laura Adamietz zur rechtlichen Situation in Deutschland[36] beschäftigte sich Carolin Küppers mit der soziologischen Dimension des Geschlechtes.[37] Eckart Voland widmete sich zusammen mit Johannes Johow den soziobiologischen Aspekten.[38] Hertha Richter-Appelt, eine der Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung und Professorin für Sexualwissenschaft an der Hamburger Universität, befasste sich mit Geschlechtsidentität und -dysphorie.[39] Ulrike Klöppel schrieb über die Medikalisierung uneindeutiger Geschlechter[40] und Michael Wunder fokussierte unter dem Titel Leben zwischen den Geschlechtern auf die Intersexualität.[41] Rainer Herrn betrachtete Transvestitismus und Transsexualität historisch und sprach in seinem Titel die Ver-körperungen des anderen Geschlechts an.[42] Susanne Schröter rundete das Thema mit ihrer ethnologischen Perspektive ebenso ab[43] wie Arn Sauer und Jana Mittag, die einen Blick auf den internationalen Kontext von Geschlechtsidentität und Menschenrechte wagten.[44]

Soziologische Aspekte

Nach Carolin Küppers gebe es einen „common sense der Zweigeschlechtlichkeit in unserer Gesellschaft“, der „wenig Raum für geschlechtliche Existenzweisen jenseits der binären Kategorien“ lasse und „ein erstaunliches Beharrungspotenzial“ hätte. Mit ihm gehe eine „soziale Verortung von Männern und Frauen“ einher.[45]

Nachdem die Debatte über den Begriff der Geschlechtsidentität längst um die soziologische Dimension erweitert war, hat sich Küppers im Jahr 2012 einer zusammenfassenden Betrachtung gewidmet. „Die Einteilung in zwei eindeutig voneinander zu unterscheidende Geschlechter […] erscheint als ‚natürliche‘ und selbstverständliche Tatsache, stellt sich aber aus soziologischer Perspektive sehr viel komplexer dar.“[46] Auch unter naturwissenschaftlicher Betrachtung sei es, so Küppers, „mehr als uneindeutig“, was genau die Geschlechterunterschiede markiere. Das Stereotyp der binären Geschlechterverteilung verliere zwar an Bedeutung, sei jedoch „nach wie vor überall präsent“. Dabei stelle sich – in Anlehnung an Paula-Irene Villa – die Frage, „wie ein verhältnismäßig kleiner anatomischer Unterschied so große soziale Folgen haben“ könne:

„Auf die Tendenz, die Differenzierung in zwei Geschlechter auf biologische Unterschiede zu reduzieren, haben angloamerikanische Feministinnen in den 1960er Jahren mit der Abgrenzung von sex und gender reagiert. Der Begriff sex wird in der Regel mit ‚biologisches Geschlecht‘ übersetzt und anatomisch definiert. Der Begriff gender wird meist in der Bedeutung von ‚sozialem Geschlecht‘ verwendet und zielt auf die soziale Konstruktion von geschlechtsspezifischen Rollen und Attributen ab. Die Trennung von sex und gender hat enorme Vorteile gebracht, um gegen einen Alleinerklärungsanspruch der Geschlechterunterscheidung durch biologische Determination argumentieren zu können. Sie enttarnte gender als soziales Konstrukt und deckte auf, dass dichotome Geschlechterzuschreibungen, Geschlechterrollen und Hierarchisierungen historisch entstanden sind und durch gesellschaftliche Strukturierungen, Aushandlungen und Bedeutungszuschreibungen zustande kommen.“

Paula-Irene Villa: Der große kleine Unterschied[47]

Allerdings werde in der „aktuellen Geschlechtersoziologie“ die Unterscheidung in Sex und Gender „kaum noch verwendet“, weil sie sich „recht schnell als zu undifferenziert und damit als Nachteil“ erwiesen habe. Nach Kerrin Christiansen[48] sei Geschlechtlichkeit eher „als ein Kontinuum denn als zwei klar zu unterscheidende Pole“ zu verstehen.[49] Die Biologin Sigrid Schmitz relativierte in diesem Zusammenhang die gängige Überzeugung von der größeren Objektivität der Naturwissenschaften gegenüber den Sozialwissenschaften: „Die Naturwissenschaft ist nicht objektiver als andere Wissenschaften, nur weil sie ihre Befunde in einem quantitativ-experimentellen Design reproduziert. Denn auch dieses Design ist von bestimmten theoretischen Vorannahmen geleitet, welche die Auswahl der Daten, ihre Einschlüsse und Auslassungen und die Interpretationen der Befunde beeinflussen."[50] Gleichwohl herrsche in den Naturwissenschaften keine Beliebigkeit, „da ‚die Natur‘ ihrer Deutung materielle Grenzen“ setze und „eine unbestreitbare Wirksamkeit“ hätte.[51]

„Die Geschlechterordnung“ sei eine „wirkmächtige, herrschaftsdurchtränkte soziale Realität“, die „Normalität“ und den „Zwang“ konstruiere, „sich dieser Norm zu unterwerfen“. Das war, seit sich der Mensch seiner eigenen Körperlichkeit bewusst wurde, schon immer und überall so, wenn auch jeweils verschieden. Geschlecht sei „Teil des sozialen Körperwissens und der Normen der Geschlechterdichotomie“, so Küppers. Mit Hilfe der Sprache würden Menschen die Welt und damit auch Geschlechtlichkeit interpretieren, ihr „Blick auf die Welt“ werde aber „durch eine zeithistorische, spezifische Brille begrenzt“. Und weil im Diskurs über Geschlechtlichkeit definiert werde, was als „normal“ zu gelten habe, werde zugleich „das, was als ‚anders‘ gilt, mit konstruiert“.[52]

Nachdem Simone de Beauvoir sich bereits im Jahr 1949 mit der Frage befasst hatte, was eine Frau zur Frau mache, hat in den 1970er Jahren die Frauenforschung damit begonnen, das Konzept der geschlechtsspezifischen Sozialisation unter dem Postulat zu entwickeln, das Private sei politisch. Seitdem ist der „geschlechtertheoretische Diskurs […] eng mit der politischen Perspektive der Frauenbewegung verbunden“ und mit der Frage nach den „gesellschaftlichen Machtverhältnissen […] verknüpft“. Im Rahmen ihrer Sozialisation „lernen Menschen, was es vor dem jeweiligen gesellschaftlichen Hintergrund bedeutet, eine Frau oder ein Mann zu sein“ und was in diesen Rollen von ihren erwartet wird. Mit der Zuordnung zu einem Geschlecht „sind spezifische Wahrnehmungen, Zuschreibungen, Hierarchien und Vorannahmen verbunden“, die Einfluss auf die „soziale Interaktion“ nehmen. „Seit den 1990er Jahren“ werde nach Küppers „die Vorstellung einer eindeutigen und stabilen geschlechtlichen Identität […] hinterfragt“. Carol Hagemann-White habe „eine Abkehr vom Sozialisationsparadigma“ und der Annahme einer „Zweigeschlechtlichkeit“ vorgeschlagen und statt dessen auf „verschiedene kulturelle Konstruktionen von Geschlecht“ verwiesen.[53]

„Geschlecht ist nicht etwas, was wir haben, schon gar nicht etwas, was wir sind. Geschlecht ist etwas, was wir tun.“[54] Küppers beschrieb, wie diese „These […] unter dem Schlagwort des doing gender Eingang in die sozialwissenschaftliche Diskussion gefunden“ habe. Dabei würden Handlungstheorien dazu dienen, Einblick in jene Vorgänge zu gewähren, mit denen sich Menschen „Normen, Regeln und Strukturen aneignen und handelnd weitergeben“ – in diesen Zusammenhängen auf die Frage bezogen, wie Frauen und Männer ihre Geschlechtlichkeit zum Ausdruck bringen: „Doing gender funktioniert also sowohl über das alltägliche Verhalten als auch über die alltägliche Wahrnehmung.“ Sozialer Interaktion gehe stets eine Zuordnung des Gegenübers zu einem Geschlecht voraus: „Ist die Zuschreibung erfolgt, werden die jeweiligen Einzelheiten der Interaktion eingeordnet und die richtigen Genitalien werden, da sie nicht sichtbar sind, unterstellt.“ Kann jemand keinem Geschlecht zugeordnet werden, „bekommen wir gravierende handlungspraktische Probleme“. Allerdings könnten Geschlechternormen zunehmend hinterfragt werden, was „den Spielraum für nicht normative, geschlechtliche Existenzweisen“ eröffne.[55]

Soziobiologische Aspekte

Auch „groß angelegte Metastudien“ würden „insgesamt nur wenige Belege für Geschlechtsunterschiede im Verhalten“ von Männern und Frauen liefern.[56] Diesen Befund bringen Eckart Voland und Johannes Johow mit der, in ihren Augen bedauerlichen Tatsache in Verbindung, dass sich diese Studien der „sokratischen Empfehlung“ enthielten, „die ‚Natur in ihre gewachsenen Teile‘ zu zerlegen“. Würden jedoch „die ‚gewachsenen Teile‘ identifiziert“, käme man „zu einem anderen Ergebnis“.[57] Dann ließen sich „sehr wohl Unterschiede […] statistisch robust beschreiben“ und der „Schatten unserer evolutionären Vergangenheit gerade auch in einer um Emanzipation bemühten Moderne aus[…]leuchten“.[56]

Soziobiologie sei eine „Milieutheorie menschlichen Verhaltens […] auf genetischer Basis“.[58] Voland und Johow halten bei ihren soziobiologischen Betrachtungen der Geschlechtsidentität die „Unterteilung in ‚männlich‘ und ‚weiblich‘“ mit Verweis auf die Evolutionsgeschichte für grundsätzlich berechtigt. Sie wollen „eine Unterscheidung der Geschlechter […] versuchen, um trotz aller Gemeinsamkeiten von Männern und Frauen vielleicht doch einige Unterschiede zu entdecken, die als Resultat biologischer Anpassungsprozesse bedeutsam sind“.[59]

„Um zu zeigen, dass die Unterteilung in ‚weiblich‘ und ‚männlich‘ – fernab von der teilweise haarsträubenden populär-wissenschaftlichen ‚Aufbereitung‘ wissenschaftlicher Erkenntnisse – tatsächlich ihre Berechtigung hat, lohnt ein kurzer Exkurs in die Naturgeschichte der Sexualität.“

Voland & Johow: Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte[59]

Dabei beziehen sich die Autoren unter anderem auf Lise Eliot, die sich im Jahr 2011 mit den Trouble with Sex Differences (deutsch: Schwierigkeiten mit den Geschlechterunterschieden) befasste.[60] Seit Darwin lasse sich „die menschliche Natur nicht mehr aus der gemeinsamen Geschichte aller Lebewesen ausklammern“. Sie alle und damit auch die Menschen seien auf „bestmögliche Reproduktion“ eingestellt: „Die verhaltenssteuernde Maschinerie unseres Gehirns produziert biologisch nützliche Repräsentationen der Welt und Emotionen, die uns – Risiken meidend, Chancen nutzend – gleichsam einem Navigationssystem vergleichbar durchs Leben führen.“[61]

Fortpflanzung und Sexualität seien „zwei völlig unterschiedliche Prozesse“ – Vermehrung einerseits und „Austausch von genetischer Information“ andererseits –, die ursprünglich voneinander unabhängig abliefen und sich erst später „evolutionär verkoppelt“ hätten. Dies habe bei fast allen Wirbeltieren „Vermehrung durch Sex“ hervor gebracht.[61]

„Während die weibliche Seite eher durch Risikoaversion, höheren Standards bezüglich der Partnerwahl und weniger variablen Entwicklungsverläufen gekennzeichnet ist, kann die männliche Seite eher mit Attributen wie sexueller Opportunismus, sexuelle und soziale Risikobereitschaft, breitere phänotypische Diversifikation auch in mentalen Aspekten des Lebensvollzugs beschrieben werden.“

Voland & Johow: Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte[61]

