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Fußball-Europameisterschaft 2004

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Portugiesische Fans

Die Fußball-Europameisterschaft 2004 (UEFA EURO 2004) fand vom 12. Juni bis 4. Juli 2004 in Portugal statt. Am Turnier nahmen sechzehn Länder teil. Der Gewinner wurde in 31 Spielen ermittelt. Der Europameister 2004 ist Griechenland.

Portugal hatte die Austragung der EM im Jahre 1999 in Aachen von der UEFA zugesprochen bekommen. Das Land hatte sich dabei unter anderem gegen Spanien und Österreich/Ungarn durchgesetzt. Portugal hatte Spanien die gemeinsame Austragung des Turniers angeboten, die Spanier hatten jedoch in der Hoffnung auf den Zuschlag für eine eigenständige Ausrichtung abgelehnt.

Zum ersten und einzigen Mal während einer Fußball-Europameisterschaft galt die Silver-Goal-Regel. Das unpopuläre Golden Goal bewegte die UEFA in der Saison 2002 dazu, die Regel zu modifizieren. Aus dem Golden Goal wurde das so genannte Silver Goal: Das Spiel wird nur bei Führung eines Teams nach einer ganzen Verlängerungshalbzeit entschieden. Nach der EM wurde auch diese Regel abgeschafft. Zukünftig werden Verlängerungen wieder nach altem Modus ausgespielt (siehe auch: Übersicht zum Regelwerk).

Griechenland wird, als Sieger der Europameisterschaft 2004, im Jahr 2005 am Konföderationen-Pokal in Deutschland teilnehmen.

Austragungsorte der Europameisterschaft

Austragungsorte der EM2004
  • Aveiro im neu errichteten Municipal-Stadion, das 30.000 Zuschauer fasst. Das Stadion ist Heimstätte des Fußballklubs SC Beira Mar und war Austragungsort zweier Gruppenspiele.
  • Braga im Municipal-Stadion des Fußballklubs SC Braga. Das Stadion, in dem zwei der Gruppenspiele stattfanden, wurde neu erbaut und besitzt eine Kapazität von 30.000 Sitzplätzen.
  • Coimbra im Cidade-Stadion. In dem für die EM sanierten und modernisierten Stadion für 30.000 Zuschauer wurden zwei Gruppenspiele ausgerichtet. Heimatklub ist Academica Coimbra.
  • Faro-Loulé im neu gebauten, 30.000 Zuschauer fassenden Algarve-Stadion. Die Spielstätte war Austragungsort zweier Gruppenspiele und einem Viertelfinalspiel. Die Heimatklubs sind Farense und Olhanense.
  • Guimarães im Dom-Alfonso-Henriques-Stadion - Heimstätte des Fußballklubs Vitoria Guimarães. Das Stadion hat Platz für 30.000 Zuschauer und wurde für die EM mit viel Aufwand neu gestaltet. Im Stadion von Guimarães fanden zwei Gruppenspiele statt.
  • Leiria im Dr. Magalhães Pessoa-Stadion des Fußballklubs UD Leiria. Das renovierte und erweiterte Stadion für 30.000 Zuschauer war Austragungsort zweier Gruppenspiele.
  • Lissabon im José-Alvalade-Stadion des Fußballklubs Sporting Lissabon und im Stadion des Lichts (Luz-Stadion) - Heimstätte von Benfica Lissabon. Im José-Alvalade-Stadion, das im Vorfeld der EM errichtet wurde und Platz für 52.000 Zuschauer bietet, wurden drei Gruppenspiele, ein Viertelfinale und ein Halbfinale ausgetragen. Das ebenfalls neu entstandene Stadion des Lichts war das größte Stadion - mit einer Kapazität von 65.000 Sitzplätzen - dieser Meisterschaft. Hier wurden drei Gruppenspiele, ein Viertelfinalspiel und das Endspiel ausgerichtet.
  • Porto im Drachen-Stadion - Heimstätte des FC Porto - und im Bessa-Stadion - Heimat von Boavista Porto. Das Drachen-Stadion, in dem die Eröffnungspartie, zwei weitere Gruppenspiele, eine Viertelfinal- und ein Halbfinalbegegnung stattfanden, wurde neu erbaut und bietet Platz für 50.000 Zuschauer. Im Bessa-Stadion wurden drei Gruppenspiele ausgetragen. Nach Modernisierung und Vergrößerung bietet es 30.000 Zuschauern Platz.

Teilnehmer

Die Qualifikation für die Europameisterschaft 2004 fand in zehn Gruppen statt, in denen jeweils fünf Mannschaften spielten. Die Gruppensieger qualifizierten sich automatisch für die Endrunde. Unter den Gruppenzweiten wurden fünf Relegationsspiele ausgetragen, deren Sieger ebenfalls - neben Gastgeber Portugal - die Endrunde erreichten.

Bei der Auslosung für die Europameisterschaftsendrunde am 29. November 2003 in Lissabon wurden die sechzehn Mannschaften entsprechend ihren Ergebnissen bei den Qualifikationen für die WM 2002 und die EM 2004 in vier Lostöpfe eingeteilt. Mannschaften aus den gleichen Lostöpfen konnten in der Vorrunde nicht aufeinander treffen. Lostopf A bestand aus Frankreich, Portugal (als Gruppenkopf in Gruppe A gesetzt) Schweden und Tschechien. In Topf B fanden sich England, Spanien, Italien und Deutschland wieder. In Lostopf C befanden sich die Niederlande, Kroatien, Dänemark und Russland und in Lostopf D Bulgarien, Schweiz, Griechenland und Lettland. Die Auslosung ergab folgende Gruppeneinteilung:

Gruppe A Gruppe B Gruppe C Gruppe D
Portugal Portugal England England Italien Italien Deutschland Deutschland
Spanien Spanien Frankreich Frankreich Schweden Schweden Niederlande Niederlande
Russland Russland Kroatien Kroatien Dänemark Dänemark Tschechien Tschechien
Griechenland Griechenland Schweiz Schweiz Bulgarien Bulgarien Lettland Lettland

Spiele der Vorrunde

Gruppe A

Tabelle Gruppe A
Platz Team Sp. Gew. Unent. Verl. Tore Pkt.
1 Portugal Portugal 3 2 0 1 4:2 6
2 Griechenland Griechenland 3 1 1 1 4:4 4
3 Spanien Spanien 3 1 1 1 2:2 4
4 Russland Russland 3 1 0 2 2:4 3
12. Juni 2004
Portugal Portugal - Griechenland Griechenland 1:2 (0:1)
Spanien Spanien - Russland Russland 1:0 (0:0)
16. Juni 2004
Griechenland Griechenland - Spanien Spanien 1:1 (0:1)
Russland Russland - Portugal Portugal 0:2 (0:1)
20. Juni 2004
Spanien Spanien - Portugal Portugal 0:1 (0:0)
Russland Russland - Griechenland Griechenland 2:1 (2:1)

