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Marbach am Neckar

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Wappen Karte
Wappen Marbachs am Neckar Deutschlandkarte, Position von Marbach
Landkarte
Landkarte von Marbach
Basisdaten
Bundesland: Baden-Württemberg
Regierungsbezirk: Stuttgart
Landkreis: Ludwigsburg
Geografische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Höhe: 224 m ü. NN
Fläche: 18,06 km²
Einwohner: 15.431 (31. Dez. 2004)
Bevölkerungsdichte: 854 Einwohner je km²
Ausländeranteil: 13,8 %
Postleitzahl: 71672
Vorwahl: 07144
Kfz-Kennzeichen: LB
Gemeindeschlüssel: 08 1 18 049
Adresse der
Stadtverwaltung:
Marktstraße 23
71672 Marbach am Neckar
Offizielle Website: www.schillerstadt-marbach.de
E-Mail-Adresse: rathaus@schillerstadt-marbach.de
Politik
Bürgermeister: Herbert Pötzsch

Marbach am Neckar ist eine Stadt mit ca. 15.000 Einwohnern etwa 20 km nördlich von Stuttgart. Sie gehört dem Landkreis Ludwigsburg an. Marbach ist bekannt als Geburtsstadt Friedrich Schillers. Die Stadt ist Sitz des Schiller-Nationalmuseums und des Deutschen Literaturarchivs.

Geographie

Marbach liegt am Ostufer einer Neckarschleife, deren Prallhang durch eine tief eingeschnittene Furche unterbrochen wird. Dieser vom Strenzelbach (heute weitgehend unterirdisch) durchflossene Einschnitt kürzt eine Schleife der Murr ab, die knapp nördlich der Stadt in den Neckar mündet, und bildet eine für Marbach und Umgebung wichtige Verkehrsachse. Die Altstadt liegt auf dem Hang unmittelbar südlich dieses Einschnitts, etwa 30 Meter über dem Neckar thronend. Die neueren Wohn- und Gewerbegebiete verteilen sich auf die Hänge nordöstlich, östlich und südlich der Altstadt. Südlich davon, durch den Einschnitt des Eichgrabens etwas abgeschieden, liegt das Wohngebiet Hörnle mit etwa 1.600 Einwohnern.

Ortsteile

Zum Stadtgebiet zählt neben der unmittelbaren Umgebung der Kernstadt ein schmaler Streifen, der sich nach Südwesten am Neckar entlang erstreckt und das Kraftwerk Marbach einbezieht. Darüber hinaus gehören drei Exklaven zum Stadtgebiet. Zwei davon sind Ortsteile, die beide räumlich von Marbach getrennt sind.

Rielingshausen mit 2.600 Einwohnern liegt etwa fünf Kilometer nordöstlich von Marbach auf einer Anhöhe zwischen der Murr und dem Hartwald (auch Hardtwald geschrieben). Zu dem Ort gehört auch der anderthalb Kilometer weiter nördlich gelegene Weiler Hinterbirkenhof. Die Gemarkung wird durch mehrere Bachtäler gegliedert, die allesamt zur Murr führen. Der Dorfkern liegt in der flachen Mulde des Weidenbachs, während der Kaisersbach eine Vertiefung zwischen Rielingshausen und dem Hinterbirkenhof ausbildet. Die östliche Markungsgrenze bildet der Eichbach, der auf halbem Wege in einer Doline verschwindet. Der Sulzbach durchfließt südöstlich des Orts ein weites Tal. Zusammen mit der Strenzelbachfurche auf der anderen Seite der Murr ist das Tal Teil einer langgestreckten geologischen Verwerfung, der sogenannten Neckar-Jagst-Furche. Der Sulzbach, der bei der Flurbereinigung in den 1970er Jahren begradigt worden war, wurde Ende der 1980er Jahre wieder renaturiert. Diese Maßnahme wurde 1991 mit dem Kulturlandschaftspreis des Schwäbischen Heimatbunds ausgezeichnet.

Die zweite Exklave ist Siegelhausen, ein kleiner Weiler mit ca. 30 Einwohnern etwa fünf Kilometer südöstlich der Kernstadt. Er liegt abseits der Straße zwischen Affalterbach und Hochdorf eingebettet in das Tal des Strombachs, auch Apfelbach genannt. Die dritte Exklave ist ein unbewohntes Gebiet im Hartwald östlich von Rielingshausen.

Flächennutzung

Die Markungsfläche beträgt 18.06 km². Davon sind 24 % Siedlungs- und Verkehrsfläche, 57 % Landwirtschaftsfläche und 16 % Waldfläche (Stand 2005). Zur landwirtschaftlichen Fläche zählen auch 34 ha Weinberge. Den Löwenanteil der Waldfläche macht die Exklave im Hartwald aus, während das Gebiet der Kernstadt selbst nahezu waldfrei ist.

Benachbarte Orte

Auf der westlichen Neckarseite, Marbach schräg gegenüberliegend, ist Benningen am Neckar. Nördliche Nachbarorte sind Murr und Steinheim an der Murr. Östlich der Kernstadt liegt Erdmannhausen, auch zum weiter südöstlich gelegenen Affalterbach führt eine direkte Straße. Im Süden und Südwesten liegen die Ludwigsburger Ortsteile Poppenweiler und Neckarweihingen.

Geschichte

Geburtshaus Friedrich Schillers

Marbach wird vermutlich als fränkischer Königshof um 700 herum gegründet. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgt 972. Zur Stadt wird der Ort ab dem späten 12. Jahrhundert ausgebaut, um 1302 gerät er an Württemberg. Unter württembergischer Herrschaft ist Marbach Sitz eines Amtes, später Oberamtes und eine der wichtigsten Städte Württembergs. 1693 wird der Ort von französischen Truppen vollkommen niedergebrannt. Dadurch und durch die Entstehung von Ludwigsburg verliert Marbach an Bedeutung. 1759 wird in Marbach der Dichter Friedrich Schiller geboren. Nach seinem Tod wird Marbach ein Zentrum der Verehrung Schillers, das Schiller-Nationalmuseum und das Deutsche Literaturarchiv werden gegründet. 1938 verliert Marbach seine Funktion als Verwaltungssitz, als das Oberamt aufgelöst wird. 1971 erfolgt die Eingemeindung von Rielingshausen, nachdem sich Siegelhausen schon 1828 der Stadt angeschlossen hatte.

Vorgeschichte

Ab der Jungsteinzeit lassen sich Menschen im Neckarbecken nieder und beginnen mit der Rodung der Urwälder. Reste menschlicher Siedlungen lassen sich auf Marbacher Stadtgebiet seit dem 6. Jahrtausend v. Chr. nachweisen.

Im Jahr 85 n. Chr. wird der Neckar zur Grenze des Römischen Reichs. Gegenüber der heutigen Stadt Marbach, im heutigen Benningen, wird ein Kastell errichtet. Um 150 n. Chr. wird auch das Gebiet rechts des Neckars in das Römische Reich einbezogen, die Besatzung des Kastells ins 25 km weiter östlich gelegene Murrhardt verlegt und eine Römerstraße zwischen Benningen und Murrhardt gebaut. Diese verläuft durch die Marbacher Talsenke etwa im Bereich der heutigen Bahnlinie; eine Brücke (nördlich des heutigen Eisenbahnviadukts) führt über den Neckar. In der Umgebung des Kastells entsteht eine als vicus murrensis bezeichnete zivile Ansiedlung, von der im Marbacher Gebiet die Überreste mehrerer Gutshöfe ergraben wurden.

Alemannische und fränkische Zeit

Die alemannische Landnahme wird um das Jahr 260 angenommen. An der Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert werden diese durch die Franken unterworfen, und der Norden des heutigen Baden-Württembergs bis in die Gegend um Marbach wird in das fränkische Siedlungsgebiet einbezogen. Der Marbacher Raum gerät so aufs Neue in die Nähe einer Grenze, die diesmal jedoch in Ost-West-Richtung verläuft.

Der genaue Verlauf der Stammesgrenze im Marbacher Raum ist nicht endgültig geklärt. Die gängige Lehrmeinung im 20. Jahrhundert verortete die Grenze entlang einer Linie vom Hohenasperg zum Lemberg bei Affalterbach, aber auch ein Grenzverlauf durch das Strenzelbachtal wird heute für möglich gehalten. Ein Indiz hierfür ist der Ortsname, der von Markbach, d.h. Grenzbach abgeleitet ist.

Alexanderkirche

Nachweise für eine dauerhafte Siedlungstätigkeit auf Marbacher Markung bis zum 7. Jahrhundert gibt es nicht, und über die Frühzeit Marbachs liegen keine schriftlichen Quellen vor. Aufgrund archäologischer Befunde und wegen des auf -bach endenden Ortsnamens nimmt man an, dass Marbach um 700 als fränkischer Königshof entstand. Dieser befand sich nördlich des Strenzelbachs (der heute verdohlt unter der Bottwartalstraße verläuft) bei der heutigen Alexanderkirche. Demnach ist die Gründung in Zusammenhang mit dem Wiederaufflammen des alemannisch-fränkischen Konflikts unter Herzog Gotfrid zu sehen: Wegen seiner römerzeitlichen Infrastruktur (Kastell, Straßen, Brücke) bietet der Raum Benningen-Marbach ideale Voraussetzungen als fränkische Gegenposition zum alemannischen Herzogssitz bei Cannstatt. Auch Heerstraßen von Worms und in Richtung Bayern führen an dem Königshof vorbei.

Dem Königshof sind die umliegenden, bereits zuvor bestehenden Dörfer untergeordnet. Marbach erlangt somit frühzeitig die Funktion eines Verwaltungsmittelpunkts, die es bis ins 20. Jahrhundert behauptet. Nachdem die Herzogtümer Alemannien (746) und Bayern (788) endgültig in das Frankenreich eingegliedert sind, verliert der Königshof an Bedeutung. Die Brücke verfällt und wird nicht wieder aufgebaut; Besitztümer aus den umliegenden Dörfern werden nach und nach an das Kloster Lorsch verschenkt.

Verschiedene Herrschaften im 10. bis 13. Jahrhundert

Die urkundliche Ersterwähnung von Marcbach erfolgt 972 in einer weiteren Schenkungsurkunde, mit der ein Diakon Wolwald den Königshof mit allem dazugehörigen Besitz dem (fränkischen) Bistum Speyer überträgt. 1009 bestätigt Kaiser Heinrich II. das Marktrecht für Marbach (das wohl schon vorher bestand) und erlaubt die Errichtung einer Münzstätte.