Es sei „gewöhnungsbedürftig“, so die Autoren, „sich das Genom als ein Schlachtfeld für genetische Konflikte zwischen männlichen und weiblichen Genen […] vorzustellen“, zugleich aber „sehr erhellend“. Damit hatte sich Richard Dawkins in seinem Buch Das egoistische Gen[62] ausführlich befasst. Voland und Johow sind überzeugt, dass ein „evolutionärer Friedensschluss im ewigen ‚Krieg der Geschlechter‘ […] aus soziobiologischer Sicht nicht denkbar“ sei. Stets handele es sich um „sehr brüchige Kompromisse eines profunden Interessenskonflikts, den keine Seite endgültig gewinnen“ könne. So gesehen sei Geschlechterdifferenz „ein fester Bestandteil der menschlichen Natur“. Es sei, als spiele Kultur mit dieser Differenz, „aber entgegen eines weit verbreiteten Missverständnisses konstruieren Kulturen“ sie nicht.[61]

„Die chromosomale Ausstattung“ des Menschen habe „weitreichende Folgen“:

„Ein Y-chromosomales Gen namens ‚SRY‘ (sex-determining region Y) bildet nämlich den Beginn einer Kaskade von Entwicklungsprozessen, welche ab der siebten Schwangerschaftswoche zur Ausprägung von männlichen Merkmalen führt. Diese Kaskade führt über die Entwicklung von Hoden im Embryo zur Ausschüttung von Testosteron und der induzierten Ausbildung der sogenannten sekundären Geschlechtsmerkmalen in der Pubertät bis hin zu geschlechtsspezifischen Verhaltenstendenzen, beispielsweise bezüglich Sexualität und Aggression.“

Voland & Johow: Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte[63]

Mutationen oder Beschädigungen einzelner Gene hätten andere Entwicklungen und mögliche Abweichungen zur Folge, die sich jedoch „innerhalb der menschlichen Bevölkerung mit zwei Prozent aller Geburten nur relativ selten“ finden. Kinder, die sich nach der Geburt äußerlich nicht einem Geschlecht zuordnen lassen, gelten als intersexuell und würden „unter 0,2 Prozent aller Geburten“ ausmachen, wie Leonart Sax in seiner Antwort an Anne Fausto-Sterling erwähnte.[64] Jenseits dieser seltenen Besonderheiten sei die sexuelle Entwicklung weiteren Einflüssen ausgesetzt, zu denen unter anderem der Hormonstatus gehöre. Der werde durch die unterschiedlichsten Faktoren gesteuert, zu denen inzwischen auch industriell gefertigte Stoffe, wie beispielsweise sogenannte Weichmacher zählen würden, die bei der Herstellung von Haushaltsartikeln aus Plastik verwendet werden und mindestens bei einigen Tierarten antiandrogen wirken sollen. Ob das auch für Menschen gilt, werde „kontrovers diskutiert“. Es lasse sich feststellen, „dass ein äußerst komplexer Entwicklungspfad vom Geschlechtschromosom zur Geschlechtsidentität“ verlaufe. Insofern sei Geschlecht „gar nicht so eine eindeutige Kategorie“, wie oft angenommen werde.[63]

Für die Fähigkeit der beiden Geschlechter, vielfältige „Verhaltensstrategien“ herauszubilden, werden in der Regel sowohl genetische Anlagen als auch Umweltfaktoren verantwortlich gemacht. Beide würden sich „nicht unabhängig voneinander betrachten“ lassen. „Bei kaum einem anderen Thema wird die Anlage-Umwelt-Debatte in der breiteren Öffentlichkeit so leidenschaftlich wie ergebnislos geführt wie im Bereich von sex und gender“. Dabei sei „die Debatte im Kern theoretisch weitgehend gelöst“, wie Voland und Johow in Anlehnung an Adolf Heschl feststellen.[65] Dennoch würden „‚Kulturisten‘ und ‚Biologisten‘ unversöhnlich aufeinandertreffen“, weil „nicht gut verstanden“ sei, dass „Anlage und Umwelt nicht additiv“, sondern „synergetisch“ wirksam würden. Dabei würden die „in den Genen festgeschriebenen Baupläne“ in Abhängigkeit von Umweltbedingungen in Erleben und Verhalten des Menschen Strategien hervorbringen, die ihrerseits auf die Umgebung Einfluss nehmen. „Häufig“ werde allerdings übersehen, „dass in den biologischen Informationsträgern die ‚Reaktionsnorm‘ des Organismus auf je verschiedene Umweltfaktoren festgeschrieben“ sei. Deswegen könne die „Umwelt den sich entwickelnden Organismus auch nicht gleichsam ‚nach eigenen Regeln‘ konstruieren“. In dieser „Angelegenheit“ habe das „letzte Wort“ die „Erbinformation“.[58]

Juristische Aspekte

Nachdem die Bundesregierung den Deutschen Ethikrat beauftragt hatte, sich mit dem Thema Intersexualität zu befassen, kam es zu entsprechenden Empfehlungen. Danach sollte „für Menschen mit uneindeutigem Geschlecht die Kategorie ‚anderes‘ im Personenstandsrecht vorgesehen werden.“[66] Im Jahr 2011 hatte das Bundesverfassungsgericht einige „Regelungen des Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt“ und unter anderem eine Änderung des Eintrages im Personenstandsregister „auch ohne körperliche, operative ‚Angleichung‘ zugelassen“.[35] Das Personenstandsgesetz wurde mit Wirkung zum 1. November 2013 geändert. Zwar lässt das Gesetz auch weiterhin keinen Eintrag für Intersexualität zu, doch wenn eine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden vorgesehenen Geschlechter nicht möglich ist, kann ein entsprechender Eintrag im Geburtenregister entfallen.

Laura Adamietz, promovierte Juristin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Europäische Rechtspolitik der Universität Bremen, wertet für ihren Aufsatz mit dem Titel Geschlechtsidentität im deutschen Recht eine Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus, die zum Teil auch anderen Disziplinen als der Jurisprudenz entstammen. Sie sieht in den neuen Entwicklungen zu diesem Thema eine „Herausforderung für das Rechtssystem“.[67] In Deutschland unterliege es „rechtlicher Regulierung“ ebenso, wie in anderen Ländern, „ob und wie Geschlechtsidentität ausgelebt werden darf“. Gleichwohl werde „weder Geschlecht noch Geschlechtsidentität […] vom Recht definiert“.[68] „Rechtsvorschriften“ würden immer seltener „an das Geschlecht“ anknüpfen und wenn, dann allgemein im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsverbot und speziell in zwei Fällen:

„Bei der Entscheidung, ob zwei Menschen (wegen der Verschieden- beziehungsweise Gleichgeschlechtlichkeit ihrer Verbindung) heiraten oder sich ‚verpartnern‘ können, und in Artikel 12a GG (Wehrpflicht nur für Männer).“

Laura Adamietz: Geschlechtsidentität im deutschen Recht[68]

Allerdings halte „das Recht an der Bedeutsamkeit der Frage“ fest, „wer eigentlich welches Geschlecht“ habe und zwar für die Einträge in Reisepass, Geburtsurkunde und Geburtenregister. Es erkläre aber weder, „was Geschlecht ist, noch, wie die Geschlechtszugehörigkeit festzustellen“ sei. Adamietz empfiehlt, „im deutschen Rechtsdiskurs“ von Geschlechtsidentität „zu sprechen, wenn tatsächlich das individuelle Geschlechtszugehörigkeitsempfinden allein und nicht (auch) die sexuelle Orientierung gemeint“ sei. Das entspreche „auch dem Sprachgebrauch des BVerfG“.[68]

Der „Schutz von Geschlechtsidentität“ werde trotz aller von den Betroffenen erlebten Diskriminierung „nicht im Antidiskriminierungsrecht“ geregelt, „sondern anlässlich der Frage der personenstandsrechtlichen Anerkennung dieser ‚abweichenden‘ Geschlechtsidentität verhandelt". Dabei wäre nach Adamietz zu bedenken, „dass man an das Geschlecht, das einem bei Geburt zugewiesen wurde, gebunden“ sei. Man könne „dieses ‚rechtliche Geschlecht‘ nicht ohne Weiteres […] ändern“, obwohl sich die „Geschlechtsidentität eines Menschen […] bei dessen Geburt […] nicht erkennen“ ließe, da sie sich sich erst „im Laufe seines Lebens“ entwickele. Die „beiden Hauptanwendungsfälle eines Rechts auf (ungestörtes Ausleben der) Geschlechtsidentität“ würden „danach unterschieden, ob sie auf einer angeborenen körperlichen Besonderheit beruhen oder nicht“.[69]

Der „Schauplatz der Anerkennungskämpfe von Transidentitäten“ sei das Transsexuellengesetz (TSG) und es sei „wie jedes Gesetz ein Kind seiner Zeit“. Die dort verwendeten Begriffe würden dem „Sprachgebrauch der Entstehungszeit (1980)“ entsprechen und zu erkennen geben, „dass dem TSG das damals durchaus zeitgemäße Konzept ‚Transsexualität‘ zugrunde“ gelegen hätte. Es habe „auf einer (pathologisierenden) Vorstellung von Transidentität als psychischer Störung“ aufgebaut, die an einige „Schlüsselsymptome geknüpft“ gewesen sei. Inzwischen habe „die Sexualforschung diese Diagnostik revidiert“ und neue Begriffe hätten sich etabliert. Auch sei es „zu Revisionen des TSG durch das BVerfG“ gekommen, das bis 2012 acht mal „mit Fragen von Transidentität“ befasst gewesen wäre.

Dennoch bleibe „noch Einiges zu tun“. Adamietz meint, „temporäre Geschlechtswechsel sollten Teil einer möglichen und anerkennungsfähigen Transidentität sein“, aber dafür biete „das TSG mit seiner jetzigen Voraussetzung der Dauerhaftigkeit keinen Raum“. Zwar seien Änderungen „so niederschwellig wie nie“ möglich, aber einfach sei ein „rechtlicher Geschlechtswechsel dennoch nicht“. Den Betroffenen werde noch immer „ein langwieriges und kostspieliges Verfahren“ auferlegt. Auch befürchtet sie, „dass sich die ohnehin schon problematische Gutachterpraxis“ verschärfen könnte, gibt aber zugleich ihrer Hoffnung Ausdruck, „dass das TSG in einer Gesamtüberarbeitung noch von weiteren diskriminierenden, aber bisher noch nicht angegriffenen Regelungen bereinigt“ werde.[70]

In einem gesonderten Abschnitt befasst sich Adamietz ausführlich mit den gesetzlichen Regelungen zum Thema Intersexualität. Auch hierbei gehe es „um die Anerkennung einer normabweichenden Geschlechtszugehörigkeit“. Zwar sei mit der „Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)“ der Begriff des „Zwitters“ aus dem „deutschen Rechtssystem verschwunden“, doch sei „die Eintragung eines weder männlichen noch weiblichen Geschlechts in Geburtsregister, -urkunde und Pass […] bisher noch nicht erreicht“ worden. Allerdings würden sich aufgrund der „öffentliche[n] Aufmerksamkeit“ inzwischen Bundestag, Landesparlamente und „jüngst der Deutsche Ethikrat im Auftrag der Bundesregierung“ mit dieser Thematik beschäftigen – noch ohne „gesetzgeberische[…] Initiative“. Deswegen hofft Adamietz, dass das BVerfG auch hier „zum Wegbereiter“ werde. „Nach heutigem Recht“ gelte, „dass das Geschlecht eines Menschen registriert werden“ und im Geburtsregister ein „binär codiertes Geschlecht“ eingetragen werden müsse. Auch bestehe „Regelungsbedarf“, weil immernoch „Kinder mit uneindeutigen Genitalien an diesen operiert“ würden, „bevor sie Einwilligungsfähigkeit erlangt“ hätten. Das Bundesverfassungsgericht hätte, so Adamietz, mit seiner „achten Entscheidung zur Transidentität […] die Rechtskategorie ‚Geschlecht‘ auf radikale Weise dekonstruiert und denaturalisiert, indem es ihr die Notwendigkeit einer körperlichen Basis abgesprochen“ habe.[71]

Die „rechtspolitische[…] Diskussion“ befasse sich, so Adamietz zusammenfassend, mit „der straf-, medizin- und sorgerechtlichen Regulierung“ im Rahmen vielfältiger Fallkonstruktionen. Dabei werde „der Ruf nach der Möglichkeit“ eines Geschlechtseintrages laut, „der weder männlich noch weiblich“ definiert wäre. Damit solle „zwischengeschlechtlichen Identifikationen“ eine „rechtliche Anerkennung“ verliehen werden. Für „vielversprechender“ hält Adamietz eine „Utopie, auf die Geschlechtszuweisung und -erfassung ganz zu verzichten" und fragt: „Wozu braucht das Recht ‚Geschlecht‘?“[72]

Sexualwissenschaftliche Aspekte

„Geschlechtsidentität wird thematisiert, wenn Unsicherheit auftritt“.[32] Auf diese einfache Formel bringt die Psychoanalytikerin und Sexualwissenschaftlerin Hertha Richter-Appelt in ihrem Artikel Geschlechtsidentität und -dysphorie die öffentliche Diskussion zum Thema. Verunsicherung könne entstehen, wenn beispielsweise Unfruchtbarkeit Fragen aufwerfe, Körper und Körpererleben nicht übereinstimmen oder Irritationen auftauchen, weil der Körper nicht eindeutig als männlich oder weiblich zu identifizieren sei.