Portugal konnte erst im letzten Spiel mit dem 1:0 gegen Spanien zeigen, dass es zu den Turnier-Favoriten gehörte. Nach der überraschenden Niederlage gegen Griechenland war die Mannschaft von Luis Felipe Scolari schon früh unter Zugzwang geraten. Nach dem Pflichtsieg gegen Russland musste der Sieg gegen Spanien erreicht werden, was in einem spannungsgeladenen Gruppenendspiel auch gelang.
Griechenland überraschte bereits in der Vorrunde. Der sensationelle Sieg gegen Gastgeber Portugal war keine Eintagsfliege, wie das unerwartete Unentschieden gegen Spanien bewies. Doch nach der Niederlage gegen das bereits ausgeschiedene Russland, die nur knapp zum Viertelfinaleinzug reichte, ging die Fachwelt davon aus, dass spätestens gegen Europameister Frankreich das Turnier-Aus kommen würde.
Spanien bestätigte seinen Ruf, alles andere als eine Turniermannschaft zu sein. Nach dem knappen Sieg gegen Russland und dem Unentschieden gegen Griechenland hätte ein Unentschieden gegen Portugal zum Weiterkommen genügt. Doch das 0:1 gegen den kleineren Nachbarn führte zum Aus, weil Griechenland nicht mit mehr als einem Tor Unterschied gegen Russland verlor.
Russland schied unerwartet klar schon nach dem zweiten Spiel aus. Die Niederlagen gegen Spanien und Portugal führten dazu, dass auch der Sieg gegen Griechenland im letzten Gruppenspiel nutzlos war.


Gruppe B

Tabelle Gruppe B
Platz Team Sp. Gew. Unent. Verl. Tore Pkt.
1 Frankreich Frankreich 3 2 1 0 7:4 7
2 England England 3 2 0 1 8:4 6
3 Kroatien Kroatien 3 0 2 1 4:6 2
4 Schweiz Schweiz 3 0 1 2 1:6 1
13. Juni 2004
Schweiz Schweiz - Kroatien Kroatien 0:0
Frankreich Frankreich - England England 2:1 (0:1)
17. Juni 2004
England England - Schweiz Schweiz 3:0 (1:0)
Kroatien Kroatien - Frankreich Frankreich 2:2 (0:1)
21. Juni 2004
Kroatien Kroatien - England England 2:4 (1:2)
Schweiz Schweiz - Frankreich Frankreich 1:3 (1:1)

Frankreich erreichte das Viertelfinale ohne Niederlage, überzeugte dabei aber nicht. Dem späten Auftaktsieg gegen England folgte ein schwaches Unentschieden gegen Kroatien, wodurch der vorzeitige Viertelfinaleinzug verpasst wurde. Zwar konnte Frankreich im letzten Spiel gegen Schweiz diese Pflichtübung nachholen, doch Frankreich zählte nicht mehr zu den Topfavoriten im Turnier.
England erholte sich schnell von dem durch das sehr unglücklich verlorene Eröffnungsspiel gegen Frankreich erlittenen Schock, bei dem David Beckham seinen ersten Elfer bei dieser EM verschoss. Ein klarer Sieg gegen die Schweiz und ein trotz 0:1-Rückstand am Ende deutlicher Sieg gegen Kroatien ermöglichte das Weiterkommen. Wayne Rooneys Stern ging in der Vorrunde auf.
Für Kroatien war es schon nach dem ersten Gruppenspiel sehr schwierig geworden, den Viertelfinaleinzug zu schaffen. Da man davon ausgehen musste, dass gegen Frankreich und England nicht nur Siege erzielt werden konnten, war ein Erfolg im Spiel gegen die Schweiz Pflicht. Doch das Spiel endete nur unentschieden. Kroatien zeigte mit dem 2:2 gegen Frankreich zwar, dass es mit den großen Fußballnationen mithalten kann, musste aber nach dem letztendlich klaren 2:4 gegen England nach der Vorrunde die Heimreise antreten.
Die Schweiz war als klarer Außenseiter in die Gruppe B gegangen und hatte nach dem Unentschieden gegen Kroatien keine großen Chancen mehr auf das Weiterkommen. Obwohl auch nach der klaren Niederlage gegen England ein Viertelfinaleinzug noch theoretisch möglich war, konnte die Schweizer Mannschaft gegen Frankreich nicht über sich hinaus wachsen und schied aus.


Gruppe C

Tabelle Gruppe C
Platz Team Sp. Gew. Unent. Verl. Tore Pkt.
1 Schweden Schweden 3 1 2 0 8:3 5
2 Dänemark Dänemark 3 1 2 0 4:2 5
3 Italien Italien 3 1 2 0 3:2 5
4 Bulgarien Bulgarien 3 0 0 3 1:9 0
14. Juni 2004
Dänemark Dänemark - Italien Italien 0:0
Schweden Schweden - Bulgarien Bulgarien 5:0 (1:0)
18. Juni 2004
Bulgarien Bulgarien - Dänemark Dänemark 0:2 (0:1)
Italien Italien - Schweden Schweden 1:1 (1:0)
22. Juni 2004
Italien Italien - Bulgarien Bulgarien 2:1 (0:1)
Dänemark Dänemark - Schweden Schweden 2:2 (1:0)

Schweden erreichte mit dem 5:0 gegen Bulgarien einen sehr guten Turniereinstand. Das erkämpfte Unentschieden gegen Italien und das glückliche 2:2 gegen Dänemark reichte dank der guten Tordifferenz zum Weiterkommen sogar als Gruppenerster.
Dänemark hatte einen guten Start ins Turnier. Das 1:1 gegen Italien und der Sieg gegen Bulgarien sorgten dafür, dass Schweden und Dänemark ein 2:2 im letzten Gruppenspiel reichte, um den Viertelfinaleinzug zu schaffen. Dieses Ergebnis wurde prompt erreicht.
Italien konnte bei der Euro 2004 nicht überzeugen. Die Unentschieden gegen Dänemark und Schweden brachten die Mannschaft schnell ins Hintertreffen. Trotz des späten 2:1-Erfolges gegen Bulgarien reichte es den Italienern nicht, da Dänemark und Schweden sich 2:2 trennten. Da schon im Vorhinein klar war, dass sich Dänemark und Schweden bei diesem Ergebnis beide für das Viertelfinale qualifizieren konnten und der dänische Torwart zu allem Überfluss in der 90. Minute noch den 2:2-Ausgleich der Schweden verursachte, kam in Teilen der italienischen Medien der Verdacht einer Absprache auf. Auch die ironisch gemeinte Äußerung des dänischen Trainers, Morten Olsen, ("Natürlich machen wir einen Deal.") sorgte für Aufregung.
Bulgarien war nach dem klaren 0:5 gegen Schweden und der weiteren Niederlage gegen Dänemark schon vor dem letzten Spiel ausgeschieden. Dennoch hielten die Bulgaren gegen Italien gut mit und verloren erst durch ein Tor in der 90. Minute.