Die Besitzverhältnisse in den darauffolgenden Jahrhunderten sind nicht schriftlich festgehalten. 1282 werden Marbacher erstmals als „Bürger“ bezeichnet, so dass die Stadtgründung vor diesem Zeitpunkt liegen muss. Ältere Hypothesen besagten, dass die Stadt schon früh den Grafen von Württemberg gehörte und von diesen um 1250 gegründet wurde. Die heutige Stadtgeschichtsschreibung geht jedoch davon aus, dass Marbach im Zuge des Investiturstreits um 1100 an die Markgrafen von Baden übergeht, deren Besitzschwerpunkt zu dieser Zeit an Neckar und Murr liegt. Diese legen am Ende des 12. Jahrhunderts eine neue Marktsiedlung mit Herrensitz auf der Anhöhe südlich des Strenzelbachs an, die zur Keimzelle der heutigen Stadt wird.

Mitte des 13. Jahrhunderts ziehen sich die badischen Markgrafen aus dem Neckar-Murr-Raum zurück, um sich auf ihre weiter westlich gelegenen Besitzungen zu konzentrieren. Marbach gerät als Heiratsgut an die Herzöge von Teck, vermutlich zwischen 1253 und 1259. In dieser Zeit wird der Herrensitz zur Burg ausgebaut. 1302 verkaufen die Herzöge von Teck die Stadt aus Geldmangel an den württembergischen Grafen Eberhard den Erlauchten.

Unter württembergischer Herrschaft

Graf Eberhard gerät durch seine expansive Politik in Konflikt mit Kaiser Kaiser Heinrich VII. Im Reichskrieg gegen Württemberg wird Marbach 1311 zerstört und muss sich der Reichsstadt Esslingen unterwerfen. Bereits 1316 gelingt es Eberhard jedoch, seinen Besitz zurück zu erhalten. Burg und Stadt werden wiederaufgebaut.

Unter württembergischer Herrschaft wird Marbach Sitz eines Amtes, das 1380 erstmals erwähnt wird, und ist zusammen mit Markgröningen einer der führenden Orte im Neckarbecken. Die Grafen von Württemberg halten sich oft in Marbach auf, 1405 wird in der Stadt der Marbacher Bund, eine Allianz südwestdeutscher Fürsten und Reichsstädte gegen König Ruprecht, geschlossen.

An der Niklastorstraße

Die Stadt ist zu dieser Zeit recht wohlhabend, zumal das Handwerk von den Aufträgen des Landesherrn und seiner Hofverwaltung profitiert; daneben sind Ackerbau und Weinbau die Haupterwerbszweige der etwa 1.200 Einwohner. Seit 1392 ist eine Lateinschule in Marbach nachgewiesen, auf die das heutige Friedrich-Schiller-Gymnasium zurückgeht. Um 1400 herum wird die Stadt erweitert, die heutige Mittlere und Untere Holdergasse werden in die Mauern einbezogen. Außerhalb der Mauern am Strenzelbach befinden sich die Häuser einiger aufs Wasser angewiesener Handwerker wie der Gerber, auf der anderen Bachseite die separat ummauerte Alexanderkirche, die weiterhin Pfarrkirche ist. Vom Mittelalter bis zum Jahr 1839 ist Marbach mit sechs anderen Gemeinden an der gemeinschaftlichen Verwaltung des Hartwalds beteiligt, eines größeren Waldgebiets im Nordosten des Amts. Auf diesen Sachverhalt geht der heutige Gebietsanteil Marbachs im Hartwald zurück.

Bei der vorübergehenden Teilung Württembergs im Nürtinger Vertrag 1442 gerät die Stadt an die Linie Württemberg-Stuttgart unter Graf Ulrich dem Vielgeliebten. Dieser hält sich oft in Marbach auf und sorgt für den Ausbau von Burg und Kirche. Als er während der Mainzer Stiftsfehde in pfälzische Gefangenschaft gerät, muss er, um seine Freilassung zu erreichen, 1463 Stadt und Amt Marbach in ein pfälzisches Lehen umwandeln. Erst 1504, durch den Erfolg Herzog Ulrichs im Landshuter Erbfolgekrieg, wird dies wieder rückgängig gemacht.

Unruhige Zeit im 16. und 17. Jahrhundert

Die Bewegung des Armen Konrads im Jahr 1514 findet auch bei den Bauern im Marbacher Amt Anklang, es kommt zu mehreren Protestkundgebungen. Die Vertreter von vierzehn Städten des württembergischen Unterlands versammeln sich in Marbach und verfassen einen Forderungskatalog an den Herzog. Insgesamt verhalten sich die Marbacher aber eher abwartend. Der Marbacher Doktor Alexander Seitz, der die Sache der Bauern in Wort und Schrift vertreten hatte, muss nach dem Scheitern des Armen Konrads in die Schweiz fliehen.

1519 wird Marbach (wie der Rest Württembergs) von Truppen des Schwäbischen Bunds besetzt und die Landeshoheit an Kaiser Karl V. übergeben; Marbach wird somit österreichisch. 1525, im Deutschen Bauernkrieg, verschafft sich eine Schar Bauern Zutritt in die Stadt. Dem Vogt gelingt es jedoch, die Bauern betrunken zu machen und wieder zu vertreiben. Trotzdem wird die Stadt nach der Niederschlagung des Aufstands mit einem Strafgeld belegt, da sich auch Marbacher am Aufruhr beteiligt haben. Als Herzog Ulrich 1534 die Herrschaft über Württemberg zurück erlangt, führt er die Reformation ein. Bei dieser Gelegenheit löst die Stadtkirche die Alexanderkirche als Pfarrkirche ab.

1546, im Schmalkaldischen Krieg, wird Marbach erneut durch kaiserliche Truppen besetzt, die mordend und plündernd in der Stadt wüten. Da in der Folge weitere Truppendurchzüge stattfinden und Marbach sich noch an der hohen Kriegsentschädigung beteiligen muss, die Herzog Ulrich an den Kaiser entrichtet, sind die Stadtfinanzen anschließend zerrüttet.

Ab 1579 führt Simon Studion, der Präzeptor der Marbacher Lateinschule, archäologische Ausgrabungen durch und entdeckt das römische Kastell in Benningen wieder. Gerade in den Zeiten der Renaissance und der damit einhergehenden Wiederbesinnung auf die Antike beflügelt dies den Glauben, Marbach sei schon in römischer Zeit entstanden und sein Name von den römischen Göttern Mars und Bacchus abgeleitet (siehe auch Abschnitt Wappen und Flagge).

Marbach 1664

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 macht Marbach und Umgebung schwer zu schaffen. Bereits in der ersten Kriegshälfte verursachen Truppeneinquartierungen hohe Kosten, hinzu kommen Krankheiten und 1626 eine Hungersnot infolge einer Missernte. Nach der Niederlage der protestantischen Seite in der Schlacht bei Nördlingen 1634 besetzen kaiserliche Truppen Württemberg und machen das Land unsicher. Die Bewohner der umliegenden Dörfer fliehen zum großen Teil hinter die Marbacher Stadtmauern, die jedoch nur bedingte Sicherheit bieten. Marbach wird erneut durch Einquartierungen von Truppen belastet, die Stadt und Bewohner nach Belieben ausplündern. 1634 brennen in Marbach 80 Häuser nieder, 1635/36 kommen eine erneute Pestepidemie und Hungersnot hinzu. Zwischen 1634 und 1639 sinkt die Einwohnerzahl der Stadt von 1.765 auf 863, die des Amts zwischen 1622 und 1639 von 17.694 auf 2.271, also auf ein Achtel. Nach einer Periode der relativen Ruhe zwischen 1639 und 1642 werden Stadt und Umgebung 1642 noch einmal durch französisch-schwedische Truppen geplündert und gebrandschatzt, weitere Truppendurchzüge folgen bis 1646. Nach dem Krieg kommen Einwanderer ins Land, hauptsächlich Schweizer, was den Bevölkerungsverlust aber nur ansatzweise wieder ausgleichen kann.

Zerstörung und Bedeutungsverlust

Noch bevor sich Stadt und Amt von den Folgen des Dreißigjährigen Kriegs erholt haben, bekommen sie den Pfälzischen Erbfolgekrieg zu spüren. 1688 dringen französische Truppen in die Stadt ein und plündern sie zwei Tage lang. Danach muss Marbach vorübergehend Reichstruppen in seinen Mauern beherbergen und verpflegen. Als sich französische Truppen unter Mélac Ende Juli 1693 erneut der Stadt nähern, fliehen viele Bewohner. Die Franzosen rücken in die nunmehr unverteidigte Stadt ein, plündern, misshandeln und ermorden die noch nicht geflohenen Bewohner. Anschließend wird Marbach planmäßig angezündet und nahezu vollständig verbrannt. Lediglich die Alexanderkirche und wenige andere, meist außerhalb der Mauern gelegene Gebäude überstehen die Zerstörung. Einige Flüchtlinge kehren nicht wieder nach Marbach zurück, von den übrigen überleben etliche den darauffolgenden Winter nicht, da neben den Häusern auch die Vorräte vernichtet sind. Nach 1.478 Einwohnern im Jahr 1692 werden 1695 nur noch 609 gezählt.

Der Wiederaufbau, der das heutige Erscheinungsbild der Altstadt bestimmt, zieht sich über die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre hin. Ab 1704 wächst die südwestlich gelegene, neu gegründete Stadt Ludwigsburg zum neuen Zentrum der Umgebung heran. Marbach muss eine Verringerung seines Amtsbezirks hinnehmen, verliert zentrale Funktionen und sinkt insgesamt an Bedeutung herab. Zu allem Überfluss muss es seine Konkurrenz auch noch durch Materiallieferungen und Frondienste aufbauen helfen. Für ein eigenes Rathaus ist in Marbach erst 1763 wieder Geld vorhanden. Das herzogliche Schloss hingegen wird nicht wieder aufgebaut.

Übergangszeit im 18. und 19. Jahrhundert

1759 wird Friedrich Schiller in Marbach geboren. Der Dichter, der im 19. Jahrhundert Gegenstand nahezu kultischer Verehrung wird, bringt seinem Geburtsort posthum weitreichende Bekanntheit und wird bestimmend für das Selbstverständnis der Stadt (siehe Abschnitt Schillerstadt Marbach).