Auch Richter-Appelt erwähnt, dass in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine „binäre Vorstellung von Geschlecht […] das Denken“ bestimmt habe. Ziel medizinischen und psychologischen Wirkens sei „eine stabile männliche oder weibliche Geschlechtsidentität“ gewesen. Dabei wurden „Begriffe der psychosexuellen Entwicklung“, wie Binarität oder Geschlechtsidentität weder „definiert“ noch „hinterfragt“ und „uneinheitlich verwendet“.[32]

Da sich an der uneinheitlichen Verwendung der Begriffe nicht viel geändert habe, schlägt Richter-Appelt folgende Definitionen vor:[32]

  • geschlechtstypisches Verhalten: „bei einem Geschlecht häufig beobachtete Verhaltensweisen“.
  • geschlechtsspezifisches Verhalten: tritt „jeweils nur bei einem Geschlecht auf“ (z.B. Stillen eines Kindes)
  • Geschlechtsrolle: „Gesamtheit der kulturell erwarteten, als angemessen betrachteten und zugeschriebenen Fähigkeiten, Interessen, Einstellungen und Verhaltensweisen des jeweiligen Geschlechts“. All dies unterliege „einem Wandel innerhalb der und zwischen den Kulturen“.
  • Geschlechtsidentität: „das subjektive Gefühl eines Menschen, sich als Mann oder Frau (oder dazwischen) zu erleben“. Ein solches Gefühl finde sich „zu allen Zeiten und in allen Kulturen“.
  • Geschlechtsrollenidentität: „die öffentliche Manifestation der Geschlechtsidentität einer bestimmten Person in einem bestimmten Rollenverhalten“. Damit werde „alles, was eine Person sagt oder tut“ zusammengefasst, was zeigen soll, ob und wie weit sich jemand welchem Geschlecht „zugehörig erlebt“.
  • Sexuelle Identität: „das subjektive Erleben einer Person als hetero-, homo-, bi- oder asexuell“.
  • Sexuelle Präferenz: „beschreibt, wodurch eine Person sexuell erregt wird“.
  • Sexuelle Orientierung: betrifft „die Partnerwahl“. Meist stimme sie „mit der sexuellen Identität überein.“

Ausführlicher befasst sich Richter-Appelt mit der Inter- und der Transsexualität. Unter dem Begriff der Intersexualität „werden eine Reihe unterschiedlicher Phänomene zusammengefasst, bei denen die geschlechtsdeterminierenden und -differenzierenden Merkmale des Körpers (Chromosomen, Gene, Keimdrüsen, Hormone, äußere Geschlechtsorgane und Geschlechtsmerkmale) nicht alle dem gleichen Geschlecht entsprechen.“[32] Darüber hat die Autorin gesondert veröffentlicht.[73] Bei den „verschiedenen Formen der Intersexualität“ stelle die „Vorhersage der Geschlechtsidentität“ ein „besonderes Problem“ dar. Personen mit Intersexualität seien „in ihrem Geschlechtserleben oft nicht eindeutig“ und würden deshalb auch keine Eindeutigkeit zum Ausdruck bringen. Intersexualität wird als „Störung der Geschlechtsentwicklung“ verstanden, was von „den Betroffenen […] kritisiert“ werde. Diese Menschen seien „oft bereits in der frühen Kindheit einem Geschlecht zugewiesen (gender allocation) und körperlich angeglichen (sex assignment)“ worden – in der „Hoffnung, auch die Entwicklung einer ungestörten, dem angepassten Geschlecht entsprechende Geschlechtsidentität zu gewährleisten“.

Über die Frage, wann von Transsexualität gesprochen werden könne, herrsche Uneinigkeit. Personen mit Transsexualität würden, so Richter-Appelt „in der Regel den gesunden männlichen oder weiblichen Körper dem subjektiv erlebten Geschlecht mehr oder minder anpassen“ wollen. „Seit die geschlechtsanpassenden Operationen keine notwendige Voraussetzung für eine Personenstandsänderung mehr darstellen, kann ein deutlicher Rückgang beziehungsweise eine verzögertes Anstreben genitalchirurgischer Eingriffe vor allem bei älteren Personen beobachtet werden.“ Der Begriff Transsexualität werde „kritisiert“, weil es nicht um Sexualität, sondern um Identität gehe und so werde häufig von Transidentität oder Transgender gesprochen. „Im internationalen medizinischen Klassifikationssystem“ (ICD) sei „von einer Störung der Geschlechtsidentität“ die Rede. Eine sogenannte Geschlechtsdysphorie hätten Inter- oder Transsexuelle, die unter einer „Irritation des subjektiven Geschlechtserlebens“ leiden,[32] was aber nicht bei allen der Fall sei.

Zur Entwicklung der Geschlechtsidentität als einem Aspekt „des Identitätserlebens“ – also der Frage „Wer bin ich?“ – erinnert Richter-Appelt an zahlreiche Einflussgrößen, die an ihrer Herausbildung beteiligt sind: „Körperlich-biologische Faktoren“ ebenso wie „psychische und soziale Bedingungen“, aber auch „Hormone als Folge von genetischen und epigenetischen Prädispositionen“ neben „Erziehungsmaßnahmen der Eltern und Identifizierungen und Selbstkategorisierungen des Kindes.“ Hinzu kämen „kulturelle Normen und Geschlechtsrollenerwartungen“.[74]

Um der teils harschen Kritik zu begegnen, der medizinisches und psychologisches Handeln Mitte des 20. Jahrhunderts in späteren Jahren ausgesetzt war, erinnert Richter-Appelt daran, „wie sehr Menschen mit entweder nicht eindeutigem Geschlecht, aber auch diejenigen Menschen, die den Körper als nicht ihrem Geschlecht entsprechend empfanden, darunter gelitten haben.“ Ärzte und Psychologen „verfolgten das Ziel, dieses Leid zu lindern.“ Den Konzepten dieser Zeit lag „ein binäres Verständnis von Geschlecht zugrunde“, dem „Therapeuten, Endokrinologen und Chirurgen“ ebenso wie Psychoanalytiker unterlagen. „Erfahrungen der vergangenen Jahre“, so stellt sie fest, „haben uns eines Besseren belehrt“. In der Psychoanalyse des 21. Jahrhunderts gehe es „um eine multifaktorielle Determinierung des Identitätserlebens, das sehr viel vielfältiger ausfallen kann als ausschließlich männlich oder weiblich.“[75]

Für die Entwicklung der Geschlechtsidentität gehe man inzwischen davon aus, „dass sie in vielen Fällen weitgehend konfliktfrei erlebt wird“. In anderen Fällen könne es „zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Entwicklung […] zu einem Hinterfragen, zu einer Dysphorie kommen“. Irritationen könnten „sowohl durch biologische Faktoren, die bisher nur wenig bekannt sind, etwa genetische, hormonelle Prozesse, durch Erfahrungen im Umgang mit dem Körper, durch Selbst- und Fremdkategorisierungen und entwicklungsbedingte Konflikte, vor allem aber durch Beziehungserfahrungen beeinflusst werden.“[75]

„Ein zentrales Thema in der psychoanalytischen Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Geschlechtsidentität ist die Frage der Beziehungsgestaltung. Bereits in der Kindheit wird die Grundlage gelegt, welche Beziehungen im Laufe des Lebens gelebt werden können. Sowohl die Psychoanalyse wie auch die Bindungstheorie nehmen an, dass frühe Beziehungserfahrungen wichtig sind für das Geschlechtsidentitätserleben. Supportives, responsives Verhalten und präsente Bezugspersonen in der Kindheit sind Grundlage für ein selbstsicheres Identitätserleben.“

Hertha Richter-Appelt: Geschlechtsidentität und -dysphorie[76]

Das Kind nehme in seinen ersten Lebensjahren, die „eigene[…] Körperlichkeit“ gleichsam in Besitz, es komme, wie Richter-Appelt es nennt, zu dem „Entwurf einer Topografie lustvoller Erfahrungen“. Unter Abweichungen würden in der Regel zunächst nicht die Kinder leiden, sondern ihre Eltern und die Ärzte. Ist das der Fall, seien sie Einflüssen ausgesetzt, die Angst erzeugen können, nicht angenommen oder „nicht begehrt“ zu werden. Dadurch könne es „zu einer Verunsicherung in der Identitätsentwicklung“ kommen. Das „Erleben der Andersartigkeit“ könne „schon früh zu einer Vereinsamung führen“. Andererseits habe sich gezeigt, „dass ein toleranter Umgang mit nicht geschlechtsspezifischen Interessen und Verhaltensweisen zu einer stabileren Entwicklung des Selbst führen kann und dann die so oft befürchtete Stigmatisierung als weniger traumatisierend erlebt“ werde. „Ein bewusster und offener Umgang mit der spezifischen Situation und die Akzeptanz des Kindes in seiner Besonderheit könnten die Grundlage für eine möglichst ungestörte Entwicklung darstellen.“[77]

Medizinhistorische Aspekte

„Obwohl sich Organisationen intergeschlechtlicher Menschen dagegen seit Langem wehren, gilt ein – gemessen an der Norm des männlichen und weiblichen Geschlechts – ‚uneindeutiges‘ Geschlecht noch immer als krankhaft und behandlungsbedürftig. Medizinische Autorität, Glaube an die medizinisch-technische Machbarkeit, gesellschaftlicher Anpassungsdruck und die Haltung der Politik bilden ein Konglomerat, das ein Umdenken verhindert – auf Kosten der körperlichen Unversehrtheit und des Selbstbestimmungsrechts intergeschlechtlicher Menschen.“

Ulrike Klöppel: Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts[78]

Mit diesen Worten leitet Klöppel „für den deutschsprachigen Raum“ ihre medizinhistorischen Betrachtungen zu der Frage ein, wie sich „die medizinische Definitionsmacht über Intersexualität historisch durchsetzen“ konnte. „Zentral dafür war […] die Konstruktion der ‚Geschlechtsidentität‘ als psychischer Entität Mitte des 20. Jahrhunderts.“[78]

Albert Moll, Handbuch der Sexualwissenschaften, Verlag F.C. Vogel, Leipzig 1921, S. 491

Bereits im 16. Jahrhundert habe es die ersten „Versuche der Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts“ gegeben. Klöppel versteht darunter den „selbstproklamierte[n] Anspruch der Ärzte“, nur sie seien befähigt, in zweifelhaften Fällen eine „Geschlechtszuweisung […] vorzunehmen“. Die Zweifelsfälle wären seinerzeit Hermaphroditen genannt worden. Ihre Zuweisung zu einem der beiden eindeutigen Geschlechter sei „eine Frage wissenschaftlicher Wahrheit […], dessen Lösung genaue anatomische Kenntnisse erfordere und folglich in die alleinige Zuständigkeit akademisch geschulter Heilkundiger gehöre“. Dieser Anspruch der Ärzte wäre jedoch „bis ins 19. Jahrhundert hinein“ ohne „praktische Konsequenzen“[79] geblieben und sei möglicherweise der „im deutschsprachigen Raum uneinheitliche[n] Rechtslage“ geschuldet.