Gruppe D

Tabelle Gruppe D
Platz Team Sp. Gew. Unent. Verl. Tore Pkt.
1 Tschechien Tschechien 3 3 0 0 7:4 9
2 Niederlande Niederlande 3 1 1 1 6:4 4
3 Deutschland Deutschland 3 0 2 1 2:3 2
4 Lettland Lettland 3 0 1 2 1:5 1
15. Juni 2004
Tschechien Tschechien - Lettland Lettland 2:1 (0:1)
Deutschland Deutschland - Niederlande Niederlande 1:1 (1:0)
19. Juni 2004
Lettland Lettland - Deutschland Deutschland 0:0
Niederlande Niederlande - Tschechien Tschechien 2:3 (2:1)
23. Juni 2004
Niederlande Niederlande - Lettland Lettland 3:0 (2:0)
Deutschland Deutschland - Tschechien Tschechien 1:2 (1:1)
Vor dem Gruppenspiel Deutschland - Tschechien

Tschechien hatte einen glücklichen Einstand in das Turnier. Trotz eines 0:1-Rückstandes gegen Fußball-Zwerg Lettland siegte man noch 2:1. Das 3:2 gegen die Niederlande, das wiederum nach einem 0:2-Rückstand zustande kam, war eines der besten Spiele der Europameisterschaft. Da Tschechien nach diesen zwei Siegen schon als Gruppensieger feststand, spielte im letzten Gruppenspiel gegen die deutsche Mannschaft nur eine B-Elf. Abermals lag man 0:1 hinten, abermals gewann die Mannschaft noch 2:1. Tschechien galt nach dem klaren Weiterkommen in der so genannten Todesgruppe als einer der Anwärter für den Titel des Europameisters.
Die Niederlande konnten zu Beginn gegen Deutschland knapp ein 1:1 erkämpfen. Da auch das Spiel gegen Tschechien nach 2:0-Führung noch mit 2:3 verloren ging, konnten die Niederländer das Viertelfinale im letzten Spiel gegen Lettland nicht mehr aus eigener Kraft erreichen. Trotz Unruhe im Team, die aus der herben Kritik an Trainer Dick Advocaat herrührte, gewann die Mannschaft klar mit 3:0 gegen Lettland und konnte dank der deutschen Niederlage gegen Tschechien auch den Einzug ins Viertelfinale feiern.
Deutschland schied - wie 2000 - in der Vorrunde der Europameisterschaft aus. Allerdings war das frühe Ende der Euro nicht so desaströs wie vier Jahre zuvor. In einem guten Spiel gegen die Niederlande fing sich die Mannschaft neun Minuten vor Schluss noch den Ausgleich ein. Gegen Lettland enttäuschte die Mannschaft allerdings und kam trotz großer Chancen über ein 0:0 nicht hinaus. Da aber die Niederlande gegen Tschechien verloren, konnte die deutsche Mannschaft noch aus eigener Kraft mit einem Sieg gegen die B-Elf Tschechiens das Viertelfinale erreichen. Doch auch gegen die Ersatzspieler des östlichen Nachbarn gelang kein Sieg. Die 1:0-Führung durch Michael Ballack wurde noch in ein 1:2 umgedreht. Damit musste Deutschland zum dritten Mal nach 1984 und 2000 die Heimreise nach der EM-Vorrunde antreten.
Lettland, dessen Qualifikation eine große Überraschung gewesen war, spielte gut mit. Die Letten verloren im Eröffnungsspiel trotz Führung gegen Tschechien und ermauerten sich gegen Deutschland ein 0:0. Dadurch gab es sogar noch theoretisch die Möglichkeit, ins Viertelfinale einzuziehen. Doch gegen die Niederlande waren die Balten chancenlos und verloren klar mit 0:3.


Bemerkenswerte Spiele der Vorrunde

  • Frankreich - England: Frankreich drehte die Partie in der Nachspielzeit durch ein Freistoß- und ein Elfmetertor von Zinedine Zidane zum Endstand von 2:1. England hatte bis zur 91. Minute mit 1:0 geführt und das Spiel gut im Griff.
  • Niederlande - Tschechien: Eine offensiv geführte Partie mit viel Tempofußball. Tschechien gelang wie bei allen drei Gruppenspielen die Umwandlung eines Rückstands (hier von zwei Toren) in einen Sieg (3:2). Die Stärke der tschechischen Mannschaft resultierte nicht nur aus ihrem technischen Können, sondern auch aus ihrer enormen Moral und dem mannschaftlichen Zusammenhalt.
  • Schweden - Bulgarien: Trotz technisch gut mitspielender Bulgaren nutzten die Schweden jeden Fehler der gegnerischen Mannschaft. Der in die schwedische Nationalelf zurückgekehrte Henrik Larsson mit einem anspruchsvollen Flugkopfball und Zlatan Ibrahimović mit einem "Flug"-Hackentor waren die besten Spieler des mit der höchsten Tordifferenz im Turnier gewonnenen Spiels (5:0).

Viertelfinale

24. Juni 2004

Die Viertelfinalbegegnung Portugal - England war vielleicht das spannendste und hochklassigste Spiel der Europameisterschaft. In der Verlängerung lieferten sich beide Mannschaften einen Schlagabtausch, zeigten bei konstant hohem Tempo eine hohe Energieleistung und konnten untereinander keinen Sieger ermitteln. Zwei verschossene Elfmeter auf Seiten Englands bei einem verfehlten portugiesischen Versuch (von Rui Costa) machten am Ende den Unterschied aus. David Beckham schoss seinen zweiten verschossenen Elfer bei dieser EM über das Tor, und Darius Vassells Schuss wurde vom portugiesischen Torhüter Ricardo, der ohne Handschuhe hielt, pariert. Der wiederum versenkte den entscheidenden Elfmeter im Tor des englischen Keepers David James und markierte so den 8:7-Endstand zu Gunsten Portugals.
Der englische Jungstar Wayne Rooney zog sich in der ersten Spielhälfte einen Knochenbruch im Fuß zu und konnte so nicht mehr als wichtiger Torjäger für England ins Spiel eingreifen. England erlitt zum wiederholten Male bei einem Turnier eine Niederlage im Elfmeterschießen und konnte sein Trauma nicht überwinden.