Ebenfalls 1759 erhält das bisherige Amt die Bezeichnung Oberamt Marbach. Dieses bleibt bei der Neuordnung Württembergs 1806 bestehen und wird 1810 nach Norden vergrößert. 1816/17 kommt es infolge einer Missernte zu einer Hungersnot. Diese sowie religiöse Spannungen zwischen der Landeskirche und den Pietisten führen zu Auswanderungen nach Russland.

Um diese Zeit herum wächst die Stadt erstmals über ihren mittelalterlichen Kern hinaus, eine Vorstadt im Bereich des Oberen Tors entsteht. 1828 wird die bis dahin selbständige Gemeinde Siegelhausen nach Marbach eingemeindet. Eine weitere Hungersnot 1846/47 führt zu erneuten Auswanderungen, nun verstärkt nach Amerika. Durch die Auswanderungen sinkt die Einwohnerzahl Marbachs zwischen 1846 und 1861 um über 10 % auf etwa 2.200. Im Revolutionsjahr 1848 wird auf Veranlassung der Frankfurter Nationalversammlung eine Bürgerwehr gegründet, die aber nie in Kämpfe verwickelt wird. 1871 wird Marbach mit dem Rest Württembergs Bestandteil des Deutschen Reichs.

Vom Kaiserreich bis zum Zweiten Weltkrieg

Marbacher Wasserkraftwerk

Seit der Gründung von Ludwigsburg laufen die großen Verkehrsverbindungen an Marbach vorbei. So erhält die Stadt erst relativ spät, nämlich 1879, einen Bahnhof an einer Nebenlinie der Murrbahn zwischen Backnang und Bietigheim, ab 1881 auch eine direkte Verbindung nach Ludwigsburg. 1894 wird Marbach außerdem Ausgangspunkt der Bottwarbahn nach Heilbronn. Der Bahnhof wird nordöstlich und außerhalb der Stadt angelegt und zieht kleinere Fabriken an, darunter mehrere Möbelfabriken und zeitweise eine Schuhfabrik. Zu einem ausgesprochenen Industriestandort wird Marbach jedoch nicht, um die Jahrhundertwende teilt sich die Anzahl der Beschäftigten etwa gleichmäßig auf Arbeiterschaft, Landwirtschaft/Weinbau und Gewerbe/Handel auf. Die neuen Betriebe sorgen für ein Anwachsen der Bevölkerung, was neue Versorgungseinrichtungen notwendig macht. 1896 wird ein Wasserwerk gebaut, 1906 erhält Marbach elektrischen Strom (siehe Abschnitt Kraftwerk Marbach).

Im Ersten Weltkrieg hat die Stadt 132 Gefallene zu beklagen. Der Übergang in die Weimarer Republik vollzieht sich ohne großes Aufsehen, die Gemeinderatswahlen sehen die SPD, die DDP und die konservativen württembergischen Parteien etwa gleichauf.

Zwischen 1919 und 1933 erhöht sich die Einwohnerzahl von etwa 2.900 auf 3.500. Es entstehen neue Wohnungen im Osten der Stadt bis etwa zur Schwabstraße, auch nördlich der Bahnlinie wird vermehrt gebaut. 1928 wird eine Gasversorgung eingerichtet. In der Weltwirtschaftskrise schließen mehrere Marbacher Firmen ihren Betrieb, es kommt zu hoher Arbeitslosigkeit. 1931 erringen Kommunisten und Nationalsozialisten erstmals je einen Sitz im Gemeinderat.

Bei der Reichstagswahl 1933 erreichen die Nationalsozialisten in Marbach 41.5 % der Stimmen. Nach der Annahme des Ermächtigungsgesetzes werden in Marbach der Gemeinderat gleichgeschaltet und die Organisationen der Arbeiterbewegung verboten; einige Marbacher Kommunisten und Sozialdemokraten werden ins KZ Heuberg gebracht.

1938 wird das Oberamt Marbach aufgelöst. Marbach verliert seine Funktion als Verwaltungssitz und gerät an den Landkreis Ludwigsburg. Um die gleiche Zeit muss infolge der Neckar-Kanalisierung das bei Marbach befindliche Wasserkraftwerk durch einen Neubau weiter flussaufwärts ersetzt werden. Das Kraftwerksgelände wird, quasi als Entschädigung für den Verlust des Oberamts, von der Neckarweihinger Markung abgetrennt und Marbach zugeteilt.

Im Zweiten Weltkrieg wächst Marbachs Bevölkerung durch die wiederholte Aufnahme Evakuierter oder Luftkriegsgeschädigter aus der größeren Umgebung an; auch werden polnische und französische Kriegsgefangene in Betrieben und Landwirtschaft eingesetzt. An der Stadt selbst geht der Krieg ohne größere Zerstörungen vorbei, jedoch sprengen deutsche Truppen kurz vor Kriegsende mehrere Brücken, darunter das Eisenbahnviadukt. Ende April 1945 wird Marbach von amerikanischen Truppen besetzt.

Jüngere Geschichte

Nach dem Krieg gehört Marbach zunächst dem Land Württemberg-Baden an, das 1952 in Baden-Württemberg aufgeht. Die Bevölkerung wächst durch den Zuzug von 1.850 Heimatvertriebenen weiter an. Um dieser Lage gerecht zu werden, entstehen nach 1950 weitere Siedlungen nördlich und südlich der Erdmannhäuser Straße. Auch die zuvor mehrmals aufgeschobene Kanalisation wird verwirklicht.

Ab 1957 entsteht südlich der Stadt die Siedlung Hörnle für bis zu 2.000 Menschen, in der hauptsächlich Heimatvertriebene, aber auch junge Familien Wohnungen finden. Der nahe der Siedlung gelegene Makenhof, der zusammen mit dem Kraftwerksgelände an Marbach gekommen ist, wird jedoch wieder an Neckarweihingen zurückgegeben.

1965 besucht die englische Königin Elisabeth II. Marbach. Hinterher wird kolportiert, sie habe in Wirklichkeit nicht die Stadt, sondern das Gestüt Marbach auf der Schwäbischen Alb sehen wollen. Obwohl der Wahrheitsgehalt dieser Anekdote zweifelhaft ist, wird sie bis heute oft weitererzählt.

1972, während der Gemeindereform, wird Rielingshausen eingemeindet. Wie die Siegelhäuser ist auch die Rielingshäuser Markung vollständig von der Marbachs getrennt. Die Hoffnungen der Stadt, unter Einbeziehung weiterer Nachbarorte eine Großgemeinde bilden zu können, zerschlagen sich aber. Es wird lediglich ein Gemeindeverwaltungsverband gegründet, der neben Marbach noch Benningen, Affalterbach und Erdmannhausen umfasst.

1980 wird die Stadt an das Stuttgarter S-Bahn-Netz angeschlossen. 1989 wird die Bottwarbahn stillgelegt, ihre Gleise werden großenteils abgebaut.

Die erhöhte Mobilität in der Bevölkerung bewirkt, dass Marbach sich zu einer beliebten Wohngemeinde im Stuttgarter Umland entwickelt. Wiederholt werden Neubaugebiete ausgewiesen und bebaut, so dass sich die Einwohnerzahl von 12.000 im Jahr 1980 auf über 15.000 im Jahr 2005 erhöht; das jüngste Neubaugebiet ist Kirchenweinberg Nord oberhalb der Eisenbahnlinie.

2000 wird das Marbacher Jugend-Kultur-Haus planet-x mit seiner pädagogischen Konzeption als bundesweit einziges Jugendhaus aufgrund seiner vielfältigen Partizipationsmöglichkeiten weltweites Projekt bei der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover.

Schillerstadt Marbach

1759 wird Friedrich Schiller als Sohn eines Arztes in Marbach geboren, zieht jedoch bereits im Alter von vier Jahren fort. Trotz dieser eher marginalen Beziehung wird die Stadt nach seinem Tod im Jahr 1805 zu einem Zentrum der Verehrung des Dichters. 1812 stellt man nachträglich Schillers Geburtshaus fest und bringt eine Gedenktafel an. Wenig später kommen die ersten Auswärtigen nach Marbach, um das Haus zu sehen.

Schiller-Nationalmuseum

1835 wird der Vorläufer der heutigen Deutschen Schillergesellschaft unter dem Namen Verein für Schillers Denkmal (später Marbacher Schillerverein) gegründet. Zwischen 1836 und 1840 wird die Schillerhöhe südlich der Stadt als Festplatz angelegt. 1857 erwirbt die Stadt das Geburtshaus, wo zwei Jahre später, zum 100. Geburtstag, ein Museum eingeweiht wird. 1876 wird das Schillerdenkmal auf der Schillerhöhe eingeweiht, 1903 am Rande des Platzes das Schiller-Nationalmuseum eröffnet.

Seit 1859 veranstalten die Schulen jährliche Schillerfeiern, die jeweils am 10. November, dem Geburtstag des Dichters, abgehalten werden. Die runden Jubiläen des Geburts- und Todestages werden mit speziellen Gedenkveranstaltungen begangen.

1934 veranstalten die Nationalsozialisten eine Schillerhuldigung der deutschen Jugend, bei der aus fünf Richtungen von den Reichsgrenzen aus in Staffelläufen Grußbotschaften und Fackeln nach Marbach überbracht werden. Auch die jährlichen Schillerfeiern dienen zeitweise Propagandazwecken, später ändern die Machthaber aber ihre Meinung und verbieten die Aufführung von Stücken wie Wilhelm Tell, da ihnen deren Inhalte (Tyrannenmord) nunmehr gefährlich erscheinen.

Nach der Eröffnung des Deutschen Literaturarchivs Marbach im Jahr 1955 stiftet die Stadt 1959 den Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar, der seither alle zwei Jahre für Arbeiten zur Landeskunde Württembergs verliehen wird.

Schiller ist bis heute eine wesentliche Identifikationsfigur für Marbach, was nicht nur von lokalpatriotischer, sondern auch touristischer Bedeutung ist. Zahlreiche Einrichtungen sind nach dem Dichter benannt, so das örtliche Gymnasium und die Volkshochschule, auch der Ort selbst bezeichnet sich als „Schillerstadt“, was jedoch ein selbstgewählter und nicht von der Landesregierung verliehener Titel ist. Trotz der quasi-offiziellen Verwendung ist die Bezeichnung also nicht Teil des amtlichen Gemeindenamens.