„Der Bayerische Codex Maximilianeus Civilis von 1756 schrieb vor: ‚Hermaphroditen werden dem Geschlecht beygezehlt, welches nach Rath und Meinung deren Verständigen vordringt; falls sich aber die Gleichheit hierin bezeigt, sollen sie selbst eines erwählen, und von dem Erwählten sub Poena Falsi (unter Drohung der Strafe für Meineid, U. K.) nicht abweichen.‘“

Ulrike Klöppel: Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts[79]

Daneben habe auch „Paragraf 20 des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten von 1794“ ein „Wahlrecht für erwachsene Hermaphroditen“ vorgesehen – ebenfalls ohne Pflicht, einen Sachverständigen zu befragen. „Nur in rechtlichen Streitfällen war ein Sachverständigenurteil erforderlich“. Über den Beruf der Sachverständigen hätten beide Gesetze jedoch nichts ausgesagt, so dass auch Hebammen „von Gerichten herangezogen werden“ konnten. Diese allerdings wären nach den sogenannten Hebammenordnungen verpflichtet gewesen, „im Falle von ‚Missgeburten‘, zu denen auch Hermaphroditen zählten, einen Arzt hinzuzuziehen“, was in der Praxis aber kaum geschehen sei. So bringt Klöppel den Anspruch der Ärzte, „nur sie seien fähig und befugt, die Geschlechtszuweisung von Hermaphroditen vorzunehmen“ mit dem Versuch in Verbindung, „auf diese Weise ein weiteres Zuständigkeitsfeld gegenüber der Konkurrenz der Hebammen, Barbiere und der nicht akademisch ausgebildeten Chirurgen hinzuzugewinnen“.[79]

Nach der Gründung des Deutschen Reichs im Jahr 1871 habe sich für die Hermaphroditen vieles zu ihrem Nachteil geändert. Das Personenstandsgesetz wurde eingeführt und ihr „Geschlechtswahlrecht“ entfiel. Die Gesetze sahen eine eindeutige Zuordnung zu einem Geschlecht vor, obwohl „führende Wissenschaftler davon aus[gingen], dass es ein Kontinuum der Geschlechter gebe, in welchem die verschiedenen Varianten des Hermaphroditismus die Zwischenstufen verkörperten“. Zu den Vertretern dieser Position habe Rudolf Virchow gehört. Er habe, gemeinsam mit anderen gefordert, „dass der Gesetzgeber eine Lösung für die standesamtliche Registrierung solcher Menschen schaffen müsse“ und das Geschlechtswahlrecht wieder eingeführt werde. Vorstöße einiger Juristen, „die Rechtslage zu ändern, konnten sich nicht durchsetzen“. Das Recht forderte „eine eindeutige Zuweisung, überließ aber der Medizin, die Beurteilungskriterien dafür festzulegen“. So hätten die Ärzte „tatsächlich die Rolle, die sie seit dem 16. Jahrhundert gefordert hatten“ erhalten. Dazu habe auch der Rückgang der Hausgeburten beigetragen. Sie waren um das Jahr 1900 „vorherrschend“ gewesen. „Klinikentbindungen“ stiegen in den folgenden 30 Jahren auf „ungefähr 50 Prozent“ und betrugen 1970 „fast 100 Prozent“.[80]

„Für die tatsächliche Durchsetzung der medizinischen Expertenstellung war […] die Entwicklung ab Mitte des 20. Jahrhunderts entscheidend.“ Intersexualität sei der „nun gängige Terminus“ gewesen. Von der Ärzteschaft in Deutschland wäre beklagt worden, „dass es keine wissenschaftlichen Kriterien für die Geschlechtszuweisung von Intersexuellen“ gebe, weshalb die Mehrzahl vorgeschlagen hätte, „ärztliche Eingriffe am ‚subjektiven‘ Geschlecht zu orientieren“ und „genitalplastische“ Operationen im Kindesalter zu versagen, auch „wenn die Eltern dies wünschten“. Technisch war es inzwischen „kein Problem mehr […], ‚uneindeutige‘ Genitalien chirurgisch und hormonell an die männliche respektive weibliche Norm anzugleichen“. Geschah dies auf Wunsch der Eltern doch, habe sich „scharfe Kritik“ in der Ärzteschaft geregt, obwohl „Genitalplastiken im Kindesalter“ aus anderen Gründen als der Intersexualität „keineswegs grundsätzlich tabu“ gewesen seien. Es war empfohlen, „bei intersexuellen Kindern mit chirurgischen Eingriffen bis mindestens in die Pubertät abzuwarten“ – „bis die seelische Einstellung erkennbar“ wäre.[81]

Anders habe es in Übersee ausgesehen, wo „am Baltimorer Johns Hopkins Hospital in den USA Genitaloperationen an intersexuellen Kindern bereits systematisch durchgeführt“ worden seien. Die operierten Kinder wären von einer „Forschungsgruppe um den Psychologen John Money“ untersucht worden.

„Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich im Babyalter operierte und eindeutig als Mädchen oder Jungen erzogene Personen mit ihrer Geschlechtsrolle identifizierten, ein angepasstes Verhalten und heterosexuelle Orientierung zeigten, und zwar selbst dann, wenn die Zuweisung nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmte. Daraus leitete die Forschungsgruppe die Theorie ab, dass die Psychosexualität durch die Geschlechtszuweisung, die Erziehung und das Körperbild geprägt würden. Eine Einflussnahme sei aber nur in der kritischen Phase der ersten beiden Lebensjahre möglich, danach identifiziere sich das Kind irreversibel als männlich oder weiblich.“

Ulrike Klöppel: Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts[81]

Die Überzeugungen der Mediziner in Deutschland, die „psychosexuelle Entwicklung“ dieser Kinder sei „nicht vorhersagbar“, wären mit diesen Forschungsergebnissen „theoretisch und praktisch infrage gestellt“ worden. Den neuen Erkenntnissen hätten sie sich „nicht auf Dauer widersetzen“ können. Money habe ein theoretisches Modell entwickelt, nachdem die „frühkindliche soziale Prägung“ mit der „pränatale[n] Hormonkonstellation“ interagiere, was „schließlich auch die verbliebenen deutschen Kritiker“ überzeugt habe. In den 1990er Jahren hätten sich dann „Proteste von Organisationen intergeschlechtlicher Menschen“ Gehör verschafft und „eine gewisse Sensibilisierung der Medizin für die Probleme von Genitaloperationen im Kindesalter bewirkt“. Ein „Ende dieser Praxis“ sei aber „noch nicht in Sicht“.[81]

Klöppel schlussfolgert, dass aus dieser Entwicklung, die nicht nur „systematische[…] Genitaloperationen an intersexuellen Kindern“ hervorgebracht habe, sondern auch eine „medizinisch-psychologische[…] Forschung, die darauf zielte, die Einflussfaktoren der psychosexuellen Entwicklung zu isolieren und zu kontrollieren“, sich „im Verlauf des 20. Jahrhunderts“ als „neue psychische Entität“ die Geschlechtsidentität herausgebildet hätte. Sie sei „das Resultat eines Konstruktionsprozesses, der um die Jahrhundertwende mit der Herauslösung des psychosexuellen Empfindens aus der Einheit des biologischen Geschlechts“ begonnen hätte. Seitdem gelte eine „eindeutige und stabile affektive Bindung an den männlichen respektive weiblichen Geschlechtsstatus“ als „Grundbedingung psychischer Gesundheit und sozialer Integration“. Damit werde ein „normatives Skript den Körpern und der Psyche intergeschlechtlicher Menschen autoritär“ eingeschrieben.[82]

Ethische Aspekte

Michael Wunder hat sich ausführlich mit der „Stellungnahme zum Thema Intersexualität“[83] des Deutschen Ethikrates befasst, der „ein intensiver Dialog mit Betroffenen, Selbsthilfegruppen und Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen“ einerseits und einige wissenschaftliche Studien andererseits vorausgegangen sei. Geleitet war Wunder durch sein Anliegen, „das Thema aus der Tabuzone heraus zu holen“ und es „in den Bereich der Normalität zu bringen“.[84]

Die erste Interessenvertretung für Intersexuelle sei 1990 unter dem Namen Intersex Society of North America gegründet worden. Mit einiger zeitlicher Verzögerung seien im „deutschsprachigen Raum“ Selbsthilfegruppen entstanden, im Jahr 2004 der Verein Intersexuelle Menschen und 2010 der Verein Zwischengeschlecht.[Anm. 2] Ihnen wären zahlreiche weitere mit je verschiedenen Schwerpunkten gefolgt, aber einig in ihrer Kritik „an der Einordnung der Intersexualität als Krankheit“.[85]

Der Verein Intersexuelle Menschen[86] habe sich 2008 an den zuständigen Ausschuss der Vereinten Nationen gewandt, über Verstöße gegen die Anti-Diskriminierungskonvention berichtet und Vorschläge zur „Vermeidung und Behebung von Konventionsverstößen“ unterbreitet. Daraufhin hätte der UN-Ausschuss die Bundesregierung aufgefordert, das „internationale[…] Abkommen[…] zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung“ zu überwachen und seine Einhaltung zu gewährleisten. In der Folge habe die Bundesregierung im Jahr 2010 den Deutschen Ethikrat damit beauftragt, sich mit diesem Thema in Abgrenzung zu „Fragen der Transsexualität“ zu befassen, nachdem sich die Interessenvertretungen der Betroffenen bereits zuvor an ihn gewandt hätten, weil sie unter einem „invalidierenden Umfeld“ und einer „zu schnell handelnden und bedrohlich erlebten Medizin“, aber auch unter „gesellschaftlicher Ignoranz und fehlender Unterstützung“ litten.[84]

„Der Doppelauftrag der Regierung, einen Dialog zu führen und eine Stellungnahme zu erarbeiten, hat sich als überaus produktiv und angemessen erwiesen. Der Dialog wurde mit einer umfangreichen Befragung der Betroffenen, an der sich rund 200 Personen beteiligt haben, eingeleitet und mit einer großen öffentlichen Anhörung im Juni 2011 sowie einem moderierten Online-Diskurs weitergeführt. Hieraus haben sich unzählige Anregungen und Informationen, aber auch Kontroversen ergeben, die ebenso wie die Ergebnisse einer systematisierten Befragung von über 40 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus den Bereichen der Medizin, des Rechts, der Psychologie, der Ethik und der Philosophie in die öffentliche Stellungnahme eingingen.“

Michael Wunder: Intersexualität: Leben zwischen den Geschlechtern[85]

Weil der Begriff Intersexualität „weder eindeutig noch unstrittig“ sei und einige Gruppen ihn für sich als diskriminierend ablehnen, habe „der Bericht des Deutschen Ethikrates auf den medizinischen Begriff DSD“ zurück gegriffen, der „nach dem Vorschlag auch deutscher Ethiker und Mediziner als differences of sexual development übersetzt und verstanden werden solle“.[87]

Die „pathologische Sichtweise auf Intersexualität“, die sich in den 1950er Jahren durch die Ergebnisse der Forschungsgruppe um den „amerikanischen Psychologen John Money“ etabliert hätte, sei erst im Jahr 2005 „innerhalb der Medizin revidiert“ worden – auf der Chicago Consensus Conference. Hier habe der „Wandel im Verständnis von Intersexualität“ mit der Forderung nach ethischen „Grundsätze[n] und Empfehlungen bei DSD“ seinen Anfang genommen. Fortan sollten „chirurgische und hormonelle Eingriffe an Kindern mit uneindeutigem Geschlecht […] nur noch unter bestimmten Bedingungen“ und einer „zwingenden medizinischen Indikation“[88] erfolgen. Wann eine solche zu stellen wäre, sei jedoch strittig geblieben. „Wissenschaftliche Langzeitstudien zu den Folgen medizinischer Eingriffe bei Intersexualität fehlen weitgehend“.[89]