25. Juni 2004

Im zweiten Viertelfinale der EM schaffte Griechenland die erste große Sensation. Die Griechen warfen den amtierenden Europameister und Weltmeister von 1998 Frankreich mit einem 1:0 aus dem Turnier. Sie spielten befreit und ohne Druck auf. In der ersten Halbzeit arbeiten sie sich eine Reihe hochkarätiger Chancen heraus. Die "Equipe Tricolore" wirkte abermals müde und agierte ideenlos. Erst in der zweiten Halbzeit kamen die Franzosen zu einigen guten Chancen. Frankreich fehlte aber das nötige Glück, unter anderem verfehlte Thierry Henry zweimal das Tor nur knapp. Den Siegtreffer erzielte Angelos Charisteas in der 65. Minute völlig freistehend mit einem schulbuchmäßigen Kopfball. Dass die Griechen ohne Gegentor blieben, ist vor allem der Defensivtaktik zu verdanken, die den französischen Kombinationsfußball nicht zur Entfaltung kommen ließ. Nach dem griechischen Treffer versuchten die Franzosen bis zum Spielende erfolglos, mit der Brechstange zum Ausgleich zu kommen. Die griechischen Spieler - allen voran Angelos Charisteas - und der Nationaltrainer Otto Rehhagel wurden im Heimatland als Helden gefeiert und gingen bereits mit diesem Sieg in die Europameisterschaftsgeschichte ein. Frankreich hatte zuvor seit dem missglückten Auftritt bei der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea nur ein Spiel (gegen Tschechien) verloren.

26. Juni 2004

Schweden rang den Niederlanden mit einer guten Abwehr nach 90 Minuten ein 0:0 ab. Nach 120 Minuten mit offensiven Vorstößen beider Mannschaften kam es nach dem Spiel Portugal - England zum zweiten Elfmeterschießen der Euro. Zlatan Ibrahimovic verschoss den ersten Elfmeter für Schweden. Nachdem der Niederländer Philip Cocu vom Elfmeterpunkt ebenfalls am Tor vorbei zielte, konnte Edwin van der Sar seiner Mannschaft mit einer Parade des Elfmeters des Schweden Olof Mellberg den glücklichen Sieg mit 5:4 sichern. Obwohl die Schweden bereits im Viertelfinale ausschieden, galt die Mannschaft mit ihrem kontrollierten und taktisch disziplinierten Spiel in Offensive und Defensive als eine der positiven Überraschungen des Turniers. Schweden bewies, dass auch zwei gleichberechtigte Trainer eine Mannschaft zum Erfolg führen können.

27. Juni 2004

Tschechien ließ Dänemark im letzten Viertelfinalspiel trotz einer anfangs defensiven Taktik keine Chance und besiegte die Skandinavier mit 3:0. In der ersten Halbzeit enttäuschten die Tschechen mit von ihnen eher ungewohntem Defensivfußball. Nach dem Spiel erklärte der tschechische Trainer Karel Brückner die Taktik in der ersten Spielhälfte damit, dass man nicht erneut wie bei allen drei Vorrundenpartien in Rückstand geraten wollte. Dänemark hingegen spielte überzeugend offensiv, konnte die Überlegenheit aber nicht in Tore umsetzen und lief sich nebenher müde. In der zweiten Halbzeit ging Tschechien in die Offensive, riss das Spiel an sich und machte binnen 20 Minuten durch einen Kopfball von Jan Koller sowie einem Doppelschlag innerhalb dreier Spielminuten durch den 23-jährigen Milan Baroš mit seinen Turniertoren vier und fünf den Sieg perfekt.

Halbfinale

30. Juni 2004

Nach verhaltenem Beginn köpfte Cristiano Ronaldo nach einem Eckstoß von Deco in der 26. Spielminute zum 1:0 ein. Die Niederlande enttäuschten bei defensiver Ausrichtung in kontrollierter Offensive. Portugal spielte erstmals frei auf und zeigte eine überzeugende Mannschaftsleistung. Bester Spieler der Partie war Luís Figo, der ein überragendes Spiel machte. Er übernahm oft die Verantwortung und setzte entscheidende Akzente. Portugal spielte strategisch gut, kontrollierte das Spiel und setzte immer wieder schnelle, attraktive Konter. Die Niederländer standen zu weit vom Gegner entfernt und brauchten zu lange, um ihre Angriffe aufzubauen. Der niederländische Stürmer Ruud van Nistelrooy wurde von den Portugiesen quasi ausgeschaltet. Die Niederlande wirkten insgesamt ideenlos und ließen den absoluten Siegeswillen vermissen. Nach dem 2:0 in der 58. Minute ebenfalls durch eine Standardsituation (nach kurzem Eckball) durch Maniche und einem unglücklichen Eigentor - Jorge Andrade lenkte den Ball in Bedrängnis von van Nistelrooy über den Torhüter Ricardo ins Tor - zum 2:1 gewannen die Niederländer etwas mehr Selbstvertrauen. Das Spiel verlor aber an Fahrt. Erst allmählich spielten sich die Portugiesen über Konter neue Chancen heraus. Ab der 81. Minute stürmten die Niederlande mit gleich drei Mittelstürmern: Ruud van Nistelrooy, Roy Makaay und Pierre van Hooijdonk. Doch auch das brachte nicht den gewünschten Torerfolg. Portugal erreichte mit dem 2:1 erstmals ein EM-Finale.

1. Juli 2004

Im zweiten Halbfinale ging die Taktik der Griechen wiederum auf. Sie nahmen unter anderem die beiden gefährlichen tschechischen Stürmer Milan Baroš und Jan Koller in Manndeckung, machten die Räume eng und ließen die tschechische Mannschaft kaum zur Entfaltung kommen. Die Tschechen hatten in der ersten Halbzeit nur drei Torchancen, darunter aber auch einen Lattentreffer von Tomáš Rosický. In der zweiten Halbzeit hatte die tschechische Mannschaft dann aber weitere sehr gute Chancen, unter anderem nach einem sehenswerten Doppelpass zwischen Rosický und Koller. Die Chancenausbeute wurde den Tschechen allerdings in der ersten Halbzeit der nötig gewordenen Verlängerung zum Verhängnis. Griechenland schaffte die erneute Sensation und den Einzug ins Finale durch Silver Goal - Kopfballtreffer nach einer Ecke von Dellas in der 105. Minute.
Insgesamt war die Partie nicht als hochklassig zu bezeichnen. Durch die Verlängerung gewann sie allerdings von Minute zu Minute an Spannung. Der Pechvogel des Spiels war Mittelfeldakteur Pavel Nedvěd, der sich in der ersten Halbzeit im griechischen Strafraum bei einem Zweikampf eine Knieverletzung zuzog. Der Regisseur fehlte der tschechischen Mannschaft sichtlich für die zündenden Ideen im Mittelfeld.