Seit 1998 werden die alljährlichen Schillerfeiern im vergrößerten Rahmen als Schillerwoche abgehalten. 2005 wird im Gedenken an den 200. Todestag Schillers gar als „Schillerjahr“ mit einer Fülle von besonderen Programmen und Veranstaltungen begangen. Auch für 2009, zum 250. Geburtstag, sind besondere Veranstaltungen geplant.

Geschichte Rielingshausens

Erste Spuren menschlicher Besiedlung auf Rielingshäuser Markung sind aus der Jungsteinzeit und aus römischer Zeit nachgewiesen. Die Römerstraße von Benningen nach Murrhardt verläuft über Rielingshauser Gebiet; sie entspricht in etwa der heutigen Landesstraße, verläuft jedoch ein wenig weiter nördlich und westlich.

Ortsansicht von Süden

Der heutige Ort Rielingshausen entsteht vermutlich um 700 südlich der Römerstraße als fränkischer Adelssitz. Erstmals erwähnt wird er 776 im Lorscher Codex als Reginherishusen. Ab 972 gehört der Ort wie Marbach zum Bistum Speyer. Die weiteren Besitzverhältnisse bis ins frühe 14. Jahrhundert sind nicht überliefert, womöglich gehört Rielingshausen später zur Herrschaft Wolfsölden. Spätestens mit deren Verkauf 1322, vielleicht auch schon zusammen mit Marbach, fällt Rielingshausen in den Besitz der Grafen von Württemberg. Ende des 13. Jahrhunderts sind westlich Rielingshausens die zwei Siedlungen Sigebotsbuch und Kaisersberg bezeugt, die wohl wenig später abgehen. Durch die freiwerdende Fläche kann sich die Rielingshauser Markung nach Westen ausdehnen.

Unter württembergischer Herrschaft gehört der Ort zum Amt Asperg, ab dem 15. Jahrhundert zum Amt (später Oberamt) Marbach. Die etwa 500 Einwohner leben von Landwirtschaft und Weinbau, um 1350 ist erstmals eine Kelter erwähnt.

1525 nehmen Rielingshäuser Bauern am Deutschen Bauernkrieg teil, dreizehn von ihnen werden nach dem Scheitern des Aufstands zu Geldstrafen verurteilt und dürfen keine Waffen mehr tragen. Wie auch Marbach ist Rielingshausen im Dreißigjährigen Krieg wiederholt Opfer von Pest, Hungersnöten und Übergriffen durchziehender Truppen, die den Ort schlimm treffen. Die Einwohnerzahl sinkt zwischen 1622 und 1648 von 624 auf 108, und die Hälfte der Häuser wird zerstört. Auch die nachfolgenden Kriege im 17. und 18. Jahrhundert bekommt der Ort zu spüren, so wird er 1674 und 1693 von den Franzosen geplündert. Im dadurch verursachten Hungerwinter 1693/94 geht die Einwohnerzahl von 319 auf unter 200 zurück.

1720 entsteht nördlich des Dorfs auf damals wüstliegendem Gelände der Weiler Hinterbirkenhof, auf dem im Laufe der Zeit zwischen 20 und 40 Einwohner leben. Die Einwohnerzahl der Gemeinde erreicht erst nach 1780 wieder den Stand von 1622. Bei der Neuordnung Württembergs 1810 verbleibt Rielingshausen beim Oberamt Marbach. Neben zahlreichen Truppendurchzügen in den Koalitionskriegen belastet den Ort auch die Einziehung etlicher Männer zum Militärdienst. Sieben Rielingshäuser Soldaten fallen im Russlandfeldzug Napoleons.

Rathausplatz mit Kirche

Kurzzeitig erringt Rielingshausen überregionale Bekanntheit, als dort der bekannte pietistische Theologe Ludwig Hofacker von 1826 bis zu seinem frühen Tod 1828 als Pfarrer wirkt. Zu seinen Sonntagspredigten strömen Gläubige aus weit entfernten Orten in das Dorf.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wächst die Bevölkerung zunächst an; 1849 ist mit über 1.100 Einwohnern ein vorläufiger Höhepunkt erreicht. Zugleich wandern aber viele Rielingshäuser aus, zunächst hauptsächlich nach Russland, später nach Nordamerika. Ursachen der Auswanderung sind Hungersnöte (1816/17 und 1846/47), religiöse Beweggründe und Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen. Infolgedessen sinkt die Einwohnerzahl bis 1900 wieder auf unter 800. Nach wie vor leben die meisten Einwohner von Landwirtschaft und Weinbau, daneben entwickelt sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Weberei zum größten Gewerbe am Ort und behält diese Stellung bis zum Ende des Jahrhunderts.

1899 wird an der Eisenbahnstrecke Backnang–Marbach ein Haltepunkt Erdmannhausen-Rielingshausen eingerichtet. Dieser befindet sich allerdings (von Rielingshausen gesehen) jenseits der Murr, drei Kilometer vom Ort entfernt. 1912/13 erhält der Ort elektrischen Strom.

Aus dem Ersten Weltkrieg kehren 43 Rielingshäuser nicht mehr zurück. Während der Weimarer Republik ist zunächst der Württembergische Bauern- und Weingärtnerbund die bestimmende politische Kraft im Ort; er erhält 1920 über zwei Drittel der Stimmen. In den 1920ern verändert sich die Arbeitsstruktur im Ort, immer mehr Einwohner pendeln als Industriearbeiter in die benachbarten Orte bis hin nach Stuttgart. Während der Weltwirtschaftskrise ist diese Gruppe stark von Arbeitslosigkeit betroffen. 1931 gibt es 60 Arbeitslose bei 760 Einwohnern. Die damit einhergehende Not führt zu einer Veränderung der politischen Mehrheitsverhältnisse. Bei der Reichstagswahl 1933 wird die NSDAP mit 47 % der Stimmen stärkste Kraft.

Hinterbirkenhof

Die Errichtung des Dritten Reichs geht auch in Rielingshausen mit der Gleichschaltung des Gemeinderats und der übrigen Organe des gesellschaftlichen Lebens einher. 1937 wird ein Zeuge Jehovas verhaftet, der später im KZ Mauthausen ums Leben kommt. 1938, bei der Auflösung des Oberamts Marbach, wird Rielingshausen entgegen den gewachsenen Strukturen dem Landkreis Backnang zugeteilt. Im Zweiten Weltkrieg nimmt der Ort zeitweise Evakuierte aus anderen Orten auf. In der Landwirtschaft werden etwa 20 französische Kriegsgefangene eingesetzt sowie einige Angehörige anderer Nationen. Als der Krieg vorbei ist, sind 37 Rielingshäuser gefallen oder vermisst.

Nach dem Krieg siedeln sich am Ort über 200 Heimatvertriebene an, viele davon aus Bessarabien. Der Bevölkerungszuwachs führt ab 1948 zur Errichtung einer Reihe von Neubaugebieten, durch die sich der Ort hauptsächlich nach Norden und Osten ausdehnt. 1959 überschreitet die Einwohnerzahl erneut die Grenze von 1.000 Einwohnern und steigt in der Folge weiter, da der Ort durch weitere Neubaugebiete zu einer Wohngemeinde im Umland Stuttgarts wird.

Die Gemeindereform beendet 1972 die kommunale Selbständigkeit Rielingshausens. Die Bürger geben bei einer Abstimmung einer Vereinigung mit Marbach deutlich den Vorzug gegenüber einer solchen mit Steinheim an der Murr. Die Eingemeindung nach Marbach wird daraufhin am 1. Juli 1972 durchgeführt, wodurch der Ort zugleich an den Landkreis Ludwigsburg gerät. Rielingshausen behält nach der Eingemeindung einen eigenen Ortschaftsrat.

Die Eingemeindung wird vom Land Baden-Württemberg finanziell gefördert, wodurch die Infrastruktur des Orts in den folgenden Jahren stark ausgebaut werden kann (Schule, Kindergarten, Wegenetz u.a.) Ab 1979 entsteht im Nordwesten des Orts noch das Neubaugebiet Egelsee.

Geschichte Siegelhausens

Dorfbrunnen in Siegelhausen

Siegelhausen, zwischen den Orten Affalterbach, Hochdorf und Bittenfeld gelegen, tritt 1230 in das Licht der Geschichte, als Graf Berthold von Beilstein und seine Gattin dem Stift Backnang ein Gut und das Patronatsrecht in Siegelhausen schenken. 1243 erhält das Stift weitere Güter geschenkt und wird 1245 zum alleinigen Besitzer Siegelhausens. Der Name des Orts tritt zu dieser Zeit als Siglerhusen oder Sigelarhusin auf und wird von einem Personennamen Sigilo abgeleitet.

Siegelhausen besitzt bereits bei seiner Ersterwähnung eine Kirche (die Martinskirche), zu deren Pfarrbezirk 1458 auch Schwaikheim und Bittenfeld gehören. 1468 wird die Pfarrei jedoch nach Bittenfeld verlegt, wohin der Ort bis heute in kirchlicher und schulischer Hinsicht gehört. Nach 1592 existiert die Siegelhäuser Kirche nicht mehr, und der Ort bleibt ein kleiner, landwirtschaftlich geprägter Weiler.

Nachdem das Stift Backnang während der Reformation aufgelöst wurde, gehört Siegelhausen dem Oberamt Backnang an. 1810 wird Siegelhausen dem Oberamt Marbach zugeordnet.

1822 ergeht durch die württembergische Regierung eine Aufforderung an die Weiler, sich den nächstgelegenen Gemeinden im jeweiligen Oberamt anzuschließen. Für Siegelhausen ist dies Affalterbach, da Bittenfeld und Hochdorf dem Oberamt Waiblingen angehören. Siegelhausen will jedoch seine kirchliche und schulische Bindung an das nähergelegene Bittenfeld wahren, die durch eine Eingemeindung nach Affalterbach in Frage gestellt würde. Daher bemüht sich Siegelhausen um eine Eingemeindung nach Marbach, das allerdings keine gemeinsame Grenze mit Siegelhausen hat. Diese Eingemeindung erfolgt 1828 und belässt Siegelhausen seine Bindungen nach Bittenfeld.

1912 erhält Siegelhausen Elektrizitätsversorgung, 1963 Anschluss an die Affalterbacher Wasserversorgung. 1944 werden Spreng- und Brandbomben über dem Ort abgeworfen und richten Sachschäden an. 1978 und 2003 werden Jubiläumsfeiern zum 150- bzw. 175-jährigen Jahrestag der Eingemeindung abgehalten.