Zwei „empirische Studien zur Lebensqualität“ von Intersexuellen hätten dem Ethikrat vorgelegen[90] – die sogenannte Netzwerkstudie und die Hamburger Intersex-Studie[91] –, eine dritte Erhebung führte er selbst durch.[92] „Keine der drei Studien kann für sich den Anspruch der Repräsentativität erheben“, dennoch könnten, „auch mangels anderer Quellen, die Angaben dieser drei Studien wichtige Anhaltspunkte geben“. Etwa 70 bis 80 % „der in diesen drei Studien erfassten DSD-Betroffenen“ wären „chirurgischen Eingriffen unterzogen“ worden, die meisten davon „in einem nicht zustimmungsfähigen Alter“. Die Ergebnisse zur „subjektiv geäußerten Lebensqualität“ seien uneinheitlich, je nachdem, welche Untergruppe in welcher Studie betrachtet würde. Schlüsse hätten aus den Befunden nur mit „aller gebotenen Vorsicht“ gezogen werden können und dies für die verschiedenen Untergruppen je andere.[93]

Die „Forderungen zur Verbesserung der Situation“ durch die Betroffenen weisen eine große Vielfalt auf. Sie würden von „mehr Aufklärung in der Gesellschaft“ über die Einrichtung von „außerklinische[n] Kontakt- und Beratungszentren“ bis zu „finanzielle[n] und strukturelle[n] Hilfen für Selbsthilfegruppen zur Errichtung eines bundesweiten Hilfenetzwerks“ reichen. Aus der Wissenschaft würden „interdisziplinäre Kompetenzzentren zur fachlich bestmöglichen Behandlung der Betroffenen mit mehr Zeit, weniger Entscheidungsdruck und größerer Beachtung der jeweils individuellen Umstände“ gefordert. Sofern gegeben, würden Forderungen für Maßnahmen zur Behebung „mangelhafte[r] Integration und Teilhabe an der Gesellschaft“ erhoben.[94]

„Der Deutsche Ethikrat hat vor dem Hintergrund dieser Befunde eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Untergruppen von DSD vorgenommen und unterscheidet zwischen geschlechtsvereindeutigenden und geschlechtszuordnenden Eingriffen.“[95] Geschlechtszuordnende Operationen „bewertet der Ethikrat als einen Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf Wahrung der geschlechtlichen und sexuellen Identität, über die grundsätzlich nur die Betroffenen selbst“ entscheiden könnten. Insofern solle mit derlei Eingriffen bis zum Erreichen des „entscheidungsfähige[n] Alter[s]“ gewartet werden – sofern nicht „eine schwerwiegende Gefahr für die physische Gesundheit des Kindes“ dem entgegenstehe. Für die „vereindeutigenden Eingriffe“, die der Ethikrat für „weniger gravierend“ hält, schlägt er eine „umfassende Abwägung der medizinischen, psychologischen und psychosozialen Vor- und Nachteile im Sinne des Kindeswohls“ vor und „im Zweifel“, die „Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen“ abzuwarten. Der Ethikrat empfiehlt, „die medizinische Diagnostik und Behandlung von DSD-Betroffenen nur in einem speziell dafür qualifizierten, interdisziplinär zusammengesetzten Kompetenzzentrum von Ärzten, Psychologen, Sozialberatern und anderen Experten vorzunehmen“. Für die Geschlechtszuordnung wird vorgeschlagen, „neben den Alternativen ‚weiblich‘ und ‚männlich‘ nach australischem Vorbild auch die Kategorie ‚anderes‘ einzuführen und für das Personenstandsregister die Möglichkeit eines späteren Eintrages vorzusehen.[95]

Zusammenfassend schlägt Wunder vor, als Ziel anzustreben, dass „Menschen mit DSD“ mit ihrer „Besonderheit und als Teil gesellschaftlicher Vielfalt Respekt und Unterstützung der Gesellschaft erfahren“.[96]

Historische Aspekte

Chevalier d'Éon in Albert Moll, Handbuch der Sexualwissenschaften, Verlag F.C. Vogel, Leipzig 1921, S. 608

Rainer Herrn befasste sich – Transvestitismus und Transsexualität im Fokus – mit der Geschichte des Wunsches nach Verwirklichung eines anderen als des biologischen Geschlechts und ließ dabei prominente Sexualwissenschaftler aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu Wort kommen.[97]

Cross-Dressing – der Wechsel zur Kleidung des anderen Geschlechts – und, oft damit verbunden, der Wechsel des sozialen Geschlechts sind in der europäischen Kulturgeschichte seit Langem bekannt“, weniger allerdings über „die Motive und den sozialen Alltag solcher historischer Personen“. Lange habe es für sie keinen „bezeichnenden Begriff“ gegeben. Sie galten in Deutschland „bis Mitte des 19. Jahrhunderts als Hochstapler und Schwindler, einige wurden gar der Spionage verdächtigt“.[97]

Als Cross-Dressing während des „späten 19. Jahrhunderts in den medizinischen Blick“ geriet, sei „auf tradierte Konzepte der Mischgeschlechtlichkeit zurückgegriffen“ worden, zu denen insbesondere der „Hermaphroditismus“ gezählt habe. Cross-Dressing wäre mit dem „gleichgeschlechtliche[n] sexuelle[n] Begehren der Männer“ in Verbindung gebracht worden, „für das sich im 20. Jahrhundert der Begriff ‚Homosexualität‘ durchsetzte“. Karl Heinrich Ulrichs – soweit bekannt, der erste bekennende Homosexuelle – hätte seit 1864 „emanzipatorische[…] Streitschriften“ gegen die „nach preußischem Recht geltende[…] Strafbarkeit sexueller Handlungen zwischen Männern“ verfasst. Seine Schriften „regten um 1870 zunächst den Berliner Ordinarius und Charité-Psychiater Carl Westphal und zehn Jahre später dessen Grazer Kollegen Richard von Krafft-Ebing zur Begründung der modernen Sexualpathologie an“. Er „stellte die These von der weiblichen Seele im männlichen Körper auf“.[98]

„In der sexualpathologischen Denkrichtung des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts fand eine Koppelung von Cross-Dressing mit gleichgeschlechtlichem Begehren zu einem Gesamtphänomen statt, eben jener ‚conträren Sexualempfindung‘. Diese neue Diagnose umgreift als Sammelbezeichnung ausnahmslos alle von den Geschlechternormen abweichenden Gefühls- und Verhaltensweisen.“

Rainer Herrn: Ver-körperungen des anderen Geschlechts[98]

Ulrichs selbst „lehnte in seinem emanzipatorisch angelegten Konzept […] jede Krankheitszuschreibung ab“. Eine „sexualpathologische Ausdeutung“ sei erst mit der „Rezeption seiner Schriften“ erfolgt.[98]

Mit der Jahrhundertwende sei es zu einer „zunehmenden Verwissenschaftlichung, Popularisierung und Politisierung der Homosexualität“ gekommen. Im Jahr 1897 ist das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee etabliert worden und damit „wurde der Homosexuelle in der Öffentlichkeit ein geläufiger Sozialcharakter“. Mitbegründer dieser Vereinigung war Magnus Hirschfeld, dessen „Forschungen über sexuelle Zwischenstufen“ den Begriff der Zwischenstufentheorie hervorbrachte, der sich seit dem Jahr 1903 durchgesetzt hätte. Er gab das Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen heraus, dessen Ziel es gewesen sei, „über die ganze Fülle mischgeschlechtlicher Formen zu berichten“.[99]

Nicht immer wären Cross-Dresser damit einverstanden gewesen, wenn sie als homosexuell bezeichnet wurden. Sie hätten das Gespräch mit Hirschfeld gesucht, der daraufhin seinen „Entwurf des Transvestitismus“ entwickelt habe, mit dem sie von der Gruppe der Homosexuellen unterschieden wurden. Auch die Homosexuellen suchten Abstand zu den Cross-Dressern und hätten mit ihnen nicht in einer Gruppe zusammengefasst werden wollen. „Das Ziel der Homosexuellenbewegung [war] die Abschaffung des Paragrafen 175 Reichsstrafgesetzbuchs (RStGB).“ Aber auch Personen, „die polizeilich als Transvestiten erkannt wurden, [waren] wegen der ‚Erregung öffentlichen Ärgernisses‘ und somit ‚Störung der öffentlichen Ordnung‘ mit empfindlichen Strafen bedroht“.[99]

In Berlin hätte sich „eine vielfältige Transvestitenkultur mit eigenen Lokalen, Treffpunkten, Organisationen und Zeitschriften entfaltet“ und Hirschfeld habe „gemeinsam mit seinem Kollegen Iwan Bloch um 1910 mit der Polizeibehörde eine Übereinkunft“ ausgehandelt, „nach der von einer Festnahme abgesehen wurde“, sofern ein sogenannter und „ärztlich beglaubigter“ Transvestitenschein vorgelegt werden konnte. Seit dem Jahr 1921 wäre es dann „in einem gutachterlichen Verfahren“ möglich gewesen, „eindeutig auf das Geschlecht verweisende Vornamen durch einen neutralen […] zu ersetzen“, was jedoch einige Abhängigkeit vom „Wohlwollen der Gutachter“, aber auch „vom Verständnis der Polizei und Justiz“ mit sich gebracht hätte.[99]

Zur Zeit des Wirkens von Hirschfeld habe es zwar unter den Transvestiten einige gegeben, „die nicht nur die Kleidung des anderen Geschlechts bevorzugten, sondern sich diesem ganz zugehörig fühlten“. Dennoch würden sich keine Mitteilungen über Wünsche nach geschlechtsanpassenden Operationen finden, zumal „geeignete[…] Techniken“ noch garnicht entwickelt waren.[100] Bald aber, noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sei es zu einer „Bedeutungsaufladung des Geschlechtskörpers“, wie Herrn es nennt, gekommen und sie hätte nicht nur eine „Neudefinition und Aufwertung“ des Körperlichen mit sich gebracht, sondern auch Einfluss auf die „Konstruktion des Selbst“ genommen.