Endspiel

4. Juli 2004

Charisteas Kopfballtreffer zum 0:1

Mit dem Finale zwischen Portugal und Griechenland kam es erstmals zur Wiederauflage eines Eröffnungsspiels - ein Novum in der Fußballhistorie. Griechenland begann wie immer diszipliniert und Portugal etwas verhalten, um nicht den Fehler des Eröffnungsspiels zu machen und in Rückstand zu geraten. Zu Beginn der zweiten Halbzeit erhöhten die Portugiesen den Druck. Die Griechen ließen sich nun etwas zu sehr nach hinten drängen. So kamen die Portugiesen zu vielen Chancen. Doch in dieser Situation stellten die Helenen den gesamten Spielverlauf auf den Kopf. Erneut war Angelos Charisteas von Werder Bremen bei einem Eckball zur Stelle. Er nutzte einen Fehler des portugiesischen Torwarts Ricardo und köpfte in der 57. Minute zum 0:1 ein. Der Kopfball war der einzige Torschuss von Charisteas in der gesamten Partie. Die Portugiesen waren nun gezwungen, nachzuziehen. Doch die wiederum exzellent gestellte griechische Verteidigung erstickte deren Spielaufbau immer wieder. In den restlichen Spielminuten kam Portugal insbesondere durch Cristiano Ronaldo und Luís Figo noch zu einigen guten Chancen, die allerdings meist am Tor vorbeigingen. Die Hilflosigkeit Portugals wurde größer. Versuche, die Stürmer von den Flügeln zu bedienen, blieben ebenfalls erfolglos. Hohe Bälle aus dem Mittelfeld in den Strafraum geschlagen und Schüsse aus der zweiten Reihe stellten für den griechischen Keeper Antonios Nikopolidis keine ernsthafte Prüfung dar. Die Portugiesen agierten fast das ganze Spiel über zu nervös und konnten insgesamt über zwanzig Torchancen nicht nutzen. Die Griechen nutzten jedoch eine ihrer wenigen Chancen (insgesamt nur vier im ganzen Spiel), was den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachte. Kurz vor Spielende kam es zu einen Zwischenfall durch einen so genannten Flitzer. Der Störenfried, der sich Jimmy Jump nennt, stürmte auf das Spielfeld, bewarf Luís Figo mit einer Flagge des FC Barcelona und sprang anschließend ins Netz des griechischen Tors. Bis er überwältigt und vom Spielfeld getragen werden konnte, vergingen gut zwei Minuten. Der das Endspiel leitende deutsche Schiedsrichter Markus Merk leistete souveräne Arbeit und blieb fehlerlos.

Europameister 2004 Datei:Greeceflagmedium.png Griechenland

Torschützen

Milan Baroš aus Tschechien wurde mit fünf Treffern Torschützenkönig. Unmittelbar hinter ihm folgen der Niederländer Ruud van Nistelrooy und der Engländer Wayne Rooney. Je drei Tore erzielten Europameister Angelos Charisteas (Griechenland), Frank Lampard (England), Henrik Larsson (Schweden), Jon Dahl Tomasson (Dänemark) und Zinedine Zidane (Frankreich). Siehe auch die gesamte Torschützenliste.

Aufgestellte EM-Rekorde

UEFA-All-Star-Team

Eine achtköpfige Expertenkommission der UEFA hat ein All-Star-Team der Euro mit den besten Spielern des Turniers zusammengestellt:

Zum besten Spieler des Turniers wurde Theodoros Zagorakis, Kapitän der griechischen Mannschaft, gewählt.

Fazit

Niederländische und schwedische Fans auf dem Weg ins Algarve-Stadion

Die Fußball-Europameisterschaft 2004 war in vielerlei Hinsicht ein großartiges und hochklassiges Sportereignis. Portugal erwies sich als idealer Gastgeber mit großer Gastfreundschaft, sehr guter Organisation, tollen Spielstätten und einer wunderbaren Atmosphäre. Die Portugiesen traten den Beweis an, dass sie den Fußball nicht nur lieben sondern ihn auch leben. Portugal hat einen Maßstab gesetzt, der schwer zu übertreffen sein dürfte. Selten zuvor lief eine Europameisterschaft so friedlich ab. Viele Fangruppen verbrüderten sich sogar und erlebten beim gemeinsamen Feiern unvergessliche Momente.

Sport

Sportlich gesehen war die Euro 2004 von hohem Niveau gekennzeichnet. Die Experten waren sich einig, dass das Turnier spielerisch eines der besten der vergangenen Jahrzehnte war. Die meisten Mannschaften zogen sich nicht wie bei früheren Turnieren abwartend in die eigene Spielhälfte zurück, sondern bemühten sich von Spielbeginn an, attraktiven risikoorientieren Offensivfußball zu spielen. Die gute sportliche Qualität ließ allerdings auch kaum hohe Ergebnisse zu. Ausnahmen war vor allem die Vorrundenspiele Kroatien gegen England (2:4) als das Spiel mit den meisten Toren und die Partie zwischen Schweden und Bulgarien (5:0) als das Spiel mit der höchsten Tordifferenz des Turniers. Die große Leistungsdichte sorgte dafür, dass sich kein Land wirklich blamierte, auch nicht der EM-Neuling Lettland, der die tschechische Mannschaft zwischenzeitlich in Bedrängnis brachte und gegen Deutschland ein 0:0 und damit den ersten EM-Punkt erreichte.

Einige Mannschaften enttäuschten aber auch. Italien spielte für seine Verhältnisse viel zu defensiv und konnte während der drei absolvierten Spiele die Ansprüche in keiner Weise erfüllen. Den Franzosen merkte man ihre Müdigkeit und Ideenlosigkeit an. Nach der Weltmeisterschaft 2002 gelang ihnen wiederum kein gutes Turnier. Nun steht eine lang überfällige Verjüngung des Kaders an. Auch die deutsche Mannschaft konnte mit ihren begrenzten Mitteln nicht überzeugen. Es fehlten der uneingeschränkte Kampfeswille und die Risikobereitschaft. Zumindest im Spiel gegen die Niederlande konnte sie vorübergehend ihr wirkliches Potenzial aufzeigen. Auch Portugal konnte anfangs nicht durch schönen Fußball glänzen. Man merkte dem Team den enormen Druck an, unbedingt im eigenen Land den Titel holen zu müssen. Erst im Lauf des Turniers konnte die portugiesische Mannschaft sich spielerisch steigern.

Das Turnier der Überraschungen

Die Euro 2004 war ein Turnier der Überraschungen. Zuvor als Favoriten gehandelte Mannschaften wie Spanien und Italien mussten schon nach der Vorrunde die Heimreise antreten. Gleichzeitig kaufte der jetzige Europameister Griechenland mehreren Weltklassemannschaften den Schneid ab.

Favoritensterben

Nicht nur Spanien und Italien schieden frühzeitig aus, sondern auch England und Frankreich kamen nicht über das Viertelfinale hinaus.

Das Ausscheiden der hoch gehandelten Mannschaften wird häufig damit begründet, dass die Nationalspieler dieser Länder in den großen 20er-Ligen Europas (Spanien, Frankreich, England) samt den nationalen und internationalen Pokalwettbewerben sowie den Länderspielen zuviele Spiele im Jahr absolvieren müssten und sich nicht ausreichend regenerieren könnten. Da das Phänomen auch schon für das frühe Ausscheiden einiger Mannschaften bei der WM 2002 verantwortlich gemacht wurde, gibt es nun Absichtserklärungen, die Anzahl der Spiele zu reduzieren. Ergebnis dieser Strategie ist auch die Abschaffung der zweiten Gruppenphase in der Champions League.