Religionen

In Marbach gibt es drei evangelisch-lutherische Pfarrämter (Mitte, Ost, West). Die Stadt ist Sitz des Kirchenbezirks Marbach der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, die in Marbach auch eine diakonische Bezirksstelle betreibt. Rielingshausen hat eine eigene evangelische Kirchengemeinde.

Die evangelisch-methodistische Gemeinde Marbach begeht ihre Gottesdienste in der Erlöserkirche, die katholische Gemeinde in der Kirche Zur heiligen Familie. Letztere gehört zum Dekanat Ludwigsburg innerhalb des Bistums Rottenburg-Stuttgart. Weitere in Marbach organisierte Glaubensgemeinschaften sind die Neuapostolische Kirche mit Gemeinden in Marbach und in Rielingshausen sowie die Zeugen Jehovas mit zwei Versammlungen in Marbach.

In seiner Geschichte gehörte Marbach wie der Rest des Murrgaus zunächst dem Bistum Worms an. 740 wurde die Gegend dem Bistum Würzburg zugeordnet, bevor sie im 9. Jahrhundert dann zum Bistum Speyer kam, bei dem sie bis zur Reformation verblieb und innerhalb dessen Marbach Sitz eines Landkapitels war. Die außerhalb der Stadtmauern gelegene und auf dem Grund des einstmaligen Königshofs errichtete Alexanderkirche war bis zur Reformation Pfarrkirche der Stadt. Mit Reliquien des Hl. Alexander ausgestattet, war sie auch Ziel von Wallfahrten.

Stadtkirche

Herzog Ulrich ließ 1534 in Württemberg die Reformation einführen, die im Unterland durch den Theologen Erhard Schnepf durchgeführt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde die Stadtkirche zur Pfarrkirche. Die Reformation führte auch zum Verschwinden der Beginen, die zuvor zwei Jahrhunderte lang in Marbach präsent waren. 1547 wurde die evangelische Kirche in Württemberg neu geordnet, wobei Marbach Sitz eines von 23 Dekanaten wurde. Dieses für die Ämter Marbach, Großbottwar und Beilstein zuständige Dekanat war dem Generalat Lorch untergeordnet; nach der Neuordnung Württembergs 1810 gehörte es zum Generalat Heilbronn.

Als Folge der Reformation ist die Bevölkerung Marbachs noch heute mehrheitlich evangelisch, 1871 waren es gar noch 99 %. Daneben gab es immer wieder kleinere Religionsgemeinschaften, die von der Obrigkeit meist nicht gerne gesehen wurden. Von der Reformationszeit bis etwa 1560 gab es in Marbach einige Wiedertäufer, die teilweise auch in Siegelhausen ihre Treffen abhielten. 1692 wurden in der Stadt elf Katholiken und sechs Calvinisten gezählt. Im 18. Jahrhundert gewannen die Pietisten einige Anhänger. Anfang des 19. Jahrhunderts verschärfte sich in Württemberg der Konflikt zwischen der Landeskirche und den radikalen Pietisten, den Separatisten, die sich unter anderem in der Marbacher Harmonie organisierten. Diese organisierte 1817 die Auswanderung ihrer Mitglieder nach Russland. Juden sind nur einmal, 1487, in Marbach erwähnt.

Erste methodistische Predigten wurden 1857 in Marbach gehalten. Zehn Jahre später baute sich die 50 Mitglieder umfassende Gemeinde (zu der auch Gläubige aus umliegenden Orten gehörten) eine Kapelle in der Wildermuthstraße. Die heutige Erlöserkirche wurde 1963 eingeweiht.

Im Dritten Reich fanden die Deutschen Christen erheblichen Zulauf in Marbach und hatten zeitweilig bis zu 300 Mitglieder. Die Beitrittswelle wurde durch deren erste württembergische Gautagung ausgelöst, die 1934 in der Stadt abgehalten wurde. Marbach wurde auch zum Schauplatz zweier weiterer Gautagungen 1935 und 1936, bevor die Bewegung zerfiel.

Katholiken kamen erst nach dem Zweiten Weltkrieg in größerer Zahl in die Stadt; sie stellten die Mehrzahl der in Marbach angesiedelten Heimatvertriebenen. Die Kirche Zur heiligen Familie wurde 1953 eingeweiht.

Der heutige Ortsteil Rielingshausen erhielt wohl im 8. oder 9. Jahrhundert eine eigene Pfarrei. Wie auch Marbach gehörte der Ort ab dem 9. Jahrhundert zum Bistum Speyer. 1453 überließ Graf Ulrich der Vielgeliebte die Rielingshäuser Kirche dem Stift Backnang, das schon zuvor im Ort begütert war. Das Stift stellte in der Folge die Pfarrer.

1534 wurde auch in Rielingshausen die Reformation eingeführt, so dass die Bevölkerung in den nachfolgenden Jahrhunderten nahezu ausschließlich evangelisch war. 1826–1828 war Ludwig Hofacker Pfarrer in Rielingshausen. Der bereits durch seine Tätigkeit in Stuttgart bekannte Theologe zog durch seine mitreißenden Sonntagspredigten bis zu 2.000 Zuhörer an, darunter viele Ortsfremde, weit mehr als die Kirche fassen konnte. Nicht zuletzt dem Einfluss Hofackers ist es zuzuschreiben, dass es in Rielingshausen im 19. Jahrhundert eine pietistische Gemeinschaft gab, der 1849 50 bis 60 Mitglieder angehörten. Die alte Pfarrkirche Rielingshausens, die Peterskirche, heißt seit 1965 Ludwig-Hofacker-Kirche.

Ende des 19. Jahrhunderts gewannen verschiedene kleinere freikirchliche Gemeinschaften Mitglieder am Ort, allerdings nur zeitweise. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen erstmals Katholiken in größerer Anzahl nach Rielingshausen, deren Pfarrer 1952 einen Betsaal in seinem Wohnhaus einrichtete. Seit 1977 gehören die Katholiken in Rielingshausen zur Kirchengemeinde Marbach am Neckar (zuvor Kirchberg an der Murr). Die neuapostolische Kirche am Ort wurde 1988 eingeweiht.

Zur kirchlichen Entwicklung im Ortsteil Siegelhausen siehe den Abschnitt Geschichte Siegelhausens.

Politik

Die Verwaltung der Stadt Marbach am Neckar erfolgt nach den Grundsätzen der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg. Verwaltungsorgane sind der Gemeinderat und der Bürgermeister.

Der Gemeinderat, dessen Mitglieder von den Bürgern alle fünf Jahre gewählt werden, ist das Hauptorgan der Gemeinde. Die Größe des Gemeinderats bestimmt sich nach der Einwohnerzahl und beläuft sich im Falle Marbachs regulär auf 22 Sitze, von denen nach dem Prinzip der unechten Teilortswahl vier für den Ortsteil Rielingshausen vorgesehen sind. Bei den letzten Kommunalwahlen am 13. Juni 2004 erhöhte sich die Anzahl der Sitze durch Ausgleichsmandate auf 24. Davon errang die CDU acht Sitze, die SPD sieben, die Freien Wähler fünf und die Grünen vier.

Der Bürgermeister ist hauptamtlicher Beamter und wird von den Bürgern direkt auf jeweils acht Jahre gewählt; seine Aufgaben sind der Vorsitz im Gemeinderat und die Leitung der Verwaltung. Derzeitiger Amtsinhaber ist seit 1997 Herbert Pötzsch. Er wurde bei der Bürgermeisterwahl am 30. Januar 2005 mit 73 % der Stimmen für eine weitere Amtszeit bestätigt.

Der Ortsteil Rielingshausen hat darüber hinaus einen eigenen Ortschaftsrat, in dem die CDU mit fünf, die SPD mit vier und die Freien Wähler mit drei Sitzen vertreten sind. Ortsvorsteher ist Eberhard Ruoff. Der Ortschaftsrat muss in allen wichtigen Angelegenheiten, die den Ort betreffen, gehört werden. Die Interessen Siegelhausens werden durch einen sogenannten Anwalt vertreten, der als Sprecher des Ortsteils fungiert. Seit 1998 hat dieses Amt Werner Händle inne.

Bei den Landtagswahlen 2006 gehörte Marbach zum Wahlkreis 14 (Bietigheim-Bissingen), bei den letzten Bundestagswahlen 2005 zum Wahlkreis 267 (Neckar-Zaber).

Bei allen zuletzt durchgeführten Wahlen wurde die CDU stärkste Partei in Marbach mit wechselndem Abstand vor der SPD. Die Freien Wähler treten bei den Wahlen bis zur Ebene der Regionalversammlung an und werden dort in der Regel drittstärkste Kraft vor den Grünen.

Wappen und Flagge

Das Wappen von Marbach ist gespalten; vorn in Gold drei schwarze Hirschstangen übereinander, hinten in Gold ein von Weinreben und Trauben umrankter weißer Turm mit rotem Spitzdach.

Stadtflagge Marbachs

Die Hirschstangen symbolisieren die frühe Zugehörigkeit zu Württemberg, der Turm den Stadtcharakter Marbachs und die Weintrauben den im Stadtgebiet betriebenen Weinbau. Das älteste bekannte Stadtsiegel stammt aus dem Jahr 1301 und zeigt bereits den Turm und eine Pflanze einzeln nebeneinander stehend. Neben dem Turm ist der Rautenschild der Herzöge von Teck zu sehen, die zu diesem Zeitpunkt noch die Stadtherren waren. Nach dem Übergang an Württemberg treten deren Wappenfigur, die Hirschstangen, an Stelle der Rauten. Bei späteren Siegeln rückt der württembergische Schild auf die andere Seite des Turms.

Die erste farbige Wappendarstellung stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und ist auf dem Schlusstein des Chors in der Alexanderkirche zu finden. Bei dieser Darstellung umrankt die Pflanze den Turm und ist erstmals eindeutig als Weinrebe zu erkennen. Ab dem späten 16. Jahrhundert (z.B. 1575) zeichnet sich die heutige Einteilung ab, bei der die Hirschstangen vorne stehen. Die heutige Form des Wappens wurde 1938 eingeführt.