Im Zuge dieser Entwicklungen sei bei jenen, „die sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlten“ der zunehmend drängende Wunsch nach einer auch „physischen Umgestaltung“ des eigenen Körpers entstanden. Tiefes Leid hätte „Einzelne“ dazu veranlasst, „irreversible Umgestaltungen durch invasive Eingriffe – wie sie Kastration und Amputation darstellen – durchzusetzen oder an sich selbst vorzunehmen“. Die „dazu nötigen Techniken wurden in der um 1900 aufkommenden kosmetischen Medizin entwickelt“. Noch allerdings sei es nicht um Anpassung an das erwünschte Geschlecht gegangen, sondern darum, „die Zeichen des Herkunftsgeschlechts zu tilgen“. Zunehmend wären Personen voneinander unterschieden worden, die Cross-Dressing betrieben hätten, von jenen, die sich gänzlich „dem anderen Geschlecht zugehörig“ fühlten. Wissenschaftlicher Protagonist dieser Differenzierung sei der englische Sexualwissenschaftler Havelock Ellis gewesen.[101]

Erste „Versuche operativer Geschlechtsumwandlung“ hätten mit dem Berliner Chirurgen Richard Mühsam begonnen, der 1912 einen „von ihm so bezeichneten weiblichen Transvestiten“ operiert habe und dabei „Brüste und Gebärmutter“ entfernte. Obwohl die „Eingriffe aus heutiger Sicht als erste ärztlich ausgeführte Geschlechtsumwandlung von Frau-zu-Mann gelten dürfen, wurden sie damals nicht als solche betrachtet“. Sieben Jahre später eröffnete Hirschfeld „1919 sein Institut für Sexualwissenschaft“ und „allein im ersten Jahr“ hätten „zwölf Männer um eine Kastration“ gebeten. Bis auf zwei hätten alle anderen von ihrem Wunsch abgebracht werden können.[102]

„Die erste komplett dokumentierte Mann-zu-Frau-Geschlechtsumwandlung erfolgte 1920/1921 bei einem Patienten des Hirschfeld-Instituts“ – durchgeführt an einem „Medizinstudenten, der mit der Pistole in der Hand mit Suizid drohte“. Für Herrn entsprang diese Operation „der individuellen Notlage eines Patienten und medizinischen Omnipotenzphantasien“ der Ärzte. Im Jahr 1931 habe Felix Abraham „in einer ersten medizinischen Veröffentlichung“ über „die Routine der Operationen“ berichtet, die mit „Unterstützung des Instituts für Sexualwissenschaft erfolgten“. Die „bekannteste dieser frühen Geschlechtsumwandlungen“ sei „die des dänischen Malers Einar Wegener“ gewesen.[102]

Nach der „Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933“ wären die „Wünsche nach Geschlechtsumwandlung“ verschwunden, so dass „Karl Bonhoeffer 1941 berichtete“, dass sie ihm „– wie aus der Weimarer Zeit – nicht mehr begegnet seien“. Über das „Schicksal der vor 1933 Operierten liegen keine systematischen Forschungen vor“.[102]

„Erst in den 1950er Jahren setzte in den USA erneut eine medizinische Diskussion über die Geschlechtsumwandlung ein, allerdings nicht mit direkten Bezug auf die deutsche Vorläuferschaft, ohne die sie freilich nicht zu denken ist. Harry Benjamin nahm für sich in Anspruch, den Begriff transsexuality eingeführt zu haben.“

Rainer Herrn: Ver-körperungen des anderen Geschlechts[102]

Bis in die 1960er Jahre habe es gedauert, bis „in beiden deutschen Staaten von ‚Transsexualismus‘, später von ‚Transsexualität‘ gesprochen“ wurde, nachdem „Benjamins Arbeiten“[103] rezipiert worden seien.[102]

Ethnologische Aspekte

„Was einen Mann oder eine Frau ausmacht, ob zwei oder mehr Geschlechter anerkannt werden, inwieweit Körper, Sexualität und soziale Rollen als konstitutiv für Geschlecht gelten – all dies ist vom jeweiligen kulturellen Kontext abhängig und unterliegt Prozessen des kulturellen Wandels. In vielen Gesellschaften, vor allem außerhalb Europas, unterscheiden sich Geschlechterkonstruktionen und auch die Grenzverläufe zwischen den Kategorien ‚Mann‘ und ‚Frau‘ von den uns bekannten Mustern, gibt es temporäre oder auch dauerhafte Alternativen zu geschlechtlicher Eindeutigkeit, die als ‚drittes Geschlecht‘ bekannt wurden.“

Susanne Schröter: Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern[104]

Unter ethnologischer Perspektive beschreibt Schröter diese Grenzverläufe an Beispielen aus Asien, Nordamerika, dem Balkan und Brasilien.

In Indien werden Angehörige „des dritten Geschlechts“ Hijras genannt und sie seien weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Sie werden „als Intersexuelle bezeichnet und mit einer vergangenen göttlichen Ordnung in Verbindung gebracht“. Sie „gelten als mit übernatürlichen Kräfte[n] begabt“ und eine ihrer „vornehmsten Aufgaben“ bestehe darin, „Neugeborene zu segnen“. Dafür würden sie „Familien, in denen gerade ein Kind geboren wurde“, besuchen – mit oder ohne Einladung.[105]

Entgegen dieser „idealisierten Konzeption spirituell begnadeter Intersexueller“ würden „die meisten hijras allerdings nicht mit uneindeutigem, sondern mit eindeutig männlichem Geschlecht geboren“ und es seien „Homosexuelle oder Transsexuelle“. Die „indische Gesellschaft“ würde „sexuelle männliche Devianz nur in dieser Form“ akzeptieren. Sofern es tatsächlich Intersexuelle seien, „gelten sie von Natur aus mit dem Heiligen gezeichnet“. Doch aller „Heiligkeit zum Trotz“ sei ihr Alltag schon immer „durch ein Leben am Rand der Gesellschaft“ geprägt. Da sie von Segnungen allein nicht leben könnten, würden sie „primär als aggressive Bettler und Prostituierte“ arbeiten. Ihre „Gemeinschaften“ würden „organisierten Bordellbetrieben“ gleichen, „in denen Ausbeutungsstrukturen vorherrschen“. Obwohl „der religiöse Hintergrund des Phänomens gern in den Vordergrund gestellt“ werde, sei die „Motivation, hijra zu werden, nur selten religiös begründet“.[105]

Daneben erwähnt Schröter ein „pakistanisch-muslimisches Äquivalent, das khusra genannt“ werde. Auch für dieses Phänomen in Pakistan gebe es Erzählungen, deren „Wahrheitsgehalt“ von Hanya Rais, einer Anthropologin, bestritten werde. Sie reduziere es „auf eine homosexuelle Subkultur“, in der Intersexualität idealisiert werde und „eine eigene Hierarchie“ konstituiere, „an deren Spitze, nach Rais, diejenigen stehen, die sich dem Kastrationsritual unterzogen haben, während khusras, die noch nicht kastriert sind, oder temporäre Homosexuelle (zenanas) als weniger rein gelten“. Khusras seien „häufig Anhänger lokaler Heiligenkulte und praktizieren eine mystisch ausgerichtete Form des Islam“. Sie würden „von der Bevölkerung, mit der sie leben, geachtet“.[105]

„Die Institution der hijras und khusras ist somit kein Zeichen von Liberalismus oder gar der Nicht-Existenz einer rigiden Geschlechterordnung, sondern ein Ventil für diejenigen, die aufgrund ihrer Biologie oder ihres devianten Begehrens aus dem vorgegebenen starren Rahmen herausfallen.“

Susanne Schröter: Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern[105]

In den „indigenen Gesellschaften des nördlichen Amerikas“, so Schröter, sei die „Institution des dritten Geschlechts seit dem 16. Jahrhundert überliefert“. Dafür hatten sich zu verschiedener Zeit unterschiedliche Begriffe durchgesetzt, bis sich aufgrund der Kritik von „indianischen Aktivistinnen und Aktivisten“ Ende des 20. Jahrhunderts „die Bezeichnung two spirit“ durchsetzte. Auch hier gebe es „Mythen, die auf einen idealisierten doppelgeschlechtlichen Zustand verweisen“. Allerdings sei es hier nicht nur um die „sexuelle Präferenz“, sondern auch um eine „generelle ‚Tätigkeitspräferenz‘“ gegangen, denn two spirits strebten auch die „soziale Rolle des anderen Geschlechts an, dessen Position im Arbeitsprozess und in der Familie, in der Politik und im Krieg“. So verstanden habe der Anthropologe Thomas Wesley für die Navajo von „fünf verschiedenen Geschlechterrollen“ gesprochen. Bei den Plains-Indianern wurde eine „Kriegerinnentradition“ der sogenannten manly-hearted women (deutsch: Frauen mit Männerherz) beschrieben, die „anerkannt und hoch geachtet“ waren, „weil sie sich dort bewährt hatten, wo Männer Prestige erwerben“. Auch bei „nordamerikanischen Indianern“ war Homosexualität „verpönt, und sexuelle Kontakte waren nur zwischen Personen erlaubt, die als gegengeschlechtlich identifiziert waren“. Noch heute seien Homosexuelle beiderlei Geschlechts weitgehend mit „Ablehnung und Diskriminierung konfrontiert“.[106]

Wie andere Autoren weist auch Schröter darauf hin, dass die „überwiegende Anzahl aller Phänomene des dritten Geschlechts“ Menschen betreffe, die „als Mann-zu-Frau-Wechsler bezeichnet“ werden könnten. Warum das so ist, wurde bisher wissenschaftlich nicht aufgeklärt. Ihr vorletztes Beispiel „der ‚geschworenen Jungfrauen‘ des südlichen Balkans“ stellt insofern eine Ausnahme dar. Es handele „sich um Personen weiblichen Geschlechts, die einen männlichen Habitus pflegen und in ihrer männlichen Rolle von der Gesellschaft anerkannt werden“.[107]

Geschworene Jungfrauen besitzen einen männlichen Namen, tragen männliche Kleidung, einen männlichen Haarschnitt, rauchen und trinken. Sie gehen ausschließlich ‚männlichen‘ Tätigkeiten wie pflügen, Holz hacken oder Heu machen nach, tragen Waffen und nehmen an Jagden und kriegerischen Handlungen teil. Ihre Verhaltensweisen entsprechen dem albanischen Männlichkeitsstereotyp […].“

Susanne Schröter: Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern[107]

Bei dem Phänomen der geschworenen Jungfrauen gehe es – und darüber bestehe „in der Forschung kein Zweifel“ – nicht um eine „institutionalisierte Nische für weibliche Rebellinnen“, sondern um die „Aufrechterhaltung der patriarchalen heterosexuellen Ordnung in Zeiten des Männermangels“, auch wenn nicht jede Einzelne „das Produkt eines familiären Männermangels“ wäre. In der Regel hätten diese Frauen einen Schwur abgelegt, „niemals zu heiraten oder eine sexuelle Beziehung einzugehen“. Es solle aber „vorgekommen sein, dass ‚geschworene Jungfrauen‘ sich von ihrem Status verabschiedet und geheiratet haben“.[107]

Für Brasilien beschreibt Schröter eine „Besonderheit ‚dritter‘ Geschlechtlichkeit“ mit den dort sogenannten „travestis“. Travesti würden sich in Frauen „verwandeln“, indem sie sich „Östrogene in hoher Dosierung“ zuführen und sich „Silikon in Brüste, Hüften, Oberschenkel und Po“ injizieren – bis zu „20 Liter sollen dabei verwendet werden“. Dabei würde „ein perfekter weiblicher Körper mit männlichen Genitalien“ entstehen. Travestis seien „sehr stolz auf gelungene Ergebnisse“ und stehen „sozial und sexuell […] zwischen den Geschlechtern“. Sie hätten „sexuelle Kontakte, in denen sie aktiv und solche, in denen sie passiv“ wären, aber als „Prostituierte begegnen sie Kunden, die penetriert werden wollen“ und die sie „dafür verachten“. Privat gehen sie Beziehungen „ausschließlich zu ‚wirklichen‘ Männern ein“. Geschlechtsumwandlungen „lehnen sie ab, da sie nicht auf maskuline genitale Lust verzichten wollen“, sie „distanzieren sich bewusst von Transsexuellen und verstehen sich eindeutig als Männer“. Als Prostituierte „gebärden sich travestis alles andere als feminin“. Sie wären „brutal, gewalttätig und haben einen zweifelhaften Ruf als Beischlafräuber“. Insgesamt ergebe sich aus ihrer „Selbstinszenierung“ ein „Bild, das in jeglicher Hinsicht auf einer Kombination weiblicher und männlicher Attribute beruht – eine perfekte intersexuelle Konstruktion“.[108]

Zusammenfassend stellt Schröter fest, „dass Geschlecht und Geschlechtsidentität keineswegs ein universales Muster bildet, das sich biologisch fundieren ließe“.