Der Sieg des Außenseiters

Die griechische Nationalmannschaft während der Siegerehrung

Die Griechen hatten zuletzt 1980 an einer Europameisterschaft teilgenommen. Somit war schon das Erreichen der Endrunde in diesem Jahr ein großer Erfolg. Zuvor hatten die Hellenen bei einer EM niemals die Vorrunde überstanden und noch nie einen Sieg errungen. An ihrem letzten großen Turnier nahmen sie 1994 - der Fußball-Weltmeisterschaft 1994 in den USA – teil. Umso stärker wiegt der überraschende und zuvor von niemandem für möglich gehaltene Titelerfolg bei diesem Turnier, der sicherlich auch dem deutschen Trainer Otto Rehhagel zu verdanken ist, der die Mannschaft seit 2001 trainiert.

Als Otto Rehhagel in Griechenland seine Arbeit begann, war der Nationalmannschaftsfußball dort völlig bedeutungslos. Er hat ohne Griechischkenntnisse aber mit starker Persönlichkeit aus vielen Einzelgängern mit südländischem Temperament eine Truppe mit Mannschaftsgeist geformt. Rehhagel beschrieb seine Methode mit den Worten: "Die Griechen haben die Demokratie erfunden. Ich habe eine demokratische Diktatur eingeführt." Mit seiner ganz eigenen Fußballphilosophie verhalf er dem griechischen Fußball mit einer mustergültig auf die Mannschaft und den Fähigkeiten der Spieler abgestimmten Taktik in die europäische Spitze. Rehhagel dazu: „Früher hat jeder gemacht, was er will. Jetzt macht jeder, was er kann.“ Zuvor wirkte er immer wieder als der ruhende Pol und versuchte nach Siegen die euphorischen hellenischen Fans mit Bescheidenheit auf den Boden der Realität zurückzuholen: "Wenn wir zwei Mal gewinnen, wollen sie gleich Europameister werden, und wenn wir zwei Mal verlieren, wollen sie sich gleich ins Meer stürzen." Rehagel bewirkte auch, dass Vereins- und Verbandsfunktionäre von der Zuständigkeit über die Nationalmannschaft entmachtet wurden. Nur so konnte Rehagel eine Mannschaft formen, die eine konstante Zusammensetzung hat und von unnötigem Druck verschont bleibt.

Auf ihrem Weg zum Europameistertitel besiegte Griechenland mehrere hochklassige Teams, die an der guten griechischen Verteidigung verzweifelten. Schon das Auftaktspiel gegen den Gastgeber Portugal - zuvor als "wichtigstes Spiel für Griechenland seit 20 Jahren" gehandelt - sollte eine Überraschung bringen. Die Griechen besiegten die portugiesische Mannschaft dank ihrer ausgeklügelten Taktik und eines frühen Tores mit 2:1. Bereits dieser Erfolg war dermaßen unerwartet, dass bereits hier von einer "Sensation" die Rede war. Die Griechen bestätigten den guten Eindruck im zweiten Gruppenspiel bei einem 1:1-Unentschieden - und warfen damit die mitfavorisierten Spanier aus dem Turnier. Daraufhin gelang ihnen der Sieg über den amtierenden Europameister Frankreich im Viertelfinale und die ebenfalls hoch gehandelten Tschechen im Halbfinale. Selbst die mit Heimvorteil ausgerüstete portugiesische Mannschaft biss sich an der perfekt eingestellten Mannschaft auch im Finale die Zähne aus. Bemerkenswerterweise konnten nur die zuerst ausgeschiedenen Russen Griechenland während des Turniers schlagen.

Der Gewinn des Titels durch die Griechen ist eine der größten Sensationen der Fußballgeschichte ("Wunder von Lissabon") und stellt ein erstaunliches Paradoxon dar. Griechenland war eine der wenigen Mannschaften, die mit einer eher defensiven Taktik spielten. Rehhagel nennt die griechische Taktik "kontrollierte Offensive". Er stellte heraus, dass ein Abwehrspieler in einem Spiel das entscheidende Tor erzielte und "dass wir mit Seitaridis einen der offensivsten Verteidiger der EM gehabt haben". Desweiteren ist es erstaunlich, dass die Griechen erfolgreich mit einem Spieler auf der nach Meinung vieler veralteteten Libero-Position und mit Dreierkette agierten. Die meisten anderen Mannschaften setzten auf die als moderne Alternative angesehene Viererkette. Dass die Griechen die großen Mannschaften als Europameister hinter sich ließen, war vor allem der disziplinierten Umsetzung der Taktik, der geschlossenen Mannschaftsleistung (besonders in der Einsatzbereitschaft) sowie der hervorragenden Chancenverwertung zu verdanken. Das Team spielte zwar nicht den schönsten aber den effektivsten Fußball. Griechenland ist verdienter Europameister 2004.

Otto Rehhagel erreichte das, was zuvor noch nie einem Trainer gelang: Er führte eine Nationalmannschaft als ausländischer Nationalcoach zu einem Turniertitel. Das Luz-Stadion erwies sich als gutes Pflaster für Rehhagel. 1992 hatte er an gleicher Stelle noch in der alten Arena mit Werder Bremen den Europapokal der Pokalsieger gewonnen. Der überraschende Erfolg der griechischen Mannschaft sorgte im olympischen Jahr für eine große Euphorie im ganzen Land. Nach der Rückkehr wurden die Europameister im Panathinaikos-Stadion der griechischen Hauptstadt Athen geehrt und dort von rund 100.000 begeisterten Menschen empfangen. Normalerweise wurden dort bis dato nur die griechischen Olympiasieger gefeiert. Bei dieser Gelegenheit wurden Otto Rehhagel und seine Spieler zu Ehrenbürgern der Stadt Athen ernannt.

Jungstars und Namenlose

Cristiano Ronaldo (links unten) im Halbfinale gegen die Niederlande

Die EM war nicht die Bühne der etablierten Stars wie Zinedine Zidane, David Beckham, Pavel Nedvěd oder Luís Figo. Sie gehörte den talentierten Jungstars wie dem neuen englischen Superstar Wayne Rooney (jeweils zwei Tore gegen die Schweiz und Kroatien), dem Portugiesen Cristiano Ronaldo, dem Niederländer Arien Robben (schoss sein Team im Elfmeterschießen gegen Schweden ins Halbfinale), dem Schweden Zlatan Ibrahimović und dem Tschechen Milan Baroš, der die EM als Torschützenkönig abschloss. Wer kannte zuvor schon einen Milan Baroš, der beim FC Liverpool nur zweite Wahl war oder die beiden Griechen Antonios Nikopolidis (als bester Torwart der EM zu Hause bei Panathinaikos Athen ebenfalls nur Bankdrücker) und Theodoros Zagorakis, der sogar zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde?