Als Schildhalter wird gelegentlich ein Wilder Mann dargestellt, so in einer Zeichnung Simon Studions 1597, auf dem Wilde-Mann-Brunnen in der Altstadt und in einem Amtssiegel des 19. Jahrhunderts. Diese Gestalt geht auf eine Gründungssage Marbachs zurück, derzufolge am Ort der heutigen Siedlung einst ein Riese lebte, dessen Haus von Wein umrankt war und der Reisende ausraubte oder umbrachte. Auch die Vorstellung, der Name Marbach sei von den römischen Göttern Mars und Bacchus abgeleitet, spiegelt sich wohl in dieser Sage wieder.

Die Stadtflagge von Marbach ist gelb-weiß, sie wird jedoch auch in umgekehrter Farbfolge gezeigt. Diese ungewöhnliche (und unheraldische) Farbkombination wird in Baden-Württemberg von keiner anderen Kommune verwendet. Die Flagge wurde bereits 1871 erwähnt.

Das Wappen des Ortsteils Rielingshausen zeigt in Gold einen aufrecht stehenden schwarzen Schlüssel. Der Schlüssel weist auf den Kirchenheiligen St. Peter hin, die Farben wurden vermutlich als Hinweis auf die württembergischen Wappenfarben gewählt. Der Schlüssel als Gemeindesymbol ist erstmals im Fleckensiegel von 1794 überliefert.

Städtepartnerschaften

Partnerstädte

Frankreich 1987 schloss Marbach mit der französischen Stadt L'Isle-Adam eine Städtepartnerschaft ab. L'Isle Adam liegt etwa 30 km nordwestlich von Paris und wird wie Marbach mit einem bekannten Schriftsteller in Verbindung gebracht, nämlich Honoré de Balzac. Die Städtefreundschaft wird durch regelmäßige Schüleraustausche, jährliche wechselseitige Besuche und andere Aktionen gefördert. Die Aktivitäten werden durch den Verein der Freunde des Partnerschaftsvereins Marbach-am-Neckar - L'Isle-Adam koordiniert.

Großbritannien Freudschaftliche Beziehungen bestehen zu Stratford-upon-Avon in Großbritannien, wie Marbach Geburtsort eines großen Dichters (William Shakespeare). Stratford-upon-Avon ist zugleich Partnerstadt von L'Isle Adam.

USA Mit der US-amerikanischen Kleinstadt Washington / Missouri schloss Marbach 1990 eine Städtepartnerschaft ab. Auch diese wird durch regelmäßige Besuche von Delegationen sowie durch Schüleraustausche gefördert.

China Jüngste Partnerstadt Marbachs ist seit 2005 die chinesische Großstadt Tongling, zu der bereits seit 1990 freundschaftliche Beziehungen bestanden. Da sich der Frauenclub Rielingshausen in besonderem Maße um die Vertiefung dieser Beziehungen verdient machte, wurde dessen erste Vorsitzende Brigitte Wolf 2004 zur Ehrenbürgerin von Tongling ernannt.

Kultur, Sehenswürdigkeiten, Tourismus

Altstadt

Oberer Torturm

Marbach besitzt eine außergewöhnlich gut erhaltene Altstadt, deren Erscheinungsbild hauptsächlich auf den Wiederaufbau nach der Zerstörung von 1693 zurückgeht. Die Altstadt zieht sich am Südhang des Strenzelbachtals hinauf, weist einen rechteckigen Grundriss von etwa 350 mal 250 Metern auf und ist noch auf drei Seiten von der Stadtmauer mit ihren Wehranlagen umgeben. Seit 1983 steht sie als Gesamtanlage unter Denkmalschutz.

Nach Westen und Norden fällt die Altstadt steil zum Neckar bzw. Strenzelbach ab, auf der Höhe im Südosten war sie im Mittelalter durch die nicht mehr vorhandene Stadtburg gesichert. Drei Tore gewährten Zugang in die Stadt: das Untere Tor (auch Niklastor genannt) im Nordosten, das Obere Tor im Südosten und das Neckartor im Südwesten. 1847 wurde durch einen Mauerdurchbruch im Süden ein vierter Zugang, das Grabentor, geschaffen. In der Anlage der Stadt dominieren die fünf in Ost-West-Richtung angelegten Straßen, insbesondere die breite Marktstraße. In letzterer befinden sich auch die wichtigsten Gebäude der Altstadt, so das 1760 erbaute Rathaus und zahlreiche Geschäfte.

Das östliche Ende der Marktstraße wird durch den 40 Meter hohen Oberen Torturm markiert, der bestiegen werden kann. Im südöstlichen Winkel der Stadtbefestigung gleich neben dem Turm liegt der Burgplatz, auf dem vom 13. Jahrhundert bis 1693 die Stadtburg stand. Ebenfalls beim Torturm zu finden ist die Wendelinskapelle aus dem 15. Jahrhundert.

Die Niklastorstraße führt vom Markt, an der von 1698 bis 1700 wiederaufgebauten Stadtkirche vorbei, den Hang hinab zum Cottaplatz. Unterwegs passiert man zahlreiche Fachwerkhäuser aus der Zeit nach 1693. An einem dreieckigen Platz stehen u.a. das Spezialathaus, das Diakonat, der Wilder-Mann-Brunnen sowie Schillers Geburtshaus.

Jenseits des außerhalb der ehemaligen Stadtbefestigung gelegenen Cottaplatzes führt die Straße Am Alten Markt zur Alexanderkirche hinauf. Die Straßenbezeichnung erinnert an den ursprünglichen Siedlungskern auf der Nordseite des Tals. Der heutige spätgotische Bau wurde 1450 bis 1480 von Aberlin Jörg errichtet.

Tourismus

Seiner Assoziation mit Schiller wegen kann Marbach als einer der ältesten Touristenorte Deutschlands bezeichnet werden. Bereits im frühen 19. Jahrhundert kamen Besucher, um das Geburtshaus Schillers zu sehen. Vor allem die Schillerhöhe mit Museum und Denkmal wurde ab 1840 zum Ziel zahlreicher Besuchergruppen. Heute zieht neben den Schillerstätten die gut erhaltene Altstadt Touristen und Tagesausflügler an. 2004 wurden in Marbach ca. 26.000 Gästeübernachtungen gezählt. In den warmen Jahreszeiten bietet die Tourist-Information jeden Sonntag eine Stadtführung an, im Winterhalbjahr jeden zweiten Sonntag, außerdem gibt es spezielle Führungen zu verschiedenen Themen.

Marbach ist Station an der Deutschen Fachwerkstraße, der Württembergischen Weinstraße und der Schwäbischen Dichterstraße. Die Neckar-Personenschifffahrt unterhält am Neckar unterhalb der Altstadt eine Anlegestelle. Marbach ist zudem Station an drei Landesradwegen, dem Neckartal-Radweg, dem Alb-Neckar-Radweg und dem Stromberg-Enztal-Radweg.

Die Gemeinden Marbach, Benningen, Murr, Steinheim, Großbottwar, Oberstenfeld und Beilstein betreiben seit 2003 die Tourismusgemeinschaft Marbach-Bottwartal mit Sitz in Marbach. Die Gesellschaft hat den Zweck, die Tourismus-Angebote der Region abzustimmen und sie gemeinsam touristisch zu vermarkten.

Museen

Geburtshaus von Tobias Mayer

Auf der Schillerhöhe südlich der Altstadt befindet sich das Schiller-Nationalmuseum, das sich der neueren deutschen Literatur widmet. Mit diesem verbunden ist das Deutsche Literaturarchiv Marbach, das Texte und Dokumente deutscher Schriftsteller von der Aufklärung bis zur Gegenwart sammelt. Zur Zeit im Bau ist das Literaturmuseum der Moderne, dessen Eröffnung Mitte 2006 geplant ist.

Das Geburtshaus Friedrich Schillers in der Niklastorstraße beherbergt eine Ausstellung über den Dichter; das Geburtshaus des Mathematikers Tobias Mayer in der Torgasse zeigt eine Ausstellung über diesen. Weitere Ausstellungen sind in der Olmühle Jäger in der Oberen Holdergasse sowie im Oberen Torturm untergebracht.

Im Ortsteil Rielingshausen besteht seit 1994 das Heimat- und Weinbaumuseum in der Kelter.

Sport

In Marbach und Rielingshausen existiert eine größere Anzahl von Sportvereinen, in denen alle gängigen Sportarten ausgeübt werden. Der FC Marbach und die HSG Marbach-Rielingshausen spielen Fußball bzw. Handball auf Bezirksebene. Eine Anzahl weiterer Mannschaftssportarten werden vom TV Marbach ausgeübt. Auch ein Tennisverein, ein Schwimmverein u.v.m. existieren.

Durch die Lage am Neckar ist es in Marbach möglich, Ruder- und Kanusport zu betreiben; hierzu bestehen der Marbacher Ruderverein und der Kanuclub Marbach. Ersterer war in der Vergangenheit mit Meistertiteln auf Bundes- und Landesebene erfolgreich.

Regelmäßige Veranstaltungen

Jedes Jahr Ende Juni richten Stadt und Vereine das zweitägige Bürgerfest in der Innenstadt aus. Am ersten Septemberwochenende des Jahres veranstaltet die Weingärtnergenossenschaft das Kelterfest. Um den 10. November herum finden alljährlich die Schillerwochen statt, die mit zahlreichen kulturellen Veranstaltungen an den großen Sohn der Stadt erinnern. Auch ein Weihnachtsmarkt wird jedes Jahr am zweiten Adventssonntag abgehalten.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Marbach liegt abseits der großen Verkehrswege der Region, die entlang der Linie Stuttgart–Ludwigsburg–Heilbronn laufen, und weist daher nur nachrangige Verbindungen auf.

Eisenbahnviadukt über den Neckar

Der Bahnhof Marbach ist Endpunkt der Linie S4 im Stuttgarter S-Bahn-Netz, die eine direkte Verbindung mit Ludwigsburg und Stuttgart herstellt, wobei die Fahrzeit bis Stuttgart Hbf 29 Minuten (in umgekehrter Richtung 27 Minuten) beträgt. Die S-Bahn verkehrt jede halbe Stunde, zu Stoßzeiten auch im Viertelstundentakt.

Die nach Osten weiterführende Bahnstrecke wird durch die Regionalbahnlinie R31 bedient, die werktags stündlich verkehrt und Backnang in 15 Minuten erreicht. Entlang dieser Strecke, die auch von Güterzügen benutzt wird, befindet sich die Haltestelle Erdmannhausen-Rielingshausen, die allerdings gut drei Kilometer vom Marbacher Ortsteil Rielingshausen entfernt ist. Eine Einbeziehung dieser Strecke in das S-Bahn-Netz ist geplant, erfordert aber umfangreiche Ausbauarbeiten.