„In der wissenschaftlichen Debatte wird die Existenz von drei oder mehr Geschlechtern häufig als Indikator für eine liberale Geschlechterordnung definiert, die man der vermeintlich repressiveren Ordnung westlicher Gesellschaften entgegensetzt. Das lässt sich allerdings empirisch nicht bestätigen. Die Existenz des dritten Geschlechts bestätigt vielmehr häufig explizit ein hegemoniales System heterosexueller Zweigeschlechtlichkeit, welches Homosexuelle zwingt, ihr Geschlecht zu wechseln.“

Susanne Schröter: Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern[109]

Internationale Aspekte

Arn Sauer und Jana Mittag versuchen in ihrem Beitrag über Geschlechtsidentität und Menschenrechte „den Weg von Unsichtbarmachung, Ausschluss und Unterdrückung hin zum Sichtbarwerden und zu wertschätzender Anerkennung von geschlechtlicher und körperlicher Vielfalt“ in internationalen Zusammenhängen und unter Berücksichtigung der Menschenrechte „zu beschreiben“. Sauer war während seiner „offiziellen Besuche der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates […] erschüttert über die Wissensdefizite bezüglich der Menschenrechtsbelange von transgender Personen, sogar bei politischen Entscheidungsträgern“.[110] Für eine Definition des Begriffes der geschlechtlichen Identität übernimmt das Autoren-Team jene der Yogyakarta-Prinzipien:

„Unter ‚geschlechtlicher Identität‘ versteht man das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, das mit dem Geschlecht, das der betroffene Mensch bei seiner Geburt hatte, übereinstimmt oder nicht übereinstimmt; dies schließt die Wahrnehmung des eigenen Körpers (darunter auch die freiwillige Veränderung des äußeren körperlichen Erscheinungsbildes oder der Funktionen des Körpers durch medizinische, chirurgische oder andere Eingriffe) sowie andere Ausdrucksformen des Geschlechts, z.B. durch Kleidung, Sprache und Verhaltensweisen, ein.“

Hirschfeld-Eddy-Stiftung: Die Yogyakarta-Prinzipien[10]

Die Yogyakarta-Prinzipien stehen „am Ende einer über 60-jährigen, kontroversen und bis in die jüngste Vergangenheit vorwiegend medizinisch-psychologisch geführten Debatte zur Identitätsbestimmung, die Trans- und Intersexualität nach wie vor pathologisiert“. Sie seien im Jahr 2006 „von einem international besetzten Gremium“ in der Stadt Yogyakarta „entworfen und abgestimmt“ worden und würden bereits bestehende Standards der Menschenrechte zum Thema Geschlechtsidentität zusammenfassen. Von „mindestens fünf Staaten“ sei „bekannt, dass sie ein drittes Geschlecht anerkennen beziehungsweise in Reisepässen als Geschlechtseintrag ein "X" vorsehen“. Es seien dies Indien, Pakistan, Nepal, Australien und Neuseeland. Im Jahr 2010 wäre in der „Generalversammlung des Europarates“ ein Beschluss gefasst worden, der sich „gegen die Diskriminierung auch aufgrund von Geschlechtsidentität“ richtet. „Einen Überblick über nationale Regelungen in mittlerweile 66 Ländern der Welt gibt das weltweite Mapping der Rechts- und Soziallage“ von Menschen mit einem dritten Geschlecht, das von dem Forschungsprojekt Transrespekt versus Transphobie (TvT) online[111] zur Verfügung gestellt wurde.[112]

Trotz einer „sich allmählich verbessernden internationalen Menschenrechtslage“ wären viele Menschen, die sich einem dritten Geschlecht zugehörig fühlen, „nach wie vor Ziel von Diskriminierung und Gewalt bis hin zu Kapitalverbrechen“. Ihre „juristische sowie medizinische“ Lage sei in „den meisten Ländern dieser Welt“ problematisch. Es würden sich „hohe Behandlungskosten“ und „vorgeschriebene Operationen“ finden – das „niederländische Transsexuellengesetz schreibt“ beispielsweise „die Sterilität nach wie vor zwingend vor“. Die „medizinischen Diagnosen Transsexualität und Intersexualität“ würden einerseits zu Stigmatisierungen führen, andererseits aber „in manchen Ländern die Basis für die Kostenerstattung medizinischer Maßnahmen“ bilden. Solche aber „gibt es nur in wenigen Ländern“, „Qualitätsstandards für Operationen existieren häufig nicht“. Wenn keine „gesundheitliche Betreuung existiert“, würde nicht selten zur Selbstbehandlung gegriffen, „mit oft gravierenden gesundheitlichen Schäden bis hin zur Todesfolge“.[113]

Trotz mancher Gemeinsamkeiten gebe es auch zahlreiche Unterschiede. So würden beispielsweise Transsexuelle in vielen Ländern „unter der Verweigerung gewollter medizinischer Behandlung“ leiden, während Intersexuelle nicht selten „durch Zwangsbehandlungen traumatisiert“ würden, die oft „im nicht-einwilligungsfähigen Alter ohne tatsächliche medizinische Notwendigkeit“ durchgeführt und meist „als weiblich angelegt“ würden. „Die meisten Neo-Genitale weisen – entgegen medizinischer Machbarkeitsversprechen – keine oder keine ausgeprägte Sensibilität auf, Unfruchtbarkeit ist oft eine weitere Konsequenz“. Eine „unkritische Einführung […] westlicher medizinischer Standards“ gefährde zudem in den „wenigen noch vorhandenen vorkolonialen Gesellschaften“ existierende Strukturen, in denen Betroffene „geschützt leben können“.[113]

Für den Personenstand und ihre rechtliche Lage hätten sich in den meisten Ländern ihrer jeweils unterschiedlichen kulturellen Besonderheiten entsprechend verschiedene Regelungen und gesetzliche Grundlagen entwickelt. „Verfahren für die Geschlechtseintragung und Vornamensänderung“ seien oft, „wenn überhaupt vorhanden, langwierig und bürokratisch“. In 30 von 61 daraufhin untersuchten Ländern wären „Änderungen möglich“, wenn auch an verschiedene „Bedingungen geknüpft“. In der Regel würde die Vorlage psychiatrischer Gutachten gefordert.[113]

In vielen Ländern würden die „Bedürfnisse“ von Menschen mit einem dritten Geschlecht in der „Öffentlichkeit und auch der Politik“ kaum wahrgenommen, „Informationsangebote“ seien selten und häufig würden „verschiedene Geschlechtidentitäten und sexuelle Orientierungen“ ohne Hinweis auf die unterschiedliche Bedeutung „mit Homosexualität gleichgesetzt“. Die aber sei „in einer Vielzahl von afrikanischen und islamisch geprägten Staaten kriminalisiert, die Strafen gehen bis hin zur Todesstrafe“. Es sei „ein besorgniserregender Trend zur Kriminalisierung […] zu beobachten“.[113]

Die sozioökonomische Situation für Menschen, die sich einem dritten Geschlecht zugehörig fühlen, wäre oft durch „Armut und Arbeitslosigkeit“ geprägt und stelle „überall auf der Welt eine elementare Sorge dar“. Von ihnen würden „viele“ als Prostituierte tätig oder übernähmen Tätigkeiten „in anderen illegalen oder gefährlichen Untergrundökonomien“. In manchen Ländern hätten sich Nischen entwickelt, die ihre materiellen Bedingungen jedoch nicht wesentlich verbesserten.

Aufgrund von sogenannter Trans- oder Homophobie fehle es nicht nur an Respekt, sondern es bleibe für Menschen „mit nicht geschlechtskonforme[m] Auftreten“ nicht nur bei Diskriminierung. In vielen Ländern seien sie erheblicher Gewalt ausgesetzt, „zum Teil von den eigenen Familien“, in manchen Ländern würden „Folter und Mord“ drohen. So wären von 2008 „bis März 2012 weltweit in 55 Ländern insgesamt 816 Morde […] mit steigenden Fahlzahlen dokumentiert“.[113][114] Selten nur „finden sich öffentliche Fürsprecher, die sich für den Schutz der Menschenrechte […] einsetzen“. Doch es gebe Ausnahmen. So fänden sich „Positivbeispiele“ unter anderem „im pazifischen Raum“.[113]

Noch gebe es für Menschen mit Trans- und Intersexualität keinen umfassenden „Menschenrechtsschutz“ und noch würden für sie weltweit zahlreiche „Menschenrechtsverletzungen“ festgestellt. Sie „haben ähnliche aber auch unterschiedliche Probleme“, die nicht immer berücksichtigt würden. Es „existiert beispielsweise keine empirische Forschung zu den Lebens- und Diskriminierungslagen“ von Intersexuellen „und nur wenig“ zu Transsexuellen. Die noch „jungen Emanzipationsbewegungen“ der beiden Gruppen kämpften „manchmal zusammen – manchmal getrennt“ um „Entpathologisierung, Entstigmatisierung und als oberstes Primat [um] die Selbstbestimmungsrechte ihrer Mitglieder“.[115]

Störungen der Geschlechtsidentität

Wenn sich die einschlägige Fachliteratur mit sexuellen Identitätsstörungen befasst, wird nicht immer kenntlich gemacht, genau welcher Bedeutung die verwendeten Begriffe zugewiesen werden. Viele der in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe tauchen weder im ICD-10, noch im Vokabular der Psychoanalyse von Laplanche und Pontalis auf.[116] Auch andere Fach-Wörterbücher kennen nur einige wenige der verwendeten Begriffe. Es gibt keine Definition, auf die man sich in den Bezugswissenschaften wie Psychologie, Soziologie oder Sexualwissenschaft geeinigt hätte. Hinzu kommt, dass in Fachkreisen zwar nach wie vor keine Zweifel daran bestehen, dass es krankheitswertige Störungen der Geschlechtsidentität geben kann, doch seit das Thema Transgender in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird, haben sich die damit verbundenen Inhalte verändert. Auch ist die Diagnose der früher sogenannten Geschlechtsidentitätsstörung aus dem einschlägigen Diagnosemanual DSM bereits entfernt worden. Im ICD ist sie in der derzeit noch gültigen Version 10 jedoch noch enthalten.[117] Im DSM-5 ist den krankhaften Störungen der Geschlechtsidentität der Begriff Geschlechtsdysphorie zugeordnet worden.

Themenartikel zur Geschlechtsidentität

George Catlin (1796-1872), Dance to the Berdache

Fachartikel (Auswahl)

Philosophisches (Auswahl)

Filme (Auswahl)

Kunst

Literatur

Anmerkungen

  1. Dazu gehört beispielsweise die Berufsrolle, die ebenso identitätsstiftend sein kann, wie die Rolle als Elternteil und viele andere mehr, denen jeweils auf eine andere Weise und mit verschiedenen Mitteln Ausdruck verliehen wird.
  2. Von Wunder unerwähnt: 1993 wurde in Deutschland der Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie (VLSP) gegründet und 2003 in Kanada die Organization Intersex International.