Unsportliche Momente

Neben den sportlichen gab es leider auch unschöne und unsportliche Momente auf dem Platz. Francesco Totti (Italien) wurde wegen einer Spuckattacke gegen Christian Poulsen (Dänemark) für drei EM-Spiele gesperrt. Alexander Frei (Schweiz) musste sich ebenfalls wegen mutmaßlichen Spuckens vor der UEFA-Disziplinar- und Kontrollkommission verantworten, wurde aber erst aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Er hatte verdeckt zur Fernsehkamera den Gegenspieler Stephen Gerrard (England) angespuckt. Nachdem neue Aufnahmen auftauchten, die auch Frei eindeutig überführten, wurde dieser für die gesamte Europameisterschaft gesperrt, weil er sich bei der Verhandlung nicht schuldig bekannt hatte.

Trainerkarussell

Die Europameisterschaft kostete einige Trainer ihren Job:

Organisation - Sicherheit, Stadien etc.

Datei:Englische Fans im Gespräch mit portugiesischen Sicherheitskräften.jpg
Englische Fans im Gespräch mit der portugiesischen Polizei

Portugal gelang es, eine freundliche Europameisterschaft ohne große Ausschreitungen zu veranstalten, was vor allem dem sehr guten Sicherheitskonzept [1] zu verdanken ist. Das Land bemühte sich, eine möglichst umfassende Sicherheit zu gewährleisten, ohne die Fans abzuschrecken oder arg zu beeinträchtigen.

Die Verhinderung größerer Randalen ist vor allem neuen Strategien gegen Hooligans zu verdanken. Hier wurden erhebliche Fortschritte im Vergleich zur Euro 2000 gemacht. Allerdings gibt es direkt in Portugal auch kein Hooliganproblem wie es in den Niederlanden der Fall war. Das Konzept bestand in erster Linie aus präventiven Maßnahmen wie der Aussetzung des Schengener Abkommens während der EM, der Verschärfung von Kontrollen an den portugiesischen Grenzen sowie dem Ausreiseverbot bzw. Passentzug polizeibekannter ausländischer Hooligans. Die umgehende gerichtliche Behandlung von Randalierern erlaubte eine schnelle Verurteilung und Abschiebung. Ferner wurden in den Stadien neben der einheimischen Polizei speziell in Sicherheitsfragen (insbesondere der Zuschauerüberwachung) ausgebildete Stewards eingesetzt, die berechtigt waren, gegen die Vorschriften verstoßende Fans aus den Stadien zu verweisen. Während der gesamten Euro kam es nur zu zwei kleineren Zwischenfällen mit englischen Fans. Die Rädelsführer wurden sofort verurteilt und zur Haft in ihre Heimat abgeschoben.

Der Fokus der Sicherheitsmaßnahmen richtet sich allerdings nicht mehr auf die Hooligans sondern seit dem 11. September 2001 in erster Linie auf die Gefahr terroristischer Anschläge. Nach dem Terroranschlag von Madrid am 11. März 2004 wurde das Konzept nochmals überarbeitet und die NATO und Europol eingebunden. Die NATO unterstützte Portugal in der größten Sicherheitsoperation des Landes durch die Überwachung des Luftraumes über der iberischen Halbinsel durch AWACS-Flugzeuge. Alle Stadien wurden am Vorabend vor einem Spiel hermetisch abgeriegelt und an den Eingängen wurden die Anzahl von Detektoren erhöht, um das Einschmuggeln von Bomben unmöglich zu machen. Insgesamt waren für die Sicherheit während des Turniers 20.000 Sicherheitskräfte zuständig. Für die Sicherheit der teilnehmenden Teams wurden eigene nationale Kräfte eingesetzt. Frankreich beispielsweise ließ sich von einer Elitetruppe beschützen und Deutschland brachte einen eigenen Sicherheitskoordinator des Bundeskriminalamtes mit. Mittlerweile arbeiten alle EU-Länder für die Sicherheit solcher Großereignisse zusammen. Beispielsweise tagt aller zwei Monate ein Komitee des Europarates zur Verhinderung von Gewalt bei Sportveranstaltungen. Die Sicherheitsausgaben während der Europameisterschaft beliefen sich auf eine zweistellige Millionensumme in Euro.

Das Stadion des Lichts in Lissabon während des EM-Finales

Die meisten Stadien boten vorzügliche Bedingungen. Die beeindruckendsten Spielstätten waren nach einhelliger Meinung von Fans und Experten das Estadio da Luz in Lissabon mit seiner intensiven Atmosphäre und das Estadio Dragão in Porto mit seiner markanten Dachkonstruktion aus Glas. Die UEFA wird wohl bei einem Stadion wie dem Da Luz nicht darum herum kommen, das Champions League-Finale in den nächsten Jahren einmal nach Portugal zu vergeben. Allerdings gab es auch Kritik an einigen Stadien. Das Stadion in Braga, das zwar ein unkonventionelles Umfeld - es wurde in ein Felsmassiv hinein gebaut - und somit eine spektakuläre Architektur aufweist, hat lediglich zwei Seitentribünen und ist als Fußballstadion nur bedingt geeignet. Vor allem in den Fernsehübertragungen kam keinerlei Stimmung auf. Kritisiert wurde auch das Municipal–Stadion in Aveiro, das weitab in der Einöde neben einer Müllverbrennungsanlage errichtet wurde und dessen Zufahrtsstraßen zur Europameisterschaft noch nicht fertiggestellt waren. Das beste Gegenbeispiel ist das Dom-Alfonso-Henriques-Stadion in Guimarães, das sich geradezu organisch in den Ort einfügt.

Ein enormes Problem stellt die Nachnutzung der Spielstätten dar. In Neubau und Modernisierung der Stadien wurden 553,6 Millionen Euro - geplant waren lediglich 426,4 Millionen - und in den Ausbau der stadionnahen Infrastruktur nochmals 79,4 Millionen Euro investiert, während sich die portugiesische Liga mit geringen Zuschauerzahlen und finanziellen Schwierigkeiten in einer Krise befindet. Als Beispiel sei der SC Braga genannt: Zu den Heimspielen des Clubs der Super Liga kommen durchschnittlich nicht einmal 5.000 Zuschauer in ein Stadion mit 32.000 Plätzen. Bleibt zu hoffen, dass dies keine existenzbedrohenden Auswirkungen für kleine Vereine hat, wenn sie in Zukunft die Lasten der überdimensionierten Stadien in Form von hohen Mieten tragen müssen. Die Stadionbetreiber erhoffen sich staatliche Hilfen, um die Stätten rentabel betreiben zu können.Es stellt sich abschließend die Frage, ob für 31 Spiele zehn Stadien notwendig sind. In fünf Stadien wurden nämlich lediglich zwei Gruppenspiele ausgetragen.