Buslinien des VVS verbinden Marbach mit den umliegenden Orten (einschließlich Rielingshausen) und reichen bis nach Ludwigsburg, Beilstein, Backnang und Winnenden. Der Ortsteil Siegelhausen ist nicht an das Busliniennetz angeschlossen.

Direkt gegenüber der Altstadt gibt es eine Fußgängerbrücke nach Benningen, die auch Anschluss an den links des Neckars befindlichen Radweg nach Ludwigsburg herstellt.

Mit den Nachbarorten ist Marbach durch Landes- und Kreisstraßen verbunden. Nächstgelegene Autobahn ist die A 81, deren Anschlussstelle Pleidelsheim etwa fünf Kilometer entfernt liegt. Wichtigste Straße für Marbach ist die L 1100, die im Neckartal in Richtung Ludwigsburg bzw. im Norden das Bottwartal hinauf führt. Die L 1124 führt über Rielingshausen nach Backnang, die L 1127 über Affalterbach nach Winnenden. Kleinere Straßen führen von Marbach nach Poppenweiler und Erdmannhausen, von Rielingshausen durch den Hartwald nach Kleinaspach. Siegelhausen liegt abseits der Kreisstraße zwischen Affalterbach und Hochdorf; ein Wirtschaftsweg verbindet den Ort zusätzlich mit Bittenfeld. Eine Straßenbrücke über den Neckar existiert bei Marbach nicht; der nächstgelegene Übergang für den Straßenverkehr liegt anderthalb Kilometer entfernt bei Benningen.

Das heutige Straßennetz ist das Ergebnis einer historischen Entwicklung. Im Mittelalter führten alle überörtlichen Verbindungswege durch die heute verkehrsberuhigte Altstadt. Vom Unteren Tor führten Wege nach Murr bzw. Benningen (heutige Bottwartalstraße) sowie nach Steinheim (heute Am Alten Markt), vom Oberen Tor aus nach Rielingshausen, Erdmannhausen, Affalterbach und Poppenweiler. Die Straße nach Rielingshausen wurde auch als Salzstraße bezeichnet, da sie weiter nach Schwäbisch Hall führte. Sie passiert noch heute die Murr auf der sogenannten Schweißbrücke, zu deren Unterhalt die Amtsstadt Marbach im Mittelalter verpflichtet war. Der Weg nach Poppenweiler stellte im Mittelalter die Hauptverbindung in Richtung Stuttgart dar. Erst nach dem Entstehen Ludwigsburgs und dem Bau der Neckarweihinger Brücke entstand 1724 die Ludwigsburger Straße vom Neckartor hinunter ins Flusstal nach Neckarweihingen. 1873 entstand die Grabenstraße südlich der Altstadt, 1889 die Schillerstraße als Verbindung vom Unteren Tor zum Bahnhof. Die unterhalb der Altstadt am Neckar verlaufende Umgehungsstraße entstand erst 1954 nach der Neckarkanalisierung.

Behörden, Gerichte, Einrichtungen

Marbach ist als Unterzentrum ausgewiesen. Es ist Sitz eines Gemeindeverwaltungsverbands, der Marbach, Affalterbach, Erdmannhausen und Benningen umfasst.

In Marbach gibt es ein Amtsgericht, das zum Landgerichtsbezirk Heilbronn und Oberlandesgerichtsbezirk Stuttgart gehört.

Auf dem Hang nördlich gegenüber der Altstadt befindet sich ein Krankenhaus mit ca. 100 Betten. Dieses ist eines von fünf Krankenhäusern im Landkreis, die von der teilweise in Kreisträgerschaft befindlichen Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH betrieben werden. Der heutige Bau wurde 1908 eingeweiht, nachdem es zuvor ein kleineres Hospital in der Wildermuthstraße gegeben hatte.

In Marbach und Rielingshausen besteht je eine Grundschule, in Marbach darüber hinaus eine Förderschule (Uhlandschule). Im Schulzentrum im Süden der Stadt befinden sich eine Hauptschule (Tobias-Mayer-Schule), die Anne-Frank-Realschule sowie das Friedrich-Schiller-Gymnasium. Insgesamt werden in diesen Lehranstalten etwa 3.800 Schüler unterrichtet (Stand 2005). In direkter Nachbarschaft der Schulen liegt auch das im März 1998 eingeweihte städtische Jugend-Kultur-Haus planet-x.

Die Stadt ist an der Musikschule Marbach-Bottwartal beteiligt, deren Sitz allerdings in Steinheim an der Murr ist. Die Schiller-Volkshochschule Ludwigsburg hat eine Außenstelle in Marbach. Außerdem gibt es ein Stadtarchiv sowie eine Stadtbücherei mit Zweigstelle in Rielingshausen.

Medien

In Marbach erscheint als Tageszeitung die Marbacher Zeitung/Bottwartal Bote. Hauptgesellschafter der Zeitung sind seit 2003 die Stuttgarter Nachrichten, die auch den überregionalen Anteil der Zeitung produzieren. Der Lokalteil des Blatts wird hingegen in Kooperation mit der Ludwigsburger Redaktion der Stuttgarter Zeitung erstellt und erscheint zugleich in der Marbacher Ausgabe der Stuttgarter Zeitung. Der Lokalteil ist auch Amtsblatt der Stadt Marbach und Mitteilungsblatt des Landkreises Ludwigsburg. Marbach liegt außerdem im Verbreitungsgebiet der Ludwigsburger Kreiszeitung, die ebenfalls über das örtliche Geschehen berichtet.

Die Marbacher Zeitung erschien erstmals 1845, wobei sie bis 1924 den Namen Der Postillon trug. Auf Anweisung des nationalsozialistischen Regimes wurde sie mit den anderen Zeitungen im Kreis Marbach, dem Bottwartalboten und dem Schozachtäler, zusammengeschlossen und 1936/37 in NS-Kreiszeitung umbenannt, was jedoch wegen der Aufgabe des Kreissitzes wieder rückgängig gemacht wurde. 1941 musste die Zeitung ihren Betrieb kriegsbedingt einstellen und konnte diesen 1949 wieder aufnehmen.

Wirtschaft

In Marbach gibt es (Stand 2004) ca. 5.400 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, von denen jedoch etwa 80 % außerhalb Marbachs arbeiten. Zugleich gibt es etwa 2.000 Einpendler, so dass es in Marbach etwa 2.900 Arbeitsplätze gibt. Von diesen zählen 62 % zum Dienstleistungsbereich, 33 % zum produzierenden Gewerbe. Zu einem regelrechten Industriestandort konnte sich Marbach nicht entwickeln, es dominieren Betriebe des Mittelstands. Tradition haben Holzverarbeitung, Möbel- und Lederindustrie. Viele Gewerbebetriebe sind entlang der Bahnlinie im Osten der Kernstadt angesiedelt. Jüngeren Datums ist das Gewerbegebiet beim Kraftwerksgelände.

Größere Betriebe am Ort sind u.a. die BBP Kunststoffwerk Marbach Baier GmbH, ein Unternehmen mit Sitz in Marbach, das in der Kunststoff-Verarbeitung tätig ist und 500 Mitarbeiter an verschiedenen Standorten beschäftigt, sowie der Werkzeughersteller Hainbuch GmbH. Im neuen Gewerbegebiet beim Kraftwerksgelände (siehe unten) hat sich die Firma Würth angesiedelt, die dort Fotovoltaikzellen produziert. Am Ausgang des Weidenbachtals an der Straße nach Kirchberg an der Murr befindet sich ein größerer Steinbruch.

Kraftwerk Marbach

Kraftwerk Marbach III

Zweieinhalb Kilometer stromaufwärts von Marbach befindet sich ein Gewerbegelände, der sogenannte Energie- und Technologiepark Marbach am Neckar, kurz Powerpark genannt. Auf diesem Gelände befinden sich insgesamt drei Kraftwerke, die einst größter Arbeitgeber in Marbach waren:

  • Das Laufwasserkraftwerk an der Staustufe wurde zwischen 1938 und 1941 als Ersatz für das erste Marbacher Kraftwerk gebaut, das noch heute unterhalb der Marbacher Altstadt steht. Es ist mit zwei Kaplan-Turbinen ausgestattet und hat drei MW Gesamtleistung. Betreiber waren zunächst die Technischen Werke der Stadt Stuttgart (TWS). Diese gingen 1997 in den Neckarwerken Stuttgart (NWS) auf, letztere wurden 2003 von der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) übernommen.
  • Das Dampfkraftwerk wurde zusammen mit dem Laufwasserkraftwerk erbaut und von der Energieversorgung Schwaben (EVS), seit 1997 Teil der EnBW, betrieben. Das Kraftwerk wurde 1952 fertiggestellt, nachdem bereits 1941 die erste Ausbaustufe eröffnet wurde, und war mit 100 MW das erste Großkraftwerk Württembergs. Die Befeuerung erfolgte mit Kohle, zu deren Anlieferung ein Eisenbahngleis von der Bottwarbahn abgezweigt wurde. Der Dauerbetrieb wurde 1981 eingestellt, 1998 wurde das Kraftwerk stillgelegt.
  • Zwischen 1970 und 1974 wurde noch das Kraftwerk Marbach III gegen den Widerstand von Umweltgruppen gebaut und in Betrieb genommen. Dieses Gasturbinenkraftwerk der EnBW wird mit Heizöl betrieben und ist mit seinem hohen Kamin weithin sichtbar. 1998 wurde es stillgelegt, zum 1. Januar 2005 aber reaktiviert, u.a. als teilweisen Ersatz für das vom Netz genommene Kernkraftwerk Obrigheim. Mit seinen 265 MW dient es der Deckung der Spitzenlast. Das Gebäude wird auch gelegentlich für Rettungsübungen genutzt.

Als Folge der 1998 erfolgten Stilllegungen wurde auf dem Kraftwerksgelände ein 17 Hektar großer Gewerbepark eingerichtet, auf dem sich verschiedene Betriebe angesiedelt haben. Der Versuch, ein Brennstoffzellen-Kraftwerk anzusiedeln, scheiterte jedoch.