Einzelnachweise

  1. Hartmut A. G. Bosinski: Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit. In: Sexuologie. Band 7, Nr. 2/3, 2000, ISSN 0944-7105, S. 130 (sexualmedizin-kiel.info [PDF; 298 kB; abgerufen am 9. Juni 2017]).
  2. a b c Bosinski 2000, S. 100
  3. a b Hartmut A. G. Bosinski: Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit. In: Sexuologie. Band 7, Nr. 2/3, 2000, ISSN 0944-7105, S. 96 (sexualmedizin-kiel.info [PDF; 298 kB; abgerufen am 8. Juni 2017]).
  4. Volkmar Sigusch: Sexuelle Welten. Zwischenrufe eines Sexualforschers. Psychosozial, Gießen 2005, ISBN 3-89806-482-4, S. 97.
  5. Bosinski 2000, S. 108
  6. Hartmut A. G. Bosinski: Determinanten der Geschlechtsidentität. Neue Befunde zu einem alten Streit. In: Sexuologie. Band 7, Nr. 2/3, 2000, ISSN 0944-7105, S. 108 (sexualmedizin-kiel.info [PDF; 298 kB; abgerufen am 9. Juni 2017]).
  7. a b Bosinski 2000, S. 109
  8. Je einen Überblick über die Forschungsergebnisse zur Frage männlich aggressiven Verhaltens geben
    • G.P. Knight, R.A. Fabes, D.A. Higgins: Concerns about drawing causal inferences from meta-analyses: An example in the study of gender differences in aggression. In: Psychol Bull. Band 119, Nr. 3, 1996, S. 410–421, PMID 8668746 (englisch).
    • B.A. Bettencourt, N. Miller: Gender differences in aggression as a function of provocation: A meta-analysis. In: Psychol Bull. Band 119, Nr. 3, 1996, S. 422–447, PMID 8668747 (englisch).
  9. E. Schorsch, G. Galedary, A. Haag, M. Hauch, H. Lohse: Perversion als Straftat. Dynamik und Psychotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo 1985, ISBN 978-3-540-12468-9.
  10. a b Renate H. Rampf, Rochus Wolff (Red.): Die Yogyakarta-Prinzipien. Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität. Hirschfeld-Eddy-Stiftung, 2008, ISSN 1865-6056, S. 11, Fußnote 2.
  11. Bosinski 2000, S. 97
  12. Jessica Benjamin: Phantasie und Geschlecht. Studien über Idealisierung, Anerkennung und Differenz. Stroemfeld, Basel 1993, ISBN 3-86109-101-1, S. 16 ff.
  13. Benjamin 1993, S. 16
  14. Benjamin 1993, S. 16/17
  15. E. S. Person, L. Ovesay: Psychoanalytic Theories of Gender Identity. In: Journal of the American Academy of Psychoanalysis. Band 11, 1983, ISSN 1546-0371, S. 203–226.
    zitiert nach Benjamin 1993, S. 17
  16. Karl König: Die Fixierung in der Dyade (= P. Buchheim, M. Cierpka, Th. Seifert [Hrsg.]: Lindauer Texte. Texte zur psychotherapeutischen Fort- und Weiterbildung. Konflikte in der Triade. Spielregeln in der Psychotherapie. Weiterbildungsforschung und Evaluation). Springer, Berlin, Heidelberg 1995, ISBN 978-3-540-59161-0, S. 39–50.
  17. a b Benjamin 1993, S. 18
  18. a b Benjamin 1993, S. 19
  19. Karen Horney: Die Psychologie der Frau. 3., unveränd. Auflage. Dietmar Klotz, Eschborn bei Frankfurt, M. 2007, ISBN 978-3-88074-488-2 (Originaltitel: Die Psychologie der Frau. 1922.).
  20. Benjamin 1993, S. 20
  21. Bosinski 2000, S. 114
  22. a b c Bosinski 2000, S. 115
  23. Bosinski 2000, S. 131
  24. Bosinski 2000, S. 132
  25. Mahrokh Charlier: Geschlechtsspezifische Entwicklung in patriarchalischislamischen Gesellschaften und deren Auswirkung auf den Migrationsprozeß. In: Psyche. Band 60, 2006, ISSN 0033-2623, S. 97–117.
  26. a b Bosinski 2000, S. 112
  27. Um sich einen Überblick zu verschaffen, schlägt Bosinski (auf S. 112) verschiedene Veröffentlichungen vor, darunter:
    • Eleanor E. Maccoby: The two sexes. Growing up apart, coming together. In: Havard University Press. Cambridge 1998, ISBN 978-0-674-91482-7 (englisch).
    • D.N. Ruble, C.L. Martin: Gender Development. In: William Damon (Hrsg.): Handbook of child psychology. 6. Auflage. Band 3. Wiley, New York 2006, ISBN 978-0-471-27290-8, Social, emotional, and personality development, S. 933–1016 (englisch).
  28. Bosinski 2000, S. 104
  29. Bosinski 2000, S. 118
  30. Bosinski 2000, S. 113
  31. Volkmar Sigusch: Sexuelle Welten. Zwischenrufe eines Sexualforschers. Psychosozial, Gießen 2005, ISBN 3-89806-482-4, S. 67.
  32. a b c d e f Hertha Richter-Appelt: Geschlechtsidentität und -dysphorie. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, S. 1, abgerufen am 8. Mai 2017.
  33. Transsexualität. Mit dem falschen Geschlecht geboren. In: Nano. 3sat, abgerufen am 14. Juni 2017 (Für die Gruppe der Transgender): „Einer von 12.000 Männern wünscht sich eine Frau zu sein, obwohl sein biologisches Geschlecht männlich ist. Bei Frauen ist Transsexualität seltener, etwa eine von 30.000 biologischen Frauen wäre gerne ein Mann.“
  34. Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 4. Mai 2017.
  35. a b Anne Seibring: Geschlechtsidentität. Editorial. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017.
  36. Laura Adamietz: Geschlechtsidentität im deutschen Recht. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Eine ‚Geschlechtsidentität‘ haben alle Menschen, diese wird aber nur dann thematisiert, wenn sie von der Norm abweicht. Zwei große Fragestellungen der Geschlechtsidentität fordern das Rechtssystem heraus: Transgender und Intersex.“
  37. Carolin Küppers: Soziologische Dimensionen von Geschlecht. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Die Einteilung in zwei eindeutig voneinander zu unterscheidende Geschlechter strukturiert unseren Alltag. Sie erscheint als ‚natürliche‘ und selbstverständliche Tatsache, stellt sich aber aus soziologischer Perspektive sehr viel komplexer dar.“
  38. Eckart Voland, Johannes Johow: Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Die Unterteilung in ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ hat ihre Berechtigung, wie die Evolutionsgeschichte zeigt. Die Faktoren für die individuelle Entwicklung – ‚Anlagen‘ und ‚Umwelt‘ – lassen sich nicht unabhängig voneinander betrachten.“
  39. Hertha Richter-Appelt: Geschlechtsidentität und -dysphorie. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Geschlechtsidentität wird thematisiert, wenn Unsicherheit auftritt, etwa bei Inter- oder Transsexualität. Im Gegensatz zur früheren Anlage-Umwelt-Gegenüberstellung wird mittlerweile von einer multifaktoriellen Determinierung der Identität ausgegangen.“
  40. Ulrike Klöppel: Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Wie konnte sich die medizinische Definitionsmacht über Intersexualität historisch durchsetzen? Zentral dafür war, so die These des Beitrags, die Konstruktion der ‚Geschlechtsidentität‘ als psychischer Entität Mitte des 20. Jahrhunderts.“
  41. Michael Wunder: Intersexualität: Leben zwischen den Geschlechtern. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Der Deutsche Ethikrat hat eine Stellungnahme zum Thema Intersexualität vorgelegt. Vorausgegangen war ein intensiver Dialog mit Betroffenen, Selbsthilfegruppen und Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen.“
  42. Rainer Herrn: Ver-körperungen des anderen Geschlechts – Transvestitismus und Transsexualität historisch betrachtet. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Der Wechsel zur Kleidung des anderen Geschlechts und, oft damit verbunden, der Wechsel des sozialen Geschlechts sind in der europäischen Geschichte seit Langem bekannt, gerieten aber erst im späten 19. Jahrhundert in den medizinischen Blick.“
  43. Susanne Schröter: Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern aus ethnologischer Perspektive. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Ob zwei oder mehr Geschlechter anerkannt werden, ist vom jeweiligen kulturellen Kontext abhängig. In vielen Gesellschaften, vor allem außerhalb Europas, unterscheiden sich Geschlechterkonstruktionen von den uns bekannten Mustern.“
  44. Arn Sauer, Jana Mittag: Geschlechtsidentität und Menschenrechte im internationalen Kontext. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 10. April 2017: „Im internationalen Menschenrechtsschutz hat sich Vieles zum Positiven entwickelt. Zugleich aber lässt die geschlechtliche Vielfalt und Randständigkeit von Trans* und Inter* sie weiterhin zum Ziel von Diskriminierung und Gewalt werden.“
  45. Carolin Küppers: Soziologische Dimensionen von Geschlecht. In: Geschlechtsidentität. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, S. 6, abgerufen am 5. Mai 2017.
  46. Küppers 2012, S. 1
  47. Paula-Irene Villa: Der große kleine Unterschied. Einführung in die sozialwissenschaftliche Geschlechterforschung. 28. April 2009, abgerufen am 5. Mai 2017.
    zit. nach Küppers 2012, S. 2
  48. Kerrin Christiansen: Biologische Grundlagen der Geschlechterdifferenz. In: Ursula Pasero, Frederike Braun (Hrsg.): Konstruktion von Geschlecht. Centaurus-Verl.-Ges., Pfaffenweiler 1995, ISBN 978-3-8255-0016-0, S. 13–28.
    zit. nach Küppers 2012, S. 2
  49. Küppers 2012, S. 2
  50. Sigrid Schmitz: Wie kommt das Geschlecht ins Gehirn? Über den Geschlechterdeterminismus in der Hirnforschung und Ansätze zu seiner Dekonstruktion. In: Forum Wissenschaft. 20. Mai 2005, abgerufen am 5. Mai 2017.
    zit. nach Küppers 2012
  51. Donna Haraway: Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen. Campus-Verl., Frankfurt/M., New York 1995, ISBN 978-3-593-35241-1.
    zit. nach Küppers 2012, S. 2
  52. Küppers 2012, S. 3
  53. Küppers 2012, S. 4
  54. Gitta Mühlen–Achs: Geschlecht bewusst gemacht. Körpersprachliche Inszenierungen. Ein Bilder- und Arbeitsbuch. Frauenoffensive, München 1998, ISBN 978-3-88104-308-3, S. 21. zit. nach Küppers 2012, S. 1
  55. Küppers 2012, S. 5
  56. a b Eckart Voland, Johannes Johow: Geschlecht und Geschlechterrolle: Soziobiologische Aspekte. In: Geschlechtsidentität. Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, S. 5, abgerufen am 7. Mai 2017.
  57. Voland und Johow verweisen in diesem Zusammenhang auf
  58. a b Voland & Johow 2012, S. 4
  59. a b Voland & Johow 2012, S. 1
  60. Lise Eliot: The Trouble with Sex Differences. In: Neuron. Band 72, 2011, S. 895–898, doi:10.1016/j.neuron.2011.12.001.
  61. a b c d Voland & Johow 2012, S. 2
  62. Richard Dawkins: Das egoistische Gen. 2., unveränd. Auflage. Springer, Berlin, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-642-55391-2.
  63. a b Voland & Johow 2012, S. 3
  64. Leonart Sax: How common is intersex? A reply to Fausto-Sterling. In: Journal of Sex Research. Band 39, Nr. 3, 2002, ISSN 0022-4499, S. 174–178.
  65. Adolf Heschl: Das intelligente Genom. Über die Entstehung des menschlichen Geistes durch Mutation und Selektion. Springer, Berlin, Heidelberg, Singapur, Tokio, New York, Barcelona, Budapest, Hongkong, London, Mailand, Paris, Santa Clara 1998, ISBN 978-3-540-64202-2.
  66. Geschlechtsidentität. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 2012, abgerufen am 10. April 2017.
  67. Laura Adamietz: Geschlechtsidentität im deutschen Recht. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, abgerufen am 29. Juni 2017.
  68. a b c Adamietz 2012, S. 2
  69. Adamietz 2012, S. 3
  70. Adamietz 2012, S. 4
  71. Adamietz 2012, S. 5
  72. Adamietz 2012, S. 6
  73. Hertha Richter-Appelt: Intersexualität – Störungen der Geschlechtsentwicklung. In: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. Band 50, Nr. 1, 2007, S. 52–61.
  74. Richter-Appelt 2012, S. 2
  75. a b Richter-Appelt 2012, S. 3
  76. Richter-Appelt 2012, S. 4
  77. Richter-Appelt 2012, S. 5
  78. a b Ulrike Klöppel: Medikalisierung ‚uneindeutigen‘ Geschlechts. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, S. 1, abgerufen am 10. Mai 2017.
  79. a b c Klöppel 2012, S. 2
  80. Klöppel 2012, S. 3
  81. a b c Klöppel 2012, S. 4
  82. Klöppel 2012, S. 5
  83. Intersexualität im Diskurs. Deutscher Ethikrat, 19. April 2012, abgerufen am 11. Mai 2017.
  84. a b Michael Wunder: Intersexualität: Leben zwischen den Geschlechtern. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Geschlechtsidentität. Bundeszentrale für politische Bildung, 8. Mai 2012, S. 1, abgerufen am 12. Mai 2017.
  85. a b Wunder 2012, S. 2
  86. Intersexuelle Menschen e.V. Abgerufen am 26. Juni 2017.
  87. Wunder 2012, S. 3
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