Auch an der UEFA wurde Kritik laut. Zu große Kartenkontingente für die Verbände führten trotz ausverkaufter Stadien zu leeren Sitzreihen und verärgerten Fans. Bisher stand jedem an einem EM-Spiel beteiligten Verband ein Kontingent von jeweils 20 Prozent der Karten im jeweiligen Stadion zu. Einige Verbände wie der russische und der italienische nutzten jedoch Tausende ihrer übernommenen Karten nicht. Sie konnten die von der UEFA erhaltenen Tickets nicht an die Fans absetzen. So kam es zu vielen leeren Sitzreihen trotz ausverkaufter Stadien. Die UEFA kündigte an, die Kontingente deutlich zu reduzieren, um vergleichbare Situationen bei künftigen Turnieren zu verhindern.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Portugal befindet sich seit Anfang 2001 in einer wirtschaftlichen Krise. Die Wirtschaft schrumpft nach einer langen Wachstumsphase, die Arbeitslosigkeit und die Inflationsrate steigen und rufen ein hohes Staatsdefizit hervor. Das Land erhoffte sich durch die Ausrichtung des nach Fernsehzuschauern drittgrößten Sportereignisses der Welt wichtige gesamtwirtschaftliche Impulse.

Durch die gute Organisation der Euro 2004 kann das Land einen enormen Imagegewinn und eine gesteigerte Bekanntheit in aller Welt für sich verbuchen. Dieser unbezahlbare Werbeeffekt wird sich in erster Linie im Tourismussektor auswirken. In den nächsten sechs Jahren sollen die Einnahmen aus dem Tourismus zwischen drei und sechs Prozent - mit bis zu 700.000 zusätzlichen Besuchern pro Jahr - wachsen. 2004 wird mit einer Steigerung von 2,5 Prozent und 500.000 Besuchern gerechnet. Der Tourismus macht immerhin 3,7 Prozent des portugiesischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus. Weiterhin sorgte die Euro 2004 für einen Aufschwung in der Bauwirtschaft. Dies ist auf die hohen Ausgaben für den Bau der Stadien und der Infrastruktur zurückzuführen. Niemals zuvor wurde solch eine große Zahl von Stadien für eine Fußball-Europameisterschaft neu errichtet. In Bau und Erweiterung der Stadien wurden rund 600 Millionen Euro investiert. Portugiesische Baufirmen waren an 85 Prozent der Bauarbeiten beteiligt. Der Staat förderte die Baumaßnahmen mit mehr als 100 Millionen Euro. Hinzu kamen Bauaufträge für den Ausbau der öffentlichen und privaten Infrastruktur (beispielsweise Straßen, Hotels). Die konjunkurellen Auswirkungen aus der Baubranche heraus sind allerdings nur gering, da dieser Sektor zu den unproduktivsten Wirtschaftszweigen gehört.

Das portugiesische Finanzministerium prognostiziert die direkt messbaren Auswirkungen der EM mit einem Anstieg des BIP von 2004 um lediglich 0,08 Prozent. Das Land soll aber mit einem langfristigen, volkswirtschaftlichen Gewinn von 900 Millionen Euro rechnen können. Darin eingerechnet sind Mehreinnahmen von 262 Millionen Euro aus dem Tourismus, 200 Millionen aus zusätzlichem Konsumverbrauch dieser Touristen und 244 Millionen Euro aus der Schaffung von Arbeitsplätzen in Tourismus und Bauwirtschaft. Allerdings lassen sich die langfristigen Folgen eines solchen Großereignisses auf die wirtschaftliche Entwicklung aufgrund unsicherer Prognosen und vielfältiger Multiplikatorwirkungen nur sehr schwer einschätzen. Neben positiven Effekten wie dem Imagegewinn oder zusätzlichen Steuereinnahmen könnte die EM auch negative Auswirkungen wie Verkehrs- und Sicherheitsprobleme sowie Umweltschäden durch den steigenden Tourismus und damit hohe Folgekosten hervorrufen.

Der positive Impuls der Europameisterschaft vermag die ökonomischen Schwierigkeiten Portugals höchstens zu vertagen. Die Wirtschaftskrise beruht in erster Linie auf strukturellen Problemen - beispielsweise in der Bildung sowie in einer aufgeblähten und ineffizienten staatlichen Verwaltung - und steigendem Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung. Eine grundlegende positive Wirkung auf die portugiesische Konjunktur kann nur durch tief greifende Reformen vor allem im öffentlichen Bereich, die Erhöhung der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden. Der Wunsch der Portugiesen nach einem langfristigen, allein durch die Europameisterschaft hervorgerufenen, gesamtwirtschaftlichen Aufschwung wird sich also nicht erfüllen.

Die eindeutigeren Gewinner in wirtschaftlicher Hinsicht sind die UEFA mit ihren Mitgliedsverbänden und die als Teamausrüster auftretenden Sportartikelhersteller. Das Joint Venture der UEFA und dem Veranstalterland, das für die Organisation des Turniers gegründet wurde, erwartet Bruttorekordeinnahmen von rund 817 Millionen Euro aus Eintrittsgeldern, Sponsoring, Fernseh- und Marketingrechten. Besonders die Einnahmen aus Sponsoring, Fernseh- und Marketingrechten konnten sprunghaft gesteigert werden. Nicht umsonst gilt der Sport unter Wirtschaftsexperten mittlerweile als der am stärksten wachsende Wirtschaftsfaktor der Welt. Unglaubliche 500 Millionen Euro zahlten allein die Hauptsponsoren. Dass sich dieses Engagement lohnt, zeigt das Beispiel Carlsberg. Der Brauriese verkaufte während des Turniers ganze dreizehn Prozent mehr Bier. Außer an den Veranstalter werden Teile der Erträge an die Teilnehmer- und Mitgliedsverbände ausgeschüttet. Allein an die Verbände der Teilnehmer fließen als Spielprämien rund 120 Millionen Euro. Von der Europameisterschaft profitieren zudem die Teamausrüster durch die Vermarktung von Spielertrikots in hohem Maße. Zusätzlich kann Adidas durch den Verkauf des von der UEFA lizenzierten EM-Balles eine Gewinnssteigerung erwarten.

Die Euro der Superlative

Die Fußball-Europameisterschaft erregte nicht nur europa-, sondern weltweit großes Aufsehen. Das zeigt die folgende eindrucksvolle Statistik:

  • 845 Millionen Zuschauer vor den Fernsehschirmen, Spitzenwerte bis 84% Marktanteil in Ländern wie Portugal und England
  • 180 Millionen Aufrufe der offiziellen Website Euro2004.com [2], die meisten in Japan
  • bis zu 50 Millionen Zuschauer pro Spiel in China, obwohl die Spiele erst spät abends oder nachts begannen
  • über 1,1 Millionen Fans in den Stadien
  • über 1 Milliarde Euro Umsatz durch Karten- und Merchandisingverkauf

Siehe auch

Literatur

  • Kühne-Hellmessen, Ulrich/Netzer, Günter (Hrsg.): Europameisterschaft 2004. Die Helden von Portugal, Morsell-Verlag Berlin 2004 (ISBN 3952277924).
  • Delling, Gerhard (Hrsg.): Portugal 2004, Südwest-Verlag München 2004 (ISBN 3517067342).
  • Simon, Sven: Fußball-EM Portugal 2004, Copress-Sport München 2004 (ISBN 3767906643).

Weblinks




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