Das erste Marbacher Kraftwerk wurde 1900 im ehemaligen Mühlenviertel unterhalb der Altstadt erbaut. Errichtet wurde es durch die Stadt Stuttgart, die hier Strom für sich erzeugte; erst ab 1906 erhielt auch Marbach selbst Strom daraus. Dieses Laufwasserkraftwerk bezog sein Wasser aus dem damals noch existierenden Mühlkanal, war mit vier Francis-Turbinen ausgestattet und lieferte 800 kW Leistung. Durch die Verlegung des Neckars im Jahre 1938 wurde diesem Kraftwerk die Grundlage entzogen, so dass es am 1. Oktober 1938 stillgelegt wurde. Das Kraftwerksgebäude existiert noch heute, an Stelle des Mühlkanals verläuft heute die Umgehungsstraße Marbachs.

Landwirtschaft und Weinbau

Die Landwirtschaftsfläche beträgt im Marbacher Stadtgebiet 1029 Hektar und damit 57 % der Markungsfläche (Stand 2005). Von diesen sind 694 ha Ackerland, 142 ha Dauergrünland, 51 ha Obstanlagen und 34 ha Rebland.

Der Weinbau wird durch zwei Genossenschaften koordiniert. Die Weinbaugenossenschaft Marbach und Umgebung eG hat etwa 300 Mitglieder in Marbach sowie den umliegenden Orten Affalterbach, Beihingen, Benningen, Erdmannhausen, Hoheneck, Murr, Neckarweihingen und Poppenweiler. Die Anbaufläche der Genossenschaft beträgt 74 ha, von denen 70 % mit Trollinger-Reben bebaut sind. Die Weingärtner im Ortsteil Rielingshausen sind hingegen in der Weingärtnergenossenschaft Unteres Murrtal eG organisiert, zu der auch Kirchberg an der Murr und Steinheim an der Murr gehören. Die 100 Mitglieder bebauen rund 31 ha Rebfläche, davon 80 % Rotweinsorten.

Historisch gesehen haben Landwirtschaft und Weinbau in Marbach und seinen Ortsteilen eine lange Tradition. Marbach war bis ins 19. Jahrhundert eine Ackerbürgerstadt, Rielingshausen und Siegelhausen überwiegend bäuerlich geprägt. Ackerbau wurde als Dreifelderwirtschaft auf sogenannten Zelgen betrieben.

1304 wurden erstmals Weinberge auf Marbacher Markung erwähnt; schon die Pflanze, die im ersten erhaltenen Stadtsiegel von 1301 zu sehen ist, stellt wahrscheinlich eine Rebe dar. In späteren Zeiten zogen sich die Weinberge an den Hängen von Neckar, Murr, Strenzelbach und Eichgraben entlang. Im Jahr 1726 wurden in Marbach 1675 Morgen Äcker, 392 Morgen Weinberge und 183 Morgen Wiesen aufgeführt.

Als die Stadt Ende des 19. Jahrhunderts über ihre mittelalterlichen Grenzen hinauswuchs, wurden die landwirtschaftlichen Betriebe aus dem Stadtkern in das Umland ausgesiedelt. Die Weinfläche, die 1872 noch 68 Hektar betrug, nahm zunächst durch Reblaus-Befall, dann durch Missernten und schließlich durch die Einberufung vieler Weingärtner in den Ersten Weltkrieg drastisch auf 16 ha ab und erreichte im Zweiten Weltkrieg mit nur 9 ha einen Tiefstand. Durch den Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft, der nach dem Zweiten Weltkrieg eintrat, verlor diese als Beschäftigungszweig an Bedeutung.

Der Landwirtschaftliche Bezirksverein Marbach, der später im heutigen Kreisbauernverband Ludwigsburg aufging, wurde im Jahr 1839 gegründet. 1895 entstand ein Weinbauverein, 1950 die heutige Weinbaugenossenschaft. Die heutige Kelter am südlichen Stadtrand entstand 1970.

Die landwirtschaftliche Entwicklung in Rielingshausen verlief ähnlich zu der in Marbach. 1769 gab es 825 Morgen Äcker, 176 Morgen Wiesen und 145 Morgen Weinberge. Zwischen 1880 und 1920 ging auch hier der Weinbau zurück, 1934 waren es noch 19 Hektar. Die Weingärtnergenossenschaft wurde 1951 gegründet; die Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe fand in den 1960er Jahren statt. Die 1350 erstmals erwähnte Kelter, die seit jeher nördlich etwas außerhalb des Ortskerns stand, wurde Anfang der 1990er Jahre renoviert und beherbergt seitdem auch ein Heimatmuseum.

Siegelhausen ist bis heute ein landwirtschaftlich geprägter Weiler geblieben. Bis ins 19. Jahrhundert gab es auch hier eine Kelter und Weinbau.

Marbach und der Neckar

Die Lage am Neckar in der Nähe der Murrmündung war für Marbachs Verkehrsgeografie und Entstehungsgeschichte von großer Bedeutung. In römischer Zeit waren es diese Faktoren, die zur Anlage des Kastells bei Benningen führten, wobei auch eine Brücke über den Neckar entstand, die Jahrhunderte später indirekt zur Gründung Marbachs beitrug (siehe Abschnitt Geschichte). An der Murrmündung befand sich eine römische Schiffsanlegestelle.

Blick auf Marbach von der anderen Neckarseite. Links der Altstadt ist der Einschnitt des Strenzelbachtals zu erkennen.

Die römerzeitliche Brücke verfiel vermutlich im 9. oder 10. Jahrhundert und wurde nicht ersetzt. Der Verkehr zur anderen Neckarseite wurde im Mittelalter durch eine Fähre aufrechterhalten. Ab dem 16. Jahrhundert gab es zusätzlich eine Neckarbrücke weiter flussabwärts bei Benningen, die von Marbach aus aber nur über einen Umweg zum Dorf Murr zu erreichen war.

Die Schifffahrt auf dem Neckar hatte im Mittelalter für Marbach kaum Bedeutung, stattdessen nutzte die Stadt die Wasserkraft zum Betrieb einer Getreidemühle, die unterhalb der Altstadt stand und 1377 erstmals erwähnt wurde. Um diese Mühle betreiben zu können, wurde der Neckar in Höhe des Eichgrabens durch ein Wehr aufgestaut und ein Mühlkanal abgezweigt, dessen Verlauf in etwa der heutigen Umgehungsstraße entsprach. Zwischen dem Wehr und der Einmündung des Strenzelbachs lagen drei Inseln (Fischerwörth, Große Stadtwörth und Mühlwörth), die Kanal und Fluss trennten und auch für Weidezwecke benutzt wurden.

Weitere wirtschaftliche Bedeutung hatte der Fluss durch die Flößerei auf der Murr, deren Rechte die Stadt Mitte des 16. Jahrhunderts erwarb. Das Holz wurde flussabwärts in Richtung Heilbronn geflößt, später auch als Bau- und Heizmaterial nach Ludwigsburg geschickt. Mit dem Bau der Murrbahn im späten 19. Jahrhundert fand die Flößerei ein Ende. Kleinere Bedeutung hatte die Fischerei, die auf Neckar und Murr bis ins 19. Jahrhundert betrieben wurde.

Im Jahr 1847 wurde eine Brücke über den Unterlauf der Murr gebaut, um den Weg zur Benninger Brücke abzukürzen. Dadurch verlor die Marbacher Fähre an Bedeutung und stellte den Betrieb ein. Von 1877 bis 1879 entstand auch bei Marbach wieder eine Brücke über den Neckar, jedoch für die Eisenbahn. Das Marbacher Neckarviadukt überquert den Fluss in 28 Metern Höhe und ist 355 Meter lang.

Im 19. Jahrhundert wurden noch weitere Mühlen am Neckar errichtet, so eine Sägmühle, eine Ölmühle und eine Farbholzmühle. Ab 1891 kaufte die Stadt Stuttgart die Marbacher Wasserrechte und die Mühlen auf. Diese wurden abgerissen und an ihrer Stelle das erste Marbacher Wasserkraftwerk gebaut (siehe Abschnitt Kraftwerk Marbach).

In den 1930er Jahren wurde die Schiffbarmachung des Neckars in Angriff genommen. Im Zuge dessen wurde 1938 das Wehr aufgegeben und der Mühlkanal zugeschüttet, wodurch die Inseln zu Festland wurden. Außerdem begann der Bau eines neuen Kraftwerks sowie einer Schleuse weiter flussaufwärts, wobei für den Schleusenkanal eine neue, weiter südlich gelegene Neckarinsel entstand. Infolge des Zweiten Weltkriegs konnten Kraftwerk und Schleuse erst in den 1950ern fertiggestellt werden; die Schifffahrtsstraße wurde im Marbacher Abschnitt 1955 eröffnet. 1954 wurde im Verlauf des alten Mühlkanals die Umgehungsstraße gebaut, nachdem der Durchgangsverkehr in Nord-Süd-Richtung vorher durch die Altstadt verlaufen war.

Da am Ende des Zweiten Weltkriegs das Marbacher Eisenbahnviadukt gesprengt worden war, mussten die auswärts arbeitenden Marbacher täglich zum Eisenbahn-Haltepunkt in Benningen und abends wieder zurück laufen. Um den Weg zu verkürzen, wurde ein Fußgängersteg über den Neckar errichtet, der noch heute besteht. Das Viadukt selbst wurde im November 1947 wieder für den Verkehr freigegeben.

Die Breite des Neckars variiert bei Marbach zwischen 40 Metern (am Fußgängersteg) und ca. 100 Metern (in der Nähe der Schleuse).

Persönlichkeiten

Schiller-Denkmal

Sonstiges

Der 1905 entdeckte Asteroid Marbachia wurde nach der Stadt Marbach am Neckar benannt.

Literatur

  • Albrecht Gühring u.a.: Geschichte der Stadt Marbach am Neckar Bd. 1 (bis 1871), Marbach am Neckar, 2002
  • Hermann Schick: Geschichte der Stadt Marbach am Neckar Bd. 2 (1871-1959), Marbach am Neckar, 1992
  • Albrecht Gühring: Marbach am Neckar. Ein Führer durch die Schillerstadt und ihre Stadtteile, Marbach am Neckar, 2. Auflage, 2004
  • Albrecht Gühring u.a.: Rielingshausen. Vom fränkischen Adelssitz zum Marbacher Stadtteil. Marbach am Neckar, 1996
  • Ulrich Hartmann (Hrsg.): Der Kreis Ludwigsburg. 2. Auflage, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, 1994.

Weblinks

Commons: Marbach am Neckar – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien